Hammurabi von Babylon darf zu den bekanntesten und bedeutendsten Herrschern des alten Mesopotamiens gezählt werden. Auf die berühmte Gesetzesstele, welche fest mit seinem Namen verbunden ist, werde ich jedoch nur am Rande eingehen.
In der folgenden Arbeit werde ich Hammurabis Weg vom König von Babylon zum Großherrscher über Mesopotamien beschreiben. Neben biographischen Abrissen, möchte ich weiter ausarbeiten, welche Intensionen und Gründe in seinen Vorhaben verankert waren. Meine Leitfrage werde ich auf eine Interpretation seiner Eroberungen beschränken müssen, ohne den Charakter dieses Herrschers bewerten zu können, da dies durch die fehlenden Quellen nicht erbracht werden kann. Was trieb Hammurabi also in seinen späten Jahren dazu Mesopotamien fast vollständig zu erobern und dadurch zu vereinigen? War er ein reiner Machtmensch, oder spielten taktische und politische Gründe eine wichtige Rolle in seinen Handlungen?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hammurabis frühe Jahre
3. Der Fall von Elam.
4. Die Annexion von Larsa
5. Die Zerstörung von Eschnunna
6. Die Souveränität im Norden
7. Der Untergang von Mari
8. Schlussteil S
1. Einleitung:
Hammurabi von Babylon darf zu den bekanntesten und bedeutendsten Herrschern des alten Mesopotamiens gezählt werden.[1] Auf die berühmte Gesetzesstele, welche fest mit seinem Namen verbunden ist, werde ich jedoch nur am Rande eingehen.
In der folgenden Arbeit werde ich Hammurabis Weg vom König von Babylon zum Großherrscher über Mesopotamien beschreiben. Neben biographischen Abrissen, möchte ich weiter ausarbeiten, welche Intensionen und Gründe in seinen Vorhaben verankert waren. Meine Leitfrage werde ich auf eine Interpretation seiner Eroberungen beschränken müssen, ohne den Charakter dieses Herrschers bewerten zu können, da dies durch die fehlenden Quellen nicht erbracht werden kann. Was trieb Hammurabi also in seinen späten Jahren dazu Mesopotamien fast vollständig zu erobern und dadurch zu vereinigen? War er ein reiner Machtmensch, oder spielten taktische und politische Gründe eine wichtige Rolle in seinen Handlungen?
2. Hammurabis frühe Jahre:
Als im Jahr 1792 v. Chr. Hammurabi als Nachfolger seines Vaters Sin-muballit das Zepter in Babylon übernahm, war er Herrscher eines eher beschaulichen Königreiches im Süden von Mesopotamien (Zweistromland). Hammurabi stammte aus einer Dynastie unabhängiger Könige von Babylon. Er muss zur Zeit seiner Amtseinführung noch relativ jung gewesen sein. Dies zeigt sich durch seine lange Amtszeit, welche 43 Jahre andauerte[2]. Als Hammurabi von seinem Vater das Königreich übertragen wurde, hatte es etwa eine Ausdehnung von 60 x 160 km. Obwohl Sin-muballit während seiner Amtszeit den einen oder anderen Nachbarstaat in sein Königreich integrieren konnte, war Babylonien zu klein um sich selbständig gegen größere Staaten zu behaupten. In den frühen Jahren des Hammurabis gab es eine Vielzahl an kleinen Staaten, welche sich von ihrer Ausdehnung her meist auf eine Stadt beschränkten. Diese kleinen Stadtstaaten besaßen jedoch eine völlig eigene Infrastruktur mit eigenen Tempeln, Göttern und auch eigenen Armeen. Wichtig ist zu erwähnen, dass diese kleinen Staaten zum Teil eine eigene Sprache besaßen, ihre diplomatische Arbeit jedoch durch eine einheitliche Schrift vereinfacht wurde. Die vielen Briefe, welche auf Tontafeln noch existieren, sind Basis der historischen Arbeit. Die Größe der Armeen war neben der Anzahl der wehrpflichtigen Bevölkerung vor allem abhängig vom Wohlstand des Staates[3]. Es war durchaus üblich Söldnerheere zu unterhalten. Ein Grund für die häufigen Auseinandersetzungen war der Mangel an Landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die sehr dicht besiedelten Gebiete verfügten über zu wenig fruchtbaren Boden. Um die eigene Bevölkerung zu ernähren, musste man kämpfen. Marc van de Mieroop geht davon aus, dass sich die Staaten jener Zeit ständig im Krieg befanden[4]. Wichtig ist zu betonen, dass es im Mesopotamien dieser Zeit zwar unterschiedliche Sprachen, aber eine einheitliche Schrift gab. Dies erleichterte diplomatische Aktivitäten und ist gleichzeitig wichtige Grundlage für die historische Wissenschaft. Neben den vielen kleineren Stadtstaaten gab es im Mesopotamien dieser Zeit dennoch einige mächtige Königreiche. Horst Klengel meint, dass die kleinen Staaten „ eine Politik des Schwankens und des Lavierens “[5] betrieben, um im Schatten der Großen, ihre Existenz weiter auszubauen. Er fügt jedoch hinzu, dass dies für Hammurabi vermutlich nicht galt, da man Urkunden fand, aus welchen man schließen kann, dass Hammurabi unter der Oberhoheit des Schamschi – Adad stand, ohne ihm jedoch direkt als ein Vasall zu unterstehen.[6]
Die geopolitische Situation, in welche Hammurabi als der Nachfolger seines Vaters eintrat, war also nicht besonderst vorteilhaft. Er hatte eine Vielzahl übermächtiger Nachbarn, gegen welche es sich durchzusetzen galt. Im Süden, vom persischen Golf bis an die Grenzen Babylons, herrschte Rim-Sin von Larsa. Larsa war ein übermächtiger Gegner, nicht zuletzt auch wegen den Auseinandersetzungen seines Vaters mit Rim-Sin. Sin-muballit schloss 1810 v. Chr. zusammen mit Isin und Uruk eine Koalition gegen Larsa.
Im Nordosten schloss ein nicht weniger starker Nachbar an Babylon an. Hier herrschte Sili-Sin von Eschnunna. Sein Reich reichte vom Tigris, entlang des Diyala Flusses bis an das Zagros-Gebirge.
Südlich von Eschnunna lag das reiche und mächtige Land Elam. Elam war durch seine Lage etwas isoliert, konnte aber, bedingt durch seine Stärke, auf die Königreiche in Mesopotamien Einfluss nehmen.
Ganz im Norden von Babylon lag die damalige Supermacht Mesopotamiens, das Reich des Schamschi-Adad. Wie bereits angesprochen, vermochte es Hammurabi, mit diesen starken Nachbarn wichtige Bündnisse zu schließen[7].
Für Schamschi-Adad waren diese Bündnisse ebenfalls von Vorteil, da ihm ein loyaler Partner zur Seite stand, welcher ihn militärisch unterstützte. Die wenigen kriegerischen Auseinandersetzungen welche Hammurabi in seinen frühen Jahren führte, waren im Gegenzug auch nur mit der Unterstützung und der Erlaubnis von Schamschi-Adad möglich. Horst Klengel sieht in den Siegen der Jahre eins bis neun, keinen selbständigen Erfolg des Hammurabi. Er geht davon aus, dass der Sieg über Uruk und Isin „ als ein Unternehmung betrachtet werden muss, die im Auftrag oder auch mit der Unterstützung des Schamschi-Adad erfolgte “[8]. Nach dem Tod des Schamschi-Adad zerbrach dessen Reich. Die Stadtfürsten die bis dato unter der „ Oberhoheit des Assyrerkönigs “[9] standen, gliederten sich in die Königreiche Babylon und Yamkad ein.
Die ersten 32 Jahre seiner Amtszeit, verwendete Hammurabi vor allem zur Stabilität seines Reiches. Er ließ Tempel errichten und akzeptierte dadurch auch die Gottheiten der Fürsten, die sich in sein Königreich eingliederten. Als weiteren Schritt erließ er Gesetze, die jedoch noch nichts mit seinem späteren Gesetzeswerk auf den Steelen gemein hatten. Er regelte zu dieser Zeit hauptsächlich das Schuldrecht, welches eine wichtige Rolle im damaligen Mesopotamien einnahm. Schulden waren an der Tagesordnung und Zinsen bis 33 % eine Selbstverständlichkeit. Da vor allem einfache Menschen eine kleine Summe an Silber bei einem städtischen Geldverleiher aufnahmen, um beispielsweise Steuern zu bezahlen oder einfach nur um über den Winter zu kommen, konnte die Summe aufgrund der immensen Zinsen nicht mehr zurückgezahlt werden. In den meisten Fällen folgte deshalb ein Leben als Sklave, bis man die Schuld beglichen hatte[10]. Marc van de Mieroop sieht das Eingreifen Hammurabis und seiner Nachfolger in das Schuldrecht durch das Selbstverständnis erklärt, welches diese als Könige von Babylon hatten. „ The ideology of Kingship of the time demanded that they free people from such oppression ”.[11] Für Horst Klengel haben Hammurabis rechtlichen Neuerungen im Schuldrecht jedoch nichts mit einer landesväterlichen Fürsorge gemein, sondern waren „ wichtige Stütze seiner ökonomischen und politischen Macht “[12].
In den ersten Jahren seiner Herrschaft verfolgte Hammurabi also hauptsächlich eine Politik der Stabilisation. Außenpolitische Aktivitäten standen seltener auf seiner Agenda.
3. Der Fall von Elam:
Im Osten von Babylon lag das reiche und wichtige Land Elam. Es kontrollierte den Lapislazuli-, Zinn-, Stein- und Holzhandel, welcher hauptsächlich für den Reichtum Elams und seines Herrschers Siwe-Palar-huppak verantwortlich war[13]. Da Lapislazuli vor allem für sakrale Gegenstände im Tempel verwendet wurde, kam kein Staat ohne ihn aus. Der Tempel war nicht nur das religiöse Zentrum dieser Zeit, sondern auch wichtiger Marktplatz.[14]
Nach dem Tod von Schamschi-Adad und dem Zerfall dessen Reiches, wurde Eschnunna zur stärksten Macht in Mesopotamien. Da Elam Eschnunna als eine Barriere seiner Kontakte nach Mesopotamien ansah, entschloss sich Elam für eine Intervention in Eschnunna, zusammen mit Mari. Die Verbindungen zwischen Mari und Elam sieht Marc van de Mieroop als „natürliche“ an[15]. Er meint damit, dass es beiderseitige Interessen an der Schwächung Eschnunnas gab. Mari versprach sich von dem geplanten Feldzug die Rückgewinnung der Stabilität im Lande, da Eschnunna militärische Einfälle in Mari vorgenommen hatte. Die erste Angriffswelle wurde daraufhin von Mari ausgeführt. Elam nahm lediglich eine unterstützende Funktion ein. Durch die guten Verbindungen von Hammurabi mit Zimri-Lim von Mari war Babylon in die Auseinandersetzungen integriert. Der Kampf begann 1767 v. Chr. und führte zu einigen territorialen Zugewinnen. Ein gutes Jahr später wandte sich die Koalition ein weiteres Mal gegen Eschnunna, diesmal unter der Führung von Elam. Die Auseinandersetzung endete mit der fast vollständigen Zerstörung Eschnunnas. Obwohl Hammurabi und Zimri-Lim im Kampf gegen Eschnunna enorme Anstrengungen unternahmen, verschafften ihnen die Siege so gut wie keine Vorteile. Marc van de Mieroop sieht dies als einen Beweis dafür, dass Siwe-palar-huppak seine Koalitionspartner nicht als ebenbürtig erachtete.[16] Er erwartete zusätzlich von Hammurabi, dass dieser gewonne Gebiete an ihn übergeben sollte. Die engen Bindungen zwischen Hammurabi und Zimri-Lim waren vermutlich der Auslöser dafür, dass Siwe-palar-huppak damit begann, Zimri-Lim und Hammurabi gegeneinander auszuspielen. Hammurabi erfuhr von der Doppelzüngigkeit Siwe-palar-huppaks und reagierte schnell. Durch diplomatisches Geschick gelang es Hammurabi den betagten Herrscher von Larsa als Koalitionspartner zu gewinnen. Die Koalition, bestehend aus Mari, Larsa und Babylon, erklärte Elam den Krieg. Um gegen das übermächtige Elam bestehen zu können, rief Hammurabi die Stammesoberhäupter von Elam zur Revolte gegen ihren Oberkönig auf. Nachdem der erste Versuch scheiterte, fiel Elam mit Hilfe der revoltierenden Stammesfürsten im zweiten Versuch. Hammurabi festigte durch diesen Sieg „ die Grundlage von Sumer und Akkad “[17].
4. Die Annexion von Larsa:
Trotz einiger kleiner Auseinandersetzungen in der Vergangenheit, gingen Babylon und Larsa ein Zweckbündnis gegen Elam ein. Dieses Bündnis war jedoch nicht wirklich stark, so dass die Verbindungen zu bröckeln begannen. Das Verhältnis wurde weiter dadurch erschwert, dass selbst in der militärischen Auseinandersetzung mit Elam, eine wirkliche aktive Beteiligung, von Larsa nicht erbracht wurde. Die Passivität von Rim-Sin ist mit den einstigen Auseinandersetzungen der Beiden zu erklären. Ich sprach bereits an, dass Hammurabi in seinen frühen Jahren kleinere Siege verzeichnen konnte. Sein Gegner war damals Rim-Sin von Larsa. Diese Spannungen hatten sich, laut van de Mieroop, im Gedächtnis des Herrschers von Larsa gehalten.[18] Da Hammurabi auch ohne eine wirkliche Unterstützung Larsas die Kraft aufbrachte Elam zu schlagen, scheint er sich schon im Vorfeld auf die Unterstützung Rims-Sin nicht gestützt zu haben.[19]
Rim-Sins passive Koalitionsbemühungen schlugen auch schnell um. Er erklärte Hammurabi den Krieg, vermutlich um in einem Präventivschlag den gestärkten und mittlerweile mächtigen Hammurabi zu schwächen. Seine Rechnung sollte jedoch nicht aufgehen. Zusammen mit Mari erteilte Hammurabi Larsa gleich in der ersten Schlacht eine herbe Niederlage. Er eroberte Schapir, die Vorhut von Larsa. Um größeres Unheil zu vermeiden, versuchte Rim-Sin durch Friedensverhandlungen die drohende Gefahr abzuwenden. Hammurabi ging auf Rims-Sins Bemühungen jedoch nicht ein. Nach dem Sieg über Schapir war der Weg frei für den Angriff auf Larsa. Die stark befestigte Stadt Larsa nötigte Hammurabi dazu, einen Belagerungsring zu erstellen. Er ließ schwere Kriegsmaschinerie auffahren und baute Gräben. Obwohl Rim-Sin schon ein alter Mann war, gab er nicht auf. Die Belagerung dauerte sechs Monate. Nachdem das völlig ausgehungerte Larsa eingenommen war, brach Chaos im Land aus, da viele Stammesfürsten versuchten aus den Wirren Kapital zu schlagen. Hammurabi benötigte das Militär um die Stabilität im Land wieder herzustellen.[20]
„ Mit dem Sieg über Larsa fiel Hammurabi ein weiteres wichtiges Reich im Süden Mesopotamiens zu “. [21] Horst Klengel sieht diesen Machtzuwachs als einen der wichtigsten Schritte in Hammurabis Eroberungen. Durch seine enorme Stärke übte er den entscheidenden Druck auf die nordöstlichen und geschwächten Staaten Mesopotamiens aus.
„ Ob die besiegten (…) Koalitionspartner im Nordosten ihre letzte Chance sahen, der Expansion Babylons entgegen zuwirken, oder ob Hammurabi selbst nach seinem Erfolg gegen Larsa und dem damit verbundenem Kräftezuwachs den Kampf eröffnete, ist unklar“[22]
Die Annexion Larsas ließ Hammurabi zu einem der mächtigsten Männer Mesopotamiens werden. Im 31 Jahr seiner Herrschaft war der wichtigste Schritt, so denke ich, für die Eroberung des gesamten mesopotamischen Territoriums erfolgt. Er herrschte nun über den gesamten Süden des Zweistromlandes.
5. Die Zerstörung von Eschnunna:
Trotz seiner Macht und Stärke, befand sich Hammurabi nach der Belagerung Larsas, in einer unangenehmen Situation. Seine Truppen und die seines Verbündeten Zimri-Lim, waren geschwächt. Mari hatte alle Hände voll zu tun, um den Freiheitsforderungen kleinerer Staaten in seinem Einzugsgebiet nicht nachkommen zu müssen. Erschwerend kam hinzu, dass die nördlichen Staaten, wie bereits angedeutet, in dieser Situation ihre einzige Chance sahen, um den übermächtigen Hammurabi, in seinen Eroberungszügen zu stoppen.
Ich gehe davon aus, dass Hammurabi noch nicht daran dachte einen Krieg mit Eschnunna zu provozieren. Eschnunna war seit der Auseinandersetzung mit Elam ein enger Verbündeter Hammurabis. Seine Tochter war mit Silli-Sin von Eschnunna verheiratet.[23] Spannungen zwischen Hammurabi und Zimri-Lim von Mari führten jedoch dazu, dass Mari ein Bündnisangebot von Eschnunna offeriert bekam. Zimri-Lim nahm das Angebot an und brach mit Babylon. Hammurabi fühlt sich hintergangen und schwor Rache.[24]
Um in der gefährlichen Situation keinen Schaden zu nehmen, rüsteten Hammurabi und seine neuen Gegner auf. Seine Strategie sah vor, zuerst gegen Eschnunna vorzugehen. Beide Parteien begannen mit den gewöhnlichen diplomatischen Spielen. Silli-Sin ließ Getreide in den Norden liefern, um die dortigen Könige zu bestechen. Außerdem schloss er Verträge mit dem Nachbarstaat von Larsa, Gutian; welcher auch prompt in Larsa einmarschierte. Dies war der geglückte Versuch, die neuen Territorien Hammurabis zu destabilisieren und aus dessen Kontrolle zu bringen. Als weiteren Schritt forderte er die bereits bestochenen nördlichen Könige auf, mit Hammurabi ihre Bündnisse zu brechen. Die Situation schien ausweglos. Hammurabi musste schnell reagieren. Er ließ Kupfer- Äxte und Spaten nach Eschnunna transportieren, um während einer geplanten Belagerung der Stadt die Felder der einheimischen Bauern ernten zu können. Er musste den Menschen, um ein schnelles Belagerungsergebnis zu erzielen, jegliche Lebensgrundlage nehmen, da er sich ja zusätzlich noch mit den Armeen aus Subartu und Gutium auseinandersetzen musste. Die Belagerung war erfolgreich. 1762, noch in seinem 31. Regierungsjahr, konnte er den Sieg über die Armeen von Eschnunna, Subartu und Gutium verkünden.[25]
Silli-Sin, der mächtige Herrscher aus Eschnunna verschwand von der Bildfläche. Marc van de Mieroop geht davon aus, dass Hammurabi Eschnunna nicht in sein Reich eingliederte. In der Nähe des heutigen Bagdads fand man allerdings eine Inschrift mit den Worten „Palast des Hammurabi“[26]. Man darf also davon ausgehen, dass Hammurabi in Eschnunna wenigstens Botschaften unterhielt.[27] In einer zweiten Eroberung, im 38. Regierungsjahr Hammurabis, setzte Hammurabi sehr wahrscheinlich brutalere Mittel ein. Es wird vermutet, „dass er durch Dammbauten eine künstliche Überschwemmung herbeiführte, die Eschnunna verwüstete“.[28] Marc van de Mieroop interpretiert das 38. Regierungsjahr ähnlich:
„ His thirty-eight year-name states that „he destroyed Eshnunna with a great flood.” The interpretation of that statement is not self-evident, but it may indicate that he undermined the city walls by diverting rivers and canals to engulf them.”[29]
Durch den Sieg über Eschnunna baute er seine Macht in Mesopotamien weiter aus. Bevor er zum alles entscheidenden Schlag gegen seinen untreu gewordenen Verbündeten Mari ausholen konnte, musste er die Situation im Norden zu seinem Gunsten stabilisieren.
6. Die Souveränität im Norden:
Nach dem Sieg über Eschnunna 1762 n. Chr. konzentrierte sich Hammurabi auf die Überwältigung des Landes Subartu. Subartu war kein wirkliches Königreich, sondern die Bezeichnung der nördlichen Staaten Mesopotamiens. Zu nennen sind hier Königreiche wie: Ekallatum, Zalmaqum, Burunda, Kakmum und Turrukkum. Um an Einfluss in Subartu zu gewinnen, besetzte Hammurabi strategische wichtige Punkte. Aufgrund seiner Stärke, traf er auf wenig Widerstand. Innerhalb kürzester Zeit befanden sich Hammurabis Truppen in unmittelbare Nähe der türkischen Grenze oder im Zagros Gebirge. Das nördliche Mesopotamien hatte eine enorme Ausdehnung. Ein großer Teil des Territoriums ist Regenfeldbaugebiet und somit wertvolles Ackerland. Ich sprach bereits an, dass fruchtbares Ackerland in der damaligen Zeit Grund für viele Auseinandersetzungen war. Auch dies war, neben dem Ausbau seiner Macht, meiner Meinung nach, sicherlich ein wichtiger Grund für ihn, im Norden einzumarschieren.
Ergebnis der Besetzung war, dass sämtliche Kleinkönige Subartus, an Hammurabi ihren Tribut entrichteten. Um den Norden unter seine Kontrolle zu bringen, musste Hammurabi keine wirklichen militärischen Kräfte mobilisieren. Ein wichtiger Grund dafür waren sicherlich frühere Kriege zwischen Hammurabi und den nördlichen Großherrschern, in welchen Hammurabi die kleineren Fürsten „befreite“.[30] Durch seine Politik der Stabilisation, in welcher er Gesetze erließ, Tempel errichtete und die Infrastruktur seiner Länder aufbaute, war er auch bei seinen Besiegten durchaus beliebt. Eine Eroberung durch Hammurabi war für die meisten Fürsten also das kleinere Übel.
Die Souveränität im Norden, war für Hammurabi also nur ein kleines und schnelles Unterfangen. Er baute seine Macht weiter aus und war nun für die Auseinandersetzung mit Mari, die unmittelbar bevorstand, bestens gerüstet.
7. Der Untergang von Mari:
Ich sprach bereits an, dass eine Vielzahl an Briefen aus der Zeit des Hammurabi ausgegraben werden konnten. Die meisten davon fand man in Mari. Diese Vielzahl an Briefen ist mit dem langen Bündnis zwischen Hammurabi und Zimri-Lim zu erklären.
Als kurz vor dem Ende der Eroberungszüge des Hammurabi das Verhältnis kollabierte, brach das Bündnis und sie kämpften gegeneinander. Man darf davon ausgehen, dass das Verhältnis zwischen den beiden die meiste Zeit zweckgebunden, also aus realpolitischen Gründen bestand.[31] Dies lässt sich, meiner Meinung nach, auch daran erkennen, dass Zimri-Lim und Hammurabi sich nie persönlich trafen.[32] Beide unterhielten jedoch in den Ländern des Anderen Botschaften. Trotz des langen Bündnisses lassen einige Briefe den Schluss zu, „dass das gegenseitige Verhältnis nicht immer ungetrübt war.“[33] Horst Klengel weist jedoch daraufhin,
„ dass es unrichtig wäre, den Bruch des guten Verhältnisses zwischen Babylon und Mari aus derlei Affären, deren zeitliche Einordnung überdies unklar ist, abzuleiten.“[34]
Für Klengel liegt der Bruch des Bündnisses in Hammurabis Verantwortungsbereichs. Er geht davon aus, dass Hammurabi dem Bündnis kein hohes Gewicht mehr beimaß, auch weil er aus „handelpolitischen und strategischen“[35] Gründen, den Angriff auf Mari plante. Auch van de Mieroop sieht, neben der Untreue Maris während der Auseinandersetzung mit Eschnunna, strategische Gründe als Ursache des Bruchs. Mari besaß als wichtigen Rohstoff viel Bitumen, welcher zum Abdichten von Schiffen benötigt wurde und wichtiger Rohstoff für den Bau von Häusern war. In Babylon wurde der Handel fast ausschließlich über die Flüsse und gut ausgebauten Kanalsysteme, die zur Bewässerung dienten, abgewickelt.[36]
Nach der Eroberung Eschnunnas und der Stabilisation seiner Macht im Norden, schlug Hammurabi vom Norden und Süden gegen Mari zu. Der finale Kampf ist nicht genau überliefert. Man kann jedoch davon ausgehen, dass nach bereits vier Monaten Mari in der Hand der babylonischen Sieger lag. Interessant, und möglicherweise ein wichtiges Indiz für die Geschwindigkeit des Krieges, ist die Tatsache, dass es keinerlei Aufzeichnungen aus den letzten Monaten von Mari gibt, welche auf Panik im Lande am Euphrat hindeuten würden.[37]
In nur vier Jahren eroberte Hammurabi von Babylon sein legendäres Reich zwischen Euphrat und Tigris.
8. Schlussteil:
„Hammurabi, der König, der vollkommene, bin ich. Für die Schwarzhäuptigen , die Gott Enlil mir geschenkt, deren Hirtenamt Gott Marduk mir gegeben hat, war ich nicht säumig, legte Hände nicht in den Schoß.“[38]
Diese Worte, aus dem Epilog der Gesetzesstele, zeigen wahrscheinlich am besten, wie Hammurabi sich sah und vor allem wie er gesehen werden wollte. Aus der Tradition der Sippenführer heraus, sah er sich als Patriarch, der nur den Göttern Rechenschaft zu leisten hatte. Das Wohl seines Volkes stand so aber im Vordergrund.
In seinen 43 Regierungsjahren, verstand es Hammurabi als kluger Taktiker zu agieren. Ihm ging es, so meine ich, nicht nur um den persönlichen Machtgewinn, sondern um die Vereinigung Babylons, welche ein kluges Ziel gewesen sein muss. Wie ich im ersten Kapitel bereits ansprach, war Land und vor allem fruchtbarer Boden Mangelware im altbabylonischen Reich. Eine Vereinigung der mesopotamischen Länder hat hier mit Sicherheit zu einer Entspannung der Lage geführt. Durch die Vereinigung der Länder durch Hammurabi, konnte man, neben einer vorteilhafteren gemeinsamen Ernährung, auch gemeinsam handeln. Bewässerungssysteme, Handel, etc. konnten besser abgestimmt und geplant werden.
Die bekannte Gesetzesstele, und auch die vielen Tempelbauten, sind meiner Meinung nach ein wichtiges Indiz dafür, dass Hammurabi immer auch um das Wohl seiner Untertanen bemüht war. Er versuchte sie als fürsorglicher Landesvater zu gewinnen. Vor allem die häufigen Schulden der einfachen Bevölkerung scheinen auch eine innenpolitische Gefahr gewesen zu sein, welche er so schnell wie möglich zu bannen versuchte.
Auch wenn man über seinen Charakter nichts Bestimmtes sagen kann, so denke ich, weisen seine Taten ihn als einen bedeutenden, klugen und fortschrittlichen Herrscher aus.
Literaturangaben:
- Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, Oxford 2005
- Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, Berlin 1980
Hiermit erkläre ich, dass ich diese Hausarbeit selbständig und ohne fremde Hilfe angefertigt habe.
[...]
[1] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 11, Berlin 1980
[2] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 1, Oxford 2005
[3] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 2, Oxford 2005
[4] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 2, Oxford 2005
[5] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 39, Berlin 1980
[6] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 40, Berlin 1980
[7] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 7, Oxford 2005
[8] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 40, Berlin 1980
[9] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 40, Berlin 1980
[10] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 168- 169, Berlin 1980
[11] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 11, Oxford 2005
[12] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 168, Berlin 1980
[13] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 16, Oxford 2005
[14] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 139, Berlin 1980
[15] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 17, Oxford 2005
[16] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 17, Oxford 2005
[17] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 45, Berlin 1980
[18] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 32, Oxford 2005
[19] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 45, Berlin 1980
[20] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 31-39, Oxford 2005
[21] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 45, Berlin 1980
[22] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 45-46, Berlin 1980
[23] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 49, Oxford 2005
[24] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 49, Oxford 2005
[25] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 49-53, Oxford 2005
[26] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 52, Oxford 2005
[27] Wie im Seminar besprochen
[28] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 46, Berlin 1980
[29] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 52, Oxford 2005
[30] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 54-63, Oxford 2005
[31] Wie im Seminar besprochen
[32] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 66, Oxford 2005
[33] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 46, Berlin 1980
[34] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 47, Berlin 1980
[35] Klengel Horst; „Hammurabi von Babylon und seine Zeit“, S. 47, Berlin 1980
[36] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 71, Oxford 2005
[37] Marc van de Mieroop; “King Hammurabi of Babylon”, a Biography, S. 75, Oxford 2005
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dieser Arbeit über Hammurabi?
Diese Arbeit beschreibt Hammurabis Weg vom König von Babylon zum Großherrscher über Mesopotamien. Neben biographischen Abrissen wird untersucht, welche Intentionen und Gründe in seinen Eroberungen verankert waren. Die Leitfrage konzentriert sich auf eine Interpretation seiner Eroberungen, ohne den Charakter des Herrschers bewerten zu können.
Wann übernahm Hammurabi die Herrschaft in Babylon?
Hammurabi übernahm im Jahr 1792 v. Chr. als Nachfolger seines Vaters Sin-muballit die Herrschaft in Babylon.
Welche geopolitische Situation herrschte zu Beginn von Hammurabis Herrschaft?
Hammurabi sah sich einer Vielzahl übermächtiger Nachbarn gegenüber. Im Süden herrschte Rim-Sin von Larsa, im Nordosten Sili-Sin von Eschnunna, südlich davon lag das reiche Elam, und im Norden befand sich die Supermacht des Schamschi-Adad.
Welche Bündnisse ging Hammurabi ein?
Hammurabi schloss wichtige Bündnisse, unter anderem mit Schamschi-Adad. Nach dessen Tod zerbrach das Reich und Hammurabi gliederte sich in die Königreiche Babylon und Yamkad ein.
Welche Politik verfolgte Hammurabi in seinen frühen Jahren?
In den ersten 32 Jahren seiner Amtszeit verfolgte Hammurabi hauptsächlich eine Politik der Stabilisation. Er ließ Tempel errichten, erließ Gesetze (vor allem im Schuldrecht) und akzeptierte Gottheiten.
Warum war Elam für Babylon wichtig?
Elam kontrollierte den Lapislazuli-, Zinn-, Stein- und Holzhandel, welcher besonders wichtig war. Lapislazuli wurde vor allem für sakrale Gegenstände im Tempel verwendet.
Wie kam es zum Fall von Elam?
Nach dem Tod von Schamschi-Adad wurde Eschnunna zur stärksten Macht. Elam intervenierte in Eschnunna zusammen mit Mari. Später gelang es Hammurabi, Elam mit Hilfe von revoltierenden Stammesfürsten zu besiegen.
Warum kam es zur Annexion von Larsa?
Obwohl Babylon und Larsa ein Zweckbündnis gegen Elam eingingen, begannen die Verbindungen zu bröckeln. Rim-Sin von Larsa erklärte Hammurabi den Krieg, wurde aber besiegt und Larsa wurde annektiert.
Wie kam es zur Zerstörung von Eschnunna?
Spannungen führten dazu, dass Mari ein Bündnisangebot von Eschnunna annahm und mit Babylon brach. Hammurabi griff Eschnunna an und zerstörte die Stadt vermutlich durch eine künstliche Überschwemmung.
Wie sicherte Hammurabi die Souveränität im Norden?
Nach dem Sieg über Eschnunna konzentrierte sich Hammurabi auf Subartu (nördliche Staaten Mesopotamiens) und besetzte strategische Punkte. Die Kleinkönige entrichteten Tribut.
Was führte zum Untergang von Mari?
Das Bündnis zwischen Hammurabi und Zimri-Lim zerbrach. Hammurabi eroberte Mari und beendete damit dessen Herrschaft.
Wie wird Hammurabi im Schlussteil der Arbeit bewertet?
Hammurabi wird als kluger Taktiker und Patriarch gesehen, dem das Wohl seines Volkes am Herzen lag. Seine Taten weisen ihn als bedeutenden, klugen und fortschrittlichen Herrscher aus.
- Quote paper
- Tankred Kauf (Author), 2005, König Hammurabis Eroberungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109566