Gliederung
1. Einleitung
2. Aufgaben von Planung
3. Sinn und Zweck von Beteiligungsverfahren in der Planung
4. Stufen der Öffentlichkeitsbeteiligung
5. Beispiele für Beteiligungsverfahren
5.1. Moderation und Mediation
5.1.1. Funktionsweise der Verfahren
5.1.2. Fragen zur Durchführung der Verfahren
5.1.2.1. Qualifikationen eines Moderators oder Mediators
5.1.2.2. Voraussetzungen für Moderations- oder Mediations- verfahren
5.1.2.3. Probleme bei der Durchführung eines Moderations- oder Mediationsverfahrens
5.1.2.4. Ansätze zur Lösung bei der Durchführung von Moderations- oder Mediationsverfahren auftretender Probleme
5.2. Planungszelle
5.2.1. Funktionsweise der Planungszelle
5.2.2. Ziele der Planungszelle
5.2.3. Kritik an der Planungszelle
6. Fallbeispiel - Das Mediationsverfahren zum Ausbau des Rhein-Main-Flughafens: Dokumentation (Internetpräsenz des Verfahrens) 15
7. Diskussion der behandelten Beteiligungsverfahren und Fazit
8. Literatur
1. Einleitung
Im Rahmen des Hauptseminars ‚Landschaftswandel’ am Geographischen Institut der Johannes Gutenberg – Universität zu Mainz beschäftige ich mich in dieser Hausarbeit mit den Vorgängen, die sowohl bewußt wie auch unbewußt anthropogen herbeigeführtem Landschaftswandel vorausgeht: der Planung.
Einen besonderen Diskussionswert besitzt dabei in neuerer Zeit die Frage, inwieweit Planung (insbesondere Planungsverfahren mit klarem Raumbezug, also vor allem auf kommunaler/regionaler Ebene) effektiver (wirksamer) und effizienter (wirtschaftlicher – besseres Verhältnis von eingesetzten Mitteln und erzieltem Ergebnis) sein kann, wenn man die Betroffenen – also die Bürger vor Ort – direkt beteiligt.
Dies zu klären, werden ich zunächst kurz die grundlegenden Aufgaben von Planung darlegen, um anschließend zu erkunden, welche Faktoren das Bedürfnis der Bürger nach mehr Beteiligung derart steigerten und welche Vorteile für das Planungsverfahren aus der direkten Bürgerbeteiligung resultieren sollen.
Hierauf werde ich einige exponierte und inzwischen erprobte Planungsverfahren (Mediation, Moderation und Planungszelle) genauer erläutern und diskutieren, wobei ich nicht darauf verzichten werde, zunächst die Entwicklung der Partizipation in Planungsverfahren sowie die verschiedenen Stufen der Partizipation darzustellen. Dies soll die qualitative Einordnung der dargestellten Partizipationsverfahren erleichtern und die Relationen, welche Beteiligungsmöglichkeiten bestehen und welche Möglichkeiten in diesen Verfahrensformen ausgeschöpft werden, verdeutlichen.
Nach der Darstellung der drei Verfahrensformen (wobei Moderation und Mediation aufgrund der großen Ähnlichkeit dieser Verfahren in einem Kapitel zusammengefaßt werden) werde ich als Fallbeispiel den Ausbau des Rhein-Main-Airports bzw. das hierzu stattgefundene Mediationsverfahren dokumentieren.
In der Abschließenden Diskussion werde ich einige Fragen problematisieren, die mit den aufgezeigten Zusammenhängen in Verbindung stehen. Die Frage, an der ich mich auch hierbei ausrichten werde, lautet: Welchen Nutzen bringen diese partizipativen Planungsverfahren, und welchen Nutzen bringen sie nicht?
2. Aufgaben von Planung
Laut Fürst (2001: 9f.) ist Planung ’’ein systematisches Vorgehen zur Entwicklung von Handlungszielen und –abfolgen über einen längeren Zeitraum’’. Er unterscheidet hierbei bezüglich der räumlichen Entwicklungsplanung folgende Planungsebenen:
- kommunale Bauleitplanung
- Regionalplanung
- Landesplanung
- Landschaftsplanung
Planung hat dabei, gleich auf welcher der genannten Ebenen sie stattfindet, folgende Aufgaben zu erfüllen: Erstens muß sie Entscheidungsprämissen für daran gebundene Akteure setzen (was voraussetzt, eine klare Aufgabe definiert und alternative Lösungsvorschläge gedanklich aufbereitet zu haben), zweitens muß sie die Handlungsbeiträge der betroffenen bzw. beteiligten Akteure für das kollektive Handeln koordinieren und zuletzt muß sie das konkrete Handeln der Akteure bei der Umsetzung der Planziele steuern (Fürst 2001: 11).
Planung ist (nach Fürst 2001: 11) in unserem Zusammenhang gekennzeichnet durch
- kollektives Handeln (da öffentliches Handeln, gleich, ob es eine Kommune, der Staat oder eine private Körperschaft ist, stets kollektives Handeln mit multiplen Betroffenen ist)
- Zukunftsbezug (da die Planung stets Handlungen der Zukunft mit Auswir- kungen auf die Zukunft erfaßt)
- zielorientierte Handlungsvorbereitung (da Ziel der Planung möglichst zielgerechtes Handeln ist und diese Handlungen sowohl in ihrem zeitörtlichen Ablauf als auch in ihrer Zweckhaftigkeit durch rechtzeitiges Aufzeigen der jeweiligen Handlungsaufträge effektiver und effizienter gestaltet werden können)
- Konsensbildung (da in einem komplexen demokratischen Gemeinwesen mit widerstreitenden Interessen der Interessenausgleich politisches Prinzip ist und daher Konsensbildung der effektiven und effizienten öffentlichen Planung ebenfalls dienlich ist)
3. Sinn und Zweck von Beteiligungsverfahren in der Planung
Gab es nach dem zweiten Weltkrieg noch ein starkes Bedürfnis der Bürger nach staatlicher Planung in allen Bereichen. Dies zeigte sich in der räumlichen Planung, der Verkehrswegeplanung, der Planung für die Landwirtschaft etc. auf Bundesebene, untergeordneten und z.T. eigenständigen Planungssystemen auf Landesebene sowie die Bauplanung in den Städten und Gemeinden, wobei hier kein Bedürfnis nach direkter Bürgerbeteiligung geltend gemacht wurde (Fürst 2001: 13f.).
Mit zunehmender Zeit wurden die Bürger allerdings selbstbewußter, zudem gab es seit Mitte der 1960er Jahre (mit der ersten Wirtschaftskrise 1965-67 und folgenden Wirtschaftskrisen ab 1973) erstmals auch finanzpolitische Gründe für den Staat, eigene Planungen zumindest teilweise einzuschränken, um Lasten nicht weiter auszuweiten, als dies finanzierbar war. Die regionale bzw. kommunale Planung war hiervon jedoch nur wenig betroffen.
Gerade hier jedoch sank die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit ‚reinen’ Verwaltungsentscheidungen zunehmend. Dies betraf sowohl Verkehrsvorhaben (allgemein: z.B. Bau von Umgehungsstraßen, konkret: z.B. Flughafenausbau Frankfurt/Main-Startbahn West), als auch Bauvorhaben (öffentliche Bauten, Abriß etc.), die jeweils in den Augen vieler zu stark auf materielle Werte und zu wenig auf Selbstentfaltung und Lebensqualität der Bürger ausgerichtet waren (Fürst 2001: 15ff.) und das zunehmend stärkere Umweltbewußtsein sowie die verbreitete Technikskepsis der Bevölkerung unberücksichtigt ließen (AGU 1995: 6). ‚Fachidioten’ und Bürokraten verursachten auf diese Weise Fehlplanungen am allgemeinen Interesse und öffentlichen Bedarf vorbei. Insbesondere seit der Aufnahme der Partizipationsrechte der Bürger in das Städtebauförderungsgesetz (1971) wurde die Möglichkeit der Einflußnahme auf derlei Verwaltungsentscheidung von zunehmend mehr Bürgern erwogen und beansprucht (Vgl. Gabriel 1983: 99ff.).
Durch gerichtliche Einsprüche von Betroffenen werden Planungsverfahren oft jahrelang hinausgezögert, selbst, wenn die breite Mehrheit der Bevölkerung (vor Ort) ein Planungsprojekt deutlich befürworteten. Folge dessen war, daß auch Planungen, die im öffentlichen Interesse lagen, nicht oder nur mit großen (teils jahrzehntelangen) Verzögerungen umgesetzt werden konnten und dadurch die Kosten stiegen, was (in Fallen staatlicher Unternehmungen) die zunehmen klammen öffentlichen Kassen belastete und in Fällen privater Unternehmungen das Scheitern derselben bewirken konnte oder jedenfalls das ‚Wirtschaftsklima’ vor Ort deutlich belastete. Zudem wurden sowohl die ein Projekt Befürwortenden als auch dessen Gegner durch die zunächst intransparenten Verfahren bzw. durch die aus den juristischen Auseinandersetzungen resultierende Umsetzungsunfähigkeit frustriert und bauten somit eine zunehmende allgemeine Distanz zu den demokratischen Entscheidungsträgern in der Politik sowie den Mitarbeitern der Verwaltung auf, mit der Folge allgemeiner Politikverdrossenheit (AGU 1995: 6 sowie Gabriel 1983: 100)
Die Kosten der Beteiligung – welche oft als Grund gegen weitergehende Beteiligung angeführt werden – sind daher insgesamt niedriger als die Kosten durch Nichtbeteiligung, insbesondere die ‚weichen’ (Wirtschafts-)Faktoren Lebensqualität und Investitionsklima, aber auch das Verständnis von Politik und Verwaltung einerseits und Bürgern als Individuen andererseits in der Demokratie durch die Beteiligung gestärkt wird.
4. Stufen der Öffentlichkeitsbeteiligung:
Öffentlichkeitbeteiligung kann auf vielfache Weise geschehen (vgl. Wiedemann 1995: 2-7 sowie Gabriel 1983: 105ff.). Der Partizipationsgrad wird in der folgenden Darstellung von Beteiligungsform zu Beteiligungsform ansteigen:
- Passive Informationsrechte (Zeitungsartikel, Aushänge etc.) sind von der Verwaltung zur Verfügung gestellte Informationen ohne direkten Adressatenbezug. Der Bürger ‚konsumiert’ diese Informationen lediglich beiläufig und zufällig, ohne eine persönliche Nachfrage oder ohne direkte Ansprache durch den Informanten. Es findet keine Kommunikation der Interessen zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern statt (Feedback).
- Aktive Information (Informationsbroschüre, Expertenvortrag/-befragung öffentlich, ‚Offenes Haus’ etc.) unterscheidet sich von der passiven Information dadurch, daß hier über ein dezidiert abgegrenztes Thema oder Projekt Rechenschaft abgelegt oder Information angeboten wird. Der Themenbezug ist unmittelbar, die Betroffenen werden direkt angesprochen (Adressatenbezug). Ein ‚Feedback’ seitens der Bürger ist hier bereits möglich.
- Anliegen der Bürger ermitteln (Fokus-Gruppen, Umfragen etc.) bedeutet, die Entscheidungsträger sind sich der Abhängigkeit des Erfolges ihrer Planungen von der Unterstützung durch die Bürger bewußt und versuchen nun, herauszufinden, ob sie diese Unterstützung bereits (oder noch) genießen. Erfolg und Sinnhaftigkeit dieser Methode hängen davon ab, auf welcher Meinungsgrundlage (Informationsstand) die Befragten sich äußern. Befragungen zu konkreten Fragestellungen machen nur Sinn, wenn die Bürger über den Gegenstand der Betrachtung hinreichend informiert sind.
- Einwände formulieren (der Auslage der Unterlagen mit Möglichkeit der Stellungnahmen durch die Bürger) ist die erste Stufe, in der konkrete Planung sich zwingend dem Bürger stellen muß. Die Beteiligung wird jedoch erst dadurch komplettiert, daß die Stellungnahmen der Bürger gewissenhaft ausgewertet werden.
- Optionen bewerten (Experten-Verhandlung, Bürger-Jury etc.: Mediation und Moderation) können die Bürger in Deutschland ihrer Gesamtheit in der Regel nicht; dies würde quantitativ den Rahmen des Möglichen sprengen. Hierzu werden meist Vertreter von Interessengruppen und/oder (wissenschaftliche) Experten herangezogen, die stellvertretend für die Bürger interagieren.
- Optionen erarbeiten und Empfehlungen geben (Beirat, Planungszelle, etc.) können in Beiräten Experten und Lobbyisten, in der (inzwischen ebenfalls erprobten) Planungszelle allerdings auch ‚einfache Bürger’. Diese allerdings ebenfalls nur in begrenzter Anzahl und demnach stellvertretend für die Interessengesamtheit.
- Mitentscheiden (Volksabstimmung) können theoretisch alle Bürger; die Volksabstimmung ist in den meisten Landesverfassungen für Verfassungsänderungen sowie (seit den 1990er Jahren) auch für kommunalpolitische Entscheidungen. Volksabstimmungen über landes- (außer Verfassungsänderungen) oder gar bundespolitische Themen sind in Deutschland (im Gegensatz z.B. zur Schweiz) bislang nicht vorgesehen.
5. Beispiele für Beteiligungsverfahren
5.1. Moderationsverfahren und Mediationsverfahren
5.1.1. Funktionsweise der Verfahren
Moderationsverfahren und Mediationsverfahren sind Beteiligungsverfahren, die der Konsensfindung dienen sollen. Ihnen geht bereits eine Interessen- und Meinungsbildung voraus, häufig auch schon konkrete Planungsvorhaben (vgl. AGU 1995: 23f.). Das Moderationsverfahren unterscheidet sich dabei vom Mediationsverfahren hauptsächlich vom Verfahrensaufwand; Ziel des Moderationsverfahrens ist lediglich die ‚Fairneß des Verfahrens’, wohingegen das Mediationsverfahren zusätzlich den ‚Sachverstand der Lösung’ anstrebt, also eine Informationsäquivalenz der beteiligten Parteien (vgl. Fürst 2001: 347). Das Moderationsverfahren zieht dazu einen Moderator, das Mediationsverfahren einen Mediator zur Verfahrenssteuerung hinzu, wobei der Moderator lediglich steuert, während der Mediator aktive Hilfe zur Problemlösung leistet. Während der Moderator also keine eigenen Beiträge liefern soll, ist dies dem Mediator ausdrücklich vorbehalten (vgl. AGU 1995: 21).
5.1.2. Fragen zur Durchführung der Verfahren
5.1.2.1. Qualifikationen eines Moderators oder Mediators
Als Hauptmerkmal eines Verfahrensleiters in Moderations- oder Mediationsverfahren muß gelten, daß dieser bei allen Verfahrensbeteiligten über eine ausreichend hohe Akzeptanz verfügt. Diese Akzeptanz setzt einige Kernqualifikationen voraus (vgl. AGU 1995: 23ff.):
Der Verfahrensleiter (Moderator bzw. Mediator) muß erstens unabhängig und überparteilich sein. So darf er z.B. kein wirtschaftliches oder politisches Interesse an einem bestimmten Verfahrensausgang oder der Verfahrensdauer haben (z.B. Entlohnung nach Verfahrensdauer).
Zweitens muß er entsprechendes Fachwissen sowie Wissen um die gesetzlichen Regelungen und Bestimmungen mitbringen; nur so kann er selbst Vorschläge zur Lösung vorbringen (was jedoch lediglich in einem Mediationsverfahren von ihm erwartet wird). Dies bringt die besondere Schwierigkeit mit sich, daß ortsfremde Verfahrensleiter oft das Problem mangelnder Kenntnis lokaler Gegebenheiten und Mentalitäten aufweisen, ortskenntliche dagegen oft bereits als nicht mehr hinreichend neutral eingestuft werden.
Sowohl der Moderator als auch der Mediator muß Moderationsfähigkeit und soziale Kompetenz mitbringen: Mangelhafte Moderation z.B. kann ansonsten die Verfahrensteilnehmer demotivieren oder Konflikte schaffen bzw. Verstärken, anstatt sie abzubauen.
Letzteres erzwingt auch Kenntnis von Problemlösungs- und Entscheidungstechniken bei Gruppenarbeit sowie die Fähigkeiten der Konfliktbewältigung in Gruppen seitens des Verfahrensleiters.
Nur derjenige, der all diese Qualifikationen mitbringt, kann von allen am Verfahren Beteiligten die für das Verfahren notwendige Akzeptanz erhoffen. Die oft schwierige Suche (so z.B. beim Mediationsverfahren Rhein-Main-Airport, bei dem ein ursprünglich vorgesehener Mediator vorzeitig seine Aufgabe an eine andere Institution abtrat.
5.1.2.2. Voraussetzungen für Moderations- und Mediationsverfahren
Als Grundvoraussetzung für die Initiierung eines solchen Partizipationsverfahrens ist der Konsens in der Öffentlichkeit darüber, daß ein solches Verfahren zweckmäßig ist, anzuführen (vgl. Fürst 2001: 347).
Die mit dem Verfahren beauftragte Institution muß daher allgemein vertrauenswürdig sein; kann keine solche Verfahrensleitung gefunden werden, kann Moderation oder Mediation in diesem Verfahren nicht stattfinden.
Zudem muß die Suche nach relevanten Interessengruppen und damit Verfahrensteilnehmern breit angelegt sein. Wird ein Konsens in einem solchen Verfahren tatsächlich erzielt, jedoch nur deshalb, weil relevante Gegeninteressen von vornherein nicht am Verfahren beteiligt waren, ist das Verfahren nicht zielführend (vgl. AGU 1995: 24).
Da Moderation nur funktionieren kann, wenn alle Beteiligten grundsätzlich eine gemeinsame Lösungstendenz aufweisen und sich nicht gegenseitig als Gegner auffassen (Win-Win-Orientierung), kann dieses Verfahren nur in (noch) nicht eskalierten Konfliktfällen eingesetzt werden (vgl. AGU 1995: 24).
Mediation (wörtl.: Vermittlung) als ebenfalls lösungsorientiertes Verfahren ist hingegen anwendbar auf eskalierte Verfahren (vgl. Fürst 2001: 347) , in denen die gegnerischen Gruppierungen die Möglichkeit einer tatsächlichen Einigung als gering einschätzen und es jeweils nur noch um Schadensbegrenzung geht (Win-Lose-Orientierung).
5.1.2.3. Probleme bei der Vorbereitung und Organisation von Moderations- und Mediationsverfahren
Auch Moderationsverfahren und Mediationsverfahren lösen nicht an sich das Problem, daß der ‚einfache Bürger’ sich möglicherweise nicht hinreichend in die Entscheidungsprozesse einbezogen fühlt. Dies resultiert aus zwei unterschiedlichen Faktoren:
Erstens können in einem solchen Verfahren – wie bereits erwähnt – stets nur Vertreter von Interessengruppen stellvertretend für zusammengefaßte Einzelinteressen als Akteure auftreten (vgl. AGU 1995: 24). Der Einzelne, der nicht an diesem Verfahren teilnimmt, hat also zunächst keinen direkten Einblick über das im Verfahren Diskutierte und Entschiedene. Dies erfordert in der Folge also einen funktionierenden Informationsfluß von der Moderations-/Mediationsgruppe in die Öffentlichkeit sowie in die einzelnen Interessengruppen hinein (Transparenz des Verfahrens), insbesondere, wenn Kompromisse gefunden wurden und begründet werden müssen.
Zweitens ist das Verhältnis von teilnehmenden und nicht teilnehmenden Gruppen nicht immer klar. So haben die Umweltverbände z.B. bei dem Mediationsverfahren zum Ausbau des Rhein-Main-Airports lange Diskussionen führen müssen um die Frage, ob sie teilnehmen oder nicht. Geschlossene Einigkeit wurde innerhalb der Verbände nicht gefunden. Welche Interessengruppe im Verfahren welche Interessen anderer Gruppen möglicherweise mit vertritt (und aus welchen Gründen) ist nicht immer ausreichend klar, um Interessengegensätze ergründen und in der Folge auflösen zu können.
Zuletzt ist noch zu berücksichtigen, daß insbesondere die öffentliche Verwaltung über ein gewisses Eigenleben verfügt und Eigenarten bei der Umsetzung von Beschlüssen aufweist. Die Begeisterung von Fachverwaltungen und –ausschüssen sowie politischen Entscheidungsträgern über die ‚Einmischung’ von Bürgern und/oder Interessengruppen in ihren Planungsprozeß hält sich immer wieder in engen Grenzen. Die Einbindung des Verfahrend in den regulären Fachplanungs- und politischen Entscheidungsprozeß ist daher ein besonderes Problem.
5.1.2.4. Ansätze zur Lösung bei der Durchführung von Moderations- oder Mediationsverfahren auftretender Probleme
Für die ersten beiden Probleme (Kommunikation des Verfahrens in die breite Öffentlichkeit sowie Abgrenzung des Verhältnisses der Beteiligten und Nichtbeteiligten) gilt: Innerhalb des Verfahrens darf die Unabhängigkeit des Verfahrensleiters nicht untergraben werden. Das heißt: Die Verfahrensmacht muß unbedingt an den Mediator abgetreten werden. Wenn im Verfahren alle die Verfahrensleitung anerkennen, ist gewährleistet, daß erstens alle Informationsflüsse innerhalb des Verfahrens beim Verfahrensleiter zusammenlaufen und daß zweitens auch in der Öffentlichkeit kein Grund entsteht, die Verfahrensleitung in ihrer Arbeit anzufechten.
Die Öffentlichkeit kann dabei nur ‚bei der Stange gehalten’ werden, indem sie regelmäßig aktiv informiert wird über den Fortgang des Verfahrens. Findet das Verfahren lediglich im Geheimen, im Hinterstübchen statt, ist es eben im eigentlichen Sinne kein ‚Bürgerbeteiligungsverfahren’, sondern ein ‚Lobbyisten-Austauschverfahren’. Der Sinn der Bürgerbeteiligung wird verfehlt.
Um die Information sowohl innerhalb des Verfahrens (das Mediationsverfahren soll ja gerade den Sachverstand aller Beteiligten haben und so zum Ergebnis führen) als auch nach außen zu ermöglichen, müssen alle Beteiligten Ressourcen (v.a. Informationen, Dokumentationen, Expertisen von Fachabteilungen etc.) bereitstellen.
Die Problemstellung muß klar und die Zeitvorgabe für das Verfahren realistisch sein. Eine zeitliche Überforderung führt zum Ausstieg relevanter Verfahrensteilnehmer, Zeitdruck zu Demotivation. Gleiches gilt für ‚Diskussionen um den heißen Brei herum’, bei unklarer Problemstellung. Um der Tatsache gerecht zu werden, daß ein Verfahren einen zeitlichen Ablauf darstellt mit sich ändernden Interessenlagen oder –prioritäten sowie möglicherweise neu hinzutretenden Interessenlagen und -konflikten (insbesondere, wenn die Beteiligten tatsächlich einen ernsthaften ‚Vertretungsauftrag’ für die nicht einzeln am Verfahren beteiligten Individuen wahrnehmen), muß der Arbeitskatalog stets flexibel, also erweiterungsfähig bleiben.
Die besondere Bedeutung der Verwaltung ist angesichts des dritten Problems offensichtlich: Sie hat (theoretisch) die Macht, das Beteiligungsverfahren Makulatur werden zu lassen, was allerdings höchst sinnwidrig wäre und daher – offen – nur selten geschieht. Besonders bedeutsam ist daher die hohe Kommunikationsbereitschaft der Verwaltung; hier ist gegebenenfalls wiederum der Verfahrensleiter gefordert, der die Verwaltung gegebenenfalls insistierend motivieren kann und muß. Dies erfordert jedoch auch die gegenseitige ideale Informationsversorgung. Die Verwaltung bedarf der Informationen aus dem Verfahren heraus, um sich darauf einstellen zu können, das Verfahren bedarf der Informationen aus der Verwaltung heraus, sofern es um politische Abwägungen oder Erwägungen der verwaltungstechnischen Praktikabilität von Lösungsvorschlägen geht.
5.2 Planungszelle
5.2.1. Funktionsweise der Planungszelle
Die Planungszelle (PZ) ist eine eigenständige Form der Beteiligung in Planungsverfahren (vgl. Dienel 1971: 155f.). Hierbei werden – dem Zufallsprinzip folgend – eine gewisse Anzahl (meist 25 je PZ) Bürger ausgewählt, die – auf freiwilliger Basis und unter Erstattung etwaiger Dienstausfälle – befristet auf vier Tage ein Planungsverfahren begleiten und bewerten sollen. Voraussetzung hierfür ist eine umfassende Information dieses Laiengremiums (durch Expertendialog, Plenardiskussion oder Ortsbegehung), das aufgrund seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von politischen Vorgaben entscheidungsfähiger ist als die ‚schwerfällige’ öffentliche Verwaltung (vgl. Dienel 1971: 152). Durch einen steten tausch der Gruppenteilnehmer (Einteilung in jeweils 5er-Gruppen) ist Dauermeinungsführerschaft eines Teilnehmers ausgeschlossen. Das Konzept ist dem Modell der Laien-Richter nachempfunden.
Am Ende erstellt die Planungszelle ein ‚Bürgergutachten’ (vgl. Dähnhardt 1995: 47), das erfahrungsgemäß auch von der ‚Mantelbevölkerung’ (nicht beteiligte übrige Bevölkerung) als unvoreingenommen neutral akzeptiert und von der Verwaltung berücksichtigt wird (je kostspieliger die Vorschläge, desto weniger euphorisch jedoch naturgemäß).
Nachdem eine Erfolgskontrolle dieses in den 1970er Jahren entwickelten Modells nach einigen Anwendungen zu positiven Ergebnissen kam, wurde das Verfahren 1992 unter Gebrauchsmusterschutz gestellt. Das heißt: ‚Planungszelle’ dürfen sich nur verfahren nennen, die die beschriebenen Prozesse tatsächlich umsetzen (vgl. Dähnhardt 1995: 47).
5.2.2. Ziele der Planungszelle
Die Planungszelle verfolgt drei Hauptziele:
Erstens soll der Laien-Sachverstand wirksamer in die Planung eingebracht werden, indem über schnelle und intensive Lernprozesse das Informations- und Wissensgefälle zwischen Fachplanern und Laien abgebaut wird (vgl. Dienel 1971: 151).
Den Fachplanern soll zweitens rechtzeitig das Korrektiv der von der Planung Betroffenen zur Seite gestellt werden, um die Qualität der Planung durch Vorab-Konsensprozesse zu erhöhen. Dies soll zu höherer Bedarfsgerechtigkeit der Planung (z.B. Ortsauswahl eines Kinderspielplatzes nicht nur nach vorhandenem Raum z.B. in einem Seniorenwohnviertel, sondern auch nach Wohnvierteln mit entsprechendem Bedarf wegen hoher Familiendichte) und zur Vermeidung teurer Planungsfehler führen.
Durch diese Vorbereitung soll drittens die Akzeptanz der Planung erhöht werden, was teure Verzögerungen durch Einsprüche, Klagen, möglicherweise Sabotage oder ähnlichen Aktionen verhindern oder wenigstens reduzieren helfen soll.
5.2.3. Kritik an der Planungszelle
Die Planungszelle wird häufig hinsichtlich der durch sie entstehenden Kosten kritisiert. Diese enstehen durch die zur Verfügung zu stellende Infrastruktur und Informationen, Personalbedarf bei der Betreuung sowie durch Lohnausgleichszahlungen. Die hohen Kosten wirken daher oft abschreckend auf die Verwaltung, diesen Weg zu gehen. Unberücksichtigt läßt diese Argumentation jedoch die Tatsache, daß die Folgekosten falscher oder nichtkonsensualer Planung (Klagen etc..., s.o.) regelmäßig höher liegen.
Ein anderer Einwand gegen die Planungszelle lautet, die Zeit für die Arbeit der PZ sei zu knapp bemessen, um gegen das ‚Herrschaftswissen’ der Verwaltung wirksame Optionen erarbeiten zu können. Die Erfahrung zeigt jedoch, daß durchaus sinnvolle Ergebnisse zustande kommen und umgesetzt werden können, sofern eine angemessen konkrete und realisierbare Aufgabenstellung vorlag und ausreichende fachliche Betreuung gegeben ist (vgl. Dienel 1978: 74 sowie AGU 1995: 26). Nicht zu leugnen bleibt jedoch, daß dies durch die Verwaltung steuerbar ist. Werden im Rahmen des Verfahrens nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, haben die in der Planungszelle Aktiven keine Aussichten auf Erfolg. Die Planungszelle ist daher nur in solchen Fällen sinnvoll, in denen die Verwaltung Bürgerbeteiligung nicht nur hinnimmt, sondern fördert (vgl. Dienel 1971: 152).
Hiergegen spricht oft jedoch der dritte Einwand, dieses Verfahren sei eine Beleidigung der ‚Fachmänner’, die mit entsprechenden Fachkenntnissen Lösungsvorschläge bzw. Planungen ausgearbeitet haben. Dieser Einwand muß sich jedoch entgegenhalten lassen, daß es zur Vermeidung technisch guter (‚fachmännischer’), aber weltfremder Planungen, deren Fehler erst nachträglich festgestellt werden (wenn es zu spät ist), das Bürgerkorrektiv, welches fachferner, aber um so weltnäher ist, gerade geeignet ist. Nicht das Verfahren ‚Planungszelle’ beleidigt demnach die ‚Fachmänner’, sondern ihre bisherigen Fehlplanungen (vgl. Dähnhardt 1995: 48f.).
6. Fallbeispiel - Das Mediationsverfahrem zum Ausbau des Rhein-Main- Flughafens: Dokumentation (Internet-Präsenz des Verfahrens)
Auftrag seitens der Landesregierung (1998):
Das Mediationsverfahren soll klären, unter welchen Voraussetzungen der Flughafen Frankfurt dazu beitragen kann, die Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsregion Rhein-Main im Hinblick auf Arbeitsplätze und Strukturelemente dauerhaft zu sichern und zu verbessern, ohne die ökologischen Belastungen für die Siedlungsregion außer Acht zu lassen.
Daraus ergaben sich drei Fragestellungen:
1. Inwiefern beeinfluß der Flughafen die Entwicklung des Rhein-Main-Gebietes in bezug auf Wirtschaft, Verkehr und Arbeitsmarkt?
2. Wie beeinfluß der Flughafen die Umweltbilanz des Rhein-Main-Gebietes als Siedlungs- und Wirtschaftsraum?
3. Welche Entwicklung sollte das Rhein-Main-Gebiet bis 2020 unter Beibehaltung seiner Stärken nehmen und welchen Beitrag kann der Flughafen dazu leisten?
Teilnehmer:
Zur 21-köpfigen Mediationsgruppe gehörten Vertreter der umliegenden Kommunen, die Bürgerinitiative "Offenbacher Fluglärmvereinigung", die betroffenen Ministerien auf Bundes- und Landesebene sowie Unternehmerverbände und Gewerkschaften. Ferner waren die Fraport AG (damals noch Flughafen Frankfurt/Main AG), die Deutsche Lufthansa AG , die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH und BARIG (Board of Airline Representatives in Germany) vertreten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Den Vorsitz hatten drei Mediatoren: Der Frankfurter IHK-Präsident Dr. Frank Niethammer, der evangelische Pfarrer Prof. Kurt Oeser und der SPD-Europa-Abgeordnete Prof. Klaus Hänsch.
Behandelte Aspekte:
Verkehrstechnische Aspekte
- Kapazitätsprognosen für den Flugverkehr
- Bedarfsplanungen (Starts und Landungen)
- Kapazitätssteigerungs-Szenarien mit Untersuchung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Varianten
- Bedeutung des ICE-Anschlusses zur Lösung von Kapazitätsfragen
- Rolle der umliegenden Flugplätze Egelsbach, Frankfurt-Hahn und Kassel
- Finanzierung der Infrastrukturkosten
- Vermeidung von Sicherheitsrisiken
- Einbindung in Verkehrswege und Logistikstrukturen
- Planungssicherheit
- IIntegrierte Flughafenentwicklung für die ganze Bundesrepublik
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Auswirkungen auf die Umwelt
- Lärmbelastungsprognosen
- Umweltbelastungen und ihre Auswirkungen auf Mensch und Natur (z.B. Luftverunreinigung, Grundwasser, Regionalklima)
- Beeinträchtigung von Naturräumen
- technische Möglichkeiten zur Reduzierung von Lärm (aktiv am Fluggerät, passiv an Ge- bäuden) und Umweltbelastungen
- Vernetzte Betrachtung der Umweltgutachten
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Wirtschaftliche Dimensionen
- Bedeutung des Flughafens als Wirtschafts- und Arbeitsplatzfaktor
- Folgen eines Nichtausbaus (Bedeutung für Arbeitsplätze/Bedeutung für Wirtschaftsentwick- lung der Region und Hessens/Bedeutung für Wirtschaft)
- Durch potenziellen Ausbau induzierte Arbeitsplätze
Empfehlungen
1. Optimierung des vorhandenen Systems
a) Erhöhung der Kapazität des vorhandenen Systems durch:
- Einführung moderner Navigations- und Flugsicherungstechnik
- Verbessertes Zusammenwirken von Flughafenbetreiber, Flug sicherung und Airlines
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b) Kooperation des Flughafens Frankfurt mit dem Flughafen
Frankfurt-Hahn, vor allem, um durch die Verlagerung von Frachtflügen die Zahl der nächtlichen Flüge in Frankfurt zu re- duzieren
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c) Kooperation zwischen Schienen- und Luftverkehr
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kapazitätserweiterung durch Ausbau
Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens für das Rhein-Main-Gebiet, für Hessen und die Bundesrepublik ist der Ausbau des derzeitigen Bahnsystems erforderlich
Nur dadurch lassen sich die langfristig zu erwartenden Kapazitätsengpässe beseitigen und die damit verbundenen ökonomischen Vorteile realisieren
Die Zielvorstellung der Fraport AG beträgt, aus der aktuellen internationalen Wettbewerbssituation heraus, die Erreichung einer Kapazität von 120 Flugbewegungen pro Stunde
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2. Nachtflugverbot
Dem Schutz der Bevölkerung vor übermäßiger Lärmbelastung kommt eine große Bedeutung zu. Deshalb hält die Mediationsgruppe ein Nachtflugverbot für geplante Flüge für erforderlich. Sie empfiehlt, dieses Verbot auf den Zeitraum von 23 Uhr bis 5 Uhr zu erstrecken. Darüber hinaus befürwortet die Mediationsgruppe, für weitere, besonders sensible Zeitbereiche Maßnahmen zur Lärmreduzierung zu ergreifen.
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Das Nachtflugverbot erfordert die Verlagerung der in diesen Nachtstunden stattfindenden Post-, Fracht- und Charterflügen. Dies erfordert die Verlagerung in den Tag oder die Verlagerung auf andere Flughäfen, zum Beispiel nach Frankfurt-Hahn.
3. Anti-Lärm-Pakt
(als verbindliches Programm zur Lärmminderung)
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- Kontingentierung von Fluglärm und Festlegung von lokalen
Lärmobergrenzen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Wirtschaftliche Anreize, die sich am tatsächlich entstandenen
Lärm orientieren und eine schnelle Modernisierung der alten
Flugzeugflotten durch leisere Maschinen fördern bzw. Flüge in
der Nacht reduzieren helfen
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- Anreize zur Einhaltung der "Minimum Noise Routes" und häu
figere Anwendung und Weiterentwicklung lärmarmer An- und
Abflugrouten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Programm zum passiven Schallschutz, das nicht nur Fenster,
sondern das gesamte Gebäude betrifft
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- Immobilienmanagement als Hilfestellung besonders betroffener
Bürger
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- Lärmmonitoring-System, dessen Daten einer verbesserten
Kommunikation dienen
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- Selbstverpflichtung der Fraport AG, einen Beitrag zur kontinu- ierlichen Verminderung der Lärmbelastung durch Fluglärm zu leisten (Vorbildfunktion gegenüber internationalen Flughäfen)
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4. Regionales Dialogforum
(Einrichtung eines Regionalen Dialogforums, das den durch die Mediationsgruppe begonnenen Dialog fortführt und intensiviert)
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Hier sollen Details zum Nachtflugverbot und Anti-Lärm-Pakt gemeinsam erarbeitet sowie die Entwicklung des Flugverkehrs und die ökonomische Entwicklung des Flughafens diskutiert werden
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Die mit dem Mediationsprozess begonnene Kommunikation soll fortgesetzt werden
5. Empfehlungen
Variante 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Merkmale
Diese Bahn würde ausschließlich für Landungen genutzt. Ihre Länge ist mit 2.800m und ihre befestigte Breite mit 60m geplant. Der Achsenabstand zur heutigen Nordbahn würde ca. 1.400m betragen. Dadurch wären auch bei dieser Variante unabhängige parallele Anflüge möglich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausstattung
Parallel zur Landebahn ist im Abstand von 200m eine Parallelrollbahn vorgesehen. Landebahn und Parallelrollbahn werden durch zwei Schnellabrollwege und je einen Abrollweg am östlichen und westlichen Ende der Landebahn miteinander verbunden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Schnellabrollweg am westlichen Ende stellt gleichzeitig über eine Rollbrücke (die über ICE-Trasse, A 3 und Airport-Ring führt) die Anbindung an das bestehende Kerngebiet des Flughafens her. Am östlichen Ende der Bahn wird ebenfalls eine Anbindung über eine weitere Rollbrücke vorgesehen, welche die ICE-Trasse, die A 3 und den Airport-Ring überquert und zwischen den Gebäuden 401 und 420 an das bestehende Bahnsystem anschließt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Auf der Landebahn soll Allwetterflugbetrieb möglich sein, so dass Anflüge nach der ILS-Kategorie IIIb durchgeführt werden können.
Lage
Diese Bahnvariante würde sich auf dem Gelände des Kelsterbacher Waldes (Mönchwald) befinden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fazit
Das angestrebte Kapazitätsziel von 120 Bewegungen / Stunde wird bei dieser Variante erreicht. Der Flächenbedarf würde sich auf 216ha zuzüglich 4,8ha auf dem Gelände belaufen. Der Waldverbrauch beträgt 162 ha Bannwald.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nach heutigem Erkenntnisstand bietet diese Bahnvariante die bestmögliche Relation von Aufwand und Nutzen sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer Hinsicht. Die Fraport AG hat deshalb bereits im Rahmen der Mediation diese Lösung bevorzugt. Unabhängig davon bringen wir alle drei von der Mediationsrunde vorgeschlagenen Varianten in das Raumordnungsverfahren (ROV) ein.
Variante 2:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Merkmale
Diese Bahn würde ausschließlich für Landungen genutzt. Ihre Länge ist mit 2.800m und ihre befestigte Breite mit 60m geplant. Der Abstand zur heutigen Nordbahn würde ca. 1.800m betragen. Dadurch wären unabhängige parallele Anflüge möglich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ausstattung
Parallel zur Landebahn ist im Abstand von 200m eine Parallelrollbahn vorgesehen. Beide werden durch zwei Schnellabrollwege und einen Rollweg am östlichen Ende der Landebahn miteinander verbunden. Der Schnellabrollweg am westlichen Ende stellt über eine Rollbrücke (die über B 43, ICE-Trasse, A 3 und Airport-Ring führt) die Anbindung an das bestehende Bahnsystem des Flughafens her.
Die Landebahn ist für Allwetterflugbetrieb ausgelegt. Es ist eine Ausstattung für Anflüge nach der ILS-Kategorie IIIb vorgesehen, was dem Standard des bestehenden Parallelbahnsystems entspricht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Lage
Diese Bahnvariante würde auf dem Gelände des Frankfurter Stadtwaldes (Schwanheimer Wald) liegen. Das nordöstliche Ende der Bahn befände sich etwa auf Höhe der jetzigen Kreuzung von Rebstock- und Goldsteinschneise. Das südwestliche Ende würde in etwa an der jetzigen Kreuzung von Fichten- und Lerchenschneise liegen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fazit
Das angestrebte Kapazitätsziel von 120 Bewegungen / Stunde wird bei dieser Variante erreicht. Der Flächenbedarf würde sich auf 281ha zuzüglich 4,5ha auf dem Gelände belaufen. Der Waldverbrauch beträgt 281ha Bannwald.
Variante 3:
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Merkmale
Diese Bahn würde sowohl für Starts als auch für Landungen genutzt. Sie würde eine Länge von 3.600m und eine befestigte Breite von 60m aufweisen. Für beide Landerichtungen sind um 300m versetzte Schwellen vorgesehen. Der Abstand zur bestehenden Südbahn würde mindestens 1.925m betragen, was unabhängige parallele Anflüge ermöglichen würde.
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Ausstattung
Im Abstand von 200m ist eine Parallelrollbahn vorgesehen. Sowohl Start- und Landebahn als auch die Parallelrollbahn sind durch Schnellabrollwege miteinander verbunden.
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Die Rollwege sind im Westen direkt mit der vorhandenen Rollbahn "W" verbunden, während im östlichen Bereich ein Rollweg über die jetzige US-Air Base zur bestehenden Rollbahn "S" geführt wird.
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Auf der neuen Start- und Landebahn soll Allwetterflugbetrieb ermöglicht werden, so dass wie auch beim gegenwärtigen Parallelbahnsystem Anflüge nach der ILS-Kategorie IIIb durchgeführt werden können.
Lage
Das Gelände für diese Ausbauvariante liegt südlich des bestehenden Parallelbahnsystems z.T. auf dem Gebiet des Mark- und Gundwaldes.
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Fazit
Das angestrebte Kapazitätsziel von 120 Bewegungen / Stunde wird unter Zugrundelegung eines zukünftigen Flottenmixes bei dieser Variante nicht erreicht. Der Flächenbedarf würde sich auf 286ha plus 6ha auf dem Gelände belaufen. Der Waldverbrauch würde bei dieser Variante 292ha Bannwald betragen
7. Diskussion und Fazit
Nichtbeteiligung von Bürgern in Planungsverfahren führt zu schlechten Ergebnissen und ist teuer. Das mag die Quintessenz dessen sein, was auf den vorhergehenden Seiten erneut dargelegt werden konnte. Es gibt heute einige erprobte Beteiligungs- verfahren – drei davon wurden im Rahmen dieser Hausarbeit behandelt –, die einen direkten Eingriff der Bürger oder zumindest bürgerlicher Interessenverbände in Stellvertretung der Einzelbürger ermöglichen, ohne all zuhohe unmittelbare Kosten zu verursachen.
Während Mediation und Moderation eher Verfahren sind, in denen Interessenverbände in Stellvertretung für Einzelbürger um Lösungen ringen, ist die Planungszelle ein ausschließlich mit nichtorganisierten Einzelbürgern besetzt. Dies hat Folgen für die Einsetzbarkeit: Während die Planungszelle eher lokal begrenzt bleibt, können Moderations- und Mediationsverfahren in der Planung auch für komplexe regionale Planungsobjekte eingesetzt werden. Allerdings stellt sich hier das Problem, daß die beteiligten Gruppen ihrerseits diejenigen, deren Interessen sie vertreten (sollen), ausreichend beteiligen. In der Folge bleibt festzuhalten, daß es sich hier (nur) um indirekte Bürgerbeteiligungsformen handelt.
Das hier im Rahmen dieser Hausarbeit zunächst nur vorgestellte Fallbeispiel Rhein-Main-Airport macht zudem eines deutlich:
Erstens sind solche Verfahren nur dann sinnvoll, wenn tatächlich alle maßgeblichen Interessen(gruppen) beteiligt sind bzw. sich am Verfahren beteiligen. Dies erfordert wiederum die tatsächliche Offenheit des Verfahrens (was in diesem Falle bezweifelt wurde und werden kann) und die tatsächliche Akzeptanz der Verfahrensleiter (was hier bei einem Wirtschaftsfunktionär / IHK Frankfurt sowie einem politischen Funktionär / Klaus Hänsch ebenfalls bezweifelt werden kann). Sind nicht alle maßgeblichen Interessengruppen beteiligt, macht das ganze Verfahren nur als ‚Alibi’ einen Sinn und verfehlt damit das Hauptziel, die Konsensfindung. Eine rechtliche Sicherheit für die Erweiterungsvorhaben ist auf diese Weise auch noch nicht uneingeschränkt erreicht (Vgl. Lewin: 16).
Die Planungszelle ist ein ausgezeichnetes Mittel, um lokal und in ihrer Komplexität begrenzte Probleme zu bearbeiten. Hier können Menschen mit dem ‚Realitätsverstand’ den ‚Fachmännern’ mit dem ‚Sachverstand’ Einhalt gebieten und nicht nur theoretisch, sondern praktisch gute Lösungen erarbeiten. Allerdings gilt für die Planungszelle ähnliches wie für Moderation bzw. Mediation: Steht die Verwaltung nicht tatsächlich hinter der Partizipation, macht die Einleitung eines solchen Verfahrens keinen Sinn. Während in Moderation und Mediation die Verwaltung über politische oder wirtschaftliche Vorgaben direkten Einfluß auf das Ergebnis (und, wie wir sehen, damit bereits im Vorhinein auf die Zusammensetzung der Gruppe) ausüben kann, kann sie dies bei der Planungszelle noch viel perfider, da subtiler, indem sie die Beteiligten schlecht oder falsch informiert und somit die Erarbeitung eines Ergebnisses erschwert, oder, indem sie die Fragestellung so unkonkret oder umfangreich wählt, daß sie eine sinnvolle Lösung von vornherein unmöglich macht.
An der zentralen Rolle der Verwaltung auch in Beteiligungsverfahren (gleich welcher Form, denn bei einfachen Informationsrechten ist es auch wieder die Verwaltung, welche fehlinformieren und somit manipulieren kann; dies kann sogar indirekte Auswirkungen auf Bürgerentscheide haben...) führt also kein Weg vorbei.
Als ‚Schlüsselsätze’ am Ende meiner Hausarbeit bleibt also festzuhalten:
1. Bürgerbeteiligung ist wichtig, weil reine Verwaltungsentscheidungen oft am Bedarf vorbeigehen oder einseitig interessenbezogen sind und dies die Akzeptanz der demokratischen Institutionen sowie die öffentlichen Haushalte gefährdet.
2. Die Verwaltung nimmt auch in Partizipationsverfahren eine zentrale Rolle ein, weil sie den Rahmen für Entscheidungen setzt und den beteiligten Bürgern oder Gruppen Sachverstand zur Seite stellen muß.
3. Beteiligungsverfahren müssen grundsätzlich ergebnisoffen sein, weil sie sonst von vornherein einzelne Interessengruppen ausschließen und die Funktion des Interessenausgleiches nicht erfüllen können.
4. Beteiligungsverfahren kosten zwar kurzfristig Geld, sparen aber hohe Folgekosten aufgrund von Einsprüchen und Fehlplanungen.
8. Literatur
- Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen [=AGU] (1995), Hg.: Umweltmediation in Deutschland. Bonn.
- Dähnhardt, Werner (1995): ‚Das gute Volksempfinden’. In: DER SPIEGEL 20/1995.
- Dienel, Peter (1971): Wie können die Bürger an Planungsprozessen beteiligt werden? Planwahl und Planungszelle als Beteiligungsverfahren. In: Der Bürger im Staat 3/1971, S. 151-157.
- Dienel, Peter (1978): Die Planungszelle. Opladen.
- Fürst, Dietrich (2001), Hg.: Handbuch Theorien und Methoden der Raum- und Umweltplanung. Dortmund.
- Gabriel, Oscar W. (1983): Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie. München.
- Wiedemann, Peter (1995): Kommunikation, Öffentlichkeitsbeteiligung und Konsensfindung bei entsorgungswirtschaftlichen Vorhaben. Stuttgart.
Internetquellen:
- Lewin, Daniel (ohne Jahr): Das Mediationsverfahren und das Regionale Dialogforum Frankfurt. Bereicherung oder Gefahr für rechtsstaatliche Planung? = www. http://www.daniel-lewin.de/doc/mediation_rdf.pdf, Zugriff am 13.07.2003
- http://www.mediation-flughafen.de, Zugriff am 13.07.2003
- http://www.fluglaerm.de/bvf/pk0009frankfurt.html, Zugriff am 13.07.2003
- http://www.ausbau.flughafen-frankfurt.com/online/im_konsens/de/jsp/konsens_mediationsverfahren.jsp, Zugriff am 13.07.2003
- Quote paper
- Adrian Hoos (Author), 2003, Bürgerbeteiligung in Planungsverfahren: Moderation - Mediation - Planungszelle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109346