Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für Kommunikationswissenschaft (Zeitungswissenschaft) Veranstaltung: Medienrecht I WS 2001/02
10.12.2001
Unzulässige Bild- und Bildnisveröffentlichungen: Verletzung eines berechtigten Interesses (§ 23 I KUG)
- 22 KUG bestimmt, dass ein Bildnis erkennbarer Personen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung veröffentlicht werden darf.
- 23 I KUG definiert die Fälle, in denen ein Bildnis ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden darf, stellt also eine Ausnahmeregelung zu § 22 KUG dar.
- 23 II KUG wiederum legt die Ausnahmen zu dieser Ausnahmeregelung lt. Abs. I fest, damit diese zu keinem ungerechtfertigtem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten führt.
!! Abs. II kann nur greifen, wenn zuvor festgestellt wurde, dass ein Fall der Abbildungsfreiheit
nach Abs. I vorliegt. !!
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Entscheidung des BGH geschieht durch eine Güter- und Interessenabwägung zwischen
- dem Persönlichkeitsrecht (fi Art. 2 Abs. 1 in Verb. mit Art. 1 Abs. 1 GG) des Abgebildeten und
- dem Informationsinteresse der Allgemeinheit (fi Art. 5 GG).
Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei dem Abgebildeten bzw. seinen Angehörigen! (¹ Abs. I: Beweislast liegt beim Publizierenden)
Eine Verletzung kann auch durch unzulässige Begleitumstände erfolgen, auch wenn das Foto alleine korrekt ist.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. durch den Begleittext
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. durch die bloße Anordnung der Fotos
Konkret können folgende grundsätzliche Spielarten unterschieden werden:
1. Intim- und Privatsphäre: Die Intimsphäre (z.B. Nacktaufnahmen) ist prinzipiell tabu, die Privatsphäre (z.B. Familienleben, auch außerhalb der Privaträume, z.B. am Strand) ist in den meisten Fällen zu schützen. ABER: Fotos Prominenter in ihrer Sozialsphäre sind erlaubt! („wg. Leitbild- und Kontrastfunktion“)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten z.B. Bilder von Prinzessin Caroline v. Monaco
(BVerfG, 1 BvR 653/96 vom 15.12.1999, Absatz-Nr. (1 - 120))
2. Verletzung von Ehre und Ruf
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. Foto einer Person vor einem Bordell
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. Ausschnittsvergrößerung eines Fotos eines Bundesligaspielers, dem während eines Spiels die Hose hoch und etwas anderes herausgerutscht ist
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. Fotomontage mit Kopf von Björn Engholm auf Körper des toten Uwe Barschel mit der Bildunterschrift „Sehr komisch, Herr Engholm“
3. Soziale Prangerwirkung
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. Leute in der Schlange vor dem Sozialamt
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. Abgebildeter wird mit Handschellen dargestellt, obwohl diese keinen sachlichen Bezug zum Thema der Berichterstattung haben
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. Fotos der Vorstandsvorsitzenden von FCKW-produzierenden Unternehmen auf bundesweitem Greenpeace-Plakat mit Spruch: „Alle reden vom Klima. Wir ruinieren es.“ => wurde abgewiesen
(BVerfG, 1 BvR 2126/93 vom 8.4.1999, Absatz-Nr. (1 - 39))
4. Wahrheitsschutz: ein unzutreffender Eindruck beim unbeteiligten Betrachter entsteht.
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. wenn die Aufnahme eines Unfalls den Eindruck erweckt, ein Unbeteiligter hätte direkt etwas mit dem Geschehen zu tun
[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] z.B. Foto eines unbeteiligten Radfahrers neben einer Dame, über deren lockere Sexualmoral berichtet wird (Schmerzensgeld: 2000 DM)
Häufig gestellte Fragen
Was behandelt dieser Text über Medienrecht?
Der Text behandelt unzulässige Bild- und Bildnisveröffentlichungen und die Verletzung eines berechtigten Interesses gemäß § 23 I KUG (Kunsturhebergesetz).
Was besagt § 22 KUG?
§ 22 KUG bestimmt, dass ein Bildnis erkennbarer Personen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung veröffentlicht werden darf.
Was besagt § 23 I KUG?
§ 23 I KUG definiert die Fälle, in denen ein Bildnis ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden darf. Es stellt somit eine Ausnahmeregelung zu § 22 KUG dar.
Was besagt § 23 II KUG?
§ 23 II KUG legt die Ausnahmen zu dieser Ausnahmeregelung (Abs. I) fest, um zu verhindern, dass es zu einem ungerechtfertigten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten kommt.
Was ist wichtig zu beachten bezüglich Abs. II und Abs. I von § 23 KUG?
Abs. II kann nur greifen, wenn zuvor festgestellt wurde, dass ein Fall der Abbildungsfreiheit nach Abs. I vorliegt.
Wie erfolgt die Entscheidung bei Bild- und Bildnisveröffentlichungen laut BGH?
Die Entscheidung des BGH erfolgt durch eine Güter- und Interessenabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten (Art. 2 Abs. 1 in Verb. mit Art. 1 Abs. 1 GG) und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit (Art. 5 GG).
Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast?
Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei dem Abgebildeten bzw. seinen Angehörigen.
Kann eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch durch Begleitumstände erfolgen?
Ja, eine Verletzung kann auch durch unzulässige Begleitumstände erfolgen, selbst wenn das Foto alleine korrekt ist (z.B. durch den Begleittext oder die bloße Anordnung der Fotos).
Welche grundlegenden Spielarten unzulässiger Bildveröffentlichungen werden unterschieden?
Folgende Spielarten werden unterschieden: Verletzung der Intim- und Privatsphäre, Verletzung von Ehre und Ruf, soziale Prangerwirkung, und Wahrheitsschutz (Entstehung eines unzutreffenden Eindrucks beim Betrachter).
Was gilt bezüglich der Intim- und Privatsphäre?
Die Intimsphäre (z.B. Nacktaufnahmen) ist prinzipiell tabu. Die Privatsphäre (z.B. Familienleben) ist in den meisten Fällen zu schützen. Fotos Prominenter in ihrer Sozialsphäre sind jedoch erlaubt.
Was sind Beispiele für Verletzungen von Ehre und Ruf durch Bildveröffentlichungen?
Beispiele sind Fotos einer Person vor einem Bordell, Ausschnittsvergrößerungen kompromittierender Momente (z.B. beim Sport), oder Fotomontagen, die die Person lächerlich machen.
Was versteht man unter sozialer Prangerwirkung?
Soziale Prangerwirkung entsteht z.B. durch die Darstellung von Personen in prekären Situationen (z.B. in der Schlange vor dem Sozialamt) oder mit reißerischen Bildern (z.B. mit Handschellen), die keinen sachlichen Bezug zur Berichterstattung haben.
Was bedeutet Wahrheitsschutz im Kontext von Bildveröffentlichungen?
Wahrheitsschutz bedeutet, dass ein unzutreffender Eindruck beim Betrachter vermieden werden muss. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Aufnahme eines Unfalls den Eindruck erweckt, ein Unbeteiligter hätte direkt etwas mit dem Geschehen zu tun, oder wenn eine Person fälschlicherweise mit einer politischen Partei in Verbindung gebracht wird.
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- Katrin Dirscherl (Author), 2001, Unzulässige Bild- und Bildnisveröffentlichungen (§ 23 I KUG), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/107149