Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Basale Stimulation - Entstehung und Erklärung
2.1. Grundlagen der Basalen Stimulation
2.2. Methoden der Basalen Stimulation
2.3. Grundvoraussetzungen zur Anwendung von Basaler Stimulation
3. Übertragung des Konzeptes in die Pflege und Betreuung Erwachsener
3.1. Ziele der Basalen Stimulation in der Erwachsenenpflege
3.2. Methoden der Basalen Stimulation in der Pflege
3.2.1. Essen als Basale Stimulation bei demenzerkrankten Menschen
3.3. Zielformulierung Essen als Basale Stimulation
3.3.1. Stimulierung des oralen Wahrnehmungssinnes = orale Wahrnehmung
4. Nahrungs- und Flüssigkeitsablehnung
4.1. Getränke und Animation
4.1.1. Geeignete Getränke im Alter
4.1.2. Trinkplan
5. Entwurf einer Essbiografie
5.1. Beobachtung während der Essensaufnahme
5.2. Essen anreichen in der Praxis
5.3. Fingerfood
6. Transfer der Theorie in die Praxis
7. Reflektion
Teil 1: Simone Laudage
1. Einleitung
Essen als Grundbedürfnis dient im Wesentlichen der Selbsterhaltung und bietet Raum für soziales Miteinander. Es ist aber auch zugleich für Menschen, die nicht mehr alleine essen können als auch für Pflegende und Betreuende eine alltägliche Handlung, die oft nur als bloße Nahrungsaufnahme gesehen wird. In der Regel wird mangels Zeit, dem Bewohner, der nicht mehr alleine isst, das Essen gereicht, drei mal täglich, der passierte Einheitsbrei wird noch schön auf dem Teller durcheinander gerührt, Mund auf- Löffel rein. Wer in der Pflege und Betreuung alter, demenzerkrankter Menschen kennt nicht die Szenarien des oftmals quälenden „Essen-Reichens“, den Zeitdruck, das schlechte Gewissen, wenn das Essen „hineingestopft“ wurde und Menschen, die das Essen und trinken verweigern. Oft ist die letzte Rettung die Sondenkost. Wem das Essen gereicht wird, wird es eben immer gereicht. Wer Sondenkost erhält, dem wird meist kein Nahrungsangebot mehr gemacht. Durch die alltägliche Routine, mangelnde Reflektion der Arbeit sowie fehlende Kenntnisse über demenzerkrankte Menschen wird ihnen oft auch noch das letzte bisschen an Eigenständigkeit, nämlich das selbständige Essen, genommen.
In der vorliegenden Arbeit geht es um die Darstellung und das Aufzeigen von Alternativen des Essens als bloße Nahrungsaufnahme bei demenzerkrankten Menschen. Im ersten Teil wird das Thema Basale Stimulation theoretisch aufgearbeitet. Im zweiten Teil folgen konkrete Methoden und Arbeitshilfen zum Thema Essen als Basale Stimulation. Abschließend folgt eine gemeinsame Reflektion.
2. Basale Stimulation - Entstehung und Erklärung
Zunächst soll der Begriff Basale Stimulation als solches definiert werden. „BASAL“ leitet sich vom Wort Basis ab, Basis bedeutet Grundlage, auf der man aufbauen kann.
„STIMULATION“ kommt von stimulieren und bedeutet anregen, reizen.
Allgemein beschrieben versteht man unter Basaler Stimulation die gezielte und systematische Förderung oder Stimulierung der Wahrnehmung und Kommunikation auf einer elementaren (einfachen) Ebene.
Das Konzept der Basalen Stimulation wurde in den 70er Jahren von Andreas Fröhlich entwickelt. In seiner Arbeit mit schwerstbehinderten Kindern hat sich die „Methode“ als eine Möglichkeit zur Förderung dieses Personenkreises etabliert. Bis dahin waren sie in Pflegeeinrichtungen als „ Dauerpflegefälle“ abgeschrieben, oder wurden von den Eltern zu Hause versorgt und verbrachten die meisten Tage im Bett. Therapeutische und pädagogische Angebote lagen kaum vor oder schienen zu versagen. Man gestand schwerstbehinderten Menschen keine Entwicklungsmöglichkeiten zu.
Fröhlichs Konzept zielt auf Menschen mit schwersten Wahrnehmungsstörungen und Behinderungen ab, die durch ihren Mangel an Eigenaktivität im erheblichen Maße eingeschränkt sind.
„Basale Stimulation will den Mangel an Eigenerfahrung, Eigenbewegung und Auseinandersetzung mit der Umwelt kompensieren“.[1]
Fröhlich war der Überzeugung, dass auch schwerstbehinderte Kinder erlebnis- und wahrnehmungsfähig sind, dass sie auch über psychosoziale Kompetenzen verfügen - auch wenn Außenstehende es kaum registrieren können. Die Bedürfnisse nach Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation sind elementar und können von schwerstbehinderten Kindern nicht selbständig erfüllt werden. „Die Konsequenzen dieser sensorischen Deprivation können für die Betroffenen zusätzliche Wahrnehmungsstörungen und psychosoziale Isolation mit allen Formen des Hospitalismus bedeuten“.[2]
Die Entdeckung, dass diese Kinder wahrnehmungs- und somit auch kommunikationsfähig sind, erforderte eine Anpassung an deren Fähigkeiten. Die gemeinsame Form der Kommunikation muss demnach Elemente enthalten, die den Kindern bekannt sind. Fröhlich hat mit seinem entwicklungsorientierten Ansatz voraussetzungslose Wahrnehmungserfahrungen angeboten, die an vorgeburtliche Erfahrungen anknüpfen.[3]
Somit versucht die Basale Stimulation, sich der Lebenssituation des kranken Menschen anzupassen und ihm dafür geeignete Wahrnehmungs-, Bewegungs- und Kommunikationsangebote zu machen. Das heißt, Basale Stimulation gibt Orientierung über den eigenen Körper und bietet Gelegenheit, vorhandene Fähigkeiten zu entdecken.
Folgende Aussagen beschreiben abschließend die elementarsten Züge des Konzeptes:
„Die Basale Stimulation wuchs immer mehr zur Grundidee der zwischenmenschlichen Beziehungen. Vom betreffenden Menschen ausgehend wird versucht, eine Nähe herzustellen, die es erlaubt, miteinander in Verbindung zu treten. Erst wenn eine Grundgemeinsamkeit gefunden ist, macht es Sinn, sich über die weitere Förderung und Entwicklung Gedanken zu machen.“[4]
„Über den Körper kann eine ganzheitliche Vermittlung von Erfahrungen und Eindrücken in Gang gesetzt werden. Diese Körperlichkeit ist gemeinsame Ausgangsbasis. Daher leitet sich auch der Begriff des Bestandteils „basal“ ab.“[5]
In den 80er Jahren wurde das Konzept von Christel Bienstein und Andreas Fröhlich weiterentwickelt und in die Krankenpflege übertragen. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es auch bei wahrnehmungsgestörten Erwachsenen Anwendung finden kann.
Grundlagen der Basalen Stimulation
Die Grundlage der Basalen Stimulation ist die Wahrnehmung. Wahrnehmung ist der Prozess der Informationsaufnahme über die Sinnesorgane aus der Umwelt und aus dem Körperinneren. Über Augen, Ohren und Haut werden Reize aus der Außenwelt aufgenommen, kodiert und dann in bedeutungs- und sinnvolle Wahrnehmung umgewandelt. Erst die Herstellung von sinnvollen Zusammenhängen und die unmittelbare Verknüpfung mit Erinnertem machen den Kern der Wahrnehmung aus.
Die Entwicklung der Wahrnehmung beginnt pränatal ab der 12. Schwangerschaftswoche. Die ersten drei Hauptwahrnehmungsbereiche sind:
1. Der vestibuläre Bereich: damit ist die Wahrnehmung über das Gleichgewichtsorgan gemeint. Er gibt Auskunft über Orientierung und Lage im Raum, nimmt Bewegungen wahr und dient unserem Gleichgewicht.
2. Der vibratorische Bereich: damit ist die Wahrnehmung von Schwingungen über das „intrauterine Hören“ gemeint. Dieses „ Hören „ist eher im Sinne von Fühlen zu verstehen. Dabei werden Schallwellen vom gesamten Körper des Kindes wahrgenommen. Durch den Herzschlag der Mutter, Darmgeräusche, Stimmen von außen und Musik wird dem Ungeborenen eine dauernde vibratorisch-auditive Umgebung vermittelt. Alles was hörbar ist, wird in Form von Schwingungen dem Kind mitgeteilt.
3. Der somatische Bereich: damit ist die Wahrnehmungsmöglichkeit über die der Haut und Muskulatur gemeint. Der Körper selbst nimmt sich und seine Bewegung sowie all das, was ihn berührt, wahr. Die Haut bildet unser größtes Wahrnehmungsorgan und stellt möglicherweise die wichtigste Kontaktstelle zur Außenwelt dar.
In der weiteren Entwicklung der Wahrnehmung bilden sich später die Feinsinne wie die orale, olfaktorische, akustische, auditive, taktil-haptische und visuelle Wahrnehmung.
Bereits ab der 2o. Schwangerschaftswoche ist das Gleichgewichtsorgan voll entwickelt und das Baby ist in der Lage, seine Position im Raum zu erkennen. Ebenso ist es in der Lage, Geräusche von außen wahrzunehmen und zu unterscheiden. Das Baby beginnt, Fruchtwasser zu trinken und zu schmecken, der Schluckreflex funktioniert. So bilden sich nach und nach bis zur Geburt die Feinsinne noch im Mutterleib heraus. Das bedeutet, die Grundbausteine zur Wahrnehmung sind gelegt und jeder Mensch macht diese Sinneserfahrungen schon vor seiner Geburt.
Ausgehend von der oben beschriebenen Wahrnehmungsentwicklung hat Fröhlich Methoden erarbeitet, die diese pränatalen Erfahrungen aufgreifen, um so mit wahrnehmungsgestörten Kindern zu arbeiten. Die Möglichkeit für diese Kinder, mit sich und der Außenwelt in Kontakt zu treten, kann durch die Basale Stimulation erreicht werden.
Methoden der Basalen Stimulation
Fröhlich beschreibt sein Konzept folgendermaßen: „Unter Basaler Stimulation sollen Methoden einer intensiven und ganzheitlichen Förderung schwer- und schwerstbehinderter Menschen verstanden werden. Diese Methoden orientieren sich an humanen Grundprinzipien, d.h. an Lebenszusammenhängen, die für alle Menschen als gültig postuliert werden. Durch einfachste, gewissermaßen „voraussetzungslose“, sensorische Angebote versucht man dem betreffenden Menschen zu helfen, sich selbst und den eigenen Körper zu entdecken“.
„ Durch Basale Stimulation wird versucht, die gesamte Wahrnehmung des betreffenden Menschen anzuregen und zu orientieren“. Die Basale Stimulation bietet Angebote, die wie folgt differenziert werden können:
Die grundlegende Anregung bezieht sich auf den somatischen, vestibulären und vibratorischen Bereich.
Dazu einige Beispiele:
Somatische Anregungen - das Waschen streicheln, massieren des Körpers, durch verschiedenen Druck, verschiedene Bewegungsrichtungen, Temperaturunterschiede, unterschiedliche Materialien.
Vestibuläre Anregungen - durch Schaukelbewegungen, Drehungen, Auf- und Abbewegungen können langsam zur Beruhigung oder zügig zur Belebung eingesetzt werden.
Vibratorische Anregung - dabei wird mittels geeigneter Geräte wie z.B. Kinderspielzeuge mit vibrierendem Charakter das Skelett des Kindes stimuliert.
Dabei beginnt man zunächst körperfern. Eine weitere Möglichkeit, die nicht so befremdlich ist, ist die, man legt die Hand des Kindes auf den Brustkorb des Betreuers. Beim Sprechen des Betreuers spürt es ebenfalls Vibrationen.
Weiterführende Stimulationen beziehen sich auf den auditiven, oralen, taktil-haptischen, visuellen und olfaktorischen Bereich.
Dazu folgende Beispiele:
Auditive Stimulation - gezielt eingesetzte Musik, Geräusche aus der Natur oder dem Alltag.
Visuelle Stimulation - einsetzen von Bildern, Alltagsgegenständen, Farben, Hell und Dunkel
Orale und olfaktorische Stimulation - arbeiten mit verschiedenen Düften und Geschmacksrichtungen wie z.B. süß- sauer.
Taktil-haptische Stimulation - arbeiten mit Gegenständen unterschiedlichster Beschaffenheit, z.B. Naturmaterialien, Plastik oder Metall, weiches und hartes u.s.w.
2.3. Grundvoraussetzungen zur Anwendung von Basaler Stimulation
Eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen ist die Philosophie, die hinter diesem Konzept steckt, nämlich, dass Basale Stimulation keine Methode und keine neue „Technik“ ist. Sie versteht sich als ein Konzept, welches offen ist für Veränderungen, Weiterentwicklungen, Analysen und neue Ideen. Dieses Konzept soll darüber hinaus die Basis für die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Zusammenhang mit dem sozialen Umfeld des Patienten bilden. Basale Stimulation versteht sich als Förderansatz, der auf die individuellen Möglichkeiten eines Menschen setzt.[6]
Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Umwelt sich auf den beeinträchtigten Menschen zu bewegt und sich der Annäherungs- und Kommunikations-Möglichkeiten bedient, die dem Betroffenen zur Verfügung stehen.
Weitere Voraussetzungen sind:
- Fachkompetenz
- Geschulte Wahrnehmung
- Kooperation mit allen an der Therapie beteiligten
- Wissen um persönliche Fähigkeiten und Grenzen
- Aufbau und Erhalt einer individuellen Beziehung zum Patienten
- Berücksichtigung der Biografie und Wahrnehmungssituation des Patienten[7]
3. Übertragung des Konzeptes in die Pflege und Betreuung Erwachsener
Im Zuge der weiteren Entwicklung des Konzeptes in den 80er Jahren bietet das Konzept nun die Möglichkeit, allen Menschen, die in ihrer Fähigkeit zur Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation, zu sozialen Beziehungen und zum Sprachgebrauch eingeschränkt sind, neu zu begegnen. Dazu gehören unter anderem:
Bewusstlose, Beatmete, Desorientierte, Sterbende, Menschen mit Morbus Alzheimer, stark in ihrer Beweglichkeit eingeschränkte Menschen.
Gemeinsam ist den verschiedenen Altersgruppen, bei denen die Basale Stimulation angewendet wird, dass sie in fast allen Bereichen mit den oben genannten Einschränkungen zu kämpfen haben.
Ziele der Basalen Stimulation in der Erwachsenenpflege
In der Basalen Stimulation geht es nicht um Defizite, sondern um die Förderung positiver Möglichkeiten eines Menschen. Deswegen ist sie nicht als Behandlung gedacht. Sie soll als Möglichkeit genutzt werden, sich auf die individuelle und aktuelle Lebenssituation des jeweiligen Patienten einzustellen, um ihm dafür geeignete Wahrnehmungs-, Bewegungs- und Kommunikationsangebote zu machen bzw. sie mit ihm zu erarbeiten.
Patienten befinden sich aufgrund ihrer schweren Behinderung oftmals in einer subjektiv schwierigen Situation, die durch Angst, Unsicherheit, und Gefühle der Hoffnungslosigkeit geprägt ist. Basale Stimulation kann dazu dienen, eine Orientierung über den eigenen Körper und seine vorhandenen Möglichkeiten zu geben.
Ziel soll dabei sein, dass die Pflegenden nicht nur „Ausführende“ sind, sondern das sie die Beziehung zu ihren Patienten planen und gestalten. Dabei gewinnt der Aspekt der Beziehung eine besondere Bedeutung.[8]
Das heißt, man wählt eine Kommunikationsform, die der Patient wahrnehmen und verarbeiten kann, z.B. eine basal stimulierende Ganzkörperwaschung. Man begibt sich auf die Erlebnisebene des Patienten.
Man kommuniziert mit ihm auf einer elementaren Ebene, die sich auf folgende Inhalte bezieht: sich selbst erleben, die Grenzen des Körpers erspüren, eine Welt außerhalb des Körpers wahrnehmen, die Gegenwart eines anderen erleben.[9]
Methoden der Basalen Stimulation in der Pflege
Basale Stimulation in der Pflege bietet verschiedene Möglichkeiten, um mit den Patienten zu kommunizieren und ihnen „Reize zuzuführen“. Dabei spielt die Biographie des Jeweiligen eine besondere Rolle. Alle Angebote konzentrieren sich auf elementarste Wahrnehmungskompetenzen, können aber durch umfassendes Wissen um den Patienten viel gezielter und effektiver genutzt werden. Biographische Informationen helfen bei der Auswahl von Reizangeboten (z.B. von auditiven). Denn erst wenn die eingesetzten Reize in enger Verbindung mit dem Leben des Patienten stehen, könne diese auch von ihm identifiziert werden.
Das heißt, die Angebote können, je mehr man von einem Menschen weiß, umso vielfältiger sein.
Die Berührung von Pflegenden und Patienten ist eine der intensivsten Möglichkeiten, um miteinander zu kommunizieren. Dazu gibt es z.B. folgende Methoden in der Basalen Stimulation:
- die beruhigende Ganzkörperwaschung
- die belebende Ganzkörperwaschung
- die basalstimulierende Waschung bei Hemiplegie
- die Atemstimulierende Einreibung [10]
Andere Möglichkeiten der Basalen Stimulation können über die anderen Sinnesorgane angeboten werden. Es kann mit verschiedenen Düften, Geschmacksrichtungen, optischen und akustischen Reizen gearbeitet werden. Wichtig ist, dass sie Alltagsnah sind und sich eng an der Biographie des Patienten orientieren.
3.2.1. Essen als Basale Stimulation bei demenzerkrankten Menschen
Die Mahlzeiten bieten in vielfältiger Weise Gelegenheit, sich einem demenzerkrankten Menschen auf sinnvolle Art zu widmen. Menschen, die ihre Selbstständigkeit auch beim Essen ganz oder teilweise verloren haben und oft an Appetitmangel leiden, können durch das Medium Essen, mittels Appell ihrer basalen Instinkte, stimuliert werden.
Durch verschiedene Vorgehensweisen können z.B. Appetit geweckt werden und vorhandene Ressourcen neu entdeckt werden. Die Frage, die sich stellt: „Wie versteht sich die Nahrungsaufnahme oder der Essensakt überhaupt als Basale Stimulation?“
Dazu folgende Erklärung: Der Ausgangspunkt, basal bedeutet Grundlage und bezieht sich auf die menschlichen Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken usw. ohne deren Erfüllung wir nicht überleben können.
Stimulation bedeutet Anregung und impliziert, was ein bestimmter Akt, in diesem Fall das Essen, in uns hervorrufen und reizen kann.
„Diese beiden Faktoren gehen Hand in Hand: das basale Bedürfnis, zu essen, stellt sich in regelmäßigen Abständen automatisch ein und muss gestillt werden. Die Stillung dieses Bedürfnisses wiederum ist mit Anregung gekoppelt, denn Essen fordert unsere Sinne und stimuliert somit unseren Geist.
Der Akt des Essens kann und soll Erinnerungen wachrufen.“[11]
Wenn man nun den Akt des Essens oder die Essensaufnahme auf das Konzept der Basalen Stimulation überträgt kann man hier deutliche Zielrichtungen formulieren. Basale Stimulation versucht, sich der Lebenssituation des Kranken anzupassen und bietet ihm geeignete Bewegungs- Kommunikations- und Wahrnehmungsangebote. All diese Bedürfnisse können mit der Essensaufnahme angesprochen werden.
3.3. Zielformulierung Essen als Basale Stimulation
Mögliche Ziele können sein:
- Die Essensaufnahme soll Erinnerungen wecken
- Essen als soziales Geschehen zwischen Betreuer und Bewohner
- Tagesstruktur ( Essensritual)
- Appetitanregung
- Förderung oder Wiederentdeckung von Ressourcen
- Bewegungsförderung - Anleiten zum selbständigen Essen
Je nach Einschränkungen der Bewohner muss individuell herausgefunden werden, wie und in welchem Maße die Förderung aussehen soll. Wie das im Einzelnen aussehen kann, wird im folgenden zweiten Teil der Arbeit beschrieben.
Teil 2: Christiane Zimmermann
3.3.1. Stimulierung des oralen Wahrnehmungssinnes = orale Wahrnehmung
Der Mund stellt die sensibelste und wahrnehmungsstärkste Körperzone des Menschen dar. Die Zungenspitze verfügt über ein Vielfaches an Wahrnehmungsfähigkeit im Vergleich zu den Fingerkuppen. Von der Neurophysiologie wissen wir, dass das orale Wahrnehmungsfeld zentral in der Mitte der Zunge liegt, wo das retikuläre System (feines netzartiges Gebilde, als aufsteigendes aktivierendes Retikularsystem, ist für die Wachheit zuständiges Teil des Systems) [12]
und durch das ZNS verbunden der Thalamus (zentrale Sammelstelle und Umschaltstelle für alle der Großhirnrinde zufließenden sensibelen-sensorischen Erregungen = „Tor zum Bewusstsein“) [13] , der Hypothalamus (unterhalb des Thalamus liegend zentralvenöse Region, Zentrum welches die wichtigsten Regulationsvorgänge des Organismus zusammen fassend leitet) [14] einwirken und die Mandelkerne liegen.
Dieses zusammen ist für unsere Wachheit zuständig. Die olfaktorischen (Olfaktus = Geruchssinn) Erfahrungen dringen direkt ins Limbische System (Alle Strukturen, die durch Faserbündel untereinander mit zahlreichen Hirnregionen verbunden sind .Das LS ist dem Hypothalamus direkt übergeordnete Zentrale des endokrinen > endokrin=mit innerer Sekretion< und vegetativ nervösen Regulationssystem) [15] vor und nehmen ebenfalls auf das Wachheitszentrum Einfluss.
Anhand dieser Aktivität des Mundes kann der Wachheitszustand eines Menschen beurteilt werden. Je müder der Mensch wird, desto geringer werden die Kaubewegungen.
Mit diesem Wissen gewinnt die orale Stimulation und das „Essen als Basale Stimulation“ an Wichtigkeit und Wert.
Essen stellt für den Menschen einen der zentralen Aktivitätsbereiche dar, der darüber hinaus aufs Engste mit Lust, Erleben, Anregung und natürlich auch mit zwischenmenschlicher Kommunikation verbunden ist. Essen dient aber nicht bloß dem Zweck der Selbsterhaltung, sondern ist auch ein sozialer Akt.
Im Bereich der geronto-psychiatrisch veränderten Menschen wird die Nahrungsaufnahme in manchen Fällen schwierig. Sie nehmen teilweise zu wenig Nahrung / Flüssigkeit zu sich oder verweigern häufig die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Dieses stellt dann in der Pflege und Betreuung dementiell veränderter Menschen ein Problem dar.
4. Nahrung- und Flüssigkeitsablehnung
Im Bereich der Nahrungs- und Flüssigkeitsablehnung ist für mich auch wichtig dieses zu ergründen.
Denn neben der falschen Essenswahl kann diese noch andere Gründe haben,
wie z. B.
- Schluck - Kaustörungen
- Störungen im Bereich der Riech- und Geschmacksempfindungen
- Psychiatrische Störungen à Halluzinationen, Wahn ect.
Diese sollten ärztlicherseits abgeklärt werden.
Das reduzierte Durstempfinden im Alter ist für die Flüssigkeitsaufnahme bestimmend und kann zu gesundheitlichen Auswirkungen führen.
Ein Flüssigkeitsdefizit kann zur Desorientiertheit, Schwindel, Schwäche, Antriebslosigkeit und vielem mehr führen. In den schlimmsten Fällen kann es zu Nieren / Kreislaufversagen kommen.
Auf der anderen Seite kann ein zu großes Durstgefühl auch ein Warnsignal auf eine eventuelle Diabeteserkrankung sein.
4.1 Getränke und Animation
Wenn das Trinken an sich zelebriert wird, eignet es sich besonders gut, die Heimbewohner zu stimulieren. So kann beispielsweise der Kaffee in dem Wohnbereich gekocht werden, damit die Heimbewohner morgens von seinem Geruch geweckt werden. Auch die Zubereitung von Tee kann durch seine Düfte zum gemeinsamen Beisammensein und Trinken animieren. Eine weitere Animation wäre das pressen von frischen Säften auf dem Wohnbereich. Auch die Errichtung einer kleinen Plauderecke mit Kaffee, Tee, Säften und Keksen, wo sich die Heimbewohner zurückziehen können, wäre nicht schlecht. Nahrung und Getränke müssen erkennbar und übersehbar angeboten werden, wenn wir der Vergesslichkeit ein Schnippchen schlagen wollen. Die Verwendung von unzerbrechlichem Geschirr, Trinkhilfen und aktives In – die – Hand geben sind mögliche Hilfen zur Selbsthilfe. Vermehrter Konsum von Früchten, Gemüsesorten stärken das Immunsystem und verhindern / verzögern Krankheiten im Alter.
4.1.1 Geeignete Getränke im Alter
Wasser ist das beste und billigste Getränk. Heute stehen uns verschiedene Sorten an Mineralwässern zur Verfügung. Auch das herkömmliche Leitungswasser wird ständig auf seine Schadstoffbelastung geprüft und kann in sehr vielen Teilen der BRD unbesorgt getrunken werden. Der Schad- und Keimgehalt kann bei den hiesigen Wasserwerken abgefragt werden. Wer Wasser ohne Geschmack nicht gerne trinkt, kann Zusätze wie Apfelsaft, Orangensaft, Vitaminsaft oder ähnliches zufügen.
Auf Diabetiker muss geachtet werden. Auch Kräuter- und Früchtetees oder Schwarztee und entkoffeinierter Kaffee stehen zur Verfügung. In der kalten Jahreszeit werden zwischenzeitlich auch Boullions und heiße Milch gerne genommen. Limonaden sind in großen Mengen eher ungeeignet.
4.1.2 Trinkplan
Täglich sollen 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit über den Tag verteilt getrunken werden. Eine Wasserflasche oder eine Kanne Tee kann an die Zufuhr von Flüssigkeit erinnern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieser Trinkplan umfasst eine Flüssigkeitszufuhr von 1.950 ml bis zu 2.250 ml und dient als optimale Flüssigkeitszufuhr pro Tag.
Des weiteren erscheint mir bei der Nahrungsablehnung wichtig herauszufinden, wird die Nahrung aus den voran genannten Gründen abgelehnt, oder wurde der Geschmack nicht getroffen?
Wie wir wissen, können hoch demente Menschen uns diese Frage kaum noch beantworten. Sie reagieren dann oftmals mit „Verweigerung“.
Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, wenn wir auf ein Hintergrundwissen, auf eine „Essbiografie“ zurückgreifen können, denn der Genuss der Nahrung hat seine eigene Biografie.
Wir, als Kinder, lernen die Speisen unserer Eltern zu lieben. In der Teenagerzeit wird dieses provokativ verneint. Dieses hat aber mit der Abnabelung von unserer Eltern- und Kindzeit und mit unserer eigenen Orientierung auf uns selbst zu tun. Man findet seine eigene Eßgewohnheit und seine eigene Beliebtheit an verschiedenen Gerichten. Dann, irgendwann, wenn wir unsere eigene Familie gründen, werden wir mit der Essbiografie des Ehepartners konfrontiert. Auch diese hat ihre eigene Vorgeschichte. Was aus dem Elternhaus mitgegeben wurde, wird über die Esspalette des Partners mit neuen Geschmäckern und Lebensmittel angereichert. Aus diesem neu zusammengesetzten Essverständnis heraus entsteht eine neue Elternhaus – Küche, die wiederum an die Kinder weitergegeben und auch von diesen erneut erweitert und verändert wird.
Diese Essbiografie reicht oft bis ins hohe Alter.
Im Rahmen einer dementiellen Erkrankung ist es daher wichtig, bei Nahrungsablehnung, diese Biografie zu kennen.
Diese kann man eventuell mit dem Heimbewohner selber, aber auch mit seinen Angehörigen erstellen.
5. Entwurf einer Essbiografie
Eine Essbiografie könnte so aussehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.1 Beobachtungen während der Nahrungsaufnahme
Die Punkte der Beobachtung dienen der Einschätzung auf Reaktionen des Heimbewohners und können uns Informationen über das Essverhalten geben.
Bei Störungen während der Nahrungsaufnahme könnten folgende Punkte bearbeitet und beantwortet werden:
- Dreht der Heimbewohner den Kopf weg, wenn sich ihm das Essen nähert?
- Öffnet er den Mund bei der Berührung mit dem Essen nicht?
- Öffnet er den Mund kaum?
- Schließt er die Lippen bei der Berührung mit dem Löffel?
- Schluckt der Heimbewohner nur verzögert?
- Schluckt er gar nicht?
- Schluckt er nicht sichtbar?
- Verschluckt er sich?
- Hustet er nach dem Verschlucken?
- Fällt die Nahrung aus dem Mund?
- Verzieht der Heimbewohner während des Essens das Gesicht?
- Scheint der Heimbewohner während des Essens unkonzentriert?
- Will er überhaupt essen?
- Kann er den Kopf so weit zurücklegen, damit er aus dem Glas / Becher trinken kann?
- Ist der Heimbewohner zu müde, um den Mund zur Essensreichung zu öffnen?
Diese Informationen (Wahrnehmungen) sind für unser Handeln wichtig um mein praktisches Vorgehen darauf abzustimmen. Sie sind dem Team mitzuteilen und auf weitere Vorkommnisse ist zu achten.
5.2 Essen anreichen in der Praxis
Bei schwer dementiell erkrankten Menschen gehört das Essen anreichen zum Alltag, da sie oftmals nicht mehr über die nötige Fingerfertigkeit verfügen, die Nahrung selbständig zu sich zu nehmen. Vor dem Essen anreichen, ist es wichtig, diese Person von mir zu begrüßen, indem ich zusätzlich zur verbalen Begrüßung mit deutlichen Druck (ohne Schmerzen zuzufügen), die Schulter berühre - Initialberührung - und ihn über mein Vorgehen informiere. Dieses symbolisiert ihm: „Ich bin hier, diese Zeit gehört jetzt uns“. Durch unser gegenüber sitzen, ist es mir möglich Augen- und Körperkontakt (mein Bein ist an das Bein des Bewohners gelehnt, oder meine Hand verweilt an einer Körperstelle des Bewohners, soweit dieses möglich ist) aufzunehmen und zu halten.
Wichtig für die Nahrungsaufnahme mit oraler Stimulation, ist das Bewusstmachen des Mundbereiches bei dem Heimbewohner, indem langsam mit den Händen oder Fingern über die Wangen bis hin zu den Lippen gestrichen wird. Danach ist es mir möglich, mit dem Finger des Heimbewohners über seine eigenen Lippen zu streichen um ihm diese befühlbar zu machen und ihm den Ort des Mundes zu verdeutlichen. Die Information über das Essen, sowie meine Kontrolle über die Temperatur des Essens ist wichtig. Entweder kann ich jetzt die Lippen des Heimbewohners mit dem anzureichenden Essen benässen, indem ich ein wenig auf die Lippen gebe, oder ich führe seinen Finger in das Essen, lasse ihn selber die Lippen benässen. Dieses führt dazu, dass die Zunge die Lippen ertasten kann. Beide Variationen sind möglich und liegen im Ermessen der Pflegekraft.
Körperlicher Kontakt während des Anreichens ist nötig, damit sich der Mensch geborgen fühlt. Laufende Informationen während der Nahrungsanreichung sind von Vorteil, damit der Heimbewohner über die Zufuhr informiert ist und sich orientieren kann.
Nachdem das Essen angereicht wurde, verabschiede ich mich durch die Initialberührung wieder bei ihm.
Eine weitere Möglichkeit der Basalen Stimulation ist die motorische Begleitung eines Bewohners, der Schwierigkeiten mit der selbständigen Nahrungsaufnahme hat, mit dem Ziel, die Selbständigkeit zu fördern, bzw. zu erhalten. Dabei ist es wichtig, dass der Bewohner zunächst die richtige Sitzposition hat. Das Besteck wird passend zum Gericht bereit gelegt. Die Nahrungsaufnahme geschieht dadurch, dass der Arm des Bewohners durch die Pflegekraft geführt wird.
Durch diese Stimulierung wird ein Bewegungsmechanismus bedient, der das Altgedächtnis „Nahrungsaufnahme“ weckt.
5.3 Fingerfood
Eine andere Variante der selbständigen Essensaufnahme für dementiell Erkrankte Menschen ist Fingerfood. Fingerfood bedeutet die direkte Nahrungsaufnahme von der Hand in den Mund.
Sie ist für Personen gedacht, die aus psychischen und physiologischen Gründen nicht mehr mit dem Besteck essen können. Die Speisen müssen von der Konsistenz und Größe einfach von der Hand in den Mund geführt werden können.
Wenn wir uns jetzt Rückblendend erinnern, sind Kleinkinder noch nicht in der Lage mit dem Besteck zu essen. Ich möchte jetzt nicht den Vergleich von demenzerkrankten Menschen zum Kleinkindalter herbeiführen. Aber aufgrund der Entwicklung vom Säuglingsalter hin bis zum Kleinkindalter und der Verluste der eigenen Persönlichkeit bei dementiell erkrankten Menschen und Reduzierung auf das Altgedächtnis, ergreife ich die Möglichkeit, dass die Nahrungsaufnahme auch durch die Hände bzw. Finger praktiziert werden kann. Auch andere Zivilisationen speisen mit den Fingern.
Für mich persönlich ist wichtig, dass die manuelle Geschicklichkeit gefördert und die Nahrungsaufnahme durch die Hände bzw. Finger praktiziert wird, damit auf diesem Wege die eigene Selbständigkeit so lange wie möglich erhalten bleibt.
Essen von Hand mag für viele unserer Kulturmitglieder einen unangenehmen Nebengeschmack haben. So mag das Essen von Hand als unzivilisiert gelten, und gerade alte Menschen, die schon manche Fähigkeiten verloren haben, sollten nicht dazu genötigt werden, diese kulturelle Errungenschaft einsetzen zu müssen. Es stellt sich mit daher die Frage, ob das „Fingerfood“ nicht dem Anreichen der Nahrung oder gar dem „Füttern“ vorgezogen werden soll. Außerdem kann durch das Er – und Betasten der Speisen taktil-haptische Sinn gefördert werden, was zu einer Bereicherung der Lebensqualität des kranken Menschen führen kann.
Die Größe, Festigkeit und Qualität von „Fingerfood“ muss der verbliebenen Fähigkeiten der Hand und den Fingern angepasst sein und werden. Das Essen muss so zubereitet werden, dass es mit den Fingern ergreifbar ist und zu sich genommen werden kann. Es darf nicht größer sein als ein bis zwei Bissen. Es darf weder zu heiß, zu klebrig, noch zu hart sein.
Farbe, Aussehen, Duft und Geschmack sowie die Zubereitung sind entscheidende Qualitätsmerkmale und animieren zum Essen. Die Speisen werden auf einen Teller portioniert (oder in einer Schüssel auf den Tisch gestellt) und nur vor den Augen des Essers klein geschnitten.
Manches Mal ist es unumgänglich püriertes Essen zu servieren. Dann ist zu beachten, dass das Essen frisch zubereitet und frisch püriert wird. Das Essen wirkt wenig animierend auf den Einnehmer, daher ist es, meiner Meinung nach, zwingend notwendig, z. B. Kartoffeln und Gemüse vor den Augen des Essers klein zu pürieren. Manches Mal reicht schon die Zerkleinerung mit der Gabel. Wichtig ist die ständige Überprüfung der Notwendigkeit. Nicht jeder Tag ist gleich. An manchen Tagen sollte das Essen püriert werden, an anderen Tagen besteht die Möglichkeit, das Essen per Finger zu sich zu nehmen. Es liegt an der Befindlich- und Möglichkeit des jeweiligen Heimbewohners.
6. Transfer der Theorie in die Praxis
Die Umsetzung des Konzeptes der Basalen Stimulation erfolgt zunächst einmal über die Gesamtkonzeption der Einrichtung. Aufgrund einer positiven Haltung des Hauses besteht eher die Möglichkeit der Verwirklichung. Der Transfer in die Praxis bis zur Verwirklichung in alle Ebenen ist ein langwieriger Prozess. Speziell geschultes Pflegefachpersonal sowie die verantwortlichen Führungskräfte müssen für die kontinuierliche, kompetente Umsetzung sorge tragen.
7. Reflektion
Die Auseinandersetzung mit Basaler Stimulation in Theorie und Praxis über einen Zeitraum von ungefähr drei Monaten hat uns einen tiefen Einblick in das Konzept gegeben. Ziel dieser Arbeit sollte zum einen die „Darstellung des Konzeptes der Basalen Stimulation“ sein und zum anderen sollte „Essen als basale Stimulation“ als eine Möglichkeit zur Umsetzung erläutert werden.
Wir haben beide in unseren Einrichtungen „Essen als Basale Stimulation“ bei demenzerkrankten Menschen ausprobiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich um einen geeigneten Weg handelt, um mit schwer zugänglichen und in ihrer Wahrnehmung eingeschränkten Menschen zu arbeiten. Dabei eignen sich die Mahlzeiten hervorragend, um den Bewohner sinnvolle Angebote zu machen. Die wesentlichen Ergebnisse unserer praktischen Umsetzung sind folgende:
- Erst nachdem ein Kontakt zwischen uns als Betreuer und den Bewohnern aufgebaut war, konnte die Förderung der Nahrungsaufnahme unter basal stimulierenden Aspekten begonnen werden. Es gab eine Bewohnerin, die anfangs jegliche Zuwendung verweigerte. Nachdem mehrere Kontakte stattfanden, konnte mit der Basalen Stimulation begonnen werden.
- Vertrauen auf beiden Seiten ist eine Grundvoraussetzung
- Alle Bewohner zeigten Reaktionen verschiedenster Art und Weise, vom selbständigen Essen mit viel Unterstützung bis hin zum vollständigen alleine essen.
- Die Arbeit war mit großer körperlicher Nähe verbunden.
- Festegelegte Uhrzeiten und die dafür eingeplante Zeit sorgten für eine entspanntere Arbeitsweise.
- Wir haben viel Neues von den Bewohnern über die verbale und nonverbale Kommunikation erfahren.
- Bewohner mit Sondenkost ohne Schluckstörungen waren durchaus in der Lage, auf herkömmlichen Weg die Nahrung zu sich zu nehmen, der Zeitaufwand war jedoch teilweise erheblich höher.
- Interessant war, dass eine Bewohnerin das Essen vom Haus verweigerte, das selbstgekochte Essen einer Kochgruppe jedoch zu sich nahm.
- Wir sind sehr aufmerksam im Beobachten der Körpersprache geworden, jedes noch so unscheinbare Verhalten nahmen wir als Reaktion eines dem Anschein nach reaktionslosen Menschen wahr.
- Ressourcen individuell zu entdecken und zu fördern und dabei die Beziehung zu einem Bewohner zu intensivieren führte zu mehr Zufriedenheit und Motivation.
Wir sind hoch motiviert, unser Wissen weiterzugeben und werden das in unseren Einrichtungen auch versuchen. Das heißt, dass wir auch zukünftig Methoden der Basalen Stimulation ausprobieren wollen um unsere Erfahrungen und unser Wissen zu erweitern.
Wichtig erscheint uns in diesem Zusammenhang noch mal darauf aufmerksam zu machen, dass Basale Stimulation einer Haltung entspringt, die das Wissen umzusetzen versucht. Sie orientiert sich an den Fähigkeiten des Menschen und fördert einen zutiefst zwischenmenschlichen Prozess. „Misserfolge“ sollten nicht zum Aufgeben beitragen, sondern uns motivieren, Neues gemeinsam mit den uns anvertrauten Menschen zu entdecken.
Basale Stimulation macht aus uns keinen besseren Menschen, aber sie hilft uns, das Menschliche lebenswerter zu gestalten.
Literaturnachweis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Ausarbeitung der Abschlussarbeit Essen als Basale Stimulation von Christiane Zimmermann beruhte auf den Recherchen von Markus Biedermann
„Essen als Basale Stimulation“ Vincentz Verlag Hannover 2003.
[...]
[1] Fröhlich, A.: Basale Stimulation.Düsseldorf: Verlag Selbstbestimmtes Leben, 9. Auflage 18.-21.Tsd.,1997, S.15
[2] www.jochenkoller-kinaesthetik.de/art_basale.htm
[3] www.jochenkoller-kinaesthetik.de/art_basale.htm
[4] Biedermann, M.: Essen als Basale Stimulation. Vincentz Verlag, Hannover 2003, S.20
[5] Biedermann, M.: a.a.O
[6] http://www.emmel-world.de/basale.htm
[7] www.jochenkoller-kinaesthetik.de/art_basale.htm
[8] http://www.emmel-world.de/basale.htm
[9] www.jochenkoller-kinaesthetik.de/art_basale.htm
[10] Seminarunterlagen
[11] Biedermann,Markus:Essen als Basale Stimulation,Vincentz Verlag,Hannover2003
[12] Dagobert Tutsch - Taschenlexikon der Medizin; Rororo 1986
[13] Dagobert Tutsch - Taschenlexikon der Medizin; Rororo 1986
[14] Dagobert Tutsch - Taschenlexikon der Medizin; Rororo 1986
[15] Psychrembel; W.de Gruyter; 252. Auflage
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- Christiane Zimmermann (Author), Simone Laudage (Author), 2004, Essen als Basale Stimulation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/108603
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