Inhaltsverzeichnis
1 VORBEMERKUNGEN
2 BIBELZITATE IN "EVANGELIUM UND GESETZ"
3 TEILDARSTELLUNG DER SCHRIFT EVANGELIUM UND GESETZ
3.1 NEGATIVUM - POSITIVUM
3.2 HERKUNFT DES EVANGELIUMS, VERHÄLTNIS ZUM GESETZ
3.3 INHALT DES EVANGELIUMS
3.4 GESETZ
3.5 ZWISCHENBILANZ
3.6 WAHRHEIT - WIRKLICHKEIT
3.6.1 WIRKLICHKEIT DES EVANGELIUMS / DES GESETZES
3.6.1.1 Negativum
3.6.1.2 Positivum
4 FAZIT ZUM VERHÄLTNIS EVANGELIUM UND GESETZ BEI BARTH
5 VERHÄLTNIS GESETZ - EVANGELIUM BEI PAULUS
5.1 BETRACHTUNGEN IM GALATERBRIEF
5.1.1 GERECHTIGKEIT AUS GLAUBEN ODER GESETZ? (GAL 3)
6 FAZIT EVANGELIUM UND GESETZ IM GALATERBRIEF
7 VERSUCH EINER ABSCHLIEßENDEN BEWERTUNG
1 Vorbemerkungen
Liest man "Evangelium und Gesetz" (Barth, 19351), bekommt man aufgrund der zahlreichen Pauluszitate den Eindruck, mit Barth der "paulinischen Systema- tik" sehr nahe zu kommen. Dieses genauer zu untersuchen, soll Ziel dieser Arbeit sein. Vorweg sei bemerkt, daß sich diese Beschreibung der Systematik Barths ausschließlich auf sein Werk Evangelium und Gesetz bezieht. Es kann nicht An- spruch dieser Arbeit sein, die komplette Systematik von Barth zu entfalten. Eben- sowenig erhebt diese Arbeit den Anspruch, eine Systematik des Paulus in letzter Konsequenz zu entwickeln.
Das Vorgehen dieser Arbeit gliedert sich in drei Schritte. Zuerst wird eine Sammlung der von Barth verwendeten Bibelzitate aufgestellt um zu zeigen, dass paulinische Zitate den größten Anteil haben. Als nächstes geht es darum, die von Barth in "Evangelium und Gesetz" entwickelte Systematik zu beschreiben. Hier- für werden einzelne Passagen seines Werkes zusammengefasst und im Überblick dargestellt. Ein kurzes Fazit am Ende dieser Darstellung soll die Frage nach Ge- setz und Evangelium (oder umgekehrt) zusammenfassen. In einem dritten Teil wird versucht, anhand der Galatertexte eine Systematik des Paulus zu erstellen, die in einem Fazit mit der des Barth verglichen wird.
2 Bibelzitate in "Evangelium und Gesetz"
Tabellarische Aufstellung der Zitate2 und Verweise (Verweise sind kursiv
hervorgehoben3)4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten5
Eine rein quantitative Untersuchung der verwendeten biblischen Texte in Form von Zitaten und Verweisen ergibt neunundsechzig Fundstellen, von denen alleine vierundvierzig aus jenen paulinischen Briefen stammen, in denen Paulus am deutlichsten seine Theologie ausbreitet. In einem nur dreißig Seiten starken systematischen Aufsatz ist allein die hohe Anzahl der verwendeten Zitate und Verweise schon ein Hinweis darauf, dass der in Evangelium und Gesetz von Barth dargestellte systematische Entwurf als Ergebnis exegetischer Arbeit verstanden werden will.
Bei den verwendeten alttestamentlichen Fundstellen handelt es sich fast aus- schließlich um Verweise. Abgesehen von dem Psalmzitat auf Seite acht (Ps 91,1) verwendet Barth kein alttestamentliches Zitat zur Untermauerung seiner Systema- tik; das ist darin begründet, dass Barths Systematik ausschließlich christozentrisch ist6.
Das eben erwähnte Psalmzitat benutzt Barth, um den Gang des Menschen unter der Gnade darzustellen; dass er hierfür - neben einem Zitat aus dem Gala- terbrief (Gal 2,19 f, vgl. BARTH, Evangelium und Gesetz, S 8) - ein alttestament- liches Zitat benutzt, liegt darin begründet, dass Barth zwar vom Verhältnis des Evangeliums zum Gesetz redet, nicht aber vom Verhältnis des ersten Testamentes zum zweiten.
Zwischenbilanz:
Barths Werk Evangelium und Gesetz gründet sich auf exegetischer Erarbei- tung der nach Barths Verständnis relevanten Bibelstellen. Mit der Untersuchung vom Verhältnis des Evangeliums zum Gesetz ist nicht gleichzusetzen, eine Unter- suchung des Verhältnisses vom ersten Testament zum zweiten.
3 Teildarstellung der Schrift Evangelium und Gesetz
Evangelium und Gesetz läßt sich m. E. in drei große Bereiche einteilen:
1. Evangelium
2. Gesetz
3. Wahrheit - Wirklichkeit
3.1 Negativum - Positivum
Die Bereiche Evangelium und Gesetz werden nachfolgend genauer be- schrieben. Danach findet sich eine kurze Zwischenbilanz, bevor Wahrheit und Wirklichkeit abgehandelt wird.
3.2 Herkunft des Evangeliums, Verhältnis zum Gesetz
Nach Barth ist die Reihenfolge Evangelium und Gesetz die einzig zulässige. Wer von Gesetz und Evangelium als des Gesetzes Konsequenz spricht, redet nicht vom Gesetz Gottes und somit auch nicht vom Evangelium Gottes. Dies begründet Barth damit, dass das Gesetz der Verheißung erst nach über vierhundert Jahren folgt (vgl. Gal 3,17). Dadurch, dass das Gesetz der Verheißung folgt, folgt dem Gesetz die Erfüllung der Verheißung. In der Erfüllung der Verheißung aber liegt die Erfüllung des Gesetzes. Das Gesetz ist im Evangelium, vom Evangelium her und auf das Evangelium hin (BARTH, Evangelium und Gesetz, S 3). Aus diesem Grund muss Evangelium vor dem Gesetz erläutert werden.
3.3 Inhalt des Evangeliums
Der Inhalt des Evangeliums ist Gottes Gnade. Das Evangelium selbst ist - wie das Gesetz - Wort Gottes. Das Wort Gottes hat drei charakteristische Eigen- schaften:
1. Das Wort Gottes ist Wort der Wahrheit7. Selbst wenn Gesetz und Evangelium
als Begrifflichkeit eine Zweiheit darstellt, sind beide doch Wort Gottes und somit Wort der Wahrheit.
2. Die Einheit des Wortes Gottes wird darin erwiesen, "daß es immer Gnade, d.
h. freie, unverschuldete und unverdiente göttliche Güte, Barmherzigkeit und Herablassung ist [...]" (BARTH, Evangelium und Gesetz, S 4)
3. Wort Gottes ist auch inhaltlich, unabhängig davon, was es sagt, Gnade.
Durch den besonderen Inhalt des Evangeliums, der Gnade, erweist sich des- sen Priorität vor dem Gesetz, auch wenn letzteres ebenfalls Wort Gottes und so- mit, nach 2. ebenfalls Gnade ist.
Der besondere Inhalt des Evangeliums ist also die Gnade. Die Gnade heißt und ist Jesus Christus, da das Wort Gottes in ihm zu Fleisch wurde, nicht, sich zu Fleisch wandelte. Denn dadurch, dass es zu Fleisch wurde und sich nicht wandelte blieb Gott, was er ist und nimmt zusätzlich zu seinem Gottsein hinzu die Eigen- schaften des Menschsein.
"Nein, das Wort ward Fleisch, das heißt: ohne aufzuhören, Gott zu sein, nahm es zu seinem Gottsein hinzu und in sich auf zu unauflöslicher, aber auch un- vermischter Einheit mit sich selber unser Menschsein und zwar wohlverstanden: Unser Menschsein in seiner durch die Sünde verfinsterten und zerstörten Gestalt [...]. Das ist Gottes Gnade, daß er nicht nur unser aller Menschsein gibt, sondern in Jesus Christus Gottes eigenes Menschsein, das Menschsein seines Wortes und in ihm, in dieser seiner Erniedrigung zu unserer Niedrigkeit die Gegenwart seines Gottseins für uns Andere, unser Anteil an seinem Gottsein, unsere Erhebung zu ihm. (BARTH, Evangelium und Gesetz, S 5)
Das Fleisch gewordene Wort Gottes, Jesus Christus, hat die Nöte des Flei- sches getragen, wie jeder Mensch, auch die Strafe des Fleisches (vgl. S 5).
Die Strafe des Fleisches ist der Tod. Die Ursache der Strafe ist die Sünde. Sünde ist Eigenmächtigkeit des Menschen. Eigenmächtigkeit ist Gottlosigkeit. Jesus hat diese Eigenmächtigkeit für uns überwunden. "Er hat ganz einfach ge- glaubt." (BARTH, Evangelium und Gesetz, S 6). In diesem Glauben trug Jesus Christus unsere Strafe. Indem Christus aber die Strafe annahm und das 'Gerichtet-
sein' des Menschen nicht verleugnete, wurde er von Gott gerechtfertigt. Der reale Vollzug der Rechtfertigung ist Christi Auferstehung. Für uns bedeutet das, dass unser Lebensende, sofern wir von unserem Leben sprechen, den Tod bedeutet; sofern aber wir von Christus in uns sprechen, die Auferstehung.
"Also: Gottes Gnade - seine Gnade für unser Menschsein, die Güte, Barm- herzigkeit und Kondeszendenz, in der er unser Gott ist und als solcher sich unserer annimmt - ist Jesus Christus, er selber und ganz allein." (BARTH, Evangelium und Gesetz, S 7)
Somit besteht der Inhalt des Evangelium in der Gnade, die sich darin äußert, dass Christus für uns eintritt. Gnade wird einem Menschen erwiesen, weil Chris- tus für den Menschen eintritt. Die Annahme dieser Gnade bedeutet, dass der Mensch nicht mehr sich selbst zur Gerechtigkeit lebt, sondern mit Christus ge- kreuzigt wurde und nun Christus in ihm lebt.
3.4 Gesetz
Auch hier spielt Christus eine zentrale Rolle. Christus ist - nach Barth - ge- horsam gegen das Gesetz gewesen. Da Christus die "erschienene Gnade Gottes" (BARTH, Evangelium und Gesetz, S 9 zitiert hier Tit 2,11) war und gleichzeitig das Gesetz gehalten hat, muß nach Barth die Definition von Gesetz diese Aussage als Basis nehmen. Damit ist Gesetz nicht als ein Zweitrangiges zu betrachten, et- wa so, dass man auf das Gesetz als etwas sich selbst überworfenes blicken könnte. "Das Gesetz ist der offenbarte Wille Gottes." (BARTH, Evangelium und Gesetz, S 9), nur ist der Mensch nicht in der Lage, mit seiner Erkenntnis die Of- fenbarung zu verstehen. Das Gesetz ist ebenfalls Wort Gottes. Dieses Wort Gottes aber ist Gnade und in Christus Fleisch geworden. Da Christus den Menschen of- fenbart worden ist, ist mit Christus das Gesetz offenbart worden, und zwar auf die Weise, dass es mit Christus und in Christus verstanden werden kann; denn, wenn
der Mensch Christus kennt, hält er seine Gebote.
"'An dem merken wir, daß wir ihn kennen: so wir seine Gebote halten... (1 Joh 2,4f)'. Ja, und auch die Kirche wäre nicht die Kirche, wenn nicht schon in ihrer Existenz, aber auch in ihrer Lehre und ihrer Haltung das Gesetz Gottes, seine Gebo- te, seine Fragen, seine Mahnungen, seine Auflagen sichtbar und greifbar würden auch für die Welt, für Staat und Gesellschaft..." BARTH, Evangelium und Gesetz, S 11
Wird die Gnade (in und durch Christus) unter den Menschen kund, wird somit das Gesetz aufgerichtet. Das Gesetz Gottes ist auch im Auftreten der Kir- che, in ihren Sakramenten, ihrer Predigt, ihrem Bekenntnis vertreten. Verkündet
die Kirche die kommende Herrschaft Jesu, verkündet sie die Gehorsamsforderung gegen das Gesetz Jesu. "Wir würden, obwohl das Gesetz nicht das Evangelium ist, ohne das Gesetz tatsächlich auch das Evangelium nicht haben." (BARTH, Evan- gelium und Gesetz, S 12).
Nach Barth (vgl. BARTH, Evangelium und Gesetz, S 13) ist das Gesetz die notwendige Form des Evangeliums. Auf die Frage, was Gott denn nun von uns Menschen wolle mit seinem Gesetz, gibt Barth die Antwort: Ihr sollt (werdet) glauben. Gnade ist ein Anspruch an den Menschen, an den kommenden und ge- kommenen Christus zu glauben. Alle Gebote werden vom Menschen gehalten, wenn sie Glauben an Christus finden. Somit müßte man, auch wenn sich diese Aussage in Evangelium und Gesetz nicht findet, vom Gesetz im Evangelium spre- chen.
3.5 Zwischenbilanz
Wer von Evangelium spricht, muß eigentlich eher vom Inhalt des Evangeli- ums sprechen. Nach Barth ist der Inhalt des Evangeliums die Gnade Gottes, die sich in Christus offenbart. Die Gnade besteht darin, dass Christus für den Men- schen eintritt und seine Schuld auf sich nimmt.
Wer vom Gesetz spricht, spricht vom geoffenbarten Willen Gottes. Gesetz kann jedoch nicht für sich betrachtet werden, sondern nur im Zusammenhang mit dem Evangelium. Das Gesetz weist auf das Evangelium und somit auf Christus. Das Gesetz ist nicht minder Wort Gottes. Ein Wort Gottes ist aber immer Gnade. Da dieses Wort in Christus Fleisch geworden ist, ist in Christus die Gnade Fleisch und das Gesetz aufgerichtet worden. Die völlige Befolgung des Gesetzes ist in Christus geschehen.
3.6 Wahrheit - Wirklichkeit
In diesem Abschnitt seines Werkes behandelt Barth die Wirklichkeit von Evangelium und Gesetz.
[...]
1 K. BARTH, Evangelium und Gesetz, in: Theologische Existenz heute, Bd. 2, Reprint der Hefte 1 - 77, erschienen 1933 - 1941, K. BARTH und E. THURNEYSEN (Hrsg,) München 1980
2 Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die Seitenzahl der in der Literaturliste angegebenen Ausgabe von "Evangelium und Gesetz".
3 Bei Verweisen handelt es sich um Stellen, bei denen sich Barth auf einen biblischen Text bezieht, ohne ihn explizit zu zitieren.
4 Die Aufstellung führt nur die Stellen auf, die explizit im Text als Zitat oder Verweis gekenn- zeichnet sind.
5 oder deuteropaulinisch.
6 Vgl. 3.6.1.2
7 Barth zitiert an dieser Stelle Jak 1,17 f
- Quote paper
- Alexander Pollhans (Author), 1999, Wie paulinisch ist Barths Systematik in "Evangelium und Gesetz"?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106046
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