Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Herrschaft und Wirken
3. Portraittypen
3.1 Zeitbestimmung der Portraittypen
4. Einzelstücke
5. Schlussbetrachtung
6. Bibliographie
7. Anhang
1.Einleitung
Hadrian war der erste römische Kaiser, der sich mit einem Bart abbilden ließ. Dies war einerseits ein Indiz für seine Liebe zur griechischen Kultur, doch wurde auch berichtet, dass er damit nur körperliche Makel im Gesicht verbergen wollte. Wie auch immer, sein Portrait fungierte als Vorbild der nachfolgenden Kaiser.
Menschlich gesehen, ließ er einiges zu wünschen übrig. Hadrian war exzentrisch und oft nicht für Kritik empfänglich. Bei seinem Umgang mit Mitmenschen dürfte er manchmal ein unangenehmer Zeitgenosse gewesen sein.
2.Herrschaft und Wirken
Publius Aelius Hadrianus wurde am 24. Januar 76 n. Chr höchstwahrscheinlich in Rom geboren. Seine Familie hatte sich drei Jahrhunderte zuvor im spanischen Italica niedergelassen. Sein Vater gleichen Namens hatte in Mauretanien gedient; was ihm den Spitznamen Afer (=Afrikaner) eingebracht hatte. Seine Mutter Domitia Paulina stammte aus Gades (Cadiz). Sein Großvater väterlicherseits war Mitglied des Senats und hatte Ulpia, die Tante Trajans geheiratet. Als Hadrians Vater im Jahre 86 verstarb, wurde der zehnjährige Sohn in die Obhut Trajans übergeben.1
Trotz seiner beachtlichen Karriere war es bis zu diesem Zeitpunkt keineswegs gesichert, dass er von Trajan als Nachfolger designiert werden würde und seine Stellung bei Hof stand nicht zum Besten. Eine seiner größten Befürworter war jedoch Kaiserin Plotina. Sie dürfte es auch gewesen sein, die Hadrian den Weg ins Kaisersamt ebnen ließ. Die genauen Umstände des Machtwechsels liegen im Dunkeln. Möglicherweise hatte sich Trajan in letzter Minute doch noch entschlossen Hadrian als Nachfolger zu designieren
Zu Hadrians ersten Amtshandlungen gehörte der Rückzug aus den eroberten Gebieten im Osten. Er erinnerte sich an die Aussage des Augustus, das Reich nicht über seine natürlichen Grenzen hinaus zu erweitern. So wurden alle Truppen aus Armenien und Mesopotamien abgezogen. Ersteres blieb aber weiterhin römisches Einflussgebiet. Hadrians Militärpolitik war das genaue Gegenteils seines Vorgängers. Defensive samt Sicherung der Grenzen hieß die neue Doktrin. Die logistischen Wege waren überdehnt, die Ressourcen an Mensch und Material beinahe erschöpft und die Staatskasse war leer.
Da er sich für das einfache Leben der Soldaten interessierte - seine Jagdleidenschaft kam ihm hier zugute - war er beim Militär genauso sehr beliebt wie sein Vorgänger Trajan.
Vielfach wurde die überzeugte Homosexualität Kaiser Hadrians besonders hervorgehoben. Römische Historiker kritisierten sowohl seinen Hang zur Knabenliebe, als auch die ständigen Verhältnisse mit verheirateten Frauen, denen er oft hörig gewesen sein soll.
Im Jahre 100 heiratete er Vibia Sabina, die Tochter von Matidia Augusta, der Nichte Trajans. Die Beziehung zu seiner Gattin Sabina dürfte während der Jahre nicht besonders eng gewesen sein. Es gab sogar Gerüchte, er habe versucht, sie zu vergiften.
Bezüglich der Homosexualität zeigten sich die damaligen Historiker überraschend prüde. Dies wird am deutlichsten bei einem Jüngling namens Antinous, der es Hadrian - so wurde es überliefert - in widernatürlicher Weise angetan haben soll. Er begleitete 130 den Kaiser auf seine Reise nach Ägypten, wo Antinous sein Ende vorzeitig und unter mysteriösen Umständen fand.
Schon seit seiner frühesten Jugend galt Hadrians Interesse dem Griechentum. Dieser Umstand brachte ihm den Spitznamen „Griechling“ ein.
Sein ehrgeizigstes Bauprojekt war das eines großzügigen Landsitzes in der Gegend von Tivoli. Die als „Hadriansvilla“ bezeichnete Anlage hatte ein Ausmaß von 65 Hektar und umfasste Villen, Pavillons und weitläufige Parkanlagen.
Zahlreiche andere religiöse Bauten folgten. So der Tempel der Venus und der Roma in der Nähe des Forum Romanum und einer für den vergöttlichten Trajan einem Hang zum Griechentum ließ er in Umbau und Neugestaltung des Tempels für den Olympischen Zeus in Athen Ausdruck verleihen. Auch die tiefempfundene Religiosität jener Tage wurde dadurch sichtbar. Hadrian hätte die Gebäude nie in Auftrag gegeben, wenn für sie kein Bedarf bestanden hätte.
Im Jahre 136 fühlte der inzwischen sechzigjährige Hadrian immer kränklicher. Da er sein baldiges Ende fürchtete, begann sich der Kaiser wegen seiner Nachfolge Gedanken zu machen. Der Auserwählte hieß Antoninus Pius und wurde vom Kaiser adoptiert. Um die Thronfolge längerfristig zu sichern, musste s Antoninus Pius einerseits zwei Kinder adoptieren. Der eine war der siebzehnjährige Marcus Aurelius, der andere der siebenjährige Sohn des verstorbenen Commodus mit Namen Lucius Verus. Die letzten Monate Hadrians waren durch seine Krankheit alles andere als glücklich. Eine Art von Wassersucht oder Tuberkulose verschlimmerte sich stetig und verursachte ihm große Schmerzen. So versuchte er sich mehrmals selbst zu vergiften oder ins Schwert zu stürzen. Seine Umgebung konnte jedoch all diese Selbstmordversuche verhindern.
Angesichts dieser Umstände übergab er seinem neuen Thronerben Antoninus Pius die Amtsgeschäfte und zog sich auf seinen Sommersitz in Baiae zurück. Am 10. Juli 138 verstarb er dort an seiner Krankheit.
Noch nach seinem Tod hatte Hadrian, der immer soviel im Reich gereist war, einiges an Wegstrecke zurückzulegen. Sein Grabmal (heute die Engelsburg in Rom) war zum Todeszeitpunkt noch nicht beendet worden und so wurde der Leichnam mehrmals umgebettet, bevor er die letzte Ruhe finden konnte.
3.Portraittypen
In seinem Buch „ Das römische Herrscherbild“ unterscheidet Max Wegner sechs verschiedene Portraittypen: Typos Stazione Termini, Typus Vatikan Chiaramonti 392, Typus Rollockenfrisur Terme 8618, Typus Panzer Paludamentum Baiae, Typus Panzerbüste Imperatori 32 und Typus Paludamentumbüste Vatikan Busti 283:
Typos Stazione Termini
Das beste Beispiel für diesen Typus ist der Kopf im Thermenmuseum, der 1941 gefunden wurde, er ist vollständig und unergänzt(Taf.1 A und B) Hadrian wird in diesem Bildnis als eine gesunde, weltoffene und freudige Natur gezeigt. Der eiförmige Gesichtsschnitt ist von großem Ebenmaß. Das Haar, das Stirn und Schläfen umschließt, sowie der kurze Vollbart über der Oberlippe, am Wangenrand und am Kinn fügen sich gefällig der Grundform ein, indem sie diese unterstützen. Inmitten des gelockten und gekräuselten Haupt - und Barthaar wirkt die Haut geschmeidig und lebensvoll. Die Nase ist lang, kräftig und weder zu knochig noch zu fleischig. Die Wangen sind leicht und prall gewölbt. Die Stirn zeigt eine gleichmäßige reine Wölbung ohne merkliche Furchen. Nur leicht sind zwei Furchen an der Nasenwurzel angedeutet. Die
Augen blicken ruhig und entspannt aus weit geöffneten Lidern. Oberlid und Unterlid zeigen bewegliche Führung und eine feine, abgestufte Plastik.2 Das auffälligste Merkmal diesem Typus Stazione Termini ist die Anordnung des Stirnhaares: In vollen, sichelförmigen Büscheln klettern die Enden des in die Stirn gestrichenen Haares von den Schläfen bis zur Mitte hoch; sie begegnen sich nicht genau über die Stirnmitte, sondern treffen sich über dem linken Auge in Gegenwendung aufeinander. Hinter diesem die Stirn rahmenden Gelock folgt eine kräftige Welle, die an einigen Stellen von Lockenenden überlagert wird. Auf dem Oberkopf ist das Haar nur wenig gegliedert; in drei gleichmäßigen Wellen zieht es sich vom Wirbel nach vorn. Am Hinterkopf und im Nacken ist das Haar lockiger , kürzer gehalten und vielfältiger durchgebildet. In der Seitenansicht ist ein Wellenbündel, das hinter der Ohrmuschel kräftig ansteigt , vor ihr steil herabfällt und sich vor der Schläfe hackenförmig aufrollt. Der Kopf mit Pinienkranz auf einer Gewandstatue in London, British Museum 1381 ist im Apollotempel zu Kyrene gefunden und gehört auch zu dem Typus Stazione Termini; die vollen sichelförmigen Büschel vor der Stirn lassen sich Stück für Stück nachzählen und vergleichen(Taf. 16a). Neu ist der Pinienkranz im Haar.
Der Bildniskopf in Reggio (Calabria) ist bei aller Zerstörung des Stückes stellenweise am Stirnhaar dem Typus Stazione Termini einzuordnen. Der Kopf sitzt einer Büste ungebrochen auf, einer nackten Büste trajanischer Form. Ebenso wie bei mehreren Büsten des Trajan ist ein Schwertriemen von der rechten Schulter quer über die Brust herübergeführt und ein Paludamentum mit Knopf über die linke Schulter gelegt der Kopf ist ein wenig nach dieser Seite gewandt und leicht geneigt.
Der Kopf im Thermenmuseum ist unterhalb des Halses von einer Büste abgebrochen, es blieb aber von den Schultern noch genug erhalten, um feststellen zu können, dass dieses Bildwerk ursprünglich eine Panzerbüste war; allerdings haftete hier das Paludamentum nicht allein auf der linken Schulter, es war viel mehr um den Nacken herumgelegt und muss, wie dies an Panzerbüsten des Antoninus Pius vorkommt, gleichzeitig quer vor der Brust hinübergeführt haben und an der rechten Schulter geknöpft worden sein. Bei einem einzigen Bildnistypus können also 3 verschiedene Büstenformen vorkommen. Ihre Verschiedenheit entspricht in diesem Falle wahrscheinlich einer zeitlichen Abfolge, das heißt einer kunstgeschichtlichen Entwicklung von trajanischer zu antoninischer Form. Die Form der Panzerbüste mit Paludamentum auf der linken Schulter kommt unter Hadrian auf, ist bei ihm besonders häufig und wird unter den Antoninen im Laufe der Zeit seltener.
Typus Vatikan Chiaramonti 392
Der Kopf auf ergänzter Büste im Museo Chiaramonti des Vatikans ist das Leitstück dieser Gruppe (Taf.1C und D). Das Gesicht hier ist breit und rundlich, breiter und weniger eiförmig wie als beim Typus Stazione Termini, die Augen wirken kleiner, die Haartracht ist auch verschieden. Die Stirn erscheint niedriger und breiter als beim Typus Stazione Termini (Vergleich 1A und B mit 1C und D)3, das Haar ist vom Wirbel her in vier kräftigen Wellen lang nach vorn gekämmt. Das Hinterhaupt umgeben kurze Lockensicheln in dichter Fülle und übersichtlicher Anordnung. Der kurze Bart über der Oberlippe, am Wangenrand und am Kinn kräuselt sich nicht so vielfältig abgestuft und abwechslungsreich wie beim Typus Stazione Termini - er ist einfacher und übersichtlicher angeordnet4. Die Augen sind hier wie bei allen anderen Köpfen dieser Gruppe nicht gebohrt und die Durchbildung des Haares geschieht fast durchweg mit plastischen Mitteln .Nach den Alterszügen ist Hadrian hier verhältnismäßig jung dargestellt.
Der Kopf in Louvre 1186 wirkt auf den ersten Blick ganz anders als der Kopf im Museo Chiaramonti 392- der Gesichtsschnitt erscheint schmaler, der Ausdruck leerer und das Stirnhaar von stark abweichender Tracht. Sämtliche Stirnlocken, die Nase, die Oberlippe sowie beide Ohrmuscheln wurden ergänzt. Dennoch fehlt es nicht an eindeutige Anzeichen dafür, dass das gleiche Vorbild zugrunde lag. Dies zeigt sich am Profil nach links: die kräftig gebogene Haarwellen über der Ohrmuschel sowie Einzelheiten von Anlage und Gliederung des Backenhaares stimmen mit dem Kopf Museo Chiaramonti 392 soweit überein, wie es sich für Repliken gehört.
Der Kopf auf einer modernen Panzerstatue, die auf dem Palatin nahe der Aussichtstrasse über dem Forum Romanum steht ist sehr zerstört, die vollen Wangen und das, was vom Stirnhaar übriggeblieben ist, sprechen für eine Wiederholung des Typus Chiaramonti 392.
Dass auch der Kopf von Landsdown House in Kopenhagen 68 a mit dem Kopf Museo Chiaramonti 392 vom gleichen Vorbild abhängt, ist an einige Einzelheiten nachzuweisen, zumal das Stirnhaar unergänzt und nur beschädigt ist: Über der Stirnmitte reichen ein paar Strähnen besonders tief herab; rechts lehnt sich daran eine S-förmige Strähne an, die fast als geschlossene Öse endigt; links findet sich an der entsprechende Stelle eine fächerförmige Lockensichel; ähnlich einer Halbpalmette; an der linken Schläfe führt eine tief eingewellte Lockenrinne zur Ohrmuschel hin. An dieser Stelle erkennt man in der Seitenansicht hoch sich aufbäumende und steil abstürzende Wellen, die sich teilweise überschneiden; hier ist tatsächlich möglich, Welle für Welle, Strähne für Strähne und Locke für Locke zu vergleichen. Nach Wegner sollte man dieser Kopf zu den besten Repliken des Typus zählen.
Typus Rollockenfrisur Terme 8618
Eines der besten Stücke dieser Reihe ist der Kopf auf einer nicht zugehörigen Panzerbüste in Rom, Museo Nationale dell Terme 8618 (Taf.2C und D)5. Das Gesicht hier ist breit und ähnelt mehr der Form des Typus Chiaramonti .Er wirkt jedoch nicht so kugelig wie der Kopf in Museo Chiaramonti ( Vergleich Taf.2 A und B mit 2.C und D), weil ihm die weichen Wangenpolster fehlen, die Wangen sind etwas schmächtig. Die Mundspalte ist knapper und die Unterlippe weniger voll. Die Lidspalte ist um ein Grad schmaler geworden und setzt sich in den äußeren Augenwinkeln als feine Falte fort. Da die Augenhöhle weniger weit und offen ist, scheinen die Augen etwas tiefer zu liegen. An der Nasenwurzel sind 2 Furchen schärfer eingegraben, und die Querfurche auf der Stirn tritt deutlicher in Erscheinung. Dieser Bildnistypus gibt den Herrscher in etwas vorgerückten Alter wieder.
In acht breite Strähnen sich unterteilend und sondernd ist das Haar vom Wirbel in vier Wellen nach vorn gestrichen; nach kräftiger S-förmiger Biegung und tief eingesenkte Woge hängt es in einzelnen wulstigen Aufrollungen tief in die Stirn. Diese Haartracht wird deshalb Rollockenfrisur genannt. Das Stirnhaar hat ein lebhaftes und höheres Relief als bei den beiden vorher besprochenen Typen; die Locken umgeben und beschatten die Stirn, die dadurch niedriger und breiter wirkt wie beim Typus Statione Termini6. In der Seitenansicht ( Vergleich Taf.3A und B mit 3.C und D) wird die künstlerische Funktion des Stirnhaares, den Kopf oben abzuschließen und zu krönen, besonders deutlich, weil am Hinterkopf das kurz gehaltene Haar in ungeordnete Zotteln gegen Ohren und Nacken herabfällt. In der Seitenansicht sieht man, dass Ansätze wie beim Typus Chiaramonti vorhanden sind, hier aber zur Straffung und Vollendung kommen.
Der Kopf auf moderner Alabasterbüste, der aus dem Museo Capitolino, Imperatori 31, heute in die Galeria des Palazzo die Conservatori gelangt ist kommt dem Kopf im Thermenmuseum am nächsten. Leider ist das Stück stark ergänzt sowie gereinigt und daher etwas verändert worden. So wirkt das Gesicht etwas schmaler und darum auch höher, als es für dieses Typus charakteristisch ist.
Vortrefflich ist das Hadrian Bildnis aus Italica in Sevilla. Hier ist die ungebrochene Panzerbüste vollständig erhalten. Bei der Behandlung des Stirnhaares hat die Bohrtechnik das Übergewicht. Auch die Pupillen waren einst, wie an geringe Spuren festzustellen ist, gebohrt und ein tiefes Bohrloch bezeichnet den inneren Augenwinkel. Diese Bohrtechnik ist vor der antoninischer Zeit kaum denkbar, sondern am ehesten an Bildnissen des Marcus Aurelius wiederzufinden. Die Büste in Sevilla muss demnach spät und postum datiert werden7.
Die nackte Büste in London, British Museum 1897 ist nach Wegner nach Ausweis der Haartracht dem Typus Rollockenfrisur zuzuzählen. Die untere Gesichtshälfte ist auffallend schmal, die Pupillen sind tief gebohrt, so dass der Blick scharf und stechend erscheint. Der Backenbart hat mehr Relief als bei anderen Repliken. Die Büste wurde merkwürdig überarbeitet , als man sie ergänzte. Höchstwahrscheinlich ist die Augenbohrung nachträglich, denn die Form der vollständig erhaltenen nackten Büste befürwortet typologisch einen verhältnismäßig frühen Zeitansatz. Büsten dieser Art sind vornehmlich trajanisch.
Typus Panzer Paludamentum Baiae
Die Panzer Paludamentum Büste aus Baiae in Neapel, Museum Nationale 6075 (Taf.4A und B), ist eines der besten Stücke dieser Reihe. Man gewinnt hier die Vorstellung von einer Entspannung; Hadrians Blick hat das strenge und Feindliche der Bildnisse vom Typus Rollockenfrisur verloren. Das krausere Haupt - und Barthaar fasst das Gesicht ein und die Wangen wirken schlaffer.Das dreiseitig gewinkelte Stirnhaar umrahmt die Stirn so, dass ihre freie Fläche einem Trapez ähnelt. Die Locken rollen sich nicht mehr so mächtig und isoliert auf wie beim Rollockenfrisurtypus (Vergleich Taf.4 A und B mit 4.C und D)8, sie sind vielfältiger differenziert. Das Haar ist wie üblich vom Wirbel zur Stirn gestrichen, doch nicht so eintönig wie beim Typus Rollockenfrisur, das Stirnhaar brandet nicht so heftig, sondern verebbt in kürzerem Wellengekräuselt. Die Locken rollen sich auf und zurück, selbst das Nackenhaar hinter den Ohren, wo es bei den drei vorangehenden Typen nach vorn gestrichen ist.
Die Panzerbüste im Vatikan, Braccio Nuovo 81 (Taf. 5 C und D) stimmt nicht nur in der Anordnung des Haupt - und Barthaares mit der Panzer- Paludamntumbüste aus Baiae überein(Vergleich Taf.5 A und B mit C und D), sondern hat wie diese kaum Runzeln und Furchen. Daher wirkt das Gesicht besonders glatt, aber auch schwammig und ausdruckslos. Diese Büste und die Panzer- Paludamntumbüste aus Baiae sind einander in der Ausführung nächstverwandt, an beide hat die Bohrtechnik große Bedeutung. Bohrgänge lösen das Haar von der Stirn ab, trennen die Locken und Strähnen voneinander und gliedern sie, das geschieht allerdings nur innerhalb des schmalen Kranzes der Stirnlocken und des Lockengekräusels hinter den Ohren. Die Panzerbüste im Vatikan, Braccio Nuovo 81 gilt als fortschrittlich ausgeführt , weil sich hier innerhalb der Bohrgänge zwischen den Lockenbuckeln stellenweise feine Verbindungsstege finden, wie es in antoninischer Marmortechnik immer mehr üblich wird.
Je nach Stärke der Bohrtechnik oder ihrer Vermeidung lässt sich unter den Repliken der Panzer- Paludamntumbüste Baiae herkömmliche oder fortgeschrittene Ausführung unterscheiden. Gar keine Bohrgänge sind an der sehr beschädigten Büste im Palazzo die Conservatori, Galeria 74, festzustellen9. Da nur die Nase ergänzt, die Oberfläche weder gereinigt noch überarbeitet ist, wirkt dieser Kopf im Gesicht entschieden vorteilhafter und ausdrucksvoller als die beiden vorher betrachteten Repliken. Hadrian erscheint hier nicht so farblos, sondern nachsinnend und gedankenvoll. Gleichfalls ohne Bohrtechnik gearbeitet ist der Kopf in Paris, Louvre 3132( Taf. 6)10.
Unter den vier betrachteten Repliken ist der Kopf in Louvre die früheste. Der plastische Charakter des Ganzen, die bestimmte Ausgliederung der einzelnen Bestandteile und die lineare Abgrenzung und Innenzeichnung lassen mit großer Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass dieser Kopf, als dessen Herkunft Iraklion ( Kreta) angegeben wird, von einem griechischen Bildhauer nach einer stadtrömische Vorlage kopiert wurde. Unter den Bildnissen des Hadrians ist der Typus der Panzer- Paludamntumbüste Baiae fast so häufig vertreten als der Typus Rollockenfrisur. Bei den Repliken des Typus Baiae ist nachweislich nur ein provinzieller Fundort bekannt, alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass sie stadtrömisch sind. Nach kunstgeschichtliche Kriterien müssen einige ohne Bohrtechnik ausgeführte Repliken für die früheste gelten, während andere, die diese Bohrtechnik aufweisen, erst zur Zeit des Antoninus Puis entstanden sein können.
Typus Panzerbüste Imperatori 32
Das beste Beispiel für diese Gruppe ist die Panzerbüste im Museo Capitolino, Imperatori 32 (Taf. 7A und B) .Hier ist die Stirn stärker und zwiefach gefurcht, an der Nasenwurzel sind die Falten schärfer geworden, der mund wirkt herrisch und verschlossen. Das Haar fällt anders als bei allen vorangehenden Typen . Es ist nicht in langgezogenen Wellen von hinten nach vorne gestrichen, wie gerade noch beim Typus der Panzer- Paludamntumbüste Baiae( Vergleich Taf.7 A und B mit C und D) , sondern es zieht vom Wirbel ringsum zur Stirn, zu den Schläfen und in den Nacken und, was besonderes kennzeichnend ist, nicht langsträhnig , sondern kürzer, so dass sich sichelförmige Locken in mehrfacher Folge übereinander schichten. Das in die Stirn fallende Haar rollt sich lockig auf, ist rhythmisch gruppiert und unter scharfen Einwickelungen so angeordnet dass die freibleibende Stirnfläche einem Trapez ähnlich sieht. Genauso ist die Anordnung des Stirnhaares auch bei der Panzer- Paludamntumbüste Baiae in Neapel11. An der Panzerbüste Imperatori 32 ist die Stirn an den Schläfen enger eingegrenzt, das waagerechte mittlere Stück kürzer als an der Büste aus Baiae, die Stirn wirkt deshalb dort höher, hier breiter. Über die Stirnmitte und an den Schläfen legt sich eine zweite Reihe von Lockenbuckeln über die erste reihe der eigentlichen Stirnlocken. Besonders in der Profilansicht wird dieser Unterschied deutlich. Unterschiede sind auch am Bart zu beobachten: an der Büste aus Baiae ist der Backenbart mehr zur Kinnspitze hin gestrichen, bei der Panzerbüste Imperatori dagegen den hals zurückgekämmt. Das Bildnis Imperatori 32 ist als Panzerbüste vollständig erhalten geblieben. Am auffälligsten ist das fehlen des Paludamentum der linken Schulter. Nicht nur deswegen wirkt die Panzerbüste Imperatori 32 einfacher. Am rechten Halsausschnitt vermisst man den Saum der Tunika. An dem Ansatz des Oberarms hängt ein faltiger Ärmel herab, dafür fehlen hier die Lederlaschen. Der Büstenausschnitt scheint etwas knapper zu sein als bei den Panzer - Paludamentumbüsten des Typus Baiae.
Die Panzerbüste im Museo Torlonia, in Florenz, Uffizien 3013 ist auch eine Wiederholung des Typus Panzerbüste Imperatori 32. Trotzt Überarbeitung - man hat z.B. die Stirnlocken ergänzt oder die Pupillen eingebohrt - ist am Ober und Hinterkopf so viel vom alten Zustand sichtbar geblieben, dass man diese büste dem Typus Panzerbüste Imperatori 32 einordnen kann. Die zwei überlebensgroße Köpfe - in Alger und aus Pergamon ( Taf.8 A und B)12 - stehen in Zusammenhang mit dem Typus Imperatori 32. Diese Bildnisse lassen den Typus als Grundlage erkennen, verändern aber das Vorbild im Sinne eine größere Monumentalität und Fernwirkung. Sie sind keine Kopien, sondern Umbildungen.
Typus Paludamentumbüste Vatikan Busti 283
Das Bildnis in der Scala de Busti des Vatikan, das in Hadrians Villa zu Tivoli gefunden wurde ist das beste Beispiel für diesen Typus ( Taf.9 A und B)13. Durch ein völlig verändertes Aussehen hebt sich dieses Bildnis von allen vorangehenden ab. Die Züge wirken leidend und entmutigt, Unternehmungsgeist und Lebenskraft haben nachgelassen. Die Backenknochen treten merklich vor, das Gesicht erscheint schmal und gestreckt; ein dünner Bart bedeckt den Wangenrand, die schmale Oberlippe und das Kinn. Die Augenwinkeln sind durch Bohrlöcher bezeichnet, die Pupille und der Irisring sind eingegraben. Diese Bildhauerarbeit ähnelt mehr dem Stil der Bildnisse des Antoninus Pius als den zuvor besprochene Bildnistypen.
Die Büste in Kopenhagen, Ny Carlsberg Glypotek 68I ( Taf.9C) stimmt mit dem Leitstück am treffendsten überein (Vergleich Taf.9 A und B mit C). Die Anordnung des Stirnhaares lässt sich Locke für Locke vergleichen. Im Ausdruck herrschen die gleiche Züge der Abgespanntheit und der Kümmernis.14
3.1. Zeitbestimmung der Portraittypen
Hadrian war 41 Jahre alt, als er zur Regierung kam. Bis dann war er öffentlich kaum hervorgetreten. Das erklärt also, warum man kein Jugendportrait von ihm kennt. Wegner beginnt in seinem Buch „ Das römische Herrscherbild“ mit der Beschreibung des Typus Stazione Termini, datiert diesen Typus früh und ordnet dann auch die restlichen folgender Reihe nach : Typus Vatikan Chiaramonti 392, Typus Rollockenfrisur Terme 8618, Typus Panzer Paludamentum Baiae, Typus Panzerbüste Imperatori 32 und Typus Paludamentumbüste Vatikan Busti 283. Nach den Gesichtszügen ist diese Zeitbestimmung auch korrekt, mit einer Ausnahme - der Typus Imperatori 32. Nach Wegner soll dieser Typus nach dem Typus Baiae kommen, aber wenn man die Gesichtszüge genau betrachtet wird deutlich, dass Hadrian in dem Typus Imperatori 32 jünger dargestellt ist und die gesamte Erscheinung starken Unternehmungsgeist und Lebenskraft zeigt als im Typus Baiae. So ist auch sinnvoller den Typus Imperatori 32 vor dem Typus Panzer Paludamentum Baiae zeitlich einzuordnen.
4.Einzelstücke
Außer den sechs Portraittypen gibt es zahlreiche Portraits von Hadrian, die man zu diesen sechs Typen nicht einordnen kann.
Zu diesen Einzelstücken gehört ein Bronzenkopf in London, der auch in London gefunden wurde ( Taf.10C)15. Seine geringere Qualität lässt darauf schließen, dass er von vornherein für die Verwendung in der Provinz bestimmt war. Dieser Kopf steht dem Typus Stazione Termini nahe, da der Herrscher noch jung wirkt. Ein anderes Einzelstück ist der Kolossalkopf in der Rotunde des Vatikans, der in Engelsburg gefunden wurde( Taf.11 A und B). Der Kopf ist nicht nachlässig gearbeitet und das Haar am Hinterkopf ist nicht summarisch angelegt. Er ist ein individuell gestaltetes Bildnis, das sich an keinen der besprochenen Haupttypen anschließt. Trotz des Fehlens der Augenbohrung kann man den Kolossalkopf nicht früh datieren. Da bei den antoninischen Herrschern postume Bildnisse ohne Augenbohrung vorkommen, muss man auch hinsichtlich dieses Kopfes des Hadrian erwägen, dass es ein postumes Bildnis ist.16
Einen von den Bildnissen Hadrians besonders abweichende Kolossalkopf fand man in Ostia( Taf. 10 A und B)17, zusammen mit einem Kolossalkopf des Trajan. Unterschiede zeigen sich wohin man auch sieht. Die Nase ist auffallend lang und breit, das haar fällt tief in die Stirn, die deshalb besonders breit und niedrig erscheint. Auffällig ist das Ringellöckchengekräusel des Backenbarts.
Eine vollständig erhaltene Statue, die in Ceprano auf dem Weg von Rom nach Neapel gefunden wurde und in Museo Capitolino, Salone 13, aufbewahrt wird, stellt Hadrian als Mars dar und lässt sich an keinem der Haupttypen anschließen. Das Haar quillt unter dem Helmrand als lockere reihe kräftig gebuckelter Locken hervor.18 Der Kopf ist sehr beschädigt und wurde stellenweise nachgearbeitet, die Augen wurden auch nachgearbeitet, dabei könnte die Augenbohrung, die in hadrianischer zeit von geringer Tiefe zu sein pflegt, verschwunden sein.
5. Schlussbetrachtung
Hadrian war trotz seiner vorbildlichen Verwaltungstätigkeit beim Volk äusserst unbeliebt gewesen. Die willkürlichen Morde und Gerüchte um seine Person haben hierbei das meiste beigetragen.
Die sechs verschiedene Portraittypen zeigen durch die Gesichtszüge der Charakter Hadrians; vieles in seiner Handlungsweise erinnert an die Willkürherrschaft des Nero oder Domitian.
Der Kaiser verkörperte den gebildeten Römer seiner Zeit. Er interessierte sich für Mysterienkulte, Astrologie und die Geschichten der Alten. Trotz manch menschlicher Schwächen muss man Hadrian zu den guten Kaisern Roms zählen. Ausser Zweifel steht sein Einsatz für das Reich. Seine fähige Herrschaft bescherte dem Imperium zwanzig Jahre Sicherheit, Frieden und Stabilität.
6. Bibliographie
Evers, Cecile - Les portraits d’ Hadrien. Typologie et ateliers, 1994
Wegner, Max - Das römische Herrscherbild, Hadrian. Berlin, 1956
West, Robert - Römische Portraitplastik II, München 1941
Zanker, Paul - Provinzielle Kaiserportraits, München 1983
[...]
1 West, Robert. Röm. Portraitplastik,1941, S. 107-108
2 Wegner, „Das römische Herrscherrbild“, Hadrian, S.8-9
4 Wegner, „Das römische Herrscherbild“, S.11-12
6 Wegner, „Das römische Herrscherbild“, Hadrian, S.14
7 Wegner, „Das römische Herrscherbild“, Hadrian, S.14
9 Wegner, „Das römische Herrscherbild“, S.17-18
11 Wegner, „Das römische Herrscherbild“, S.17-18
14 Wegner, „Das römische Herrscherbild“, Hadrian, S.25
16 Zanker, Paul . „Provinzielle Kaiserportraits, S. 43
18 West, Robert. „ Römische Portraitplastik“ II, S. 97
- Quote paper
- Violeta Boyadjieva (Author), 2001, Das antike Porträt im Spannungsfeld von Mensch und Macht: HADRIAN, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106341
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