Gliederung
1. Vorwort
2. Neue Ansätze für umweltverträgliche Mobilität
3. Projektidee
4. Planung autofreier Wohnquartiere
5. „Autofreies Wohnen an der Panke“
5.1 Lage und Standorteignung
5.2 Geschichte
5.3 Bauleitplanung und baupolitische Rahmenbedingungen
5.4 Entwurf
5.4.1 Freiraumkonzept und Infrastruktur
5.4.2 Mobilitätskonzept
5.4.3 Wohnformen
5.4.4 Soziales Konzept
5.5 Nachfrage und Statistik
5.6 Stattauto
5.7 Bewertung
6. Pressemeldungen zum Autofreien Wohnen
7. Bild- und Dokumentenverzeichnis
8. Quellen
1. Vorwort
Dass Autofahren eine Gefahr für die Umwelt darstellt, ist mittlerweile hinreichend bekannt. Doch welche Ausmaße diese Gefahr heutzutage annimmt, wird entweder durch mangelndes Verständnis oder Interesse kaum in Erwägung gezogen.
Beschäftigt man sich eingehender mit der Verkehrssituation in Deutschland und deren Folgen, z.B. dem Ozonausstoß, erschreckt man über die Tatsachen. Man stellt fest, dass Umweltzerstörung und Autoverkehr einen ewig währenden Kreislauf bilden.
Ozon entsteht durch verschiedene Stickoxide (NOX). Diese sind Abfallprodukt unterschiedlicher Verursacher: Industrie, Kraft- und Heizwerke, Haushalte, Kleinverbraucher und Verkehr. 1970 verunreinigten insgesamt 2,35 Millionen Tonnen Stickoxide die Luft. Damals war der Straßenverkehr mit 34% beteiligt. 1986 betrug die Stickoxidemission schon 3 Millionen Tonnen. Doch der Straßenverkehrssektor steigerte sich mit 52% überdimensional. 1988 wuchs der Anteil auf 62%, das entspricht 1,777 Millionen Tonnen im Jahr (Angaben für BRD). Positiv ist zu vermerken, dass er von 1990 bis 2001 auf 51% gesunken ist. Doch auch das ist noch mehr als die Hälfte der gesamten Stickoxidemission.
Ein weiterer Bestandteil des Ozon sind die VOC (leichtflüssige organische Verbindungen). Dabei handelt es sich um eine Vielzahl verschiedener Kohlenstoffverbindungen, wie z.B. Benzol und Methan.
Die VOC-Werte in der BRD sind zwar von 2,9 Millionen Tonnen (1970) auf 2,55 Millionen Tonnen (1990) gesunken, doch der Anteil des Straßenverkehrs an diesen Werten stieg von 33% auf 48% im gleichen Zeitraum. 1999 verursachte der Straßenverkehr, durch verschiedene gesetzliche Bestimmungen dazu gezwungen, nur noch (oder besser immer noch( 20,4% also 336 000 Tonnen.
Generell tragen solche Verbindungen zur Ozonbildung bei, stellen aber auch häufig eine direkte Gefahr für die menschliche Gesundheit dar.
Benzol entsteht zu 92% aus dem Verkehrssektor. Es wird im Kraftstoff als Bleiersatz für bleifreies Benzin verwertet. Es entweicht schon beim Betanken des Autos in die Atemluft, tritt aber auch in den Abgasen, als Produkt unvollständiger Verbrennung, auf. Mit der Luft eingeatmet, kann VOC die Blutzellenbildung beeinträchtigen, das Erbgut schädigen, Chromosomen verändern, das zentrale Nervensystem schädigen und Krebs erregen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Prozentualer Anteil des motorisierten Verkehrs an Schadstoffemissionen in Deutschland 1990
Dementsprechend sind auch die Ozonwerte in allen Jahreszeiten gestiegen.
Die Folgen von Ozon sind verheerend. Sie reichen von Entzündungsreaktionen bis zu Strukturänderungen der Zellmembran und die dadurch resultierende Veränderung in der DNA. Bis zu 90% des Ozons gelangt beim Atmen bis in die Lungenbläschen, was zur Beeinträchtigung der Lungenfunktion führen kann. Es kommt dann zu Husten, Beklemmungsgefühlen beim Atmen, Atemstörungen oder Schmerzen im Brustkorb.
Eine weitere Folge kann Linsentrübung sogar bis hin zur Erblindung sein, da das Ozon die Tränenflüssigkeit als Schutzschild des Auges nimmt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Ozonkonzentrationen und ihre Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit
Das sind nur jedoch nur die Folgen für den Menschen. Die Schäden an den Pflanzen durch den Treibhauseffekt oder direkt durch Ozon sollten hinreichend bekannt sein und werden deshalb nicht noch einmal aufgeführt.
Schädigungen an Pflanzen bedeuten auch immer Schädigungen am Menschen.
Wie die erschreckenden Werte zeigen, ist die Automobilisierung der deutschen Bevölkerung sehr stark vorangeschritten, sogar stärker, als vermutet. Auch der Katalysator als Linderer der Ozonwerte bringt weniger Erfolg als erhofft: Der Katalysator benötigt eine bestimmte Betriebstemperatur, um den Schadstoffauststoß zu verringern. 55% aller
Autofahrten sind jedoch kürzer als 6 km. Bei dieser Länge wird die Temperatur nicht erreicht wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 1:Stickoxidemissionen aus Pkw-Verkehr in Deutschland, Entwicklung und Prognose
Betrachtet man nun all diese Gefahren und Gefährdungen sollte man meinen, das Fahrverhalten der Deutschen wäre bewußt. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. So werden 80% aller Freizeitunternehmungen mit dem Auto unternommen, obwohl in vielen Fällen auch das Fahrrad oder die Bahn als Alternative zur Verfügung stehen würde. Zu 67,3% werden Einkaufsfahrten mit dem Auto erledigt. Auch in diesen Bereichen könnte man den öffentlichen Personennahverkehr nutzen. Doch am ausgeprägtesten und vermutlich am überflüssigsten sind die Fahrten mit dem Pkw zur Arbeit (82,6 % aller aus beruflichen Gründen gefahrenen Kilometer)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 2: Pkw-Nutzung in der Deutschland
Das Auto wird, wie am Fahrverhalten deutlich wird, als Zeichen für Mobilität, also als Grundrecht und Grundbedürfnis verstanden.
Der Autoverkehr wird jedoch durch verschiedene Faktoren gefördert, vor allem durch die Verlagerung der Distanzen zwischen Wohnung und Arbeit. Außerdem hat der Verkehr für die Wirtschaft durch Konzentration und der damit verbundenen Rationalisierung und Spezialisierung eine zunehmende Bedeutung. Auch die Verlagerung der Wirtschaft in Bereiche außerhalb der bestehenden Siedlungsstrukturen fördert im besonderen Maße das Verkehrsvorkommen.
So stellte die Enquete-Komission des Deutschen Bundestages eine Verachtfachung des motorisierten Personenverkehrs zwischen 1950 und 1990 fest. Die Zahl der Pkws stieg von 600.00 auf 30,7 Millionen! Und der motorisierte Individualverkehr von 35% auf 82%.
In Gesamtdeutschland waren 1996 40,4 Millionen Pkws zugelassen. Das bedeutet, auf 2 Leute kommt ein Auto (auch Nichtautofahrer mit einbezogen). Generell sind die Prognosen steigend.
Wurden 1998 noch 954 Milliarden Personenkilometer gefahren, schätzt man 2020 mit einer Steigerung um 20%.
Dieses Verkehrsaufkommen fördern nicht nur die schon oben beschriebene Luftverschmutzung und die dadurch resultierenden Gesundheitsschädigungen, sondern auch die unmittelbaren und indirekten negativen Belastungen durch den Verkehr: Gestank, Todesfälle, Sondermüll, Wasserverschmutzung, Landschaftsverbrauch und Lärm. So können mehr als 13,5 Millionen Bürger erst bei geschlossenem Schallschutzfenster ungestört vom Lärm des Verkehrs schlafen.
12 Millionen Bürger leben unter erhöhtem Gesundheitsrisiko, z.B. Herz-Kreislauf- Störungen, verursacht durch den Verkehrslärm. Rund 2% aller Herzinfarkte sind eine direkte Folge des zu hohen Pegel an Verkehrslärm
Der PKW ist also ein Schadenverursacher und diese Schäden müssen beseitigt werden. Die Schadenskosten aus der Luftbelastung betragen jährlich 12 Milliarden DM.
Lärmschadens- und Lärmbeseitigungskosten belaufen sich auf 30 Milliarden DM und unfallbedingte soziale Kosten des Kraftfahrzeugverkehrs bewegen sich zwischen 37,2 und 46,2 Milliarden DM Auch die Fläche, die für den Pkw-Verkehr benötigt wird ist überdimensional hoch. Sie ist sogar größer, als die Grundfläche aller Wohngebäude Mit diesem Vorwort sind die Probleme durch den Autoverkehr nur leicht tangiert. Trotzdem sind sicherlich die Gefahren zum Teil bewusst geworden und verstanden.
Wird es bei all diesen Fakten nicht Zeit, etwas zu unternehmen?
2. Neue Ansätze für umweltverträgliche Mobilität
Generell sollte es das Ziel sein, den motorisierten Straßenverkehr zu vermindern, verlagern und zu optimieren und gegebenenfalls ganz zu vermeiden.
Doch das kann nicht von heute auf morgen geschehen. Es gibt verschiedene Probleme, die einzeln betrachtet und unterschiedlich gelöst werden müssen.
Eines dieser Probleme zeigt sich in Deutschland schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Ab dieser Zeit nahm die Trennung zwischen Arbeit, Wohnung und Freizeit rasant zu. Es entwickelten sich Stadtrandwohngebiete und damit auch der Pendelverkehr zwischen arbeiten und wohnen. Die Distanzen konnten nach dem 2. Weltkrieg sowohl durch den billigen Treibstoff, als auch durch das preiswerter produzierte Auto immer größer werden. So werden mittlerweile bis zu 80km zurückgelegt, um den Arbeitsplatz zu erreichen. Hinzu kommt, dass sich der Einzelhandel mit den Wohngebieten an den Stadtrand oder ganz außerhalb der Besiedlung verlagert.
Zu lösen ist dieses Problem nur mit der Wiedervereinigung von Arbeit, Wohnen, Freizeit, Einkauf, Kultur, Sport und Bildung. Dazu müssten z.B. verkehrlich optimierte Städte und gute Infrastrukturplanungen geschaffen werden.
Straßenverkehr lässt sich auch vermeiden, indem man ihn auf die Schiene verlegt. Im Durchschnitt hat der Straßenverkehr pro Kopf und pro Kilometer einen 3 mal so hohen Energieverbrauch, 8 mal so starke Schadstoff-Emissionswerte und ist 24 mal unsicherer als der Schienenverkehr. Der Schiene sollte also der Vorrang sowohl gegenüber dem mobilisierten Individualverkehr, als auch vor dem Güterverkehr gegeben werden. Die Bürger sollten für den Öffentlichen Personennahverkehr mobilisiert werden.
Außerdem könnte durch die Reduzierung des Pkw-Verkehrs der Parkraum beschränkt, mehr Tempolimits gesetzt und zeitliche, als auch räumliche Fahrbeschränkungen festlegt werden.
Eine weitere Maßnahme, den Straßenverkehr zu vermindern liegt in der Erhöhung der Rohstoff- und Mineralölpreise.
Zudem muss die Gesellschaft hinsichtlich des Verkehrs „erzogen“ und „gebildet“ werden. Sie sollten über Gefahren und die gerechte Nutzung des Autos genau Bescheid wissen. Außerdem sollte eine Kosten - Nutzen - Rechnung aufgezeigt werden.
Fahrtwege könnten zudem durch den Einsatz der Telekommunikation eingespart werden, denn Fahrtwege sind oft auch Bringerwege. Durch die Technik könnte die Zustellung anders (z.B. durch Inter- und/oder Intranet) realisiert werden. Das Auto würde entfallen.
All diese aufgeführten Maßnahmen werden zum Teil schon realisiert und sind in Planung, u.a. durch die Öko - Steuer, Parkplatzgebühren und viele Tempo30-Zonen. Doch könnte und wird noch viel mehr geschehen.
3. Projektidee
Seit der Erfindung des Automobils ist es der Kern von Produktion und Konsum in den westlichen Industrienationen. Das führte zu weitgehenden Strukturveränderungen in den Städten und im Alltag. Die Städte wurden umgebaut und dem Auto angepasst. Das Auto scheint kaum noch wegzudenken und ist im täglichen Leben fest verankert.
Zudem werden Menschen ohne Auto betrachtet, als hätten sie ein Defizit. Die Gesellschaft stellt sich nicht auf „autofreie“ Menschen ein. So befinden sich die Einkaufszentren außerhalb der Städte, gibt es starke Schwächen im öffentlichen Personennahverkehr und in den Radwegen und, durch schlechte Planung, zu wenig Sicherheit auf den Straßen für Fußgänger.
Dennoch gibt es Bürger und Haushalte ohne eigenen Pkw.
Menschen, die sich für Autofreies Wohnen entscheiden, wollen vor allem ohne Stress durch Verkehrslärm und Abgase wohnen. Außerdem möchten sie keine Angst haben, ihre Kinder vor dem Haus spielen zu lassen.
Zudem gibt es noch mehr Probleme, die Pkws hervorrufen. Sie blockieren öffentlichen Raum, der für Spielplätze oder Grünanlagen genutzt werden könnte. Die Innenstädte
werden immer mehr versiegelt. Oft werden sogar Grünflächen zu Gunsten der Autos vernichtet.
Fahrradfahrer und Fußgänger müssen, neben der schon großen Gefahr als schwächere bzw. schwächste Verkehrsteilnehmer, zusätzlich Umwege in Kauf nehmen.
Gegenwärtig ist in der Stadt eine unbemerkte Wahrnehmungsabstumpfung zu erleben. Es ist kaum noch möglich, bei offenem Fenster zu schlafen. Doch das wird nicht als Mangel, sondern als Normalität verstanden. Für viele ist ruhig schlafen und genießen nur noch auf dem Land zu erleben.
So ist es verständlich, wenn vor allem Familien mit Kindern in das Umland flüchten.
Doch mit der Idee vom Autofreien Wohnen kann das Leben im urbanen Stadtviertel wieder angenehm werden.
Die Anwohner sind umgeben von einem ruhigen, begrünten Wohnumfeld und nicht beeinträchtigt oder belästigt durch den unmittelbaren Verkehrslärm und durch Abgase. Außerdem können die Kinder wieder unbesorgt im Freien spielen.
Weitere Vorteile des Autofreien Wohnen sind zum einen der starke Flächengewinn durch den Wegfall von Stellplätzen. Diese freien Flächen können zur Begrünung der Stadt genutzt werden und fördern somit die Wohnqualität. Zum anderen entstehen auch finanzielle Einsparungen durch den Wegfall der Kosten für den Bau von Tiefgaragen. Auch Straßen müssen nicht mehr im heutigen Maße ausgebaut werden. Diese Einsparungen können wiederum zur Stadtverschönerung genutzt werden. Ganz wesentlich ist natürlich der Umweltschutz, da die Stickoxidemissionen gemindert werden.
Ohne Auto lassen sich ganz neue Wahrnehmungsbereiche erschließen. So gewinnt man wieder Zeit auf den Wegen und kann z.B. in der Bahn Zeitung lesen. Außerdem dient der Weg als sozialer Raum. Er ermöglicht neue Kontakte zu knüpfen oder alte, bei einem zufälligen Treffen wieder aufblühen zu lassen. Ein Auto hingegen schafft soziale Isolation. Darüber hinaus wird die sinnliche Wahrnehmung wieder angeregt. Dinge zu sehen, hören, riechen, sich körperlich zu bewegen und dabei die frische Luft zu atmen wirken sehr entspannend auf Körper und Geist.
Autofreies Wohnen wurde in vielen Städten Deutschlands und auch Europas schon umgesetzt. Es wird hoffentlich auch in Berlin zu realisieren sein. Diese Möglichkeit sollte bewusst autolos lebenden Hausalten gegeben werden.
4. Planung autofreier Wohnquartiere
Die Planung eines solchen Quartiers erfordert viele Überlegungen und vermutlich auch viele Veränderungen.
Am Anfang einer solchen möglichen Umgestaltung eines Gebietes sollte der IST-Zustand erhoben werden. Hierbei ist zwischen der materiellen Seite (Bauzustand, Einkaufsmöglichkeiten, ÖPNV-Anbindungen, Freizeitmöglichkeiten...) und der menschlichen Seite (Bewohnerstruktur, Einstellung der Bewohner, momentanes Verkehrsverhalten...) zu unterscheiden. Da eine solche Untersuchung immer unterschiedlich ausfällt, sind auch die autofreien Gebiete von Stadt zu Stadt verschieden.
Im folgenden werden verschiedene Gesichtspunkte aufgeführt, die als Voraussetzung für eine solche Umwandlung vorhanden sein müssen.
Innerhalb dieser Faktoren ist in verschiedene Ebenen zu differenzieren. So sollte auf der Ebene der individuellen Wohnung ein Abstellraum im Keller vorhanden sein. Für das Haus müssten Fahrradabstellflächen, ein Lift für die Einkäufe, Fahrpläne im Hauseingang und die Gewährleistung von bestimmten Hilfestellungen gewährleistet sein. ÖPNV- Haltestellen, Grün- und Spielflächen, „Stattauto“, Taxistände und Einkaufsmöglichkeiten sollten in unmittelbarer Nähe für die Bewohner eines Blocks zur Verfügung stehen. Um das Quartier funktionstüchtig zu machen, sollte es gut an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden sein. Es sollten gute Freizeit- und Erholungsangebote, sowie Versorgungsunternehmen im Einzugsbereich sichergestellt werden. Ganz wichtig ist ein gut ausgebautes Fahrrad- und Fußgängerwegenetz. Außerdem müssten lokale Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Sollten diese Faktoren schon Tatbestand des Quartiers sein, sind keine Neubauten erforderlich.
Zusätzlich sollte die Stadt einen sicheren und sauberen öffentlichen Personennahverkehr gewährleisten und solche Projekte mit Zuschüssen und Fördergeldern unterstützen.
Optimal zu verwirklichen ist ein Gebiet, in dem die städtebaulichen Rahmenbedingungen und die Bereitschaft der Bewohner vorhanden sind, denn fehlende Infrastruktur ist leichter zu realisieren.
Um die menschliche Seite zu untersuchen, eignet sich am besten eine direkte Befragung. Mit Hilfe dieser Befragung lassen sich objektivierbare Daten erheben, mit denen man die Funktion des Autos für jedes Gebiet ergründen und relativieren kann.
Generell ist es dienlicher ganze Haushalte und nicht einzelne Personen zu befragen.
In vielen Haushalten gibt es nur eine spezifische Situation, die das Auto unabdingbar macht, z.B. ein Garten oder Kinder, die zum Sport gefahren werden müssen. Untersuchungen haben herausgestellt, dass 95% dieser Situationen ohne Pkw zu lösen sind. Trotzdem müssen solche Erhebungen gemacht werden, damit ein maßgeschneidertes Konzept für das einzelne Quartier geschaffen werden kann.
Verschiedene Argumente werden besonders häufig gebracht. Doch sie sind alle zu lösen. Wenn man z.B. nahegelegene Läden erbaut, Lieferdienste engagiert und einen Fahrstuhl in die Häuser installiert, muß das Auto nicht mehr für Einkäufe genutzt werden. Pkw- Fahrten, um Freizeit zu erleben, könnte man durch Freizeitangebote in der Nähe und gute ÖPNV-Anbingungen verringern. Außerdem kann man Ruhe und Erholung in einem autofreien Gebiet jeden Tag direkt erleben. Damit die Fahrten zur Arbeitsstelle ausbleiben, könnte man Zubringerdienste der großen Firmen organisieren. Zudem sollten wettergeschütze Haltestellen bereitgestellt werden. Manche Argumente lassen sich ganz einfach auch negativeren. So ist ein Auto nicht wirklich ein Zeitgewinn, denn die Zeit, die benötigt wird, um es zu tanken, zu waschen und reparieren zu lassen, wird oft nicht miteingerechnet. Auch Staus und die ewige Parkplatzsuche dienen nicht der Schnelligkeit.
Solch eine Befragung sollte aber immer unter positivem Licht stehen. Es ist sinnvoll nicht von Wohnen ohne Auto, sondern von Wohnverbesserung zu sprechen.
Die Fragen sollten sich auf Wohnzufriedenheit, Fahrzeugbesitz, Verkehrsverhalten und Änderungswünsche beziehen. Letzteres ist sehr schwer festzustellen, da die meisten Befragten ihre Wünsche nicht zu realisieren glauben und sie deshalb nicht angeben.
Für die Umsetzung des Quartiers sind Kompetenzen aus vier verschiedenen Bereichen gefragt: der architektonisch stadtplanerischer Bereich, der kaufmännisch wirtschaftliche, der sozialwissenschaftlich psychologische und der juristische Bereich. Erst die Kombination von allen 4 macht eine langfristige positive Veränderung möglich. So ist es sinnvoll, aus jedem Bereich Experten als Berater hinzuzuziehen.
Außerdem sollten die Stadtverwaltung, die Verkehrsbetriebe und der Einzelhandel mit in die Planungsgespräche einbezogen werden, damit nicht deren Planung gegen die des Quartiers läuft.
Wenn man nun mit den Bewohnern spricht und diese aufklärt, muß man versuchen, die individuellen positiven Konsequenzen beim autofreien Wohnen in den Vordergrund zu stellen. Es hat sich gezeigt, dass es nicht möglich ist, Leute mit Schuldgefühlen dazu zu empfindet, dann wird er auch davon ausgehen, der Umwelt geholfen zu haben, nicht aber anders herum.
- Quote paper
- Friederike Leetz (Author), 2001, Autofreies Wohnen (an der Panke), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105746
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