1. Einleitung
Die Zeit kurz nach dem 2. Weltkrieg war wirtschaftlich durch eine Mangelsituation gekennzeichnet. Es gab kaum ein Produkt in der Menge, in der es nachgefragt wurde und die Bevölkerung war froh, wenn sie etwas kaufen konnte. Dies bezog sich auf alle Bereiche des Konsums, ob nun Güter des täglichen Bedarfs oder sogenannte Luxusgüter, und auf nahezu alle Industrienationen. Dieser Mangel ging aus ungenügenden Produktionskapazitäten und nur begrenzt vorhandenen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen hervor.
Mit der Zeit konnten diese Engpässe behoben werden und die Nachfrage konnte vollständig befriedigt werden. Ab diesem Zeitpunkt trat der Kunde als Zentrum der Interessen der Unternehmen in den Vordergrund. Die Unternehmen konnten soviel produzieren wie sie wollten. Aber um diese produzierte Ware absetzen zu können, musste das Interesse des Kunden geweckt werden. Ein effektives Mittel für die Gewinnung des Kunden ist der Parameter Qualität. Viele technologische Möglichkeiten scheinen ausgereizt und es reicht nicht mehr, die Konsumenten mit neuen Eindrücken zu überschwemmen. Der Kunde fordert bestimmte, individuell festgelegte Qualitätsstandards (vgl. 2. Abschnitt). Jedem Ökonom mußklar sein, dass ohne die Gunst des Kunden kein Gewinn und keine Rentabilität erzielt werden kann.
Dieser Tatsache sind sich auch diverse, staatliche oder private, Organisationen (vgl. 4. Abschnitt) bewußt. Es wurden verschiedene Auszeichnungen, sogenannte Qualitätspreise, oder auch auf Englisch Quality Awards, geschaffen, um besondere Leistungen im Bereich Qualitätsmanagement (vgl. 3. Abschnitt) zu honorieren.
Die hier vorliegende Arbeit soll den Inhalt und den Nutzen dieser Auszeichnungen näher beleuchten und hinterfragen, ob alles, was so positiv dargestellt wird, auch wirklich so sinnvoll ist. Natürlich kann auch bei diesem Thema kein eindeutiges und unumstößliches Urteil gefällt und festgelegt werden. Es liegt natürlich im Auge des Betrachters, wie die einzelnen Inhalte zu bewerten sind. Aber der Verfasser möchte gern einige wichtige Kritikpunkte darstellen und Denkanstöße geben, dieses Thema weiter zu verfolgen.
Sinn der Arbeit soll es nicht sein, einen auf Vollständigkeit ausgelegten Überblick zu verschaffen, sondern es soll an ausgewählten, nach Meinung des Autors repräsentativen, Beispielen dargelegt werden, welchen Einfluss Qualitätspreise haben können und sollen.
2. Begriff der Qualität als Grundlage für das Verständnis des Qualitätsmanagements
Um sich mit dem Thema Qualitätsmanagement und deren Beurteilung auseinandersetzen zu können und um darüber diskutieren zu können, muss eine einheitliche Basis über das Verständnis von Qualität bestehen. Fast jedes Buch oder Artikel über dieses Thema zeigt einen unterschiedlichen Wortlaut in der Begriffserklärung auf und doch zeigen sich inhaltlich große Ähnlichkeiten in dem Verständnis des Begriffes. Nach Meinung des Verfassers trifft die Definition der internationalen Norm DIN ISO 8402: „Die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.“1 den Kern der Sache. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Begriffserklärung sehr allgemeingültig formuliert ist. Deshalb muss sie weiter erläutert werden.
Qualität kann und muss in mehreren Dimensionen betrachtet werden. Es ist zu unterscheiden zwischen der Objektivität und der Subjektivität. Objektive Qualität ist messbar und kann mit normierten Grenzwerten verglichen werden. Typische Anforderungen an objektive Qualität sind Funktionstüchtigkeit, Haltbarkeit, Störunanfälligkeit, Verkehrssicherheit oder der Nährwert eines Lebensmittels.2 Subjektive Qualität wird durch die individuelle Einstellung jedes einzelnen Kunden gekennzeichnet. Die Produkte sind dazu bestimmt, die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zu erfüllen und haben daher, durch den Kunden näher bestimmten, Anforderungen zu genügen. Dabei zeigt sich, dass sich die objektive und die subjektive Qualität stark voneinander unterscheiden können.3 Es ist gleichzeitig zu verzeichnen, dass nicht mehr allein die Qualität des Produktes selber eine Rolle spielt, sondern dass auch damit verbundene Leistungen, wie z.B. die Beratung im Geschäft, immer bedeutsamer werden und dass sich somit der Umfang der Qualitätsanforderungen mit der Zeit erheblich vergrößert.4 Es ist außerdem zu beachten, dass sich Qualität nicht nur auf die erzeugten Produkte beziehen kann, sondern auch auf Prozesse innerhalb des Unternehmens.
Aus der oben aufgeführten Definition der Qualität läßt sich leicht ableiten, dass, wenn die geforderten bzw. vereinbarten Eigenschaften nicht vorhanden sind, eine nur unzureichende Qualität erzielt wurde. Da sich aber abzeichnet, dass die Qualität bei den Erwartungen der Kunden eine immer größere Rolle spielt5, stellt sich der Parameter Qualität innerhalb der Unternehmung als wachsender Einflussfaktor auf die Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen dar. Um dieser Tatsache gerecht zu werden, ist es folglich von immenser Bedeutung, ein effektiv wirkendes Qualitätsmanagement aufzubauen. Darauf soll im nun folgenden Abschnitt näher eingegangen werden.
3. Qualitätsmanagement
3.1. grundlegender Begriff
Nach der internationalen Norm DIN ISO 8402 umfasst das Qualitätsmanagement „alle Tätigkeiten des Gesamtmanagements, die im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems die Qualitätspolitik, die Ziele und Verantwortungen festlegen, sowie diese durch Mittel wie Qualitätsplanung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung / Qualitätsmanagement-Darlegung und Qualitätsverbesserung verwirklichen.“ Dabei ist zu bedenken, dass auch Einflussfaktoren wie die Wirtschaftlichkeit, die Gesetzgebung, die Umwelt sowie die Wünsche und Anforderungen der Kunden eine bedeutsame Rolle spielen.6
Die Notwendigkeit der Existenz des Qualitätsmanagements in einem Unternehmen lässt sich leicht begründen und nachvollziehen. Eine, auch heute noch, häufig anzutreffende Möglichkeit der Erreichung von Qualität ist die Qualitätskontrolle nach der Herstellung. Dabei werden die Produkte nach gut und schlecht bzw. brauchbar und unbrauchbar sortiert und auf dieser Grundlage findet die Überarbeitung oder die Entsorgung als Ausschussware statt. Dieser Prozess zieht zwangsweise enorme Kosten nach sich. Das Qualitätsmanagement hat nun die Aufgabe, diese Kosten zu minimieren, im Idealfall zu eliminieren, indem bereits vor und während des Fertigungsprozesses Fehler vermieden werden. Zusätzliche Effekte sind die Erhöhung der Kapazität (da keine Nach- oder Neuarbeiten mehr notwendig sind) und die steigende Zuverlässigkeit des Prozesses. Diese Art der Kostensenkung führt zu einem wesentlich beständigeren Konkurrenzvorsprung als z.B. die Senkung der Preise und damit zur Sicherung der Existenz des Unternehmens.7
3.2. spezielle Ausprägung: Total Quality Management (TQM)
Die deutschsprachige Entsprechung für das Total Quality Management lautet umfassendes Qualitätsmanagement.8 Dieser Begriff faßt genau das zusammen, was damit gemeint ist. Auch hierfür stellt die internationale Norm DIN ISO 8402 eine äußerst treffende Definition zu Verfügung. Danach ist das umfassende Qualitätsmanagement (oder auch totales Qualitätsmanagement) eine „Auf der Mitwirkung aller ihrer Mitglieder basierende Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft zielt.“.9
Das Wort Total in TQM impliziert, dass jegliche Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen und in allen Bereichen in dieses System einbezogen werden. Quality steht (analog zur Begriffserklärung in 2. Abschnitt) für die Erfüllung der Erfordernisse bezogen auf die Produkte und die Prozesse. Management bedeutet, dass die Führung des Unternehmens im Rahmen des Systems leitende und vorbildliche Funktionen zur Erreichung der Ziele einnehmen soll.10
4. Qualitätsauszeichnungen
4.1. Vorbemerkungen
Wie schon in der Einleitung angekündigt, wird in diesem Kapitel keine vollständige Übersicht über alle bestehenden Qualitätsauszeichnungen erfolgen. Vom Verfasser wurden einige wenige, dafür aber Bedeutsame und Repräsentative ausgewählt, um an ihnen die Prinzipien und den Zweck der Vergabe näher darzustellen. Dabei ist zu beachten, dass sich die Auszeichnungen nicht (nur) auf die Qualität der erstellten Produkte beziehen, sondern vor allem auf die Einführung und Umsetzung umfassender Qualitätskonzepte in einem Unternehmen.11
Einen umfassenden Überblick zu erstellen ist auf Grund der großen Menge der bestehenden Preise auch nur schwer möglich. Sie existieren auf der Ebene von Regionen, wie in Deutschland z.B. der Bayrische Qualitätspreis, auf nationaler Ebene, wie z.B. der Australien Quality Award, Danish Quality Award oder der British Quality Award, und zum Teil auch auf internationaler Ebene.12 Die hier zu Sprache kommenden Auszeichnungen sind der Deming Prize (DP), der Malcolm Baldrige National Quality Award (MBNQA), der European Quality Award (EQA) und als deutscher Vertreter der Ludwig-Erhard-Preis (LEP). Dargestellt werden für jeden dieser 4 Preise die Entstehung, die Kriterien für die Vergabe und der Nutzen, der sich aus der Vergabe ergeben soll.
Vorneweg erscheint es dem Verfasser noch angebracht, kurz auf die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 ff. einzugehen. Grundlegender Inhalt ist der Nachweis und die Bestätigung der „... Existenz, Wirksamkeit und Anwendung des Qualitätsmanagementsystems entsprechend der DIN EN ISO 9000 - 9004...“13 im Unternehmen. Dies wird durch Systemaudits durch ein neutrales Zertifizierungsunternehmen, wie z.B. dem TÜV Rheinland, durchgeführt, welche auf einem, sich an dieser Normenreihe orientierenden, Audit-Fragenkatalog basieren.14 Der Kunde soll die Sicherheit erhalten, dass Verfahren so ablaufen, wie sie festgelegt wurden. Aufgrund der Tatsache, dass die Anforderungen der Qualitätspreise über die der Zertifizierung hinausgehen15, was z.B. die Kundenorientierung und -zufriedenheit betrifft16, soll in den weiteren Überlegungen von den DIN EN ISO Normen 9000 - 9004 Abstand genommen werden.
4.2. Deming Prize
4.2.1. Fakten + Daten
Der erste, zumindest was den Vergleich in der Weltwirtschaft betrifft, Vertreter von Qualitätsauszeichnungen war der sogenannte Deming Prize. Er wurde nach W. Edwards Deming benannt und wird seit 1951 jährlich von der Japanese Union of Scientists and Engineers (JUSE) verliehen. Deming gehörte zu den Mitbegründern der Qualitätsbewegung und folgte 1950 einer Einladung der JUSE, sich in Japan an dem wirtschaftlichen Aufbau zu beteiligen, indem er neue Managementprinzipien einführte.17 Er führte dort Seminare, in denen Managern, Ingenieuren und Forschern die Grundlagen der statischen Qualitätskontrolle erklärt wurden.18 Seit 1986 können sich auch ausländische Firmen sowie öffentliche und gemeinnützige Organisationen für den Deming Prize bewerben.
Der DP wird in drei Kategorien vergeben:
1) Deming Prize for Individuals (an Einzelpersonen)
2) Deming Application Prize
- for Companies (an Unternehmen allgemein)
- for Small Companies (an Kleinbetriebe)
- for Divisions (an Bereiche eines größeren Unternehmens)
- for Overseas Companies (an ausländische Firmen)
3) Quality Control Award for Factories (an Unternehmen)19
4.2.2. Kriterien für die Vergabe
Ziel des Preises ist die Auszeichnung von Unternehmen, die das Modell des Total Quality Control vollständig und mustergültig beherrschen und umsetzen. Dabei soll sich das Qualitätsdenken bei der gesamten Belegschaft auf allen Hierarchieebenen einprägen.20 Die Beurteilung der Bewerber erfolgt über eine Checkliste mit 10 Hauptkriterien, die in 63 Unterpunkten näher erklärt werden. Es erfolgt keine Gewichtung der einzelnen Punkte. Die 10 Hauptkriterien lauten: Unternehmenspolitik, Organisation und Administration, Aus- und Weiterbildung, Sammeln und Verbreitung von Informationen, Analyse, Standardisierung und Normung, Steuerung (Control / Management), Qualitätssicherung, Ergebnisse und als letztes Zukunftsplanung. Alle Bewerber, die mindestens 70% der Höchstpunktzahl von 100 erreicht haben, werden ausgezeichnet.21
4.2.3. Ziele und Nutzen
Mit der Auszeichnung selber ist kein unmittelbarer finanzieller Vorteil verbunden. Aber allein durch die Umsetzung der Kriterien, also der Qualitätsverbesserungen, können durchaus Marktanteile und Rentabilität gesteigert werden.22 Natürlich führt die Anerkennung zu mehr Prestige für das jeweilige Unternehmen und hat damit einen hohen Motivationswert inne, Spitzenleistungen im Qualitätsmanagement zu erreichen.23 Aber auch die japanische Wirtschaft der Nachkriegszeit erfuhr durch die Einführung des DP einen Aufschwung. Zwischen den Unternehmen wurden aufgrund der Preisverleihung intensiv neue Managementansätze diskutiert und verbreitet.24
4.3. Malcolm Baldrige National Quality Award (MBNQA)
4.3.1. Fakten + Daten
Eingeführt wurde der Malcolm Baldrige National Quality Award, auch Malcolm Baldrige Award genannt, 1987 durch Verabschiedung eines Gesetzes, des sogenannten Malcolm Baldrige National Quality Improvement Act. Dieses Gesetz wurde durch die American Society of Quality Control und das National Institute of Standards and Technology (NIST) entwickelt und von Präsident Ronald Reagan unterschrieben.25. Der nach dem damaligen Handelsminister benannte Preis wird seit 1988, als Reaktion auf den steigenden Wettbewerbsdruck durch Japan, jährlich durch den amerikanischen Präsidenten an nationale, also amerikanische, Unternehmen vergeben.26 Getragen wird er durch das Handelsministerium und das National Bureau of Standards.27
Durch die Verankerung im Gesetz wird die Einführung, Verbesserung und Umsetzung von TQM in amerikanischen Unternehmen als Staatsaufgabe festgelegt. Es ist eine Reaktion auf die Feststellung, dass (laut Public Law 100-107) die amerikanische Führerschaft in Produkt- und Prozessqualität herausgefordert wurde und dass die ausländische Konkurrenz größere Fortschritte bezüglich der Produktivität gemacht hat, als die amerikanische Wirtschaft. Es wurde außerdem bemerkt, dass schwache Qualität ca. 20% des Umsatzes kostet und dass strategische Qualitätsplanung und Qualitätsverbesserungsprogramme unerlässlich für die Konkurrenzfähigkeit auf globalen Märkten sind.28 Ein prägnantes Zeichen für den Erfolg des MBNQA sind die ca. 200.000 Bewerbungen im Jahre 1990.29
4.3.2. Kriterien für die Vergabe
Das Kriterienmodell wird seit seiner Einführung regelmäßig an gegebene Bedingungen angepasst und verbessert.30 Es beruht auf einem umfassenden Verständnis von Qualität. Der Kriterienkatalog beinhaltet sieben Haupt- und 28 gewichtete Einzelkriterien. Die Hauptkriterien sind: Führung durch die Geschäftsleitung, Information und Analyse, strategische Qualitätsplanung, Personalentwicklung und Management, Management der Prozessqualität, Qualitäts- und Geschäftsergebnisse sowie die Kundenorientierung und -zu- friedenheit (Stand: 1995). Es werden maximal 2 Preise in den drei Kategorien produzierende Unternehmen, Dienstleistungsunternehmen sowie kleine Unternehmen mit weniger als 500 Vollzeitbeschäftigten verliehen.31
In der Bewerbung muss das Unternehmen darstellen, mit welchen Verfahren es welche Ergebnisse erzielt hat und in welcher Weise die Anforderungen des Kriterienkatalogs erfüllt werden. Die Bewerbungen werden dann in 4 Stufen geprüft, z.B. durch eine Unternehmensbesichtigung. Jeder Bewerber erhält einen Feedback-Bericht.32
4.3.3. Ziele und Nutzen
Ein grundlegendes Anliegen des MBNQA ist die Verbreitung des Gedankengutes des Total Quality Management. Den Unternehmen soll bewusst gemacht werden, dass Qualität ein entscheidender Wettbewerbsfaktor ist und damit unweigerlich ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensführung sein muss. Zugleich sollen die Ergebnisse, die aus der Ein- und Durchführung von TQM resultieren, anderen Unternehmen ein Ansporn und eine Art Wegweiser sein, damit auch diese die Vorteile nutzen können. Dies soll beispielsweise durch Workshops, Seminare und Konferenzen, durchgeführt durch ausgezeichnete Unternehmen, erreicht werden.33 Für Anfänger in Sachen Qualitätsmanagement bildet der MBNQA oftmals eine Grundlage für die Einführung des Qualitätsmanagements. Aufgrund seiner detaillierten Anforderungen kann der Kriterienkatalog als interner Leitfaden verwendet werden.34 Auch wenn keine Auszeichnung angestrebt wird oder nur sehr unwahrscheinlich ist, lohnt eine Bewerbung. Es bietet sich eine objektive und vor allem kostengünstige Möglichkeit, sich beurteilen zu lassen oder sich aufgrund der gestellten Kriterien selber zu beurteilen, um dann Konsequenzen für das zukünftige Handeln zu ziehen.35 Natürlich stellt der MBNQA auch eine Leistungsanerkennung für das ausgezeichnete Unternehmen dar36 und kann dadurch zur Steigerung des Prestige unter den Konkurrenten und vor allem unter den Kunden beitragen.
4.4. European Quality Award
4.4.1. Fakten + Daten
Der sich an dem MBNQA orientierende European Quality Award wurde 1992 eingeführt und wird seitdem jährlich vergeben. Getragen wird er von der Europäischen Kommission, der European Organisation for Quality und der European Foundation for Quality Management (EFQM)37, wobei die Hauptverantwortung und die Organisation bei der EFQM liegt. Diese wurde 1988 durch 14 europäische Unternehmen als gemeinsame Organisation auf Mitgliederbasis gegründet und hat sich bis Anfang 2000 auf über 800 europäische Unternehmen und Organisationen erweitert.38 Grund für die Einführung war der Gedanke, es dem MBNQA gleich zu tun und für den europäischen Markt eine vergleichbare Qualitätsauszeichnung bereitzustellen, die aber auf die speziellen Bedürfnisse europäischer Unternehmen zugeschnitten ist.39
4.4.2. Kriterien für die Vergabe
Die Vergabe der Auszeichnung erfolgt in zwei Kategorien. Für Unternehmen, die auf dem Gebiet des Qualitätsmanagements hervorragende Leistungen erbracht haben, wird der European Quality Prize in Form von Qualitätsmedaillen vergeben. Unter diesen Medaillengewinnern wird dem erfolgreichsten Unternehmen die EQA-Trophäe verliehen.40 Seit 1996 bzw. 1997 sind auch Organisationen des öffentlichen Dienstes und kleine und mittelständische Unternehmen teilnahmeberechtigt.41
In der Bewerbung erfolgt eine Selbstbewertung durch das Unternehmen, die dann von sogenannten Assessoren, speziell geschulten Führungskräften, beurteilt werden. Eine Jury legt dann fest, welche Unternehmen in der Finalrunde von den Assessoren besucht werden.42 Grundlage für die Bewertung ist das EFQM-Modell für Excellence. Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, beinhaltet das Modell neun große, gewichtete Hauptkriterien, die nicht weiter untergliedert und damit sehr allgemein gehalten sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das EFQM - Modell für Excellence
Quelle: Deutsches EFQM Center (Hrsg.) (2001a), S. 12
Die einzelnen Kriterien werden in zwei große Hauptgruppen unterteilt. Die Gruppe der Befähiger steht für die Abwicklung des Qualitätsmanagements durch die Organisation, d.h. wie und womit sorgen die Leitung des Unternehmens und die Mitarbeiter dafür, dass Excellence im Bereich des Qualitätsmanagements erzielt wird. Die Gruppe der Ergebnisse soll aufzeigen, welche Ergebnisse erzielt wurden.43
4.4.3. Ziele und Nutzen
In einer ihrer Broschüren beschreibt die EFQM das Ziel ihrer Anstrengungen wie folgt: „Die Vision der EFQM ist eine Welt, in der europäische Organisationen eine überragende Stellung einnehmen ...“.44 Ziel ist also die Verbreitung der Bedeutung von Qualität und Qualitätsmanagement als Erfolgsfaktor.45 Für dieses Ziel ist die Darbietung einer Auszeichnung eine geeignete Möglichkeit des Ansporns.
In dem sogenannten Feedback-Bericht werden Stärken und Verbesserungspotentiale erläutert. Die sich bewerbende Organisation erhält eine objektive Bewertung ihrer Position und Hinweise zur kontinuierlichen Verbesserung. Schon diese Unterstützung ist für viele Organisationen Grund genug für eine Bewerbung. Durch die Besuche der Assessoren werden die Mitarbeiter motiviert, zu zeigen, welche Fähigkeiten in ihrer Organisation stecken.46
Ein direkter Vorteil der Auszeichnung ist die öffentliche Anerkennung. Die Verwendung der Auszeichnungslogos erhöht die Aufmerksamkeit der Kunden. Zusätzlich werden die Gewinner eingeladen, auf Tagungen ihre Erfahrungen darzubieten und auszutauschen.47
Wie auch bei dem MBNQA können die Kriterien des EFQM-Modells als Grundlage für die Einführung und Umsetzung des Qualitätsmanagements eingesetzt werden. Allerdings erfordert die grobe Gliederung eine individuelle, selbst entwickelte Strategie.48
4.5. Ludwig-Erhard-Preis
4.5.1. Fakten + Daten
Der Ludwig-Erhard-Preis ist der wichtigste deutsche Vertreter unter den Qualitätsauszeichnungen. Er wurde als eine Art Ableger des European Quality Award im Jahre 1997 von den wichtigsten Wirtschaftsverbänden Deutschlands eingeführt und ist nach dem Bundeswirtschaftsminister und Bundeskanzler Ludwig Erhard benannt. Eine Ursache für die Einführung ist u.a. die Tatsache, dass sich nur Organisationen mit mindestens 250 Mitarbeitern für den EQA bewerben dürfen, so dass für die Übrigen eine andere Lösung gefunden werden musste.49
4.5.2. Kriterien für die Vergabe
Der LEP ist inhaltlich stark an den EQA angelehnt, so dass auch für ihn die Kriterien des EFQM-Modells gelten. Auch der Bewerbungs- und Bewertungsprozess läuft analog ab, nur im kleineren Umfang. Die Organisationen reichen eine Bewerbung ein, die von den Assessoren geprüft wird und erhalten danach einen Feedback-Bericht, der die Stärken und Schwächen aufzeichnet. Alle Finalisten erhalten Urkunden für das Erreichen des Finales. Für Bewerber mit einem besonders gutem Gesamtergebnis gibt es eine Auszeichnung und der am besten bewertete Bewerber erhält den Ludwig-Erhard-Preis, der allerdings an eine mindestens zu erreichende Punktzahl gebunden ist.50
4.5.3. Ziele und Nutzen
Die Auszeichnung mit dem Ludwig-Erhard-Preis ist ein ideeller Preis, der nicht mit Geld dotiert ist. Es sollen die Unternehmen und Organisationen gewürdigt werden, die die Bedeutung von ganzheitlichem Qualitätsmanagement erkannt haben und sich dieses Wissen als Wettbewerbsvorteil zunutze machen.51 Der LEP ist für diejenigen Organisationen gedacht, die sich (noch) nicht gewachsen fühlen, sich für den EQA zu bewerben, sich aber trotzdem dem Wettbewerb stellen wollen. Allein der Umfang der Bewerbung für den EQA und die geforderte Ausführung auf Englisch sind für viele kleine Unternehmen nur schwer umsetzbar.52
5. zusammenfassende Bewertung der Preise
Schon im 4. Abschnitt ist deutlich geworden, welchen enormen Einfluss die Vergabe von Qualitätsauszeichnungen auf die Entwicklung des Qualitätsmanagements hatte und immer noch hat. Es haben sich einige Gemeinsamkeiten in der Zielstellung der Auszeichnungen gezeigt. In diesem Abschnitt soll nun noch einmal darauf eingegangen werden, welche Vorteile sich aus der Vergabe ergeben und welche Kritikpunkte zu beachten ist, ohne auf die speziellen Unterschiede zwischen den einzelnen Preisen weiter einzugehen.
Nur wenige der Quality Awards sind mit einem direkten finanziellen Vorteil für die ausgezeichnete Organisation in Form eines Geldpreises verbunden. Der wichtigere Anteil ist die Steigerung des Prestige. Auf Tagungen können die ausgezeichneten Unternehmen darstellen, wie sie zu diesem Erfolg gekommen sind und Hinweise auf Produktverpackungen wecken die gesteigerte Aufmerksamkeit des Kunden.
Allerdings ist die Auszeichnung selber nicht alleine das Rezept für Erfolg. Schon die Möglichkeit der Bewerbung eröffnet Türen zu einem verbesserten Qualitätsmanagement. Durch eine objektive, externe Bewertung erfährt das Unternehmen, welche Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Für viele Unternehmen ist dies schon Grund genug, um sich zu bewerben. Nur für diejenigen, die sich auf einer hohen bzw. auf der höchsten Stufe des Qualitätsmanagements wähnen, ist die Erreichung einer Auszeichnung und der Erhalt eines Preises das erreichenswerte Ziel. Es ist natürlich einer der angestrebten Ziele der Auszeichnungen, dass das Qualitätsbewußtsein und die Anstrengungen zu Erreichung von Qualität gesteigert werden. Aber der eigentliche Inhalt des Wortes „Preise“ wird schon mit der Bewerbung verfehlt. Es geht oft nicht darum, dass sich die Besten miteinander messen und dass der Allerbeste ausgezeichnet wird, so wie es nach Meinung des Verfassers eigentlich ablaufen sollte. Viele Unternehmen versuchen nur, auf kostengünstige Weise qualifizierte Beurteilungen zu erhalten. Das zeigt sich auch darin, dass z.B. bei dem European Quality Award alle Organisationen ausgezeichnet werden, die einen bestimmten Standard, gemessen in Punkten, erreicht haben.
Die oben erwähnte Problematik kann aber auch positiv gewertet werden. So haben alle Organisationen, die sich beworben haben, die gleiche Chance, dass ihre Mühen und Anstrengungen honoriert werden. Dies ist ein Zeichen für andere Unternehmen, dass auch für sie eine Aussicht auf eine Auszeichnung besteht.
Unbestritten ist, dass einige der Kriterienkataloge, z.B. beim Malcolm Baldrige National Quality Award, eine äußert präzise Anleitung zur Einführung von Qualitätsmanagement bieten, die große Aussichten auf Erfolg hat. Das Beispiel des Deming Prize verdeutlicht auch die Bedeutung für eine ganze Volkswirtschaft. Die Steigerung des Qualitätsbewußtseins durch Einführung der Auszeichnung führte zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in Japan. Aber auch das Unternehmen selber zieht seine Vorteile aus der positiven Entwicklung im Qualitätsmanagement. Wie schon bereits in Abschnitt 3.1 erläutert, führt eine konsequente Durchführung von Qualitätsmanagement zu erheblichen und dauerhaften Kostensenkungen, die für die Sicherung der Existenz des Unternehmens unabdingbar sind.
Kritisch ist die Beurteilung der Erfüllung der Kriterien zu betrachten. Wie soll und kann bewertet werden, ob gerade die qualitativen Kriterien erfüllt oder zumindest teilweise erfüllt wurden? Aber auch die quantitativen Größen sind nicht ohne weiteres pauschal bewertbar. Ein typisches Beispiel dafür sind die Ergebnisse des Unternehmens, die weitestgehend aus dem Jahresabschluss hervorgehen. Durch die Einräumung zahlreicher Wahlrechte zum Ansatz und zur Bewertung, beispielsweise im bundesdeutschen Raum, wird die Vergleichbarkeit der Daten massiv erschwert. So kann beispielsweise bezweifelt werden, ob die Verbesserung der Unternehmensergebnisse ausschließlich aus Qualitätsverbesserungen resultiert, oder ob nicht andere Faktoren auch eine entscheidende Rolle gespielt haben.53
6. Fazit
Für den Verfasser steht außer Zweifel, dass die Einführung von Qualitätspreisen positive Entwicklungen für die Unternehmen, die Volkswirtschaften und natürlich auf für die Kunden mit sich brachten und sicher auch noch weiter mit sich bringen werden. Es hat sich aber auch gezeigt, dass die Art und Weise der Vergabe noch einige Unstimmigkeiten in sich birgt.
Viele der im 5. Abschnitt angesprochenen Punkte sind nicht eindeutig als positiv oder als negativ bewertbar, weil sie beide Aspekte in sich tragen.
Abschließend kann gesagt werden: Die Ziele und die Ergebnisse der Qualitätspreise sind absolut als positiv zu bewerten. Allerdings ist fraglich, ob der Rahmen in Form von Auszeichnungen dazu bestimmt sein sollte, diese Ziele zu erreichen. Nach Meinung des Verfassers wäre eine Zertifizierung, wie sie durch die DIN EN ISO Normen 9000 - 9004 erfolgt, verknüpft mit den Ansprüchen, wie sie in den Kriterienkatalogen dargestellt werden, eine geeignetere Variante für die Umsetzung.
[...]
1 DIN - Deutsches Institut für Normung (Hrsg.) (1992), zit. nach Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 126
2 vgl. Schneck, O. (2000), S. 480
3 vgl. Knoll, J. (2000), S. 4
4 vgl. Malorny, C. / Kassebohm, K. (1994), S. 68
5 vgl. Staal, R. (1990), S. 8
6 vgl. ISO - International Organization for Standardization (Hrsg.) (1994), zit. nach Kamiske, G.F. / Brauer, J.- P. (1995), S. 149-150
7 vgl. Staal, Rolf (1990), S. 6
8 vgl. Zink, K.J. (1989), S. 25
9 DIN - Deutsches Institut für Normung (Hrsg.) (1992), zit. nach Kamiske, G.F./Brauer, J.-P.(1995), S.243-244
10 vgl. Zink, Klaus J. (1992), S. 44-45
11 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 131
12 vgl. Zollondz, H.-D. (2001), S. 867-874
13 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 154
14 vgl. Schneck, O. (2000), S. 480
15 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 131
16 vgl. Reimann, C.W. / Hertz, H.S. (1996), S. 195
17 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 131
18 vgl. http://www.deming.org/demingprize/demingprize.html, S. 1
19 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 132
20 vgl. Radtke, P. / Wilmes, D. (1997), zit. nach Knoll, J. (2000), S. 11
21 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 132
22 vgl. Malorny, C. (1996):, zit. nach Knoll, J. (2000), S. 11
23 vgl. Malorny, C. / Kassebohm, K. (1994), S. 224
24 vgl. http://www.deming.org/demingprize/demingprize.html, S. 1
25 vgl. http://www.quality.nist.gov/Improvement_Act.htm, S. 1; Mack, M. (1989), S. 114
26 vgl. Radtke, P. / Wilmes, D. (1997), zit. nach Knoll, J. (2000), S.11; Malorny, C. / Kassebohm, K. (1994), S.224
27 vgl. Mack, M. (1989), S. 114
28 vgl. http://www.quality.nist.gov/Improvement_Act.htm, S. 1
29 vgl. Zink, K.J. (1992), S. 9-46
30 vgl. Schmidt, M. (1998), S. 1
31 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 136
32 vgl. Reimann, C.W. / Hertz, H.S., S. 192
33 vgl. Zepf, Robert (1998), S. 11; Mack, M. (1989), S. 114; Reimann, C.W. / Hertz, H.S. (1996), S. 208, 213
34 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 136
35 vgl. Reimann, C.W. / Hertz, H.S. (1996), S. 205
36 vgl. Mack, M. (1989), S. 114
37 vgl. http://www.deutsche-efqm.de/download/ExcellenceEinführen.pdf (2001a), S. 8
38 vgl. http://www.deutsche-efqm.de/download/ExcellenceEinführen.pdf (2001a), S. 2
39 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 138-139
40 vgl. Zollondz, H.-D. (2001), S 217
41 vgl. http://www.deutsche-efqm.de/download/ExcellenceEinführen.pdf (2001a), S. 9
42 vgl. http://www.deutsche-efqm.de/download/ExcellenceEinführen.pdf (2001a), S. 9
43 vgl. http://www.deutsche-efqm.de/download/ExcellenceEinführen.pdf (2001a), S. 3
44 http://www.deutsche-efqm.de/download/AchtEckpfeiler.pdf (2001b), S. 1
45 vgl. Kamiske, G.F. / Brauer, J.-P. (1995), S. 138
46 vgl. http://www.deutsche-efqm.de/download/ExcellenceEinführen.pdf (2001a), S. 10
47 vgl. http://www.deutsche-efqm.de/download/ExcellenceEinführen.pdf (2001a), S. 10
48 vgl. Wilmes, D. / Radtke, P. (1998), zit. nach Zepf, R. (1998), S. 13
49 vgl. Zollondz, H.-D. (2001), S. 494
50 vgl. http://sun.vdi-online.de/lep/bewerbung.html (2001), S. 1
51 vgl. http://sun.vdi-online.de/lep/bewerbung.html (2001), S. 1
52 vgl. Radtke, P. (1997), zit. nach Knoll, J. (2000), S. 12
53 Vgl. Malorny C. (1996), zit. nach Knoll, J. (2000), S. 17
- Quote paper
- Kerstin Grützmann (Author), 2001, Inhaltliche Darstellung und Kritische Diskussion der Bedeutung von Qualitätspreisen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105561
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.