1. Einleitung
Eine eigenständige Form der Filmkunst ist der Trickfilm, der „unwahrscheinliche oder unwirkliche Begebenheiten mit Hilfe von technischen Tricks“1 darstellt. Der Zeichentrickfilm ist die bekannteste Art und „...fand seinen Höhepunkt im Frühwerk des Amerikaners W. Disney...“1.
Viele Kritiker unterstellen dem Zeichentrickfilm noch heute, dass sein eigentlicher Sinn darin liegt, Kinder möglichst gut zu unterhalten. Disney versuchte mit seinen Filmen auch spielerisch Einfluss auf die Erziehung der Kinder zu nehmen und so schenkten ihm die Eltern bald ihr Vertrauen und ließen ihr Kinder bedenkenlos seine Filme anschauen.
Jährlich zur Weihnachtszeit kommt ein neuer Walt-Disney-Trickfilm in die deutschen Kinos, der ohne jegliche Altersbeschränkung der ganzen Familie Freude macht. Heute nehmen diese Filme den Stellenwert von Vorlesern und Märchenerzählern ein und schon längst sind auch Videokassetten von Disney als Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke nicht mehr wegzudenken.
Im Folgendem möchte ich mich mit der Bedeutung, Entwicklung und dem erzieherischen Wert von Walt-Disney-Zeichentrickfilmen auseinandersetzen und dies anhand von Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937) und Die Sch ö ne und das Biest (1996) verdeutlichen.
2. Entwicklung der Walt Disney Zeichentrickfilme
2.1. Biographie von Walt Disney
Walter Elias Disney, bekannt geworden als Walt Disney, wurde am 5. Dezember 1901 in Chicago (USA) als vierter Sohn des Ehepaares Elias und Flora Call Disney geboren und wuchs mit seinen 4 Geschwistern in Marceline, einer Kleinstadt in Missouri, auf.
Der Vater von Walt Disney war ein erfolgloser Geschäftsmann und Farmer aus dem Mittelwesten der USA und erzog seine Kinder sehr streng. Walt Disney musste in seiner Kindheit vor der Schule Zeitungen austragen, um seine Familie finanziell unterstützen zu können. Wenn der Vater krank war, musste Walt auch dessen Arbeit übernehmen und die Schule schwänzen. Sein Bruder Roy erwähnte Walts Kindheit in einem Interview: „Soweit ich zurückdenken kann, hat Walt immer gearbeitet. Er arbeitete tags, und er arbeitete nachts. Walt spielte nicht viel als Junge. Er kann immer noch nicht sicher einen Ball fangen.“3
Dennoch war Walt ein humorvoller Junge, der viel Phantasie hatte und gern zeichnete. Als die Familie 1916 nach Chicago umzog, besuchte Walt dort die Kunstakademie und lernte das Cartoon- und Trickfilmzeichnen. In seiner Freizeit zeichnete er für die Schülerzeitung, entwarf eigene Comics und verkaufte diese an seine Freunde.
Im Ersten Weltkrieg kam er als Sanitäter nach Frankreich. Als er im Herbst 1919 nach Kansas City zurückkehrte, hatte er den Entschluss gefasst Künstler zu werden und begann seinen ersten Job in einem Werbestudio, in dem er seinem Freund Ubbe Iwerks begegnete. Er las Bücher über die Bewegungsabläufe in Trickfilmen und lernte mit einer Filmkamera umzugehen. Kurz darauf machte er sich mit Ubbe Iwerks selbständig und produzierte für die Kansas City Ad Company einige Werbezeichentrickfilme, die er mit Lokalkolorit (Bilder und Gegenstände aus dem Leben der Menschen vor Ort) ausstattete, um sich erfolgreich im Wettbewerb gegen die anderer Zeichner von der Ostküste zu behaupten.
1922 stellte Disney kurze Märchenfilme in Eigenregie her, die er unter dem Reihen- Titel Laugh-O-Grams (auf Deutsch etwa: Lach-Geschichten) verkaufte und mit denen er erste Erfolge verbuchen konnte, wie z. B. 1923 mit der Serie Alice im Cartoonland. Er errichtete in Hollywood die Disney Brothers Cartoon Studios, in denen sein Bruder Roy Disney die Geschäftsführung übernahm. 1925 heiratete er Lillian Bounds, die als Zeichnerin in seinem Studio arbeitete. Disneys Firma wurde 1926 in Walt Disney
Studios und 1929 in Walt Disney Productions umbenannt. Im Jahre 1928 entwickelten Disney und Iwerks eine Maus, die sie Mortimer nennen wollten, doch Disneys Frau setzte den Namen Mickey Mouse durch, dee bald darauf auch als Comicbuch verlegt wurde.
Bereits der dritte Mickey-Mouse-Film Steamboat Willie (1928) war mit einer Tonspur unterlegt und 1932 entstand der erste Zeichentrickfilm in Technicolor (Flowers and Trees and the Three Little Pigs) , womit Disney seinen ersten Oscar gewann und einen hohen Maßstab für den Zeichentrickfilm festlegte.
Disney investierte viel Zeit und Geld in seinen ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm Schneewittchen und die sieben Zwerge (1937). Die Filmbranche machte sich über diese größenwahnsinnige Idee lustig, doch als das Werk nach dreijähriger Produktionszeit ins Kino kam, wurde es zu einem Kassenschlager. Von da an zeichnete Walt Disney viele erfolgreiche Trickfilme, wie Fantasia ( 1940 ), Dumbo, der fliegende Elefant ( 1941)und Bambi ( 1942 ).
Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich Disney verstärkt dem Realfilm zu und produzierte unter anderem die Jules-Verne-Verfilmung 20.000 Meilen unter dem Meer (1954).
Disneys finanzieller Erfolg ermöglichte es ihm, seinen Kindheitstraum von einem Magic Kingdom Realität werden zu lassen und so wurde am 17. Juli 1955 das Disneyland, der berühmte Vergnügungspark in Anaheim bei Los Angeles, eröffnet. Walt Disney starb kurz vor der Fertigstellung des erfolgreichen Zeichentrickfilms Das Dschungelbuch (1967) am 15. Dezember 1966 in Burbank an Lungenkrebs.
2.2. Entwicklung der Firma nach seinem Tode
Danach führte sein Bruder Roy die Gesellschaft zunächst allein weiter und weihte am 1. Oktober 1971 mit der Walt Disney World einen zweiten Vergnügungspark in Orlando (Florida) ein, worauf er nur drei Monate später ebenfalls verstarb. Nach dem Tod der Studiogründer übernahmen Roy E. Disney, ein Sohn von Roy Disney, Ron Miller, ein Schwiegersohn von Walt Disney, und Card Walker die Leitung der Firma, die jedoch nur einen mäßigen Erfolg verbuchen konnten. 1984 kaufte der Milliardär Sid Bass einen großen Anteil an den Walt Disney Productions und die neue Firmenleitung aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Eisner, dem Generaldirektor Frank Wells und dem Studiochef Jeffrey Katzenberg brachten frischen Wind in das Unterhaltungsimperium. 1983 entstand der erste Disney-Themenpark außerhalb der USA in der Nähe von Tokio. Ebenfalls in diesem Jahr wurde die Filmfirma Touchstone gegründet, mit der man sich vom „Kinderfilm-Image“2 des Namens Disney distanzieren wollte. Produktionen wie Falsches Spiel mit Roger Rabbit (1988), Pretty Woman (1990) und Pearl Harbour (2001) waren ein großer finanzieller Erfolg. Im April 1992 eröffnete Dick Nunis, der Chef der Disney-Vergnügungsparks, das Euro Disneyland in der Nähe von Paris. Auch im reinen Zeichentrickfilm ging es mit Arielle - Die Meerjungfrau (1989), Die Sch ö ne und das Biest (1992), Der K ö nig der L ö wen (1994) und Fantasia 2000 (2000) wieder kräftig bergauf.
3. Im Vergleich
Schneewittchen und die sieben Zwerge und Die Sch ö ne und das Biest
3.1.Inhalt
3.1.1. Schneewittchen und die sieben Zwerge (Snow White and the Seven Dwarfs Ɣ USA 1937) ͼein Märchen nach den Gebrüdern Grimmͽ
„Es war einmal...“ so beginnt die Geschichte von der wunderschönen Prinzessin Schneewittchen, deren Leben durch die eifersüchtige Stiefmutter bedroht ist. Sie findet jedoch sichere Zuflucht bei den sieben Zwergen. Aber die böse Königin entdeckt Schneewittchen und reicht ihm einen vergifteten Apfel. Die Zwerge können sich nicht von ihm trennen und so halten sie täglich Wache an seinem Sarg, bis eines Tages der schöne Prinz, auf seinem Pferd heranreitet, und Schneewittchen ins Leben zurück küsst.
3.1.2. Die Sch ö ne und das Biest (Beauty and the Beast Ɣ USA 1996)
ͼ La Belle et la B ê te von Madame Le Prince de Beaumontͽ
Der Vater der schönen Dorfbewohnerin Belle verirrt sich im Wald. Er findet ein Schloss, in dem eine Bestie haust, die Belle's Vater kurzerhand in den Kerker wirft. Als Belle ihren Vater findet, willigt sie ein, an dessen Stelle auf dem verwunschenen Schloss zu bleiben. Doch bald gewinnt Belle die Zuneigung des Biestes, das in Wahrheit ein verwunschener Prinz ist. Mit Hilfe der verzauberten Dienerschaft entwickelt sich zwischen Belle und dem Ungeheuer eine entzückende, zärtliche
Romanze. Und Belle erkennt schließlich, dass wahre Schönheit im Herzen verborgen liegt.
3.2. Personen der Handlung
In beiden Filmen spielt ein sympathisches und herzensgutes Mädchen die
Hauptrolle. Schneewittchen ist eine fröhliche und bescheidene Prinzessin, die unbedarft jedem ihr Vertrauen schenkt. Ihre Liebenswürdigkeit lässt sie schnell Freunde finden, die alles für sie tun. Es ist für sie selbstverständlich, dass sie sich aus Dankbarkeit der Hausarbeit annimmt und das Zusammenleben mit den Zwergen genießt.
Belle dagegen ist nicht das bescheidene Mädchen, das sich unterwürfig den kleinen Schlägen des Schicksals hingibt. Sie hadert mit ihrem Schicksal, und als der „schöne“ Gaston auftaucht, verliebt sie sich nicht auf den ersten Blick wie Schneewittchen in ihren Prinzen (sie ist noch nicht einmal, wie im Beaumont- Märchen, von seinem Äußeren angetan), vielmehr erweist sie sich als wählerisch und denkt gar nicht daran, das zu tun, was die Gesellschaft (im Film die Dorfbewohner) von ihr fordert.
Schneewittchens Prinz ist ein gutaussehender junger Mann, der seine Gefühle gegenüber ihr in einem Lied ausdrückt, was sie so beeindruckt, dass sie ihn den ganzen Film über nicht vergessen kann. Er taucht erst gegen Ende wieder auf, um Schneewittchen mit einem Kuss (ähnlich wie in Dornr ö schen) zu erwecken. Das Biest ist ebenfalls ein attraktiver Prinz, der wegen seines hartherzigen Verhaltens von einer Hexe verwünscht wurde und erscheint auf den ersten Blick als ein bedrohliches Monster, aggressiv und stur, das sich selbst in seine Einsamkeit getrieben hat.
Die Zwerge sind unterschiedliche Charaktere, die zusammen im Wald leben und in einem Berg Diamanten abbauen. Sie sind lustige, männliche Märchenwesen, die sich wie Kinder verhalten. Sie nehmen Schneewittchen hilfsbereit bei sich auf, wie sich auch die, in Gegenstände verzauberte, Dienerschaft des Biestes um Belle’s
Wohlergehen kümmert. Diese Figuren wirken so lebendig, dass sie allein dadurch schon wieder für Lacher sorgen, wie zum Beispiel ein sehr gelenkiger und übereifriger Kleiderständer, der dem Biest eine neue Frisur verpasst oder der Zwerg Hatschi, der durch sein Niesen für Chaos sorgt.
In beiden Filmen spielen diese Figuren eine wichtige Rolle, die der Geschichte zum Happy End verhilft.
Die böse Stiefmutter will Schneewittchen töten, damit sie die Schönste im Land ist. Dazu verwandelt sie sich in eine hässliche alte Hexe, um unerkannt zu bleiben, und vergiftet Schneewittchen mit einem Apfel.
Der Bösewicht Gaston hingegen ist ein sportlicher Schönling, der von blonden und blauäugigen Frauen bewundert wird. Gastons Gemeinheiten sind nicht von Beginn an präsent, vielmehr zeichnet sich seine eigentlich Niedertracht erst so nach und nach ab. Er will Belle’s Vater in eine Irrenanstalt bringen lassen, um ihre Liebe zu erzwingen.
3.3. Gestaltung
Disney selbst hatte stets die Technik ebenso im Auge wie die Kunst. Schon früh kümmerte er sich um neue Farbgebungsverfahren, für die er sich oft sogar die Exklusiv-Rechte sicherte.
In der Produktion von Schneewittchen und die sieben Zwerge arbeitete er damals mit der neuen Multiplan-Kamera, unter der die Zeichnungen auf verschiedenen Ebenen liegen und so den Eindruck räumlicher Tiefe vermitteln. Durch heutige Computeranimationen wirken die Hintergründe in Die Sch ö ne und das Biest permanent räumlich. Ständig bewegt sich die Kamera über Schlosszinnen hinweg, durch Fenster und Staubfäden hindurch und um Gegenstände herum. Disney legte sehr viel Wert auf eine detaillierte und liebevolle Arbeit, er ließ die Zeichner mit den Figuren „schauspielern“, sie verliehen ihnen Gefühle, die sich in einer genau ausgeklügelten Art der Gestik und Mimik widerspiegelten. Sie nahmen sich Zeit, Bewegungsabläufe an Menschen und Tieren zu studieren, und die Figuren konnten so überzeugend agieren, atmen und gestikulieren, dass man völlig vergisst, es mit einer starren, Bild für Bild (zwölfmal in der Sekunde, wobei bei Zeichentrickfilmen jedes Bild zweimal aufgenommen wird) gezeichneten Figur zu tun zu haben. So hat jeder der sieben Zwerge seine eigene Gangart und auch die „belebten“ Gegenständen im Schloss des Biestes wirken teilweise lebendiger als gezeichnete Menschen.
Die Hintergrundkulissen erhielten in beiden Filmen eine große Beachtung der Zeichner, denn zum Beispiel die Innendekoration der Zwergenhütte ist in einem mittelalterlichen Baustil gehalten und die Kulissen von Die Sch ö ne und das Biest sind sogar klassischen Gemälden nachempfunden. Die Zeichner studierten Bilder von Fragonar, Aufnahmen französischer Schlösser und Filme über das Loiretal in Frankreich, um eine detailgetreue Atmosphäre zu schaffen.6
Die Musik dient zur Unterstützung der Charaktere und Situationen, so sind die Lieder melodisch, leicht und humorvoll, wie das „Heiho“ der Zwerge bei der Arbeit, oder dramatisch, laut und getragen, wenn es spannend wird, weil das Biest gegen Gaston kämpfen muss. Auffällig im Vergleich der beiden Filme ist, dass Schneewittchen und die sieben Zwerge sehr viele, einfach nachzusingende Kinderlieder beinhaltet, die Musik in die Sch ö ne und das Biest dagegen in das operettenhafte Musical übergeht.
4. Erzieherische Wirkung
In Schneewittchen und die sieben Zwerge ist der Erziehungsstil der damaligen Zeit offensichtlich. Schneewittchen sagt energisch und bestimmt den Tieren und Zwergen, was und wie sie es zu tun haben. Dieser autoritäre Erziehungsstil war in den vierziger Jahren an der Tagesordnung in den Elternhäusern. Die Sch ö ne und das Biest hingegen bedient sich einer anderen Art des Erziehungsstils, der in den Neunzigern Fuß gefasst hat. Eltern lassen ihre Kinder aus Fehlern lernen und geben ihnen nur wenige Grenzen vor, an denen sich die Kinder orientieren können. Dieser Laissez-faire Stil wirkt in dem Film unbewusst auf die Zuschauer. Dies macht es möglich, sich Vorbilder unter den Figuren zu suchen und sich mit diesen zu identifizieren.
Disney bemüht sich in seinen Filmen auch kulturelle Aspekte mit einzuarbeiten, so wird Schneewittchen und die sieben Zwerge mit einem alten Buch eröffnet, indem Schneewittchens Geschichte in gotischen Buchstaben geschrieben steht, und Die Sch ö ne und das Biest beginnt mit einer erklärenden Einführung eines Erzählers, die mit bunten Kirchenglasfenstern unterlegt ist.
Grundsätzlich fällt es Kindern leicht, gute und böse Figuren voneinander zu unterscheiden, da das Böse immer mit dunklen Farben, eckigen Gesichtszügen und dramatischer Musik betont wird. Auch die Tiere, die die Figuren umgeben, werden klischeehaft ausgewählt, so umgibt die böse Stiefmutter ein schwarzer Rabe und Geier fliegen ihr nach, Schneewittchen dagegen freundet sich mit hellblauen Vögelchen, Rehen und Kaninchen an, welche kuschelig und niedlich sind und daher von Kinder gemocht werden. Allerdings ist dies nicht so einfach anzuwenden auf Die Sch ö ne und das Biest. Hier ist Belle zwar auch umgeben von kuscheligen Schafen und Vögeln, verhält sich aber nicht, wie ein sympathisches, nettes Mädchen, sondern ist unhöflich und eingebildet, da sie die grüßenden Dorfbewohner nicht bemerkt und einfach vorübergeht. Auch das Biest erweckt anfangs den Eindruck es sei böse, da es Belle’s Vater einsperrt, furchtbar brüllt und sich im Dunklen hält, so dass man es kaum sehen kann.
Die Schüchternheit der Figuren macht sie besonders sympathisch. Schneewittchen wird rot, da der Prinz ihr Lied weitersingt, es versteckt sich hinter der Gardine und schaut dennoch neugierig aber vorsichtig, was der Prinz als nächstes tut. Ebenfalls rot wird Brummbär, als Schneewittchen ihm einen Abschiedskuss gibt, weil die Zwerge zur Arbeit aufbrechen und dem Biest ist es peinlich, dass es gemein gegenüber Belle war und sie sich dennoch beim ihm für ihr Verhalten entschuldigt. Seine Verlegenheit zeigt sich durch Erröten seiner Augenbrauen. Kinder lernen durch die Filme auch mit ihrer Angst umzugehen, Disney bietet ihnen verschiedene Verhaltensmuster an und zeigt ihnen, dass sich letztendlich alles zum Guten wendet. Schneewittchen singt zum Beispiel ein Lied mit dem Text: „Sing ein Lied, sei vergnügt“7 um sich selbst Mut zu machen, weil es sich in dem dunklen, unbekannten Wald fürchtet und schon wandeln sich die gruseligen Augen in die Augen von vielen kleinen, niedlichen Tieren, die Schneewittchen aufmuntern und es trösten. Ebenso ergeht es Belle, die mit ihrem Pferd im finsteren Wald ihren Vater sucht und von Wölfen verfolgt wird, dann das Schloss des Biestes erreicht und dort anstelle des Vaters als Gefangene bleibt. Doch die Dienerschaft muntert sie mit einigen Späßen und tröstenden Worten auf.
Eine beängstigende Körpersprache wird vor allem bei Drohungen deutlich und zeigt die Machtpositionen der einzelnen Figuren. So beauftragt die Königin den Jäger, Schneewittchen zu töten, und als er ablehnt, steht sie auf, droht ihm und er sackt in sich zusammen und nimmt den Auftrag an. Ebenso baut sich auch das Biest vor seiner Dienerschaft auf, als es erfährt, dass Belle nicht zum Essen kommt, und schüchtert sie dadurch ein.
Kindern erfahren, dass ihr Handeln Konsequenzen hat und werden sich auch der Tragweite ihres Tuns bewusst, denn weil Schneewittchen die böse Königin in das Haus lässt, obwohl die Tiere es daran zu hindern versuchen, wird es vergiftet und auch der Prinz wird in ein Biest verzaubert, da er der armen, alten Frau nicht hilft, sondern sie ohne Mitgefühl fortschickt. Auch Belle erlebt diese Konsequenzen, als sie, um ihren Vater vor dem Irrenhaus zu retten, den Dorfbewohner mit Hilfe des
Zauberspiegels beweist, dass das Biest wirklich existiert, und die Leute loslaufen, um es zu vernichten.
Natürlich zeigt auch Disney die alltäglichen Streitereien mit der bekannten Folge, dass man zum Schluss gar nichts mehr davon hat, und deshalb streiten sich die Zwerge um das einzige Kissen und zerreisen es, so dass keiner mehr darauf schlafen kann und auch als das Biest Belle zum Abendessen einlädt und sie nicht darauf eingeht, bekommt keiner etwas zu essen. Doch als Belle hungrig wird, missachtet die Dienerschaft einfach das Verbot des Biestes und zaubert ihr trotzdem ein leckeres Essen.
Schneewittchen übernimmt bei den Zwergen die Mutterrolle, so schickt es alle Zwerge, als das Fest in vollem Gange ist, in das Bett, als sie bemerkt: „Du meine Güte, Schlafenszeit!“7 und auch die Kaffeekanne schickt ihr Kind Tassilo während des Tanzes von Belle und dem Biest in den Geschirrschrank zum Schlafen, so wie es Eltern immer tun, wenn es für die Kinder gerade interessant wird. Auf das Aufräumen wird in Schneewittchen besonders Wert gelegt, so säubert es mit den Waldtieren die Hütte der Zwerge, nachdem es festgestellt hat, dass hier „sieben unordentliche Kinder“7 leben, und singt dabei das Lied: „Sei gescheit, es spart viel Zeit, wenn man bei der Arbeit bleibt“7, das so ins Ohr geht, dass man animiert wird, Ordnung zu halten. Denn als Schneewittchen sieht, dass die Eichhörnchen den zusammengefegten Dreck unter den Teppich kehren wollen, erklärt es ihnen, dass man das so nicht macht und schüttelt das Staubtuch aus dem Fenster aus, was ein anderes Eichhörnchen gleich nachahmt. Darauf hängt es die schmutzige Wäsche auf das Geweih eines Rehs, das die Wäsche den anderen Tieren farblich sortiert zum Waschen rausbringt.
Auch die Dienerschaft des Biestes hält das Schloss sorgfältig in Ordnung und so waschen alle zusammen das Geschirr nach dem Essen ab und haben dabei sehr viel 9
Spaß. Man bekommt den Eindruck, dass Aufräumen und Ordnung halten keine anstrengende, langweilige Arbeit ist, sondern dass es Freude macht, wenn man zusammenhält und sich gegenseitig dabei hilft.
Benehmen und Anstand ist für Kinder meist eine Last, der sie sich beugen müssen. Disney bemüht sich darum, die vorgeschriebenen Regeln als etwas Angenehmes und Notwendiges darzustellen, die nicht nur mit Anstrengungen verbunden sind. Daher lässt sich Schneewittchen vor dem Essen die Hände der Zwerge zeigen und schickt sie alle hinaus mit der Drohung: „Marsch, alle raus zum Waschen oder ihr kriegt keinen Bissen zu Essen“7. Chef, der älteste Zwerg, erklärt allen anhand eines Liedes, dass das Waschen etwas Angenehmes sein kann und als sich Brummbär weigert, helfen alle zusammen und schmeißen ihn direkt in das Wasser und schrubben ihn kräftig ab. Auch die Dienerschaft überredet das Biest sich ordentlich zu waschen und schön anzuziehen, um sich Belle’s Zuneigung zu verdienen, und als es sich kämmt, stehen ihm die Haare zu Berge. Dieser Humor birgt einen gewissen Charme, der die Zuschauer überzeugt, dass es wichtig ist auf die Körperpflege zu achten.
In einer anderen Szene weist Schneewittchen die Zwerge darauf hin: „Ich sagte Guten Morgen!“7 und die Zwerge reagieren darauf, genauso erzieht auch die Kaffeekanne das Biest mit den Worten: „man darf nicht grob zu einem jungen Mädchen sein“8 und als das Biest seine Suppe schlürft, schaut Belle ganz erstaunt. Doch hier wird der Laissez-faire Stil besonders deutlich, da Belle sich dem Biest anpasst und auch aus der Schüssel trinkt.
Leider wurde aus Schneewittchen eine ähnliche Szene herausgeschnitten, die aber im Abspann in Schwarz-weiß gezeigt wird. Die Zwerge schlürfen ihre Suppe und Schneewittchen ist ganz entsetzt, sie zeigt ihnen, wie man als „Gentleman“9 eine Suppe isst und die Zwerge bemühen sich, dies zu erlernen.
Charakteristisch für Disneys Filme ist, dass das Gute am Ende über das Böse siegt. Die böse Hexe stürzt auf ihrer Flucht vor den Zwergen einen Felsen hinab, weil sie einen großen Stein auf die Zwerge wälzen will, und Gaston fällt durch sein eigenes Verschulden in die Tiefe, weil er das Biest von hinten angreift und sich nicht mehr halten kann. Dadurch wird der Gerechtigkeitssinn der Kinder bestärkt und sie haben das beruhigende Gefühl, dass nun alles wieder in Ordnung kommt.
Da auch im wirklichen Leben Trauer und Schmerz eine große Rolle für Kinder spielen, werden sie auch in den Disneyfilmen mit solchen Situation konfrontiert, denn 10 als Schneewittchen vergiftet wird, trauern die Zwerge mit den Tieren um es. Viele Kerzen sind aufgestellt und sie halten an ihrem Sarg Wache, doch als der Prinz kommt und sie zum Abschied küsst, erwacht Schneewittchen und die Zwerge freuen sich. Ähnlich trauert das Biest, weil es Belle gehen lässt, und die rote Rose, ein Symbol der Liebe, die in dem Märchen als Zeituhr fungiert, nur noch wenige Blütenblätter hat. Es ist ihm egal, was mit ihm geschieht, so dass es sich gar nicht wehrt als Gaston es töten will, doch als es Belle sieht, fasst es neuen Lebensmut und kämpft. Diese Szenen zeigen den Kindern, dass es immer neue Hoffnung gibt, egal wie verzweifelt einem die Situation auch erscheinen mag.
Natürlich kommt auch der Spaß nicht zu kurz, denn die Trickfilme sollen die Kinder ansprechen und interessant bleiben und deshalb arbeitet Disney in vielen Szenen mit einem eingebauten Witz, wie zum Beispiel Seppl die Seife verschluckt, Chef die Wörter verdreht („schaut auch in die winkligsten Hintern, äh, hintersten Winkel“7 ) oder auch die Schildkröte, die einfach viel zu langsam ist und deshalb immer als letzte ankommt. Auch in Die Sch ö ne und das Biest spielt dieser Humor eine Rolle, so tritt der Freund von Gaston in jedes Fettnäpfchen und wird als Prügelknabe missbraucht. Gaston lässt ihn an Belle’s Haus als Wache zurück, so dass er nach längerer Zeit völlig eingeschneit ist, oder wenn die verzauberte Dienerschaft gegen die Dorfbewohner kämpft. Sie bedienen sich einiger Hilfsmittel, so boxt der Schrank mit seinen Schubladen die Gegner nieder und die Kaffeekanne überschüttet mit dem gesamten Geschirr auf Kommando die Dorfbewohner mit heißer Flüssigkeit.
5. Stellungnahme
Zwischen beiden Filmen liegt ein halbes Jahrhundert und dennoch hat sich die WaltDisney-Filmproduktion immer an die Grundsätze von Walt Disney, eine ausgewogene Mischung aus Action, Romantik und Humor zu bieten, gehalten. „Disney wollte stets Grenzen brechen und sich selbst übertreffen“6 und so hat er trotz vieler Risiken seine Träume verwirklicht.
Ich denke, dass Disney mit seinen Filmen einen Beitrag in der Erziehung von
Kindern leistet, da Phantasie und Gefühl positiv beeinflusst und unveränderliche
Werte wie Freundschaft, Liebe und innere Zufriedenheit vermittelt werden. Er zeigt kindgerecht und verspielt auf, dass man in der Gemeinschaft Unterstützung erfährt und als eigenständige Persönlichkeit akzeptiert wird. Diese persönliche Bestärkung wird besonders in Die Sch ö ne und das Biest deutlich. Kinder erfahren, dass der äußere Schein trügen und die wahre Schönheit und Liebenswürdigkeit eines
Menschen nicht an seinem Aussehen gemessen werden kann, sonder dass die innere Schönheit, die aus dem Herzen kommt, zählt. Dieser tiefgründige Aspekt veranlasst uns darüber nachzudenken, wie wir uns unseren Mitmenschen gegenüber verhalten und lässt uns unsere Toleranzgrenze überprüfen.
Disney bemüht sich mit seinen gezeichneten Märchen realitätsnahe
Lebenssituationen zu umschreiben und diese für Kinder begreifbar und in ihre eigene Erfahrungswelt übertragbar zu machen. Die Handlungen der Figuren lösen eindeutige und klare Folgen aus, die Kinder leicht nachvollziehen können. Kinder lernen aus diesen Folgen und setzen diese neuen Erfahrungen in ihrem eigenen Handeln um.
Die Filme bauen einen Spannungsbogen auf, der schließlich in einer fast ausweglosen Situation gipfelt und dennoch zu einem guten Ende geführt wird. Dies vermittelt Hoffnung und baut Zukunftsängste ab.
Walt Disneys Konzept wird von Kindern als stimmig empfunden, weil er in seinen
Filmen das Kind in jedem von uns anzusprechen versucht. Seine Beliebtheit hat über drei Generationen angehalten, so war es in den vierziger Jahren allgemein üblich, dass „...vor dem Hauptfilm ein Mickey-Mouse-Cartoon gezeigt wurde. Kein Kino konnte es sich leisten, dies nicht zu tun. Und der Ausspruch, „Was denn, - etwa keine Mickey Mouse?“ wurde im Volksmund allgemein mit einer großen Enttäuschung gleichgesetzt, einem Ausdruck dafür, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden konnten.“4
Zu Weihnachten keinen neuen Disney-Zeichentrickfilm im Kino sehen zu können, würde heutzutage auch eine große Enttäuschung auslösen.
6. Quellenverzeichnis
1 Brockhaus 18. Auflage
2 Kleine Tiere
http: \\www.grin.de 3 Walt Disney
http: \\www.grin.de 4 Wie alles begann
http: \\www.grin.de 5 Die Schöne und das Biest
Ausgabe 1980
von Peter Huntscha (2001)
Filmkritik von Thomas Höhl (1998) http: \\www.sftv.ch/hoehl/beast.htm
6 Von Schneewittchen bis die Schöne und das Biest
Ein Einblick in die Entwicklung des Zeichentrickfilms von Thomas Höhl (1998)
http: \\www.sftv.ch/hoehl/dis-sch.htm
7 Schneewittchen und die sieben Zwerge von Walt Disney
Videofilm
8 Die Schöne und das Biest von Walt Disney
Videofilm
9 Schneewittchen und die sieben Zwerge von Walt Disney
Videofilm Abspann
- Quote paper
- Daniela Klaß (Author), 2002, Bedeutung, Entwicklung und erzieherische Wirkung der Zeichentrickfilme von Walt Disney, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106400
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