Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Wandel der Familie
2.1 Abnehmende Attraktivität der Ehe
2.2 Geburtenrückläufigkeit
2.3 Scheidungsrate
2.4 Selbstverständnis der Frau
2.5 Ökonomische Benachteiligung von Familien mit Kindern
3 Nichteheliche Lebensgemeinschaften
3.1 Eineltern- Familien
3.2 Gleichgeschlechtliche Partner
3.3 Der Vater als Hausmann
4 Schlussbetrachtung
5 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Familie, welche in der Soziologie als kleinste gesellschaftliche Einheit bezeichnet wird, zählt heute zur ältesten Sozialform der Gesellschaft. Im Laufe vieler Jahrhunderte unterlag sie unzähligen Veränderungen. Gerade in den letzten vier Jahrzehnten lässt sich eine deutliche Wandlung der Familie feststellen. Gekennzeichnet ist diese Veränderung durch sinkende Geburten-, sowie Heiratszahlen und durch ständig wachsende Scheidungsraten. In der vorliegenden Arbeit soll diese Problematik aufgegriffen und näher untersucht werden. Weiterhin wird diese Arbeit einen kleinen Einblick in die Vielzahl neuer Lebensformen geben. Im Mittelpunkt dieses Einblickes werden die nichtehelichen Lebensgemeinschaften stehen.
Ziel dieser Ausführung ist es, dem Leser die Wandlung der Familie aufzuzeigen und ihm somit die gegenwärtige institutionelle Wertung der Familie näher zu bringen.
2 Der Wandel der Familie
In den verschiedensten Veröffentlichungen der unterschiedlichsten Autoren wird seit den 50er und 60er Jahren von einem „Zerfall der Familie“ gesprochen. Vor dieser Zeit wurde die Familie als eine stabile und unzerbrechliche Institution angesehen. Sie galt als eine Notwendigkeit für das Funktionieren von Staat und Gesellschaft und stand unter einem besonderen Schutz des Staates. So bekam die Familie steuerliche Vergünstigungen, staatlich finanzielle Unterstützung und Hilfe bei der Wohnungssuche.
Im Alltagsleben galt die Familie als ein anerkanntes und angestrebtes Lebensmodell. Einen Umbruch dieser Ordnung erfuhr die Familie Ende der 60er Jahre. Auslöser dieser Veränderung waren die Studenten- und Frauenbewegung, welche sich bemühten, die traditionellen Strukturen des Zusammenlebens aufzubrechen. „Die Familie wurde entlarvt als Ideologie und Gefängnis, als Ort alltäglicher Gewalt und Unterdrückung.“ (Beck- Gernsheim, 1998; S.9) Im Gegenzug rief diese Entwicklung diejenigen auf den Plan, die zur „Verteidigung der bürgerlichen Familie“ (ebd) antraten. Diese Gegenüberstellung entfachte den „Krieg um die Familie“. Es stellten sich viele Fragen, die nun zu klären waren. So war zum Beispiel nicht mehr klar, was eine Familie ausmachte oder welche Lebensformen normal bzw. unnormal waren.
Seit Anfang der 70er Jahre lässt sich nun eine wachsende Instabilität der Familie feststellen. Die traditionelle Form der Ehe und Familie verlor im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung. Dieser „Verfall der Familie“ lässt sich an folgenden Indikatoren festmachen:
1. Abnehmende Attraktivität der Ehe
2. Rückgang der Geburten
3. Zunehmende Scheidungszahlen
4. Das Selbstverständnis der Frau
5. Die ökonomische Benachteiligung von Familien
Diese fünf Indikatoren kennzeichnen das heutige Bild einer Familie und sind somit wichtige Punkte in der Familiensoziologie.
2.1 Abnehmende Attraktivität der Ehe
Obwohl die Ehe, auch heute noch, unter einem besonderen Schutz des Staates steht (Artikel 6 GG), nimmt die Partnerschaft in Form einer Ehe deutlich ab. Verschiedenste Untersuchungen ergaben, dass die Ehe ihre Bedeutung als selbstverständlich anzustrebende Lebensgemeinschaft verliert. Wurden 1955 noch 110 Ehen auf 10.000 Einwohnern in der Bundesrepublik gezählt, so waren es im Jahr 2000 nur noch 53 Eheschließungen. Demzufolge hat sich die Zahl der Eheschließungen im Laufe der Jahre mehr als halbiert. Diese Erscheinung bezeichnet der Soziologe als die so genannte „Ehemüdigkeit“.
Welche Erklärungen lassen sich nun für diese Entwicklung finden? Die Gründe für die sinkende Akzeptanz und das zurückgehende Heiratsverhalten sind vielschichtig und finden ihren Ursprung in der Vergangenheit wieder. Um die Ursache der abnehmenden Attraktivität der Ehe näher zu erläutern, wird nun die Entwicklung der Ehe beschrieben.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Veränderung des Bildungsstandes. Mit der Bildungsexpansion in den 60er und 70er Jahren veränderte sich das Ausbildungsniveau. Die Ausbildungswege verlängerten sich und die Frau konnte eine höhere Beteiligung am Arbeitsprozess vorweisen. Diese Entwicklung führte nicht nur dazu, dass nun weniger geheiratet wurde, sondern auch später. Heirateten Mitte der 70er Jahre ledige Männer noch mit ca. 25 Jahren und ledige Frauen noch mit ca. 23 Jahren, so lag Mitte der 90er Jahre das entsprechende Alter fünf Jahre höher. (Diese Angaben gelten nicht für die DDR)
Die aus der Frauenbewegung resultierende zunehmende Erwerbsbeteiligung der Frau, führte zu einer größeren finanziellen Unabhängigkeit von ihren Partnern. Eine Eheschließung war nun nicht mehr zwingend nötig, da sich die Frau nun auch alleine versorgen und unterhalten konnte.
Das Gefühl der Unabhängigkeit hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch Auswirkungen auf die Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften gehabt. Seit 1972 trat diese Form des Zusammenlebens immer mehr in den Vordergrund und gewann an Bedeutung. Galten vor 1972 nichteheliche Lebensgemeinschaften noch als sittenwidrig und strafbar, so gewannen sie mit der Abschaffung des „Kuppeleiparagraphen“ immer mehr an Akzeptanz. Anders als vor 1972, war es nun auch kein Problem für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, eine Wohnung zu finden. Diese positive Entwicklung hinsichtlich der neuen Lebensform führte dazu, dass die Zahl der NEL (nichteheliche Lebensgemeinschaften) rapide anstieg. Lag die Zahl dieser neuen Lebensform Anfang der 70er Jahre in der Bundesrepublik noch bei ca. 136.000, so stieg sie bis 1995 auf 1,3 Millionen an. In der damaligen DDR war eine ähnliche Entwicklung zu erkennen. Auch hier waren Vorraussetzungen für nichteheliche Lebensgemeinschaften gegeben. Alleinerziehenden wurden zusätzliche Vergünstigungen eingeräumt, welche die neue Lebensform noch attraktiver machte.
In der unterschiedlichsten Literatur wird des Öfteren von einer „Kinderorientierten Ehegründung“ gesprochen. Es kristallisieren sich drei wesentliche Gründe für eine Eheschließung heraus:
1. Schwangerschaft
2. Kinderwunsch
3. Vorhandensein von Kindern
Die in diesem Abschnitt aufgeführten Veränderungen reichen bis in die heutige Zeit. So nimmt die Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften weiterhin zu und die Heiratsrate senkt sich.
2.2 Geburtenrückläufigkeit
Ein explizites Kennzeichen für den wirtschaftlichen Wandel und einer daraus resultierenden Veränderung der Familienform, lässt sich an dem Geburtenrückgang Ende der 60er Jahre erkennen. Dieser Trend zeigte sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Westeuropa und in den USA. Jedoch war die Schwangerschaftsrate in Deutschland am niedrigsten, wenn man diese in den Vergleich zu den anderen westlichen Industrieländern stellt.
Um den jeweiligen Bevölkerungsstand eines Landes zu halten, war es nötig, dass auf 100 Frauen 210 Neugeborene fallen. Bis 1965 konnte dieses Niveau in allen westlichen Industrieländern gehalten werden. Doch seit 1965 lässt sich ein deutlicher Geburtenrückgang in Westeuropa sowie in den USA feststellen. Diese Geburtenrückläufigkeit reicht bis in die heutige Zeit. Die so eben aufgeführten Entwicklungen führten zu einer Veränderung des Idealbildes einer Familie. Vervollständigten damals noch drei Kinder das Bild einer idealen Familie, so geht heute der Trend zur „Zwei- Kind- Familien“ und „Ein-Kind- Familien“.
Doch nicht nur das Idealbild einer Familie änderte sich, sondern auch das Alter der Frauen bei der Erstgeburt. Waren die Frauen 1970 noch ca. 24,3 Jahre alt, so stieg das entsprechende Alter bis 1991 bereits auf 26,8 Jahre an. Auch hier ist zu vermerken, dass sich in den letzten Jahrzehnten immer häufiger Frauen entschieden, kinderlos zu bleiben.
Die Gründe für den drastischen Geburtenrückgang nach dem so genannten „Baby- Boom“ lassen sich auch hier mit hoher Wahrscheinlichkeit in den längeren Ausbildungswegen finden. Auch die Vereinbarung zwischen Mutterschaft und Beruf war nicht gegeben. So zog eine Schwangerschaft zumeist finanzielle Einbußen nach sich, da die Frau nicht mehr am Arbeitsprozess teilnehmen konnte. Ein weiteres Problem stellten die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten in der Bundesrepublik dar, da sie sich zumeist nicht mit den Arbeitszeiten der Eltern vereinbaren ließen. Demzufolge musste eine private Kinderbetreuung herangezogen werden. Doch da die Großeltern größtenteils auch noch in den Arbeitsprozess integriert waren, mussten andere Möglichkeiten der Kinderunterbringung gefunden werden. So war es unvermeidlich, dass die Frau wieder die Position der Hausfrau einnehmen musste oder zuweilen nur in Teilzeitabreitsverhältnissen wieder zu finden war.
Diese Gründe veranlassten die meisten Frauen, ihren Kinderwunsch um ein paar Jahre hinaus zu schieben oder komplett zu verdrängen.
Auch heute noch lässt sich ein Geburtenrückgang erkennen. Die Gründe könnten auch hier finanzielle Einbußen sein und einer daraus resultierenden Angst vor dem Existenzminimum. Doch auch die Angst vor der Arbeitslosigkeit und die hohen Betreuungskosten für Kinder, stellen den Kinderwunsch weiterhin in den Schatten.
Wird die Anzahl der Verstorbenen weiterhin höher als die der Neugeborenen sein, so erwartet man bis 2050 ein Absinken der Bevölkerungszahl von heute 82,5 auf etwa 75 Millionen Einwohner in der BRD.
2.3 Scheidungsrate
Es gibt zwei unterschiedliche Wege, die zur Auflösung einer Ehe führen können:
1. Tod eines Ehepartners
2. Scheidung
Dieser Abschnitt befasst sich ausschließlich mit dem zweiten Punkt, der Scheidung. In den vorherigen Abschnitten wurde des Öfteren erwähnt, dass die Ehe zunehmend an Akzeptanz verlor. Diese Entwicklung lässt sich nicht nur an Hand der zunehmenden nichtehelichen Lebensgemeinschaften feststellen, sondern auch an den zunehmenden Scheidungszahlen. Betrachtet man die Entwicklung der Scheidungszahlen, so stellt man fest, dass seit Mitte der 60er Jahre bis heute, ein deutlicher Anstieg der Scheidungsraten zu verzeichnen ist. Heutzutage kann man davon ausgehen, dass bereits jede dritte Ehe wieder geschieden wird.
Die Gründe für diese Entwicklung sind unterschiedlich und können vielschichtiger nicht sein. Um den Umfang dieser Arbeit im vorgegebenen Rahmen zu belassen, kann hier nur eine oberflächliche Betrachtung aufgeführt werden.
Im Laufe der Jahre haben sich unterschiedliche Meinungen zu dieser Entwicklung gebildet. So argumentiert man auf der einen Seite, dass durch die Unabhängigkeit der Frau und durch die Zunahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften die Scheidungsbereitschaft gefördert wird. Außerdem vermutet man, dass sich die Haltung zur Religion verändert hat, welches eine Scheidung vereinfacht. Eine andere Seite behauptet wiederum, dass die Ehe und die Familie den modernen Belastungen der heutigen Zeit nicht mehr Stand halten können. So zeigt das Idealbild einer Familie zwei Kinder, finanzielle Absicherungen und ein Eigenheim auf. Diese Vorstellungen werden von der Werbung unterstrichen und verbreitet. Da es vielen Familien zumeist nicht gelingt einen solchen Lebensstandart zu erreichen, entsteht eine gewisse Unzufriedenheit bei den Eheleuten, welche des Öfteren zu einer Scheidung führt. Hinzu kommt die immer stärkere Belastung der Eheleute im Beruf.
In den letzten Jahren hat sich ein Trend zur „Patchworkfamilie“ gebildet. Eine solche Patchworkfamilie bezeichnet man auch als eine Fortsetzungsfamilie. Diese Form der Familie entsteht immer dann, wenn sich eine Lebensgemeinschaft zwischen den neuen Ehepartnern und den Kindern aus der vorhergegangenen Ehe des jeweiligen Partners bildet.
2.4 Selbstverständnis der Frau
Die bereits in den vorgegangenen Abschnitten erwähnte Frauenemanzipation nimmt einen wichtigen Stellenwert in der Entwicklung der Familie, in den letzten Jahren ein. Aus diesem Grund soll in diesem Abschnitt das neugewonnene Selbstverständnis der Frau und deren Auswirkungen auf die Familie näher durchleuchtet werden.
Im Laufe der letzten 30 Jahre stieg die Erwerbstätigkeit der Mütter immer mehr an. Ein Grund für diese Entwicklung ist mit Sicherheit die Frauenemanzipation. Um diese Tendenz zu belegen, sollen nun ein paar Zahlen aufgeführt werden. War 1950 nur jede vierte Mutter mit einem Kind unter 18 Jahren erwerbstätig, so war es 1961 schon jede Dritte. In den letzten Jahren ist diese Tendenz bereits soweit angestiegen, dass sich nun 2/3 aller Mütter mit Kindern unter 15 Jahren in einem Arbeitsverhältnis wiederfinden. Auch hier lassen sich Unterschiede in West- und Ostdeutschland festmachen. So sind trotz der höheren Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern, mehr Mütter erwerbstätig, als in den alten Bundesländern. Am häufigsten sind alleinerziehende Mütter am Arbeitsmarkt beteiligt. Sie sind es auch, die zumeist ganztags beschäftigt sind. Diese Entwicklung liegt in der Regel daran, dass die Frau keinen Partner hat, welcher die Familie finanziell unterstützt.
Diese Veränderungen sollen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Frauen auch heute noch überwiegend für die Kindererziehung verantwortlich sind. Die erwerbstätige Frau mit Kind sieht sich somit einer Doppelbelastung ausgesetzt.
„… denn weder Arbeitswelt noch Familie nehmen Rücksicht auf den jeweils anderen Bereich. Der Beruf erfordert den Einsatz der ganzen Person, die sich zu hause regeneriert. Diese Möglichkeit ist der Frau jedoch verwehrt, das sie angesichts fortbestehender geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung (…) auch heutzutage noch überwiegend für den häuslichen Bereich verantwortlich ist. Für sie gilt: Beides zu vereinigen ist zuviel, aber nur auf einen Bereich verwiesen zu sein, ist zu wenig.“ (Nave Herz, 2002; S. 43)
Diese These über die Doppelorientierung der Frau, führte zu der Forderung, eine familienfreundliche Arbeitswelt zu schaffen. Natürlich scheint es mit einem höheren Ausbildungsniveau nur verständlich, dass nun auch die Frauen am Arbeitsmarkt teilhaben wollen. Die Erwerbstätigkeit soll jedoch dem Kinderwunsch nicht im Wege stehen.
Der Wunsch der Frau, Familie und Beruf „unter einen Hut bringen“ zu können, führte zu den unterschiedlichsten Diskussionen. So wurde der Frau vorgeworfen, dass sich ihr Egoismus auf das Kind niederschlagen würde. Ebenso wurde der Frauenemanzipation die Schuld für die Familienprobleme zugesprochen. So wird in einer Debatte des Bundestages Anfang der 80er Jahre zum Ausdruck gebracht, dass die Frau „zu egozentrisch“ und „zu wenig bereit, sich den Ansprüchen der Familie unterzuordnen.“ (ebd) sei. Den Frauen wurde zu Last gelegt, dass ihr Streben nach Unabhängigkeit verantwortlich für die steigende Scheidungsrate, die Geburtenrückläufigkeit und Jugendkriminalität sei.
Eine Vielzahl von Untersuchungen in den folgenden Jahren widerlegten jedoch die Vorwürfe gegenüber den Frauen.
2.5 Ökonomische Benachteiligung von Familien mit Kindern
Die ökonomischen Bedingungen für Familien mit Kindern haben sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. So ist der Vergleich zu den Einkommensverhältnissen von Familien mit Kindern gegenüber Familien ohne Kinder relativ stabil geblieben.
Der materielle Status einer Familie hängt zumeist von dem Einkommen der Familie ab. Das Einkommen beider Partner ist wiederum von der Kinderzahl abhängig. Die Anzahl der Kinder führt zu einem sinkenden finanziellen Spielraum. So sind zwei Einkommen in einer Familie ohne Kinder Normalität. Treten die Partner jedoch eine Elternschaft an, so muss sich ein Partner um das Kind kümmern und seine einkommensbringende Tätigkeit vernachlässigen. Dies hat zur Folge, dass finanzielle Einbußen zu Tage treten. Diese Defizite können nicht durch das staatlich angesetzte Erziehungsgeld gedeckt werden, da dieses die Familie nur über einen kurzen Zeitraum unterstützt. Auch das Kindergeld, welches jede Familie erhält, so bald es ein Kind hat, reicht längst nicht aus. Die Betreuungskosten für Kinder betragen meist das Doppelte vom Kindergeld.
Diese ökonomische Benachteilung von Familien mit Kindern führt zweifelsohne zu einem, wie im Kapitel 2.2 beschriebenen, Geburtenrückgang. Da ein Grossteil der Lebensgemeinschaften diese finanziellen Einschränkungen nicht hinnehmen wollen, verzichten sie auf ein Kind.
Abschließend zu diesem Kapitel muss erwähnt werden, dass all die beeinflussenden Faktoren für Familie und Ehe, sich nicht unbedingt gegenseitig bedingen, aber miteinander in Verbindung gebracht werden können. Der Entschluss eines Paares gegen die Ehe und Familie ist immer individuell zu betrachten.
Dieses Kapitel sollte die derzeitige Wertung und die Entwicklung der Familie im Laufe der letzten Jahre verdeutlichen. Die zahlreichen Veränderungen in und um eine Familie haben neue Lebensformen hervorgebracht, die heute einen zunehmenden Trend aufweisen können. Aus diesem Grund soll im nächsten Kapitel eine Auswahl von neuen Lebensgemeinschaften erläutert werden. Dabei sollen die nichtehelichen Lebensgemeinschaften im Mittelpunkt stehen.
3 Nichteheliche Lebensgemeinschaften
Wie oben erwähnt, nimmt die Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften im Laufe der Zeit immer mehr zu. Deshalb soll sich dieses Kapitel ausschließlich mit den „Ehen ohne Trauschein“ befassen.
Für die meisten Partner stellt die so genannte „wilde Ehe“ eine Art Probe für den Ehebund dar. Das unverheiratete Zusammenleben schließt den Fall des Auseinandergehens nicht aus, somit bleibt die Frage der Zukunft noch offen. Jedoch haben viele Untersuchungen herausgefunden, dass die meisten nichtehelichen Lebensgemeinschaften in den „Hafen der Ehe“ führen. Der Wunsch nach Heirat entwickelt sich meist dann, wenn die Lebensgemeinschaft um ein Kind vergrößert wird.
Im Gegensatz zur Ehe steht die Verbindung zwischen zwei Menschen ohne Trauschein nicht unter dem Schutz des Staates. So wurden für eine lange Zeit nur Ehepartner mit Kindern als eine Familie angesehen. Diese Tendenz hat sich in den letzten Jahren jedoch gelegt. Trotzdem wird die NEL vor dem deutschen Gesetz weitestgehend ignoriert und als eine abweichende Familienform bezeichnet.
Zusammenfassend zu diesem Abschnitt ein Zitat von Robert Hettlage.
„Daraus ist zu schließen, daß die nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften zum größten Teil nicht als feste, dauerhafte Beziehung zweier Partner zu verstehen sind, die definitiv auf Heirat verzichten, sondern als ein probeweises Zusammenleben meist junger Leute, die vorerst keine dauerhafte Partnerschaft anstreben, sondern eine Art Probe- oder Versuchsehe eingehen.“ (Hettlage, 1998; S. 115)
3.1 Eineltern- Familie
Als eine Eineltern- Familie bezeichnet man eine Lebensform, in der ein Alleinstehender und ein minderjähriges Kind zusammenleben, für welches er das Sorgerecht trägt. Diese Familienform wurde in der Soziologie lange Zeit als eine „unvollständige Familie“ bezeichnet und kann entweder durch den Tod eines Ehepartners oder durch die Scheidung der Eheleute hervorgerufen werden. Entstand diese Art des Zusammenlebens damals noch vermehrt durch Verwitwung, so ist heute in der Scheidung die Hauptursache zu suchen.
Derzeit liegt der Anteil der Alleinerziehenden in Ostdeutschland bei 23,6% und in Westdeutschland bei 15,5%. Die Zahl der alleinerziehenden Väter ist jedoch in ganz Deutschland gleich und macht nur 1/7 der Eineltern- Familien aus. Daraus ist zu schließen, dass etwa 85% aller Alleinerziehenden, Mütter sind. Im Allgemeinen bekommt die Mutter das Sorgerecht zugesprochen. Wird die Erziehungsberechtigung jedoch dem Vater übertragen, so hat eine amerikanische Forschung ergeben, dass die Kinder nach einiger Zeit wieder bei den Müttern leben. Auch bei einem zweiteiligen Sorgerecht trägt meistens die Mutter die Verantwortung für das Kind. Dies führt häufig zu einer Überbelastung der alleinerziehenden Mütter. Sie haben Angst, dem Kind nicht mehr genügend Geborgenheit schenken zu können, da sie nun als alleiniger Unterhalter der Familie Verantwortung tragen. Hinzu kommt das niedrigere Einkommen, welches Mütter zum Teil in den sozialen Abstieg treibt. Zwar sieht der Staat eine Unterhaltszahlung des ehemaligen Partners vor, doch bekommen nur etwa 40% ihre Unterhaltszahlungen regelmäßig und vollständig.
Väter haben dagegen geringere Einkommensverluste als Frauen. Ein Grund dafür ist mit Sicherheit die berufliche Tätigkeit des Mannes.
Abschließend ist zu sagen, dass die Zahl Alleinerziehender in den letzten Jahren immer stärker angestiegen ist. Hier lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang mit dem wachsen der Scheidungsrate feststellen.
3.2 Gleichgeschlechtliche Partner
Die homosexuelle Partnerschaft ist wohl eine der neuesten Lebensformen unserer Zeit. Heutzutage wird die gleichgeschlechtliche Beziehung zumeist toleriert. Dies war jedoch nicht immer so. Ein Blick in die Geschichte beweist, dass es früher hohe Sanktionen gegen Homosexualität zwischen Männern gab. Ein Beispiel dafür ist der § 175 aus dem Reichsgesetzbuch, welcher besagte, dass homosexuelle Handlungen von Männern als Straftat gelten. Zu Zeiten des Nationalsozialismus erreichte die Diskriminierung ihren Höhepunkt. Homosexuelle wurden verfolgt und in Konzentrationslager gebracht.
Eine Veränderung der Einstellung gegenüber Homosexuellen lies sich erstmalig nach 1945 feststellen. Die homosexuell orientierten Menschen schlossen sich in Gruppen zusammen und erkämpften sich ihre Rechte. So wurde auch der Paragraph 175 im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands abgeschafft. Ein weiterer Erfolg der gleichgeschlechtlichen Partner stellt die Verabschiedung eines Paragraphen dar, welcher besagt, dass es legitimiert sei, mit einem gleichgeschlechtlichen Partner den Bund der Ehe einzugehen.
Aufgrund der langen Unterdrückung Homosexueller, haben viele gleichgeschlechtlich orientierte Partner versucht, ihre sexuelle Orientierung mit Hilfe einer Heirat zu vertuschen oder zu verdrängen. Erst in den letzten Jahren wurde vielen Schwulen und Lesben das so genannte „coming out“ leichter gemacht. Durch dieses spätere „coming out“ sind des Öfteren Kinder aus früheren heterosexuellen Verbindungen, in den gleichgeschlechtlichen Beziehungen zu finden. Vermutungen zur Folge haben etwa ein Drittel aller Lesben und ein Fünftel aller Schwulen, Kinder in ihrer Partnerschaft. Analysen ergaben, dass die sexuelle Orientierung der Eltern keinerlei Auswirkungen auf die Entwicklung ihrer Kinder haben.
3.3 Der Vater als Hausmann
In den letzten vier Jahrzehnten hat sich mit der familiären Veränderung, auch die innerfamiliäre Aufgabenverteilung geändert. So ist darauf hinzuweisen, dass die Erziehungsaufgaben nicht immer nur bei der Mutter liegen. Zwar wird in den heutigen Familien die Erziehungsaufgabe des Kindes in der Regel immer noch den Müttern übertragen, dennoch lässt sich ein kleiner Anteil an Familien finden, welche sich diese Aufgabe teilen oder dem Vater überlassen. Diese neue Form der Aufgabenverteilung wird durch folgende drei Faktoren begünstigt:
1. Vaterschaftsurlaub
2. Gleitende und verkürzte Arbeitszeiten
3. Job- Sharing (besondere Form der Teilzeitarbeit)
Die gleitende bzw. verkürzte Arbeitzeit und das Job- Sharing ermöglichen die Erziehungsaufgabe auf beide Elternteile zu verteilen. Die Arbeitszeiten lassen sich zum Beispiel so legen, dass immer ein Elternteil das Kind versorgen kann. Der Vaterschaftsurlaub ist eine Abwandlung des Mutterschaftsurlaubes. In diesem Fall übernimmt der Vater die Erziehung des Kindes, während dessen die Mutter für das Einkommen verantwortlich ist. Diese Form der Aufgabenverteilung tritt vermehrt dann auf, wenn die Frau eine besser bezahlte Tätigkeit ausübt als der Mann.
Der durch diese Faktoren ermöglichte Wandel der Geschlechterrollen, geht nur sehr schleppend voran, da die meisten Familien noch an der traditionellen Rollenverteilung festhalten.
4 Schlussbetrachtung
Diese Arbeit hatte die Aufgabe, die institutionelle Wertung der Familie in der Gegenwart zu erläutern. Anhand der strukturellen Veränderung des Familienbildes im Laufe der letzten Jahrzehnte, sollte die momentane Institution der Familie fest gemacht werden. So lässt sich eine abnehmende Attraktivität der Ehe, eine rückläufige Geburtenrate und ein verändertes Selbstverständnis der Frau nachweisen. Ebenfalls weisen ansteigende Scheidungsraten und ökonomische Bedingungen für Ehe und Familie darauf hin, dass man von einem „Zerfall“ der Familie sprechen muss. Diese Entwicklung führte dazu, dass sich verschiedenste neue Lebensformen verstärkt in die Gesellschaft etablieren konnten. Ein Form dieser Lebensarten sind die nichtehelichen Lebensgemeinschaften, welche im zweiten Teil der Arbeit näher betrachtet wurden.
Diese Arbeit sollte einen kleinen Einblick in die Thematik der Familiensoziologie geben. Dabei konnte, aufgrund der vorgeschriebenen Richtlinien, nur ein oberflächlicher Eindruck vermittelt werden.
5 Literaturverzeichnis
Beck- Gernsheim, Elisabeth:
„Was kommt nach der Familie? : Einblicke in neue Lebensformen“
München: Verlag C. H. Beck oHG, 1998
Erler, Michael:
„Die Dynamik der modernen Familie : Empirische Untersuchung zum Wandel der Familienformen in Deutschland“
München: Juventa- Verlag, 1996
Hettlage, Robert:
„Familienreport : Eine Lebensform im Umbruch“
München: Verlag C. H. Beck oHG, 1992
Hill, B. Paul; Kopp, Johannes:
„Familiensoziologie : Grundlagen und Theoretische Perspektiven“
2. Auflage
Wiesbaden: Westdeutscher Verlag GmbH, 2002
Neysters, Peter:
„Heiraten- oder nicht? : Chancen und Risiken einer Lebensentscheidung“
München: Kösel- Verlag GmbH & Co., 2000
Lakemann, Ulrich
„Familien- und Sozialformen im Wandel : Eine Einführung für soziale Berufe“
Freiburg im Breisgau: Lambertus- Verlag, 1999
Nave- Herz, Rosemarie
„Familie heute : Wandel der Familiestrukturen und Folgen für die Erziehung“
2. Auflage
Darmstadt: Primusverlag, 2002
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre an Eides statt, dass ich die eingereichte Hausarbeit selbständig
und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die von mir angegeben Quellen
nicht benutzt, und die den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich
entnommen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Rostock, 28. Februar 2005
Felix Bock
- Quote paper
- Felix Bock (Author), 2005, Stelle eine soziologische Überlegung über die institutionelle Wertung der Familie in der Gegenwart an!, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109882
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