Die vorliegende Masterarbeit untersucht mittels einer sozialwissenschaftlichen Dokumentenanalyse den Diskurs um eine Neue Weltwirtschaftsordnung (NWWO) ab den 1970er Jahren. Dabei steht im Zentrum die Frage: inwiefern fortschrittliche Aspekte zur Einhegung bzw. Überwindung der hegemonial etablierten und kapitalistischen Weltordnung – im Sinne einer aufscheinenden solidarischen Produktions- und Lebensweise und ihrer politischen Rahmenbedingungen – thematisiert wurden. In Anlehnung an dem analytischen Strukturbegriff „Imperiale Lebensweise“, der Regulationstheorie und der soziohistorischen Analyse der Annales-Schule rekonstruiere ich die hegemoniale Etablierung, relative Stabilität und inhärente Widersprüchlichkeit des kapitalistischen Akkumulationsregimes. Fortschrittliche Aspekte der Einhegung bzw. Überwindung dieses Regimes werden aus dem Konzept der solidarischen Lebensweise sowie der Degrowth-Debatte und dem Post-Development-Ansatz generiert. Der Diskurs um eine NWWO ist – in Summe – zu begreifen als eine zeitgemäße Form der Darstellung der Gegensätze, die der bestehenden Wirtschaftsordnung zugrunde liegen. Sie ist in keiner Weise aber schon die Aufhebung dieser Gegensätze in einer neuen Wirtschaftsordnung.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Forschungsfrage und methodologische Herangehensweise
2.1 Stand der Forschung und Relevanz dieser Arbeit
3. Theoretischer Rahmen und Begriffsbestimmung
3.1 Theoretische Vorannahmen
3.2 Imperiale Lebensweise
3.2.1 Kriterien solidarischer Lebens- und Produktionsweisen
3.3 Annales-Schule und Regulationstheorie
3.3.1. Soziohistorische Analysen des Akkumulationsregimes
3.3.2. Regulationsmodus
3.4 Zwischenfazit - Theoretischer Rahmen
4. Gesellschaftlich-historischer Kontext der „Neuen Weltwirtschaftsordnung“
4.1 Historische Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise
4.1.1 Kolonialismus und Imperialismus - eine Geschichte des strukturellen Rassismus
4.1.2 Prozess der Dekolonialisierung und die Regulation des Fordismus
4.1.3 Post-Fordismus und der Aufstieg des Neoliberalismus
4.2 Entwicklungsdekaden und die „Neue Weltwirtschaftsordnung“
4.3 Zwischenfazit - NWWO als analytische Kategorie
5. Forderungen, Reformen, Resolutionen und Diskurse der NWWO
5.1 Zentrale Forderungen und Reformen
5.1.1 Außenorientierung, Abhängigkeit vom Weltmarkt und imperiale Rohstoffe
5.1.2 Der wichtigste und blutigste Rohstoff der Welt: Erdöl
5.1.3 Souveränität und Selbstbestimmung
5.2 Akademische Debatten
5.2.1 Jan Tinbergen und der RIO-Bericht - eine Degrowth Perspektive auf die NWWO
5.2.2 Die Prebisch-Singer-These - Strukturalistische Perspektive
5.2.3 Senghaas - Dependenztheoretische und die dissoziative Perspektive
5.2.4 Integrationstische Perspektive I: Allgemein
5.2.5 Integrationstische Perspektive II: Brandt-Report
5.2.6 Collective Self-Reliance und Selektive Kooperation als Mittelweg?
5.2.7 Endogene Ansätze bzw. (neo)liberale Positionen
5.2.8 Exogene Ansätze bzw. (Neo-)Imperialismustheorien
5.3 Zwischenfazit - NWWO als normative Kategorie
6. Conclusio
6.1 Ausblick - oder was wir heute aus diesem Diskurs lernen können
Quellen- und Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
ACM - Andean Common Market
BEIC - British East India Company
BRICS - Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika
CACM - Central American Common Market
CARICOM/CCM - Caribbean Community/ Caribbean Common Market
CEESTEM - Centro de Estudios Economicos y Sociales del Tercer Mundo, Mexico
CEPAL - UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika
CIEC - Conference on International Economic Cooperation
CSR - Collective Self-Reliance
ECA - Economic Commission for Africa
EEC - European Economic Community
FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations
GATT - General Agreement on Tariffs and Trade
GSP - General System of Preferences
IB - Internationale Beziehungen
IFAD - International Fund for Agriculture Development
IEA - International Energy Agency
ILO - International Labor Organization
IRP - Das Integrierte Rohstoffprogramm (auch als Corea-Plan bekannt)
ISI - Importsubstituierte Industrialisierung
ITO - International Trade Organisation
IWF - Internationaler Währungsfonds
JEP - Journal für Entwicklungspolitik
LAFTA - Latin American Free Trade Association
MERCOSUR - Mercado Comun del Sur (Gemeinsamer Markt des Südens)
NAFTA - North American Free Trade Agreement
NAM - Non-Aligned Movement
NIEO - New International Economic Order
NIWO - Neue Internationale Wirtschaftsordnung
NWWO - Neue Weltwirtschaftsordnung
OECD - Organization for Economic Cooperation and Development
OPEC - Organization of Petroleum Exporting Countries
RGW - Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON)
RIO - Reform der Internationalen Ordnung
SADC - Southern African Development Community
U.N. - United Nations
UNCTAD - United Nations Conference on Trade and Development
UNDD - United Nations Development Decade
UNDP - United Nations Development Programme
UNICEF - United Nations International Children's Fund
UNITAR - United Nations Institute for Training and Research
UNIDO - United Nations Industrial Development Organization
UNRIC - Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen
WFP - World Food Programme of the United Nations
WHK - Welthandelskonferenz
WHR - Welthandelsrat bzw. Rat für Handel und Entwicklung
WHO - World Health Organization of the United Nations
WTO - World Trade Organization
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Regulationsmodus im historischen Kontext
Kurzfassung/ Abstract
Die vorliegende Masterarbeit untersucht mittels einer sozialwissenschaftlichen Dokumentenanalyse den Diskurs um eine Neue Weltwirtschaftsordnung (NWWO) ab den 1970er Jahren. Dabei steht im Zentrum die Frage: inwiefern fortschrittliche Aspekte zur Einhegung bzw. Überwindung der hegemonial etablierten und kapitalistischen Weltordnung - im Sinne einer aufscheinenden solidarischen Produktions- und Lebensweise und ihrer politischen Rahmenbedingungen - thematisiert wurden. In Anlehnung an dem analytischen Strukturbegriff „Imperiale Lebensweise“, der Regulationstheorie und der soziohistorischen Analyse der Annales-Schule rekonstruiere ich die hegemoniale Etablierung, relative Stabilität und inhärente Widersprüchlichkeit des kapitalistischen Akkumulationsregimes. Fortschrittliche Aspekte der Einhegung bzw. Überwindung dieses Regimes werden aus dem Konzept der solidarischen Lebensweise sowie der Degrowth-Debatte und dem Post-Development-Ansatz generiert. Der Diskurs um eine NWWO ist - in Summe - zu begreifen als eine zeitgemäße Form der Darstellung der Gegensätze, die der bestehenden Wirtschaftsordnung zugrunde liegen. Sie ist in keiner Weise aber schon die Aufhebung dieser Gegensätze in einer neuen Wirtschaftsordnung.
Vorwort
Jede wissenschaftliche Arbeit geht von einer gewissen subjektiven Realität aus (Husserl). Daher sollten mein Standpunkt und meine Hoffnungen hier einen Platz finden. Ich sehe diese Arbeit als einen jahrelangen Prozess der akademischen Entwicklung, der persönlichen Selbstfindung und als einen (kleinen) Beitrag zur Friedensbewegung bzw. Friedensforschung. Wie schon Willy Brandt in den 1980er zu sagen pflegte ist „Entwicklungspolitik von heute, Friedenspolitik von morgen“. Frieden erreichen wir meiner Meinung nach, in dem wir die gegenwärtig vorherrschenden Macht- und Herrschaftsverhältnisse kritisieren und auf eine egalitäre und solidarische Gesellschaftskonfiguration hinweisen.
Eine weitere Situiertheit muss erwähnt werden. Obwohl ich mir der Tatsache bewusst bin, dass es in den entwicklungspolitischen Standardwerken „Gender-Defizite“ (vgl. HANAK 1997) gibt, habe ich mich bemüht trotz der Zitation überwiegend männlicher Autoren und Forscher die Perspektive und Bedürfnisse von nicht cis-Männern mit einfließen zu lassen. Dementsprechend wird eine queerfeministische Perspektive stets mitbedacht und eine geschlechtergerechte Sprache durchgehend angewandt.
Danksagung
Dieses Werk wäre in der Form ohne die stundenlangen Gespräche mit meinem Freund Leo Xavier Gabriel nicht möglich gewesen. Ein spezieller Dank geht an meinem Professor Dr. Ulrich Brand, dem ich nicht nur eine finanzielle Förderung dieses Werkes zu verdanken habe, sondern der mich durchgehend motiviert, kritisiert und durch diesen Schreibprozess gedanklich begleitet hat. Ebenfalls danke ich dem Team vom Varna Institute for Peace Research (VIPR), die mich in Bulgarien politisiert und im positiven Sinne radikalisiert haben. Zum Konzept der „Imperialen Lebensweise“ habe ich bereits im Rahmen der Degrowth-Konferenz 2020 mit Jana Hafner, Andrea Marjanovic und Walentina Pflug-Hofmayr und im Rahmen einer Publikation mit dem KAUZ-Kollektiv bzw. dem Verein Periskop gearbeitet. Daher schulde ich euch sowohl für den geistigen Austausch als auch für die wundervollen Momente in Nikitsch eine herzliche Umarmung.
Da es unmöglich ist alle Leute die mich geprägt, beeinflusst bzw. die durch ihr Handeln oder durch ihre Werke mich berührt haben zu erwähnen, möchte ich nun einige Namen nennen: DDDr. Gerhard Donhauser, Dr. Gabriele Michalitsch, MMag. Utta Isop, Prof. Roy Casagranda, Dr. Brigitte Bargetz, Dr. Natasha Kelly und Ilija Trojanow. Ihr seid geistige Leuchttürme der Solidarität!
Widmen möchte ich dieses Werk meiner geliebten Christina, die für immer in mein Herz bleibt.
1. Einleitung
Die neoliberale Globalisierung entfesselte eine „New Economy“, bei der selbst bekennende Liberale wie Ralf Dahrendorf (1999) oder George Soros (1999) von einer „Erbarmungslosigkeit“ und von einer Gefährdung des sozialen Zusammenhalts sprechen (BRAND et al. 2000: 11). Die Weltwirtschaftsordnungen, die einen liberalen (ROTHSTEIN 1979) bzw. einen neoliberalen (LIPIETZ 1992; BRAND et al. 2000) Charakter aufweisen, haben bislang die Industrieländer begünstigt und ihre Interessen wurden und werden weiterhin in internationalen Organisationen (WTO, Weltbank, IWF, GATT) stärker berücksichtigt als die Interessen der Länder des „Globalen Südens“1 (vgl. KLAUS/KLEIN 2018). Diese Ungleichheit ist somit strukturell verankert und spiegelt die bestehenden Macht- und Herrschaftsverhältnisse, bzw. die hegemoniale Vormachtstellung „westlicher“2 Industrienationen wieder. Doch die im Kapitalismus angelegte Vermögenskonzentration ist seit dem 20. Jahrhundert auch in den Industrienationen stark gestiegen und verursacht eine zunehmende Ungleichheit die laut Thomas Piketty (2014) zu einer Refeudalisierung (Patrimonialen Kapitalismus) der Gesellschaft und zu einer oligarchischen Demokratie führt.
Für den Friedensforscher, Philosophen und Sozialwissenschaftler Dieter Senghaas (1977: 25) hängen die ungleiche internationale Arbeitsteilung und die peripheren Gesellschaftsformationen zusammen und sind zwei Facetten ein und desselben Sachverhaltes: der Herausbildung eines kapitalistischen Weltmarktes, dessen Entwicklungsdynamik von den jeweils vorherrschenden, also hegemonial etablierten kapitalistischen Metropolen bestimmt wurde. In Zeiten des Postfordismus sind die schwerpunktmäßig ansässigen, weltweit operierenden transnationalen Konzerne (TNK) die maßgeblichen Agenten der weltweiten Entwicklungsdynamik:
„Innerhalb des kapitalistischen Weltmarktes markiert die Penetration peripherer Gesellschaftsformationen durch multinationale Konzerne nur die jüngste Etappe eines langen historischen Prozesses der Internationalisierung von Kapital und Arbeit“ (SENGHAAS 1977: 25).
Dieser historisch-kontingente Prozess der systematischen Ungleichheit, der von der Kolonialisierung, über den Imperialismus bis hin zur heutigen Privatisierung zugunsten TNK seinen Fortbestand hat, sieht in Zahlen gesprochen folgendermaßen aus: das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt 45% des weltweiten Reichtums, während die ärmere Hälfte der Menschheit nicht einmal auf ein Prozent des Vermögens kommt (OXFAM 2020). Diese Ungleichheit sieht man nicht nur anhand einer Nord-Süd-Dimension, sondern auch anhand einer feministischen Dimension: weltweit besitzen Männer rund 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen, welche darüber hinaus auch häufiger von extremer Armut betroffen sind (ebd.). Weltweit leiden rund 690 Millionen Menschen an Hunger und die Zahl der chronisch unterernährten Menschen ist in den letzten fünf Jahren um mehrere zehn Millionen gestiegen - überwiegend in Ländern des Globalen Südens (FAO et al. 2020). Der Soziologieprofessor und UN-Sonderbeauftragte Jean Ziegler schlussfolgert:
„Es gibt keinen objektiven Mangel, also keine Fatalität für das tägliche Massaker des Hungers, das in eisiger Normalität vor sich geht. Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet“ (ZIEGLER 2011: 5).
Wenn die(se) „soziale Frage(n) unseres Jahrhunderts“ gelöst werden soll(en), muss das System der Weltwirtschaft einschneidend verbessert werden - so die Forderungen der evangelischen und katholischen Kirchen aus dem Jahr 1972, anlässlich der 3. Welthandelskonferenz (UNCTAD III) (KUNST/TENHUMBERG 1976: VII). Diese Konferenz war auch ausschlaggebend für die weltweite Verbreitung und Prägung des Begriffs „Neue Weltwirtschaftsordnung“ (NWWO)3. Dieser trägt folgenden Inhalt bzw. Geschichte in sich.
Länder des Globalen Südens schlossen sich 1964 im Verlauf der ersten Welthandelskonferenz (UNCTAD) zu einer solidarischen „Gruppe der 77“ zusammen und artikulierten gemeinsam ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen, um die ungleichen Machtbeziehungen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu thematisieren. Es ging dieser Gruppe von Staaten darum, das Weltwirtschaftssystem dermaßen zu reformieren, dass ihre Interessen gehört, ihre Partizipationsmöglichkeiten in internationalen Organisationen erhöht und ihre Präferenzen für Rohstoffabkommen, Zölle, Freihandelsabkommen und Preisstabilisierungsmaßnahmen umgesetzt werden. Das Wort Präferenz in diesem Zusammenhang schafft zwar den Eindruck, die Länder des Globalen Südens wollten eine Vorzugsstellung. In Wirklichkeit aber geht es nur um die Gleichstellung in der internationalen Wirtschaftsordnung (ECKENSTEIN 1966: 40). Die eingebrachte Deklaration bzw. das Aktionsprogramm über die Errichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung wurde von den großen Industriemächten USA, Großbritannien und u.a. der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt (TOMUSCHAT 1975: 93). Auch bei der Resolution über industrielle Entwicklung und Zusammenarbeit von Lima, die von der II. UNIDO-Konferenz am 26. März 1975 angenommen wurde, erhielten die Staaten des Globalen Südens eine erneute Gegenstimme, denn das „US-Imperium“ (MÜNKLER 2005) stimmte wieder einmal dagegen, während sich sieben Staaten (Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien, Israel, Italien, Japan und Kanada) enthielten (TOMUSCHAT 1975: 94). Das Projekt der NWWO ist damals aber nicht nur aufgrund der großen Vetomächte gescheitert. Die Ölkrise von 1973 deckte die Interessensgegensätze innerhalb der Staaten des Globalen Südens deutlich auf. Die volkswirtschaftlichen Unterschiede zwischen diesen Staaten brachten ebenfalls große Hindernisse mit sich. Und spätestens seit dem Ende der bipolaren Weltordnung wurde die Verhandlungsposition des Globalen Südens deutlich geschwächt (vgl. NUSCHELER 2003).
In dieser Arbeit spielt daher die Frage warum die Resolutionen um eine NWWO gescheitert sind nur eine sekundäre Rolle. Diese Frage wurde in der wissenschaftlichen Literatur zur Entwicklungspolitik schon deutlich beantwortet:
„Der Westen reagierte auf den mit revolutionären Parolen angereicherten Druck aus dem Süden mit dem Angebot eines Nord-Süd-Dialogs, spielte auf Zeit und nutzte im Verbund mit IWF und Weltbank die Konterchancen, die ihm die zu Beginn der 80erJahre über den Großteil der Entwicklungsländer hereinbrechende Verschuldungskrise bot. Am Ende hatte das in der G7 organisierte „Kartell der Mächtigen und Reichen“ in allen wichtigen Streitpunkten substantielle Zugeständnisse verweigert. Das große Projekt einer NWWO mit einem integrierten RohstoffFond zur Stabilisierung der Rohstoffpreise war gescheitert. Die neue Doktrin des Neoliberalismus setzte auf Deregulierung, nicht Regulierung des Weltmarkts. Der „Brandt- Bericht“ (1980), der sich weitgehend die Forderungen der „Gruppe der 77“ zueigen gemacht hatte, verschwand im entwicklungspolitischen Giftschrank“ (NUSCHELER 2003).
Der Fokus dieser Arbeit liegt primär darin, den Diskurs bzw. die zentralen Prinzipien der NWWO nach Elementen der solidarischen Lebens-, Produktions-, und Konsumweise (BRAND/WISSEN 2017; vgl. I.L.A. Kollektiv 2019) zu befragen.
In den nächsten Kapiteln werden die Forschungsfrage, methodologische Herangehensweise als auch die theoretischen Vorannahmen vorgestellt.
2. Forschungsfrage und methodologische Herangehensweise
Folgende Forschungsfrage steht im Zentrum dieser Arbeit:
Inwiefern wurden fortschrittliche Aspekte zur Einhegung bzw. Überwindung der hegemonial etablierten und kapitalistischen Weltordnung in den Diskurs um eine „Neue Weltwirtschaftsordnung“ ab den 1970er Jahre thematisiert - im Sinne einer aufscheinenden solidarischen Produktions- und Lebensweise und ihrer politischen Rahmenbedingungen - und was kann heute daraus gelernt werden?
Die Forschungsfrage wird in Anlehnung an dem analytischen Strukturbegriff „Imperiale Lebensweise“ (ILW) (BRAND/WISSEN 2017) und in Anlehnung an der Regulationstheorie (RT), insbesondere dem Ansatz der Annales-Schule (BRAUDEL 1981; 1983; 1984) beantwortet.
Methodologische Herangehensweise:
Da ich in dieser Forschungsarbeit keine empirischen Daten erhoben habe, verwende ich Sekundärdaten, die ich auf der Grundlage der Dokumentenanalyse interpretiere und auswerte. Anhand der bestehenden Literatur versuche ich den Diskurs um eine NWWO zunächst zu rekonstruieren um ihn anschließend zu analysieren (vgl. ZAPF 2013: 71ff.). Dabei gehe ich auf die sozialwissenschaftliche Dokumentenanalyse ein, die sich aus der Quellenanalyse der Geschichtswissenschaft entwickelt hat und als interpretatives Verfahren angesehen werden kann (REH 1995: 203). Die Quellen- und Dokumentenanalyse ist laut Werner Reh (1995: 203) auch für die politikwissenschaftliche Forschung unverzichtbar. Dokumente sind im Kontext der NWWO das Produkt bestimmter Akteure und Ausdruck einer bestimmten (geo-)politischen und wirtschaftlichen Machtkonstellation. Dokumente können in dieser Hinsicht die politische Stimme eines Widerstandes oder die Verdichtung eines sozialen Kräfteverhältnisses darstellen. Mit Hilfe der Dokumentenanalyse untersuche ich einen Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit und interpretiere nicht nur die sozialen Handlungen - die subjektiv-intentional verursacht wurden - sondern auch die sozial-strukturelle(n) Bedingtheit bzw. Rahmenbedingungen dieser Handlungen (vgl. ATTESLANDER 1971: 53). Die Darstellung der Rechercheergebnisse resultierend aus der Dokumentenanalyse erfolgt gemäß meiner theoretischen Vorannahme in zwei separaten Abschnitten (Kap. 4 und 5), welche die analytische und normative Dimension des Diskurses um eine NWWO aufzeigen soll. Nun komme ich zur Begründung meiner Materialauswahl.
Materialauswahl: Einerseits versuche ich Reformen, Berichte, Resolutionen und Sitzungsprotokolle der UNCTAD sowie die wissenschaftlichen Debatten rund um den Diskurs um eine NWWO zu rekonstruieren und zu analysieren. Andererseits versuche ich Kriterien zur Einhegung bzw. Überwindung der weltweiten kapitalistischen Lebens- und Produktionsweise im Sinne einer aufscheinenden solidarischen Lebensweise zu definieren (Kap. 3), um sie anschließend auf den Diskurs um eine NWWO anzuwenden (Kap. 6). Konkret ziehe ich folgende Materialquellen heran: Berichte (Brandt-Bericht 1980; Prebisch-Report, vgl. OCAMPO/PARRA 2003), die Bücherreihe der UNITAR-CEESTEM NIEO Library (insbesondere AGARWALA 1983), die U.N. Resolutionen 3201 und 3202 (1974), die UNCTAD Sitzungsprotokolle (UNCTAD 1976) sowie verschiedene Analysen und Werke der UNCTAD (1997; 2000; 2004; 2005; 2014) und des wissenschaftlichen Diskurses (vgl. Kap. 5). Als Materialquellen zur Bemessung der Kriterien zur Einhegung bzw. Überwindung der kapitalistischen Produktions- und Lebensweise (auch imperiale Lebensweise) dienen mir Bücher und wissenschaftlichen Arbeiten der Degrowth-Bewegung (ACOSTA/BRAND 2018; AK POSTWACHSTUM 2016; BRAND/KRAMS 2018; D'ALISA et al. 2015; LAOUTCHE 2010), der Post-Development Ansätze (ACOSTA et al. 2019; ESCOBAR 1995) sowie die Ansätze solidarischer Lebensweisen (BRAND/WISSEN 2017; I.L.A. Kollektiv 2019). Diese Bemessungsgrundlage wird im Kap. 3 noch näher erläutert.
Ich gehe in dieser Arbeit von der theoretischen Annahme aus, dass der Begriff der NWWO sowohl eine analytische Dimension, die den historischen Entwicklungsprozess des Nord-SüdGefälle beschreibt, als auch eine normative Dimension aufweist, welche in den Forderungen, Resolutionen und wissenschaftlichen Debatten zum Ausdruck kommt. Es handelt sich bei der normativen Dimension um einen Ausdruck der die Dependenz, globale Ungerechtigkeit und die Ausbeutungsmechanismen der kapitalistischen Weltordnung zu mindern trachtet (vgl. AGARWALA 1983).4 Im Detail wird diese theoretische Vorannahme im Kapitel 3.1 weiter expliziert. Um die Weltwirtschaftsordnung und ihr Entstehungskontext analytisch zu erfassen, auf welche sich der Begriff und der Diskurs um eine NWWO kritisch beziehen, gehe ich auf drei Konzepte bzw. Theorien ein, die miteinander in Verbindung stehen.
Zum einen gehe ich auf die historisch-analytische Annales-Schule ein, um das Entstehen der kapitalistischen Weltordnung präziser zu erfassen. Damit versuche ich zu zeigen, wie sich die kapitalistische Weltordnung hegemonial durchgesetzt hat und welche Folgen diese Entwicklung für den Globalen Süden hatte (Kap. 4). Oder anders formuliert: Die analytische Dimension der NWWO erfasse ich mit dem historisch-analytischen Blickwinkel der Annales- Schule (BRAUDEL 1981; 1983; 1984; PFISTER/FERTIG 2004) und versuche damit die Ungleichzeitigkeit der Geschichte bzw. die „Entwicklung der Unterentwicklung“ des Globalen Südens deskriptiv-analytisch zu beschreiben. Diese Denkschule beeinflusste maßgeblich Denker*innen der Regulationstheorie (vgl. VIDAL 2000: 37-41)
Auf die Regulationstheorie gehe ich ein, damit die relative Stabilität der Weltwirtschaftsordnung und den dahinter liegenden inhärenten Widersprüchen, dem Akkumulationsregime und schließlich den Regulationsmodus exakter untersucht werden kann (Kap. 5). Mit der analytischen Unterscheidung von extravertierter und intravertierter Akkumulation in Anlehnung an der Regulationstheorie (BECKER 2006; 2007; 2013) kann ich sowohl die Außenorientierung, als auch die Abhängigkeit des Globalen Südens von TNKs, dem Globalen Norden bzw. „dem Weltmarkt“ präziser erfassen. Die Fragen der Außenorientierung, bzw. der Abhängigkeit sind eng mit Fragen der Souveränität und Selbstbestimmung verbunden und spielen im Diskurs um eine NWWO eine prominente Rolle (Kap. 5). Erweitert wird dieser analytische Blickwinkel mit der Dependenztheorie (SENGHAAS 1977), die ein bedeutender Teil des wissenschaftlichen Diskurses um eine NWWO darstellt (siehe Kap. 5.2.2; 5.2.3). Ich habe mich jedoch für die Regulationstheorie entschieden, weil sie präziser die Widersprüchlichkeit erfassen kann, wie und warum sich manche periphere Regionen und gewisse Staaten des Globalen Südens zunehmend zu kapitalistischen Zentren entwickel(te)n (vgl. TIGER-Staaten; BRICS). Die Analyse des Zentrum-Peripherie-Modells, bzw. der Fokus auf dem Weltmarkt der Dependenztheorien (vor allem bei SENGHAAS 1977) kann die Implementierung, Extensivierung und Intensivierung der imperialen bzw. kapitalistischen Lebensweise insbesondere in Staaten des Globalen Südens nicht präzise erfassen (vgl. LIPIETZ 1987). Diesbezüglich sprach der Senghaas-Schüler Ulrich Menzel (1993) über das Scheitern monokausaler Erklärungsmuster und die analytischen Schwachpunkte der Dependenztheorie in seinem Werk von 1993. Der Strukturbegriff der Imperialen Lebensweise fußt nicht nur auf Gramscis Hegemoniebegriff sondern auch auf der Regulationstheorie. Als dessen Überwindungsmöglichkeit wird das Konzept einer solidarischen Lebensweise skizziert.
Mit Hilfe des Konzeptes der solidarischen Lebensweise versuche ich schließlich Kriterien und somit eine Bemessungsgrundlage für die Beantwortung meiner bereits erwähnten Forschungsfrage zu generieren (Kap. 3.2.1). Die Kriterien sollen mir mit anderen Worten helfen herauszufinden inwieweit fortschrittliche Aspekte zur Einhegung bzw. Überwindung der kapitalistischen Weltordnung im Diskurs um eine NWWO vorhanden waren/sind. Während mir die theoretisch-konzeptionelle Trias aus Annales-Schule, Imperiale Lebensweise und Regulationstheorie die hegemoniale Weltwirtschaftsordnung bzw. die Verdichtung der sozialen Kräfteverhältnisse aufzeigt (samt seinen Widersprüchlichkeiten und sozialen Verwerfungen), dient mir das Konzept der solidarischen Lebensweise - welches Ansätze der Degrowth- Bewegung und Post-Development Ansätze inkludiert - theoriegeleitete Kriterien zur Bemessung der Einhegung bzw. Überwindung der kapitalistischen Weltordnung abzuleiten. Diese methodologische Herangehensweise wird nochmals im strukturellen Aufbau dieser Arbeit ersichtlich und nochmals näher präzisiert.
Zum Aufbau dieser Arbeit: Im ersten inhaltlichen Teil der Arbeit (Kap. 4) wird es darum gehen die analytische Dimension des Begriffs der NWWO zu rekonstruieren. Als analytische Kategorie beschreibt die NWWO nicht nur ihrem historischen Entstehungskontext, sondern zeigt auch den Entstehungsgrund des Diskurses um eine NWWO. Diese analytische Seite des Begriffs geht darüber hinaus auf eine strukturelle Ebene, also auf eine soziohistorische Geschichtsanalyse ein, um Prozesse, Konturen, Machtverhältnisse und weiterhin bestehende Strukturen des (Post-)Kolonialismus und Imperialismus sowie die institutionellen Verdichtungen der imperialen Lebensweise in Form des Bretton-Woods Abkommens und dem Washington Consensus (GATT, WTO, Weltbank, IWF.) zu beschreiben (vgl. WILLIAMS 1996). Um die institutionelle Verdichtung der imperialen Lebensweise bzw. der kapitalistischen Weltordnung aufzuzeigen, gehe ich - ausgehend von meiner konzeptionelltheoretischen Trias (ILW, RT, Annales-Schule) - auf verschiedene Erklärungsmuster der Dependenztheorie und Post-Colonial Studies ein - allesamt Ansätze welche die institutionell verdichtete Ungleichheit und Herrschaft der Weltwirtschaftsordnung zu erklären versuchen.
Im zweiten Schritt (Kap. 5) verweise ich auf die normative Dimension der NWWO, in dem ich auf Reformen, Berichte, Resolutionen und wissenschaftlich-akademische Debatten rund um die NWWO eingehe. Als Quellen dienen mir hierbei verschiedene Berichte, UN- Sitzungsprotokolle sowie akademische Debatten (SENGHAAS 1977; AGARWALA 1983;
ROTHSTEIN 1979; LIPIETZ 1992; BRANDT 1980 etc.). Hierbei fokussiere ich mich auf die Aspekte:
- der Abhängigkeit der Länder des Globalen Südens vom Weltmarkt (Außenorientierung);
- imperiale bzw. koloniale Waren bzw. natürliche Ressourcen (Kaffee, Zucker, Erdöl...);
- Souveränität und Selbstbestimmung;
- institutionelle Reformvorschläge (betreffend: WTO, Weltbank);
- sowie dem Wachstums- bzw. Modernisierungsparadigma (Ressourcenextraktivismus).
Im dritten und letzten inhaltlichen Schritt (Kap. 6) geht es um die Zusammenführung beider Dimensionen der NWWO mit den theoretischen Grundlagen, genauer mit den Kriterien solidarischer Lebens- und Produktionsweise und deren institutionellen Rahmenbedingungen. Hierbei rückt die abschließende Beantwortung der eingangs erwähnten Forschungsfrage ins Zentrum des Kapitels. Des Weiteren wird in Form eines Ausblickes die Frage „was wir aus dem Diskurs um die NWWO heute lernen können“ beantwortet (Kap. 6.1).
Es folgt die Darstellung des Forschungsstands und die Einordnung meiner wissenschaftlichen Arbeit in der bereits bestehenden Literatur.
2.1 Stand der Forschung und Relevanz dieser Arbeit
Es besteht eine breite, fast schon unübersichtliche Literaturauswahl zum Thema der NWWO. Aus vielen verschiedenen Perspektiven und mit Hilfe diverser Theorien und Methoden wurde der Reformversuch der G-77 Staaten ausgewertet, die Konferenzen der UNCTAD empirisch untersucht, analysiert und die wissenschaftliche Debatte um eine NWWO dargestellt.
Nicholls (2019) rekonstruiert in seiner Dissertation den Diskurs um eine NWWO aus einer historiographischen und politikwissenschaftlichen Perspektive und vertritt die These, dass die NWWO ein liberales Projekt war, das gescheitert ist u.a. weil gewisse Staatseliten der OPEC- Länder zu eng mit den Interessen des US-Imperiums verbunden waren. Das Werk von Agarwala (1983) ist eines von 17 Büchern der UNITAR-CEESTEM NIEO Library wo jedes Werk einen eigenen Fokus und spezifische Perspektiven durchleuchtet. Agarwala (1983) zeigt nicht nur die Perspektive des Globalen Südens auf die hegemoniale Wirtschaftsordnung, sondern auch die strukturellen Hindernisse einer Reformierung (z.B. des IWF). Ein weiterer Sammelband dieser UNITAR-Reihe von Laszlo und Kurtzmann (1981) beschäftigt sich mit der Souveränität der Staaten des Globalen Südens, mit Policies der Nationalisierung und u.a. mit der Distribution und Kontrolle der natürlichen Ressourcen. Lozoya und Birgin (1981) beschäftigen sich mit soziale und kulturelle Aspekte der NWWO. Der Sammelband von Lozoya, Estevez und Green (1979) stellt eine empirische Analyse der bedeutendsten akademischen Forschungen in Bezug zur NWWO dar. Ein monumentales Werk ist der Brandt- Report (auch Nord-Süd-Bericht genannt), eine Studie unter der Leitung vom Deutschen Altkanzler Willy Brandt (1980). Darin wird die Integration des Globalen Südens in die Weltwirtschaft gefordert und eine Korrelation zwischen militärisches Aufrüsten und Armut festgehalten. Drei Jahre später veröffentlichte Brandt (1983) einen zweiten Report wo harte Kritik am IWF geübt und internationale monetäre Liquidität als Heilmittel gepriesen wurde. Beide Berichte übersehen laut Matzke (1983) die Grundprobleme des kapitalistischen Entwicklungsmodells und definieren nicht was unter „Entwicklung“ zu verstehen sei. Einen Fokus auf Lateinamerika in Bezug zur NWWO haben Ffench-Davis und Tironi (1982). Eine rechtswissenschaftliche Perspektive bietet Bedjaouni (1979).
Als einführendes Werk, welches ein Überblick über die zahlreichen Konferenzen und Sitzungen der UNCTAD bietet, diente mir Global Dialogue. The New International Economic Order von Menon (1977). Eine weitere Einführung in die Thematik - die die Nord-Süd-Dimension differenziert betrachtet, da die Interessenslage des Globalen Südens deutlich unterschiedlicher waren als eine pauschale Annahme von zweier homogener Interessensgruppen anmuten lässt - ist das Werk von Langhammer und Stecher (1980) sowie Braun (1985). Corea (1980) bietet eine Selektion der bedeutendsten Reden während UNCTAD-Konferenzen in der Periode von 1974 bis 1980 an. Bhagwati (1977) stellt die Nord-Süd-Debatte der NWWO skizzenhaft anhand einiger Forderungen des Globalen Südens dar. Ein Einblick zu den Themen Gewerkschaften, Weltnahrungsmittelprobleme und u.a. TNKs bietet der Sammelband von Lith (1979) an. Ein Sammelband von Sauvant und Hasenpflug (1977) beschäftigt sich mit dem internationalen Handel, dem Versuch einer Preisfixierung (Indexierung) und u.a. mit dem Präferenzsystem der NWWO. Ein Werk der UNCTAD (2004) zeigt die historische Entwicklung und die verschiedenen Positionen der UNCTAD im Verlauf von 1964-2004. Hintergründe des akademischen Streits um eine NWWO liefert Matthies (1980).
Der Frage warum die UNCTAD-Reformversuche gescheitert sind, ist Bello (1989) nachgegangen. Im Sammelband World Economy? Herausgegeben von Addo (1984) schreiben neun Autoren, darunter Andre Gunder Frank und Immanuel Wallerstein kritische bzw. neomarxistische Beiträge zur NWWO. Hart (1983) ging der Frage nach, warum die Staaten des Globalen Südens trotz ihrer unterschiedlichen Positionen sich dennoch im Rahmen der NWWO gemeinsam positionierten und warum die Staaten des globalen Nordens negativ gegenüber des NWWO-Projekts standen. Ein normativer Appell aus sozialdemokratischer Perspektive findet sich bei Kriescher (1978), der eine neue Weltordnung erfolgreich betrachtet, sofern diese sozialistisch formiert ist. Murphy (1984) betrachtet die NWWO als Ideologie und Cox (1979) reflektiert über die Ideologien innerhalb der bestehenden Literatur zur NWWO. Einen Ausblick über die Resultate der UNCTAD-initiierten NWWO und mögliche Szenarien einer kommenden NWWO wurde von Calhoun/Derluguian (2011) veröffentlicht. Dieses Werk hilft mir zum Teil die Frage „was wir aus dem Diskurs um eine NWWO heute lernen können“ zu beantworten (Kap. 6.1).
Damit wurde nur ein kleiner Ausschnitt dieses breiten Diskurses um eine NWWO skizziert. Weitere Quellen die aus Platzgründen hier nicht erwähnt werden, lassen sich im Literaturverzeichnis finden. Und selbst das ist nicht die gesamte Darstellung des vorhandenen Materials. Eine Anmerkung zur Normativität der Literaturauswahl sei an dieser Stelle erwähnt: die Auswahl, Darstellung und Kritik der einzelnen Theorien bzw. Ansätze sind nicht wertfrei, da sich in den Entwicklungstheorien selbst „eine Rationalisierung der herrschenden Interessen des Globalen Nordens widerspiegelt“ (BRAUN 1985: 80). Wo positioniert sich meine Arbeit in dieser Fülle an Literatur und Forschung?
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1 Die Begriffe „Entwicklungs- und Schwellenländer“ sind im negativen Sinn (ab-)wertend. Wenn wir weiter in der Begriffshistorie zurückgehen, entdecken wir Begriffe die ebenso diskriminierend sind, nämlich „Erster“, „Zweiter“ und „Dritter Welt“ (die Aufteilung entspricht der Weltaufteilung nach dem Zweiten Weltkrieg). Deswegen verwende ich den Begriff „Globaler Süden bzw. Norden“, wobei hier keine rein geografische Länderzuordnung gemeint ist, da z.B. Australien eindeutig zur „westlichen Wertegemeinschaft“, als auch zu den hoch industrialisierten nördlichen Nationen einzugliedern ist. Globaler Norden beschreibt die historisch dominierenden und kolonialisierenden Länder und Imperien sowie die herrschenden Klassen weltweit (ACOSTA et al. 2019: 21). Globaler Süden hingegen wird als Sammelbegriff für ausgebeutete Frauen oder ethnische Minderheiten sowie „ärmere“ bzw. historisch kolonialisierte Gebiete bzw. Länder verwendet (ebd.).
2 Mit „westlich“, bzw. mit „der Westen“ meine ich nicht einen rein geographischen Raum, sondern ein Konstrukt bzw. einen Kultur- und Gemeinschaftsraum, der sich selbst als „entwickelt, industrialisiert, kapitalistisch, säkularisiert und modern“ bezeichnet (vgl. HALL 1997).
3 Oftmals werden die Begriffe „Neue Weltwirtschaftsordnung“ (NWWO) und „Neue Internationale Weltwirtschaftsordnung“ (NIWO) synonym verwendet (vgl. SENGHAAS 1977; LIPIETZ 1992; TOMUSCHAT 1975). Ich werde fortlaufend beim Akronym NWWO bleiben, außer bei Zitationen.
4 Damit ist jedoch noch nicht von vorhinein gesagt, dass mit dem Diskurs um eine NWWO die Überwindung der kapitalistischen Weltordnung angestrebt wurde. Inwiefern dies tatsächlich der Fall ist, bzw. ob dies überhaupt der Fall ist, wird im Prozess dieser Arbeit erst eruiert und im Kap. 6 (Conclusio) beantwortet.
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