Diese Arbeit ist im Rahmen des Seminars "Personalauswahl und -plazierung durch Assessment
Center" (AC) entstanden, in dem die historische Entwicklung des Verfahrens, Übungen
und Meßkonzepte, Probleme des ACs in der Praxis und neuere Ansätze zur Optimierung von
AC-Komponenten vorgestellt und diskutiert wurden. Vor allem auf den letzten Themenbereich
möchte ich hier genauer eingehen. Gute Verfahren müssen sich bezüglich ihrer Validität
in Theorie und Praxis bewähren und dem Vergleich mit anderen Verfahren zumindest standhalten.
Im 1.Kapitel werden die verschiedenen Validitätsgesichtspunkte und ihre Ergebnisse
in Bezug auf das AC vorgestellt. Zwei Arbeiten, die das Verfahren aus recht
unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und von daher auch zu Verbesserungsvorschlägen
auf verschiedenen Ebenen kommen, werden im 2.Kapitel besprochen. Im Schlußteil der
Arbeit versuche ich, diese beiden Untersuchungen in den Rahmen allgemeiner
Optimierungskonzepte zu integrieren und ihren Bezug zu metaanalytischen Ergebnissen der
derzeitigen AC-Forschung herzustellen.
[...]
INHALT
Einleitung
1. Validität und Validierung von Assessment Centern
1.1. Konstruktvalidität
1.2. Inhaltsvalidität
1.3. Prognostische Validität
1.4. Soziale Validität
1.5. Nutzen und Kosten
2. Veranschaulichung von Optimierungsansätzen anhand zweier Untersuchungen
2.1. Bungard: Zur Problematik von Reaktivitätseffekten bei der Durchführung eines Assessment Centers
2.2. Strunz: Modell zur Verbesserung der Traineeauswahl: Konzeption eines Assessment Centers mit integrierter realistischer Tätigkeits-Information
3. Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
EINLEITUNG
Das Assessment Center (AC) ist ein multiples eignungsdiagnostisches Verfahren, dessen erste Ansätze bei der Offiziersauswahl der deutschen Reichswehr zu finden sind, das in Amerika im wirtschaftlichen Sektor zu seiner Blüte gelangte und sich seit den 70er Jahren auch in Deutschland in Wirtschaftsunternehmen und der öffentlichen Verwaltung immer größerer Beliebtheit erfreut. Es wird vor allem zur Auswahl künftiger Mitarbeiter, aber auch als organisatorisches Beurteilungs- und Förderinstrument eingesetzt. Über eine gute Vorhersagequalität beruflicher Bewährung hinaus erfüllt es "latente" Funktionen, die mit anderen Verfahren nicht zu erzielen sind. Schuler nennt u.a. den Gewinn eines Überblicks über Organisation, Programm und Führungsstil des Unternehmens, die Betonung der Bedeutung von Personalplanung und -entwicklung, die verhaltensbezogene Formulierung von Anforderungen, die an Führungskräfte des jeweiligen Unternehmens gestellt und mit denen die Teilnehmer vertraut gemacht werden (S.4).
Die gebräuchlichsten Übungen im AC sind individuell auszuführende Arbeitsproben und Aufgabensimulationen (Organisation, Planung , Entscheidung, Controlling- und Analyseaufgaben), Gruppendiskussionen mit und ohne Rollenvorgabe, Gruppenaufgaben mit Wettbewerbs- und/ oder Kooperationscharakter, Vorträge und Präsentationen, Interviews, Fähigkeits- und Leistungstests, Persönlichkeitstests, biographische Fragebogen.
Die Kandidaten werden von geschulten Beobachtern (meist ranghohe Führungskräfte als interne Beobachter und ein externer Fachmann) beurteilt. Die Datenauswertung, wobei auch eine Analyse des Urteilsverhaltens der Beobachter möglich ist, erfolgt in der Praxis meist durch ein formales und subjektives Mischverfahren. Nach einer Entscheidung bezüglich der Kandidatenselektion finden Gespräche mit jedem einzelnen Teilnehmer statt. Entwicklungsmaßnahmen, Arbeitsplatzwechsel usw. sollten die Konsequenz jedes ACs sein.Wünschenswert ist auch eine komplexe Verfahrensevaluation.
Diese Arbeit ist im Rahmen des Seminars "Personalauswahl und -plazierung durch Assessment Center" (AC) entstanden, in dem die historische Entwicklung des Verfahrens, Übungen und Meßkonzepte, Probleme des ACs in der Praxis und neuere Ansätze zur Optimierung von AC-Komponenten vorgestellt und diskutiert wurden. Vor allem auf den letzten Themenbereich möchte ich hier genauer eingehen. Gute Verfahren müssen sich bezüglich ihrer Validität in Theorie und Praxis bewähren und dem Vergleich mit anderen Verfahren zumindest standhalten. Im 1.Kapitel werden die verschiedenen Validitätsgesichtspunkte und ihre Ergebnisse in Bezug auf das AC vorgestellt. Zwei Arbeiten, die das Verfahren aus recht unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und von daher auch zu Verbesserungsvorschlägen auf verschiedenen Ebenen kommen, werden im 2.Kapitel besprochen. Im Schlußteil der Arbeit versuche ich, diese beiden Untersuchungen in den Rahmen allgemeiner Optimierungskonzepte zu integrieren und ihren Bezug zu metaanalytischen Ergebnissen der derzeitigen AC-Forschung herzustellen.
1. VALIDITÄT UND VALIDIERUNG VON ASSESSMENT CENTERN
Es werden üblicherweise mehrere Validitätsaspekte betrachtet, die sich natürlich auch in unterschiedlich hohen Koeffizienten ausdrücken können. Da es nicht "das" AC gibt (weder Inhalt noch Durchführung noch Auswertung sind standardisiert), erstaunt es nicht, daß angesichts der vielfältigen Verfahrensweisen die Validitätsunterschiede von Untersuchung zu Untersuchung groß sind[1]. Im Vergleich zur prognostischen Validität und weitgehend auch zur sozialen Validität lassen die Konstrukt- und Inhaltsvalidität noch zu wünschen übrig. Dennoch betonen Thornton u.a. (S.36), daß die Forschungsergebnisse zum AC insgesamt positiver ausfallen als zu jedem anderen Verfahren der Personalauswahl und -entwicklung[2].
1.1. KONSTRUKTVALIDITÄT
Konstruktvalidität verlangt, daß mit den AC-Übungen auch die Fähigkeiten erfaßt werden, die man messen möchte. Sie ist das "Sorgenkind" des ACs wegen geringer Spezifität der Theorien bzw. Trait-Orientierung. Management-Kompetenzen und ihre Meßbarkeit sind gefährdet durch mangelhafte Anforderungskataloge (hauptsächlich "soziale" Kompetenzen meßbar), das Problem der Abhängigkeit einzelner Fähigkeitsdimensionen untereinander (z.B. Kooperationsfähigkeit als Teilmenge von Führungsfähigkeit), das Problem des Prozesses der Urteilsfindung der Beurteiler (nicht statistisch, sondern klinisch).
1.2. INHALTSVALIDITÄT
Inhaltsvalidität (die von manchen Wissenschaftlern zunehmend auch als Facette der Konstruktvalidität betrachtet wird[3] ) soll sicherstellen, daß die AC-Übungen eine repräsentative Stichprobe der zukünftigen Tätigkeit abbilden. In vielen ACs scheinen in der Tat auf das jeweilige Unternehmen maßgeschneiderte Aufgaben verwendet zu werden. Außer entsprechenden Simulationsaufgaben eignen sich dafür z.B. situative Interviews anhand von "critical incidents", die tatsächlichen Vorkommnissen zugrundeliegen, gut. Dennoch kommt es vor, daß aus Kostengründen oder mangelnden Möglichkeiten vorgefertigte (also relativ unspezifische) Übungen immer wieder verwendet werden, was die Inhaltsvalidität natürlich einschränkt. Eine weitere Gefahr für diesen Validitätsaspekt ist die Möglichkeit, Motivations- und Ausdauerkomponenten anhand der kurzen Verhaltensstichproben überzubewerten, wodurch face validity entsteht.
1.3. PROGNOSTISCHE VALIDITÄT
Die prognostische Validität stellt sicher, daß das Ergebnis des ACs in empirisch nachweisbarer Beziehung zum späteren Berufserfolg steht. Hierzu gibt es in den letzten Jahren etliche Validierungsstudien und Metaanalysen[4]. Der Korrelationskoeffizient scheint sich gegenwärtig bei .40 stabilisiert zu haben, nachdem frühere Untersuchungen euphorisch Zahlen von über .70 ver-breiteten. Kognitive Leistungstests und biographische Fragebogen haben allerdings bei geringerem Zeitaufwand und weniger Kosten eine ähnlich hohe prognostische Validität. Allerdings sollte berücksichtigt werden, daß der nun ermittelte Wert für ACs durch eine systematische Verwertung der Moderatorenanalyse noch zu verbessern ist und das Verfahren zudem, wie erwähnt, mehr Funktionen als die oben genannten Verfahren erfüllen kann.
1.4. SOZIALE VALIDITÄT
Die hohe Akzeptanz bei Kandidaten und Beurteilern wird oft als einer der großen Vorteile des ACs genannt. Die Gründe hierfür sind, daß es idealiter folgende Möglichkeiten eröffnet:
- Vorbereitung und Einbeziehung der Teilnehmer in die Planung
- Chancengleichheit
- vorwiegend Testverfahren, die, im Unterschied zu Persönlichkeitstests, erkennbar in Bezie-
hung zur Arbeitstätigkeit stehen
- trainierte, "objektive" Beobachter und Beurteiler
- Fairneß bei Beurteilung durch die statistische Kontrolle
- Rückmeldung durch intensive Einzelgespräche
- Konsequenzen des ACs im Sinne von Personalentwicklungsmaßnahmen
Auch hier gilt, daß, was vom Prinzip her möglich ist, nicht immer in die Realität umgesetzt wird. Zudem haben Selektionsverfahren selbst unter den besten Rahmenbedingungen bedrohliche Aspekte und fördern Bewertungsangst.
1.5. NUTZEN UND KOSTEN
Schuler plädiert für eine von der Validität unabhängige Betrachtung der Nutzen/Kosten-Frage (S.16). Er argumentiert, daß hohe Validität nicht mit ökonomischem Nutzen gleichzusetzen ist und umgekehrt auch bei geringer Validität der Nutzen hoch sein kann, wenn die Konsequenzen von Fehlentscheidungen groß sind. ACs sind sehr teuer[5]. Daher ist ein Effizienz-Nachweis erforderlich. Die Kosten von ACs sind relativ leicht zu erfassen, ihr Nutzen wesentlich schwieriger, u.a. weil zwischen subjektivem und gesellschaftlichen Nutzen differenziert werden muß. Nach einer Summenformel zur Schätzung des Nutzens[6] ergibt sich ein Vorsprung vor anderen eignungsdiagnostischen Verfahren von .18.
[...]
[1] z.B. nennen Thornton u.a. (S. 37), die 50 Studien auswerteten, eine Streuung der prognostischen Validitätskoeffizienten von - .25 bis + .78!
[2] Eine kontroverse Ansicht hierzu vertritt Bungard, s. Kap. 2.1.
[3] s. Schuler, S.13.
[4] Zur Metaanalyse von Thornton u.a. s. Kap.3.
[5] Neuberger macht allerdings darauf aufmerksam, daß Unternehmen noch deutlich mehr Geld für Werbung ausgeben (S.295).
[6] In die Summenformel werden u.a. einbezogen: Laufzeit des Verfahrens, Fluktuation der Mitarbeiter, Kapitalfolgen des Verfahrens, Korrelation zwischen Verfahren und dem Kriterium Berufserfolg.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Psych. Renate Schallehn (Autor:in), 1995, Ansätze zur Optimierung von Assessment Center-Komponenten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110447
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