Epochenüberblick
Vom Barock bis zur Exilliteratur
I. Barock (1600-1720)
- Gegensätze: Diesseits und Jenseits, „Carpe diem“ und „Memento mori“
- Höfe als kultureller Mittelpunkt, Bildung von Sprachgesellschaften
- Übergang vom Lateinischen zur muttersprachlichen Poesie
Vertreter
- Martin Opitz: „Buch von der deutschen Poeterey“ (1624)
- Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen: „Der Abentheuerliche Simpli- cissimus Teutsch“ (1668)
II. Aufklärung (1720-1785)
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündig-
keit.“ (Kant)
- Philosophie von Immanuel Kant
- Vernunft
- Sapere aude! (Kant); Cogito ergo sum! (Descartes)
- optimistischer Fortschrittsglaube und hoher moralischer Anspruch, der zur Herausarbeitung eines neuen Wert- und Tugendsystems führt.
Vertreter
- Gotthold Ephraim Lessing: „Emilia Galotti“ (1772), „Nathan der Weise“ (1779)
- Christoph Martin Wieland, Friedrich Gottlieb Klopstock
III. Sturm und Drang (1767-1785)
- Gegenströmung zur Aufklärung
- Genie
- Individualismus des Einzelnen; Betonung von Gefühl und Spontaneität ➔ neue Erfahrung und Hochschätzung der Natur
- Anklage sozialer Missstände ➔ Vorwegnahme der Französische Revolution
- Neue Impulse, die auf Klassik und Romantik, auf Georg Büchner, den Natu- ralismus und den Expressionismus nachwirken.
- Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ (1774) ist das epi- sche Meisterwerk der Epoche
Vertreter
- Johann Wolfgang von Goethe: „Die Leiden des jungen Werthers“
- Friedrich Schiller: „Die Räuber“ (1781), „Kabale und Liebe“ (1784)
IV. Weimarer Klassik (1786-1832)
- „Edle Einfalt, stille Größe“ (Johann Joachim Winckelmann) ➔ Ideal des ruhigen, abgeklärten, in sich selbst ruhenden Menschen
- v.a. von Goethe und Schiller geprägt
- Leitideen sind Harmonie und Humanität; antikes Griechentum als Muster dieser Humanität sowie der künstlerischen Darstellung
- Einfluss des Idealismus ➔ geistige Grundhaltung und Stilwille, der sich an Vorstellungen wie Klarheit, Reinheit und Maß orientiert.
- Übereinstimmung von Geist und Gemüt, Freiheit und Notwendigkeit sowie Inhalt und Form werden angestrebt; Gegensätze sollen ausgeglichen, Ex- treme vermieden werden.
Vertreter
- Johann Wolfgang von Goethe: „Iphigenie auf Tauris“ (1787), „Faust I“ (1808)
- Friedrich Schiller: „Maria Stuart“ (1800), „Wilhelm Tell“ (1804)
V. Romantik (1795-1835)
- Versuchte Vereinigung von Gegensätzen durch Poesie als einerseits ver- bindendes geistiges Grundelement und andererseits als Lebensgefühl und Lebensinhalt der Dichter.
- Poesie: neuer Mittelpunkt in Anlehnung an die Mythologie der Antike.
- Rückwendung zum Mittelalter
- Die Romantik versucht alle geistig-literarischen Strömungen aufzunehmen, die im Widerspruch zum absolutistischen Staat, zum Rationalismus, zu ei- ner nur vernünftigen Theologie und zum französischen Klassizismus stehen.
- Gefühl der Heimatlosigkeit und der Vereinsamung
- Blaue Blume als Symbol für romantische Poesie.
Einteilung in
a) Frühromantik
Zentrum: Jena
- Programmatisches Interesse
- Friedrich Schlegel: „Universalpoesie“
b) Hochromantik
Zentrum: Heidelberg
- nationales Bildungsprogramm
- Sammlung, Beurteilung und Herausgabe volkstümlicher und mittelalterli- cher Literatur
c) Spätromantik
Zentrum: Berlin
- Hang zum Katholizismus
- Wissen um Unvereinbarkeit der Sehnsucht nach Poesie mit der Prosa des bürgerlichen Alltags
Vertreter
- Johann Wolfgang von Goethe: „Wilhelm Meister“ ➔ spielerische Verbindung von Poesie, Selbst- und Weltbildung
- E.T.A. Hoffmann: „Der goldene Topf“ (1814)
VI. Realismus (1815-1900)
1.) Biedermeier (1815-1848)
- Autoren klammern Politik weitgehend aus
- Rückzug in Religion und auf traditionelle Werteordnung
- Innerlichkeit, Zähmung der Leidenschaft, Unterordnung unter das Schick- sal, die Liebe zur Geschichte und zur Natur
- Ablösung des romantischen Volksbegriffes durch den des Staates
- Viele Dichter hatten psychologische Probleme (Droste-Hülshoff, Mörike, Grillparzer, Stifter, Lenau, Raimund) ➔ Selbstmord (Stifter, Raimund)
Vertreter
- Annette von Droste-Hülshoff: „Die Judenbuche“
- Franz Grillparzer, Eduard Mörike
2.) Junges Deutschland (1820-1848)
- Forderung nach demokratische Verfassung sowie nach Presse- und Mei- nungsfreiheit
1835 werden Schriften verboten
Vorwürfe: Angriff gegen christliche Religion, Herabwürdigung der bestehenden sozialen Verhältnisse, Untergrabung der gesetzlichen Ordnung, Zerstörung von Zucht und Sittlichkeit
- Nicht-organisierte literarische Bewegung mit politisch zeitkritischer Ten- denz
- Zeitung: Medium, in dem mehr als in allen anderen jungdeutsche Tendenzen zum Ausdruck gebracht wurden.
Vertreter
Heinrich Heine
3.) Vormärz (1830-1848)
- völlige Änderung der bestehenden Gesellschaftsordnung
- Mensch durch seine Triebnatur und durch gesellschaftliche Zwänge be- stimmt
- Revolutionäre, politisch engagierte Literatur, gegen den Absolutismus ge- richtet, bis zum März 1848 (Märzrevolution) zunehmende Radikalität
Vertreter
- Georg Herwegh, Georg Büchner
4.) (Poetischer) Realismus (1850-1890)
- fassbare Realität im Vordergrund, Darstellung der Wirklichkeit
- Eher resignative als gesellschaftskritische Haltung
- keine einheitlichen Merkmale feststellbar, sondern verschiedene Autoren mit unterschiedlichen Ausprägungen (z.B. atheistische Autoren neben christlich-gläubigen Dichtern) → kein festes Programm, keine wirkliche Gruppe
Vertreter
Theodor Storm, Theodor Fontane, Gottfried Keller
5.) Naturalismus (1880-1900)
- „Kunst = Natur - X“ (Arno Holz)
- wirkt bis in die Moderne, v.a. hinsichtlich der Erschließung neuer Stoffbe- reiche, neuer dramatischer Strukturen, Präzisierung der Darstellungsmittel sowie der Verwendung von Umgangssprache und Dialekt.
- Möglichst getreue Wiedergabe der Natur, geprägt durch exakte Be- schreibungen
- Armut, Ausbeutung und Elend proletarischer Existenz, das Großstadtleben, Krankheit, Laster und Verbrechen
Vertreter
- Gerhart Hauptmann: „Bahnwärter Thiel“ (1888), „Die Weber“ (1892)
- Arno Holz, Johannes Schlaf
VII. Moderne
Das Weltbild in der Moderne
- Imperialismus, Sozialstaat, Großstadtleben
- Keine Einzelrichtung
- 1870-1910 Verstädterung ➔ Landflucht
➔ Gründung von Institutionen
- Am Anfang der Moderne stehen:
- nichtgegenständliche Malerei
- Musik: atonale Kompositionen
- neue Bewegungen und Formen bei Gymnastik und Tanz
VIII. Impressionismus - Symbolismus - Expressionismus
1.) Impressionismus (1890-1910)
- Sehr unpolitisch
- Eindrücke
- Endzeitstimmung, Dekadenzdichtung
- Wiedergabe subjektiv-sinnliche Eindrücke
Getreue Wiedergabe = in allen Differenzierungen und Nuancen Äußere Handlung und ethische Wertung treten zurück
- Wichtige Stilmittel:
- Laut- und Klangmalerei
- Adjektive statt Verben
- Bilder
- Synästhesien (Farben hören, Laute sehen, z.B. „weiches grau“)
Vertreter
Eduard von Keyserling, Peter Altenberg, Arthur Schnitzler
2.) Symbolismus (1860-1900)
- Ziel: „Eine neue Fühlwiese und Mache“ (George)
antinaturalistisch, Kunst ≠ Natur, Gedichtbände in sehr klei- Kunst = reiner Ausdruck des Geistes, ner Auflage als Privatdruck
reiner Symbolwert für Georges Freunde
- George:
- „symbolische Kunst ist nichts für Uneingeweihte“, nicht alltäglich
- eigene Zeichensetzung, keine Umgangssprache, Gestaltung nach klassischen Formen
- „das strengste Maß ist zugleich die höchste Freiheit“
- Gegenstand ➔ dahinterliegende Ideen ➔ unendlich, geheimnisvoll, magisch
- idealer Schönheitsdrang ➔ Verwirklichung in der Kunst ➔ poésie pure, l’art pour l’art, Ästhetizismus, nur für erlesenen Kreis (z.B. George-Kreis und dessen Leser)
- Symbol:
- als künstlerischer Ausdruck
- Reim
- Rhythmus
- Melodie
- Klangsymbolik
- Einzelwörter mit magischer Bedeutung
- Metapherschichten
Vertreter
Stefan George
3.) Expressionismus (1910-1920/5)
- Ausdruck
- Bruch mit den Traditionen, Ablehnung der bürgerlichen Gesellschaft
- Krisenbewusstsein
- Forderung nach einer neueren, besseren Menschheit
- Weltende, Krieg, Stadt
- Inhaltlich aufgrund weltanschaulicher Gegensätze keine Einigung
Vertreter
Else Lasker-Schüler, Franz Kafka, Georg Trakl
IV. Literatur im Dritten Reich
1.) Innere Emigration
- Autorinnen und Autoren, die während der Diktatur Hitlers in Deutschland bleiben.
- Sie leisten mit den verbleibenden literarischen Möglichkeiten bewusst Wi- derstand.
- Problematischer bei Autoren, die zwar in Deutschland bleiben, ihre schrift- stellerische Tätigkeit aber Einstellen, in politisch ungefährliche, unver- bindlich-ästhetische Bahnen lenken oder in die Nähe der „Blut- und Bo- den-Literatur“ kommen.
- historische und kulturgeographische Themen als Parallelen und Gegenbilder zum Nationalsozialismus sowie Appelle an Gewissen und Widerstandskraft
Vertreter
Erich Kästner
2.) Exilliteratur
- Oftmals gravierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten
- erdrückendes Gefühl der Heimatlosigkeit und Sprachlosigkeit ➔ Selbst- mord (Stefan Zweig, Ernst Toller, Kurt Tucholsky u.a.)
- Exil-Autoren gruppieren sich um deutsche Verlage oder um Exil- Zeitschriften im Ausland, z.B. in Paris, Amsterdam und New York.
- Die Exilliteratur ist künstlerisch, formal, inhaltlich und auch in ihren Zielen uneinheitlich. Gemeinsam ist jedoch ein Verantwortungsgefühl als Träger des deutschen Kulturguts und die entschiedene, wenn auch politisch nicht einheitliche Opposition gegen den Nationalsozialismus.
- Betonung des „anderen“ Deutschland, der Humanität, Vernunft und Tole- ranz angesichts von Dummheit und Versinken in Blutrausch und im Kollektiv, Heimatlosigkeit, Bedeutung der Muttersprache, Leiden unter dem Sprach- verlust.
- keine weiteren neuen Formen und Ideen, weil:
- würden vom Inhalt ablenken
- an alter Form vor Hitler festhalten (bürgerlich-konservative Autoren)
- Form nicht mit Nationalsozialismus in Verbindung stellen (kommunistische) ➔ Rückschritt zum Realismus, zur realistischen Literatur
Vertreter
Die Manns, Stefan Zweig, Anna Seghers, Bertolt Brecht
Quellenverzeichnis:
1. Hefteinträge aus dem Unterricht
2. Epochenüberblick von Frau Antje Müller
3. Reitmajer, V.; Abi-Countdown Deutsch Grundkurs; Manz Verlag; Stuttgart 1998
4. home.snafu.de
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Epochenüberblick "Vom Barock bis zur Exilliteratur"?
Der Epochenüberblick "Vom Barock bis zur Exilliteratur" ist eine Zusammenfassung literarischer Epochen von 1600 bis zur Zeit des Dritten Reichs und des Exils. Er bietet eine strukturierte Darstellung der wichtigsten Merkmale, Vertreter und Konzepte jeder Epoche.
Welche Epochen werden in diesem Überblick behandelt?
Der Überblick behandelt die folgenden Epochen:
- Barock (1600-1720)
- Aufklärung (1720-1785)
- Sturm und Drang (1767-1785)
- Weimarer Klassik (1786-1832)
- Romantik (1795-1835)
- Realismus (1815-1900) mit den Unterepochen Biedermeier, Junges Deutschland, Vormärz, Poetischer Realismus und Naturalismus
- Moderne
- Impressionismus, Symbolismus, Expressionismus
- Literatur im Dritten Reich (Innere Emigration und Exilliteratur)
Was sind die Hauptmerkmale des Barock (1600-1720)?
Die Hauptmerkmale des Barock sind Gegensätze wie Diesseits und Jenseits, "Carpe diem" und "Memento mori". Höfe waren kulturelle Mittelpunkte, und es fand ein Übergang vom Lateinischen zur muttersprachlichen Poesie statt. Martin Opitz und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen sind wichtige Vertreter.
Was kennzeichnet die Aufklärung (1720-1785)?
Die Aufklärung wird durch die Philosophie von Immanuel Kant, Vernunft, und den Wahlspruch "Sapere aude!" (Kant) und "Cogito ergo sum!" (Descartes) charakterisiert. Sie glaubte an Fortschritt und hatte hohe moralische Ansprüche. Gotthold Ephraim Lessing ist ein bedeutender Vertreter.
Was ist der Sturm und Drang (1767-1785)?
Der Sturm und Drang war eine Gegenströmung zur Aufklärung, die das Genie, den Individualismus, Gefühl und Spontaneität betonte. Er kritisierte soziale Missstände und nahm die Französische Revolution vorweg. Goethes "Die Leiden des jungen Werthers" ist ein zentrales Werk.
Was sind die Leitideen der Weimarer Klassik (1786-1832)?
Die Weimarer Klassik, geprägt von Goethe und Schiller, strebte nach "Edle Einfalt, stille Größe" und idealisierte den ruhigen, abgeklärten Menschen. Harmonie, Humanität und das antike Griechentum dienten als Vorbild. Es wurde eine Übereinstimmung von Geist und Gemüt, Freiheit und Notwendigkeit sowie Inhalt und Form angestrebt.
Was zeichnet die Romantik (1795-1835) aus?
Die Romantik versuchte Gegensätze durch Poesie zu vereinen und rückte das Mittelalter in den Fokus. Sie umfasste Strömungen im Widerspruch zum Absolutismus, Rationalismus und Klassizismus. Die blaue Blume ist ein Symbol der romantischen Poesie. Die Epoche wird in Früh-, Hoch- und Spätromantik unterteilt.
Was ist der Realismus (1815-1900)?
Der Realismus, mit den Unterepochen Biedermeier, Junges Deutschland, Vormärz und Poetischer Realismus, konzentrierte sich auf die Darstellung der Wirklichkeit. Der Poetische Realismus zeichnete sich durch eine eher resignative Haltung aus.
Was sind die Merkmale des Naturalismus (1880-1900)?
Der Naturalismus strebte nach einer möglichst getreuen Wiedergabe der Natur nach dem Motto "Kunst = Natur - X" (Arno Holz). Er thematisierte Armut, Ausbeutung und Elend proletarischer Existenz. Gerhart Hauptmann ist ein wichtiger Vertreter.
Was sind die wichtigsten Aspekte der Moderne?
Die Moderne ist gekennzeichnet durch Imperialismus, den Sozialstaat und das Großstadtleben. Es gab eine Landflucht und die Gründung von Institutionen. Neue Strömungen entstanden in Malerei, Musik, Gymnastik und Tanz.
Was unterscheidet Impressionismus, Symbolismus und Expressionismus?
Der Impressionismus (1890-1910) gab subjektiv-sinnliche Eindrücke wieder. Der Symbolismus (1860-1900) strebte nach einer reinen Ausdrucksform des Geistes. Der Expressionismus (1910-1920/5) war von Krisenbewusstsein geprägt und forderte eine bessere Menschheit.
Was ist Innere Emigration?
Innere Emigration bezeichnet das Verhalten von Autorinnen und Autoren, die während der NS-Diktatur in Deutschland blieben und mit literarischen Mitteln Widerstand leisteten. Dies ist problematisch bei Autoren, die ihre Tätigkeit einstellten oder in die Nähe der "Blut- und Boden-Literatur" kamen.
Was ist Exilliteratur?
Exilliteratur bezeichnet die Literatur von Autorinnen und Autoren, die während der NS-Zeit ins Exil gingen. Sie waren oft mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, Heimatlosigkeit und Sprachlosigkeit konfrontiert. Sie betonten das "andere" Deutschland, Humanität und Toleranz.
Welche Quellen wurden für diesen Epochenüberblick verwendet?
Die verwendeten Quellen sind:
- Hefteinträge aus dem Unterricht
- Epochenüberblick von Frau Antje Müller
- Reitmajer, V.; Abi-Countdown Deutsch Grundkurs; Manz Verlag; Stuttgart 1998
- home.snafu.de
- www.gutenberg2000.de
- Quote paper
- Natascha Spindler (Author), 2002, Literaturepochen (Vom Barock bis zur Exilliteratur), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106369