Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Demographische Daten
3. Forschung
4. Ursachen bzw. Faktoren, die die Scheidungshäufigkeit beeinflussen
5. Modelle des Scheidungsprozesses
5.1 Wiseman
5.2 Bohannan
5.3 Kessler
6. Bewältigung von Trennung und Scheidung
7. Auswirkungen und Folgen von Scheidungen
8. Prävention/ Präventionsprogramme
9. Schluss
1. Einleitung
Diese Seminararbeit bearbeitet das Thema Trennung und Scheidung als kritisches Lebensereignis. Da dies ein sehr weites Gebiet ist, zu dem es unzählige Themen und Aspekte gibt, werde ich mich in etwa an die Auswahl von Fillip1 halten, der in seinem Buch „Kritische Lebensereignisse“ allgemein die Themen Grundlagen der Forschung, methodische Aspekte, Präventionsmodelle und Bewältigung behandelt. Diese Themen werde ich auf Trennung und Scheidung als kritisches Lebensereignis beziehen. Zuerst werde ich einige demographischen Daten über Trennung und Scheidung vorstellen. Dann gehe ich über zur Forschung und zu den Ursachen beziehungsweiße Faktoren, die die Scheidungswahrscheinlichkeit beeinflussen. Diese zusammen mit den Modellen des Scheidungsprozesses sind wichtig, um die Bewältigung von Trennung und Scheidung zu verstehen, die ich in Kapitel sechs darstellen werde. Danach gehe ich speziell auf die Folgen und Auswirkungen einer Scheidung auf Kinder ein, bevor ich im letzten Kapitel die Prävention behandele.
Im folgenden werde ich außer im zweiten Kapitel Trennung und Scheidung synonym verwenden, da in der Literatur meist keine Unterschiede zwischen Ehen und lang andauernden nichtehelichen Lebensgemeinschaften gemacht wird.
2. Demographische Daten
Um zu zeigen, wie sich die Scheidungszahlen in den letzten Jahren verändert haben, ist es sinnvoll, einen Blick zurück zu werfen. So wurde vor hundert Jahren noch jede dritte Ehe bereits nach zwanzig Jahren durch den Tod eines Ehepartners gelöst. Heute dauert eine Ehe, wenn sie im Alter von etwa fünfundzwanzig Jahren geschlossen wird, etwa vierzig bis fünfzig Jahre, wobei dafür auch die Zahl der Ehescheidungen stark zugenommen hat. Zur Veranschaulichung siehe Abbildung 1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anzahl der Ehescheidungen in der BRD2
Im Jahr 2000 gab es in Gesamtdeutschland 194.408 Ehescheidungen, davon 164.971 in Westdeutschland und 29.437 in Ostdeutschland. Im Vergleich dazu waren es 1994 für Gesamtdeutschland 166.000 Ehescheidungen, davon 143.000 in Westdeutschland und 23.000 in den neuen Ländern. Mehr als zwei Drittel der Ehen (66% im Westen und 86% im Osten) wurden einverständlich geschieden. Die Scheidungsanträge wurden zwar meistens von den Frauen gestellt, in über 80% der Fälle stimmten die Männer aber zu.
In der BRD war 1984 jedes zehnte Kind von einer Scheidung betroffen. Minderjährige Kinder waren in den alten Ländern in jeder zweiten geschiedenen Ehe betroffen und in den neuen Ländern sogar in 70% aller geschiedenen Ehen. Dabei gehen etwa 40% der geschiedenen Mütter und Väter mit minderjährigen Kindern Folge-Ehen ein. Vor der Änderung im Sorgerecht 1998 bekamen in 90% der Scheidungen die Mütter das Sorgerecht. Seit 1998 erhalten die Eltern das gemeinsame Sorgerecht sofern nicht einer der Partner das alleinige Sorgerecht beantragt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Geschiedene Ehen nach Zahl der minderjährigen Kinder
Es sind aber nicht nur Ehen instabiler geworden, sondern auch Beziehungen unverheirateter Paare. Das kann an der Anzahl der Partnerschaften, die ein Mensch bis zum dreißigsten Lebensjahr durchläuft und die mindestens ein Jahr dauern, abgelesen werden. Diese Anzahl hat deutlich zugenommen.
3. Forschung
In der Trennungs- und Scheidungsforschung hat Deutschland großen Nachholbedarf. Die meisten Studien kommen aus den USA, die aufgrund ihrer hohen Scheidungszahlen schon früh mit der Erforschung der Ursachen begonnen hat. Von dort kommen auch die ersten Präventionsmaßnahmen. Bei der Erforschung von Scheidungsursachen oder -folgen tauchen verschiedene Probleme auf, die meist finanzielle Ursachen haben. So ist das Problem bei den meisten Studien, dass es zu wenige Messzeitpunkte gibt und zu kurz gemessen wird. Dadurch gibt es zu wenige Informationen über Veränderungen im Laufe der Ehe bzw. des Scheidungsprozesses und viele Veränderungen können aufgrund der kurzen Messdauer gar nicht wahrgenommen werden. Weitere Probleme sind eine zu kleine Stichprobengröße, wodurch die Ergebnisse eine zu geringe statistische Aussagekraft erhalten, und die Unangemessenheit der Methode der Datenerhebung. So kamen laut Karney und Bradbury in 77% der Studien nur Selbstbeurteilungsverfahren zum Einsatz, nur 14% nutzten direkte Beobachtung, 8% führten klinische Interviews durch und nur in weniger als 1% wurden physiologische Messungen erhoben3. Außerdem wurde sehr oft nur ein Aspekt des Prozesses untersucht, wie z.B. die Ehequalität oder die Ehestabilität, so dass die meisten Studien keine Aussagen zu den unterschiedlichen Verläufen machen können, also die Frage, warum sich manche Paare trennen und manche zusammenbleiben, nicht beantworten können. Des Weiteren gibt es noch zwei wichtige Einschränkungen von Studien. So setzen sich viele Stichproben aus Paaren zusammen, die sich zu Beginn der Studie hinsichtlich ihrer Ehequalität und der Dauer ihrer Beziehung sehr stark unterscheiden. Dadurch ist kein verlässlicher Vergleich möglich, da manche Paare schon vor Beginn der Studie unglücklich waren. Außerdem beträgt die durchschnittliche Ausfallrate 31%, so dass viele Paare, die nützlich für wichtige Erkenntnisse wären, aus der Stichprobe herausfallen.
Um ein Beispiel zu geben für eine neuere Längsschnittstudie, die versucht, die vorher genannten Fehler zu vermeiden, werde ich im folgenden die UCLA-Studie von Bradbury und Karney vorstellen4. Diese Studie will Faktoren untersuchen, die zur Verschlechterung oder Instabilität bei anfänglich zufriedenen Paaren führen. Um die zuvor genannten Fehler zu vermeiden, wurden Paare untersucht, die kürzlich geheiratet hatten, um die partnerschaftliche Zufriedenheit von Anfang an zu erfassen, es gab acht Messzeitpunkte, die Ausfallrate wurde durch häufige Kontakte so niedrig wie möglich gehalten und es wurden unterschiedliche Erklärungsmodelle getestet, um die Anzahl der unterschiedlichen Interpretationen zu reduzieren. Die Paare wurden über Zeitungsannoncen im Raum Los Angeles nach folgenden Kriterien gesucht: Beide Partner sollten in 1. Ehe und nicht länger als 6 Monate verheiratet sein, sie sollte keine Kinder haben, die Partner sollten älter als achtzehn Jahre und Frauen jünger als fünfunddreißig sein, damit sie die Möglichkeit hatten, im Verlauf der Untersuchung Eltern zu werden, und sie sollten gut Englisch sprechen und eine mindestens zehn jährige Schulbildung haben. Außerdem sollten sie nicht die Absicht haben, in absehbarer Zeit den Wohnort zu wechseln.
Auf diese Anzeige hin meldeten sich 350 Paare, von denen die ersten sechzig genommen wurden. Zum ersten Messzeitpunkt fand eine dreistündige Laborsitzung statt, in denen verschiedenen Fragebögen ausgeteilt und Interviews durchgeführt wurden und in denen die Paare an Interaktionsaufgaben teilnahmen. Zu den sieben weiteren Messzeitpunkten wurde im Abstand von 6 Monaten Daten von noch zusammenlebenden Paaren per Post erhoben. Bei der letzten Erhebung lebten noch 38 Paare zusammen, 18 waren geschieden und 4 Paare nahmen nicht mehr teil.
4. Ursachen bzw. Faktoren, die die Scheidungshäufigkeit beeinflussen
Die Ursachen von Trennungen und Scheidungen sind sehr vielschichtig und es gibt viele Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung beeinflussen. Grob können diese in sozialdemographische und subjektive Faktoren unterteilt werden. Ein allgemeines Eherisiko, das in fast allen Aufsätzen genannt wird, ist die gestiegene Erwartung an die Qualität der partnerschaftlichen Beziehung. Das Problem ist, je höher die Erwartungen sind, desto höher ist die Chance, dass sie enttäuscht werden. Dies hat zu einer verbreiteten Instabilität von Beziehungen geführt.
Zu den sozialdemographischen Faktoren gehören das Heiratsalter, die Ehedauer, voreheliche Schwangerschaft und Geburt, Wohnortgröße, Kinderzahl, sozialer Status, Einkommen, Bildungsniveau, u.s.w. Das Heiratsalter wirkt sich auf zweierlei Weise aus. Zum einen werden Ehen wesentlich häufiger geschieden, wenn einer oder beide Partner jünger als zwanzig Jahre sind, und zwar auch dann, wenn keine anderen Risikofaktoren dazukommen. Als Gründe führt Sander an, dass sich die Partner zum einen noch in einer beschleunigten Entwicklungsphase befinden, so dass es sein kann, dass sie im Laufe der Zeit immer weniger zusammenpassen, zum anderen ist eine frühe Heirat oft eine Flucht aus der Herkunftsfamilie, aus der sie sich noch nicht richtig abgelöst haben, woraus in der Ehe Probleme erwachsen. Zum anderen werden solche Ehen durchschnittlich öfter geschieden, in denen große Altersdifferenzen zwischen den Partnern bestehen. Am stabilsten sind Ehen, wenn die Braut zwischen 21-25 und der Bräutigam zwischen 26-30 Jahre alt sind oder wenn sich beide Partner bei der Eheschließung in ihren späten zwanziger Jahren befinden. Die Ehedauer ist in der Hinsicht ein Faktor, als das Scheidungsrisiko in den ersten Jahren nach der Heirat ansteigt, ein Maximum erreicht und sich dann wieder abschwächt. Der Höhepunkt der Kurve liegt zwischen zwei und sieben Jahren, wobei die meisten Ehen nach fünf bis sechs Jahren geschieden werden. Weiterhin beeinflusst eine voreheliche Schwangerschaft oder Geburt das Scheidungsrisiko. Studien belegen, dass eine voreheliche Schwangerschaft bei späteren geschiedenen Paaren wesentlich häufiger ist. Als Gründe können angeführt werden, dass eine voreheliche Schwangerschaft oder Geburt zu erheblichen Problemen aufgrund der Belastungen durch das Kind führt und die Partnerschaft zusätzlich noch nicht so gefestigt ist, so dass ein erhöhtes Scheidungsrisiko der Fall ist. Die Wohnortgröße und die Religion sind weitere Faktoren, die zum Teil auch zusammenhängen. So haben städtische Regionen höhere Scheidungszahlen als ländliche und es werden mehr evangelische und nicht-gläubige Ehen geschieden als katholische. Diese Faktoren hängen in der Weise zusammen, dass der Glaube in ländlichen Regionen verbreiteter ist als in städtischen. Bei dem Faktor der Kinderzahl sind die Befunde nicht eindeutig. Viele Studien stellen fest, dass die Scheidungswahrscheinlichkeit mit zunehmender Kinderzahl sinkt, wobei die Wahrscheinlichkeit ab vier Kinder wieder ansteigt. Andere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass nicht die Anzahl, sondern das Alter der Kinder ausschlaggebend ist. Dabei findet ein ehestabilisierender Effekt nur bei kleinen Kindern unter fünf Jahren statt. In der Literatur wird oft als weiterer Faktor der soziale Status genannt. Jedoch sind auch dazu die Befunde nicht eindeutig. Es ist daher zu vermuten, dass dieser Faktor mit einem weiteren, nämlich dem Einkommen zusammenhängt. Zwar sind auch hier die Befunde nicht ganz eindeutig, aber man kann sagen, dass sowohl das Einkommen des Mannes als auch das der Frau das Scheidungsrisiko beeinflusst und zwar in unterschiedlicher Weise. Das Einkommen des Mannes erhöht eher die Ehestabilität und das der Frau verringert sie eher. Ob und wie sich jedoch das Einkommen und die Erwerbstätigkeit der Frau auswirken, hängt von verschiedenen Bedingungen ab. So werden das Größenverhältnis zwischen ihrem Einkommen und das des Mannes genannt, patriarchalische Vorstellungen, Rollenkonflikte und Statuskonkurrenz, die Einstellungen des Mannes zur Erwerbstätigkeit der Frau, die Länge der Arbeitszeit, die Anzahl der Kontakte am Arbeitsplatz, der Beitrag des Ehemannes zur Hausarbeit, gemeinsame Ersparnisse, schwer aufteilbare Vermögenswerte, Hausbesitz, u.s.w. Mit dem Einkommen ist oft auch das Bildungsniveau verwoben. Dabei ist es tendenziell so, dass sich ein hohes Bildungsniveau positiv auf die Ehestabilität auswirkt. Eine Ausnahme liegt jedoch im Hochschulabschluss der Frau. Dieser erhöht das Scheidungsrisiko.
Zu den subjektiven Faktoren ist zu sagen, dass sich viele Ursachen auch auf Persönlichkeitsmerkmale beziehen. So stellen Karney und Bradbury5 fest, dass sich der Neurotizismus stark negativ auf die Ehestabilität auswirkt. Ebenso wirken ein negatives Interaktionsverhalten, schlechte Kommunikation, Aggression und Gewalt. Die eheliche Zufriedenheit zu Beginn der Ehe wirkt sich so aus, dass Paare mit höheren Ausgangswerten zu Beginn der Ehe einen langsameren Abfall der Beziehungszufriedenheit zeigen, und dass im Gegensatz dazu bei Paaren, die sich später scheiden ließen, die Ehezufriedenheit im ersten Jahr sehr viel stärker abnahm, als bei anderen den Paaren. Weitere Faktoren, die Rottleuthner-Lutter6 herausstellt, sind sexuelle Probleme und eheliche Untreue. Außerdem unterscheidet sie Gründe zwischen Männern und Frauen. So geben Frauen vermehrt Alkoholismus des Ehemannes, seine physische und psychische Gewalttätigkeit und Herumtreiberei an, also alles Dinge, die mit der Beziehung und dem Partner zu tun haben. Männer dagegen suchen das Scheitern der Ehe eher außerhalb der Ehe. So nennen sie als Gründe Probleme mit Verwandten, Arbeitsüberlastung, einzelne Ereignisse außerhalb der Ehe und ganz allgemein das Schicksal. Bei Schmidt-Denter7 werden noch vier weitere Trennungsursachen genannt, wobei diese nach ihrer Häufigkeit geordnet sind. So gaben die Probanten am häufigsten wechselseitige Beziehungsprobleme an, gefolgt von Emanzipations- bzw. Dominanzproblemen, individuellem Fehlverhalten und neuen Partnerschaften.
5. Modelle des Scheidungsprozesses
Trennung und Scheidung wird als Lebenskrise oder kritisches Lebensereignis angesehen. Das heißt, es finden drastische Veränderungen der Lebenssituation einer Person statt, durch welche das Gleichgewicht zwischen Person und Umwelt gestört wird. Das Verhaltensrepertoire, mit dem man bisher sein Leben gemeistert hat, reicht nicht mehr aus, die neue Situation erfordert eine Anpassungsleistung, die enorme Kräfte verlangt. Dabei ist dies kein punktuelles Ereignis, sondern ein prozeßhaftes Geschehen, das über mehrere Jahre andauern kann. Jede Krise birgt sowohl die Gefahr des Scheiterns in sich als auch die Chance zur Reifung der Persönlichkeit. Um diesen Prozess zu verdeutlichen und zu erklären, gibt es verschiedene Modelle über die Phasen einer Scheidung. Ich werde im Folgenden die drei am häufigsten genannten Modelle kurz vorstellen.
5.4 Wiseman
8 Wiseman entwickelte bereits 1975 ein Fünf-Phasenmodell. In der ersten Phase verleugnen die Ehepartner ihre Probleme und Schwierigkeiten. Ein zerbrechliches Gleichgewicht des ehelichen Miteinanders wird aufrechterhalten, es kann aber sehr leicht zerbrechen.
In der zweiten Phase ist die Verleugnung der Probleme nicht mehr möglich. Die Ehepartner erkennen den Ernst der Situation und die Notwendigkeit, sich damit auseinanderzusetzen. Verlustgefühle setzen ein, verbunden mit Depressionen, Gefühle der Trauer und Einsamkeit. Bei der dritten Phase steht die Scheidung kurz bevor. Gefühle von Ärger und Ambivalenzgefühle werden stärker. Allerdings kann es zu diesem Zeitpunkt noch zur versuchten oder tatsächlichen Versöhnung kommen. Treten die Personen jedoch in die vierte Phase ein, ist die Scheidung vollzogen. Die Expartner müssen Fertigwerden mit ihrer neuen Realität, sie müssen sich in ihrem Lebensstil und ihrer Identität neu orientieren. Wird die fünfte Phase erreicht, fand eine Akzeptanz der neuen Situation statt, die Person ist mit der Vergangenheit ausgesöhnt und offen für Zukunft. Dies ist auch besonders wichtig, um wieder neue Partnerschaften eingehen zu können.
5.5 Bohannan
9 Bohannan beschreibt den Scheidungsprozess durch sechs parallel ablaufende, sich teilweise überlappende Prozesse. Zum einen findet eine emotionale Trennung vom Partner statt, weiterhin die legale/juristische Scheidung, die Trennung der materiellen Belange, im Falle von Kindern die Aufteilung des Sorge- und Umgangsrechts, die Trennung vom gewohnten sozialen Umfeld und Freundeskreis und als letztes die psychische Scheidung. Hier versuchen die Expartner, ihre innere Stabilität, Funktionsfähigkeit und Unabhängigkeit zu gewinnen.
5.6 Kessler
10 Kessler entwickelte auf Grundlage seiner Erfahrung in der klinischen Praxis 1975 eine detailliert psychologische Analyse des Scheidungsprozesses. Er unterteilt den Prozess in sieben emotionale Phasen. In der ersten Phase empfinden die Partner eine Desillusionierung und Enttäuschung über die Partnerschaft. Wenn sie sich damit nicht auseinandersetzen wollen, beginnt die zweite Phase, die Phase der Erosion. Dabei fühlen sich die Partner zwar aufeinander bezogen, machen aber ihrem Unmut und Enttäuschung durch Streit Luft. In der dritten Phase findet eine emotionale Abgrenzung vom Partner statt, verbunden mit qualvoller Stille, eingeschränkter verbaler Kommunikation und der Vermeidung von Intimität. Die Partner beginnen, über eine Scheidung nachzudenken. Die nächste Phase ist die der physischen Trennung, wobei dieser Schritt das traumatischste Ereignis im emotionalen Prozess darstellt, da durch die physische Trennung das Ausmaß der Entwicklung bewusst wird. In der fünften Phase wird der Verlust durch Trauer aufgearbeitet. Ärger und Depressionen entstehen durch die Gefühle der Schuld. Wenn dann dieser destruktive Ärger in einen konstruktiven übergeht, beginnt nächste Stufe. Es ist dann möglich, ohne Ärger zurückzublicken und die Zukunft als aufregende Herausforderung zu sehen. Es entsteht ein Freiheitsgefühl, das dazu verleitet, Schwierigkeiten der Nachscheidungssituation zu entfliehen. Wer sich dieser Gefahr bewusst ist, findet zu Harmonie und Einklang mit sich selbst, was die Voraussetzung für die letzte Phase ist. Dort findet die Zurückgewinnung der internalen Kontrollüberzeugung statt. Die Partner haben das Gefühl, ihre Lebensziele frei wählen und das Vertrauen, sie auch erreichen zu können. Die Fähigkeit steigt, Bedeutsames für die eigene Persönlichkeitsentwicklung zu erleben. Die Personen sind fähig, eine neue Beziehung einzugehen.
6. Bewältigung von Trennung und Scheidung
Die Auseinandersetzung und Bewältigung einer Trennung oder Scheidung kann nur durch eine Neubewertung der Gegebenheiten erfolgen. Nach Pais und White11 bezieht sich diese Neuorientierung und -bewertung auf verschiedene Bereiche. So bezieht sie sich auf den legalen Bereich als Geschiedener, auf den ökonomischen Bereich, z.B. als Alleinerhalter der Familie, auf den sozialen Bereich, wie z.B. verwandtschaftliche, freundschaftliche und nachbarschaftliche Beziehungen, auf den kognitiven Bereich, den emotionalen Bereich, wo die Auseinandersetzung lautet „Kann ich mich als Geschiedener positiv bewerten und gut fühlen?“, und zuletzt auf den elterlichen Bereich als alleinerziehende Mutter oder alleinerziehender Vater.
Weiterhin gibt es verschiedene kognitive und sozial-kognitive Theorien zur Beschreibung und Erklärung des Bewältigungsprozesses. Ein sehr einleuchtendes Modell möchte ich nun beschreiben. Das Modell ist von Sander12 in Anlehnung an Kurdek und Bronfenbrenner. Dabei ist der Scheidungsprozess, der durch Neustrukturierungen und -bewertungen gekennzeichnet ist, eingebettet in verschiedene Ebenen des sozioökologischen Umfeldes:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei beeinflussen die Faktoren der höher gelegenen Ebene die jeweils darunter liegende Ebene direkt und die weiter unten liegenden indirekt. Auf der gesellschaftlichen Ebene ist es z.B. so, dass sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in letzten Jahren geändert haben. Durch die Tatsache, dass Scheidungen immer häufiger vorkommen, ist die Einstellung zur Scheidung viel liberaler geworden, das heißt, es entstanden günstigere Rahmenbedingungen für Geschiedene und Alleinerziehende. Dies hat Auswirkungen auf die Ebene der Institutionen und Netzwerke in Form von Stütz- und Rückhaltesystemen. Als Beispiele nennt Sander juristische und finanzielle Beratungssysteme, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Institutionen der Kinderbetreuung, Unterhaltsvorschusskasse, u.s.w.13, wobei anzumerken ist, dass diese Systeme bis heute noch sehr zu wünschen übrig lassen. Des Weiteren werden Geschiedene von Personen des sozialen Umfeldes wesentlich weniger abgelehnt als früher. Im Gegenteil ist es sogar oft so, dass Geschiedene und Scheidungskinder vermehrt unterstützt werden und dass auf sie vermehrt Rücksicht genommen wird. Soziale Netzwerke können Geschiedene also positiv unterstützen, indem sie tatkräftige Hilfe oder emotionale Unterstützung und Anteilnahme leisten, sie können aber auch zu einem starken Belastungsfaktor werden und die Anpassung an die Nachscheidungssituation behindern, wenn sie eine Scheidung als negativ ansehen. Die Ebene der Familie bezieht sich auf materielle und finanzielle Ressourcen und auf die Qualität der sozialen Beziehungen innerhalb der Familie. Beides sind bedeutsame Einflussfaktoren. So sind ein niedriges Einkommen und eine ungünstige soziale Lage schwere Belastungsfaktoren, die eine Bewältigung sehr verlangsamen können. Weiterhin fällt es Personen schwer, sich an neue Situation anzupassen, wenn sie sozial und psychisch stark von ihrem Ehegatten abhängig waren. Im Gegensatz dazu wirkt die Scheidung auf Personen als Befreiung, wenn sie Gewalt oder mentalen Missbrauch in der Ehe erfahren haben. Für Personen, die ihren Ehegatten noch lieben, ist es am schwierigsten, die Scheidung zu bewältigen. Außerdem kann auch eine gute Beziehung zwischen Elternteil und Kind als Rückhaltesystem wirken und materielle Schwierigkeiten leichter machen.
Auf der Persönlichkeitsebene existieren auch viele verschiedene Faktoren, die die Bewältigung leichter oder schwerer machen. Eine Auswahl davon werde ich kurz darstellen. Auf der Ebene der Einstellung fällt die Bewältigung den Personen leichter, die eine Scheidung als ein normales Ereignis und nicht als ein Scheitern ansehen. Alter und Geschlecht spielen ebenfalls eine große Rolle. So fällt es jüngeren Menschen leichter, sich anzupassen als älteren, und Frauen nehmen die erste Zeit nach der Scheidung eher als Gewinn wahr, für Männer ist erste Phase nach Scheidung schwerer zu bewältigen. Dies könnte daran liegen, dass Frauen durch die Scheidung eher instrumentelle Funktionen wie ein gesichertes Einkommen und Männer eher expressive Funktionen wie emotionale Geborgenheit verlieren. Die Dauer der Ehe scheint sich so auszuwirken, dass nach einer sehr kurzen und einer sehr langen Ehe die Scheidung eine geringere Belastung ist. Wer sich außerdem schon lange innerlich mit den Folgen einer Scheidung auseinandersetzte, kann sie schneller bewältigen, als wenn er vom Partner überrascht wird. Hinsichtlich des Bildungsstands scheint es so zu sein, dass ein höherer Bildungsstand eher über das Verfügen von Kompetenzen und Strategien, sich in schwierigen Situationen zu helfen, und über eine befriedigende berufliche Tätigkeit und finanzielle Sicherheit garantiert, die als Entlastung wirkt. Ebenso verhält es sich auch mit einer nicht- traditionellen Geschlechtsrollenorientierung der Frau.
An all diesen Beispielen lässt sich also sehen, wie vielschichtig und komplex der Prozess der Bewältigung ist und von wie vielen Faktoren er mit beeinflusst wird. So ist es nicht verwunderlich, dass bei etwa 25% der Geschiedenen noch nach Jahren negative Gefühle und psychosomatische Reaktionen feststellbar sind. Den meisten Geschiedenen gelingt jedoch die Anpassung an die Nachscheidungssituation im Laufe einiger Jahre, so dass sie sich seelisch und körperlich wieder wohl fühlen.
7. Auswirkungen und Folgen von Scheidungen
Im Mittelpunkt der Forschung über Scheidungsfolgen steht die Frage, welche Konsequenzen eine Scheidung für Kinder hat. Der Grund dafür ist in der hohen Anzahl von betroffenen Kindern zu sehen.
Scheidung wird verstanden als ein Veränderungsprozess des Familiensystems. Nach einer Phase der Desorganisation strukturiert sich das System um und findet zu neuem Gleichgewicht. Das bedeutet, dass familiäre Beziehungen auch nach der Scheidung fortbestehen. Es finden Kontakte statt, die alte Kernfamilie ist weiterhin kognitiv präsent und auch emotionale Bindungen überdauern. Es kommt allerdings zu erheblichen Veränderungen in den Beziehungen der Familienmitglieder. In einer Studie14 gaben Kinder an, dass sie keinen verringerten familiären Zusammenhalt bemerken. Schmidt-Denter und Beelmann schließen daraus, dass Kinder versuchen, ihre Vorstellung von Kernfamilie zu bewahren. Tiefgreifendere Veränderungen entstehen für Kinder oft z.B. durch einen Wohnort- und Schulwechsel, das Absinken des Lebensstandards, die Umstrukturierung im Erziehungsstil usw. Diese Ereignisse wirken sich oft gravierender aus als die räumliche Trennung der Eltern Wie Kinder dies bewältigen, hängt von verschiedenen externen Faktoren, ihrem Alter und ihrer individuellen Entwicklungsgeschichte ab. Das Alter der Kinder spielt dabei eine erhebliche Rolle, da Kinder auf unterschiedlichen Altersstufen sehr unterschiedlich reagieren.
Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren zeigen nach einer Scheidung erhöhte Ängstlichkeit, Verwirrtheit, Irritierbarkeit und Weinerlichkeit. Es kann sowohl zu Aggressionshemmung als auch zu Aggressionsausbrüchen und zu einem gesteigerten Bedürfnis nach Körperkontakt kommen. Die Kinder glauben, die Zerrüttung der Ehe verursacht zu haben. Deshalb haben sie Angst, wie der eine Elternteil weggeschickt und ersetzt zu werden.
Im Alter von sechs bis acht Jahren wird die Scheidung als Kampf zwischen den Eltern gesehen. Der Sieger zwingt den Verlierer, das Feld zu räumen. Dabei bewahren die Kinder ihre Loyalität gegenüber beiden Eltern, wagen es aber nicht, es dem Sieger gegenüber zu zeigen. Ihr Verhalten ist geprägt durch eine tiefe, anhaltende, sie überwältigende Traurigkeit.
Im nächsten Altersabschnitt von neun bis zwölf Jahren bemühen sich die Kinder sehr stark um Affektkontrolle. Sie sprechen klar und nüchtern über die Scheidung. Gleichzeitig treten aber Scham- und Zorngefühle auf: sie schämen sich über die elterlichen Verhaltensweisen und sind zornig auf die Eltern bzw. auf das Elternteil, das ihrer Meinung nach Schuld am Scheitern der Ehe hat. Sie neigen dazu, aktiv in den elterlichen Streit einzugreifen und sich mit dem „nicht-schuldigen“ Elternteil dauerhaft gegen den anderen zu verbünden.
Im Alter von dreizehn bis achtzehn Jahren treten heftige Reaktionen von Trauer, Schmerz, Scham und Zorn auf. Außerdem haben die Kinder das Gefühl, von den Eltern betrogen worden zu sein. Durch die Scheidung ist ihre Zeit zum Erwachsenwerden verkürzt worden. Auf dieser Altersstufe bemühen sich die Kinder, nicht in den Ehekonflikt involviert zu werden.
Weiterhin spielen das Geschlecht und weitere externe Einflüsse eine Rolle. So bestehen geschlechtsspezifische Unterschiede in Art und Dauer der Verhaltensauffälligkeiten. Bei Jungen kann es verstärkt zu unkontrollierten Aggressionen, destruktiven und unsozialen Handlungen und zu Verschlechterungen der Schulleistungen kommen. Bei Mädchen ist das Verhalten weniger auffällig. Sie zeigen eher Tendenzen zur Überkontrolliertheit, Überangepasstheit und Introversion. Zu der Dauer der Auffälligkeiten ist zu sagen, dass bei Mädchen die Beschwerden im Verlauf von zwei Jahren abklingen. Sie können aber später bei Aufnahme heterosexueller Beziehungen wieder auftreten. Bei Jungen halten die Verhaltensauffälligkeiten meist länger an. In der Studie von Schmidt-Denter und Beelmann15 wurde das Ausmaß der Verhaltensauffälligkeiten festgehalten. So zeigten bei der ersten Erhebung 54% der Kinder Verhaltensauffälligkeiten, bei der zweiten Erhebung noch 40% und bei der dritten Erhebung nur noch 30% der Kinder, was kein Signifikanzniveau mehr ist.
Wie oben schon angedeutet gibt es auch verschiedene externe Einflussfaktoren, die auf Kinder einwirken und für die Bewältigung Folgen haben. So ist das erste Jahr nach Scheidung für sorgeberechtigten Elternteil eine Zeit der allgemeinen Überlastung. Alltagsroutinen, wie regelmäßige Essens- und Zubettgehzeiten, werden nicht aufrechterhalten, Erziehungs- und Disziplinierungsmaßnahmen sind oft inkonsistent und die Fähigkeit, sich dem Kind emotional zuzuwenden, ist wegen der eigenen psychischen Krise herabgesetzt. Weiterhin wird eine Lösung der Probleme durch das meist verringerte Einkommen erschwert und verzögert. Ein weiterer äußerst wichtiger Faktor ist die Qualität und die Quantität der Eltern-Kind-Kontakte und die Streitigkeiten zwischen den Expartnern. Diese beeinflussen die weitere Entwicklung des Kindes, da ein Zusammenhang besteht zwischen dem Streit der Eltern und dem Auftreten von Verhaltensstörungen, Delinquenz, psychosomatischen Erkrankungen und Schulversagen. Für das Kind ist es wichtig, dass die Eltern zu einem moderaten Umgang untereinander finden, und dass das Kind positive emotionale Beziehungen zu beiden Eltern aufrechterhält. Bei älteren Kindern übernimmt das Kind oft die Rolle eines Vertrauten dem sorgeberechtigten Elternteil gegenüber.
In ökonomischer Hinsicht bringt eine Scheidung starke Veränderungen mit sich. Sie hat starke finanzielle Nachteile, besonders für Frauen. So sind Frauen nach einer Scheidung meist von einem drastischen sozialen Abstieg betroffen. Bei Frauen aus der Oberschicht verringert sich das Einkommen etwa um die Hälfte, bei Frauen aus der Mittelschicht um zwei Drittel und bei Frauen aus der Unterschicht um drei Viertel. Die Frauen aus der Unterschicht sind daher überwiegend auf staatliche Fürsorge angewiesen.
Zu den Folgen für Eltern gab es nur wenig Literatur. In der Studie von SchmidtDenter und Beelmann wurden solche Veränderungen im Zusammenhang mit den Veränderungen für Kinder angesprochen. Dies möchte ich im folgenden darstellen. Väter kämpfen nach einer Scheidung besonders mit dem Alleinsein, mit Identitätsund Rollenproblemen und finanziellen Problemen. Sie fühlen sich verzweifelt, hilflos und haben Schuldgefühle wegen des Kindes.
Mütter dagegen sind mehr mit organisatorischen Problemen des Haushalts und des Alltags und mit Erziehungsproblemen belastet. Sie fühlen sich ebenfalls verzweifelt, aber oft auch frei und kraftvoll und wütend und aggressiv.
Gemeinsame Unternehmungen mit der kompletten Familie finden nur etwa in 25- 40% der Fälle statt. Meist ist es so, dass der Vater die Kinder in der Wohnung der Mutter besucht. Die elterliche Trennung führt zu einer Intensivierung der Geschwisterbeziehung sowohl im positiven als auch im negativen Gefühlsbereich, das heißt, dass zum einen eine gegenseitige Unterstützung stattfindet, zum anderen sind die Geschwister auch Konkurrenten um die Zuwendung der Eltern.
8. Prävention/ Präventionsprogramme
Zum Abschluß der Hausarbeit komme ich nun noch auf Prävention zu sprechen. Die Gründe dafür spiegeln sich in den hohen Scheidungsraten wider. Viele Paare erleben ihre Beziehung als unbefriedigend und eine Ehetherapie wird oft zu spät begonnen. Weiterhin ist auffällig , dass eine niedrige Beziehungsqualität und häufige Partnerkonflikte mit einer erhöhten Rate an physischer Gewalt korrelieren. Außerdem liegt die Prävalenzrate kindlicher Verhaltens- und Erlebensstörungen bei 20%16. Es ist also nötig, Prävention zu betreiben, und vielerorts wird dies auch schon getan. Dabei können Präventionsmaßnahmen an der Fülle der Faktoren und Problemen, die ich oben dargestellt habe, ansetzen. Im Folgenden werde ich verschiedene Schritte nach Baucom17 für ein umfassendes Präventionsprogramm darstellen. Als erstes müssen Interventionsmaßnahmen für Paare auf unterschiedlichen Intensitätsebenen entwickelt werden. Dabei ist es so, dass viele Paare nicht bereit sind, schon angebotene Präventions- oder Eheberatungsmaßnahmen anzunehmen. Deshalb müssen erstens universelle Maßnahmen für Paare und Familien geschaffen werden, die keinen persönlichen Kontakt mit Professionellen benötigen. Hier haben multimediale Programme einen hohen Stellenwert. In Neuseeland gab es z.B. bereits eine Fernsehserie „Families“, die von vielen Eltern gesehen wurde, und woraufhin viele Eltern ihr Erziehungsverhalten änderten. Die Serie vermittelte praxisnah wissenschaftlich begründete Erziehungsratschläge. Der Vorteil solcher Fernsehsendungen ist, dass viele Paare erreicht werden können, dass ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis besteht und dass man direkt auf das Interaktionsverhalten von Paaren einwirken könnte und indirekt, indem man die Bereitschaft erhöht, frühzeitig etwas für die Beziehung zu tun. Darüber hinaus müsste es auch Maßnahmen ohne professionellen Kontakt für Paare geben, die ihre eigene Beziehung verändern wollen. Fernsehserien können nur allgemeine Informationen über Ehe und Familie vermitteln. Für eine gezieltere Bearbeitung von Beziehungsproblemen werden zusätzliche Interventionsmaßnahmen benötigt. Dies können Printmedien, Videos, Internet und CD sein. So gibt es bereits für spezifische Erziehungsprobleme Informationsblättchen, zu denen man sich auch Beispielvideos anfordern kann. So etwas ließe sich auch für Beziehungsprobleme entwickeln.
Mit Hilfe des Internets könnte man Homepages erstellen mit Infos, Links und eventuell der Möglichkeit, Experten zu befragen, und durch interaktive CDs könnte es recht einfach gelingen, Prävention und Beziehungsverbesserungen zu erreichen. Drittens ist es nötig, Informationen und aktive Trainings für Paare mit dem Einsatz von Professionellen zu entwickeln. Solche aktiven Paar-Trainingsprogramme fokussieren auf die Veränderung der Kommunikation und haben positive Effekte. Die bereits bestehenden Trainings können aber laut Baucom noch wesentlich verbessert werden. Als viertes muss es Ehe- und Familientherapien für Paare und Familien mit schwerwiegenden Störungen geben. In diesem Bereich gab es in den letzten Jahren große Fortschritte, so dass es eine große Vielfalt an Beratungsstellen und Therapeuten gibt, die solche Therapien anbieten.
Als zweiter Schritt muss mit dem Aufbau eines Organisationsrahmens für die Entwicklung und Verbreitung der Maßnahmen begonnen werden. Besonders wichtig ist dafür der stetige Austausch zwischen Praktikern und Forschern, um regelmäßige Rückmeldungen zu bekommen und dadurch die nötigen Veränderungen einzuleiten. Gleichzeitig müssen Ausbildungsprogramme für die zu schulenden Professionellen entwickelt und begleitend evaluiert werden, um einen möglichst hohen Standard zu garantieren. Drittens muss es ein strukturiertes und standardisiertes Ausbildungs- und Supervisionssystem geben für die Personen, die die Maßnahmen umsetzen. In Deutschland gibt es ein Programm, das EPL = Ein Partnerschaftliches Lernprogramm. Dafür gibt es etwa 1200 ausgebildete Trainer, die an zwei Wochenenden ausgebildet werden.
Viertens müssen Modellprojekte entwickelt und evaluiert werden. Es ist sinnvoll, verschiedene Programme zu entwickeln und diese vor ihrer flächendeckenden Einführung durchzuführen, um ihre Wirksamkeit zu testen und um Erfahrungen zu sammeln. Die Paare in den Modellprojekten sollten über mindestens fünf Jahre untersucht werden, um die Langzeiteffekte zu prüfen.
Als letztes muss eine flächendeckende Verbreitung der getesteten Programme erfolgen.
9. Schluss
In dieser Hausarbeit habe ich gezeigt, dass jede Scheidung eine drastische Veränderung der Lebenssituation sowohl für Scheidungskinder als auch für die Geschiedenen selbst. Die Bewältigung dieser Krise ist ein Prozess, der sich über Jahre erstrecken kann, wobei es von den Persönlichkeitsmerkmalen der geschiedenen und von den Bedingungen der sozialen Umwelt abhängt, ob und wie die Krise bewältigt wird. Dabei birgt jede Krise die Gefahr des Scheiterns als auch die Chance zur Reifung der Persönlichkeit. Eine der schwierigsten Aufgaben nach einer Trennung oder Scheidung ist die Bewältigung der Elternrolle, da die Eltern selbst so mit der Bewältigung der Scheidung beschäftigt sind, dass sie Schwierigkeiten haben, sich in geeignetem Maße dem Kind zuzuwenden.
Ich hätte noch wesentlich mehr über das Thema schreiben können, was aber den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte. So habe ich mich auf das Wesentliche beschränkt, das wichtig für das Seminar war.
Literaturverzeichnis
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Rottleuthner-Lutter, Margret: Ehescheidung. In: R. Nave-Herz & M. Markefka (Hrsg.), Handbuch der Familien- und Jugendforschung. Band 1: Familienforschung. Neuwied 1989.
Sagstetter, Eva-Maria: Belastungssituationen und Bewältigungsformen emotionaler Probleme bei der Trennung und Scheidung vom Ehepartner. Regensburg 1989.
Sander, Elisabeth: Trennung und Scheidung. Die Perspektive betroffener Eltern. S. 11 - 41. Weinheim 1999.
Schmidt-Denter, Ulrich, Beelmann, Wolfgang: Familiäre Beziehungen nach Trennung und Scheidung: Veränderungsprozesse bei Müttern, Vätern und Kindern. Forschungsbericht (Kurzfassung). Universität Köln 1995.
Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg): Prävention von Trennung und Scheidung - Internationale Ansätze zur Prädiktion und Prävention von Beziehungsstörungen. Band 151. Kapitel 1, 2, 4. Stuttgart Berlin Köln. 1998.
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3 Bundesministerium 1998. S 71.
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7 Schmidt-Denter, Beelmann 1995. S. 4.
8 Sander 1999. S. 19.
9 Sander 1999. S. 19.
10 Sander 1999. S. 19.
11 Sander 1999. S. 20.
12 Sander 1999. S. 22ff.
13 Sander 1999. S. 22.
14 Schmidt-Denter 1995. S. 5.
15 Schmidt-Denter und Beelmann 1995. S. 10.
16 Bundesministerium 1998. S. 9.
17 Bundesministerium 1998. S. 13ff.
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- Claudia Cambeis (Author), 2002, Trennung und Scheidung als kritisches Lebensereignis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105929
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