Bewegungskoordination als Grundlage des motorischen Könnens im Sportspiel Volleyball


Term Paper, 2001

16 Pages, Grade: sehr gut


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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Wesen und Funktion der Bewegungskoordination
1.1. Begriffsklärung
1.2. Kompliziertheit der Bewegungskoordination

2. Koordination von Sportbewegungen
2.1. Bewegungssteuerung
2.2. Ablauf der Bewegungssteuerung

3. Koordinative Fähigkeiten

4. Das Herausbilden koordinativer Fähigkeiten
4.1. Lernphasen bei der Entwicklung koordinativer Fähigkeiten
4.2. Konsequenzen für die Gestaltung des Lehr- und Lernprozesses

5. Sportartspezifisch: Koordinative Fähigkeiten im Volleyball
5.1. Spezifische Anforderungen an die Ausprägung koordinativer Fähigkeiten im Volleyball
5.2. Übungsbeispiele zur Herausbildung spezieller koordinativer Fähigkeiten im

Volleyball

Literatur

Einleitung

In meiner Hausarbeit werde ich mich mit der Bewegungskoordination als Grundlage des motorischen Könnens im Sportspiel Volleyball beschäftigen.

Dabei werde ich zunächst den Begriff der Bewegungskoordination klären, etwas näher auf die Koordination von Sportbewegungen eingehen, zum Beispiel wie die Steuerung derer funktioniert. Ich werde die koordinativen Fähigkeiten benennen und etwas zum Erlernen dieser schreiben und letztendlich, speziell am Beispiel einer Technik aus dem Volleyballspiel, die spezifischen Anforderungen der Bewegungskoordination in diesem Sportspiel benennen und einige Übungsbeispiele zur Schulung der Bewegungskoordination im Volleyball aufzeigen.

1. Wesen und Funktion der Bewegungskoordination

1.1. Begriffsklärung

Bewegungskoordination - ein Begriff zusammengesetzt aus den Wörtern Bewegung und Koordination.

Unter„Bewegung“versteht man im sportlichen Sinne eine Ortsveränderung des Körpers bzw. einzelner Glieder als Folge von Muskelarbeit, gerichtet auf ein bestimmtes Ziel. Die Bewegungsstruktur wird in drei Phasen eingeteilt:

- Vorbereitungsphase: Ausholbewegungen zur Schaffung optimaler Voraussetzungen für die Hauptphase,

- Hauptphase: eigentliches Lösen der Bewegungsaufgabe, indem es zur

Impulsübertragung auf den gesamten Körper oder auf das Endglied einer Gliederkette kommt,

- Endphase: Körper wird wieder in einen stabilen Endzustand versetzt, was eine hohe Muskelkraft erfordert.

Man unterscheidet bei den Bewegungen zyklische und azyklische.

Eine azyklische Bewegung besteht aus diesen drei Bewegungsphasen, wohingegen man bei der zyklischen Bewegung nur zwei Phasen beobachten kann, da die Endphase jeweils mit der darauffolgenden Vorbereitungsphase verschmilzt.

azyklische Bewegung Bsp.: Wende beim Schwimmen

Vorbereitungsphase Hauptphase

Ergebnis-Beziehung Zweckbeziehung

ursächlicher Zusammenhang

zyklische Bewegung Bsp.: Schwimmzüge

Endphase/Vorbereitungsphase Hauptphase

Die Merkmale einer Bewegung sind:

Endphase

Endphase/Vorbereitungsphase

- Bewegungsrhythmus: zeitliche Ordnung eines Bewegungsaktes,

- Bewegungskopplung: beschreibt den Zusammenhang von Teilbewegungen,

- Bewegungsfluss: Grad der Kontinuität im Ablauf der Bewegung,

- Bewegungspräzision: bestimmt Verhältnis von Soll- und Istwert,

- Bewegungskonstanz: Grad der Übereinstimmung wiederholter Bewegungen,

- Bewegungsumfang: räumliche Ausdehnung einer Bewegung,

- Bewegungstempo: Relation der Geschwindigkeit von Bewegungen,

- Bewegungsstärke: Größe des Muskeleinsatzes in bezug auf Kraftimpulse im Bewegungsablauf.

Nach Meinel und Schnabel1sind sie der sichtbare Ausdruck der Bewegungskoordination und stehen in enger Wechselbeziehung zueinander.

Unter„Koordination“versteht man die „Zusammenordnung“.

In der Sportpädagogik ist sie bezogen auf die Bewegungsphasen oder auf Teilbewegungen, deren geordnete Verbindung im Bewegungsvollzug erreicht werden muss. Teil- und Einzelbewegungen sind zu „koordinieren“.

In der Physiologie spricht man von der „Zusammenordnung“ der Muskelarbeit, unter anderem bezogen auf bestimmte Regeln synergistischer und antagonistischer Muskeltätigkeit, sowie auf bestimmte Teilprozesse im Nervensystem.

In der funktionellen Anatomie und Kinesiologie handelt es sich um die feststehende Zuordnung in der Tätigkeit der einzelnen Muskeln und Muskelgruppen. Die Biomechanik erfasst damit die verschiedenen, in der motorischen Aktion zu koordinierenden Kraftimpulse, die aufeinanderabzustimmenden Parameter des Bewegungsablaufs.

Und nach Meinel ist die Koordination in der Tätigkeit des Menschen als Abstimmung aller Teilprozesse des motorischen Aktes im Hinblick auf das Ziel, auf den Zweck, der durch den Bewegungsvollzug erreicht werden soll, zu verstehen.

Daraus ergibt sich die Begriffsbestimmung:

„Bewegungskoordination ist die Ordnung, die Organisation motorischer Aktionen in Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel bzw. einen Zweck.“

Diese Ordnung bedeutet die Abstimmung aller Bewegungsparameter im aktuellen Prozess der Wechselwirkung des Sportlers mit der jeweiligen Umweltsituation.

1.2. Kompliziertheit der Bewegungskoordination

Die Kompliziertheit der Bewegungskoordination wird deutlich durch die Vielzahl von Faktoren und Einzelprozessen, die selbst bei einfachen Bewegungen zusammenwirken. Ein motorischer Akt verlangt die Beherrschung einer großen Anzahl von Freiheitsgraden durch das Steuersystem.

Bei einer Ganzkörperbewegung betrifft das 240, bei einer Armbewegung alleine schon 30 Freiheitsgrade, abhängig von der Vielgliedrigkeit der Gliederkette.

Nach räumlichen und zeitlichen Parametern wird die richtig abgestimmte Bewegung durch eine entsprechende Muskelinnervation gesteuert. Dies geschieht auch bei der Fixierung von Gelenken durch Muskelanspannungen. Erschwert wird dies, weil unter anderem anatomisch bedingte und im Nervensystem fest verankerte Muskelsynergien aufgehoben werden müssen. Weiterhin ist im koordinativen Bewegungsakt zu beachten, dass die Steuerbarkeit des Bewegungsapparates durch die Elastizität der Muskeln, Bänder und Sehnen erschwert wird. Zudem wird die Koordinationsaufgabe dadurch erschwert, dass viele Muskeln einen kurzen Kraftarm besitzen, da sie kurz hinter dem Gelenk ansetzen. Diese relativ geringen Längenänderungen des Muskels haben dadurch einen bedeutenden Bewegungsausschlag am Ende des Hebels (des Lastarms) zur Folge.

Beachtete werden muss aber auch das Einwirken umweltbedingter Kräfte, sowie äußerer Kräfte und Umweltveränderungen.

Mit den äußeren Kräften sind Schwerkraft, Massenträgheit, Reibungskräfte, Luft- und Wasserwiderstand gemeint.

Diese sind adaptiv in den Koordinationsvorgang einzubeziehen.

Im Sportspiel, wie es Volleyball ist, gehen diese weitestgehend vom Gegner und Partner aus und stellen nicht vorausberechenbare Variablen dar.

Weiterhin wird die Bewegungskoordination durch die erforderliche Erhaltung des Gleichgewichts erschwert, eine besondere Schwierigkeit in bezug auf Bewegungsformen und Haltungsaufgaben, die mit sehr kleiner Unterstützungsfläche ausgeführt werden. Geringfügige Störungen des Gleichgewichts können schon zum Misslingen der Bewegungsaktion führen.

Der Koordinationsbegriff muss also, unter Berücksichtigung der „Abstimmung aller inneren und äußeren Kräfte bei Berücksichtigung aller Freiheitsgrade des Bewegungsapparates auf eine zweckmäßige Lösung der gestellten motorischen Aufgabe, erweitert werden.

2. Koordination von Sportbewegungen

Wie schon deutlich wurde, machen viele Einzelbewegungen eine Sportbewegung aus, wobei während der Bewegung unsererseits ein modifiziertes Eingreifen in den Bewegungsablauf erfolgt.

Die Frage, wie es überhaupt möglich ist, dass ein Sportler eine zielgerichtete und feinabgestimmte Bewegung ausführen kann und was dabei an Steuerungs- und Regulationsprozessen abläuft, lässt sich so erklären:

Der Bewegungsprozess wird vom Zentralnervensystem (ZNS) aufgrund von

- Inneren und äußeren Wahrnehmungsprozessen,

- Informations- und Rückinformationsprozessen,

- Denk- und Vorstellungsprozessen,

- im Gehirn gespeicherter Bewegungsentwürfe,

- Antizipations- und Kontrollprozessen,

- physiologischen und biomechanischen Prozessen zwischen Nerv und Muskel gesteuert.

Darin sind Bewegungs- und Wahrnehmungsprozesse eingebunden.

Die Handlung beginnt aber nicht erst mit der sichtbaren Ausführung der Bewegung, sondern vorerst laufen kognitive und emotionelle Prozesse ab, bevor die sensomotorische Ebene mit der Ausführung beginnt.

Das sensomotorische System wird gebildet aus Sinnesorganen, Nervensystem und Muskulatur.

Die Feinabstimmung verschiedener Muskeleinsätze wird hervorgerufen von motorischen Aktivitäten, welche von bestimmten Sinnesempfindungen gesteuert werden. Dabei erfolgt dieses wechselseitige Zusammenspiel zwischen motorischer und sensorischer System, bezeichnet als Sensomotorik.

2.1. Bewegungssteuerung

Die zielgerichtete Bewegung ist also als die koordinative Gesamtleistung des Zentralnervensystems unter Führung des Großhirns zu verstehen. Die Bewegungsvorstellungen des Großhirns werden durch Mitwirken untergeordneter ZNS-Einheiten in reale Bewegungen umgesetzt. Das Kleinhirn hingegen ist der Fertigkeitsspeicher für Sportbewegungen.

Bei der Ausführung sportlicher Bewegungen ist die Kontrolle aller Teilbewegungen nur bedingt möglich. Denn das Großhirn (Denkhirn) besitzt nur eine geringe Kapazität für Bewusstseinsprozesse, und somit kann die Aufmerksamkeit nur auf wenige Details sportlicher Aktionen gerichtet werden.

Bei geübten Spielern erfolgt der Ablauf der Bewegungen, dank der im Kleinhirn gespeicherten Fertigkeiten, ohne Fehlleistungen, durch koordiniertes Arbeiten aller Muskeln. Das „Bewegungsgehirn“- bei schellen Bewegungen vor allem das Kleinhirn - ist für die Feinarbeit der Muskeln bei der Bewegungssteuerung verantwortlich. Die Lösung sportmotorischer Aufgaben erfolgt also unter Führung des Großhirns („Denkhirn“) auf der Basis im Kleinhirn gespeicherter Fertigkeitsprogramme.

Die Präzision der im Kleinhirn gespeicherten Programme ist dabei abhängig vom Umfang und der Intensität des Übens bzw. Trainierens einer Bewegung. Durch Üben werden wichtige Bewegungsformen im Kleinhirn in sehr exakt und zuverlässig arbeitenden Programmen gespeichert.

Im nächsten Absatz möchte ich nun den Ablauf dieser Bewegungssteuerung darstellen.

2.2. Ablauf der Bewegungssteuerung

1 - Assoziationsfelder: Entschluss zur Bewegung

2 - motorische Felder: Befehl an die Muskeln

3 - Rohbefehl an die Muskulatur

4 - Zwischenhirn

5 - positive Zwischenmeldung vom Zwischenhirn zum Großhirn

6 - Mittelhirn: Meldung an das Kleinhirn

7 - Kleinhirn: Bewegungsentwürfe

8 - Abgabe der Kleinhirnprogramme über hemmende Bahnen

9 - Hemmung des Rückkopplungskreises durch Kleinhirnbefehle

10 - Rückenmark: Befehle an die Muskeln

1 - In den Assoziationsfeldern entsteht der Entschluss zur Bewegung. Dieser enthält Informationen darüber, welche Körperteile die Bewegung ausführen sollen.

2 - Der Entschluss wird zu den sogenannten motorische Feldern (Motorcortex) geleitet, welche die für alle Muskelpartien speziellen Nervenzellen besitzen.

3 - So können also die Befehle, an die für die Bewegung benötigten Bein-, Fuß-, Arm- und Handmuskeln, durch diese Nervenzellen erteilt werden, um Kraft zu bilden. Auf diesem Wege erfolgt also die Erteilung von Rohbefehlen an die Muskulatur.

5 - Allein aufgrund dieser Befehle sind nur grobe unzureichende Bewegungsabläufe möglich. Die Ungenauigkeit wird durch antreibende Impulse aus dem Zwischenhirn - ein Teil des Antriebs- und Empfindungsgehirns (Thalamus) - verstärkt.

Die positive Zwischenmeldung erfolgt vom Zwischenhirn zum Großhirn.

6 - Mittelhirn, wovon aus die Rohbefehle über Querverbindungen in das Kleinhirn laufen.

7 - Kleinhirn, hier findet die Speicherung von Programmen für alle geübten Bewegungen statt, welche Informationen zur Feinkoordinierung der Muskelarbeit enthalten.

8 - Die Abgabe von Kleinhirnprogrammen erfolgt dann über hemmende Bahnen.

9 - Die Nervenzellen der motorischen Felder geben nur Befehle ab, die genau der vorgegebenen Bewegung entsprechen. Die Hemmung des Rückkopplungskreises entsteht durch Kleinhirnbefehle.

10 - Über das Rückenmark gelangen die Befehle dann letztendlich zu den Muskeln, durch welche dann anschließend die Bewegung ausgeführt wird, indem die Muskeln koordiniert Kraft bilden.

3. Koordinative Fähigkeiten

In diesem Abschnitt möchte ich nun auf die sieben koordinativen Fähigkeiten eingehen, diese nennen und erläutern.

Die sieben koordinativen Fähigkeiten sind:

- Kinästhetische Differenzierungsfähigkeit:

Fähigkeit zum Erreichen einer hohen Feinabstimmung einzelner Bewegungsphasen und Teilkörperbewegungen, die in großer Bewegungsgenauigkeit und Bewegungsökonomie zum Ausdruck kommt.

- Reaktionsfähigkeit:

Fähigkeit zur schnellen Einleitung und Ausführung zweckmäßiger motorischer Aktionen auf Signale.

- Kopplungsfähigkeit:

Fähigkeit, Teilkörperbewegungen bezüglich eines bestimmten Handlungszieles räumlich, zeitlich und dynamisch abzustimmen.

- Orientierungsfähigkeit:

Fähigkeit zur Bestimmung und zielangepassten Veränderung der Lage und Bewegung des Körpers im Raum.

- Gleichgewichtsfähigkeit:

Fähigkeit, den gesamten Körper im Gleichgewichtszustand zu halten oder während und nach umfangreichen Körperverlagerungen diesen Zustand beizubehalten oder wiederherzustellen.

- Umstellungsfähigkeit:

Fähigkeit während des Handlungsvollzuges, das Handlungsprogramm veränderten Umweltbedingungen anzupassen oder eventuell ein völlig neues und adäquates Handlungsprogramm zu starten.

- Rhythmisierungsfähigkeit:

Fähigkeit, einen von außen vorgegebenen Rhythmus zu erfassen und motorisch umzusetzen. Außerdem die Fähigkeit, einen verinnerlichten Rhythmus einer Bewegung in der eigenen Bewegungsfähigkeit zu realisieren.

Eine einzelne dieser koordinativen Fähigkeiten kann aber nicht isoliert eine sportliche

Leistung bestimmen. Es muss das Beziehungsgefüge der koordinativen Fähigkeiten bei der jeweiligen Bewegung betrachtet werden. Zudem besteht eine Verbindung zu den konditionellen Fähigkeiten.

Die Qualität koordinativer Fähigkeiten wird entscheidend von der Leistungsfähigkeit der verschiedenen Analysatoren bestimmt.

Diese Analysatoren sind

- der kinästhetische,

- taktile,

- der statico-dynamische,

- der optische und

- der akustische Analysator.

4. Das Herausbilden koordinativer Fähigkeiten

Koordinative Fähigkeiten sind nicht angeboren, sondern müssen erlernt, gefestigt und weiterentwickelt werden.

Eine besondere Lernfähigkeit im Bereich dieser Fähigkeiten entdeckte man im Alter zwischen

7 und 12 Jahren.

In diesem Alter erfolgt eine beschleunigte Ausreifung grundlegender Funktionen des Zentralnervensystems und der Analysatoren. Und es finden biologische Reifungsprozesse statt, die mit einem starken Bewegungsbedürfnis verbunden sind.

4.1. Lernphasen bei der Entwicklung koordinativer Fähigkeiten

Erste Lernphase - Entwicklung der Grobkoordination

In dieser Phase macht der Lernende sich mit dem Bewegungsablauf bekannt. Unter günstigen Bedingungen gelingt es ihm in dieser Phase, di zu erlernende Bewegung auszuführen, allerdings ist das Bewegungskönnen noch unvollkommen.

Die Bewegungsaufgabe wird zwar gelöst, aber in allen Elementen der Bewegung sind noch Mängel erkennbar.

Für einen effizienten Lernprozess muss der Lernende das Ziel, das durch die Lerntätigkeit erreicht werden soll, möglichst genau vorwegnehmen, eine entscheidende Bedeutung für die Motivation.

Die Lernaufgabe wird vom Lehrer, Trainer, Übungsleiter... übermittelt, indem dieser die Bewegungsaufgabe nennt, erklärt und gegebenenfalls demonstriert.

Die Fähigkeit des Lernenden zum klaren und schnellen Erfassen der Bewegungsaufgabe ist dabei abhängig vom motorischen Ausgangsniveau dessen, sowie von seiner allgemeinen Einstellung zum Lernen oder zum Sport und von der Art des Einwirkens des Lehrers. Die in diesem Stadium erste entstehende Vorstellung des Bewegungsablaufes ist noch grob, unvollständig und häufig fehlerhaft.

In diesem Stadium ist es wichtig für den Lernerfolg, dass sich erste Bewegungsversuche anschließen. Teilbewegungen sind dabei dadurch gekennzeichnet, dass diese noch nicht richtig aufeinander abgestimmt sind und auch die Steuerung der Gliedmaßen gelingt noch nicht in der gewünschten Form.

Da das geforderte Zusammenspiel der Einzelaktionen fehlt, zerfällt die Handlung häufig in ihre Einzelaktionen.

Die Phase der Grobkoordination zeigt folgende Bewegungsmerkmale:

- übermäßiger und teilweise falscher Krafteinsatz,

- verkrampft wirkender Bewegungsablauf, zurückzuführen auf einen

übermäßigen Anstrengungsgrad der gesamten Muskulatur bzw. der Krafteinsatz erfolgt nicht mit der notwendigen Stärke oder zum richtigen Zeitpunkt,

- fehlendes Wechselspiel zwischen Spannung und Entspannung der Muskulatur,

- ungenügend oder falsch ausgeprägte Kopplung, bemerkbar in fehlerhafter zeitlicher Wirkung der Teilbewegungen,

- mangelhaft ausgebildeter Bewegungsfluss, vor allem Stockungen bei der

Verbindung einzelner Bewegungsphasen, wie Vorbereitungs- und Hauptphase,

- oft unzweckmäßige Ausholbewegung oder zu großräumige Bewegungen,

- kein richtiges Maß für das Bewegungstempo, zu hastige oder zu langsame

Bewegungsausführung,

- geringe ausgeprägte Bewegungspräzision und Bewegungskonstanz.

Die Bewegungsmerkmale im Stadium der Grobkoordination sind sehr wechselhaft ausgeprägt.

Modell der Bewegungskoordination in der ersten Lernphase:

Die Informationsaufnahme und -verarbeitung ist durch eine unzureichende Verwertung afferenter und reafferenter Signale gekennzeichnet. Nicht alle, während der Bewegungsausführung eintreffenden Signalreize werden verarbeitet. Es erfolgt eine unzureichende Afferenzsynthese, Informationen fehlen, verarbeitete Informationen sind unscharf oder teilweise fehlerhaft.

Das dargebotene Vorbild erscheint dem Lernenden nicht als ausreichend, die erste Vorstellung ist noch nicht brauchbar und somit kann kein aufgabengemäßes Programm entstehen.

Die Folge: Die Wahrnehmung der vollzogenen Bewegung ist sehr verschwommen.

Der Lernende kann nicht erfassen, wie er seine Bewegung ausgeführt hat, wie seine Körperhaltung war, bei Drehungen kommt es zum Gleichgewichts- und Orientierungsverlust. Bei Rückinformationen dominiert dem Inhalt nach die Ergebnisinformation (resultative Reafferenz). Informationen über Einzelheiten der Ausführung werden nur unvollkommen verarbeitet.

Dominanter Analysatoren in dieser Phase ist der optische Analysator. Der kinästhetische Analysator, dessen Vor- und Rückmeldungsinformationen die (gekonnte) Bewegung maßgebend steuern und regeln muss, ist noch nicht ausreichend aufnahmefähig. Signale werden nicht bewusst erfasst und daher nicht mit verbalen Informationen in Verbindung gebracht. So wird dem Lernenden die Bewegungsausführung nicht genügend bewusst. Erklärungen und Korrekturhinweise können nur unvollständig verstanden und umgesetzt werden.

Der Grund dafür ist die Funktionsweise des ZNS.

Eine deutlich positive Beeinflussung des Lernprozesses und der Informationsverarbeitung erreicht man nur durch Bewegungserfahrungen.

2. Lernphase - Erreichen der Feinkoordination

Die zweite Lernphase reicht vom Erreichen der Grobkoordination bis hin zu einem Stadium, indem der Lernende die Bewegungen unter konstanten Bedingungen nahezu fehlerfrei ausführen kann.

Das Technikleitbild einer gut koordinierten Bewegung wird erreicht. Die Bewegungsempfindungen sind präzisiert, differenziert und ggf. auch bewusst erfassbar und realisierbar.

In dieser Lernphase wird der kinästhetische Analysator stärker in die Bewegungssteuerung mit einbezogen und es wird eine vervollkommnete Bewegungsantizipation erreicht.

Modell der Bewegungskoordination in der zweiten Lernphase:

4.2. Konsequenzen für die Gestaltung des Lehr- und Lernprozesses

Anbei werde ich pädagogische Folgerungen allgemeingültiger Art aufzählen, wobei die methodische Umsetzung sportart- und altersspezifisch erfolgen muss.

- In der ersten Lernphase ist eine zielklare pädagogische Führung, ausgehend von den im konkreten Fall vorliegenden Bedingungen und Voraussetzungen (motorisches Ausgangsniveau), notwendig.

- Die Ausgangssituation der Lernenden muss richtig eingeschätzt werden, um Motive zum Lernen zu schaffen oder um diese zu verstärken bzw. diese im Verlauf der ganzen Lernphase zu erhalten.

- Motorische Lernaufgaben müssen mit Sorgfalt und Überlegung gestellt werden, weil dadurch sowohl die Lernmotivation und die Lernaktivität als auch die erste grobe Vorstellung der zu erlernenden Bewegung maßgeblich bestimmt werden. Das heißt es wird eine präzise und verständliche Aufgabenstellung verlangt, die verbal und auch durch Demonstrationen, unter Berücksichtigung der Kenntnisse und vor allem der Bewegungserfahrungen des Lernenden, unterstützt werden sollte. Zudem sollte die Aufgabenstellung Aussagen über die Grundstruktur der Bewegung enthalten.

- Zusätzliche Erklärungen zur Aufgabenstellung und Demonstrationen sind nur sinnvoll, wenn sie zur Lösung der Aufgabe unumgänglich sind. Bei bewegungsunerfahrenen Anfängern sollte man diese auf ein Mindestmaß beschränken. Hier sollte die Ganzheitlichkeit der Handlung im Vordergrund stehen. Sind Hinweise und Einzelheiten erforderlich, sollte jeweils nur ein Hinweis gegeben werden, da der Lernende seine Aufmerksamkeit in diesem Lernstadium noch nicht auf mehrere richten kann.

- Ist die Aufgabe verstanden worden, sollte man sofort mit praktischen Versuchen beginnen, nur so kann der Bewegungsablauf richtig geübt werden. Dabei sind der Übungsprozess und die Übungsbedingungen so zu organisieren, dass schon nach wenigen Versuchen die ersten gelingen, wenn auch noch in unvollkommener Ausführung der gesamten Bewegung. Nur so erhält der Lernende in Form von Reafferenzen die notwendigen sensorischen, speziell die kinästhetischen, Informationen, die zur Vervollkommnung des Handlungsprogramms und der damit verbundenen Herausbildung der Grobkoordination erforderlich sind.

- Für den Lernenden sind vor Übungsbeginn folgende Bedingungen zu schaffen: Er sollte frisch, ohne Ermüdungserscheinungen, aber gut vorbereitet bzw. erwärmt sein; er muss sich auf jeden Versuch konzentrieren und in einer ruhigen, konzentrationsfördernden Atmosphäre üben können.

- Übungsbedingungen können erleichtert werden, um den Bewegungsablauf zu unterstützen. Dabei sollten Spiel-, Sport- und Turngeräte dem Lernenden und seinem Entwicklungszustand angepasst sein und das Üben sollte jeweils mit aktiver Unterstützung erfolgen.

- Bei Bewegungsleistungen, deren Anforderungsprofil sowohl Genauigkeit als auch Schnelligkeit enthält, darf die Schnelligkeit nicht aus Gründen der Erleichterung vernachlässigt werden. Eine zunächst verlangsamte Ausführung der zu erlernenden Bewegung führt zur Herausbildung einer völlig anderen Bewegungskoordination (Steuerung und Regelung), als sie für die Zielbewegung notwendig ist.

- Vorgegebene Korrekturen und Demonstrationen müssen so gestaltet werden, dass sie der Lernende auf seine eigenen Bewegungsempfindungen und seine noch unvollkommene Bewegungsvorstellung beziehen kann. Meist ist ein kurzer Impuls zur Verdeutlichung des dynamischen Höhepunktes im Bewegungsvollzug wirkungsvoller als die Beschreibung mittels vieler Worte.

5. Sportartspezifisch: Koordinative Fähigkeiten im Volleyball

5.1. Spezifische Anforderungen an die Ausprägung koordinativer Fähigkeiten im

Volleyball

Für die Sportspiele allgemein sind folgende koordinative Fähigkeiten von besonderer Bedeutung, auch wenn alle sieben gleichzeitig beansprucht werden:

- Differenzierungsfähigkeit,

- Orientierungsfähigkeit,

- Kopplungsfähigkeit und

- Umstellungsfähigkeit.

Diese vier, im Sportspiel dominanten koordinativen Fähigkeiten, bedingen sich zwar einander und werden in jeder Spielhandlung komplex benötigt, sind aber differenziert ausbildbar. Erläutern möchte ich dieses an der Ausführung des Angriffsschlages im Volleyball. Dabei werde ich, der Chronologie des Bewegungsablaufes folgend, die in den einzelnen Phasen leistungsrelevanten koordinativen Fähigkeiten kennzeichnen.

Zunächst beobachtet der Angreifer das Spielgeschehen und antizipiert dabei die Spielhandlungen des Aufbauspielers. Er erkennt, dass der Pass zu ihm gespielt wird und orientiert sich über den Ballflug (Höhe, Weite, Entfernung zum Netz). Hier ist also seine Orientierungsfähigkeit gefordert.

Anschließend muss er dann auf diesen Reiz reagieren. Dies beansprucht seine Reaktionsfähigkeit.

Der Spieler beginnt dann seinen Anlauf zu dem Zeitpunkt, der es ihm ermöglicht, den Ball im höchsten Punkt schlagen zu können. Hier ist das richtige Timing gefragt. Der Anlauf erfolgt in einem typischen Rhythmus. Der Spieler muss also die Rhythmisierungsfähigkeit besitzen. Dadurch wird eine harmonische Gesamtbewegung erlangt, durch die der Spieler in eine ausgeprägte Stemmphase für den Absprung gelangt. Für die fließende Verbindung der nacheinander und gleichzeitig ablaufenden Teilbewegungen, wie Anlauf, Absprung, Flugphase bedarf es einer guten Kopplungsfähigkeit. In der Flugphase ist zudem eine ausgeprägte Gleichgewichtsfähigkeit gefordert, da während dieser Phase weitere Teilbewegungen, wie Ausholen und Schlagen zu realisieren sind. Die Gleichgewichtsfähigkeit ist auch bei der Landung wichtig, um ein Übertreten oder Fallen ins Netz zu vermeiden. Im Kindesalter ist diese Fähigkeit noch dominant, verliert im späteren Alter aber ihren Stellenwert.

In der Flugphase ist die Entscheidung über den auszuführenden Schlag, sowie die Schlagrichtung und -härte gefallen, das Handlungsprogramm, was bereits abläuft ist gewählt. Der Angreifer schlägt den Ball, wobei die Schlaghärte differenziert sein muss. Hier bedarf es der ausgeprägten Differenzierungsfähigkeit.

Die Entfernung zum Netz bzw. die Lage des angezielten Auftreffortes beeinflusst den Krafteinsatz und die ökonomische Feinabstimmung.

Ist es ersichtlich, dass der Gegner durch gutes Blockieren, die eigene Absicht vereiteln wird, muss die Handlungsabsicht umgestellt und eine Alternativlösung gefunden werden. Bei einer gut ausgeprägten Umstellungsfähigkeit ist es in diesem Fall möglich, ein anderes Handlungsprogramm zu wählen und zu realisieren.

5.2. Übungsbeispiele zur Herausbildung spezieller koordinativer Fähigkeiten im

Volleyball

Übungsbeispiele für:

- Orientierungsfähigkeit

Wiederholtes Pritschen im Gehen auf den Linien des Volleyballfeldes, wobei Hindernisse wie Bänke eingebaut werden können, über die es zu steigen und laufen gilt. Zudem ein ständiges Zuspiel entlang der Mittellinie über das Netz.

Dem Spieler wird ein Ball im Bogen zugeworfen und während des Ballfluges angezeigt, wohin der Ball anschließend gepritscht oder gebaggert werden soll.

Ball wird übers Netz in Richtung Grundlinie geworfen. Der Spieler muss dabei entscheiden, ob der Ball ins Aus geht und wenn er ihn im Aus schätzt, darf er ihn nicht mehr annehmen. Bei richtiger Entscheidung erhält der Spieler zwei Punkte, bei falscher Entscheidung zwei Minuspunkte. Gelangt der Ball ins Spielfeld, ebenso im Zweifelsfalle, muss er zurückgespielt werden.

- Differenzierungsfähigkeit

Alle Übungen, bei denen Entfernungen oder Höhen variiert werden, erfordern einen differenzierten Krafteinsatz:

- Aufschlag lang oder kurz,

- Zuspiel hoch und weit im Wechsel mit kurz und niedrig,

- Zuspiel mit unterschiedlich schweren Bällen.

- Reaktionsfähigkeit

Partnerübungen mit dem Ball:

- Spieler A steht mit dem Rücken zum Spieler B, Spieler B prellt den Ball auf.

Bei Wahrnehmung des Prellgeräusches dreht sich der Spieler A um und spielt den Ball zurück.

- Spieler A steht mit dem Gesicht zur Wand in 3-m-Abstand. Der Ball wird vom

Spieler B direkt oder indirekt an die Wand gespielt. Spieler A versucht diesen, von der Wand zurückprallenden, Ball zurückzuspielen.

- Spieler A steht hinter einem verhängtem Netz. Der Übungsleiter wirft den Ball von der Gegenseite, welcher vom Spieler A zurückgespielt werden soll.

- Umstellungsfähigkeit

Die Übungen umfassen ein Umstellen des Handlungsprogramms auf ein anderes.

Zuspiel in der Dreiergruppe mit zwei Volleybällen.

Spieler A wirft den Ball zum Spieler C, Spieler C pritscht zurück. Spieler B spielt seinen Ball zum Spieler C, Spieler C baggert diesen zurück.

Zunächst wird ein Angriffsschlag ausgeführt, nach der Landung erfolgt dann ein Seitschritt mit sofortigem Blockieren.

Zunächst wird ein Block ausgeführt. Nach der Landung erfolgt dann eine sofortige Drehung und eine Feldabwehr im Fallen.

- Gleichgewichtsfähigkeit

Es erfolgt ein Zuspiel vom Spieler A zum Spieler B, welcher auf einem Bein steht und zurückspielt. Spieler B kann auch auf einer Bank stehend den Ball zurückspielen.

Spieler, auf einem Kasten stehend, soll kraftvoll Bälle schlagen, welche im Feld abgewehrt werden.

- Kopplungsfähigkeit

Ausführung von Übungen, bei denen vor der Hauptaktion, nachfolgend oder gleichzeitig weitere Handlungen erfolgen:

- Durchkriechen eines Hindernisses mit anschließendem Zuspiel,

- Zuspiel mit anschließender Rolle und sofortigem Hecht,

- Zuspiel im Sprung, anschließend Blocksprung mit Berühren von zwei in unterschiedlicher Höhe aufgehängten (gehaltenen) Bällen.

- Rhythmisierungsfähigkeit

Zwei Spieler laufen von Position III mit Seitenschritten synchron zur Position II und springen dort zum Zweierblock.

Schulung des Volleyballspezifischen Anlaufs und Absprungs für den Angriffsschlag als fortlaufende Anlauf-Absprung-Folge 3-4 mal über das gesamte Volleyballfeld, dabei auf schwungvollen Armeinsatz achten.

Literatur

Meinel,K., Schnabel,G.: Bewegungslehre: Abriss einer Theorie der sportlichen Motorik unter pädagogischem Aspekt, 2. Auflage, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin 1975

Stiehler,G, Konzag,I., Döbler,H.: Sportspiele - Theorie und Methodik der Sportspiele, Sportverlag Berlin, 1988

www.sportunterricht.de

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1 Meinel, Schnabel, Bewegungslehre - Abriss einer Theorie der sportlichen Motorik unter pädagogischem Aspekt, 9. Auflage, Berlin, 1998.

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Details

Title
Bewegungskoordination als Grundlage des motorischen Könnens im Sportspiel Volleyball
College
Otto-von-Guericke-University Magdeburg
Grade
sehr gut
Author
Year
2001
Pages
16
Catalog Number
V105823
ISBN (eBook)
9783640041046
File size
474 KB
Language
German
Keywords
Bewegungskoordination, Grundlage, Könnens, Sportspiel, Volleyball
Quote paper
Yvonne Seibke (Author), 2001, Bewegungskoordination als Grundlage des motorischen Könnens im Sportspiel Volleyball, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105823

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