Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Bild-Zeitung und ihre Nachahmer
Der Artikel der Bild-Zeitung
Die Vorgehensweise der Süddeutschen Zeitung (SZ)
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
Die Berichterstattung der taz.
3 Resümee
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Das Genre des investigativen, des aufdeckenden Journalismus wurde in Deutschland vom Spiegel in den sechziger Jahren mit der großen Spiegelaffäre eingeführt. Damit stieg er zum großen Magazin der Nachkriegsgeschichte auf und diese Vormachtstellung beschert dem Spiegel auch heute noch hohe Auflagen und weitreichende Anerkennung.
Die versuchte Neuauflage eines Superscoops, den die Bild-Zeitung da am 23. November 2000 witterte, endete in dem größten Desaster der deutschen Pressegeschichte seit der Veröffentlichung der Hitler-Tagebücher im Stern und zeigt die klaren Grenzen des aufdeckenden Journalismus auf. Dabei erschien die Geschichte so vielversprechend: ein großer Ostskandal mit mordenden Neonazis und untätigem Zuschauen bei einem Mord als vermeintlicher großer Knüller, bei dem alle Klischees wahr werden. An diesem Tag erscheint die Bild-Zeitung mit dem Titelthema „Neonazis ertränken Kind – Am helllichten Tag im Schwimmbad. Keiner half. Und eine ganze Stadt hat es totgeschwiegen“ und legt damit den Grundstein für den größten MedienGAU.[1]
Nach etwa zwei Wochen großer Aufruhe in Presse und Bevölkerung wird sehr deutlich, dass die Geschichte um den ertränkten Junge eine Erfindung der psychisch erkrankten Mutter ist, die sich nicht mit dem Tod ihres jüngsten Sohnes abfinden kann und sich daher eine falsche Realität aufgebaut hat. In Wahrheit hatte der Junge einen angeborenen, den Eltern bekannten Herzfehler und war an Herzversagen gestorben.
Wer hat damals nicht von der ungeheuerlichen Geschichte gehört? Doch wie die Realität zeigt, verfolgten viele Menschen die Story bis nicht bis zum Schluss und kennen daher gar nicht die wahre Version.
Doch kann eine einzige Zeitung alleine eine solch folgenschwere Falschmeldung mit so großen Ausmaßen produzieren? Beteiligt waren eine ganze Reihe von renommierten Tageszeitungen, denen man bis zu dem Zeitpunkt – im Gegensatz zur Bild-Zeitung - Objektivität und vor allem Seriosität immer zugeschrieben hatte. Neben diesen Pressehäusern spielen auch die zahlreichen Nachrichten-, Politik- und Informationssendungen im Fernsehen eine große Rolle. Aus Zeitgründen konnten diese in das Referat nicht einbezogen werden. Die Ausarbeitung meines Referats beschränkt sich daher auf die Rolle der Bild-Zeitung und ihre Nachahmern bzw. soll sie die spezielle Vorgehensweise und die späteren Rechtfertigungsversuche der einzelnen Journalisten näher beleuchten. Dabei soll geklärt werden, wieso die Journalisten der übrigen Redaktionen die Falschmeldungen übernahmen und wie eine derartige Medienkatastrophe entstehen konnte.
2 Die Bild-Zeitung und ihre Nachahmer
2.1 Der Artikel der Bild-Zeitung
Am 23. November 2000 erscheint auf der Titelseite der Artikel, der eine ganze Nation für etwa zwei Wochen in Aufruhe und Entsetzen versetzen und auch die Aufmerksamkeit des Auslands erlangen soll.
In diesem Artikel wird berichtet, dass der kleine Joseph Abdullah, iranischer Abstammung, in der kleinen sächsischen Stadt Sebnitz an einem Nachmittag im gutbesuchten Erlebnisbad in Sebnitz von Neonazis ertränkt wurde, ohne dass jemand einschritt. Da der Artikel mit der Überschrift „Neonazis ertränken Kind. Am helllichten Tag im Schwimmbad. Keiner half. Und eine ganze Stadt hat es totgeschwiegen“, ohne Fragezeichen am Ende abgedruckt wird, muss man davon ausgehen, dass sich der Inhalt des Artikels nicht auf Vermutungen, sondern auf recherchierte Beweise stützt.
Am Tag darauf folgt ein weiterer Artikel auf der ersten Seite, in dem die Bild-Zeitung titelt: „Bitte, bitte! Schaut nicht weg! Endlich die ersten drei Neonazis verhaftet“.
Auch in den weiteren Ausgaben erscheinen Artikel zum angeblichen Mord an Joseph durch Rechtsradikale in Sebnitz, die sich mit „verpfuschten Untersuchungen“ und angeblichen Morddrohungen an Josephs Mutter durch Neonazis beschäftigen.
Die Bild-Zeitung, mit ihrer knapp 4,5 Millionen starken Auflage und mit ca. 12 Mio. Lesern die größte Tageszeitung Deutschlands, glaubt die große Geschichte gewittert zu haben, als sie von den angeblichen Ereignissen in Sebnitz erfährt. Schließlich passt alles zusammen, d.h. alle existierenden Klischees können bedient werden: das Opfer ist ein kleiner, wehrloser, ausländischer Junge aus einer Einwandererfamilie im ausländerfeindlichen Osten Deutschlands, die mutmaßlichen Täter sind einige dieser Jugendlichen von denen man immer wieder in den Nachrichten hört, die sich aus Frustration der rechten Szene zugewandt haben, und zu guter letzt hat die gesamte ostdeutsche Stadt den Mord auch noch gedeckt.
Natürlich stellt sich nun die Frage, nachdem sich die Geschichte letztendlich als große Ente herausstellt, wie die Bild-Zeitung von diesem Tag an solch drastische Anschuldigungen ohne jegliche Relativierung, Quellenangaben oder verlässliche Beweise veröffentlichen konnte.
Späteren Angaben der Bild-Zeitung zufolge wird eine Relativierung für nicht notwendig befunden, bzw. bewusst auf sie verzichtet. Ihrer Meinung nach stützen sich die Behauptungen zu dem damaligen Zeitpunkt auf zuverlässige Beweise und gründliche Recherchen. So liegen zusätzlich zur eigenen Nachforschungsarbeit zwei Aktenordner mit einem gerichtsmedizinischen Gutachten, dem Gutachten eines Kriminologen und eidesstattliche Versicherungen von etwa 15 Zeugen, die für glaubwürdig befunden werden und die sich nicht nur aus minderjährigen Freibadbesuchern zusammensetzen, vor. Außerdem erlässt die Staatsanwaltschaft Dresden am 22.11.2000 einen Haftbefehl gegen drei verdächtigte Sebnitzer Jugendliche wegen Mordverdachts. Dies wird dann von der Redaktion der Bild-Zeitung als endgültiger Beweis gewertet. Redaktionsangaben zufolge ist dies der Startschuss für das Erscheinen des Berichts, der die bis dahin gehegten Zweifel am Wahrheitsgehalt zerstreute. Denn schließlich, so Karl-Günther Barth, zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der Chefredaktion, wird eine Festnahme aufgrund eines Mordverdachts nicht einfach ohne Beweislage und klare Gründe angeordnet[2].
Die Möglichkeit, dass so ein Skandal in einem Land passiert, in dem auch schon Asylbewerberheime gebrannt hatten und Ausländer zu Tode gehetzt worden waren, sorgt für großes Aufsehen.
Abgesehen von der Spiegelredaktion und der Redaktion der Frankfurter Rundschau, die schon vorher eigene Nachforschungen angestellt haben, erfahren die anderen Zeitungen erst am Tag des Erscheinens der Bild-Zeitung am 23. November 2000 von den angeblichen Geschehnissen in Sebnitz.
Jeder Journalist, dem die Geschichte eigenartig vorkommt und der Zweifel anmeldet, läuft nun Gefahr als ein Ausländerfeind bezeichnet, bzw. beschuldigt zu werden „auf dem rechten Auge blind“ zu sein. So geraten die übrigen Tageszeitungen, die vorher von dem Vorfall nichts gewusst haben, unter enormen Druck. Die Journalisten befinden sich plötzlich in einem Dilemma: ihre Skepsis gegenüber dem Fall steht im Konflikt zu den objektiven Indizien wie z. B. der Festnahme der drei Jugendlichen und den Zeugenaussagen. Zusätzlich wird auf die Journalisten Druck von den Redaktionschefs ausgeübt. Es besteht der Anspruch an die Zeitung, auch über den Vorfall Bescheid zu wissen und darüber zu berichten um damit ihre vorherige Unwissenheit zu überdecken[3].
2.2 Die Vorgehensweise der Süddeutschen Zeitung
Der Artikel in der Bild-Zeitung löst am 23.11.2000 große Hektik in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung aus. Sie selbst hat keinerlei eigene Unterlagen und so erfahren die Redakteure erst durch den oben genannten Artikel von den angeblichen Begebenheiten.
Nach anfänglichen Zweifeln am Wahrheitsgehalt der Geschichte, hervorgerufen z.B. auch durch die wirren Zeugenaussagen[4] verläßt man sich auf die Aussagekraft des Haftbefehls, der ohne dringenden Tatverdacht ja nie erlassen worden wäre, wie man in der Redaktion folgert.
Erst daraufhin setzen die eigenen Recherchen ein. Dabei gestalten sich vor allem die telefonischen sowie persönlichen Recherchen vor Ort als schwierig. Sebnitz ist zu diesem Zeitpunkt bereits von Journalisten und Fernsehteams belagert, die alle unter Sensationsdruck fieberhaft „ermitteln“. Die Anwohner sind angesichts der ungeheuerlichen Vorwürfe unkooperativ, ausgenommen die Familie Kantelberg-Abdullah, die immer mehr Angebote annimmt, so z.B. auch einen Auftritt bei Erich Böhme in „Talk in Berlin“.
Der am darauffolgenden Tag, dem 24.11.2000, erscheinende Artikel stützt sich auf Zitate aus der Bild-Zeitung und eigene telefonische sowie persönliche Recherchen. Er erscheint mit dem Titel „Der stille Tod eines Kindes. Erstickt in den Wellen des Schweigens.“ Am darauffolgenden Tag titelt die Süddeutsche Zeitung sogar: „Ein Kind ertränkt wie eine Katze“. Jens Schneider, Korrespondent für Sachsen und Thüringen der Süddeutschen Zeitung und Verfasser der Artikel glaubt selbst nie an die Vorwürfe.[5] Er erklärt rückblickend, dass er den Anspruch hatte, die Situation zu beschreiben, die er vor Ort vorfand; d.h. den Stand der Ermittlungen und die Stimmung in der Stadt.
Auf den Vorwurf hin, von den Ereignissen nichts gewusst und dies überspielt haben zu wollen räumt die Süddeutsche Zeitung Fehler bei der Schlagzeile vom 25.11.2000 ein, betont aber gleichzeitig, dass dies lediglich eine kleinere Überschrift gewesen sei.[6] Zugleich erwähnt die Redaktion, dass ohne den Artikel der Bild-Zeitung niemals über die angeblichen Geschehnisse in Sebnitz recherchiert und berichtet worden wäre.
2.3. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung
Wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die laut AWA durchschnittlich 1,2 Mio. Leser hat und der eine konservative Gesinnung nachgesagt wird, erst am Donnerstagmorgen aus der Bild-Zeitung von dem angeblichen Mord im Sebnitzer Freibad. So war auch ihre Redaktion auf schnelles Handeln angewiesen. Entsprechend erschien der erste Artikel am 24.11. noch sehr verhalten mit der Überschrift „Sechsjähriger Junge von Rechtsradikalen ermordet? Behörden schlossen Einwirkung Dritter lange Zeit aus. Eltern ermitteln weiter.“ Der Gebrauch eines Fragezeichens verdeutlicht die Unsicherheit und bekräftigt noch die Zurückhaltung bei der Berichterstattung. Der zuständige Journalist Peter Carstens unternimmt Recherchen vor Ort. Dabei ist er jedoch auf amtliche Bekanntmachungen und seine persönlichen Eindrücke von der Situation vor Ort in Sebnitz angewiesen, da die Einwohner nicht zu Aussagen bereit sind. Erst recht mit den vermeintlichen Zeugen ist ein Interview nicht möglich.
Allerdings sieht sich der Journalist der FAZ nach eigenen Angaben nicht verpflichtet, Zeugen zu vernehmen, da er „staatsanwaltschaftliche Ermittlungen nicht übernehmen [kann]“. Dies sei für ihn eine grundsätzliche Entscheidung im Sinne seiner Auffassung von der Berichterstattung der Tageszeitungen. Er sieht ihre Aufgabe nicht im investigativen Journalismus sondern darin, die aktuelle Situation vor Ort zu beschreiben[7].
Unbegründet bleibt trotzdem die Wahl des reißerischen Titels des Artikels, der am 25.11.2000 zum Thema Sebnitz erschien „ Na mach’s endlich schmeiß ihn schon rein. Die ganze Gruppe lachte und schaute zu.“
Auf Anfrage verwies jedoch Peter Carstens von der FAZ im Gegensatz zu anderen Redakteuren auf die umfassene Aufklärung im Zuge des Sachverhalts wenngleich auch keine Gegendarstellung im Sinne des Presserechts veröffentlicht wurde.
2.4. Die Berichterstattung der taz
Auch die Tageszeitung, die im Journalismusgeschäft dem linken Flügel zugeordnet wird, erfährt wie die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung erst aus der Bild-Zeitung von dem angeblichen Mord an Joseph durch Rechtsradikale in Sebnitz.
Ähnlich wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung erklärt auch die taz lediglich den Anspruch zu haben, die Stimmung in der Stadt sowie die Situation vor Ort einzufangen. Dabei sind sich die verantwortlichen Redakteure Barbara Dribbusch und Heike Haarhoff im Nachhinein keiner großen Schuld bewusst in der Art und Weise der Berichtserstattung. Am ersten Tag telefoniert Barbara Dribbusch sofort mit dem Pfarrer in Sebnitz, der die Vorwürfe und Anklagen zurückweist sowie die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen unter dem Vorwurf, dass diese erzwungen seien, anzweifelt. Diesen Eindruck bestätigt der Dresdner Oberstaatsanwalt Renz der Redakteurin allerdings nicht. Wie die anderen Medien haben die Reporter vor Ort nicht die Möglichkeit, die Hauptzeugen zu befragen, sondern bekommen nur die Möglichkeit eines Interviews mit dem Vater des toten Josephs. Aufgrund der Zweifel, die die Redakteurin Heike Haarhoff vor Ort an der Geschichte von Beginn an äußert, habe die taz bewusst auf einen Kommentar in den ersten Tagen verzichtet.[8]
Die Quellen für den ersten Artikel beschränken sich auf Zitate aus der Bild-Zeitung und die Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Dresden vom 23.11.2000, in der sie die Festnahme dreier Hauptverdächtiger bekannt gibt. In dieser offiziellen Presseerklärung werden die Verdächtigen beschuldigt, Joseph mit Elektroschockes gequält, ihm eine Flüssigkeit verabreicht und ihn daraufhin ins Wasser geworfen zu haben.
Bei der Wahl des Titels vom 24.11.2000 „Badeunfall erweist sich als rassistischer Mord“ räumt die Redaktion schwerwiegende Fehler ein. Dieser wird nach Angaben der Redaktion am Tag des Erscheinens eingehend diskutiert. Auf eine anschließende Berichtigung oder Entschuldigung wird trotzdem verzichtet.
3 Resümee
Nun, da sich der vermeintliche Ost-Scoop als folgenschwerer Medienfehlschlag erwiesen hat, beginnt das sogenannte Spiel des „Schwarzen Peters“.
Die Bild-Zeitung, die die Medien-Katastrophe durch ihren Artikel am Donnerstag, dem 23.11.2000, auslöste, lehnt die Verantwortung ab und verweist ihrerseits auf die Fehler der Politiker und der Justiz im Laufe der Ermittlungen[9]. Auch Peter Carstens von der FAZ, die mit ihrer Schlagzeile vom 25.11.2000 falsche Tatsachen druckte,[10] weist die Medienkritik zurück und wirft der sächsischen Staatsregierung und Staatsanwaltschaft vor, dass deren Ermittlungen nicht gründlich genug abliefen.[11]
Die Pressehäuser, die von dem vermeintlichen Mord in Sebnitz erst aus der Bild-Zeitung erfuhren, rechtfertigen sich damit, dass sie ohne den Bild-Artikel vom 23.11.2000 nie über dem Vorfall berichtet hätten und weisen der Bild-Zeitung einen großen Schuldanteil zu.[12] In diesem Zusammenhang wird der Bild-Zeitung oft der Titel des „Leitmediums“ verliehen, den deren Redaktion zurückweist:
„vor Sebnitz haben viele Redaktionen unsere Themen stillschweigend übernommen, aber niemand sprach [...] von der Bild als Leitmedium. Man verschwieg uns lieber als Quelle“[13].
Alles in allem legt der Fall Sebnitz das Versagen von Politik, Justiz und der Presse, als Vertreter der sogenannten vierten Gewalt, auf ganzer Linie offen. Die Bild-Zeitung hat hierbei sicherlich einen großen Schuldanteil, da sie eine schlecht recherchierte Story, der die objektive Nachvollziehbarkeit abging, vorschnell veröffentlichte. Außerdem wurden Vermutungen von der Bild-Zeitung als Tatsachen hingestellt, indem sie Verdächtigungen als Straftaten hinstellte.[14]
Fakt ist aber auch, dass ein Großteil der Redaktionen[15] unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung oder ihres seriösen Rufs eine von der Bild-Zeitung schlecht recherchierte Story unkritisch aufnahm und damit erst die Ausmaße der Medien-Katastrophe ausweitete. Dabei ließen sich die Redakteure zu reißerischen, haltlosen Überschriften hinreißen, die sonst nur im Boulevardgenre zu finden sind. Außerdem haben die Medien auffällige Ungereimtheiten und offene Fragen übergangen, sowie unzureichend recherchiert.
Wer übernimmt allerdings nun die Verantwortung für den Rufmord einer kompletten Stadt und der drei jungen Verdächtigten?
Entsprechende Gegendarstellungen gab es im Sinne des Presserechts in kaum einer Zeitung. Auf Anfrage bei den Zeitungshäusern hin erklärten die meisten, dass die Aufklärung im Zuge des Sachverhalts erfolgte. Damit ist allerdings für die meisten Pressehäuser bis auf wenige Ausnahmen[16] der Fall, bzw. das dunkle Kapitel abgeschlossen.
Die Bild-Zeitung druckt im Dezember 2000 eine Chronologie der Ereignisse ab in der sie schreibt:
„Sollten die laufenden Ermittlungen ergeben, dass der Stadt Sebnitz und ihren Bürgern wirklich Unrecht getan wurde, wird Bild nicht zögern, sich auch öffentlich zu entschuldigen.“
Eine Gegendarstellung erfolgt dann im Juli 2001. Außerdem spendet sie 25.000 € für einen Kinderspielplatz in Sebnitz. Zudem werden kostenlose Werbeanzeigen für Sebnitz im Reiseteil geschaltet. Ob dies allerdings den Schaden beheben kann, bleibt dahingestellt. So bleiben, wie üblich, die Gegendarstellungen und Entschuldigungen der Zeitungen hinter dem Medienrummel, den der vermeintliche Mord an Joseph auslöste, weit zurück. Demzufolge wissen manche Leute auch heute noch nicht, dass es sich beim Fall Joseph um eine Falschmeldung handelte. Im Gästebuch von Sebnitz auf der Homepage der sächsischen Stadt bezeugen dies manche Einträge.[17] Die vorherigen Einträge wurden mittlerweile gelöscht.
6 Literaturverzeichnis
Carstens, Peter: Stellungnahme zur Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In: message. 1/2001
Carstens, Peter: Sechsjähriger Junge von Rechtsradikalen ermordet? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 24.11.2000
Carstens, Peter: ‚Na mach’s endlich schmeiß ihn schon rein’ Die ganze Gruppe lachte und schaute zu. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25.11.2000
Dribbusch, Barbara: Stellungnahme zur Berichterstattung der taz. In: message. 1/2001
Feindt, Johann / Mehr, Max Thomas: Sebnitz – die perfekte Story. Gemeinschaftsproduktion von arte, MDR mit zero film GmbH. 2002
Haller, Michael: Da wird viel geheuchelt. Interview mit Karl-Günther Barth. In: message. 1/2001
Schneider, Jens: Der Stille Tod eines Kindes. Erstickt in den Wellen des Schweigens. In: Süddeutsche Zeitung. 24.11.2000
Schneider, Jens: Stellungnahme zur Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung. In: message. 1/2001
Schneider, Jens. Ein Kind ertränk wie eine Katze. In: Süddeutsche Zeitung 25.11.2000
Schrep, Bruno: Späte Zeugen. In: Der Spiegel 48/2000
Willkommen, Anja: Joseph, Sebnitz und die Presse. Sächsische Staatskanzlei. Mai 2001
Neonazis ertränken Kind. Am helllichten Tag im Schwimmbad. Keiner half. Und eine ganze Stadt hat es totgeschwiegen. In: Bild. 23.11.2000
http://www.sebnitz.de
[...]
[1] Vgl. Süddeutsche Zeitung 01.12.2000
[2] Vgl.: Haller, Michael: Da wird viel geheuchelt. Interview mit Karl-Günther Barth. In: message. 1/2001
[3] Vgl.: Interview mit Bodo Hombach von der Frankfurter Rundschau in: Feindt, Johann / Mehr, Max Thomas: Sebnitz – die perfekte Story. Gemeinschaftsproduktion von arte, MDR mit zero film GmbH. 2002
[4] Vgl.: Jens Schneider im Interview mit Martin Niggeschmidt. In: message. 1/2001
[5] ebenda
[6] Vgl.: Annette Ramelsberger, Journalistin bei der Süddeutschen Zeitung in einer Pressekonferenz in Sebnitz. In: Feindt, Johann / Mehr, Max Thomas: Sebnitz – die perfekte Story. Gemeinschaftsproduktion von arte, MDR mit zero film GmbH. 2002
[7] Vgl.: Peter Carstens, Politikredakteur der FAZ in Dresden, im Interview mit Martin Niggeschmidt. In: message. 1/2001
[8] Vgl.: Barbara Dribbusch, Redakteurin im Inlandsressort der taz. In: ebenda.
[9] Anm.: Innerhalb von einer Woche erkennt die Staatsanwaltschaft, dass die Vorwürfe nicht haltbar sind.
[10] Siehe 2.3
[11] Vgl.: Peter Carstens, ebenda
[12] Vgl.: Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung in der abschließenden Pressekonferenz in Sebnitz. In: Feindt, Johann / Mehr, Max Thomas: Sebnitz – die perfekte Story. Gemeinschaftsproduktion von arte, MDR mit zero film GmbH. 2002
[13] Vgl.: Karl Günther Barth im Interview mit Michael Haller. In: message. 1/2001
[14] Vgl.: Neonazis ertränken Kind. Am helllichten Tag im Schwimmbad. Keiner half. Und eine ganze Stadt hat es totgeschwiegen. In: Bild. 23.11.2000
[15] Anmerkung: Auf die Ausnahmen wird in einem anderen Referatsteil eingegangen
[16] z.B. FAZ am 19.11.2002: „kein selbstkritisches Wort“
[17] Vgl.: Gästebucheinträge vom 06.03.2002. In: http://www.sebnitz.de
- Quote paper
- Yvonne Lindenlaub (Author), 2002, Sebnitz - Ein Ost-Scoop und Medien-GAU: Die Bild-Zeitung und ihre Nachahmer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107933
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