Inhaltsangabe
1. Einleitung
2. Erziehung und Schule im Nationalsozialismus
2.1. Die Erziehung
2.2. Die Erziehungsziele
2.3. Das Schulsystem
2.3.1. Die Hitlerjugend - HJ und der Bund Deutscher Mädel - BDM
2.4. Eliteschulen
2.4.1. Die Adolf-Hitler-Schulen
2.4.2. Deutsche Heimschulen und Ordensburgen
2.4.3. Nationalpolitische Erziehungsanstalten
3. Alltag der Kinder und Jugendlichen
3.1. In der Familie und in der Schule
3.2. Alltag in den Organisationen (HJ und BDM)
3.3. Alltag unter Kriegseinfluss
3.3.1. Die Kinderlandverschickung
3.3.2. Im Krieg
4. Widerstand der Jugend
4.1. Widerstandsgruppen
4.1.1. Die Edelweißpiraten
4.1.2. Die Swing-Jugend
4.1.3. Die "Weiße Rose"
5. Zusammenfassung
6. Anhang - Alltag der Kinder und Jugendlichen in HJ und BDM in Fotos - Flugblatt Nr. 5 der „Weißen Rose“: „An alle Deutschen“
7. Anhang - Quellenangaben
1. Einleitung
In der vorliegenden Arbeit möchte ich versuchen das Leben und den Alltag deutscher Kinder unter der Herrschaft des Nazi-Regimes zu schildern.
Ich beziehe mich dabei auf Quellen aus Büchern und Lexika sowie einigen Internetseiten, aus denen insbesondere das Bildmaterial stammt.
Diese Bilder habe ich versucht an passender Stelle in den Text einzuarbeiten, um den politischen und ideologischen Einfluss der Nazis auf Kinder und Jugendliche zu verdeutlichen. Da dieses Thema sehr schwierig zu gestalteten ist, und sehr umfangreich ist, habe ich die meiner Meinung nach wichtigsten Punkte ausgewählt. Das ist besonders die Erziehung in der Schule und in den Naziorganisationen und auch das Leben in der Familie und unter den Kriegsbedingungen.
Da es auch Widerstand unter den Kindern und Jugendlichen gegen die Nazis gab, ist auch dieser Punkt wichtig.
Das Elend und das Leid der jüdischen Kinder und der Kinder von Zwangsarbeitern in Deutschland ist nicht Inhalt dieser Arbeit, dieses schlimme Thema müsste man gesondert behandeln.
Nach der Machtergreifung durch Hitler erfolgte eine tiefgreifende Reformierung des gesamten Erziehungswesens. Diese hatten eine erhebliche Auswirkung auf das Leben der Kinder und Jugendlichen. Der Grund für die Änderungen im Erziehungswesen war, das Hitler eine Jugend nach seiner Vorstellung wollte, die sich bedingungslos in das System einfügen sollte und somit seine Macht absichern sollte. Die Entwicklung der Kinder, die unter dem Nationalsozialismus aufwuchsen, unterscheidet sich wesentlich von der, der Kinder die in der Zeit der Weimarer Republik lebten.
Durch umfangreiche Arbeitsbeschaffungen gab es scheinbar weniger Arbeitslose und so wuchsen die Kinder wohlhabender auf als die Schulkinder vor 1933. Die schlechte Zeit der Weltwirtschaftskrise war überwunden. Viele Kinder brauchten nicht mehr hungern. Viele Eltern dankten dies den Nationalsozialisten. Es gab selten kritische Äußerungen, zum einen, weil sie überzeugt waren und zum anderen weil Kritik bestraft wurde.
Die Macht der Nazis dokumentierte sich im gesamten Lebensbereich durch die Allgegenwärtigkeit von Uniformen, Militär und Propagandaplakaten überall im Lande. Schon in den Kinderstuben schlich sich die Ideologie der Nazis durch Spielzeug mit Hakenkreuzsymbolen ein.
Ein Kindergartengedicht aus jener Zeit: „ Händchen falten, Köpfchen senken und an Adolf Hitler denken, der uns gibt das täglich Brot und führet aus der Not."
Werbeplakat, 1939, „10-jährige in die HJ“
2. Erziehung und Schule im Nationalsozialismus
2.1. Die Erziehung
Die Nationalsozialisten wollten durch ihre Erziehung alle Generationen von klein auf in ihrem Verhalten beeinflussen und unter Kontrolle halten.
Die Nazis bemängelten die bisherige Erziehungspraxis, da sie eine Erziehung zur Unterwürfigkeit im Sinne des Kaisers gewesen sei. Sie habe nur Menschen hervorgebracht, die in kritischen Situationen wenig Courage zeigten und allen Problemen aus dem Wege gingen.
Das wichtigste in der Erziehungsreform lag in der Gleichschaltung der Bildung mit der Politik die Hitler verfolgte. So übernahmen auch öffentliche Einrichtungen Aufgaben zur Volkserziehung. Die Erziehung und Bildung sollte sich nicht nur auf die Wissensvermittlung beschränken, sondern sich voll in den Dienst der Volksgemeinschaft und des Staates stellen. Die individuellen Fähigkeiten der Kinder sollten vereinheitlicht werden, persönliche Entwicklungen insbesondere Besonnenheit, Toleranz, Gefühlswärme und Rücksichtnahme als Erziehungsmerkmale sollten verschwinden.
Die Kindergärten und Schulen wurden in das inhaltliche Gesamtziel der Nazi-Ideologie eingebunden. Der Unterricht war zweitrangig geworden und sollte in erster Linie nur der Vermittlung von Wissen dienen, die den Wert der deutschen Rasse und den "übermächtigen Wert" der deutschen Geschichte auf die Weltentwicklung herausstellen. Der Erziehung zur körperlichen Leistungsfähigkeit wurde alles untergeordnet. Die kindliche Entwicklung wurde als Mittel zum Staatszweck missbraucht. Unter dem Motto "Du bist nichts, dein Volk ist alles" wurde versucht alles und jeden im nationalsozialistischen Sinne zu verformen.
2.2. Die Erziehungsziele
Das Hauptziel der Erziehung war es, soziale Schichten und Klassenunterschiede abzubauen, um eine Volksgemeinschaft entstehen zu lassen. Außerdem sollten gewisse Eigenschaften bei den Kindern und Jugendlichen hervorgebracht werden, die nach Meinung der Nazis ohnehin schon im deutschen Menschen angelegt seien.
Hitler tolerierte keine Bildung, die den Kindern eine begabungs- und neigungsgerechte Schullaufbahn ermöglicht hätte.
Das Verantwortungsbewusstsein z.b. sollte nicht erzogen werden, um die Umstände und Konsequenzen für andere Menschen zu bedenken, der verantwortungsbewusste Mensch sollte nicht ruhig analysierend handeln, sondern das Aussichtslose wagen.
Hitlers Erziehungsziele im Einzelnen waren:
- Härte, Tapferkeit und Mut
- Kühnheit und Gewandtheit
- Einordnungsbereitschaft
- Treue und Willenskraft
- Verschwiegenheit
- Opferbereitschaft
- Leistungskraft und Kampfesmut
- Körperliche Fitness
- Gesundheit
- Gehorsam und Disziplin sowie Entschlussbereitschaft
Für die o.g. Ziele ist jedoch auch ein starkes Selbstbewusstsein nötig.
Hitler und die Nazis meinten: „Frei ist derjenige, der sich einer Ordnung unterwirft." und „Frei ist der, der tut, was er tun soll." oder „Freiheit erlangen durch die Bereitschaft für das Vaterland in den Tod zu gehen."
Desweiteren sollte die gesamte Erziehungs- und Bildungsarbeit ihre Krönung darin finden, den Rassensinn und das deutsche Rassegefühl in den Kindern und den Jugendlichen instinktiv zu verinnerlichen.
2.3. Das Schulsystem
Die Erziehung begann gewöhnlich im Elternhaus und führte über Hort oder Kindergarten zu einer staatlichen Volksschule.
Die Reformen im Schulsystem brachten erhebliche Einschränkungen und Vereinfachungen mit sich. 1936 wurden z.b. die konfessionellen Schulen abgeschafft. Ein Jahr später wurden einige Gymnasienformen vereinfacht. Hitler reduzierte sie auf drei Stufen, die humanistische im Sinne der Nazi-Ideologie, die naturwissenschaftliche und die neusprachliche. Diese Stufen vermischten sich jedoch mehr und mehr.
Mit dem Reichsschulpflichtgesetz wurde die 8-jährige Schulpflicht eingeführt.
Die öffentliche Grundschule umfasste die ersten 4 Schuljahre und war Teil der Volksschule. Anschließend folgten entweder 4 weitere Jahre an der Volksschule, sechs Jahre Mittelschule oder acht Jahre höhere Schule.
Die Volksschule sollte mehr die praktische Ausbildung abdecken, die Mittelschule war mathematisch-naturwissenschaftlich, technisch oder hauswirtschaftlich ausgerichtet. Die Oberschule war rein theoretisch aufgebaut, hier wurde starker Wert auf Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Biologie und Latein gelegt.
Durch die wachsende Bedeutung der körperlichen Ertüchtigung wurde das Fach Sport in den Mittelpunkt gestellt. Die Zahl der wöchentlichen Turnstunden wurde auf 19 erhöht. Boxen, Fußball und Geländesport wurden in den Schulunterricht einbezogen. Welche große Bedeutung der Sport hatte, zeigte sich in der Einführung dieses Fachs als Prüfungsfach im Abitur.
Da sich die Geisteswissenschaften gut für die politische Einflussnahme eigneten, fand eine deutliche nationalsozialistische Umwandlung der Fächer Deutsch und Geschichte statt. Deutschunterricht sollte rein germanische Wesen in einer dichterischen Art darstellen, während Geschichte von nun an nur noch deutsche Geschichte und die Geschichte der arischen Rasse bedeutete.
Über 90 % aller Schulabgänger kamen aus der Volksschule, daher ist es nicht verwunderlich, dass die Nazis diesem Schultyp besondere Aufmerksamkeit schenkten. Ein Fach wie politische Bildung oder Staatsbürgerkunde gab es nicht, denn wie ein Deutscher zu sein hatte, erfuhren die Kinder in den Schulen in jedem Unterrichtsfach.
In dem Hitler auch begabten Arbeiterkindern einen Besuch auf höheren Schulen ermöglichte und Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen den Besuch ermöglichte, verschaffte er sich bei der Durchsetzung der Schulreformen Rückhalt im Volk.
Im Anschluss an die Schule unterlagen alle 14 - 18 jährigen Jugendlichen der zwei- bis dreijährigen Berufsschulpflicht.
Im Anschluss daran folgte für die Jungen der Dienst in der Wehrmacht.
Neben der schulischen Ausbildung waren für Mädchen der Bund Deutscher Mädel (BDM) und für Jungen die Hitlerjugend (HJ) für die Erziehung außerhalb der Schule verantwortlich. Diese Organisationen gehörten damals schon immer zu den traditionellen Erziehungsstätten und sollen deshalb auch näher als wichtiger Teil des Schulsystems erwähnt werden. Schüler die nicht den nationalsozialistischen Vorstellungen entsprachen egal ob körperlich oder seelische Störungen vorlagen, wurden abgesondert und auf Hilfsschulen untergebracht.
Desweiteren wurden die deutschen Heimschulen eingeführt und für den Nachwuchs speziell in der NSDAP und der Wehrmacht, die sogenannten Adolf-Hitler-Schulen und Eliteschulen wie die Ordensburgen und die nationalpolitischen Erziehungsanstalten in Internaten eingeführt.
2.3.1. Die Hitlerjugend - HJ und der Bund Deutscher Mädel - BDM
Die HJ entstand 1926 und am Anfang gehörten ihr fast nur Jungen an. Sie war als Organisation der NSDAP unterstellt. 1930 wurde der Bund Deutscher Mädel BDM in die HJ eingegliedert.
Am Anfang ihrer Entwicklung war die HJ zahlenmäßig schwach und hatte Schwierigkeiten in ihrer Organisation. Außerdem haftete ihr ein zweifelhafter Ruf an eine harte und brutale Jugendgruppe zu sein.
Ohne die grundlegende organisatorische und theoretische Umwandlung des Reichsjugendführers Baldur von Schirrach wäre sie eine reine Kampftruppe geblieben. Erst durch das Gesetz zur Hitlerjugend von 1936 reifte sie zu einer allumfassenden Volksjugendgemeinschaft heran. Zu Beginn des zweiten Weltkrieges hatte die HJ und deren angeschlossenen Gruppen wie Jungvolk und BDM 8 Millionen Mitglieder.
Im Gesetz hieß es: „Die gesamte deutsche Jugend ist außer im Elternhaus und Schule in der Hitlerjugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen."
Die freiwillige Mitgliedschaft wurde kurz darauf zur Pflichtmitgliedschaft: „Alle Kinder und Jugendlichen vom 10. bis zum vollendeten 19. Lebensjahr sind verpflichtet in der Hitlerjugend Dienst zu tun..."
Werbeplakate zum Eintritt in die HJ und Jungvolk, 1939, Deutsches Hist. Museum Berlin Ende 1933 im Zuge der weit um sich greifenden Entwicklung der HJ hörten andere Jugendgruppen praktisch auf zu existieren. Schwierigkeiten bereiteten nur die katholischen Jugendgruppen, die noch bis 1933 unter dem Schutz des Artikel 31 des Nazi-Vatikan- Vertrages standen. Aber 1938 war es auch mit diesen Jugendgruppen offiziell vorbei. Der Widerstand anderer Jugendgruppen war gebrochen und, die HJ erlangte eine Monopolstellung als alleinige Jugendorganisation der Nazis. Jetzt war es möglich den Kindern und Jugendlichen Rassenbewusstsein, Gehorsam zur Partei und zum Volk/Vaterland und den Glauben an die uneingeschränkte Selbstaufopferung einzutrichtern, immer und an jedem Ort.
Im Rahmen des HJ-Dienstes stand an erster Stelle die körperliche Ertüchtigung.
Diese nahm mit der Zeit immer mehr wehrsportliche Züge an. Im Krieg wurde die Ausbildung in sogenannten Wehrertüchtigungslagern fortgesetzt.
Mit Blickrichtung auf den Krieg führte die militärische Ausbildung der Jungen später zum aktiven Fronteinsatz, z.b. als Flakhelfer.
An zweiter Stelle stand beim HJ-Dienst die politische Schulung. Im Rahmen dieser Schulung wurden die Jugendlichen vollkommen auf die nationalsozialistische Ideologie eingestellt. Hierzu gehörte Unterricht in Rassenkunde, Legenden aus der deutschen Geschichte und die Geschichte der NSDAP.
Werbeplakat „Jugend dient dem Führer" von Hein Neuner, 1939, Hist. Museum Berlin Neben der körperlichen und politischen Schulung mussten die HJ-Mitglieder noch eine Vielzahl von anderen Aufgaben übernehmen. In der Regel handelte es sich um Einsätze, wie z.b. Sammlungen, Teilnahme an Veranstaltungen der Nazis, Ernteeinsätze in den Ferien u.s.w.
Die Mitgliedschaft in der HJ/BDM bedeutete für die Kinder und Jugendlichen insgesamt:
- absoluter Gehorsam
- Reglementierung ihrer Freizeit bis ins Kleinste und
- keine Möglichkeit ihre Pubertät und die damit verbundenen Probleme altersgerecht auszuleben
Bis August 1934 wurden 12.000 HJ-Führer und 25.000 Jungvolkführer in dreiwöchigen Kursen ausgebildet.
Die 10-14jährigen Jungen hießen Deutsches Jungvolk und die Mädchen Jungmädel.
Die Eltern mussten die Kinder bis zum 15. März des Kalenderjahres in dem sie 10 Jahre alt wurden, anmelden, sonst drohten Geld- und Haftstrafen.
Ziel des Jungvolkes männlich und weiblich war die Erringung des DJ-Leistungsabzeichens.
Das Abzeichen wurde in Gold, Silber und Bronze verliehen und hatte Prüfungen in Geländesport (Springen, Werfen, Laufen), Schießen und Zelten, Kenntnisse des Lebenslaufes von Hitler, nationale Feiertage und ihre Bedeutung, 6 HJ-Lieder und 5 Fahnensprüche zum Inhalt.
Die jüngsten Mitglieder des Jungvolkes hießen Pimpfe und mussten zum Eintritt eine Pimpfenprobe ablegen:
- 60 m-Lauf in 12 Sekunden
- 2,75 m weit zu springen
- Schlagball mindestens 25 m werfen
- Beherrschen des Horst-Wessel-Liedes und des HJ-Fahnenliedes
In einem HJ-Zeltlager, Foto unbekannter Herkunft
Die Mädchen sollten neben der sportlichen Ertüchtigung verstärkt auf ihre Rolle als Frau und Mutter erzogen werden. Dazu wurde das BDM-Werk „Glaube und Schönheit" eingerichtet. Das bedeutete im Einzelnen die Vorbereitung auf das „ganz Frau sein", Unterordnung unter dem Mann, reines Hausfrauendasein, Verinnerlichung altmodischer und spießiger Moralbegriffe.
Mit Blickrichtung auf den Krieg wurden die Mädchen ebenfalls systematisch vorbereitet.
Sie erhielten eine Ausbildung im zivilen Luftschutz, im Gesundheitsdienst und ebenfalls wie die Jungen als Flakhelferin.
Werbeplakat BDM, um 1939 Deutsches Museum Berlin
Werbepostkarte der SS Ottomar Anton, Wien 1938-1944, Deutsches Hist. Museum Berlin
2.4. Die Eliteschulen
2.4.1. Die Adolf-Hitler-Schulen
Im Gegensatz zu anderen Schulformen waren die Adolf-Hitler-Schulen (AHS) von Anfang an als Führungsschule der Partei und der HJ konzipiert.
Neben der Sicherung des Parteinachwuchses bestand das Erziehungsziel der AHS in der Verwirklichung des Führungsanspruches der Nazi-Partei.
Nach dem Gesetz über die HJ von 1936, wo festgelegt wurde, das diese Organisation eine Nachwuchsorganisation für die NSDAP sein sollte, dies aber nicht in vollem Umfang erreicht wurde, brauchte die Partei eine neue Möglichkeit der Nachwuchssicherung. Diese sollte abgekoppelt von allen anderen Einflüssen aus Bildung, Erziehung und Wissenschaft existieren. Ein Einfluss anderer Ministerien, z.b. des Reichsministers für Volksbildung sollte ausgeschlossen werden.
Die AHS wurden als 6-klassige Oberschulen eingerichtet. Die Kinder wurden hier mit dem 12 Lebensjahr aufgenommen.
Die dort verwendeten Lehrmittel wurden eigens für die AHS herausgegeben und meist von der Lehrerschaft selbst entwickelt. Der Besuch dieser Schule war völlig kostenlos und die Schüler mussten keine Leistungen in Notenform nachweisen.
Statt einer individuellen Leistungseinschätzung wurde eine Leistungswoche durchgeführt, in der Klassen- und Schulleistungen in Wettkampfform abgelegt wurden.
Nach der erfolgreichen Beendigung der AHS erlangten die Schüler die Berechtigung zum Hochschulstudium.
Der Erfolg der AHS war jedoch über die gesamte Zeit sehr gering, da anderen Eliteschulen z.b. den nationalpolitischen Erziehungsanstalten mit Blickrichtung auf den bevorstehenden Krieg ein deutlich höherer Stellenwert zugeschrieben wurde.
2.4.2. Deutsche Heimschulen und Ordensburgen
Viele Privatschulen wurden 1933 aufgelöst. Die meisten Landerziehungsheime und Internatsschulen entsprachen nicht mehr der nationalsozialistischen Erziehungsvorstellung. Die deutschen Heimschulen sollten diese Aufgaben übernehmen. Sie standen für Kinder offen, deren Eltern in der Rüstungsindustrie und in der Wehrmacht stark eingebunden waren. Später im Krieg auch für Kinder, deren Väter gefallen waren.
Kinder von Beamten im Staatsdienst oder Kinder von hochrangigen Wissenschaftlern, die für wehrpolitische Projekte arbeiteten und forschten und irgendwo abgeschlossen von der Außenwelt lebten, hatten auch Zugang zu dieser Schulform. Diese Schulen hatten eine zeitlich begrenzte soziale Aufgabe speziell im Krieg zu erfüllen.
Die Aufgaben der Heimschulen wurde in erster Linie von der SS wahrgenommen, so hatte auch diese Organisation eine erzieherische Schlüsselposition in der Nachwuchsgewinnung inne.
Die Ordensburgen waren neben den AHS die Akademien der Partei. Hier sollte der Führungsnachwuchs der NSDAP herangezogen werden. Dieser Abschnitt der Ausbildung dauerte dreieinhalb Jahre und berechtigte zum Besuch von nationalpolitischen Erziehungsanstalten als der höchsten Form zu Kadergewinnung.
In den Ordensburgen erfolgte die Vertiefung des Wissens auf den Gebieten der Rassenkunde, der deutschen Vorgeschichte, Kultur und Wirtschaftsgeschichte. Die körperliche Ausbildung hatte auch hier einen großen Stellenwert.
2.4.3. Nationalpolitische Erziehungsanstalten
Diese Schulform war neben den Oberschulen im Lande die höchste Schulform, jedoch in erster Linie nur hochbegabten Schülern und Studenten vorbehalten.
Sie diente ausschließlich der Heranzüchtung von Führungskräften für Partei und Armee. Um dem Ziel einer totalitären Erziehung näher zu kommen, wurde vom normalen Stundenplan einer deutschen Oberschule abgewichen und organisierte den Tagesablauf abwechslungsreicher.
Hauptfächer waren Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Rassenkunde und Biologie.
Fremdsprachen waren Englisch und Latein. Mathematik wurde nur obligatorisch gelehrt.
Alle Schüler hatten neben den Hauptfächern jedoch die Möglichkeit, anders als bei normalen Oberschulen, sich entsprechend ihren Neigungen in Sonderabteilungen einzuschreiben. Dies waren:
- die humanistische Abteilung mit Griechisch und Latein
- mathematisch-naturwissenschaftliche Vertiefung
- sprachliche Sonderausbildung mit Französisch, Russisch und Spanisch
- künstlerisch-musische Ausbildung mit Malerei, Theater, Musik und Zeichnen
Desweiteren wurden die Wochenstunden durch eine Vielzahl von nationalpolitischen Unterricht und wöchentliche Vorträgen und Propagandafilmveranstaltungen ergänzt.
Der Unterricht wurde streng und hart durchgeführt und hatte nach Abschluss bestimmter Fächer stressige Prüfungen zur Folge.
Jedoch konnten sich die Schüler nach dem Unterricht auf abwechslungsreiche Freizeitgestaltung freuen. Anders als an anderen Schulen, wo der körperlichen Erziehung ein hoher Stellenwert zugesprochen wurde, konnten hier ausgefallenere Sportarten durchgeführt werden. Dies waren Segeln, Reiten, Schießsport unter Wettkampfbedingungen (Schützenmeister der Schule) und das Fahren mit LKW und Motorrad.
Diese Art der Beschäftigungen fand natürlich großen Anklang bei den Schülern und lenkte vom harten Unterricht ab.
Werbeplakate zum Eintritt der Studenten in den NSDAP-Studenten-Bund und in die HJ
Die Lehrerschaft und die Erzieher wurden eigens für diese Anstalten ausgebildet und zeichneten sich durch hohe fachliche Kompetenz und politisches Wissen im Sinne der Nazis aus. Die Erzieher sollten gemeinsam mit den Schülern eine feste Gemeinschaft bilden, deshalb wohnten sie auch mit den Jungen zusammen und betätigten sich auch sonst am gesamten Tagesablauf.
Sie wurden hauptsächlich aus den Führungsspitzen der SA und der SS sowie der HJ rekrutiert, sollten möglichst unverheiratet sein und wurden für drei Jahre eingestellt.
Die Klassen in den Anstalten wurden Züge genannt und die Klassensprecher waren Zugführer. Dieser war nicht nur Klassensprecher, sondern auch Stellvertreter des Klassenlehrers. Die Zugführer wurden jedoch nicht von den Schülern gewählt, sondern vom Anstaltsleiter ernannt.
Das Auswahlverfahren für den Besuch der Anstalten war besonders hart. Bereits in den 3. und 4. Klassen der Volksschule mussten von den Lehrern besonders begabte und politisch überzeugte Schüler den Kreisschulämtern gemeldet werden.
Lehrer und Erzieher der Anstalten konnten ihrerseits ohne Voranmeldung dem Unterricht in Volks-, Mittel- und Oberschulen beiwohnen und sich ein Bild vom Leistungsstand machen.
Werbeplakate der Panzertruppen und der Marine zum freiwilligen Beitritt der Jugendlichen, zwischen 1940-1943, Bei der Suche nach Schülern sah man nicht auf das soziale Umfeld der Eltern oder auf deren Vermögen, viel wichtiger war die Beurteilung nach erbbiologischen Gesichtspunkten.
Schwächliche und mit „Fehlern" behaftete Kinder wurden selbst bei hoher geistiger Befähigung abgelehnt.
Neben dieser Vormusterung in den kleinen Klassen der Volksschulen konnten auch ältere Schüler in die Anstalten aufgenommen werden. Diese mussten entsprechende Aufbaulehrgänge absolvieren, was jedoch nur an wenigen Schulen möglich war. Schwerpunkte der Auslese waren die rassische, charakterliche, geistige und körperliche Eignung. Von ungefähr tausend vorgeschlagenen Schülern (von Volksschulen und auch Eltern selbst) wurden nur 100-120 Schüler für die einwöchigen Aufnahmeprüfungen zugelassen. Die einwöchigen Prüfungen umfassten den morgendlichen Unterricht mit anschließenden Prüfungen in den Hauptfächern und Mathematik. Nachmittags wurde der Leistungsstand im Sport begutachtet. Hier mussten bestimmte Normen im Turnen, Schwimmen, Leichtathletik und Geländesport erfüllt werden.
Hatten die Schüler diese Prozedur überstanden wurden sie erstmals für nur ein halbes Jahr auf Probe in die Gemeinschaft aufgenommen.
Die Ausbildung in den nationalpolitischen Erziehungsanstalten war jedoch nicht kostenlos.
Die Elternbeiträge waren sozial gestaffelt und bewegten sich zwischen 20 und 150 RM monatlich. Kosten für Lehrbücher und sonstige Unterrichtsmittel mussten ebenfalls von den Eltern getragen werden. Freistellungen oder Urlaub bei privaten Anlässen in der Familie wurden nur selten genehmigt.
3. Alltag der Kinder und Jugendlichen
3.1. In der Familie und in der Schule
In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen gingen die Kinderzahlen leicht zurück.
Besonders in Familien von Angestellten, Freiberuflern und Selbstständigen wurde dies deutlich. Hier sollte erst die materielle Existenz der Familie abgesichert werden. Das durchschnittliche Heiratsalter lag damals erst bei 26.
Um Mängel in der häuslichen Erziehung auszugleichen wurden bereits vor Machtergreifung der Nazis Kindergärten eingerichtet. Die Nazis bauten die Anzahl der Kindergärten hauptsächlich in den Großstädten aus. Familien mit 6 oder 7 Kindern waren keine Seltenheit. Die Kinder mussten häufig ein Bett mit mehreren Geschwistern teilen und Kleidungsstücke wurden an jüngere weitergegeben. Auch sonst lebte man in sehr bescheidenen Stil. Trotzdem legte der Staat viel Wert darauf, dass die Kinder zu Ordnung, Sauberkeit und absolutem Gehorsam erzogen wurden. Bezugspersonen der Kinder waren häufig die Erzieher in den Kindergärten und Schulhorten. Die Väter waren meistens sehr streng und autoritär und deshalb gab es innige, gefühlsbetonte Bindungen meist nur zu den Müttern.
Nach dem Tagesablauf in der Schule und im Kindergarten ging die nationalsozialistische Erziehung in vielen Elternhäusern weiter. Die Kinder mussten Hausaufgaben machen die oft das Auswendiglernen von Nazigedichten zum Inhalt hatten, begleiteten die Väter auf Veranstaltungen der Nazis oder gingen in die Sportgruppen des Deutschen Jungvolkes oder der HJ. Die ideologische Einflussnahme durchdrang auch die kindliche Spiel- und Erlebniswelt. Das Kinderspielzeug reichte vom einfachen Lege- und Kartenspiel mit Nazisymbolen bis hin zu aufwendig gestalteten Blechspielzeug in Form von Militärfahrzeugen oder dem Führerauto. Puppenstuben hatten Abbildungen von Hitler und andere Nazigrößen. Puppen waren in Uniformen von HJ, BDM und Wehrmacht zu haben.
Großen Spaß machte es z.b. den Jungen Aufmärsche der Nazis und der Wehrmacht mit Spielzeugpanzern, Modellen von schweren Waffen und einer Vielzahl von Elastolinfiguren nachzustellen. Das Spielzeug war in den Geschäften reichlich vorhanden, jedoch konnten sich viele Familien das nicht leisten.
Kinderbücher förderten die systematische Erziehung zum Antisemitismus. In starkfarbigen Zeichnungen wurden die Kinder zum Rassenhass aufgerufen. Märchen der deutschen Geschichte, speziell aber deutsche Heldensagen wurde aufreißerisch abgedruckt und häufig im Sinne der Nazis inhaltlich verändert.
In Zigarettenpackungen und in Schokoladentafeln waren Bilderschecks eingelegt, die man am Kiosk gegen Sammelbilder eintauschen konnte. Hier wurden ganze Sammelreihen aufgelegt, wie z.b. „Deutsche Uniformen", „Das deutsche Heer im Manöver", „Deutsche Kolonien" u.s.w.
Süßwaren waren eingepackt in buntem Papier mit Hakenkreuz und SS-Zeichen, Bonbons und Lutscher hatten Hakenkreuze eingearbeitet.
Spielzeug:
Braunes Haus, um 1933, Böblingen, Eisenblech lackiert, Deutsches Hist. Museum Berlin
Die ständige Konfrontation mit den Symbolen der Nationalsozialisten prägten die Kinder und die Eltern hatten viele Zweifel an der Richtigkeit des neuen Systems abgelegt. Ältere Kinder, speziell von bestimmten Mitgliedern in SA und Polizei machten sich einen Spaß daraus, andere Arbeiterkinder, vor allem jene deren Väter den Kommunisten oder Sozialisten nahe standen zu verprügeln oder bei den Lehrern anzuschwärzen. Kinder dieser Eltern hatten es besonders in den Schulen nicht einfach. Wurde ihnen hier die Übermächtigkeit der deutschen Rasse und der Nazis vermittelt, mussten sie zu Hause anderes Gedankengut verarbeiten.
Hier kam es oft zu schweren Zerwürfnissen mit den Eltern, sie spionierten dem Vater bei dessen Versammlungsbesuchen nach, stöberten in Schränken nach verbotenen Schriften. Viele dieser Kinder jedoch gingen später in den Widerstand, unterstützten die Eltern im Kampf gegen die Nazis, klebten Plakate und verteilten Flugblätter.
Auch ihrerseits wurden nicht selten Prügeleien angezettelt, bei denen vorwiegend Kinder von kleineren Nazis das Ziel waren. Die meist erheblichen Strafen für die Eltern folgten auf dem Fuß.
In der Schule wurden die Hauptziele der Nazis in jedem Fach eingebaut.
Der schulische Tag begann meistens mit einem Fahnenappell, der meist Montags durchgeführt wurde.
Der Unterricht selbst wurde je nach Lehrfach streng durchgeführt. Noten gab es fast zu jeder Gelegenheit. Das Auswendigkönnen von Hitlers Lebenslauf sowie bedeutender Zahlen deutscher Geschichte wurden fast täglich abgefragt. Bei Nichtkönnen hagelte es schlechte Noten, oft aber auch Prügel mit dem Rohrstock.
Das Buch „Mein Kampf" wurde mehrmals gelesen. Die Jungen mussten Auszüge aus den Wochenzeitschriften wie „Der Kadett" oder „Der Pimpf" täglich interpretieren. Hier sollte der Wunsch gehegt werden, Soldat zu werden.
„Der Wagen des Führers", Spielzeugnachbildung des Mercedes Adolf Hitlers, 1940, Nürnberg, Eisenblech, Elastolinfiguren, Deutsches Hist. Museum Berlin Im Biologieunterricht wurden Rassemerkmale der einzelnen Bevölkerungsgruppen herausgestellt. Die deutsche Rasse wurde als hochwertig eingestuft, alles hatte sich dieser Aussage unterzuordnen. Jüdische Kinder wurden in den Biostunden oft durch die Lehrer diffamiert und lächerlich gemacht. Im Geschichtsunterricht wurden Verträge im Ergebnis des
1.Weltkrieges lächerlich gemacht und angezweifelt. Gebietsverluste im Ergebnis des Versailler Vertrages wurden erläutert und deren Wiedergewinnung propagiert. Hiermit sollte der massive Aufbau der Wehrmacht erklärt werden. Bücher die über die Schrecken des Krieges berichteten waren verboten.
Im Sportunterricht wurde Hauptaugenmerk auf Disziplin gelegt. Zum Appell musste man in Reihe und Glied stehen, die Lehrer kommandierten wie Offiziere. Schwächere Schüler wurden oft ermahnt sich anzustrengen, oftmals mit harten Strafen belegt. An nationalen Feiertagen wurde in Formation auf dem Schulhof angetreten, es wurde die Nationalhymne gesungen und die Hakenkreuzfahne gehisst. Besonders gute Schüler wurden vor versammelter Mannschaft gewürdigt, andere abgemahnt oder ausgeschlossen.
„Dem Führer - die Jugend“ Propagandapostkarte 1939, Lithografie, Deutsches Hist. Museum Berlin Die wirtschaftliche Lage der Haushalte war in den meisten Fällen sehr angespannt. Das Einkaufen bestimmter Nahrungsmittel war eine Glückssache. Oftmals waren Produkte des täglichen Bedarfs, speziell nach Kriegsbeginn nicht zu bekommen.
Zu Gunsten des Winterhilfswerkes wurden 1933 die sogenannten Eintopfsonntage eingeführt. Die Bevölkerung und die Restaurants waren auf Anordnung der Regierung verpflichtet, nur einfache Eintopfgerichte zu verzehren oder anzubieten. Der Preis sollte eine halbe Reichsmark nicht überschreiten, Differenzbeträge zum normalen Sonntagsessen sollten gespendet werden. Mitarbeiter der Volkswohlfahrt nahmen diese Spenden entgegen. Die Eintopfsonntage dienten nicht nur dazu ärmeren Leuten zu einer billigen Mahlzeit zu verhelfen, sondern auch zu Propagandazwecken.
Tag des Eintopf- gerichtes, Post- karte desWHV, 1933/34 DHM, Berlin Heute vorrätig, Kaufhausschild vom Kaufhaus Grill, Eisen 1940-1949, DHM Berlin
3.2. Alltag in den Organisationen (HJ und BDM)
Auch nach Schulschluss wurden die Kinder und Jugendlichen von der Politik einverleibt.
In der HJ und im BDM fanden die meisten Kinder und Jugendlichen Beschäftigung auch außerhalb der Schule.
Durch eine Vielzahl von Freizeitangeboten haben es die Nazis verstanden, die Kinder für die Mitgliedschaft zu begeistern.
Die Wehrertüchtigung und der Sport standen natürlich an erster Stelle. Dies wurde bereits erläutert.
Besonders begehrt waren in den Sommerferien die Wanderfahrten mit Zeltlager durch ganz Deutschland. Die Romantik eines Zeltlagers und Lagerfeuer, viele Abenteuer ließen die Herzen der Kinder höher schlagen.
Dies war oft auch die einzige Möglichkeit für Kinder aus ärmeren Familien die Seebäder oder die Alpen kennen zulernen. Einmal im Monat wurden Heimatabende durchgeführt. Jungen und Mädel trafen sich zu diesen Veranstaltungen separat. Hier wurden oftmals Soldaten eingeladen, um über das Leben bei der Armee zu berichten oder auch später von Kriegserlebnissen zu berichten. Die Jungs wurden in Kasernen eingeladen, konnten aus der Gulaschkanone essen und echte Waffen bestaunen und auch schießen.
Es wurden hier auch Wettkämpfe durchgeführt, wo man die begehrten Leistungsabzeichen und Taschenmesser der HJ gewinnen konnte. Abzeichen gab es fast zu jeder Gelegenheit.
Besonders beliebt bei den Jungen war der Beitritt zu bestimmten Gattungen der HJ.
Die Waffen-HJ, die Motor-HJ, die Flieger- und Marine-HJ waren oftmals schon die Entscheidung der Jungen, in welche spätere Waffengattung in der Wehrmacht Dienst getan werden sollte. Die Jungs wurden entsprechend ihrer Wahl ausgebildet: Waffenausbildung auch mit scharfer Munition, Motorrad- und LKW-Fahren, Segelfliegen und in der Marine-HJ Segeln und Seemannskunde. Reiten und Pferdepflege sowie der Umgang mit Funkgeräten waren andere Betätigungsfelder.
Sporttag des BDM, Bielefeld 1936, Deutsches Hist. Museum Berlin
In den Jugendfilmstunden wurden Filme vom Führer und andere Propagandafilme gezeigt, die Teilnahme war Pflicht.
Auch die musische Arbeit wurde gefördert. In den einzelnen Verbänden gab es Chorgruppen, Musik- und Fanfarenzüge und auch Theatergruppen. Auch hier wurden regelmäßig Leistungswettbewerbe durchgeführt. Zu den Reichsmusiktagen oder Reichstheatertagen wurden die besten Gruppen ausgezeichnet. Auch der berufliche Wettkampf der Lehrlinge zur Kontrolle der Berufsausbildung der Arbeiterjugend fand jährlich statt. Hier mussten Kulturprogramme aufgeführt werden und es ging in den jeweiligen Berufen um die besten Fertigkeiten und um Wissen (bester Schlosser, bester Schmied, bester Melker).
Es gab aber auch andere Aktivitäten der HJ und des BDM. Wichtig waren hier z.b. die zahlreichen Sondereinsätze. Dies waren in erster Linie Sammlungen aller Art. Geldsammlungen für das Winterhilfswerk, für die Volksfürsorge, Sammlungen von Altmaterial und Altkleidern waren zeitaufwendig und hatten einen hohen organisatorischen Aufwand.
In den Ferien ging es für die Kinder und Jugendlichen hauptsächlich auf das Land, zum Landdienst und zum Ernteeinsatz.
So waren die Kinder und Jugendlichen in den Sommerferien fast die ganze Zeit der nationalsozialistischen Beeinflussung ausgesetzt. Erst in den Zeltlagern der HJ an Ost- und Nordsee sowie im Gebirge, dann Ernte- und Sammeleinsätze oder die nationalen Leistungswettkämpfe. Auch zu Großveranstaltungen der NSDAP, oder z.b. bei der Olympiade 1936 in Berlin wurden viele Jugendliche als Helfer, Sanitäter oder Ordner eingesetzt.
Brettspiel
Geländeübung der HJ, Ludwigsburg, um1938
3.3. Alltag unter Kriegseinfluss
Mit dem Ausbruch des 2.Weltkrieges änderten sich die Bedingungen für die Kinder in der Schule und auch in den Jugendorganisationen.
Die HJ und BDM-Einsätze wurden zu einem kriegswichtigen Punkt.
Die neuen Anforderungen waren Luftschutz-, Melde- und Feuerwehrdienst in den Kommunen, Kurier- und Verladedienst bei der Wehrmacht, technische Hilfe bei Post und Bahn sowie Verpflegungs- und Telefondienst.
Eine der bedeutendsten Aktionen der HJ in den Kriegsjahren war die Kinderlandverschickung KLV.
3.3.1. Die Kinderlandverschickung (KLV)
Die KLV begann 1941. Durch die immer stärker werdende Bedrohung der Städte durch die Luftangriffe der Alliierten wurden die Kinder klassen- und Schulweise in ländliche Regionen evakuiert. Bis Kriegsende waren es ca. 2 Millionen Kinder, die meist in Schullandheimen, Zeltlagern, Pensionen und Jugendherbergen untergebracht wurden. Ursprünglich wurde die KLV als Ferienprojekt für gesundheitsgefährdete Stadtkinder geplant und wurde so auch von der Propaganda der Nazis erklärt.
„Kommt mit in die Kinderlandverschickung“, Plakat der Reichsjugendführung, Berlin 1943 Deutsches Hist. Museum Berlin Durch die Trennung vom Elternhaus und der gewohnten Umgebung konnten die Nationalsozialisten ihre totale ideologische Beeinflussung der Kinder noch besser durchführen. Die HJ war mit der Durchführung der KLV beauftragt. Die Kinder waren meist über mehrere Monate und in manchen Fällen auch über Jahre in diesen Lagern untergebracht und den HJ-Erziehern ausgesetzt. Durch den Weggang der Kinder in sicherere Landesteile wurden die Mütter von ihren Erziehungsaufgaben zwischenzeitlich befreit und konnten in der Rüstungsindustrie eingesetzt werden.
Die HJ-Lagermannschaften stammten oft aus den nationalpolitischen Erziehungsanstalten und waren in der Lagererziehung besonders hart und fanatisch. Der Schulunterricht kam in den lagern fast völlig zu Erliegen. Man plante sogar, die KLV-Lager auch nach dem Krieg beizubehalten um eine völlige Verschmelzung von Erziehung und Ideologie zu erreichen.
Plakat: „Eltern! Verschickt eure Kinder!“ Berlin um 1940, Deutsche Hist. Museum Berlin
3.3.2. Im Krieg
Mit dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges änderten sich die Bedingungen für die Erziehung der Kinder und Jugendlichen schlagartig.
Durch den sich wendenden Kriegsverlauf begann der Waffendienst der Jugendlichen. Vor allem durch die hohen Verluste an der Ostfront wurden immer mehr Soldaten vom Schutz des Reichsgebietes abgezogen und an die Front geschickt. Diese Lücken wurden mit Jugendlichen aufgefüllt. Besonders in den Flakstellungen um deutsche Industriegebiete und Großstädte wurden Jungen als Flakhelfer eingezogen. Durch die immer stärker werdenden Luftangriffe kam es daher zu starken Verlusten unter den Besatzungen der Flak-Batterien.
Mit der Fortdauer des Krieges bekamen immer mehr Jugendliche auch den Einberufungsbefehl zur Wehrmacht.
Aufruf an die Mädchen Kriegseinsatz als Luft- waffenhelferin, unbekannt „Wir alle helfen mit“, HJ in den Krieg
Die wichtigste Aufgabe der Mädchen war die Betreuung der Soldaten, der Lazarettdienst und Dienst als Luftwaffenhelferin oder auch im Arbeitsdienst zum Aufräumen nach Luftangriffen. Als die Kriegslage immer bedrohlicher wurde und die Verluste der Wehrmacht mehr mit normalen Mitteln ausgeglichen werden konnten, wurde der „totale Krieg“ verkündet. Jetzt konnte auch minderjährige Kinder zum direkten militärischen Einsatz herangezogen werden. 1944, als in Frankreich die zweite Front eröffnet wurde, kamen auch schon 16- und 17-jährige Schüler zum Einsatz. In der 12. SS-Panzerdivision „Hitlerjugend“, die in der Normandie eingesetzt wurde, kamen fast alle im Kessel von Falaise zu Tode. Je näher das Kriegsende rückte, um so mehr Kinder und Jugendliche wurden sinnlos geopfert „Nicht du bist der Maßstab, sondern die Front“ Postkarte der NSDAP, 1943, Willi Tschech Deutsches Hist. Museum Berlin
Die Lage wurde immer aussichtsloser und bis Kriegsende wurden daher fast 6 Millionen Menschen zwischen 16 und 60 Jahre alt in den „Volkssturm“ eingezogen. Dies war das letzte Aufgebot Hitlers gegen den drohenden Untergang. Die Männer und Jugendlichen, teilweise noch Kinder waren notdürftig bewaffnet, schlecht ausgebildet und im Kampf völlig unerfahren. Der militärische Wert der Volkssturmabteilungen war für den Ausgang des Krieges völlig bedeutungslos. Trotzdem kämpften die Volkssturmmänner dank der ideologischen Beeinflussung durch die Nazis bis zu ihrem Untergang, besonders im Osten des Deutschen Reiches war dies der Fall. In Ortschaften und zur Sicherung von Brücken oder in Großstädten bei Straßenkämpfen kämpften die Jugendlichen gegen einen übermächtigen Feind und fanden dabei den Tod. Insgesamt sind bei den Einsätzen des Volkssturms mehr als zehntausend Männer und Jugendliche gefallen.
Hitler zeichnet jugendliche Volkssturmkämpfer mit dem Eisernen Kreuz aus, 29.April 1945
Auch in den Städten und Gemeinden daheim wurde das Leben immer unerträglicher.
In den Schulen wurde tageweise der Unterricht abgesetzt, Nahrungsmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs waren Mangelware. Die Angst vor den immer stärker werdenden Luftangriffen der Alliierten und die Sorge um Mann und Sohn an der Front waren alltäglich. Die Kinder in den Schulen wurden aufgefordert, Altstoffe und Kleider zu sammeln, um die Rüstungsindustrie zu unterstützen.
„Um Freiheit und Leben“, zum Eintritt in den Volkssturm Reichspropagandaltg. 1944/1945 DHM Berlin
Zitat aus dem Bericht einer BDM-Leiterin in Berlin:
„In einem Vorort von Berlin sah ich eine Reihe toter Flakhelfer nebeneinanderliegen.
Eben erst war ein Luftangriff zu Ende gegangen. Die Flakstellung, in der diese Jungen Dienst taten, hatte mehrere Volltreffer abbekommen. Ich kam in einen Barackenraum, in dem sich die Überlebenden gesammelt hatten. An den Wänden entlang saßen sie auf dem Fußboden und wandten mir ihre vom Grauen verzerrten Gesichter zu. Viele weinten. In einem Raum lagen Verwundete. Einer von ihnen, ein Junge mit rundem, weichen Kindergesicht, straffte
sich, als ein Offizier ihn fragte, ob er Schmerzen habe: - Ja, aber das ist nicht wichtig, denn Deutschland muß siegen.“
Besonders in Berlin, dem letzten Hauptkampfplatz des Krieges, starben in den letzten Kriegstagen hunderte Kinder und Jugendliche bei Kampfhandlungen in den Reihen des Volkssturms und der Wehrmacht, viele wurden schwer verletzt und blieben zeitlebens behindert.
Die jahrelange ideologische Beeinflussung der Kinder in den Schulen und besonders in den Jugendorganisationen führten auch in den letzten Kriegstagen dazu, das die meisten der Kinder und Jugendlichen an die „deutsche Sache“ glaubten und versuchten die aussichtslose Situation abzuwenden.
Viele Säuglinge, Kindergartenkinder und kleinere Schulkinder, die besonders in den Großstädten lebten und nicht auf das Land verschickt wurden, litten unter Hunger und Kälte, verloren durch den Bombenhagel, z.b. in Dresden, ihr Leben oder wurden Waisenkinder.
Verschiedene Plakate:
- Kalender mit der Aufforderung zum Sammeln von Altstoffen, 1943
- „Der Feind sieht dein Licht, Sander & Herweg, DPA, 1940
- Plakat zum Einsatz im „totalen Krieg“, 1943, Berlin Deutsches Hist. Museum Berlin
4. Widerstand der Jugend
Der Widerstand bzw. die Opposition von Jugendlichen gegen das dritte Reich begann bereits 1933.
Einerseits entwickelte sich der politische Widerstand, der besonders unter Jugendlichen in den Reihen der SPD und KPD mit politischen Mitteln geführt wurde. Hier waren aber die Führungsspitzen bereits alle erwachsen, so das ich darauf nicht näher eingehen möchte. Zu erwähnen sind hier die Mitglieder des „Kreissauer Kreises“ und die „Rote Kapelle“.
Dagegen waren die Motive der allgemeinen Jugendopposition recht unterschiedlich.
Ein Teil der Jugendlichen wünschte sich eine freiere Jugendkultur, ein anderer Teil wollte die seit 1933 verbotenen bündischen Jugendgruppen wiederbeleben und wieder andere lehnte den Nazistaat aus rein religiösen Gründen ab. Viele Jugendlichen gingen aus reiner Abenteuerlust in die Opposition.
Der Widerstand der Jugendlichen wurde besonders stark, als die Kriegsvorbereitungen der Nazis in vollem Gange waren und es abzusehen war, das es bald zum Krieg kommt. Die Opposition der Jugend äußerte sich ganz unterschiedlich:
- Nichtteilnahme am HJ-Dienst
- Pflege alter Traditionen
- Ablehnung der Rassentheorie
- aktiver Widerstand, wie Sabotage, Flugblätter oder Anschläge
Die Jugendopposition wurde von den Nazis sehr ernst genommen, sie wurde systematisch verfolgt und aufs schwerste bestraft. Durch Rechtsbeugung wurden zum Teil auch Minderjährige zum Tode oder zu Zuchthaus verurteilt. Besonders die in der Arbeiterjugend organisierten Jugendlichen, die politischen Widerstand leisteten, wurden von Polizei, Gestapo und HJ verfolgt.
4.1. Widerstandsgruppen
4.1.1. Die Edelweißpiraten
Als die Nazis 1939 die Jugenddienstpflicht in den Reihen der HJ einführte und die Freiheit der Jugendlichen immer mehr einschränkte, bildeten sich wilde Jugendgruppen hervor, so auch die Edelweißpiraten, als größte Gruppe mit mehreren tausend Mitgliedern zwischen 14 und 17 Jahren in ganz Deutschland.
Sie entstanden aus den 1933 verbotenen bündischen Jugendgruppen, deren Tradition bis zu der Wandervogelbewegung 1899 zurückging.
Neben alten bündischem Gedankengut, wie Wandern, Volkslieder singen und Natur lieben, wurden diese Gruppen auch von Schriftstellern beeinflusst, u.a. von Karl May wegen der Abenteuer und Romantik in seinen Geschichten.
Die Jugendlichen hatten eine Antihaltung gegenüber dem Staat, aber kein politisches Konzept. Zu Beginn äußerte sich der Widerstand der Edelweißpiraten in der Durchführung verbotener Fahrten und Zeltlager. Zelten und Wanderfahrten waren zu diesem Zeitpunkt ausschließlich der HJ gestattet.
Um diese Fahrten zu unterbinden, wurde den Jugendlichen die nicht in der HJ waren, das Trampen verboten. Die Nazis bildeten den HJ-Streifendienst und führten Fahrtenerlaubnisscheine ein. Den Edelweißpiraten gelang es trotzdem, diese Fahrten zu planen und durchzuführen. Zusammenstöße mit der HJ waren vorprogrammiert und der friedliche Widerstand eskalierte in teilweise brutalen Schlägereien mit der Hitlerjugend. Eine andere Form war der provozierte Ungehorsam in der HJ, mit dem man erreichen wollte ausgeschlossen zu werden. Dies wurde gemeldet und die Jugendlichen bekamen Probleme in der Schule oder bei der Suche nach einer Lehrstelle.
Besonders verhasst waren den Edelweißpiraten die HJ-Führer, diese wurden oft in Fallen gelockt und zusammengeschlagen.
Flugblattaktionen und das Beschriften von Wänden wurden besonders nach Kriegsbeginn verstärkt. Sie hörten feindliche Radiosender ab und verbreiteten die Nachrichten öffentlich, was besonders gefährlich war.
Mit zunehmender Härte des Krieges entschlossen sich einige Mitglieder der Edelweißpiraten in den Untergrund zu gehen und Kontakt politischen Widerstandsgruppen aufzunehmen. Die sogenannte „Ehrenfelder Gruppe“ aus dem Kölner Stadtteil Ehrenfeld, um den geflohenen KZ-Häftling Hans Steinbrink und um Bartholomäus Schink, nahm Kontakt zum Nationalkomitee Freies Deutschland auf. Diese Gruppe war auch bewaffnet Man versteckte Juden, Flüchtlinge und Deserteure, verübte Diebstähle, um an Geld für Waffen zu kommen.
Je näher die Amerikaner im Westen Deutschlands an die Reichsgrenzen rückten, desto stärker wurde der aktive Widerstand der Edelweißpiraten. Man überfiel Gestapo- und HJ-Quartiere und verübte Mordanschläge auf Nazifunktionäre.
Die Nazis verfolgten und überwachten alle die in Verdacht standen Mitglied dieser Jugendgruppen zu sein, durch Spitzeltum in den Betrieben und Schulen und durch den gefürchteten Terror der Gestapo.
Bereits 1940 wurde das Jugend-KZ Moringen eingerichtet, in dem ca. 1000 Jugendliche dauerinhaftiert waren. Am 14. November 1944 wurden Bartholomäus Schink und seine Freunde ohne Gerichtsverfahren gehängt.
Neben den Edelweißpiraten gab es noch andere Gruppen, die ähnlich arbeiteten. Sie hatten Namen wie Harlem-Club, Navajos, Rotes-X und Kittelbachpiraten.
Bartholomäus Schink
Noch heute wird von den Nachfahren des Bartholomäus Schink darum gekämpft, ihn als Verfolgten des Naziregimes einstufen zu lassen. Er und die Mitglieder der „Ehrenfelder Gruppe“ werden jedoch noch heute als Verbrecherbande dargestellt. Da ein politisches Motiv für den Widerstand der Edelweißpiraten angeblich nicht erkennbar ist, wird ihnen diese Einstufung in den Geschichtsbüchern bis heute verwehrt.
4.1.2. Die Swing-Jugend
Die Swing-Jugend entstand aus dem Bürgertum der Großstädte, in den Jahren 1937/38.
Sie hatten, im Gegensatz zu den Edelweißpiraten, keine Wurzeln in den bündischen Jugendgruppen und wenig Interesse an Politik.
Sie wollten ein freieres Leben führen und eine eigene Kultur haben.
Es handelte sich hier um eine jugendliche Subkultur, die nicht nur auf Deutschland begrenzt war. Sie existierten Ende der dreißiger Jahre in allen westeuropäischen Ländern und in den USA, in Kanada und in Australien.
Es war die gleiche Erscheinung wie in den Sechzigern die Hippie-Bewegung oder später die Punks.
Die Liebe zur Jazz-Musik und zum amerikanisch-englischen Lebensstil war ihr Hauptinhalt. Man hörte amerikanische und englische Schallplatten, kleidete sich auffällig und veranstaltete Swing - Tanz - Partys.
Die Mädchen schminkten sich auffällig und trugen kurze Röcke oder lange, weitgeschnittene Hosen.
Ausschnitt aus der Zeitung „Der SA-Mann“, verbotener Swing-Tanz bei einer Party in der die Musik der Swing-Jugend verspottet wird
Dies alles passte nicht in die Ideologie der Nazis. Die Musik war für die Nazi-Ideologen „jüdische Niggermusik“, die Mädchen wurden als „unarisch“ angesehen. Die Mitglieder der Swing - Jugend verspotteten ihrerseits die HJ mit unzähligen Versen und Liedern, die bei den Swing - Partys gesungen wurden.
Ein Beispiel:
„Kurze Haare, große Ohren, so war die HJ geboren. Lange Haare, Tangoschritt - da kommt die HJ nicht mit! Oho, Oho! Es hat keinen Zweck, die HJ muss weg. Der Swing muss her, der peitscht viel mehr! Oho, Oho!
In den Tanzlokalen der Großstädte war das Swing tanzen verboten und es wurde stark kontrolliert. In der Folgezeit um 1941/42 wurden über 300 Mitglieder der Swing-Jugend verhaftet. Die Verhaftungswelle hatte zur Folge, das sich einige der Swing-Mitglieder begannen den Nationalsozialismus auch politisch zu bekämpfen. Hier kam es zu ersten Kontakten mit Mitgliedern der Gruppe der „Weißen Rose“.
Dieser Kontakt reichte den Nazis aus, um einige Swings wegen Hochverrat, staatsfeindlicher Propaganda und Wehrkraftzersetzung anzuklagen. Die erwarteten Todesurteile wurden jedoch nicht mehr vollstreckt.
Broschüre vom Völkischen Verlag über „entartete Musik“, 1939
4.1.3. Die „Weiße Rose“
Im Mai 1942 schlossen sich in München Studenten und Künstler der Universität zur Widerstandsbewegung die „Weiße Rose“ zusammen.
Diese Widerstandsgruppe führte von Anfang an den Kampf mit Flugblättern und verbotenen Schriften, in denen das Naziregime offen angegriffen wurde.
Die Münchener Gruppe unterhielt Kontakte in fünf weitere Großstädte, unter anderem auch Hamburg.
Die Hauptakteure der „Weißen Rose“ waren Hans und Sophie Scholl, Kurt Huber, Alexander Schmorell, Christoph Probst, Willi Graf und Hans Leipelt.
Im Juli 1942 wurden Flugblätter in Umlauf gebracht, in denen die Verbrechen an den Juden angeklagt werden und wo zum aktiven Widerstand aufgerufen wird.
Von Juli bis November 1942 waren einige der Mitglieder als Soldaten an der Ostfront.
Unter dem Eindruck des Krieges an der Front und nach der Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad, hofften die Mitglieder der „Weißen Rose“ auf einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung gegenüber den Nazis und auf neue Kräfte im Kampf gegen den Faschismus. Die Geschwister Scholl entschlossen sich beide, den Flugblattentwurf zu ihrer Hauptaufgabe im Kampf gegen den Krieg zu machen. Sie schrieben gemeinsam mit Kurt Huber die Endfassung des Flugblattes „Aufruf an alle Deutschen“ und „Deutsche Studenten und Studentinnen“.
Ein deutsches Flugblatt/Manifest der Münchner Studenten, Englisches Abwurfflugblatt mit Inhalten aus dem sechsten Flugblatt der „Weißen Rose“, Juli 1943, DHM Berlin
Die Flugblatt-Aktionen wurden auf viele Großstädte ausgedehnt und auch in Österreich verteilt. Zehntausende von Flugblättern kamen so unter die Bevölkerung. Mit Aufschriften wie „Nieder mit Hitler“, „Hitler der Massenmörder“, „Freiheit“ sowie „Führer wir danken dir“ wurden in ganz Deutschland Wände und Mauern in nächtlichen Geheimaktionen beschriftet.
Am 18. Februar 1943 legten die Geschwister Scholl ca. 2000 Flugblätter in der Universität in Päckchen ab. Sophie Scholl warf mehrere Bündel der Flugblätter vom zweiten Stock in das Uni - Eingangsportal. Der Hausmeister der Uni, der diese Aktion beobachtete, verriet die Studentin bei der Schulleitung. Noch am gleichen Tag wurden Hans und Sophie Scholl sowie weitere führende Mitglieder der „Weißen Rose“ von der Gestapo verhaftet.
Am 22. Februar 1943, vier Tage nach der Verhaftung wurden die Geschwister Scholl und Christoph Probst vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.
Nach ihrer Verurteilung sahen sie der Hinrichtung tapfer und mit Zuversicht entgegen, dass ihr Handeln und Tun nicht vergeblich gewesen sei.
„Wir haben alles, alles auf uns genommen, das wird Wellen schlagen“, sagte Sophie Scholl im Gefängnis zu ihrer Mutter.
Noch am selben Tag, wenige Stunden nach der Urteilsverkündung wurden sie hingerichtet. Kurt Huber und Alexander Schmorell wurden am 13.Juli bzw. 12.Oktober 1943 hingerichtet.
13 weiter Mitglieder der „Weißen Rose“ wurde inhaftiert oder zwangsweise an die Front geschickt.
Die Aktionen der „Weißen Rose“ wurden in einer Zeit durchgeführt, als bereits viele Deutsche an den Ausgang des Krieges zweifelten. Darum hatte die Gestapo verstärkt Widerstandsgruppen verfolgt und auch der Volksgerichtshof mit besonders harten Strafen geurteilt.
Sophie Scholl Hans Scholl
5. Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit macht deutlich, das es möglich ist, das ein Staat die Erziehung von Kindern und Jugendlichen beeinflussen kann und in bestimmte Bahnen lenken kann. Hitler und seine Bediensteten haben das gezeigt.
Die nationalsozialistische Erziehung der Kinder war zu keinem Zeitpunkt auf das Wohl des einzelnen Menschen ausgerichtet. Der Erziehung unter den Bedingungen des 3.Reiches konnten sich die Kinder und Jugendlichen kaum entziehen.
Die ständige Einflussnahme des Staates in Elternhaus, Kindergarten und Schule und die andauernde Herausstellung der Bedrohung der deutschen Rasse durch andere Bevölkerungsgruppen haben Kinder und Jugendliche charakterlich im Sinne der Nazis verformt.
Der Einfluss des Staates durch eigens für das Heranziehen von neuen getreuen Dienern der Nazidiktatur geschaffenen Organisationen wie HJ und anderen Schulformen reichte bis in die Familien hinein.
Die Mittel, mit denen man die Kinder für sich gewann, waren sehr sorgfältig ausgesucht.
Hitler machte sich die Interessen und Vorlieben der Kinder und Jugendlichen zunutze und konnte so großen Einfluss ausüben, indem er die Kinder für seine Zwecke benutzte. Die Kinder und Jugendlichen hatten keinen Freiraum mehr für ihre eigene Entwicklung und ihre eigenen Bedürfnisse.
Deutlich erkennbar ist die Unmenschlichkeit der nationalsozialistischen Erziehung daran, das Jungen und Mädchenvollständig auf den Krieg vorbereitet wurden. Der Übergang vom Kindesalter in die Welt der Erwachsenen war völlig in den Hintergrund getreten. Die normale kindliche Entwicklung sowie die Phase der Jugendlichen, in denen sie auch andere Erfahrungen, wie Liebe oder Sexualität machen, wurde von den Nazis völlig blockiert. Den Kindern wurden ihre Interessen vorgeschrieben und durch das spießige Denken des Staates wurden andere Sachen unterdrückt.
Da die Gesellschaft in allen Bereichen mit der nationalsozialistischen Ideologie verseucht war und eine Abweichung davon nicht geduldet wurde, kam es speziell bei den einzelnen Widerstandsgruppen der Jugend automatisch zu Konflikten.
Am Beispiel der Swing - Jugend kann man das erkennen, normale Jugendmode wurde verfolgt und bestraft.
Durch das Einbeziehen der Familie und der Schule in die Kriegsvorbereitungen wurden für viele Kinder und Jugendlichen die schrecklichen Folgen eines Krieges wissentlich einkalkuliert und geduldet. Viele Kinder wuchsen mit Kriegsspielzeug auf, die Jugendlichen lernten den Umgang mit Waffen. Nach und während des Krieges wurde den Kindern ständig eingeredet das Deutschland niemals untergeht oder den Krieg verliert. Für viele Kinder blieb der Krieg eine Art Spiel. Die Folgen waren fürchterlich, viele konnten die Kriegsniederlage nicht begreifen.
Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen kam aus der Schicht der Arbeiterklasse.
Ein Teil davon konnte sich den Nazi - Ideologien nicht entziehen, da schon die Eltern auf bessere Zeiten durch Hitler hofften.
Der andere Teil wurde im Sinne der Arbeiterbewegung erzogen, was zum Antifaschismus führte.
Diese Zeit des Nationalsozialismus darf sich nicht wiederholen. Die Folgen des 2. Weltkrieges und der Nazidiktatur haben gezeigt wie gefährlich es ist, wenn sich Menschen beeinflussen lassen und wie schlimm es ist, wenn gerade bei Kindern damit angefangen wird.
7. Quellenangaben
1. Der Brockhaus in fünf Bänden, 8.Auflage
2. „Alltag im dritten Reich“, Frank Grube und Gerhard Richter, Hoffmann & Campe Verlag
3. G. Knopp, „Hitlers Kinder“, 1.Auflage, Bertelsmann-Verlag, 2000
4. Buchners Kolleg Geschichte: „Von der französischen Revolution bis zum Nationalsozialismus“, C.C. Buchners Verlag Bamberg, 1994
5. Buchners Kolleg Geschichte: „Vom 2.Weltkrieg bis zur Gegenwart“, C.C. Buchners Verlag Bamberg, 1994
6. M. Schneider, „Geschichte der Arbeiter und Arbeiterbewegung in Deutschland seit Ende des 18. Jahrhunderts“, Dietz-Verlag, 1999
7. I. Geiss, „Geschichte des Rassismus“, Suhrkamp-Verlag Frankfurt a.M., 1998
8. Marion Brigitte Pausch, „Weiße Rose“, Microsoft Enzyklopädie
9. H. Giesecke, „Hitlers Pädagogen“, Weinheim/München, 1993
10. W. Keim, „Erziehung unter der Nazidiktatur“, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt
11. Matthias von Hellfeld, Inge Jens u.a., „Piraten, Swings und Junge Garde“, Jugendwiderstand im Nationalsozialismus, Dietz-Verlag, 1991
12. Das große DATA - Becker Lexikon, Ausgabe 2001
13. Meyers Enzyklopädie in drei Bänden, Leipzig, 1976
Im Internet:
Deutsches historisches Museum Berlin: www.dhm.de unter anderem:
- www.dhm.de/lemo/html/wk2/alltagsleben
- www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik
- www.dhm.de/lemo/html/nazi/organisationen/jugend
- www.edelweißpiraten.de
Suchmaschine www.Google.de für Bildmaterial
- Quote paper
- Ulrike Hochegger (Author), 2002, Kinder im 3.Reich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107348
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