Gliederung
I. Einleitung: Der antike Roman - eine problematische Gattung Seite
II. Ein Beispiel für den lateinischen Roman: Petronius, Satyrica
1. Vorbemerkungen
2. Der Roman des Petronius
3. Realität im Roman des Petronius: Der Umgang mit fugitivi in der Kaiserzeit
III. Ein Beispiel für den griechischen Roman: Longos, Daphnis und Chloe
1. Der Roman des Longos
2. Kindesaussetzung im Roman des Longos: Ein Thema zwischen Fiktion und Realität
IV. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
I. Einleitung: Der antike Roman - eine problematische Gattung
Die Beschäftigung mit dem antiken Roman wird von vornherein1 durch Assoziationen erschwert, die durch den problematischen Namen dieser Gattung hervorgerufen werden. Dabei hat der antike Roman wenig mit dem gemeinsam, was man in der heutigen Zeit im allgemeinen unter einem Roman versteht. Überhaupt erscheint es mir aufgrund der Verschiedenartigkeit der betreffenden Texte problematisch, sie alle unter einem einzigen Gattungsbegriff zu summieren. Andererseits stellt sich dieses Problem auch bei anderen Gattungen, und für die wissenschaftliche Diskussion ist eine einheitliche Bezeichnung der zu behandelnden Materie unerlässlich. Es muss aber klar herausgestellt werden, dass antike und moderne Romane allenfalls im Hinblick auf ihre Eigenschaft als fiktionale Texte miteinander vergleichbar sind und dass der antike Roman seinen Namen erst im Nachhinein von seinem modernen Pendant übernommen hat. Ansonsten ist der antike Roman eine schwer greifbare Gattung, und der Gattungsname ”Roman” kann in diesem Zusammenhang am ehesten als Sammelbegriff für die fiktive Prosa der griechischen und römischen Antike aufgefasst werden. Wer auch immer sich mit diesen fiktionalen Texten beschäftigt, sieht sich also mit diesem Problem der unbewussten Voreingenommenheit konfrontiert. Aber immerhin ist ja die Fiktionalität die Grundeigenschaft sowohl des antiken als auch des modernen Romans, wodurch das geschilderte Problem etwas relativiert werden kann. Allerdings sind auch mit dem Begriff der Fiktionalität gewisse Schwierigkeiten verbunden. So genügt es nicht, Fiktionalität als bloßen Sammelbegriff für all das zu verstehen, was vom Autor erfunden ist und nicht der Wirklichkeit entspricht. Vielmehr gibt es verschiedene Auffassungen von Fiktionalität. So verschieden nun diese Theorien auch sein mögen: keine von ihnen bestreitet, dass es gewisse Beziehungen zwischen dem narrativen Text und der Wirklichkeit gibt.2 Dabei wird im allgemeinen vorausgesetzt, dass jede fiktionale Darstellung Realität enthält und dass deshalb ein fiktionaler Text - also auch ein Roman - einer historischen Fragestellung zugänglich ist.3 Allerdings wird die Debatte um die Fiktionalität heute fast ausschließlich auf dem Gebiet der Literaturwissenschaften geführt.
WERNER RIESS ist einer der Wenigen, die versuchen, einen historischen Zugang zum antiken Roman zu finden. RIESS argumentiert, der Autor eines Romans erfinde sich nicht seine eigene Welt, sondern die fiktive Welt sei in der Regel im Hinblick auf Bekanntes strukturiert.4 So kommt er zum Begriff des mimetischen Realismus: Die Wirklichkeit wird im Roman nicht dargestellt, sondern nachgeahmt. Fiktionalität offenbart sich somit als etwas Vielschichtiges. Es gibt keine rein fiktionalen und keine rein realistischen Texte. Vielmehr sind verschiedene Grade von Fiktionalität zu unterscheiden. Bei der Einordnung des antiken Romans in diese ”Fiktionalitätsskala” muss aber bedacht werden, dass es gar nicht die Absicht dieser Gattung ist, Realität wiederzugeben. So ist der Roman also im Bezug auf den Realitätsgehalt auf der untersten Stufe anzusiedeln. Das heißt aber nicht, dass er keine realen Elemente enthält. Jedoch sind diese realen Elemente allenfalls im Hintergrund zu suchen, weil eben die Intention eines Romanautors eine andere ist als die eines Historiographen. Dass reale Elemente aber auch im Roman vorhanden sein müssen, wird spätestens dann klar, wenn man bedenkt, dass jeder Text, gleichgültig welcher Gattung und Zeit, in einem sozialen und politischen Kontext steht. Der Autor schreibt schließlich für ein bestimmtes Publikum, dessen Ansprüchen er genügen muss. Dann aber muss sich jeder fiktionale Text in irgendeiner Weise auf die Lebenswelt seines intendierten Publikums beziehen, das heißt die Rezeption dieses Textes ist immer Konfrontation mit einem Wirklichkeitsmodell. Wenn man auch direkte Realitätsbezüge im Roman wohl nur selten antreffen wird, so wird man doch immer wieder auf Realitätsbausteine stoßen, die der Autor in sein Werk einbaut. Diese Realitätsbausteine wählt er aus und kombiniert sie so, wie es am ehesten seiner Intention entspricht, nämlich der Unterhaltung seines Publikums. Die außertextuelle Realität wird also um- und neuorganisiert. Aufgrund dessen stellt KURT TREU ein ambivalentes Verhältnis des antiken Romans zur Realität fest, das dadurch bedingt ist, dass eine fiktive Handlung in einen historischen Rahmen gesetzt wird. Zu diesem historischen Rahmen stellt er grundsätzlich fest: ”Jede literarische Gattung und jedes Einzelwerk entspringt aus gesellschaftlicher Realität, ist Produkt einer gesellschaftlichen Umwelt, bringt deren Situation, Anschauungen und Bedürfnisse zum Ausdruck.”5 Hat also nicht die Existenz der Gattung per se schon in gewissem Maße Quellenwert? Die Notwendigkeit ihres Entstehens ist doch offensichtlich eine Antwort auf gesellschaftliche Bedürfnisse und Veränderungen.
So betrachtet, lässt sich auch in fiktionalen Texten ein gewisser Realitätsbezug feststellen. Aber auch der Begriff der Realität bringt Probleme mit sich. So stellt z. B. JOHN BODEL in seiner Dissertation zu Petrons Satyricon fest, dass es überhaupt keine allgemeingültige Definition des Begriffes ”Realität” bzw. ”Realismus” gibt.6 Dazu kommt, dass der antike und der moderne Realitätsbegriff keineswegs identisch sind. Ein antiker Romanleser ging z. B. davon aus, dass Träume, Visionen und Magie Elemente einer realistischen Darstellung sein können. Der moderne Leser würde solche Darstellungselemente wohl eher für Produkte der Phantasie des Autors halten.
Trotz der geschilderten Probleme kann also der antike Roman durchaus Quellencharakter besitzen, aber er kann nicht mit anderen schriftlichen Quellen gleichgesetzt werden. Es ist jedoch durchaus möglich, den Roman mit anderen, objektiver erscheinenden Quellen zu vergleichen. Dadurch böte sich die Möglichkeit, zumindest einige der zweifellos vorhandenen realen Details aus dem fiktionalen Gesamtbild herauszufiltern. Dabei muss aber immer die bereits angesprochene Intention des jeweiligen Autors berücksichtigt werden: Es ist nicht Ziel des Romans, direkte Lebensnähe und historische Korrektheit zu erreichen, sondern der Roman zielt in erster Linien auf die Unterhaltung seines Publikums ab. Deshalb will der Roman das Besondere, nicht das Alltägliche, in den Vordergrund stellen. Aber dennoch - oder gerade deshalb -: Für Historiker, die sich vor allem mit der Sozialgeschichte beschäftigen, bietet der antike Roman unter Umständen mehr Details als z. B. die Historiographie. Diese Gattung beansprucht zwar die Darstellung der Realität, beschränkt sich aber im allgemeinen auf das politische Geschehen.7 Roman und Historiographie haben also offensichtlich gegensätzliche Intentionen, aber ein Vergleich der beiden Gattungen zeigt aufs Neue, was bereits am Anfang dieser Arbeit festgestellt worden ist: Es gibt keine reine Fiktion, und auch eine ”objektive” Gattung wie die Historiographie kommt nicht ohne fiktive Elemente aus. Mit einem historischen Kern ist auch in der Historiographie immer etwas Fiktionales verbunden. Zieht man den Umkehrschluss, so können auch antike Romane historisch gelesen werden. Denn sowohl Romanhaftigkeit als auch Historizität sind in beiden Gattungen, im antiken Roman und in der Historiographie, enthalten. Dann aber müssen auf beide Gattungen die gleichen historisch-kritischen Methoden anwendbar sein. Wie ist dann eine völlige Ausklammerung fiktionaler Texte aus dem ”Quellenkanon” noch zu rechtfertigen? Wenn auch bei der historischen Untersuchung des antiken Romans Vorsicht geboten ist, so kann er doch - bei angemessener Vorgehensweise - nicht nur andere Quellen bestätigen, sondern auch einen Mehrwert gegenüber „herkömmlichen“ Quellen liefern. Dieser Mehrwert ist im Folgenden zu charakterisieren.
II. Ein Beispiel für den lateinischen Roman: Petronius, Satyrica
1. Vorbemerkungen
Die Beschäftigung mit der Frage nach dem Realitätsgehalt des antiken Romans macht eine Unterscheidung zwischen griechischen und lateinischen Romanen notwendig. Die beiden überlieferten lateinischen Romane - die Romane des Petronius und des Apuleius - vermitteln den Eindruck größerer Lebensnähe als die griechischen Romane. KURT TREU erkennt diese scheinbare Lebensnähe vor allem in der Direktheit und Obszönität der Sprache in den lateinischen Romanen.8 In den griechischen Romanen dagegen ist es wesentlich schwerer, Realitätsbezüge herauszufiltern, denn die Handlung dieser Romane ist gewöhnlich in eine ferne Vergangenheit zurückverlegt und der historische Hintergrund wird weitgehend ausgeblendet. Dadurch ist die Datierung der griechischen Romane wesentlich schwieriger als die der lateinischen. Somit erscheinen die lateinischen Romane zunächst einmal geeigneter für eine Verwendung als historische Quelle. Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.
Auch die lateinischen Romane, die nun näher betrachtet werden sollen, kommen trotz ihrer scheinbaren Lebensnähe nur mit starken Einschränkungen als Quellen in Betracht, denn die Fiktionalität ist auch in diesen Romanen das dominierende Merkmal. Jedoch ist festzuhalten, dass Petron und Apuleius nicht die Technik der idealisierenden griechischen Romane verwenden. Ihre Werke spielen in der zeitgenössischen Gegenwart, nicht in einer verklärten Vergangenheit. Handlungsträger sind überwiegend Personen aus den untersten sozialen Schichten; das gilt allerdings teilweise auch für den griechischen Roman. WERNER RIESS spricht in diesem Zusammenhang von einer „realistisch anmutenden Fiktion eines gesamtgesellschaftlichen Panoramas.“9 Jedoch sollte man sich generell vor Pauschalisierungen hüten. Trotz des gemeinsamen problematischen Gattungsnamens hat jedes Einzelwerk seine eigenen Charakteristika. So muss im Hinblick auf Petrons Satyrica bedacht werden, dass dieses Werk nicht nur ein Roman, sondern in erster Linie eine Satire vom Typ der menippeischen Satire ist, was deutlich an der in die Prosaerzählung eingestreuten Lyrik erkennbar ist. Diese besondere Eigenschaft erhöht zwar einerseits den Realitätsgehalt des Werkes gegenüber anderen Romanen, denn schließlich braucht die Satire den Bezug zur Realität mehr als jede andere Gattung, wenn sie ihren Zeitgenossen in karikierender Weise einen Spiegel vorhalten will. Andererseits stellt sich die Frage, wie die tatsächlichen historischen Gegebenheiten, so sie den auffindbar sind, von der in der Satire besonders stark ausgeprägten Ironie und Übertreibung zu trennen sind. Aber der Quellenvergleich dürfte auch hier weiterhelfen.
2. Der Roman des Petronius
Um die ausgewählten Quellen besser in den Gesamtkontext einordnen zu können, soll zunächst der Inhalt der Satyrica in groben Zügen nachgezeichnet werden.10
Der Roman des Gaius Petronius Arbiter (gest. 66 n. Chr.) umfasste in seiner Urgestalt 16 Bücher, von denen nur wenige fragmentarisch erhalten sind. Im Mittelpunkt der überlieferten Abschnitte des Romans steht ein junger Mann mit Namen Encolpius. Dieser schildert seine Erlebnisse, Liebesabenteuer und Schicksalsschläge, die er durch den Gott Priapus vor allem in den griechischen Städten Unteritaliens zu erleiden hatte. Die ersten Kapitel handeln von einem Gespräch des Encolpius mit dem Redner Agamemnon über Rhetorik und Bildung. Mit seinem Gefährten Ascyltus streitet sich Encolpius daraufhin um den Knaben Giton, den beide für sich beanspruchen. Encolpius, Ascyltus, Giton und Agamemnon nehmen dann an einem Gastmahl des Trimalchio, eines neureichen Freigelassenen, teil. Die Beschreibung dieser Cena Trimalchionis bildet den größten Teil des erhaltenen Textes. In einer Bildergalerie lernt Encolpius daraufhin den moralisch anrüchigen Dichter Eumolpus kennen. Nach einer Textlücke folgt die Beschreibung einer Schiffsreise, die Encolpius, Eumolpus und Giton gemeinsam unternehmen. Das Schiff gehört jedoch Lichas von Tarent, einem früheren Feind des Encolpius, und auch der Versuch der drei Freunde, sich als Sträflinge zu tarnen, bewahrt sie nicht vor Denunziation und Bestrafung. Nach einem Prozess und handgreiflichen Auseinandersetzungen versöhnen sich die Parteien wieder. Das Schiff aber sinkt in einem Seesturm, und die drei Freunde werden in der Nähe der Stadt Kroton an Land gespült. Encolpius berichtet abermals von Liebesabenteuern, und am Ende des uns erhaltenen Textes steht das Testament des Eumolpus, verbunden mit dem Wunsch, dass sein Leichnam nach seinem Tod verzehrt werden möge.
3. Realität im Roman des Petronius: Der Umgang mit fugitivi in der Kaiserzeit
Im Folgenden soll nun versucht werden, anhand eines ausgewählten Aspektes den Realitätsgehalt dieses Werkes etwas näher zu beleuchten. Als Aspekt habe ich den Umgang mit entflohenen Sklaven in der römischen Kaiserzeit gewählt, denn zum einen spielt der Roman offensichtlich in eben dieser Zeit, zum anderen finden sich besonders in der Beschreibung der Schiffsreise zahlreiche Hinweise auf den Umgang mit diesen Entflohenen.11
Wenn ein Sklave floh, um sich so dem Eigentum seines Herrn zu entziehen, dann galt das als schweres Vergehen. Deshalb entwickelte sich ein besonderes Bestrafungsverfahren für diese fugitivi. Sklaven, die nach einer Flucht wieder gefangen wurden, sollten deutlich gekennzeichnet werden. Deshalb wurden sie geschoren und gebrandmarkt. Neben diesen meist auf der Stirn eingebrannten stigmata wurden auch verbera (Schläge), die häufigste Sklavenstrafe, und vincula (Fesseln) angewandt. Die für den Sklaven härteste Strafe war aber die Brandmarkung, denn sie war mit erheblichen rechtlichen Folgen für den Betreffenden verbunden. Schläge und Fesselungen hatten eher den Charakter von Zusatzstrafen. Die schlimmste Folge der stigmata ereilte den Sklaven meist erst im Falle einer Freilassung: Aufgrund der lex Aelia Sentia aus dem Jahr 4 n. Chr. konnte ein freigelassener Sklave, der mit einem stigma versehen war, nicht das römische Bürgerrecht erlangen. Stattdessen erlangte er lediglich den Status eines peregrinus. Damit wiederum waren erhebliche rechtliche Nachteile verbunden, die ihm ohne das stigma erspart geblieben wären. Zwei Ziele verfolgte der römische Staat mit dieser Regelung: zum einen war die Brandmarkung eine Warnung an die Sklaven insgesamt, zum anderen diente sie dem Schutz des römischen Bürgerrechtes. Bezüglich des dargestellten Umgangs mit den fugitivi liegen einige schriftliche Quellen vor. An dieser Stelle seien nur die Augustus-Vita des Sueton, die Institutiones des Gaius und die Regulae des Ulpian genannt.12
Für einen Sklaven bedeutete die Bestrafung mit einem stigma das Absinken innerhalb der Sklavenhierarchie. So gehörten gebrandmarkte Sklaven zu den servi male noti,13 einer Gruppe, die auf der untersten Stufe dieser Hierarchie angesiedelt war.
Die langfristigen Folgen der Brandmarkung sind verständlicherweise in erster Linie darauf zurückzuführen, dass sich das stigma, wenn überhaupt, nur sehr schwer entfernen ließ und weil es, wie schon erwähnt, nachweislich auf der Stirn angebracht wurde, wo es nicht übersehen werden konnte. Auch von der Kopfbehaarung konnte es nicht bedeckt werden, denn die war vorher entfernt worden. Wie verbreitet die Brandmarkung in der realen Welt der Antike gewesen sein muss, zeigen zahlreiche Belege aus schriftlichen Quellen, in denen Medikamente vorgeschlagen werden, die angeblich das stigma zum Verschwinden bringen sollten. Hier seien vor allem Plinius der Jüngere, Columella, Galen, Oreibasios und Aetios genannt.14 Sie empfehlen als ”Heilmittel” gegen stigmata z. B. Ranunkel, Alraun, Kapernblätter, Kresse oder auch zusammengesetzte Pharmaka. Sogar Taubenmist wird für das Entfernen von Brandmalen vorgeschlagen.
Es kann also davon ausgegangen werden, dass das stigma der fugitivi in der römischen Kaiserzeit eine bekannte Erscheinung gewesen ist.
Ein recht anschauliches Beispiel für den beschriebenen Umgang mit fugitivi bietet eine Szene im Roman des Petron. Nach der ausführlichen Darstellung der Cena Trimalchionis schildert der Autor im darauf folgenden erhaltenen Text eine Schiffsreise, die die Hauptperson Encolpius zusammen mit dem Dichter Eumolpus und seinem Freund Giton auf dem Schiff ihres Gegners Lichas unternimmt, vor dem Encolpius eigentlich auf der Flucht ist. Die Reise soll nach Tarent führen, aber die drei finden erst heraus, dass sie sich auf dem Schiff des Lichas befinden, als sie schon auf hoher See sind. Nun überlegen sie sich, wie sie der drohenden Gefahr entgehen können. Viele Vorschläge werden gemacht, aber alle werden schließlich verworfen. Verzweiflung kommt auf, und schließlich wollen sich Encolpius und Giton ins Meer stürzen, weil sie keinen anderen Ausweg mehr sehen. Eumolpus aber versucht, sie davon abzuhalten:
‘ nec istud dii hominesque patiantur ’ Eumolpus exclamat ‘ ut vos tam turpi exitu vitam finiatis. immo potius facite quod iubeo. mercennarius meus, ut ex novacula comperistis, tonsor est: hic continuo radat utriusque non solum capita sed etiam supercilia. sequar ego frontes notans inscriptione sollerti, ut videamini stigmate esse puniti. ita eaedem litterae et suspicionem declinabunt quaerentium et vultus umbra supplicii tegent. ’ 15
Eumolpus schlägt den beiden Verfolgten also vor, sich als fugitivi zu tarnen. Dazu sollen ihnen sämtliche Haare auf dem Kopf und im Gesicht entfernt werden, und sie sollen stigmata erhalten. Ausdrücklich wird die Stirn (frons) als die Stelle für die Anbringung der ”Brandmale” genannt. Die Bezeichnung des stigmas als inscriptio macht dem Leser zum einen klar, dass das stigma keineswegs eingebrannt, sondern lediglich aufgemalt werden soll, zum anderen gibt es dem ganzen Vorgang eine ironische Färbung: Ein mit einem glühenden Eisen auf die Stirn eines Sklaven eingebrannter Buchstabe wird als ”Inschrift” bezeichnet; noch dazu wird im folgenden Satz die gleiche Maßnahme als supplicium (schwere Strafe, Marter) bezeichnet. Aufgrund der legeren und knappen Darstellung der vorgetäuschten Brandmarkung kann davon ausgegangen werden, dass den zeitgenössischen Lesern die Vorgehensweise bei einer ”echten” Brandmarkung gut bekannt war. Das wird im Folgenden deutlich, wo die Ausführung der Pläne des Eumolpus beschrieben wird:
non est dilata fallacia, sed ad latus navigii furtim processimus capitaque cum superciliis denudanda tonsori praebuimus. implevit Eumolpus frontes utriusque ingentibus litteris et notum fugitivorum epigramma per totam faciem liberali manu duxit. 16
Der Ausdruck notum epigramma macht deutlich, dass Petron das Phänomen der Brandmarkung als den Lesern bekannt voraussetzt. Wie das stigma aber ausgesehen hat, darüber teilt der Autor nichts mit. Dass es sich um Buchstaben gehandelt haben muss, ergibt sich aus der Bezeichnung litterae. 17 Viele Forscher vermuten, es habe sich am ehesten um ein „F”, den Anfangsbuchstaben des Wortes fugitivus, gehandelt. HEINZ BELLEN aber argumentiert, dass es sich aufgrund des Plurals litterae nicht um einen einzigen Buchstaben gehandelt haben könne. Außerdem sei dies „auch deshalb ganz unwahrscheinlich, weil ja die Brandmarkung im Falle einer erneuten Flucht die Ergreifung erleichtern sollte. Ein bloßes „F“ hätte da wenig genutzt; der Sklave musste schon den Namen seines Herrn an sich tragen.”18 Aufgrund inschriftlicher Zeugnisse schließt BELLEN darauf, dass das epigramma einen Wortlaut wie etwa tene me, quia fugi gehabt haben muss.19
Übrigens beschäftigt sich BELLEN sehr ausführlich mit dieser Passage aus dem Roman des Petron und wertet sie gar als den ”besten Beweis”20 für die Bekanntheit der Brandmarkung in der Kaiserzeit. Dabei ist er durchaus in der Lage, die aus dem Roman gewonnenen Ergebnisse durch den Vergleich mit anderen Quellen abzusichern. So hat der Roman wenigstens auszugsweise bereits Einzug in die wissenschaftliche Literatur der Historiker gefunden - wenn auch nur in Einzelfällen wie diesem. Das Treiben der drei Freunde auf dem Schiff bleibt allerdings nicht unerkannt:
unus forte ex vectoribus, qui acclinatus lateri navis exonerabat stomachum nausea gravem, notavit sibi ad lunam tonsorem intempestivo inhaerentem ministerio, execreatusque omen, quod imitaretur naufragorum ultimum votum, in cubile reiectus est. 21
Das Entfernen der Haare wird als eine sakrale Handlung missverstanden, die offensichtlich nur in höchster Gefahr vollzogen werden durfte: naufragorum ultimum votum. Dieses Missverständnis wird nochmals aufgegriffen, als der seekranke Passagier am nächsten Tag den Schiffsbesitzer Lichas auf die vermeintlichen fugitivi aufmerksam macht:
is qui nocte miserorum furtum deprehenderat, Hesus nomine, subito proclamat: ‘ ergo illi [qui] sunt, qui nocte ad lunam radebantur pessimo medius fidius exemplo? audio enim non licere cuiquam mortalium in nave neque ungues neque capillos deponere nisi cum pelago ventus irascitur ’ . excanduit Lichas hoc sermone turbatus et ‘ itane ’ inquit ‘ capillos aliquis in nave praecidit, et hoc nocte intempesta? attrahite ocius nocentes in medium, ut sciam quorum capitibus debeat navigium lustrari ’ . 22
Zunächst sei auf die Ironie hingewiesen, die diese Stelle beinhaltet: Gerade durch die Maßnahme, die ihnen eigentlich eine perfekte Tarnung verschaffen sollte, liefern sich die drei ihrem Gegner aus. Das ist aber nur möglich, weil das Entfernen der Haare offensichtlich als ein sakraler Seemannsbrauch missverstanden wird. Deshalb stellt sich die Frage, ob es sich bei diesem Brauch um ein reales Element des Seefahrerlebens handelt oder das Motiv nur aus erzähltechnischen Erwägungen eingefügt wurde. FRANZ M. FRÖHLKE vermutet, dass Petron diesen Brauch erfunden habe, um eine geeignete Handlungsfortsetzung zu ermöglichen.23 Hätte es sich um einen realen Brauch gehandelt, hätte, so FRÖHLKE, Petron ihn nicht so ausführlich erklären müssen. Daher schließt er seine Untersuchungen zu Petron 104, 5 mit folgender Empfehlung ab: ”Bei dem Bemühen, religiöse Vorstellungen aus künstlerisch gestalteten Texten zu eruieren, gilt es, nicht nur den Kontext im engeren Sinne zu beachten, sondern auch seine Funktion als fiktionales Element in Rechnung zu stellen. Das ‘hapax legomenon’ eines Brauches in Zusammenhang mit seiner tragenden Funktion in der Knüpfung des Geschehens sollte den Interpreten immer die Möglichkeit in Erwägung ziehen lassen, daß der Autor im Dienste seiner Fiktion den Volksglauben um eine Erfindung bereichert hat.”24 Wenn FRÖHLKE auch in diesem Fall den geschilderten Brauch für eine Erfindung Petrons hält, so muss er dennoch eingestehen, dass vergleichbare Bräuche durchaus in antiken Quellen belegt sind.25 Deshalb erscheint es angebracht, einen Mittelweg zu beschreiten: Petron hat zwar den dargestellten Brauch in den Dienst der Handlungsfortsetzung gestellt, aber das muss keineswegs bedeuten, dass er den Brauch frei erfunden hat. An Textstellen wie dieser wird deutlich, dass Realität und Fiktionalität nicht immer klar voneinander zu trennen sind, und dass es Zwischenformen zwischen Realität und Fiktion gibt. Nicht alles, was der Fiktion dient, widerspricht der Realität. Sicherlich führt Petron den beschriebenen Sakralbrauch an dieser Stelle allein deshalb ein, um eine Fortführung der Handlung zu ermöglichen. Dazu aber hätte es viele andere Möglichkeiten gegeben. Deshalb wird der Autor wohl einem solchen Motiv, das einen Rückhalt in der Realität hat, den Vorrang gegeben haben vor einem frei erfundenen Motiv. Denn Petrons satirischer Roman braucht den ständigen Bezug zur Realität, um nicht als abstruses, fantastisches Märchen, sondern als Spiegel der Wirklichkeit verstanden zu werden.
Nachdem nun Lichas auf Encolpius und Giton aufmerksam geworden ist, sieht sich Eumolpus gezwungen, den Zweck seiner Maßnahmen zu erläutern und damit das Missverständnis zu beseitigen:
‘ ego ’ inquit Eumolpus ‘ hoc iussi. nec in eodem futurus navigio auspicium mihi feci, sed quia [nocentes] horridos longosque habebant capillos, ne viderer de nave carcerem facere, iussi squalorem damnatis auferri; simul ut notae quoque litterarum non obumbratae comarum praesidio totae ad oculos legentium acciderent. 26
Zwei Gründe gibt Eumolpus für das Entfernen der Haare an: Zum einen habe er aus Gründen der Hygiene und Sauberkeit gehandelt, zum anderen habe er die bestmögliche Sichtbarkeit der stigmata gewährleisten wollen. Die Bemerkung ...ne viderer de nave carcerem facere kann durch die bevorzugte Haartracht in der frühen Kaiserzeit erklärt werden: Freie Männer trugen in dieser Zeit im allgemeinen kurzes Haar, oft inspiriert von den Frisuren der Kaiser.27 Deshalb ist wohl carcer hier als Gegenbild zum gepflegten Erscheinungsbild des freien Römers zu verstehen, besonders was die Frisur betrifft. Sicher spielt dabei auch die Vorstellung mit, dass langes Haar anfälliger für Schmutz und Parasiten ist als kurzes Haar. Offensichtlich setzt Petron also carcer mit squalor gleich - zumindest legt die Konstruktion des Satzes das nahe. Kann man nun aus diesem versteckten Vergleich eine moralische Aussageabsicht des Autors herausfiltern? Zumindest kann davon ausgegangen werden, dass die angedeuteten Zustände im carcer der Realität entsprechen. Andernfalls wäre diese Bemerkung des Eumolpus unverständlich. Der Leser muss also das Bild eines realen carcer vor Augen gehabt haben, um der Argumentation quia horridos longosque habebant capillos, ne viderer de nave carcerem facere, iussi squalorem damnatis auferri folgen zu können.
Die beiden Gründe, die Eumolpus für das Entfernen der Haare angibt, erscheinen dem Leser schlüssig. Das Abschneiden der Kopfbehaarung ist - im Hinblick auf die hygienischen Möglichkeiten der antiken Gesellschaft - die beste Möglichkeit, Schmutz und Parasiten vom Sklaven fernzuhalten. Und ist der Sklave nach einer Flucht wieder gefasst worden, hat er so keine Möglichkeit, das auf seiner Stirn eingebrannte stigma zu verstecken. Umso plausibler erscheint es demnach, dass das Brandmal tatsächlich auf der Stirn angebracht wurde. In den antiken Quellen finden sich ansonsten, soweit ich sehe, keine Antworten auf die Frage nach dem Grund für das Abschneiden der Haare. Auch HEINZ BELLEN bezieht die oben zitierte Stelle aus Petrons Roman in seine Argumentation mit ein: ”Die Brandmarkung war, wie die Szene des Petronschen Romans weiter lehrt, mit dem Scheren des Haupthaars und der Rasur der Augenbrauen verbunden. Den Zweck dieser Maßnahme erfahren wir aus dem Munde Eumolps: ut notae ... litterarum non obumbratae comarum praesidio totae ad oculos legentium acciderent.”28 Zur Präzisierung dieser Angabe verweist BELLEN auf Apuleius, Cyprian und Artemidor von Daldis,29 die bestätigen, ”daß dem zu brandmarkenden Sklaven wenigstens die Hälfte des Kopfes, d. h. natürlich der vordere Teil, geschoren wurde.”30 Begründende Aussagen aus nichtfiktionalen Quellen fehlen also nach wie vor. Jedenfalls gibt Petron mit der geschilderten Rasur des Haupthaares offensichtlich einen realen Vorgang wieder.
In der weiteren Folge der Darstellung erhalten Eumolpus, Encolpius und Giton Schläge zur Entsühnung des Schiffes. Dabei werden Lichas und seine Begleiterin Tryphaena auf die wahre Identität der drei aufmerksam. Tryphaena lässt sich durch die aufgemalten stigmata täuschen:
Tryphaena lacrimas effudit decepta supplicio - vera enim stigmata credebat captivorum frontibus impressa - sciscitarique submissius coepit, quod ergastulum intercepisset errantes, aut cuius tam crudeles manus in hoc supplicium durassent. 31
Der Ausdruck supplicium weist auf die Schwere der Bestrafung mit dem stigma hin, denn supplicium ist in den meisten Fällen mit „Todesstrafe” zu übersetzen. Darüber hinaus kann es „Marter” bedeuten und die aus der Marter resultierenden Verletzungen und Verstümmelungen bezeichnen.32 Auch das Weinen der Tryphaena und der Ausdruck crudeles manus sind Hinweise darauf, dass die Brandmale, wenn sie echt wären, durchaus als schwere Folter aufgefasst werden könnten. Auch findet sich hier zum wiederholten Male der Hinweis, dass das stigma im Fall einer „echten” Bestrafung in die Stirnhaut eingebrannt wurde: stigmata [ … ] captivorum frontibus impressa.
Im Folgenden findet eine Art Prozess statt, in dem die Vorgänge auf dem Schiff untersucht werden sollen. Im Rahmen dieses Prozesses hält Eumolpus eine Verteidigungsrede für Encolpius und Giton. Diese Rede ist ein sehr seltenes Beispiel eines forensischen Plädoyers aus der Kaiserzeit. Zwar ist die Verteidigungsrede nie wirklich gehalten worden, doch wird sie wohl ihre Vorbilder in der realen Welt gehabt haben. Zumindest jedoch ist diese Rede aufgrund der insgesamt schlechten Quellenlage für diese Zeit als literarisches Zeugnis zu würdigen.
Die Argumentation des Eumolpus in dieser parodierten Gerichtsrede zeigt die Bedeutung der Freiheit, besonders der freien Geburt, in der antiken Vorstellung. Mehrfach hebt Eumolpus hervor, dass Encolpius und Giton Freie bzw. frei Geborene sind:
flectite ergo mentes satisfactione lenitas, et patimini liberos homines ire sine iniuria quo destinant. saevi quoque implacabilesque domini crudelitatem suam impediunt, si quando paenitentia fugitivos reduxit, et dediticiis hostibus parcimus. quid ultra petitis aut quid vultis? in conspectu vestro supplices iacent iuvenes, ingenui honesti, et quod utroque potentius est, familiaritate vobis aliquando coniuncti. si mehercules intervertissent pecuniam vestram, si fidem proditione laesissent, satiari tamen potuissetis hac poena quam videtis. servitia ecce in frontibus cernitis et vultus ingenuos voluntaria poenarum lege proscriptos. 33
Diese Szene spiegelt in besonderer Deutlichkeit die Realität der frühen Kaiserzeit wieder. In einer Zeit, in der mehr Sklaven denn je freigelassen werden und als liberti nach Art des Trimalchio schnell in der gesellschaftlichen Hierarchie aufsteigen, betont Petron als alteingesessener Aristokrat den Wert der ingenuitas, der freien Geburt, die mehr bedeutet als bloße Freiheit.
Der antike Roman bestätigt also nicht nur historische Begebenheiten, sondern er reflektiert und wertet sie. Das lässt sich an dieser Szene anhand der sprachlichen Gestaltung sehr gut nachvollziehen. In einer ersten Stufe werden die betreffenden Personen als liberi homines 34 bezeichnet. Dieser Ausdruck ist sehr allgemein und schließt auch noch die Freigelassenen mit ein. Auf der zweiten Stufe der Argumentation wird der Sprecher konkreter und spricht von ingenui. 35 Zu dieser Gruppe zählen nicht mehr alle Freigelassenen, sondern nur solche Personen wie der Autor selbst, also frei Geborene. Diese Gruppe der ingenui wird dann in einer dritten Argumentationsstufe bewertet, und zwar zunächst durch das Epitheton honestus, 36 dann durch den Begriff familiaritas. 37 Nun muss bedacht werden, dass in der konkreten Situation über zwei Menschen gesprochen wird, die demütig, mit kahlgeschorenem Kopf und aufgemalten stigmata auf der Stirn vor den beiden Sprechenden, Eumolpus und Lichas, am Boden liegen. Die Ironie entpuppt sich also auch an dieser Stelle als Mittel, um die Realität zu werten. Durch den schroffen Gegensatz der wohlklingenden Begriffe ingenuus, honestus und familiaritas einerseits und deren Anwendung auf zwei gedemütigte Sklaven andererseits lässt sich ein Appell des Autors an seine Standesgenossen, selbst auch ingenui, herauslesen, sich auf diese familiaritas zu besinnen und dem Vordringen der Freigelassenen Einhalt zu gebieten.
Eine solche Reflexion der Realität lässt sich aus keinem anderen Genre in dieser Deutlichkeit herausarbeiten. Darin liegt der Mehrwert des antiken Romans, wenn er als historische Quelle akzeptiert wird und Verwendung findet.
III. Ein Beispiel für den griechischen Roman: Longos, Daphnis und Chloe
1. Der Roman des Longos
Über Longos lassen sich lediglich Vermutungen anstellen. Fest steht nur, dass er der Verfasser der Ποιµενικα κατα ∆αφνιν και Χλοην ist, eines bukolisch geprägten Liebesromans in vier Büchern. Wahrscheinlich hat Longos im 2. oder frühen 3. Jahrhundert n. Chr. gelebt.38
Der Schauplatz dieses Romans ist die Insel Lesbos mit ihren beiden Hauptorten Mytilene und Methymna. Der ganze Roman spielt im Sklavenmilieu, denn die Handlungsträger sind unfreie Hirten, die im Dienst eines städtischen Großgrundbesitzers stehen.
Auch hier soll zunächst der Handlungsgang des Romans kurz umrissen werden:
Zwei Hirten, Lamon und Dryas, finden unabhängig voneinander und in zeitlichem Abstand zwei ausgesetzte Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, die von Tieren gesäugt werden. Beide Hirten nehmen die Kinder auf und erziehen sie in ihren Familien. Die Kinder - sie haben die Namen Daphnis und Chloe bekommen - wachsen auf, arbeiten zusammen als Hirten, schließen Freundschaft und verlieben sich schließlich ineinander. Nachdem die beiden mancherlei Abenteuer zu bestehen hatten, entschließen sie sich dann, zu heiraten. Chloe aber wird zunehmend von Freiern bedrängt, und Daphnis kann das zum Heiraten notwendige Geld nicht aufbringen. Aber mit Hilfe der Nymphen gelingt es ihm, das Geld aufzutreiben. Nun muss jedoch der Herr, dem die Hirten unterstehen, Dionysophanes aus Mytilene, der Heirat erst noch zustimmen. Die beiden Hirten erzählen dem Herrn, dass sie gar nicht die leiblichen Väter von Daphnis und Chloe sind, sondern dass sie die Kinder gefunden haben. Dionysophanes und seine Frau Kleariste identifizieren Daphnis als ihren eigenen Sohn, den sie aus Sorge um ihr Vermögen ausgesetzt hatten. Dionysophanes gestattet schließlich Daphnis und Chloe, zu heiraten. Die Hochzeitsfeierlichkeiten werden in Mytilene abgehalten. Bei einem Gastmahl findet sich, als die Erkennungszeichen unter den Gästen herumgereicht werden, auch der leibliche Vater der Chloe: Megakles, ein reicher Mytilenäer. Nun wird eine ausgelassene, ländliche Hochzeit gefeiert, und Daphnis und Chloe entscheiden sich für ein ländliches Leben als Hirten.
2. Kindesaussetzung im Roman des Longos: Ein Thema zwischen Fiktion und Realität
Kaum ein anderes Thema eignet sich so gut wie das Thema Kindesaussetzung, um das Verhältnis zwischen Roman und Realität am Beispiel des Romans des Longos zu untersuchen. Schließlich ist das Aussetzungsmotiv konstitutiv für die gesamte Handlung.39
Auch in der realen Welt der Antike war Kindesaussetzung dem heutigen Kenntnisstand nach nichts Außergewöhnliches. Sie hatte sogar eine erhebliche wirtschafts- und rechtsgeschichtliche Bedeutung. Ein wichtiges Indiz dafür ist die häufige Behandlung des Themas in den verschiedensten literarischen Gattungen der Antike. Schon in der mittleren und neueren Komödie, bei Poseidipp und Menander, findet sich das Motiv der Kindesaussetzung, und auch die Tragödie verwendet es ausgiebig. Wo immer z. B. der Ödipus-Stoff verarbeitet wird, hat das Motiv seinen Platz). Euripides setzt das Aussetzungsmotiv besonders geschickt ein. Aber bereits im Mythos ist das Auffinden ausgesetzter Kinder vorgebildet, genauso wie die Ernährung der Säuglinge durch Tiere, wie sie bei Longos begegnet. Die römische Komödie übernimmt das Motiv von der griechischen. Hier sind vor allem der Heautontimorumenos des Terenz und die Komödien Cistellaria und Casina des Plautus zu nennen.
Das Wiedererkennungsmotiv (griechisch αναγνωρισµος), das im 4. Buch des Romans von Longos eine zentrale Rolle spielt , begegnet bereits in der Odyssee; die Erkennungszeichen (γνωρισµατα), die mit den Kindern ausgesetzt wurden, dürften auch in einer frühen Version der Ödipus- und der Argonautensage vorgekommen sein. Aussetzung wird auch mehrfach von Göttern und Heroen berichtet: so z. B. in Hesiods Theogonie, bei Kallimachos, Lukian, in Homers Ilias, bei Apollodor, Pausanias und in den homerischen Hymnen.40 Aber auch relativ späte Zeugnisse wie die Oxyrhynchus-Papyri aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. liefern Belege für Kindesaussetzungen.
Der Grund für die weite Verbreitung der Kindesaussetzung in der Antike liegt in erster Linie in dem Bestreben, diejenigen Kinder, die voraussichtlich den an sie gestellten Anforderungen nicht gewachsen sind, zu beseitigen, und nur diejenigen großzuziehen, die vor allem für den militärischen Dienst geeignet erscheinen. Aus diesem Grund wurden auch wesentlich mehr Mädchen als Jungen ausgesetzt. Darüber hinaus wurden auch uneheliche Kinder ausgesetzt, die, vor allem bei den Griechen, nicht als voll anerkennbare Nachkommenschaft angesehen wurden, wie sie Religion und Sitte forderten. Denn in der Erzielung dieser Nachkommenschaft sahen die Griechen oftmals den eigentlichen Zweck der Ehe.41 An dieser Stelle sei auf die Gründungssage Roms verwiesen: Auch Romulus und Remus werden ausgesetzt, weil sie uneheliche Kinder sind, noch dazu von einer Vestalin. In hellenistischer und römischer Zeit waren vor allem wirtschaftliche Gründe maßgebend, die ebenfalls vor allem zur Aussetzung von Mädchen drängten. Generell war Kindesaussetzung nicht verboten. Wenn sich Verbote nachweisen lassen, dann nur für einzelne Poleis oder Regionen. So war z. B. bei den Boiotern in klassischer Zeit die Aussetzung von Kindern verboten.42
Über den Umgang der Römer mit der Kindesaussetzung liefern die Quellen kaum Informationen. Die Beweggründe dürften aber denen im griechischen Bereich ähneln. Vor allem körperliche Schwächen der Kinder führten also zur Aussetzung. Allenfalls juristische Schriftsteller wie Ulpian erwähnen mehrfach Fälle von Kindesaussetzung bei der Erläuterung praktischer Rechtsfälle. In der Regel entschied der Vater über die Aussetzung seines Kindes, die dann aber meist von Geburtshelferinnen43 oder Sklaven44 ausgeführt wurde. Oft wurden den Kindern die schon erwähnten Erkennungszeichen (gnorismata) beigegeben. Außerdem wurden die Kinder notdürftig geschützt, indem man sie in Gefäße oder Körbe legte.
Im Roman des Longos ist die Kindesaussetzung ein zentrales Element der Handlung, denn beide Hauptpersonen werden ausgesetzt und erleben eine Wiedererkennung (anagnorismos). Außerdem wird die Aussetzung als Mittel zur Spannungssteigerung benutzt. So gelingt es dem Autor, einen Spannungsbogen von der Aussetzung der beiden Kinder im ersten Buch bis zur Wiedererkennung durch die leiblichen Eltern im vierten Buch zu spannen. Aussetzung und Wiedererkennung sind also konstitutiv für die Handlung dieses Romans.
Das Motiv der Kindesaussetzung umschließt den Roman des Longos als eine Art Klammer. Die Einführung des Motivs im ersten Buch und seine Wiederaufnahme im vierten und letzten Buch des Romans dienen der Spannungssteigerung und garantieren den Fortgang der Handlung. Deshalb sind für die Thematik der Kindesaussetzung vor allem das erste und vierte Buch maßgebend. Bereits im zweiten Kapitel des ersten Buches wird das Thema eingeführt. Der Hirt Lamon findet einen ausgesetzten Säugling, der von einer Ziege gesäugt wird:
Voll Erstaunen, wie es natürlich war, tritt er näher und findet ein Knäblein, großund schön, in Windeln, die auf bessere Abkunft deuteten als das Los der Aussetzung; es war nämlich ein purpurnes Oberkleidchen dabei, eine goldene Spange und ein kleines Schwert mit Elfenbeingriff. Zuerst nun wollte der Hirt nur die Erkennungszeichen aufheben und sich um das Kleine nicht weiter kümmern; dann aber schämte er sich, daßer nicht einmal einer Geißan Menschlichkeit gleichkommen solle, wartete die Nacht ab und bringt alles, die Erkennungszeichen, das Kind und die Ziege selbst zu Myrtale, seinem Weib. Als diese aber nun erstaunt fragte, ob Ziegen auch Kinder zur Welt brächten, erzählt er ihr alles, wie er es ausgesetzt gefunden, wie er es gesäugt gesehen, wie er sich geschämt habe, es liegen und sterben zu lassen. 45
Auffällig ist, dass Lamon das ausgesetzte Kind zunächst liegen lassen will. Was dem heutigen Leser befremdlich erscheint, deutet offensichtlich darauf hin, dass das Auffinden eines ausgesetzten Kindes keineswegs außergewöhnlich war. Nur so ist es zu erklären, dass der Hirte sich um das Kind nicht weiter kümmern 46 will. Zwar ist Lamon erstaunt darüber, dass ein Tier das Kind gesäugt hat, aber ansonsten handelt der Hirt fast „routiniert“, wenn er die wertvollen Beigaben an sich nimmt, um sie - wie man annehmen darf - zu verkaufen.
An dieser Stelle offenbart sich der Roman des Longos als eine erstklassige Studie über die moralischen Vorstellungen in der vorchristlichen Antike und zeigt deutlich die Unterschiede zum heutigen, christlich geprägten Moralkodex auf. Lamon erzählt nämlich seiner Frau, er habe sich geschämt, es (das Kind) liegen und sterben zu lassen. 47 Er nimmt das Kind also nicht mit, weil er Mitleid mit ihm hat, sondern weil er sich schämt. Aber auch diese Scham empfindet er nur deshalb, weil er gesehen hat, dass das Tier dem Kind das Weiterleben ermöglicht hat. Nur durch den Vergleich mit der Ziege lässt er sich zu einem Handeln nach Maßgabe der Menschlichkeit (φιλανθρωπια)48 verleiten. Diese Überlegungen führen zu der Konsequenz, dass der Hirt den Tod des Kindes als logische Folge der Aussetzung sieht.49 Warum sollte er sonst erst die Nacht abwarten, bevor er das Kind mit nach Hause nimmt? Offensichtlich tut er damit etwas, das nicht üblich ist, und deshalb möchte er nicht gesehen werden.
Weiterhin ist festzuhalten, dass das ausgesetzte Kind als großund schön (µεγα και καλον) 50 beschrieben wird. Der Sinn dieser Beschreibung lässt sich aus dem weiteren Gang der Handlung erklären. Als sich nämlich gegen Ende des Romans herausstellt, dass Daphnis kein Sklave, sondern der Sohn freier Eltern ist, greift Dionysophanes das Motiv der Schönheit nochmals auf:
War es denn nicht schon von vornherein unglaublich, daßein so alter Mann und ein ganz alltägliches Weib einen so schönen Sohn haben sollten? 51
Offenbar gesteht Longos das Attribut der Schönheit nur freien Personen zu. Freiheit und Schönheit offenbaren sich also als voneinander untrennbare Eigenschaften. Dass ein Sklave oder der Sohn eines Sklaven als schön bezeichnet wird, war also für Longos - und sicherlich auch für seine Leser - ein Widerspruch. Also sollte der antike Leser die Beschreibung des Daphnis als großund schön im ersten Buch als einen Hinweis darauf verstehen, dass sich Daphnis im weiteren Verlauf der Handlung als freier Mensch entpuppen wird.
Dieser Hinweis des Romanautors wird durch die Aufzählung der Erkennungszeichen noch verstärkt. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass solche gnorismata auch in anderen antiken Texten erwähnt sind und damit ein Element der Realität darstellen. An dieser Stelle zeigt sich nun die literarische Verwendungsweise des gnorisma -Motivs: Die Aufzählung der gnorismata und die Hervorhebung ihres hohen Wertes bereiten die Wiedererkennung des Daphnis im vierten Buch des Romans vor. Damit wird die Spannung gesteigert, und der Leser wird zum Weiterlesen ermuntert. Dass nämlich ein als frei geboren identifizierter Mensch als Sklave leben und arbeiten soll, ist in den Augen des antiken Lesers - das offenbart diese Textstelle - ein unhaltbarer Zustand, der zu einem „Happy End“ geführt werden muss. Deshalb scheint die Beschaffenheit der Erkennungszeichen von eher geringer Bedeutung zu sein. Entscheidend ist nur ihr Wert, der dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass als Herstellungsmaterialen Purpur, Gold und Elfenbein genannt werden.52
Die hohe Würdigung der Freiheit und die strenge Festlegung der sozialen Grenzen im Roman des Longos offenbaren sich an verschiedenen Stellen. Besonders deutlich wird dies an der Stelle, als Dryas, der Pflegevater der Chloe, über die wahren Auffindungsumstände berichtet. Auch er zieht zunächst die Parallele zwischen Freiheit und Schönheit und betont dann, wie wichtig es ist, dass beide Ehepartner eine ähnliche Abstammung haben:
Die Chloe hier habe ich weder gezeugt noch aufgezogen, sondern sie ist anderer Leute Kind [ … ]. Auch ihre Schönheit bezeugt es wohl, denn sie gleicht uns in nichts [ … ]. Seht sie euch an und sucht die Angehörigen des Mädchens; vielleicht daßsie sich einst dem Daphnis als ebenbürtig erweist! 53
Wiederum wird ein für die Sozialgeschichte der Antike wichtiges Detail angesprochen: der Einfluss des Standesunterschiedes auf das tägliche Leben. Auch zu dieser Thematik fehlen, soweit ich sehe, Vergleichsquellen weitgehend. An der zitierten Textstelle aus dem Roman des Longos zeigt sich, dass offensichtlich die Ehe eines Freien mit einer Sklavin nicht ausgeschlossen war, denn erst bei der Hochzeit selbst offenbart sich, dass Chloe vom gleichen Stand ist wie Daphnis. So kann also die Hochzeit tatsächlich stattfinden, und es bleibt bei dem bloßen Wunsch, dass sich Chloe dem Daphnis als ebenbürtig erweisen möge. Hierbei jedoch muss bedacht werden, dass der griechische Roman zu Idealisierungen neigt und nicht, wie etwa Petrons Satyrica, als (verzerrter) „Spiegel“ der Realität gesehen werden darf. Longos lässt in seinem Roman die Liebe über die gesellschaftliche Norm siegen; dies dürfte allerdings in den Bereich der Fiktion einzuordnen sein. Aber auch bei Longos reicht die Macht der Liebe allein nicht aus, alle Zweifel an dieser Heirat aus dem Weg zu räumen.54 Darauf verweist die zitierte Anmerkung des Dryas. Deshalb wird man Longos wohl nicht vorwerfen können, dass er die reale Gesellschaft, die eine solche Hochzeit nicht hätte gutheißen können, völlig ausblendet. In Randbemerkungen wie der des Dryas schimmert also offensichtlich immer wieder die Realität durch.
Dass der offensichtliche Reichtum der leiblichen Eltern des Daphnis der Tatsache, dass das Kind ausgesetzt wurde, zu widersprechen scheint, deutet eine Anmerkung des Romanautors zu den g norismata an: Das Kind wurde in Windeln gefunden, die auf bessere Abkunft deuteten als das Los der Aussetzung. 55 Führt man den Gedanken fort, so kommt man zu dem Schluss, dass die Aussetzung auf niedere Herkunft deutet. Hier offenbart sich ein Element der Realität, das in die Zeit des Longos einzuordnen sein dürfte: Zwar waren finanzielle Nöte immer ein Grund, um Kinder auszusetzen, aber in der klassischen Zeit, in die der Roman zurückdatiert ist, gab es wesentlich häufigere und wichtigere Gründe, nämlich vor allem die körperliche Schwäche des Kindes oder die Angst vor einem Prestigeverlust aufgrund eines unehelichen Kindes. Daher wurden durchaus häufig Kinder von reichen Eltern ausgesetzt. Wenn Longos nun eine Verbindung zwischen Kindesaussetzung und Armut des Elternhauses zieht, so geht er offensichtlich davon aus, dass das der „normale“ Grund dafür war, ein Kind auszusetzen. Die wirtschaftliche Situation der Familie wurde aber im griechischen Raum erst in nachklassischer Zeit zum Hauptgrund für die Aussetzung.56 An Stellen wie dieser schimmert also unverkennbar die Realität durch, die der Autor selbst erfahren hat.
Der Ausdruck Los der Aussetzung 57 spiegelt die Überzeugung des Hirten wieder, dass es einem ausgesetzten Kind in jedem Falle schlecht ergehen muss: das Kind stirbt oder wird gefunden; dann aber wird es in den meisten Fällen versklavt.58 Also muss er sich auch darüber im Klaren gewesen sein, dass das Kind als Sklave aufwächst, wenn er es mitnimmt und großzieht. Darin bestätigt sich die in der griechisch-römischen Antike übliche Vorgehensweise, ein Kind nach dem Status seiner Eltern den Kategorien frei oder unfrei zuzuordnen. Da in diesem Fall die leiblichen Eltern jedoch nicht bekannt sind, gilt das Kind gemäß dem Status seiner Pflegeeltern als unfrei. Daran wird im Verlauf des gesamten Romans an keiner Stelle gezweifelt.
Die Auffindung der Chloe durch den Hirten Dryas59 wird auf sehr ähnliche Weise beschrieben, so dass man von einem Parallelismus sprechen kann, der für die bukolische Literatur typisch ist. Auch hier werden die Erkennungszeichen genannt und ihr Wert wird betont.60
Im zweiten und dritten Buch des Romans tritt das Motiv der Kindesaussetzung weitgehend in den Hintergrund. Im vierten Buch aber sind beide Pflegeväter gezwungen, die Wahrheit über die Auffindung von Daphnis und Chloe preiszugeben. Als nämlich der Herr der Hirten, Dionysophanes, sein Sohn Astylos und seine Frau Kleariste mit ihrem Gefolge in die Gegend kommen, offenbart ihnen Lamon, dass Daphnis und Chloe heiraten wollen. Astylos aber hatte den Daphnis bereits seinem Sklaven versprochen und will ihn ebenfalls zu seinem Sklaven machen. Das veranlasst Lamon, das lange gehütete Geheimnis zu lüften:
Herr, vernimm von einem alten Mann eine wahre Geschichte; [ … ] Ich bin gar nicht der Vater des Daphnis, und Myrtale hatte nie das Glück, Mutter zu werden. Andere Eltern haben diesen Knaben ausgesetzt, vielleicht weil sie schon genugältere Kinder hatten; ich fand ihn daliegen, gesäugt von meiner Ziege, die ich denn auch draußen am Garten begraben habe, als sie tot war; denn ich mochte sie gern, weil sie wie eine Mutter tat. Ich fand auch Erinnerungszeichen mit ihm ausgesetzt, Herr, das gebe ich zu, aber ich habe sie noch; denn sie zeugen von einem bessern Stand, als der unsere ist. 61
Die Anmerkung aber ich habe sie (die Erinnerungszeichen) noch bestätigt die Vermutung, dass Lamon, als er das Kind fand, die g norismata aufheben wollte, um sie zu verkaufen.
Ein weiteres wichtiges Indiz ist der Grund, den Lamon für die Aussetzung des Daphnis vermutet. Lamon zufolge haben die leiblichen Eltern das Kind ausgesetzt, weil sie schon genugältere Kinder hatten. 62 Diese Vermutung impliziert fast selbstverständlich, dass Kindesaussetzung ein Mittel der Familienplanung und -regulierung war. Die Annahme des Lamon wird dann kurz darauf von Dionysophanes, dem leiblichen Vater des Daphnis, bestätigt:
Ich habe sehr jung geheiratet, meine lieben Kinder. Und nach kurzer Zeit dachte ich auch, ich sei ein glücklicher Vater; denn zuerst bekam ich einen Sohn, dann eine Tochter, und als drittes Kind kam Astylos zur Welt. Ich glaubte, nun sei meine Familie großgenug, und als mir zuletzt noch dieser Sohn geboren wurde, setzte ich ihn aus [ … ]. 63
Auch Megakles, der leibliche Vater der Chloe, gibt seine Gründe für die Aussetzung des Mädchens an:
In früheren Jahren war mein Vermögen recht gering; denn was ich besaß, hatte ich für die Ausrüstung von Chören und Trieren ausgeben müssen. Und gerade als es so mit mir stand, bekomme ich noch ein Töchterchen. Nun wollte ich es nicht in Armut aufziehen, und so setzte ich es, geschmückt mit diesen Merkzeichen, aus, denn ich wußte, daßviele Leute auch auf diese Weise Vater werden wollen. 64
Es ist also nicht die Rede von unehelichen Kindern oder von der Auslese der Tüchtigsten. Die Vermutung des Lamon und die Aussagen des Dionysophanes und des Megakles lassen auf wirtschaftliche Motive für die Aussetzungen schließen. Offensichtlich war es in der Zeit des Longos durchaus üblich, Kinder, die man nicht ausziehen konnte oder wollte, einfach auszusetzen. Nur so ist es zu erklären, dass selbst in diesem idealisierten Roman knapp, ungezwungen und ohne Anzeichen einer moralischen Reflexion von der Kindesaussetzung gesprochen wird.
Was die gnorismata betrifft, so werden zwei gegensätzliche Intentionen damit verknüpft: Während Megakles mit dem Überleben des Kindes rechnet und ihm deshalb Erkennungszeichen beigibt, intendiert Dionysophanes den Tod des Ausgesetzten:
(Ich) gab ihm diese Dinge hier mit, nicht als Erkennungszeichen, sondern als Grabbeigaben. 65
Dem entspricht die purpurne Farbe des Mantels, der sich unter den Beigaben befindet. Denn Purpur war die Farbe, in der gewöhnlich Tote bestattet wurden.66
Beide Intentionen haben ihren Rückhalt in der Realität. Schließlich konnte niemand, der ein Kind ausgesetzt hat, mit Sicherheit den Tod des Kindes ausschließen. Vielmehr wurde der oder die Ausgesetzte dem Schicksal (τυχη) anheim gegeben.67 Aber aus der Antike sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen Kinder ausgesetzt wurden, damit sie von anderen gefunden und aufgezogen werden konnten. FRIDOLF KUDLIEN nennt dazu Beispiele: „Tatsächlich gab es […] in Ägypten die Möglichkeit, sich vom Abfallhaufen ein dort ausgesetztes Kind zu besorgen, und es gab die ‚Korb’- Kinder; wenn auch ein solches Findelkind in der Regel wohl eher als Sklave aufgezogen wurde, so kann doch auch ein Aufziehen an Kindes Statt vorgekommen sein.“68 So sind also weder die Tötungsabsicht des Dionysophanes noch die Zuversicht des Megakles, daßviele Leute auch auf diese Weise Vater werden wollen, 69 abwegig.
Ein weiteres Detail zeigt den Realitätsgehalt im Roman des Longos. Als Kleariste, die Frau des Dionysophanes, die Erkennungszeichen zu sehen bekommt, mit denen Daphnis ausgesetzt worden ist, ruft sie:
Ihr lieben Herrinnen des Schicksals! Haben wir nicht diese Dinge mit unserem eigenen Sohn ausgesetzt? Haben wir nicht die Sophrosyne damit auf diese Flur geschickt? 70
Damit bestätigt sich ein Aspekt der Kindesaussetzung, der in anderen Quellen meist unerwähnt bleibt: Die leiblichen Eltern setzten das Kind in den meisten Fällen nicht selbst aus, sondern sie ließen es aussetzen, meist, wie in diesem Fall, durch eine Sklavin. Dass es sich bei Sophrosyne um eine Sklavin handelt, lässt sich aufgrund der Namensgebung vermuten. Oft erhielten nämlich Sklaven Namen von ihren Herren, und zwar meist solche Namen, die besondere Eigenschaften des Sklaven bzw. der Sklavin zum Ausdruck bringen. In diesem Fall wird wohl die Besonnenheit (σωϕροσυνη) der Sklavin für die Namensgebung ausschlaggebend gewesen sein. Auch E. WEISS bezieht sich bei der Behandlung der Frage, wer die Aussetzungshandlung vornimmt, auf die genannte Longos-Stelle.71 Außer der antiken Komödie und dem Roman kann WEISS keine andere Textgattung der Antike angeben, die zu dieser Frage Informationen bietet.
Der Mehrwert des antiken Romans - nicht nur des griechischen, sondern auch des lateinischen - liegt also vor allem in der Reflexion historischer Ereignisse und Gegebenheiten. Dabei umfasst der Roman fast alle gesellschaftlichen Schichten. Die Fiktion ist Träger dieser reflektierenden Betrachtung; sie stellt exemplarisch Personen und Handlungen dar, die ihre Vorbilder in der Lebenswelt des Autors haben. Denn Fiktion und Realität liegen eng beieinander - sie verschmelzen in der Person des Autors.
IV. Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass der antike Roman keineswegs etwas vollkommen Erfundenes, sondern immer Spiegel einer Lebenswirklichkeit ist. Dabei ergibt sich jedoch das Problem, dass die Realität in ein literarisches Gewand gekleidet ist. So sind im Roman des Petron die Strafmaßnahmen gegen fugitivi durchaus realistisch dargestellt, aber die Realität wird verzerrt. Die Gründe für diese Verzerrung liegen in der Intention des Autors: Er will unterhalten und durch seine satirisch-ironische Darstellung Kritik an seinen Zeitgenossen üben.
Im Roman des Longos wird die Literarisierung eines realen Motivs noch deutlicher: Der Akt der Kindesaussetzung, wie er auch in anderen Quellen überliefert ist, wird von Longos im Kern realistisch dargestellt. So finden sich im Roman reale Elemente wie Erkennungszeichen, die Gründe für die Aussetzung werden plausibel und durchaus realitätsnah geschildert, es findet sich der durchaus intendierte Tod des ausgesetzten Kindes, aber auch die Hoffnung, dass das Kind gefunden und aufgezogen wird. Nun ist allerdings das Motiv der Kindesaussetzung in der antiken Literatur sehr verbreitet. Auch andere Autoren verwenden das Motiv gern als Mittel zur Spannungssteigerung. Diese starke Rezeption des Aussetzungs-Motivs führte zu Abwandlungen desselben - in diesem Fall z. B. das Säugen der ausgesetzten Kinder durch Tiere. Damit nutzt sich das Motiv zwar einerseits ab und entfernt sich durch seine zunehmende Literarisierung von der Realität, andererseits aber hat auch die Rezeption und Verbreitung bestimmter Motive in der Literatur per se schon in gewissem Maße Quellenwert.
Am Schluss dieser Arbeit sollen einige Anregungen für eine mögliche, aus den geschilderten Ergebnissen hergeleitete Vorgehensweise zur Erschließung des antiken Romans als einer historischen Quelle stehen. Zunächst einmal sollte der Roman nie isoliert, sondern immer im Vergleich mit anderen geeigneten Quellen untersucht werden. Denn aus dem Roman gewonnene Erkenntnisse können nur im Vergleich mit objektiv erscheinenden Quellen aus der gleichen Epoche wirklich stichhaltig sein. Das soll keineswegs heißen, dass jedes reale Detail im Roman sein exaktes Pendant in einer objektiveren Quelle haben muss. Allerdings ist es notwendig, zuerst ein reales Gerüst sicherzustellen; das wiederum ist nur durch den Quellenvergleich zu bewerkstelligen. Ausgehend von diesem Gerüst kann dann versucht werden, nachvollziehbare weiterführende Ergebnisse zu erzielen. Außerdem sollte immer zwischen griechischem und lateinischem Roman unterschieden werden, denn beide haben aufgrund ihrer Intentionen ein unterschiedliches Verhältnis zur Realität. Die Autoren der lateinischen Romane wollen bewusst ihre Gegenwart in verzerrter Weise darstellen, wohingegen die Autoren der griechischen Romane das verklärte Bild einer fernen Vergangenheit entwerfen. Deshalb erfordern beide, lateinischer und griechischer Roman, unterschiedliche Vorgehensweisen, wie die Interpretation der Quellen aus den Romanen des Petron und des Longos deutlich gemacht hat. Auch die Intention und der Adressatenkreis des jeweiligen Romanautors ist zu berücksichtigen. Die Intention des Autors ist es nicht, Realität darzustellen, und gerade darin liegt das Problem und die Chance des Romans: Wenn auch die Handlung erfunden ist, spielt sie doch vor einem realen Hintergrund, den der Autor unbewusst mit in sein Werk aufnimmt. Weil nämlich der Autor keine eigene Welt erfinden kann, muss er auf das zurückgreifen, was ihm bekannt ist: seine Lebenswirklichkeit. Also stehen die Details, die der Autor für Nebensachen und Selbstverständlichkeiten hält, der Realität am nächsten.
Der Blick auf den Adressatenkreis des Autors kann weitere Erkenntnisse liefern: Nicht nur die Aussagen des Textes selbst sind von Bedeutung, sondern auch die Tatsache, dass ein solcher Text geschrieben wurde. Denn Texte entstehen im allgemeinen aus Bedürfnissen des Publikums heraus. Unter diesen Prämissen offenbart sich der antike Roman zum einen als Quelle für die Realien und Anschauungen der jeweiligen Zeit, zum anderen als literarisches Dokument, dessen Existenz und Gestaltung Rückschlüsse auf die Leser und deren Lebenswelt zulässt. Keine andere Gattung der Antike hat in dieser ausgeprägten Weise einen doppelten Quellenwert. Allerdings setzt diese Besonderheit interdisziplinäres Arbeiten voraus. Deshalb gewinnt man am ehesten einen Zugang zum Realitätsgehalt des antiken Romans, wenn man den literarischen und den historischen Weg simultan beschreitet und keinem von beidem den Vorrang gibt.72
Universität Trier, Sommersemester 2002
Fachbereich III, Alte Geschichte
Seminar: Der antike Roman als historische Quelle
Leitung: Prof. Dr. Heinz Heinen
Verfasser: Mario Wenzel
Fiktion und Realität im antiken Roman
Vorgelegt am 16.10.2002.
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[...]
1 Dieser Einleitung liegen folgende Arbeiten zugrunde: Riess, Werner: Apuleius und die Räuber. Ein Beitrag zur historischen Kriminalitätsforschung. Stuttgart 2001 (Heidelberger Althistorische Beiträge und Epigraphische Studien; 35) [Zugl. Diss. Phil., Universität Heidelberg, 1999], S. 349-374; Holzberg, Niklas: Der antike Roman. Eine Einführung. Düsseldorf/Zürich 22001; Treu, Kurt: Der Realitätsgehalt des antiken Romans. In: Kuch, Heinrich (Hrsg.): Der antike Roman. Untersuchungen zur literarischen Kommunikation und Gattungsgeschichte. Berlin 1989, S. 107-125.
2 Vgl. hierzu Riess, Apuleius (wie Anm. 1), S. 355-359.
3 Riess, Apuleius (wie Anm. 1), S. 349.
4 Riess, Apuleius (wie Anm. 1), S. 351.
5 Treu, Realitätsgehalt (wie Anm. 1), S. 107.
6 Bodel, John Putnam: Freedmen in the ‘Satyricon’ of Petronius. Diss. Phil., Univ. of Michigan, Ann Arbor 1984, S. 4.
7 So Riess, Apuleius (wie Anm. 1), S. 355.
8 Treu, Realitätsgehalt (wie Anm. 1), S. 115.
9 Riess, Apuleius (wie Anm. 1), S. 362.
10 Die folgenden Informationen basieren auf: von Albrecht, Michael: Geschichte der Römischen Literatur. Von Andronicus bis Boethius. Mit besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit. Bd. 2. München 1992, S. 963/964 und Hanslik, Rudolf: Artikel ”Petronius” (10.). In: Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden auf der Grundlage von Pauly`s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften, bearb. und hg. von K. Ziegler, W. Sontheimer und H. Gärtner, Bd. 4. München 1979, Sp. 673/674.
11 Im Folgenden beziehe ich mich auf Heinz Bellen, Studien zur Sklavenflucht im Römischen Kaiserreich, Wiesbaden 1971.
12 Suet. Aug. 40,4; Gai. inst. 1,13; Ulp. reg. 1,11.
13 Ulp. Dig. 47,10,15,44.
14 Zu den Stellenangaben vgl. Bellen, Sklavenflucht (wie Anm. 11), S. 25, Anm. 163.
15 Petron. 103,1-2.
16 Petron. 103, 3/4.
17 Petron. 103,2 und 103,4.
18 Bellen, Sklavenflucht (wie Anm. 11), S. 24.
19 Bellen, Sklavenflucht (wie Anm. 11), S. 24.
20 Bellen, Sklavenflucht (wie Anm. 11)‚ S. 24.
21 Petron. 103,5.
22 Petron. 104,5-105,1.
23 Fröhlke, Franz M.: Petron 104, 5: Ein antiker Sakralbrauch? In: RhM 123, 1980, S. 355-358.
24 Fröhlke, Sakralbrauch (wie Anm. 23), S. 358.
25 Dafür führt Fröhlke auch Beispiele an: Sakralbrauch (wie Anm. 23), S. 355.
26 Petron. 105,2.
27 Vgl. Groß, Walter Hatto: Art. ”Haartracht/Haarschmuck”. In: Der Kleine Pauly, Bd. 2. München 1979, Sp. 897-899, hier Sp. 898.
28 Bellen, Sklavenflucht (wie Anm. 11), S. 24.
29 Apul. met. 9,12,3; Cypr. ep. 77,2; Artem. onirocrit. 1,21. Vgl. Bellen, Sklavenflucht (wie Anm. 11), S. 25, Anm. 159.
30 Bellen, Sklavenflucht (wie Anm. 11), S. 25.
31 Petron. 105,11.
32 Vgl. Georges: Ausführliches Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch, Bd. 2. Darmstadt 1998 (Nachdruck der 8. Auflage, Hannover 1916-1919), Sp. 2962-2963.
33 Petron. 107,3 - 6.
34 Petron. 107,3.
35 Petron. 107,6.
36 Petron. 107,5.
37 Petron. 107,5.
38 Diese Informationen entstammen dem Artikel zu Longos von Hans Gärtner in: Der Kleine Pauly, Bd. 3, München 1979, Sp. 734/735. Richard Hunter datiert den Roman ins späte zweite oder frühe dritte Jahrhundert: Hunter, Richard L.: A study of Daphnis and Chloe. Cambridge 1983 (Cambridge Classical Studies), S. 15.
39 Die folgenden Informationen zur Kindesaussetzung basieren auf Weiss, E. / Kroll, W.: Art. „Kinderaussetzung”. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften. Neue Bearbeitung, begonnen von Georg Wissowa, hrsg. v. Wilhelm Kroll, Bd. 11/1. Stuttgart 1921, Sp. 463-472.
40 Zu den Stellenangaben vgl. Weiss/Kroll, Art. „Kinderaussetzung“ (wie Anm. 39), Sp. 464.
41 Vgl. Berneker, Erich: Artikel ”Ehe” (1.). In: Der Kleine Pauly, Bd. 2. München 1979, Sp. 207. Die Aussetzung unehelicher Kinder begegnet z. B. im Ion des Euripides und in den Wolken des Aristophanes.
42 Gschnitzer, Fritz: Griechische Sozialgeschichte - von der mykenischen Zeit bis zum Ausgang der klassischen Zeit. Wiesbaden 1981 (Wissenschaftliche Paperbacks; 16 / Sozial- und Wirtschaftsgeschichte), S. 117.
43 So u. a. bei Aristophanes, Plautus, Terenz und Longos.
44 So u. a. bei Plautus, Plinius und Euripides. Zu den Stellenangaben vgl. Weiss/Kroll, Art. „Kinderaussetzung“ (wie Anm. 39), Sp. 467.
45 Longos 1,2,3 - 1,3,2. Zugrunde liegt folgende Ausgabe: Schönberger, Otto: Longos, Hirtengeschichten von Daphnis und Chloe. Griechisch und deutsch. Berlin 1960 (Schriften und Quellen der Alten Welt; 6).
46 Longos 1,3,1.
47 Longos 1,3,2.
48 Longos 1,3,1.
49 Siehe hierzu auch die allgemeinen Bemerkungen zur Kindesaussetzung, S. 15/16.
50 Longos 1,2,3.
51 Longos 4,20,2.
52 Vgl. Longos 1,2,3.
53 Longos 4,30,4.
54 So auch Schönberger, Longos (wie Anm. 45), S. 179, Anm. zu Longos 4,30,4: „Wie streng die sozialen Grenzen bei Longos gezogen sind, zeigt der Wunsch, Chloe möchte Eltern finden, die sie des Daphnis würdig machen. Obschon die Liebe bei Longos eine so wichtige Rolle spielt, reicht ihre Macht allein nicht aus, um Chloe für den vornehm gewordenen Daphnis zu legitimieren.“
55 Longos 1,2,3.
56 Vgl. Weiss/Kroll, Art. „Kinderaussetzung“ (wie Anm. 39), Sp. 465.
57 Longos 1,2,3.
58 Vgl. Weiss/Kroll, Art. „Kinderaussetzung” (wie Anm. 39), Sp. 468.
59 Longos 1,4-6.
60 Longos 1,5,3: Das Kind war ein Mädchen, und auch bei ihm lagen Windeln und Erkennungszeichen: ein goldgesticktes Haarband, vergoldete Schuhe und goldene Fußspangen.
61 Longos 4,19,3-5.
62 Longos 4,19,4.
63 Longos 4,24,1.
64 Longos 4,35,3.
65 Longos 4,24,1.
66 Schönberger, Longos (wie Anm. 45), S. 178: Anmerkung zu Longos 4,21,2.
67 Vgl. Longos 4,24,2: Aber das Schicksal hatte es anders beschlossen...
68 Kudlien, Fridolf: Kindesaussetzung im antiken Roman: Ein Thema zwischen Fiktionalität und Lebenswirklichkeit. In: Groningen colloquia on the novel 2, 1989, S. 41-42.
69 Longos 4,35,3.
70 Longos 4,21,3.
71 Weiss/Kroll, Art. „Kinderaussetzung“ (wie Anm. 39), Sp. 467.
72 Sinngemäß nach Bodel, Freedmen (wie Anm. 6), S. 24.
- Arbeit zitieren
- Mario Wenzel (Autor:in), 2002, Fiktion und Realität im antiken Roman, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107269
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