Eine Untersuchung des Denkens, als eine Tätigkeit des Gehirns gedacht, hat zumindest zwei Ausgangspunkte. So ist über die Frage hinaus, wie das Denken subjektiv erlebt und als solches intersubjektiv beschrieben werden kann, eine Betrachtung des Gehirns als physikalisches System nützlich für eine Bestimmung der Eigenschaften des Denkens. Eine stimmige Theorie des Geistes muss, so sie im Kontext eines monistischen Verständnisses des Körpers und des Geistes steht, die Ergebnisse beider Betrachtungen miteinander vereinbart denken können.
Die Computertheorie des Geistes kann dabei als Methode verstanden werden, Geist und Körper einheitlich zu betrachten, da sie davon ausgeht, dass der Geist die Software ist, die auf der Hardware des Gehirns ausgeführt wird.
In diesem Aufsatz wird, ausgehend von einer Erläuterung einer Computertheorie des Geistes, hierzu die Kritik zweier Autoren, J. Searle und R. Penrose, dargestellt und diskutiert. Dabei wird es nicht um die Frage gehen, wie im Rahmen einer solchen Theorie Qualia, Bewusstsein oder Intentionalität erklärt oder ihr Auftreten plausibel gemacht werden kann. Hauptsächlich werden prinzipielle Einwände gegen eine Computertheorie des Geistes Gegenstand des Folgenden sein:
Penrose Kritik richtet sich in seinem Buch „Computerdenken“ gegen die Auffassung, sämtliches menschliche Denken folge Algorithmen. Er argumentiert also, dass der Geist sich nicht als Software denken lasse. Es wird unter Punkt 2.2. versucht zu zeigen, dass sein Argument hierfür nicht gültig ist.
Searle hingegen vertritt in seinem Aufsatz „Ist das Gehirn ein Digitalcomputer?“ die Meinung, dass das Gehirn nicht sinnvoll Hardware vergleichbar einer Computerarchitektur genannt werden könne. Inwieweit Searles Auffassung plausibel und insbesondere inwieweit vorkommende Begriffe sinnvoll gebraucht werden, wird unter Punkt 3. diskutiert.
Im Anschluss daran wird unter Punkt 3.9. versucht, eine Grundannahme der Computertheorie des Geistes, die Unterscheidung in Hardware und Software, auf ihre Stimmigkeit hin zu untersuchen. Es wird dabei die Auffassung vertreten, dass eine Unterscheidung nicht als prinzipiell anzusehen ist.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Ist Denken computational? Ist das Gehirn ein Computer?
1.1. Computertheorie des Geistes und KI
1.2. Berechnung und Algorithmus
1.3. Prozess und Simulation
2.1. Nichtalgorithmizität des Denkens?
2.2. Beweise in Systemen oder mystische Wahrheit?
3. Ist das Gehirn ein Computer?
3.1. Wann ist etwas überhaupt irgendetwas Bestimmtes?
3.2. Was ist überhaupt ein Computer?
3.3. Physikalische Systeme, Syntaxzuschreibung und berechnende Wände
3.4. Computertheorie des Geistes und Computerbegriff
3.5. Beschreibung und Syntaxzuschreibung
3.6. Syntax – kausal wirksam und nicht intrinsisch vorhanden
3.7. Interpretation und System – Umwelt – Interaktion
3.8. Selbstinterpretation, Homunkulus und Computertheorie des Geistes
3.9. Hardware, Software und Computertheorie des Geistes
4. Schluss
5. Literaturverzeichnis
Ist Denken computational? Ist das Gehirn ein Computer?
Eine Untersuchung des Denkens, als eine Tätigkeit des Gehirns gedacht, hat zumindest zwei Ausgangspunkte. So ist über die Frage hinaus, wie das Denken subjektiv erlebt und als sol- ches intersubjektiv beschrieben werden kann, eine Betrachtung des Gehirns als physikalisches System nützlich für eine Bestimmung der Eigenschaften des Denkens. Eine stimmige Theorie des Geistes muss, so sie im Kontext eines monistischen Verständnisses des Körpers und des Geistes steht, die Ergebnisse beider Betrachtungen miteinander vereinbart denken können.
Die Computertheorie des Geistes kann dabei als Methode verstanden werden, Geist und Kör- per einheitlich zu betrachten, da sie davon ausgeht, dass der Geist die Software ist, die auf der Hardware des Gehirns ausgeführt wird.
In diesem Aufsatz wird, ausgehend von einer Erläuterung einer Computertheorie des Geistes, hierzu die Kritik zweier Autoren, J. Searle und R. Penrose, dargestellt und diskutiert. Dabei wird es nicht um die Frage gehen, wie im Rahmen einer solchen Theorie Qualia, Bewusstsein oder Intentionalität erklärt oder ihr Auftreten plausibel gemacht werden kann. Hauptsächlich werden prinzipielle Einwände gegen eine Computertheorie des Geistes Gegenstand des Fol- genden sein:
Penrose Kritik richtet sich in seinem Buch „Computerdenken“ gegen die Auffassung, sämtli- ches menschliche Denken folge Algorithmen. Er argumentiert also, dass der Geist sich nicht als Software denken lasse. Es wird unter Punkt 2.2. versucht zu zeigen, dass sein Argument hierfür nicht gültig ist.
Searle hingegen vertritt in seinem Aufsatz „Ist das Gehirn ein Digitalcomputer?“ die Mei- nung, dass das Gehirn nicht sinnvoll Hardware vergleichbar einer Computerarchitektur ge- nannt werden könne. Inwieweit Searles Auffassung plausibel und insbesondere inwieweit vorkommende Begriffe sinnvoll gebraucht werden, wird unter Punkt 3. diskutiert.
Im Anschluss daran wird unter Punkt 3.9. versucht, eine Grundannahme der Computertheorie des Geistes, die Unterscheidung in Hardware und Software, auf ihre Stimmigkeit hin zu un- tersuchen. Es wird dabei die Auffassung vertreten, dass eine Unterscheidung nicht als prinzi- piell anzusehen ist.
1.1. Computertheorie des Geistes und KI
Mit einer Computertheorie des Geistes ist die Vorstellung verbunden, dass geistige Prozesse computationalen Charakters sind. Sie sind insofern computationalen Charakters, als sie von der Hardware „berechnet“ werden. So sind geistige Prozesse als Abfolge von Zuständen eines Computers gemäß der Ausführung eines Programms anzusehen.
Geistige Zustände, wie auch Zustände des Gehirns, werden somit als Zustände eines Systems gedacht, das sich in regelgeleiteter Art und Weise verändert. Der Übergang von einem Zu- stand in einen anderen beruhe auf Gesetzmäßigkeit und ließe sich auf einem Computer mittels Software, die den korrespondierenden Algorithmus anwende, realisieren.
Wesentlich ist, dass das Auftreten geistiger Prozesse als unabhängig von der Art der Hard- ware aufgefasst wird. Diese Unabhängigkeit der konkreten Realisierung des Gedankenprozes- ses bezüglich der Hardware macht es erst möglich, Denken auch Maschinen und jeglicher Art von Computern zuzuschreiben.
Eine Computertheorie des Geistes vertritt somit notwendigerweise die These der starken
„Künstlichen Intelligenz1“ (KI), denn die im Gehirn – als Computer gedacht – ablaufenden Prozesse sind selbst kognitive Vorgänge. Dass dabei die „natürliche“ Intelligenz des Men- schen als Sonderfall und zugleich anschaulichstes Beispiel der KI zu gelten hat, mag wider- sprüchlich erscheinen, ist aber gerade der Auffassung der Computertheorie des Geistes, dass das Gehirns ein Computer ist, geschuldet.
Die Implementierungsunabhängigkeit geistiger Prozesse zwingt innerhalb einer Computerthe- orie des Geistes wie oben beschrieben dazu, die These der starken KI zu vertreten.
1.2. Berechnung und Algorithmus
Die Lösung einer Rechenaufgabe, z.B. einer simplen Addition, kann berechnet werden. Was passiert dabei? Wenn man nicht ein mystisches oder ideelles Verständnis von „Einsicht“ in mathematische Wahrheiten vertreten will, so liegt es nahe, anzunehmen, dass, gemäß der Art der geforderten Berechnung, sinnvolle Berechnungsvorschriften befolgt werden.
Der Berechnungsprozess lässt sich also als Anwenden eines Algorithmus beschreiben, wobei ein Algorithmus „ein gedankliches Verfahren [ist], das für eine endliche Menge von Ein- gangsdaten E aus einer endlichen oder unendlichen Menge M1 die Transformation in eine
endliche Menge von Ausgangsdaten aus derselben oder einer anderen Menge M2 eindeutig liefert. Er beruht auf einer endlichen Menge R von Regeln, die eine nach der anderen nach zugehörigen unbedingten oder bedingten Vorschriften über ihre Reinfolge endlich oft und gelegentlich wiederholt angewandt werden“ (Philosophie der Naturwissenschaften, Stichwort: Algorithmus). In Computern wird auf genau diese Weise etwas berechnet – die Software ist funktional so strukturiert, dass sie einen Algorithmus zur Berechnung eines gegebenen Prob- lems ausführt.
Ein simples Modell eines Computers wurde von Alan Turing in seinem 1937 erschienenen Aufsatz "On Computable Numbers, with an Application to the Entscheidungsproblem" vorge- stellt: die Turingmaschine. Sie wird unter anderem anschaulich in „Computerdenken“ von R. Penrose beschrieben. Wichtig ist in hier lediglich, dass sich zu jedem Algorithmus eine Tu- ringmaschine denken lässt, die ihn ausführt. Turing weist zudem nach, dass es universale Tu- ringmaschinen2 gibt, die das Verhalten jeder beliebigen anderen Turingmaschine simulieren können. Er zeigt also, dass auf einer universalen Turingmaschine jeder Algorithmus ausge- führt werden kann.
1.3. Prozess und Simulation
Computer werden u.a. dazu benutzt, Prozesse, wie z.B. Wetter, Atombombenexplosionen und Wüstenwachstum zu modellieren. Angenommen wird, dass es bestimmte Gesetzmäßigkeiten gibt, die ursächlich für die beobachteten Phänomene sind. Die Verknüpfung bestimmter Aus- gangszustände mit folgenden Endzuständen3 in der Welt durch Gesetzmäßigkeiten ähnelt dem oben beschriebenen gedanklichen Verfahren eines Algorithmus.
So ist für jedes determinierte System eine Turingmaschine denkbar, die einen Algorithmus ausführt, dessen Ein- und Ausgangsdaten funktionale Zustände dieses Systems darstellen, symbolisieren oder repräsentieren. Hierbei ist es nicht notwendig, von einem vollständig de- terminiertem System auszugehen, in dem Sinne, dass sämtliche Zustände determiniert sind. Es genügt, dass die funktionalen Zustände, die überhaupt nur Gegenstand der algorithmischen Beschreibung der im System ablaufenden Prozesse sind, nicht von etwaigen indeterminierten, untergeordneten Zuständen in dem Maße beeinflusst werden, dass sie selbst indeterminiert wären.
Eine Turingmaschine kann also eine zweite nicht deswegen simulieren, weil sie das Verhalten sämtlicher Moleküle in ihr simuliert, und dann auf komplizierte Weise „übersetzt“ was das
auf der abstrakteren Ebene der Informationsverarbeitung bedeutet, sondern weil ihre Ein- und Ausgangsdaten für funktionale Zustände der zweiten Turingmaschine stehen. Dass also even- tuell quantenphysikalische Phänomene im Schreibkopf der zweiten Turingmaschine für eine Indeterminiertheit im physikalischen Sinne sorgen, ist solange irrelevant, wie dies seine Funk- tion nicht beeinträchtigt.
Wer also eine Computertheorie des Geistes unter Hinweis auf eine mögliche Indetermi- niertheit des Gehirns ablehnen will, muss plausibel machen, dass auch die für das Denken verantwortlichen Prozesse in einem relevanten Sinn so indeterminiert sind, dass sie sich nicht mehr algorithmisch beschreiben ließen.
2.1. Nichtalgorithmizität des Denkens?
Penrose argumentiert gegen eine Computertheorie des Geistes, indem er anhand eines be- rühmten mathematischen Satzes versucht deutlich zu machen, dass Denken nicht in jedem Fall algorithmisch ist.
K. Gödels Unvollständigkeitssatz4 besagt, dass hinreichend ausdrucksstarke formale Systeme
in dem Sinne unvollständig sind, dass es wahre, aber im System unbeweisbare Formeln gibt. Er entwirft in „Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme“ (1931) ein Verfahren, das zu jedem beliebigen hinreichend ausdrucksstarken forma- len System eine „Gödelsche Aussage“5, die wahr, aber im System unbeweisbar ist, kon- struiert.
Falls eine Formel innerhalb eines formalen Systems beweisbar ist, so gibt es immer einen Algorithmus für das Auffinden eines Beweises dieser Formel. Natürlich operiert ein solcher Algorithmus ausschließlich auf der Sprache des formalen Systems und wendet lediglich Axi- ome und gültige Schlussregeln des Systems an. Eine „Gödelsche Aussage“ wird jedoch eine Turingmaschine niemals beweisen können, solange sie den Algorithmus ausführt, der ein Be- weisverfahren innerhalb des formalen Systems darstellt, für das diese „Gödelsche Aussage“ konstruiert wurde, eben weil die Aussage im System nicht beweisbar ist.
Penrose weist in „Computerdenken“ (S. 406 ff unter „das nicht-algorithmische Wesen der mathematischen Erkenntnis“) darauf hin, dass Mathematiker eben diese „Gödelschen Aussa- gen“ prinzipiell als wahr erkennen können. Dies sei Grund genug anzunehmen, dass mathe- matisches Denken nicht algorithmisch sei. Falls, so Penrose, mathematisches Denken algo-
rithmisch sei, so ließe sich zu dem angewandten Algorithmus, der ein Beweisverfahren inner- halb eines formalen Systems darstellt, eine „Gödelsche Aussage“ so konstruieren, dass sie mittels des Algorithmus unentscheidbar sei. Dies bedeute jedoch, dass auch der den Algo- rithmus anwendende Mathematiker die „Gödelsche Aussage“ nicht als wahr erkennen kann! Folglich sei mathematisches Denken in einigen Fällen nicht-algorithmisch.
[...]
1 Searle unterscheidet in Searle 1980 in zwei Thesen der KI – eine starke und eine schwache. Die starke sagt aus, dass Computer selbst kognitive Zustände haben können, während die schwache besagt, dass Computer niemals selbst kognitive Zustände haben können, diese aber simulieren können.
2 Heute gebräuchliche Computer sind universale Turingmaschinen im Sinne der Argumentation Turings.
3 Natürlich ist es möglich, dass jeder Endzustand wiederum Anfangszustand eines neuen Prozesses ist.
4 siehe Gödel(1931)
5 etwa die in die Sprache des formalen Systems formulierte Aussage: „Diese Aussage selbst kann nicht im Sys- tem bewiesen werden“. Das formale System muss dabei mindestens die Axiome der Peano – Arithmetik beinhal- ten, da mittels einer Abbildung auf natürliche Zahlen Aussagen über Aussagen und somit selbstbezügliche Aus- sagen möglich werden.
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