Zu diesem Diplomthema habe ich mich durch mehr oder weniger regelmäßige Kontakte mit geistig behinderten Menschen anregen lassen. In den meisten Praktika, die ich im Laufe meiner Schulausbildung absolvierte, kam das Thema "Sexualität und geistige Behinderung" kaum bis gar nicht zur Sprache. Als ich in der dritten Klasse der Fachschule für Sozialberufe I ein Praktikum im de La Tour Treffen - Lindenschlössel hatte, lernte ich eine junge Frau mit geistiger Behinderung und Epilepsie kennen. Sie erzählte mir von ihrem Freund, der damals noch im gleichen Umfeld, in der Meierei, lebte, und ihrem gemeinsamen Liebesleben. Einmal pro Woche durfte er sie im Speisesaal des Lindenschlössels besuchen und einmal pro Woche besuchte sie ihn in seinem Zimmer in der Meierei. Von Betreuerinnen der Einrichtung erfuhr ich nur, dass sie vom Frauenarzt die Spirale eingesetzt bekommen hatte. Auf weitere Fragen wurde leider nicht eingegangen. Zu meinem Bedauern musste ich während meines Sommerpraktikums, welches ich im Rahmen der Lehranstalt für Heilpädagogische Berufe absolvierte, erfahren, dass diese Partnerschaft nicht mehr bestand. Der junge Mann wurde in einer anderen Institution untergebracht.
Weiteres erfuhr ich in der zweiten Klasse der Fachschule für Sozialberufe II im Unterricht - Methodik und Didaktik der Behindertenarbeit - mehr zu diesem Thema. Seit dieser Zeit, begann ich mich mehr mit der Sexualität geistig behinderter Menschen zu beschäftigen. Also lag kein Thema näher für meine Diplomarbeit als dieses.
In Gesprächen mit Freunden und Bekannten stieß ich immer wieder auf die gleichen Vorurteile, die auch in der einschlägigen Literatur behandelt wurden. Eines der größten Vorurteile ist wohl, dass Behinderte - egal ob körperlich oder geistig behindert - keine Sexualität brauchen bzw. dass diese Menschen gar nicht wissen, was Sexualität, Gefühle oder Zärtlichkeiten sind.
Meine Meinung wird jedoch durch die Bedürfnispyramide von Abraham H. Maslow gestärkt: Sexualität, Liebe und Zärtlichkeit ist genauso ein Grundbedürfnis wie Nahrung, Kleidung, Schlaf und das Gefühl der Sicherheit und der Selbstverwirklichung.
Mit meiner Arbeit möchte ich die Schwierigkeiten und Probleme geistig behinderter Menschen und deren Sexualität, die zum größten Teil durch ihr soziales Umfeld entstehen, ansprechen. Mein Ziel ist es auch, die Leser meiner Diplomarbeit zum Nach- und vielleicht zum Umdenken zu bewegen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Historischer Abriss
- 2. Begriffserklärungen
- 2.1 Definition geistige Behinderung
- 2.2 Definition Sexualität
- 3. Menschliche Entwicklung
- 3.1 Allgemeine Entwicklungsphasen
- 3.1.1 Orale Phase: Vertrauen → Misstrauen
- 3.1.2 Anale Phase: Autonomie ←→ Zweifel
- 3.1.3 Phallische Phase: Iniative ←→ Schuldgefühl
- 3.1.4 Latenzphase: Leistung ←→ Minderwertigkeit
- 3.1.5 Pubertät: Identität → Rollenverwechslung
- 3.2 Sexualentwicklung geistig behinderter Menschen
- 3.1 Allgemeine Entwicklungsphasen
- 4. Bedeutung von Sexualität und Partnerschaft für geistig behinderte Menschen
- 4.1 Bedeutung von Sexualität
- 4.2 Bedeutung von Partnerschaft
- 5. Verhaltensweisen der Sexualität
- 5.1 Sexueller und genitaler Infantilismus
- 5.2 Selbstbefriedigung
- 5.3 Heterosexualität
- 5.4 Homosexualität
- 5.5 Abnormes Sexualverhalten
- 6. Sexueller Missbrauch bei Menschen mit geistiger Behinderung
- 7. Empfängnisverhütung
- 7.1 Antibabypille
- 7.2 Implantat
- 7.3 Intra-Uterin-Pessar (Spirale)
- 7.4 Diaphragma
- 7.5 Spermicide
- 7.6 Kondom
- 7.7 Sterilisation
- 8. Sexualpädagogische Grundlagen
- 8.1 Sexualerziehung
- 8.2 Auswahl und Beurteilung von Materialien
- 9. Konzepte und Materialien
- 10. Schlussbemerkung
- 11. Anmerkungen
- 12. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Sexualität und Sexualerziehung von Menschen mit geistiger Behinderung und untersucht die Schwierigkeiten und Probleme, die durch das soziale Umfeld entstehen. Die Arbeit soll zum Nach- und Umdenken anregen und auf die Bedürfnisse und Rechte dieser Personengruppe aufmerksam machen.
- Definition und Verständnis von geistiger Behinderung und Sexualität
- Entwicklungsphasen und Besonderheiten der Sexualentwicklung bei Menschen mit geistiger Behinderung
- Bedeutung von Sexualität und Partnerschaft für Menschen mit geistiger Behinderung
- Verhaltensweisen der Sexualität und mögliche Herausforderungen
- Sexualpädagogische Grundlagen und Konzepte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den persönlichen Hintergrund der Diplomarbeit und führt das Thema "Sexualität und geistige Behinderung" ein. Kapitel 1 bietet einen historischen Abriss zur Entwicklung des Umgangs mit Menschen mit geistiger Behinderung und deren Sexualität. Kapitel 2 definiert die Begriffe "geistige Behinderung" und "Sexualität" und bildet so die Grundlage für die weitere Analyse. Kapitel 3 beleuchtet allgemeine Entwicklungsphasen und die besondere Sexualentwicklung von Menschen mit geistiger Behinderung. Kapitel 4 untersucht die Bedeutung von Sexualität und Partnerschaft für diese Personengruppe. In Kapitel 5 werden verschiedene Verhaltensweisen der Sexualität betrachtet, darunter sexueller Infantilismus, Selbstbefriedigung und Hetero- sowie Homosexualität. Kapitel 6 behandelt den sensiblen Bereich des sexuellen Missbrauchs bei Menschen mit geistiger Behinderung. Kapitel 7 stellt gängige Empfängnisverhütungsmethoden vor und erläutert deren Bedeutung für Menschen mit geistiger Behinderung. Kapitel 8 beschäftigt sich mit den grundlegenden Prinzipien der Sexualerziehung. Die Arbeit endet mit einem Ausblick und Anmerkungen.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit beleuchtet die Themen Sexualität, Sexualerziehung, geistige Behinderung, Entwicklungsphasen, Verhaltensweisen, Empfängnisverhütung, Sexualpädagogik und Vorurteile. Die Arbeit untersucht die Bedürfnisse, Rechte und Besonderheiten von Menschen mit geistiger Behinderung in Bezug auf ihre Sexualität und fordert einen respektvollen und sensiblen Umgang mit diesem Thema.
- Arbeit zitieren
- Solvejg Brennig (Autor:in), 2001, Sexualität und Sexualerziehung von geistig behinderten Menschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10828