Im Mittelpunkt dieser Hausarbeit steht ein Brief des jüngeren Plinius, in dem es um die Antrittszahlungen von zusätzlichen Mitgliedern des Stadtrates geht und das Antwortschreiben Trajans. Es wird dort die Frage gestellt, ob die Zahlungspflicht für alle Mitglieder gilt. Ausgehend von diesem Brief möchte ich die Frage beantworten, warum die zusätzlichen Mitglieder aufgenommen wurden, wofür die Städte die Antrittszahlungen verwendeten und welche Schlüsse die Städte daraus zogen.
Dazu werde ich zunächst die städtischen Einnahmen und Ausgaben darstellen, dann die Ursprünge der summa honoraria schildern, um anschließend die angesprochenen Briefe zu interpretieren. Dabei beschränke ich mich zeitlich und räumlich auf den vom angesprochenen Briefwechsel abgedeckten Bereich, also die Provinz Pontus et Bithynia im frühen zweiten Jahrhundert.
Der begrenzte Umfang dieser Hausarbeit macht es mir nicht möglich, die angesprochenen Bereiche im Ganzen zu betrachten. Dies gilt besonders für die städtischen Finanzen, vor allem für den Bereich des Euergetismus und das Dekurionenproblem. Hierzu sei auf die verwendete Sekundärliteratur verwiesen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Städtische Finanzen
2.1 Einnahmen
2.2 Ausgaben
3. Die summa honoraria
3.1 Die Ursprünge der summa honoraria
3.2 Die summa honoraria im Spiegel der Pliniusbriefe
4. Fazit: Die summa honoraria und die städtischen Finanzen
5. Quellen
6. Sekundärliteratur
1. Einleitung
Im Mittelpunkt dieser Hausarbeit steht ein Brief[1] des jüngeren Plinius, in dem es um die Antrittszahlungen von zusätzlichen Mitgliedern des Stadtrates geht und das Antwortschreiben Trajans. Es wird dort die Frage gestellt, ob die Zahlungspflicht für alle Mitglieder gilt. Ausgehend von diesem Brief möchte ich die Frage beantworten, warum die zusätzlichen Mitglieder aufgenommen wurden, wofür die Städte die Antrittszahlungen verwendeten und welche Schlüsse die Städte daraus zogen.
Dazu werde ich zunächst die städtischen Einnahmen und Ausgaben darstellen, dann die Ursprünge der summa honoraria schildern, um anschließend die angesprochenen Briefe zu interpretieren. Dabei beschränke ich mich zeitlich und räumlich auf den vom angesprochenen Briefwechsel abgedeckten Bereich, also die Provinz Pontus et Bithynia im frühen zweiten Jahrhundert.
Der begrenzte Umfang dieser Hausarbeit macht es mir nicht möglich, die angesprochenen Bereiche im Ganzen zu betrachten. Dies gilt besonders für die städtischen Finanzen, vor allem für den Bereich des Euergetismus und das Dekurionenproblem. Hierzu sei auf die verwendete Sekundärliteratur verwiesen[2].
2. Städtische Finanzen
2.1 Einnahmen
Die Städte im römischen Kaiserreich des frühen zweiten Jahrhunderts konnten zum einen aus ihrem Eigentum Einnahmen erzielen, zum anderen hatten sie die Möglichkeit, als eigenständige Marktteilnehmer aufzutreten oder Steuern und Abgaben zu erheben.
Städtisches Eigentum bestand aus Land, Gebäuden und Infrastruktur. Der größte Einnahmeposten der Städte war ihr Landbesitz[3]. Er wurde entweder verpachtet oder selbst bewirtschaftet[4], wobei Ackerland überwiegend verpachtet wurde. Das Weideland stand gegen Zahlung einer Abgabe (vectigal) jedem zur Nutzung offen[5].
Neben den landwirtschaftlich genutzten Flächen konnte der Grundbesitz auch Wälder, Steinbrüche, Salinen und Mienen umfassen, wobei die letzteren jedoch, wegen ihrer strategischen Bedeutung, in fortschreitendem Maße Rom zufielen[6] und damit den Gemeinden als Einnahmequelle nicht mehr zur Verfügung standen.
Neben den Einnahmen aus der Nutzung der Ländereien bezogen die Städte auch noch Einnahmen aus ihren sonstigen Einrichtungen, wie Aquädukten, Bädern und Mietshäusern. Zur kostenlosen Nutzung der oft teuren[7] Aquädukte waren alle Dekurionen berechtigt, die dieses Privileg auch an ehrenwerte Bürger verleihen konnten. Die restlichen Nutzer hatten einen jährlichen Wasserzins an die Stadtkasse zu entrichten[8]. Für den Besuch der öffentlichen Bäder war ein Eintrittsgeld zu bezahlen, welches oftmals von einem reichen Spender pauschal übernommen wurde[9]. Wegen der hohen Baukosten waren die Bäder, wie auch die Aquädukte, aber insgesamt eher ein Minusgeschäft.
Weitere Einnahmen flossen den Städten aus Strafgebühren zu. Diese dürften aber nur unregelmäßig angefallen sein, da die Strafen wegen ihrer Höhe sehr abschreckend waren[10]. Viele Städte besaßen zudem Sklaven, deren Arbeit der Stadtkasse zukam[11] oder sie zumindest entlastete, da für die Arbeit kein Lohnarbeiter beschäftigt werden musste.
Wohlhabende Städte, die über ein entsprechendes Barvermögen verfügten, konnten dieses anlegen. So ist etwa bei Plinius[12] davon die Rede, dass das Kapital der Gemeinden zu einem Zinsfuß von 12% zum Verleih angeboten werde.
Direkte Steuern haben im städtischen Haushalt keine oder nur eine sehr geringe Rolle gespielt[13]. Zwar besaßen die Gemeinden das Recht zur direkten Besteuerung ihrer Bürger[14], die Anwendung dieses Rechts war aber nur in Notfällen vorgesehen[15]. Eventuell waren direkte Steuern zu Gunsten der Städte auch so gewöhnlich, dass man sie nicht für berichtenswert hielt[16]. Zur Erhöhung von Steuern benötigte eine Stadt die Genehmigung des Stadthalters[17].
Bei den indirekten Steuern ist unklar, welche davon in die Kassen des Reiches flossen und welche der Gemeindekasse zugute kamen. Das liegt zum einem daran, dass in den Quellen von dem Empfänger selten die Rede ist[18], zum anderem ist der hierfür übliche Begriff vectigal schwer zu übersetzen, da er sowohl Nutzungsgebühr [19], Verbrauchsteuer oder Zollabgabe [20] bedeuten kann[21]. Zollgebühren flossen wohl überwiegend in die Kassen des Reiches, da nur machen Städten ein Zollprivileg zustand[22].
Nicht direkt als Einnahme bezeichnen lassen sich Spenden von reichen Bürgern und Erbschaften[23] zugunsten der Stadt. Die Spenden waren häufig zweckgebunden, etwa indem ein prächtiges Bauwerk gestiftet wurde oder die Kosten von Spielen und Prozessionen übernommen wurden. Die Motive für eine solche Spende waren oft ein patriotisches Gefühl für die Heimatstadt und der Wunsch, seinen Namen durch ein Bauwerk bekannt zu machen. Auch die Konkurrenz zwischen den Städten trug dazu bei[24].
Insgesamt lässt sich sagen, dass allenfalls der Grundbesitz regelmäßig Überschüsse abwarf. Die anderen Einnahmequellen waren wegen den mit ihnen verbundenen hohen Bau- und Unterhaltskosten allenfalls kostenneutral. Die Bedeutung von Steuern, direkten wie indirekten, für den städtischen Haushalt ist schwer einzuschätzen und wird eher unbedeutend gewesen sein.
2.2 Ausgaben
Die Ausgaben kann man in drei Bereiche teilen. Zum einem gibt es Ausgaben, die direkt mit den Einnahmen verbunden waren, zum anderem solche, die für das Funktionieren und Ansehen der Städte erforderlich waren. Drittens solche, zu denen der Kaiser die Städte verpflichtete.
Mit den meisten der oben geschilderten Einnahmen waren auch Ausgaben verbunden. Dies sind bei Gebäuden und Infrastruktur neben den reinen Baukosten die Unterhalts- und Personalkosten. Einige der Aufgaben, wie die Straßen und Kloakenreinigung[25], wurden von Sklaven oder Gefangenen verrichtet, so dass für sie keine Lohnkosten, sondern nur Unterbringungs- und Versorgungskosten anfielen[26].
Der Hang zu prächtigen und großen Bauwerken, die überwiegend repräsentativen Zwecken dienten, belastete die Haushalte stark. Die Gründe dafür, dass das Bauvolumen in der Kaiserzeit so stark anstieg, sind vielfältig. Der anhaltende Friede sorgte dafür, dass Gelder, welche die Städte früher militärisch verwendeten, jetzt frei verfügbar war, wobei Boden als produktive Investitionsmöglichkeit nur noch eingeschränkt zur Verfügung stand[27]. Gleichzeitig verlegte sich der Wettstreit zwischen den Städten auf bautechnisches Terrain[28]. Sie waren bestrebt, die prächtigsten Städte in ihrem Umfeld zu werden und versuchten ihre Nachbarstädte durch noch größere Bauten zu übertreffen. Gleichzeitig erwarteten die Bürger und die Bevölkerung im Einzugsgebiet einer Stadt aber auch gewissen Einrichtungen wie Bäder, Theater und Märkte, und die Führungsschicht musste im Interesse des sozialen Friedens diese Erwartungen erfüllen[29].
Da die Pflege der Religion in den Aufgabenbereich der Städte fiel, waren hierfür ebenfalls Ausgaben notwendig. Große Tempel verfügten häufig über genügend eigenen Besitz, um ihre laufenden Ausgaben zu decken[30]. Kleinere Tempel und solche ohne ausreichenden Grundbesitz wurden aus dem städtischen Haushalt finanziert. Dies umfasste ihren Bau und Unterhalt, die Ausstattung und die laufenden Kosten, das Gehalt der Priester und die Bereitstellung von Sklaven[31].
Eine starke Belastung für den städtischen Haushalt waren Spiele und Prozessionen. Diese wurden, wenn kein Spender die Kosten übernahm, aus der Stadtkasse bezahlt. Der entsprechende Haushaltsposten rangierte dabei noch vor den übrigen, da die Belange der Götter vor denen der Menschen standen[32].
Ebenso stark belastete die Lebensmittelversorgung die Städte. Durch kostenlose Abgabe oder Kontrolle der Preise von Grundnahrungsmitteln sicherten die Städte die Versorgung. Da die hierzu im städtischen Budget vorgesehene Summe häufig nicht zur Erledigung dieser Aufgabe ausreichte, waren die zuständigen Beamten häufig dazu gezwungen, mit ihren eigenen Vermögen einzuspringen[33].
Die Ausgaben, welche den Städten durch von Rom auferlegten Aufgaben erwuchsen, waren vor allem die Ausgaben für das Postwesen und die Ausgaben für Gesandtschaften. Für die Römische Staatspost (cursus publicus) mussten die Städte Transportmöglichkeiten und Unterkünfte[34] stellen, was für manche Städte, die an zentralen Hauptverkehrswegen lagen, eine starke Belastung darstellte[35].
Gesandtschaften wurden von den Städten losgeschickt, um ein Anliegen beim Kaiser oder Stadthalter vorzubringen oder um ihn ihre Aufwartung zu machen. Die hohen Kosten dieser Gesandtschaften sorgten dafür, dass sich mehrere Städte zusammentaten, um Kosten zu sparen[36]. Ebenso veranlassten sie den Kaiser, das Gesandtschaftswesen einzuschränken[37]. Geringere Ausgaben entfielen auf das Gehalt der städtischen Ärzte und Lehrer[38], und manche Städte hatten noch den Differenzbetrag zwischen eingenommenen und von Rom erwarteten Steuern zu zahlen[39].
Für alle Ausgaben, wie auch für die Einnahmen, gilt, dass es schwer ist, ungefähre Summen zu nennen, zumal diese von Stadt zu Stadt recht unterschiedlich gewesen sein dürften[40]. Trotzdem kann man vermuten, dass die Kosten für Bauwerke, Spiele und Getreideversorgung insgesamt wohl den größten Teil der Ausgaben ausgemacht haben dürften, wobei insbesondere die Kosten für Bauwerke[41] und Spiele infolge der Städtekonkurrenz eine steigende Tendenz aufwiesen.
3. Die summa honoraria
3.1 Die Ursprünge der summa honoraria
Der Ursprung der Amtsantrittsgelder liegt wohl in der hellenistischen Sitte, dass ein Amtsinhaber die Kosten eines Amtes selber übernahm[42] und sich zudem bei den Bürgern für die Ehre des Amtes in Form einer Spende bedankte[43].
Da das städtische Budget bei Übernahme eines Amtes meistens feststand und nur schwer in der Höhe veränderbar war, sah sich der Amtsinhaber gezwungen, wollte er sich in der Amtsausführung hervortun, aus eigener Kasse Mittel aufzuwenden[44].
Verstärkt wurde dies noch von dem Brauch, dass die Amtsinhaber die Gelder der Amtsausführung auslegen mussten und sie erst nach einem Rechenschaftsbericht von der Stadt erstattet bekamen, worauf dann viele aus Großzügigkeit verzichteten[45].
Durch diese Praxis bürgerte es sich allmählich ein, dass die Städte von den Mitteln ihrer reichen Bürger lebten, die zugleich oft Beamte waren[46]. Man erwartete, dass die Amtsinhaber für ihre „Ehre“ selber aufkamen, sie der Stadt quasi zum Geschenk machten.
„Auf diesen Umwegen setzte sich allmählich die Vorstellung durch, daß jeder Magistrat der Stadt etwas spenden mußte, wobei diese Spende nicht mehr im direkten Verhältnis zu seinem Amt stand, sondern eine Art Trinkgeld war. […] Die einzige Regel war, daß ein Amt nicht kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Nicht einmal mehr auf eigene Kosten durfte jemand ein Amt ausüben, sondern er kaufte eine Ehre oder sah sich vielmehr durch die Stadt dazu gezwungen, sie zu kaufen.“[47]
Zugleich setzte aber auch eine Gewisse Inflation ein, da ein Amtsinhaber, der seinen Vorgänger übertreffen wollte, stets noch mehr als dieser aufwenden musste[48].
Wegen Unklarheiten und Konflikten bezüglich der angemessenen Höhe der Zahlungen bürgerte sich eine gesetzliche Regelung ein, die freilich nur die minimale Höhe der Antrittszahlung festlegte. Es stand dem Amtsanwärter frei, die Zahlung aufzustocken oder dieses zumindest zu versprechen. Die gesetzlich erwartete Zahlung fiel aus den Leistungen heraus, derer man sich rühmen konnte, von ihr ist in den Quellen nur selten die Rede[49].
Im römischen Kaiserreich hatte sich die Praxis dieser Zahlungen schon soweit durchgesetzt, dass man sie als gewöhnliche Einnahmequelle der Städte betrachtete und sie entsprechend ausweitete. Waren vorher in der Regel nur Beamte zu Zahlungen verpflichtet, weitete man diese Pflicht jetzt auch auf Ratsmitglieder aus[50]. Die Tatsache, dass man es nun als besondere Ehre empfand, ohne das Antrittsgeld in den Rat aufgenommen zu werden, verdeutlicht den Wandel, den die Antrittszahlung durchgemacht hatte[51].
Im Westen des Römischen Reiches war für solche Zahlungen der Terminus summa honoraria üblich, im östlichen Reichsgebiet gab es keine einheitliche Formulierung, hier sprach man von Zahlungen „für“ bzw. „wegen“ des Amtes[52]. In der Forschung hat sich aber der Begriff summa honoraria für Antrittsgelder im ganzen Reich eingebürgert, und daher wird der Begriff hier auch auf den griechischen Osten angewandt[53].
3.2 Die summa honoraria im Spiegel der Pliniusbriefe
Über die summa honoraria in Pontus et Bithynia erfahren wir etwas aus den Briefen des jüngeren Plinius. Dort heißt es:
„(1) Das Gesetz des Pompeius, das für die Bewohner von Bithynien und Pontus gilt, fordert keine Geldzahlung von denjenigen, die von den Zensoren in den Stadtrat gewählt werden. Die Männer aber, die Deiner Huld zufolge in einigen Städten über die gesetzmäßige Zahl hinaus gewählt werden durften, haben teils 1000, teils 2000 Denare gezahlt. (2) Der Prokonsul Anicius Maximus hat daraufhin verfügt - was freilich nur für einige wenige Städte gilt -, daß auch die von den Zensoren gewählten Ratsherrn jeweils verschiedene Summen zu zahlen hätten. (3) Darum bleibt nichts anderes übrig, als daß Du selbst entscheidest, ob in sämtlichen Städten alle, die künftig zu Ratsherrn gewählt werden, für ihren Eintritt eine bestimmte Summe zu entrichten haben. Denn was auf die Dauer gültig bleiben soll, das mußt Du festlegen, denn Deinen Worten und Taten ist Ewigkeitsdauer bestimmt.“[54]
Aus diesem Brief kann man eine Reihe von Schlussfolgerungen ziehen, er wirft aber auch einige Fragen auf. Klar scheint, dass in der Provinz das Gesetzt des Pompeius galt, und dieses sah keine summa honoraria beim Eintritt in den Stadtrat vor, verbot sie aber offenbar auch nicht ausdrücklich.
Das Gesetz des Pompeius, bei der Eingliederung der Provinz in das römische Herrschaftsgebiet nach dem mithridatischen Kriegen erlassen, regelte die Verwaltung von Pontus et Bithynia. Es setzt dabei ganz auf die Städte als Träger der Verwaltung, deren innere Struktur nach römischem Vorbild umgestaltet wurde[55]. Die Boule, der Rat einer Stadt, wurde dem römischen Senat nachempfunden, seine Mitglieder wurden vom Zensor aus den ehemaligen Beamten erwählt, sie hatte eine bestimmte an die Verhältnisse der Stadt angepasste Größe[56]. Daneben regelte das Gesetz noch eine Reihe von anderen Dingen, etwa das Mindestalter für die Amtsausübung[57] oder bestimmte Beamtenstellen[58].
Der Brief verrät uns auch, das Trajan offenbar die Aufnahme von zusätzlichen Ratsmitgliedern erlaubt hatte[59]. Offen bleibt, warum Trajan dies genehmigte. Der Impuls dazu ging wohl von den Städten aus[60], die hierfür zwei Gründe gehabt haben könnten. Zum einem scheint es eine rege Nachfrage nach einer Ratsmitgliedschaft gegeben zu haben[61], da zahlreiche Bürger auch außerhalb ihrer Heimatstadt Ratsmitglied waren[62] und es Bemühungen gab, eine Ratsmitgliedschaft ohne vorherige Beamtenstellen zu erlangen[63]. Hinzu kam, dass ein großer Rat das Ansehen einer Stadt vergrößerte.
Diese neuen, zusätzlichen Mitglieder haben nun offenbar bereitwillig eine summa honoraria von 1000 bzw. 2000 Denaren gezahlt. Plinius scheint diese Zahlungen nicht für ungewöhnlich oder illegal gehalten zu haben, denn er trieb diese Gelder sogar selbst ein[64]. Plinius schrieb auch über die Verwendung dieser Gelder. Er bezeichnete sie gegenüber Trajan als etwas, das „[…]noch wertvoller ist als alles Geld, nämlich ein Geschenk deiner Huld[…]“[65], das nicht für ein vermeintlich sinnloses Bauwerk verschwendet werden soll. Dies legt die Vermutung nahe, das Trajan bei der Genehmigung zusätzlicher Ratsmitglieder auch finanzielle Absichten hatte.
Der Prokonsul Anicius Maximus hat daraufhin versucht, auch von den übrigen, durch die Zensoren ernannten Ratsmitgliedern eine summa honoraria zu kassieren. Plinius, der in dieser Frage unsicher war, bat Trajan um eine allgemeine Regelung dieser Angelegenheit.
Im Antwortschreiben Trajans heiß es dazu:
„Ob alle, die in irgendeiner Stadt Bithyniens Ratsherrn werden, ein Antrittsgeld zu entrichten haben oder nicht, das kann ich nicht grundsätzlich entscheiden. Man soll sich also meiner Meinung nach, was immer das sicherste ist, jeweils an das Gesetz der betreffenden Stadt halten. Was die Männer betrifft, die ehrenhalber Ratsherrn werden, so meine ich eher, sie sollten so handeln, daß sie aufgrund einer Leistung den übrigen vorgezogen werden.“[66]
Trajan verweigerte sich, für ihn typisch, der von Plinius angestrebten allgemeinen Regelung[67] und überließ es den Städten, dies in ihren Gesetzen eigenständig zu regeln. Nur bei den durch ihn zusätzlich in den Rat aufgenommenen Mitgliedern hielt er eine Zahlung für angemessen. Ein weiteres Indiz dafür, dass er bei der Genehmigung auch finanzielle Aspekte berücksichtigte.
Die zusätzlichen Einnahmen, eine Art doppeltes Geschenk sowohl von Trajan als auch von den Neumitgliedern selbst, verwendeten die Städte offenbar zur Verschönerung ihrer Stadt. Zumindest in Claudiopolis wurden sie zur Errichtung einer „[…]ungeheure[n] Badeanlage[…]“[68] verwendet. Eine solche Verwendung ist nachvollziehbar, wenn man die Ursprünge der summa honoraria betrachtet. Die neuen Mitglieder bedankten sich für die von der Stadt erhaltene Ehre, indem sie ein Bauwerk stifteten[69]. Auch wenn über die Verwendung der Gelder in anderen Gemeinden nichts bekannt ist, kann man doch vermuten, dass sie zumindest teilweise in Bauwerke investiert wurden, denn durch die Städtekonkurrenz war man bestrebt, nicht in der Pracht gegenüber anderen Städten zurückzufallen und ein Bauwerk dürfte am ehesten den Absichten der Spender entsprochen haben, das Geld der Stadt dauerhaft zum Geschenk zu machen.
Die oben geschilderten Zustände kann man also gewissermaßen als eine Zwischenstufe auf dem Weg zu einer allgemeinen summa honoraria in Pontus et Bithynia interpretieren. Die Zahlungen haben den Gemeinden gezeigt, dass man die rege Nachfrage nach einer Ratsmitgliedschaft dazu nutzen kann, die städtischen Einnahmen zu verbessern. Gleichzeitig hat Trajan die Einführung einer allgemeinen summa honoraria in ihren Verantwortungsbereich gelegt, was in der Folgezeit wohl dazu geführt hat, dass sie eine gewöhnliche Einrichtung auch Pontus et Bithynia wurde[70].
Auch wenn es keinen Mangel an zahlungswilligen Kandidaten für eine Ratsmitgliedschaft vorhanden war, es also noch kein Dekurionenproblem gab[71] und die erzielten Einnahmen insgesamt eher unbedeutend[72] waren, stellte dieser Vorgang ein Beispiel[73] dafür dar, wie man in Zukunft mit den Ratsmitgliedern umsprang, bis eine Ratsmitgliedschaft wegen der damit verbundenen hohen Belastungen vollständig unattraktiv wurde und Zwang angewendet werden musste, um die Reihen der Ratsmitglieder zu füllen.
4. Fazit: Die summa honoraria und die städtischen Finanzen
Infolge der Städtekonkurrenz stiegen die Ausgaben der Städte im Bereich des Bauwesens und der Prozessionen stark an. Gleichzeitig aber waren die herkömmlichen Einnahmen nur begrenzt steigerbar, da Steuern, die relativ leicht zu steigern wären, nur sehr begrenzt dem städtischen Haushalt zugute kamen. Dies führte zu einer angespannten Haushaltslage und machte die Städte abhängig von Spenden.
Im untersuchten Zeitraum, dem frühen zweiten Jahrhundert, bestand jedoch noch eine Nachfrage nach einer Mitgliedschaft im Stadtrat, der Boule. Diese versuchte der Kaiser durch die Genehmigung zusätzlicher Mitglieder zu befriedigen, wobei er auch die finanziellen Aspekte beachtete. Diese neuen Mitglieder haben eine summa honoraria gezahlt, mit der, zumindest in Claudiopolis, Bauwerke finanziert wurden. Die Frage einer generellen summa honoraria für alle Ratsmitglieder überließ der Kaiser den Städten. Dieses führte dazu, dass in der Folgezeit die summa honoraria für eine Ratsmitgliedschaft allmählich eine gängige Praxis in Pontus et Bithynia wurde, durch die die Gemeinden versuchten, sich eine zusätzliche, prinzipiell steigerbare Einnahmenquellen zu sichern.
Die kontinuierliche Steigerung der Abgaben, die auf den Ratsmitgliedern lastete, führte allmählich zu deren Verarmung und sorgte dafür, dass die Ratsmitgliedschaft an Attraktivität verlor. Dies setze die Finanzen erneut unter Druck und zwang Rom ab dem 3. Jahrhundert dazu, die Autonomie der Städte zu beschränken und in die Finanzen einzugreifen.
5. Quellen
1. , Caecilius Secundus: Epistulae. Lieber X. Der Briefwechsel mit Kaiser Trajan. Übers. und hrsg. von Marion Giebel. Stuttgart 1985.
6. Sekundärliteratur
2. , Walter: Das Archontat in Bithynien und die lex provinciae des Pompeius. In: Epigraphica Anatolica. Zeitschrift für Epigraphik und historische Geographie Anatoliens, Bd. 3. 1984. S. 19-31.
3. Frank M.: Die Verwaltung des römischen Kaiserreiches. Von der Herrschaft des Augustus bis zum Niedergang des Weströmischen Reiches. Darmstadt 1998.
4. Cramme, Stefan: Die Bedeutung des Euergetismus für die Finanzierung städtischer Aufgaben in der Provinz Asia. Köln 2001.
5. , Werner: Geschichte der römischen Kaiserzeit. München 21989. (= Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 3).
6. Dmitriev, Sviatoslav: City government in Hellenistic and Roman Asia minor. Oxford 2005.
7. Walter: Die rechtliche und soziale Stellung der Magistratus municipales und der Decuriones in der Übergangsphase der Städte von sich selbstverwaltenden Gemeinden zu Vollzugsorganen des spätantiken Zwangsstaates (2.-4. Jahrhundert der römischen Kaiserzeit). Wiesbaden 1973.
8. Wilhelm: Städteverwaltung im römischen Kaiserreiche. Leipzig 1900.
9. , Lutz: Die Entwicklung der Leistungen und Ämter (munera et honores) im Römischen Kaiserreich des zweiten bis vierten Jahrhunderts. In: Historia. Zeitschrift für alte Geschichte, Bd. 30. 1981. S. 203 – 235.
10. Friedemann: Die Honoratiorenschicht in den Städten des griechischen Ostens. Untersuchungen zur politischen und sozialen Entwicklung in hellenistischer und römischer Zeit. Stuttgart 1993.
11. Schwarz, Hertha: Soll oder Haben? Die Finanzwirtschaft kleinasiatischer Städte in der Römischen Kaiserzeit am Beispiel von Bithynien, Lykien und Ephesos (29 v. Chr. - 284 n. Chr.). Bonn 2001.
12. Sherwin-White: The letters of Pliny. A historical and social commentary. Oxford 1966.
13. Michael: Imperiale Herrschaft und provinziale Stadt. Strukturprobleme der römischen Reichsorganisation im 1.-3. Jh. der Kaiserzeit. Göttingen 1978 (= Hypomnemata, Bd. 52).
14. Paul: Brot und Spiele. Gesellschaftliche Macht und politische Herrschaft in der Antike. Aus dem Französischen übersetzt von Klaus Laermann. Frankfurt/Main 1988. (= Theorie und Gesellschaft, Bd. 11).
[...]
[1] Vgl. Plin. ep. X 112.
[2] Für den Euergetismus vgl. Cramme 2001, sowie Veyne 1988 und Quaß 1993. Über das Dekurionenproblem ist bei Langhammer 1973 und Stahl 1978 nachzulesen.
[3] Vgl. Langhammer 1973, S. 96f., sowie Liebenam 1900, S. 2 und Schwarz 2001, S. 277.
[4] Vgl. Langhammer 1973, S. 96, sowie Liebenam 1900, S. 2 und Schwarz 2001, S. 216.
[5] Vgl. Liebenam 1900, S. 14f.
[6] Vgl. Langhammer 1973, S. 97, sowie Liebenam 1900 S. 16. und Schwarz 2001, S. 244.
[7] Vgl. Plin. ep. X 37.
[8] Vgl. Langhammer 1973, S. 98.
[9] Vgl. Langhammer 1973, S. 98f.
[10] Vgl. Liebenam 1900, S. 30ff., sowie Langhammer 1973, S. 99ff.
[11] Vgl. Liebenamm 1900, S. 66.
[12] Vgl. Plin. ep. X 54.
[13] Vgl. Langhammer 1973, S. 114.
[14] Vgl. Langhammer 1973, S. 114, sowie Schwarz 2001, S. 197.
[15] Vgl. Langhammer 1973, S. 113.
[16] Vgl. Langhammer 1973, S. 114, sowie Schwarz 2001, S. 197.
[17] Vgl. Ausbüttel 1998, S. 69.
[18] Vgl. Langhammer 1973, S. 117.
[19] Neben Weiden und Gewässer auch für Wasser aus Aquädukten, vgl. Langhammer 1973, S. 98.
[20] Bei Liebenam 1900, S. 25 ist von einer lex vectigalis als Zolltarif die Rede; vgl. auch Langhammer 1973, S. 117.
[21] Vgl. Schwarz 2001, S. 9.
[22] Vgl. Langhammer 1973, S. 119. Erst ab dem 4. Jahrhundert musste der Staat Zollabgaben an die Städte abgeben, vgl. Langhammer 1973, S. 120.
[23] Vgl. Plin. ep. X 75.
[24] Zum gesamten Komplex des Euergetismus vgl. Cramme 2001, S. 23 - 32.
[25] Vgl. Plin. ep. X 32.
[26] Vgl. Schwarz 2001, S. 249.
[27] Vgl. Stahl 1978, S. 114.
[28] Vgl. Dahlheim 1989, S. 61.
[29] Vgl. Stahl 1978, S. 116.
[30] Vgl. Liebenamm 1900, S. 69, sowie Langhammer 1973, S 124.
[31] Vgl. Langhammer 1973, S. 124.
[32] Vgl. Langhammer 1973, S. 125.
[33] Vgl. Langhammer 1973, S. 125.
[34] Vgl. Langhammer 1973, S. 134 und Schwarz 2001, S. 235, dies galt auch für durchziehende Truppen, vgl., Langhammer 1973, S. 135.
[35] Vgl. Langhammer 1973, S. 133.
[36] Vgl. Langhammer 1973, S. 126f. Ein Zusammenschluss mehrere Städte wird auch das Gewicht der Gesandtschaft erhöht haben.
[37] Vgl. Plin. ep. X 44.
[38] Vgl. Langhammer 1973, S. 138ff.
[39] Vgl. Langhammer 1973, S. 146.
[40] Vgl. Langhammer 1973, S. 147.
[41] Vgl. Stahl 1978, S. 118.
[42] Vgl. Veyne 1988, S. 251.
[43] Vgl. Veyne 1988, S. 252.
[44] Vgl. Veyne 1988, S. 251.
[45] Vgl. Veyne 1988, S. 252.
[46] Vgl. Veyne 1988, S. 252.
[47] Veyne 1988, S. 252f.
[48] Vgl. Veyne 1988, S. 253.
[49] Vgl. Veyne 1988, S. 260.
[50] Vgl. Veyne 1988, S. 261.
[51] Vgl. Veyne 1988, S. 261.
[52] Vgl. Quaß 1993, S. 328, sowie Veyne 1988, S. 193.
[53] Vgl. die Verwendung des Begriffes bei Quaß 1993, S. 328.
[54] Plin. ep. X 112: „(1) Lex Pompeia, domine, qua Bithyni et Pontici utuntur, eos, qui in bulen a censonbus leguntur, dare pecuniam non iubet; sed ii, quos indulgentia tua quibusdam civitatibus super legitimum numerum adicere permisit, et singula denariorum et bina intulerunt. (2) Anicius deinde Maximus proconsul eos etiam, qui a censoribus legerentur, dumtaxat paucissimis civitatibus aliud aliis iussit inferre. (3) Superest ergo, ut ipse dispicias, an in omnibus civitatibus certum aliquid omnes, qui deinde buleutae legentur, debeant pro introitu dare. Nam, quod in perpetuum mansurum est, a te constitui decet, cuius factis dictisque debetur aeternitas.”
[55] Vgl. Ameling 1984, S. 19.
[56] Vgl. Ameling 1984, S, 19f.
[57] Vgl. Plin, ep. X 79.
[58] Vgl. Ameling 1984, S. 21.
[59] Die offenbar nicht vom Zensor ernannt wurden, sondern von der Volksversammlung gewählt wurden, zumindest in Prusa, vgl. Sherwin-White 1966, S. 721 sowie Quaß 1993, S. 383.
[60] Vgl. Schwarz 2001, S. 111.
[61] Vgl. Schwarz 2001, S. 113, sowie Langhammer 1973, S. 107.
[62] Vgl. Plin. ep.. X 114, Trajan verbot diese Praxis, vgl. Plin. ep.. X. 115.
[63] Vgl. Plin. ep. X 79, auch diese Praxis verbot Trajan, vgl. Plin. ep. X 80.
[64] Vgl. Plin, ep. X 39, 5.
[65] Plin. ep. X 39, 6:. „…quod est omni pecunia pretiosius, munus tuum…"
[66] Plin. ep. X 113: Honorarium decurionatus omnes, qui in quaque civitate Bithyniae decuriones fiunt, inferre debeant necne, in Universum a me non potest statui. Id ergo, quod semper tutissimum est, sequendam cuiusque civitatis legem puto, sed verius eos, qui invitati fiunt decuriones, id existimo acturos, ut praestatione ceteris praeferantur.
[67] Vgl. Sherwin-White 1966, S. 722.
[68] Plin. ep. X 39, 5: „[…]ingens balineum[…]“.
[69] Vgl. Quaß 1993, S. 333.
[70] Vgl. Quaß 1993, S. 383, besonders Fußnote 146.
[71] Aus Platzgründen verzichte ich auf eine Diskussion der unterschiedlichen Lesungen von Plin. ep. X 115 und schließe mich der Deutung von Sherwin-White 1966, S. 722f.
[72] Vgl. Schwarz 2001, S. 110 und S. 319.
[73] Ein weiteres Beispiel für diese Geisteshaltung stellt Plin. ep. X 54 dar, auch wenn Trajan die vorgeschlagene Zwangsanleihen nicht genehmigte.
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