Wie unabhängig ist unser Parlament wirklich? Diese brisante Frage steht im Zentrum dieser aufschlussreichen Analyse des Deutschen Bundestages. Entgegen der im Grundgesetz verankerten Vorstellung einer klaren Gewaltenteilung, die dem Bundestag eine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung zuweist, offenbart diese Untersuchung eine komplexe Realität. Der Leser wird mitgenommen auf eine Reise durch das politische System der BRD, beginnend mit der formalen Stellung des Bundestages als Staatsorgan, über seine Wahl-, Legislativ- und Artikulationsfunktionen, bis hin zur alles entscheidenden Kontrollfunktion. Doch wie sieht diese Kontrolle in der politischen Tagesordnung tatsächlich aus? Regierungsmehrheit und Fraktionsdisziplin scheinen die Autonomie des einzelnen Abgeordneten und somit die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments erheblich einzuschränken. Kann die Opposition, trotz ihrer Minderheit, eine wirksame Kontrollinstanz darstellen? Die Analyse beleuchtet die Kontrollinstrumente des Parlaments, von Petitionsrechten und Untersuchungsausschüssen bis hin zum konstruktiven Misstrauensvotum, und zeigt auf, inwiefern diese im politischen Alltag tatsächlich greifen. Das Augenmerk liegt besonders auf dem Spannungsfeld zwischen Verfassungsfiktion und Verfassungswirklichkeit. Es wird untersucht, ob die Gewaltenteilung, wie sie ursprünglich gedacht war, noch zeitgemäß ist oder ob ein "neues Gewaltenteilungskonzept" zwischen Regierungsmehrheit und Opposition die politische Landschaft prägt. Abschließend wird erörtert, inwieweit der Bundestag als autonomes Staatsorgan agiert und ob die parlamentarische Minderheit tatsächlich die Regierung kontrollieren kann. Diese Arbeit ist ein Muss für jeden, der die Funktionsweise unserer Demokratie kritisch hinterfragen und ein tieferes Verständnis für die Machtverhältnisse im politischen Berlin entwickeln möchte. Ein spannender Einblick in die Mechanismen der Macht, der zum Nachdenken anregt und die Bedeutung einer wachsamen Zivilgesellschaft unterstreicht. Erfahren Sie mehr über die subtilen Kräfte, die unsere politische Landschaft formen und die Rolle des Bundestages in diesem komplexen Gefüge.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I Die Stellung des Bundestags im politischen System
1.1 Die Bundestag als Staatsorgan
1.2 Kontrollinstrumente des Parlaments
II Der Bundestag in der Tagespolitik
2.1 Regierungsmehrheit und Fraktionsdisziplin
2.2 Kontrollinstrumente der Opposition
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Im Rahmen dieser Abhandlung soll geklärt werden, ob der Bundestag ein autonomes Staatsorgan ist und als Kontrolleur der Regierung fungiert. Wenn man einen Blick ins Grundgesetz wirft, spricht vieles dafür, doch im Grundgesetz findet man auch keine Begriffe wie Regierungsmehrheit, Fraktionsdisziplin oder Opposition.
Verfolgt man hingegen die Äußerungen der Regierungs- und Fraktionssprecher, oder die politische Berichterstattung, so fallen derlei Begriffe wesentlich häufiger.
Zunächst wird also die formale Position des Bundestags im politischen System der BRD bestimmt, anschließend wird versucht diese verfassungsrechtliche Stellung auf ihren Bestand im politischen Alltag hin zu überprüfen. Der offensichtlich werdende Widerspruch zwischen Verfassungsfiktion und Verfassungsrealität, im Bezug auf das Verhältnis von Parlament und Regierung, muss jedoch kein Abgesang auf die Gewaltenteilung an sich sein. Wo die Trennlinie der Gewalten in der Realität verläuft und wie Kontrolle tatsächlich stattfindet, soll abschließend erörtert werden.
I Die Stellung des Bundestags im politischen System
1.1 Der Bundestag als Staatsorgan
Die Mitglieder des Bundestags werden in geheimer und direkter Wahl vom Volk bestimmt und sind nicht an Weisungen gebunden (Art. 38 Abs. 1). Sie sind an der Wahl aller weiteren bundesstaatlichen Organe beteiligt (Wahlfunktion), in den Gesetzgebungsprozess integriert (Legislativfunktion) und sollen die politischen und gesellschaftlichen Ansichten der Bevölkerung widerspiegeln (Artikulationsfunktion). Durch die direkte Legitimation vom Volk und seinen Einfluss auf alle weiteren Staatsorgane sowie die Gesetzgebung nimmt der Bundestag eine zentrale Position im politischen System der BRD ein.[1] Hinsichtlich des Untersuchungsgegenstands ist jedoch die Kontrollfunktion des Parlaments von besonderer Bedeutung.
Der Bundestag soll das Regierungshandeln, im Sinne der Gewaltenteilung, kontrollieren. Die Gewaltenteilung ist das „Konzept zur Anordnung von Institutionen und deren Funktionen mit dem Ziel den Missbrauch staatl. Gewalt zu verhindern“.[2] Das so genannte “klassische Gewaltenteilungskonzept“[3] geht auf Montesquieus Unterscheidung der drei Staatsfunktionen (Legislative, Exekutive, Judikative) zurück und wurde 1949 vom Parlamentarischen Rat im Grundgesetz der BRD verankert:
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ (Art.20 Abs.2 GG)
Formal gesehen ist also der Bundestag als Ganzes ein Legislativ-Organ und soll dem Exekutiv-Organ Bundesregierung kontrollierend gegenüber stehen.
1.2 Kontrollinstrumente des Parlaments
Um seine Kontrollfunktion ausüben zu können wurden dem Parlament einige Instrumente zugedacht. Der Bundestag selbst ist vollkommen autonom, keiner externen Kontrolle unterworfen und gibt sich gemäß Artikel 40 Absatz 1 GG eine eigene Geschäftsordnung. Das Parlament kann die Regierung zur Stellungnahme zwingen, dieses Petitionsrecht geht auf die Artikel 17, 17a u. 45c GG zurück und ist in der Geschäftsordnung genauer festgelegt. Man findet dort unter anderem die einzelnen Petitionsrechte (§100-106 - kleine Anfrage, große Anfrage, mündliche Anfrage = Fragestunde, Aktuelle Stunde, Regierungsbefragung) und nähere Bestimmungen zum verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Petitionsausschuss (§108-112). Zudem gibt es noch die vorgeschriebenen Ausschüsse für Angelegenheiten der EU und Auswärtige Angelegenheiten sowie den Ausschuss für Verteidigung (Art. 45; 45a; 45c GG).
Laut Grundgesetz hat der Bundestag das Recht die Anwesenheit der Mitglieder der Bundesregierung einzufordern (Art. 43 Abs. 1 GG), des Weiteren kann er auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder Untersuchungsausschüsse einsetzen (Art. 44 Abs.1 GG). Ein Untersuchungsausschuss verfährt strafrechtlich, er kann Zeugen und Sachverständige vernehmen und weiterführende Ermittlungen durch Gerichte und Verwaltungsbehörden einleiten. Der Verteidigungsausschuss kann ebenfalls, insofern mindestens ein Viertel seiner Mitglieder dies beschließt, als Untersuchungsausschuss in Sachen der Landesverteidigung aktiv werden.
Das bedeutendste Instrument des Parlaments ist jedoch das konstruktive Misstrauensvotum (Art. 67 GG). Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Misstrauen aussprechen, allerdings nur, indem er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt, deshalb nennt es sich auch konstruktives Misstrauensvotum.
Einzelnen Regierungsmitgliedern kann das Parlament nicht das Misstrauen aussprechen, es kann allerdings Entlassungsanträge stellen, welche für den Bundeskanzler jedoch nicht bindend sind.
II Der Bundestag im politischen Alltag
2.1 Regierungsmehrheit und Fraktionsdisziplin
Die Bundestagsmitglieder sind verfassungsrechtlich gesehen „Vertreter des Ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ (Art.38 Abs.1 Satz 2 GG) und „dementsprechend sollten die Parteien nur “bei der politischen Willensbildung des Volkes“ mitwirken (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG), was zugleich auch bedeutet: nicht bei der politischen Willensbildung des Staates “[4], beziehungsweise des Staatsorgans Bundestag.
In der Realität wäre das Parlament jedoch nahezu entscheidungsunfähig, wenn jeder Abgeordnete nur seinem Gewissen folgen würde ohne sich abzusprechen: „Ausschlaggebend für die Handlungsfähigkeit des Parlaments wird daher dessen Gliederung in Fraktionen bzw. Gruppen als parlamentarische Handlungseinheiten, sichtbar darin, dass sie zumindest geschlossen abstimmen (Fraktionsdisziplin)“[5]
Es mag zwar innerhalb der Fraktionen bzw. Parteien zu manchem Thema durchaus Dissens herrschen, doch wird dieser meist intern ausgetragen. In den öffentlichen Plenarsitzungen und gegenüber den Medien wird Geschlossenheit demonstriert.[6]
Da der Bundeskanzler vom Parlament gewählt wird, hat die Fraktion der Regierungspartei, bzw. haben die Fraktionen der Regierungskoalition, zwangsläufig die Mehrheit im Bundestag inne. Diese Mehrheit wird als Regierungsmehrheit bezeichnet und führt das “klassische Gewaltenteilungskonzept“ (Art.20 Abs.2 GG) ad absurdum, denn „die demokratische Mehrheitsregel erlaubt es, dass eine bloße Mehrheitsgruppierung im Parlament – faktisch die jeweilige Regierungskoalition – über die Beschlussfassung des Parlaments insgesamt (des Parlaments als Staatsorgan) entscheidet.“[7] Die Regierungsmehrheit ist an die Bundesregierung gebunden und steht der Opposition gegenüber, die Gewaltenteilung findet also in der Realität nicht zwischen Parlament und Regierung sondern allenfalls im Parlament selbst statt.
Der Politikwissenschaftler Eberhard Schütt-Wetschky spricht hier von einem “neuen Gewaltenteilungskonzept“ und unterscheidet zwischen inhaltlicher und staatsrechtlicher Gewaltenteilung. Während die “klassische Gewaltenteilung“ formal besteht, sei sie materiell gescheitert. Die “neue Gewaltenteilung“ findet nicht zwischen den Staatsorganen Bundestag und Bundesregierung statt, sondern zwischen Regierungsmehrheit und Opposition. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um Gewaltenteilung im herkömmlichen Sinne, sondern um politische Kontrolle.[8] Die Regierungsmehrheit kann aus offensichtlichen Gründen die Kontrollfunktion nicht wahrnehmen, denn Kontrolle kann nur stattfinden, wenn divergierende Interessen vorhanden sind.[9]
Nun gilt es zu prüfen, inwieweit eine Kontrolle durch die Opposition stattfinden kann um, hinsichtlich der Fragestellung, abschließend zu klären, ob zumindest Teile des Parlaments als Kontrolleur der Regierung agieren.
2.2 Kontrollinstrumente der Opposition
Die Opposition stellt die politische Alternative zur Regierung dar und hat, trotz ihrer Minderheit im Parlament, auch rechtliche Mittel, mit denen sie Kontrolle ausüben kann.
Das Grundgesetz ermöglicht der parlamentarischen Minderheit anhand einiger Vorschriften von der Mehrheitsregel (Art 42 Abs. 2 GG) abzuweichen. So kann beispielsweise auf Antrag eines Drittels der Bundestagsmitglieder eine Sitzung erzwungen werden (Art. 39 Abs. 3 GG) und auf Antrag eines Viertels der Mitglieder, wie bereits oben angeführt, ein Untersuchungsausschuss konstituiert werden (Art. 44 Abs. 1 GG). Alle Ausschüsse, so auch der Untersuchungsausschuss, werden jedoch den Mehrheitsverhältnissen des Bundestags entsprechend aus Vertretern des Parlaments gebildet und sind somit ebenfalls in Interessengruppen gegliedert. Allerdings kann die Opposition durch einen Untersuchungsausschuss die öffentliche Aufmerksamkeit auf politische Themen oder Missstände lenken. Durch die Petitionsrechte können ebenfalls Themen aufgegriffen und vertieft, bzw. in den Vordergrund gerückt werden.
Die einzige Möglichkeit einer rechtlichen Kontrolle bietet der “Gang nach Karlsruhe“ [10] (Art. 93 Abs. 1 GG). So können auf Beschluss eines Drittels des Parlaments bereits in Kraft getretene Bundesgesetze dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt und auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüft werden (abstrakte Normenkontrolle). Eine weitere Möglichkeit stellt das Organstreitverfahren dar, dieses kann sogar von einzelnen Abgeordneten erwirkt werden um zu überprüfen, „ob ein Verfassungsorgan sich im Rahmen der ihm vom Grundgesetz zugewiesenen Kompetenzen bewegt oder ob es durch eine Maßnahme den Antragsteller in seinen Kompetenzen verletzt oder unmittelbar gefährdet.“[11]
Die parlamentarische Minderheit kann die Bundesregierung also politisch unter Druck setzen, ihr Handeln öffentlich machen bzw. öffentlich kritisieren und ihre Gesetzgebung vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Ähnlich wie die parlamentarische Mehrheit, welche mit der Regierung zusammenwirkt, kann die Opposition zudem von “befreundeten“ Landesregierungen Unterstützung bei der Artikulation ihrer Kritik oder gar beim “Gang nach Karlsruhe“ erhalten.
Fazit
Besteht ein Unterschied zwischen Verfassungsfiktion und Verfassungswirklichkeit im Verhältnis von Parlament und Regierung? Diese Frage muss abschließend eindeutig mit ja beantwortet werden, doch „die rechtliche Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung ist Voraussetzung für die Teilung der politischen Macht zwischen Mehrheit und Minderheit“[12]. Die “neue Gewaltenteilung“ basiert also auf der rechtlichen Grundlage der “klassischen Gewaltenteilung“ und ist auf diese angewiesen.
Der Bundestag als Ganzes fungiert zwar nicht als Kontrolleur der Regierung, doch die parlamentarische Minderheit erfüllt diese Aufgabe. Sie kann ihre vermeintliche Ohnmacht in letzter Konsequenz durch den “Gang nach Karlsruhe“ kompensieren und schon durch die Androhung Druck auf die Regierung ausüben.[13]
Die Kontrolle der Regierung findet in der Realität nicht über die eigentliche Kontrollfunktion des Parlaments statt, sondern über die Artikulationsfunktion. Kontroverse Inhalte werden thematisiert und über die Medien transportiert, Konflikte werden weit über die Parlamentsgrenzen hinaus in der Öffentlichkeit ausgetragen und die normative Kontrolle findet durch den Bundesrat, das Bundesverfassungsgericht und vor allem an der Wahlurne statt.
Literaturverzeichnis
Nohlen, D. / Schultze, R.-O.: Lexikon der Politikwissenschaft / Band 1 A-M, München 2002
Rudzio, W.: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, 6.Auflage, Opladen 2003
Schütt-Weschky, E.: Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive?, APuZ B28/2000
Sontheimer, K. / Bleek, W.: Grundzüge des politischen Systems der BRD, 9.Auflage, München 1997
Steffani, W.: Gewaltenteilung und Parteien im Wandel, Opladen 1997
Stüwe, K.: Das Bundesverfassungsgericht als verlängerter Arm der Opposition?, APuZ B28/2000
[...]
[1] Vgl. Rudzio,W.: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland, 6. Auflage, Opladen 2003, S. 235
[2] Schütmeyer, S.S. in Nohlen, D. / Schultze, R.-O.: Lexikon der Politikwissenschaft / Band 1 A-M, München 2002, S. 282
[3] Vgl. Steffani, W.: Gewaltenteilung und Parteien im Wandel, Opladen 1997, S. 38
[4] Schütt-Weschky,E.: Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive?, APuZ B28/2000, S. 5-14 / hier S. 7
[5] Rudzio,W. , Opladen 2003 S. 249-250
[6] Vgl. Schütt-Weschky,E., APuZ B28/2000, S. 5-14 / hier S. 8
[7] Ebd. S. 9
[8] Ebd. S.12
[9] Vgl. Sontheimer, K./Bleek, W.:Grundzüge des politischen Systems der BRD, 9.Auflage, München 1997, S.284
[10] Vgl. Stüwe,K.: Das Bundesverfassungsgericht als verlängerter Arm der Opposition?, APuZ B28/2000, S. 18-28 / hier S. 20
[11] Ebd. S. 20
[12] Schütt-Weschky,E., APuZ B28/2000, S. 5-14 / hier S. 11
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Hauptthema dieser Abhandlung über den Bundestag?
Die Abhandlung untersucht, ob der Bundestag ein autonomes Staatsorgan ist und seine Rolle als Kontrolleur der Regierung wahrnimmt. Sie analysiert die formale Position des Bundestags im politischen System der BRD und vergleicht diese mit seiner tatsächlichen Rolle im politischen Alltag.
Welche Kontrollinstrumente des Parlaments werden im Text erwähnt?
Der Text nennt verschiedene Instrumente, darunter das Petitionsrecht, Untersuchungsausschüsse, das konstruktive Misstrauensvotum, sowie die Möglichkeit der Ausschüsse (EU, Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung). Außerdem wird das Recht des Bundestags erwähnt, die Anwesenheit von Regierungsmitgliedern einzufordern.
Was bedeutet "Regierungsmehrheit" und welche Rolle spielt sie?
Die Regierungsmehrheit bezieht sich auf die Fraktion der Regierungspartei oder die Fraktionen der Regierungskoalition, die die Mehrheit im Bundestag haben. Diese Mehrheit ist an die Bundesregierung gebunden, was die klassische Gewaltenteilung in Frage stellt, da sie faktisch die Entscheidungen des Parlaments bestimmt.
Wie wird die Rolle der Opposition im Bundestag beschrieben?
Die Opposition stellt die politische Alternative zur Regierung dar und verfügt über rechtliche Mittel zur Kontrolle, trotz ihrer Minderheit im Parlament. Diese Mittel umfassen das Erwirken von Sitzungen, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, das Petitionsrecht und die Möglichkeit, Gesetze vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen (abstrakte Normenkontrolle, Organstreitverfahren).
Was ist das "konstruktive Misstrauensvotum"?
Das konstruktive Misstrauensvotum ist ein Instrument, mit dem der Bundestag dem Bundeskanzler das Misstrauen aussprechen kann, allerdings nur, indem er gleichzeitig mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt.
Was ist die "neue Gewaltenteilung", von der Eberhard Schütt-Wetschky spricht?
Schütt-Wetschky unterscheidet zwischen inhaltlicher und staatsrechtlicher Gewaltenteilung. Er argumentiert, dass die klassische Gewaltenteilung zwar formal besteht, aber materiell gescheitert ist. Die "neue Gewaltenteilung" findet nicht zwischen Bundestag und Bundesregierung statt, sondern zwischen Regierungsmehrheit und Opposition und ist eher politische Kontrolle als Gewaltenteilung im herkömmlichen Sinne.
Was bedeutet der "Gang nach Karlsruhe" im Kontext der parlamentarischen Kontrolle?
Der "Gang nach Karlsruhe" bezieht sich auf die Möglichkeit der Opposition, auf Beschluss eines Drittels des Parlaments bereits in Kraft getretene Bundesgesetze dem Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung auf ihre Verfassungsmäßigkeit vorzulegen (abstrakte Normenkontrolle). Dies dient als rechtliche Kontrollmöglichkeit.
Welche Schlussfolgerung zieht die Abhandlung bezüglich der Verfassungswirklichkeit und der Kontrollfunktion des Bundestags?
Die Abhandlung kommt zu dem Schluss, dass es einen Unterschied zwischen Verfassungsfiktion und Verfassungswirklichkeit im Verhältnis von Parlament und Regierung gibt. Der Bundestag als Ganzes fungiert nicht als Kontrolleur der Regierung, aber die parlamentarische Minderheit (die Opposition) erfüllt diese Aufgabe, insbesondere durch die Artikulationsfunktion und die Möglichkeit des "Gangs nach Karlsruhe".
Was wird über die Rolle der Parteien gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes im Text gesagt?
Gemäß Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 GG sollen die Parteien nur „bei der politischen Willensbildung des Volkes“ mitwirken, was zugleich auch bedeutet: nicht bei der politischen Willensbildung des Staates “, beziehungsweise des Staatsorgans Bundestag. Dies steht im Gegensatz zur faktischen Bedeutung von Fraktionen und Fraktionsdisziplin.
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- Uwe Brüning (Autor:in), 2003, Der Bundestag - Kontrolleur der Regierung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108879