„Wir sind ein Volk und einig wollen wir handeln.“ Diese Worte lässt Friedrich Schiller in seinem Drama „Wilhelm Tell“ die Schweizer sprechen, nachdem sie am Vierwaldstätter See den Rütlischwur geschworen haben. Die historische Grundlage zur „Legende vom Rütlischwur“ ist der Ewige Bund der Waldstätte, der, datiert auf 1291, die Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft darstellt.
Die Autorin beleuchtet in diesem Fachartikel nach einer kurzen Darstellung der historischen Situation das Zustandekommen des Bundesbriefes, untersucht das Dokument und seine Auslegungen und betrachtet deren Auswirkungen.
Der Ewige Bund der Waldstätte 1291. Die Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft
1. Einleitung
„Wir sind ein Volk und einig wollen wir handeln.“1 Diese Worte lässt Friedrich Schiller in seinem Drama „Wilhelm Tell“ die Schweizer sprechen, nachdem sie am Vierwaldstätter See den Rütlischwur geschworen haben. Die historische Grundlage zu dieser „Legende vom Rütlischwur“ ist der Ewige Bund der Waldstätte, der, datiert auf 1291, die Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft darstellt.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, nach einer kurzen Darstellung der historischen Situation das Zustandekommen des Bundesbriefes zu beleuchten, das Dokument und seine Auslegungen zu untersuchen und Auswirkungen zu betrachten.
Anhand der gewonnen Erkenntnisse soll herausgestellt werden, warum im Gegensatz zu ähnlichen Bündnissen, die „im späteren Mittelalter, während sich die schweizerische Eidgenossenschaft politisch verfestigte und Ansätze zu einem Nationalbewusstsein entwickelte, der Auflösung anheimgefallen [sind]“2, eine solche Entwicklung möglich war, und welche freiheitliche Bedeutung dem Ewigen Bund der Waldstätte zugesprochen werden kann, der den Ausgangspunkt einer auffallenden Kontinuität der Geschichte der Schweiz bildet.
Zur Auswertung des Dokumentes an sich stellte sich die Literaturlage als wirkliche Herausforderung dar, sodass sich dieses Kapitel nur auf wenige Quellen stützt.
Die unterschiedliche Wertung bzw. Datierung der Ereignisse (so z.B. durch die Humanisten wie Justinger, Brennwald, Stumpf gegenüber der durch die Anhänger der Kritischen Schule wie Meyer, Oechsli, Fehr3 ) wird hier nicht thematisiert werden, da das Augenmerk nicht auf den genauen historischen Ablauf sondern auf die Ereignisse und deren politische Bedeutung gelegt wird.
2. Was ist Recht?
2.1. Rechtsverständnis im Mittelalter
Betrachtet man historische Ereignisse im Mittelalter, zu denen auch der Ewige Bund der Waldstätte gehört, so ist es wichtig, dass man sich zuvor mit dem Rechtsverständnis der damaligen Zeit auseinander setzt.
Im Gegensatz zur heutigen Zeit, in der man den Begriff Recht mit dem Staat verbindet, ist im Mittelalter keine Einsetzung des Rechtes durch den Staat nötig; mittelalterliches Recht wird gekennzeichnet durch die Eigenschaften „alt“ und „gut“.4 Beide Merkmale sind im Rechtsverständnis dieser Zeit essentiell notwendig, damit Recht als Recht wahrgenommen und akzeptiert wird.
„Der Staat ist hier nur Mittel zu Verwirklichung des Rechts“5 (wobei der Begriff des Staates hier noch unter Vorbehalt gebraucht werden sollte); er, das heißt der Fürst, die Obrigkeit, das Gemeinwesen etc., ist nicht imstande, das Recht zu ändern. Als Grund gibt Fritz Kern die Nichtunterscheidung von idealem und positivem Recht an: „Ein Recht, das gleich ist mit dem Guten an sich, ist selbstverständlich vor und über dem Staat.“6
Aufgrund dieser Charakteristika gilt, dass altes Recht jüngeres Recht bricht und eine Rechtsneuerung immer eine Wiederherstellung guten alten Rechts ist. Dabei ist, das lässt die enge Verknüpfung der oben genannten Attribute schließen, „altes Recht“ eher qualitativ als zeitlich gemeint. Die zeitpunktgenaue Feststellung darüber, welches Recht das ältere und damit gültige ist, ist im Mittelalter auch kaum praktikabel, da neben Urkunden und Rechtsbüchern vorwiegend das lebende Rechtsgefühl als Urteilskraft bestand. Man spricht hier deshalb nicht von Satzungsrecht, sondern von kodifiziertem Gewohnheitsrecht, das aber immer nur in Bruchstücken vorlag.7
2.2. Die rechtliche Situation vor 1291
Nach diesem Exkurs zum Rechtsverständnis im Mittelalter sollen nun die konkreten, rechtlichen Hintergründe erläutert werden, die für das Gebiet der Schweiz zum Zeitpunkt des Bundesbriefes von 1291 galten.
In der Zeit vom 5. bis 9. Jahrhundert besiedelten die Alamannen die Nordschweiz und auch die Gegend um den Vierwaldstätter See. Dieser Volksstamm brachte eine Rechtsvorstellung mit, die Tacitus in seiner „Germania“ als besonders demokratisch charakterisierte („De minoribus rebus principes consultant, de maioribus omnes“8 ; über die kleineren Sachen beschließen die Edlen (Könige etc.), über die größeren alle (eigene Übersetzung)), und die sich bis zur Zeit des Bundschlusses gehalten hatte.9 Diese Rechtsordnung, die auch schon die Volkswahl des Richters vorsah (kodifiziert im „Lex Alamannorum temporibus Lantfridi renovata“ von 717- 719 n.Chr.; „[iudex], quod placuit cunctis Alamannis“10, der Richter, der allen Alamannen gefiel (eigene Übersetzung)), findet sich auch im Sachsenspiegel (1220-1235) und im Schwabenspiegel von 1275, der das alamannische Recht am Ende des 13. Jahrhunderts darstellte. In diesem Dokument ist auch festgeschrieben, dass die Leitung der öffentlichen Dinge der Volksgemeinde aus allen Taleinwohnern obliegt.11
Neben diesen allgemein gültigen Rechtsschriften bestanden ab Mitte des 13. Jahrhunderts noch weitere Dokumente, die für die Waldstätten von entscheidender Bedeutung waren und ihre Stellung gegenüber dem Reich festlegten: die Freiheitsbriefe. Diese Urkunden waren Zusicherungen des Reiches dafür, dass die Gemeinden keiner Landesherrschaft außer der Reichsgewalt unterstanden.
Kaiser Heinrich VII stellte 1231 der Talgemeinde Uri den „Freibrief von Hagenau“ aus, der den Urnern zusicherte, dass sie reichsunmittelbar waren. „Der Freibrief anerkennt die Talgemeinde, welche alle Landleute des Tals umfasst, als öffentliche Organisation.“12
Die gleichen Rechte wurden Schwyz im „Freibrief von Faenza“ durch den Staufer Friedrich II zugesagt. Beide Talgemeinden waren also reichsunmittelbar, was gleichzeitig ein eigenes Banner, Siegel sowie ein eigenes Militäraufgebot und Blutgericht beinhaltete.
Die Gemeinde Unterwalden (auch Nidwalden genannt) hatte keinen solchen Freibrief; jedoch standen ihnen in der Praxis die gleichen Rechte zu, da ein Großteil der Bevölkerung Hofhörige von Klöstern waren. Diese Klöster wiederum waren von Kaiser Friedrich I Barbarossa 1173 bzw. von Kaiser Friedrich II 1213 ebenfalls als reichsunmittelbar und unabhängig erklärt worden. So waren auch die Einwohner Unterwaldens „vom Zugriff einer territorialen Landesherrschaft befreit“13.
3. Vorgeschichte und Werden des Ewigen Bundes der Waldstätte 1291
Der Bündnisschluss der Waldstätte fällt in die Zeit der Habsburger Herrschaft über das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Mit der „glückhafte[n] Wahl Rudolfs von Habsburg“14 findet eine Epoche ein Ende, die sich dadurch ausgezeichnet hatte, dass es kein legitimes Oberhaupt gab und Unsicherheit das Land bestimmte: das Interregnum.
Das Ende dieser Kaiser- und Königlosen Zeit stellt gleichzeitig eine Verlagerung der Macht, die sich bis zum Tode Friedrichs II. bei der Dynastie der Staufer konzentriert hatte, auf das Haus der Habsburger dar.
Rudolf I., der mit seiner Wahl zum König 1273 Herrscher des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation geworden war (um Kaiser zu werden, bedarf es der Krönung durch den Papst in Rom), sichert seiner Dynastie durch Ehrgeiz und eine clevere Erbpolitik große Teile des Reiches; er verfolgt die so genannte Hausmachtpolitik. Ursprünglich hat Rudolf vor allem zum Ziel, seinem Haus das Königtum erblich zu machen. Er tritt sogar mit dem englischen König Eduard in Verhandlungen, seinen Sohn Hartmann mit dessen Tochter Johanna zu verheiraten. Aus einem Dokument von 1273 geht hervor, dass Rudolf Eduard versprach, mit allen Anstrengungen dafür zu sorgen, dass Hartmann die Königswürde als erbliches Gut bekäme.15
Seine Pläne platzen, da die deutschen Kurfürsten die Konzeption einer Erblichkeit der Königswürde innerhalb des Hauses der Habsburger ablehnen und außerdem der Sohn Hartmann im Rhein ertrinkt. Daraufhin macht sich Rudolf zum Ziel, seinen anderen Söhnen erbliche Fürsten- und Herzogtümer zu sichern.
Denn das Haus Habsburg an sich war eher weniger begütert. Sie profitierten im 12. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vor allem davon, dass sie in der Gunst der Staufischen Herrscher standen, in deren Gefolge sie häufig auftraten. „Noch mehr Nutzen zogen sie aus dem Aussterben bedeutender Dynastengeschlechter, deren Erbe sie antreten konnten.“16 Zu diesen Erbschaften gehören unter anderem die Hinterlassenschaften der Grafen von Lenzburg, von Kyburg (durch seine Vormundschaft der minderjährigen Erbin), von Rapperswil und wesentliche Teile des ehemaligen Zähringer Herrschaftsgebietes.
Und damit fokussieren wir das Gebiet der heutigen Schweiz. Dort herrschen bis 1218 eben diese Zähringer; von den Staufern abhängige Herzöge, die im Hochmittelalter versucht hatten, in der Innerschweiz eine Territorialherrschaft zu errichten. Nach ihrem Aussterben zerfällt dieses Gebiet in kleine, politisch selbstständige Gebiete - Städte und Länder -, von denen einige reichsfrei werden17 (siehe Kapitel 2.2.).
Um die Struktur des Gebietes zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass aus unterschiedlichen Gründen (so z.B. wegen des päpstlich/kaiserlichen Konfliktes der Stauferzeit) im 13. Jahrhundert mehrere „interkommunale Städte-Einigungen“18 entstehen. Zu diesen Bündnissen „zwischen zwei oder mehreren Städten zur Wahrung des Landfriedens, zu gegenseitiger Beratung und Hilfeleistung, für schiedsrichterliche Regelungen und allenfalls wirtschaftliche Vereinbarungen“19 zählen die burgundische Eidgenossenschaft von 1218 und das Bündnis der Städte am Bodensee von 1243/45. Doch die Solidarität dieser Städtebündnisse ist immer gefährdet: zum einen, weil von innen heraus städtische Parteiungen und wirtschaftliche Interessen oft handlungsleitend sind; des Weiteren werden solche Bündnisse im 13. Jahrhundert oft nur auf Zeit abgeschlossen und haben ständig wechselnde Mitglieder, und die Reichspolitik wirkt zum Teil beeinflussend auf die Bündnispartner. Der wichtigste Grund dafür, warum diese Bündnisse nicht lange von Bestand waren, ist die Tatsache, dass zwischen einer Stadt und ihrer Nachbarstadt immer fremdes Gebiet liegt. Diese Isolation schwächt die Städte; das ist eine der Ursachen dafür, warum die schon vorhandenen Bündnissysteme nicht die Kontinuität und Stärke aufweisen, die der Ewige Bund der Waldstätte von 1291 aufweisen wird.
Die zu Beginn dieses Kapitels erläuterte Hausmachtpolitik Rudolf I. bot die Ursache für den Eidgenössischen Bundesbrief von 1291. Rudolf verfasst zuerst 1282 ein Dokument, in dem er seine beiden noch lebenden Söhne, Albrecht und Rudolf, mit den Herzogtümern Österreich, Kärnten und Steiermark belehnt. Die Kurfürsten des Reiches geben zu dieser Entscheidung ihre ausdrückliche Zustimmung.
Die Österreicher hingegen reagieren auf diese Doppelbelehnung mit Widerstand, dem der König schließlich mit einer Aufhebung der Belehnung für Rudolf nachgeben muss.20
Am 1. Juni 1283 wird in Rheinfelden bei einer Hoftagung deshalb auf Rudolfs Drängen ein Dokument verfasst, in dem er festlegt, dass er „mit den Herzogtümern Österreich, Steiermark und Kärnten nur den älteren Sohn Albrecht“ belehnt. Seinem anderen Sohn Rudolf gibt er das Versprechen, für ihn und sein Haus innerhalb von 4 Jahren ein anderes, erbliches Herzog- oder Fürstentum zu finden. Sollte dies nicht gelingen, muss Albrecht Ausgleichszahlungen erbringen.21 Und hier liegt der Grund für den Missmut der Schweizer gegenüber dem Habsburger Haus: Rudolf I. hatte bei diesem Versprechen an das ehemalige Herzogtum Schwaben gedacht; an die deutsche Schweiz, Württemberg und Baden. Da die Habsburger aber kein Recht hatten, diese Gebiete einfach unter ihre Gewalt zu stellen, rief dieses Versprechen in den betroffenen Gegenden Widerstand hervor.
Es „herrschte (…) im Reichsland Uri und in den (…) Talschaften Schwyz und Unterwalden, ja weithin im Reich und in den habsburgischen Hauslanden tiefe Gärung“22. Diese Gebiete beharren auf die Gültigkeit des alten Rechts der Freiheitsbriefe und auch des Schwabenspiegels (siehe dazu Kap.2.1.); dadurch „ist der urschweizerische Gemeinschaftswille innerlich konsolidiert worden“23.
Als am 14. Juli 1291 König Rudolf I. stirbt und damit der obersten Herrscher des Reiches ausscheidet24, ist dies der Anlass; „Die Kunde vom Tod des Königs führte zum allgemeinen Aufstand, zuerst in Uri, nachher in Schwyz und Nidwalden“25 ; sie schließen am 1. August 1291 einen Landfriedensbund, den „Ewigen Bund der Waldstätte“, der den Ausgangspunkt für die Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft bildet.
4. Das Dokument - der Bundesbrief von 1291
4.1. Entstehung des Dokumentes
In Kapitel 3 wurde aufgezeigt, dass der Tod des Habsburger Königs Rudolf I. die Unabhängigkeitsbestrebungen auslöste, weil die Unsicherheit über die neuen Machtverhältnisse und die Erfahrungen aus der Zeit des Interregnums Angst und Zweifel dem Reich gegenüber hervorriefen. Hinzuzufügen ist jedoch, dass der Bundesbrief von 1291 in seinem Umfang und seiner Detailliertheit sehr unwahrscheinlich in der kurzen Zeitspanne zwischen Rudolfs Tod am 14. Juli und dem Datum des Schwures der Eidgenossen am 1. August entstanden sein kann.26
Schon zu Rudolfs Lebzeiten haben Besprechungen und Beratungen stattgefunden. Unter dem strengen Kontrollsystem der Vögte wurden diese Tagungen geheim auf dem Rütli am Vierwaldstätter See abgehalten. Somit basieren die Legenden vom „Rütli-Schwur“ zumindest in Hinblick auf die Vorbereitung des Schwures auf wahren Tatsachen.
In Artikel 2 des Bundesbriefes heißt es: „So erneuern wir mit diesem Bundesbrief die früher vom Treuschwur der Talleute zusammengehaltene Form der Eidgenossenschaft.“27 Die Zeilen des lateinischen Originals „antiquam confoederationis formam iuramento vallatam presentibus innovando“, „die alte Form eines eidlich bekräftigten Bundes erneuernd“28 lassen vermuten, dass der Ewige Bund von 1291 lediglich die Erneuerung eines älteren, schon vorhandenen Bündnisses sei, da auch in der Bündnisurkunde kein konkreter Ort des Bündnisschlusses angegeben ist. Jedoch argumentiert Hunziker schlüssig, dass es sich bei dem Bundesbrief um „die schriftliche Ausführung und Besiegelung [von] mündlichen, eidlichen Treuebündnisse[n]“29 handelt. Dies lässt auch die fehlende Ortsangabe plausibel erscheinen, da die mündlichen Treuschwüre von zwei Talgemeinden der Waldstätte jeweils in der Volksversammlung der dritten gegeben wurden.
4.2. Formale Gestaltung und inhaltliche Grundlinien
Der Bundesbrief der Eidgenossen von Uri,30 Schwyz und Unterwalden beginnt mit einer Einleitungsformel „Im Namen Gottes Amen.“ Im Original von Schwyz ist das gesamte auf diese Formel folgende Dokument in 13 Artikel unterteilt, nach denen zum Abschluss die Zeitangabe des Bündnisschlusses gegeben wird: „Also geschehen im Jahre des Herrn 1291 zu Anfang des Monats August.“
Im ersten Artikel legen die Eidgenossen dar, warum und zu welchem Zweck sie diesen Bund geschworen haben. Dabei ist die Rede vom „öffentlichen Wohl“, dem es dient, wenn „Verhandlungen und Verkommnisse in Zeiten von Ruhe und Frieden mit Brief und Siegel gefestigt werden“. Man kann also sehen, dass dieser Bund nicht in Wirren der Auseinandersetzung mit den Habsburgern, sondern wohlüberlegt und gut vorbereitet entstanden ist. Im letzten Artikel finden wir eine Ewigkeitsklausel (entfernt vergleichbar mit der Konzeption im Grundgesetz durch Artikel 79), die bestimmt, dass die getroffenen Regelungen „so Gott will, ewig dauern“. Zudem wird hier die Versiegelung durch alle drei Gemeinden „zur Erwahrung des Geschehnisses“ dokumentiert.
Prinzipiell kann man abgesehen von Einleitung und Abschluss eine Zweiteilung des Dokumentes erkennen: Der Bundesbrief besteht zum einen aus einem politischen Schutz- und Trutzbündnis, das in den Artikeln 1 bis 5 und 12 enthalten ist und aus Straf- und Landfriedensbestimmungen (in den Abschnitten 6 bis 11).31
4.3. Politische Schutz- und Trutzbestimmungen
a) Artikel 1 und 2
Wie gerade erwähnt, verpflichten sich die Eidgenossen in Artikel 1 zu gegenseitigem Beistand und Schutz.
Dabei berufen sie sich auf altes Recht (zu dessen Bedeutung siehe Kap.2.1.), indem sie den Abschnitt mit der Formulierung „ es ist ehrbares Herkommen“ beginnen.
Doch bereits in diesem ersten Artikel steht auch, dass sie sich „das Treuewort gegeben haben, einander beizustehen mit Hilfe, Rat und gutem Willen, mit Leib und Gut, innerhalb der Täler und außerhalb“; dieses außerhalb ist bei der Charakterisierung von entscheidender Bedeutung. Denn es kennzeichnet den Bund nicht nur als defensives Bündnis zur Wahrung des Friedens sondern gleichzeitig auch als Offensivbündnis. Mit dieser zusätzlichen Funktion sprechen die Einwohner der Talgemeinden sich selbst die Verfügungsgewalt über die eigenen militärischen Kräfte zu. Mit dieser Gewalt in den eigenen Händen verfügen sie über einen wichtigen Teil der Landeshoheit.
Des Weiteren findet sich im ersten Artikel eine Formulierung, welche die Definition der Freiheit im Dokument klarstellt: es wird gesagt, dass sie sich beistehen „gegen Alle und Jede, die es böswillig unternehmen sollten, Ihnen oder Einem unter Ihnen Gewalt, Beschwernis oder Unbill an Leib und Gütern anzutun“. Bringt man dies mit neueren Freiheitsdefinitionen in Zusammenhang, so erkennt man, dass die Schweizer Eidgenossen in diesem Dokument eine Wahrung oder das Erreichen der negativen Freiheit postulieren. Denn der Begriff der negativen Freiheit ist nach Isaiah Berlin eine Freiheit, ohne Einmischung anderer. Man ist „in dem Maße frei, wie niemand in mein Handeln eingreift, kein Mensch und keine Gruppe von Menschen“32
Im zweiten Artikel des Bundesbriefes wird nochmals auf die eidliche Pflicht zum gegenseitigen Beistand durch den Treueschwur hingewiesen. Hier findet sich auch die Formulierung der Erneuerung eines älteren Bündnisses auf die schon im Teil 4.1. hingewiesen wurde. Nach diesem quasi schon Abschluss der Schutz- und Trutzbunderläuterungen folgen nun noch drei staatsrechtliche Zusätze:
Zum einen die Hofrechtsklausel, der Richterartikel und der Artikel zum eidgenössischen Ausgleichsverfahren.
b) Die Hofrechtsklausel
Die Hofrechtsklausel ist ein Artikel, in dem festgelegt wird, dass bisherige Herrschaftsverhältnisse bestehen bleiben, indem er postuliert, dass „ein Talbewohner, der einem Herrn dienstpflichtig ist, (…) pflichtig bleibe“. Diese Klausel zielt aber auch auf eine andere Sache ab: Die Habsburger haben zu dieser Zeit auch im Gebiet von Schwyz und Unterwalden Grundbesitz (so z.B. Klöster). Durch die Bestätigung der bestehenden Hörigkeitsverpflichtungen gegenüber dem Hofherren treten die Schweizer Eidgenossen möglichen Interventionen von Seiten der Habsburger entgegen, die darauf bauen, die Grundrechte auch auf Personen zu beziehen.33 Da Rudolf I. aber gerade danach strebt, nach der Landeshoheit, die diese Pflichten der Talbewohner dem Haus gegenüber nach sich ziehen sollte, bringt vor allem dieser Artikel den Konflikt hervor, der später im Morgartenkrieg und anderen Auseinandersetzungen mündet (siehe dazu Kapitel 5).
c) Der Richterartikel
Artikel 4 enthält den zweiten Zusatz, den Richterartikel, der ebenso wie die Hofrechtsklausel einen entscheidenden Punkt im Dokument von 1291 darstellt. Bevor die Habsburger versuchen, die gesamte Gerichtsbarkeit selbst zu stellen, bilden häufig Angehörige von landansässigen Adelsfamilien „zusammen mit den klösterlichen Amtsleuten, den Meiern und Kellnern, die politische Führungsschicht des Landes“34, die auch richterliche Befugnisse hat; diese jedoch sind „nach alamannischem Volksrecht (…) durch das Volk gewählt“35.
Der Artikel richtet sich gegen das Vorgehen der Habsburger, die im Gebiet der Innerschweiz im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts ein Vogteisystem aufbauen. 1274 erlässt Rudolf I. zudem eine Verordnung, nach der die Blutgerichtsbarkeit, also die Gerichtsbarkeit von besonders wichtigen Fällen, mit harten Strafen usw. (iustitia alta) nur von einer Person durchgeführt werden darf, die vom König mit den entsprechenden Rechten ausgestattet wurden.36 Nach den Freibriefen, die nur wenige Jahre vorher von Friedrich II. für Schwyz und von Heinrich VII. für Uri ausgestellt wurden, steht ihnen mit der zugesicherten Reichsunmittelbarkeit gleichzeitig das Recht zur Durchführung der Blutgerichtsbarkeit zu (vgl. auch Kap. 2.2.). Mit dem Erlass von 1274 widerspricht Rudolf also ebenfalls dem alten Recht.
Aus diesem Grund setzen die Eidgenossen vom Vierwaldstätter See fest, dass sie „keinen Vogt als Richter anerkennen oder auch nur aufnehmen würden, dem sein Richteramt um irgendein Entgelt oder Geldeswert übertragen würde oder der nicht unser Talbewohner wäre“. Damit richten sie sich einerseits gegen die auswärtigen Reichsvögte, die nach den Freiheitsbriefen unrechtmäßig in die Blutgerichtsbarkeit der Täler eingreifen wollen. Im selben Moment schließen sie aber auch aus, dass Vögte der Habsburger durch Kauf von Grundbesitz, also „um irgendein Entgelt oder Geldeswert“, das Richteramt ausüben können.37 Diese wären zudem auswärtig, würden also beide Bedingungen nicht erfüllen. Und schließlich richtet sich dieser Artikel gegen die landansässigen Reichen, die, ebenfalls
„um ein Entgelt oder Geldeswert“, von irgendeiner Herrschaft gegen Lehen das Richteramt erhalten haben, ohne von der Talgemeinde angenommen worden zu sein.
Dieser Richterartikel ist also ein Schritt „gegen die einschneidenste Befugnis der Vögte, ihre Gerichtsbarkeit.“38
d) Das eidgenössische Ausgleichsverfahren
Der letzte Zusatz zu diesem Schutz- und Trutzbündnis ist das in Artikel 5 und 12 erläuterte eidgenössische Ausgleichsverfahren. Hier wird festgelegt, dass, „sollten je unter den Bundesgenossen selber Misshelligkeiten entstehen, (…) die Verständigsten der Eidgenossen zusammentreten [müssen], um den Streit nach Billigkeit zu schlichten“. Weiterhin ist vorgesehen, dass diejenigen, die den Schiedsspruch dieser „Verständigsten“ nicht anerkennen, als Feinde der anderen Eidgenossen behandelt werden. In Artikel 12 wird dazu ein etwas konkreterer Fall ergänzt.
Dieses Ausgleichsverfahren ist ein weiterer Punkt, der herauszustellen ist, wenn man betrachtet, warum Bündnissysteme dieser Zeit mit ähnlichen Beistandsverpflichtungen nicht von Dauer waren, während sich der Bund von 1291 von innen heraus verfestigte und quasi bis heute Bestand hat.
4.3. Die Landfriedensbestimmungen
Die Bestimmungen, die in den Artikeln 6 bis 11 enthalten sind, kann man als Vorschriften über Urteilsvollzug und Strafrecht zusammenfassen. In Abschnitt 6 wird festgelegt: „Darüber hinaus bestehen für alle Eidgenossen die folgenden Rechtssatzungen:“; damit geht der Ewige Bund der Waldstätte über den Status eines Staatenbundes hinaus. Mit dem gemeinsamen für alle gleichsam gültigen Strafrecht ist hier quasi ein Bundesstaat entstanden.39
Diese allgemeingültigen Strafgesetze beziehen sich in den folgenden Artikeln ebenso auf Brandstiftung (Artikel 7), Raub und Sachbeschädigung (Artikel 8).
In Artikel 9 findet man einen weiteren Sachverhalt, der ganz deutlich gegen die Vögte gerichtet ist; hier wird erläutert, dass das „Gut eines anderen“ nur pfänden darf, wer „sein offenkundiger Schuldner oder Bürge [ist], und auch dann nur mit besonderer Bewilligung seines Richters“. Hier setzt man sich gegen die Willkür der Habsburger Vögte zur Wehr.
Die Absätze 10 und 11 sind Artikel, welche die praktische Anwendung des Rechts festlegen; die Gerichtszuständigkeit und auch eine Neuigkeit im Urteilsvollzug werden erläutert: Die interkantonale Rechtsunterstützung.40 Der Rechtskodex, der mit solchen für jene Zeit detaillierten Gesetzen im Bundesbrief konstruiert wird, zeigt, dass der „Hauptinhalt und der Hauptzweck (…) ganz offensichtlich in dem Bestreben, für die drei Länder eine von den Talgemeinden selbstgewählte Gerichtsbarkeit beizubehalten“41 liegt.
5. Auswirkungen des Bundesbriefes
Direkt nach oder schon mit dem Bündnisschluss der drei Waldstätte Uri, Schwyz und Unterwalden werden die Vögte aus den Tälern vertrieben. Es ist anzunehmen, dass auf Grund der anti-habsburgerischen Stimmung im Gebiet die fremden Vögte freiwillig das Land verlassen oder es nicht mehr betreten (in einigen Gegenden waren sie nicht ständig im Lande, sondern erschienen nur zur Vollziehung ihrer Maßnahmen).
Zum Ende des Jahres 1291 gibt es Erhebung in der gesamten deutschen Schweiz; jedoch bekämpft Herzog Albrecht, der als ältester Sohn Rudolf I. rechtmäßiger Herrscher der Alpengebiete ist, die Aufständischen, und die „Österreichfeinde“ unterliegen in der Hochebene: Luzern, Zürich, Konstanz und andere Städte bieten dem Haus Habsburg entweder Frieden oder Unterwerfung an. Nur die verbündeten Waldstätte widersetzen sich den Forderungen Albrechts; zudem führen die Habsburger ihre großen Auseinandersetzungen im Osten des Reiches und Albrecht muss Ende 1292 an die Donau eilen und bleibt dort auf Grund der Verhältnisse lange, wodurch er seine Vorhaben im Schweizer Alpengebiet vorerst aufschieben muss.42
Jedoch gibt es auch hier Unsicherheiten, da man sich über die Zukunft des Heiligen Römischen Reiches im Unklaren ist und vermutet, es bräche wieder eine Zeit ähnlich dem Interregnum an. Besonders über die Gültigkeit der Freiheitsbriefe ist man unsicher, weil das damalige Reichsrecht nicht sicherstellt, dass Erlasse der früheren Könige bestehen bleiben.43 „Man beeilte sich, von dem neuen Herrscher eine Bestätigung der eigenen subjektiven Rechte zu erwirken. Dann war man für dessen Lebenszeit gegen unerwünschte Zwischenfälle verhältnismäßig gesichert. Er hatte sich persönlich gebunden und würde diese Bindung nicht so leicht widerrufen können.“44 Aus diesem Grund konsultieren die Eidgenossen die neuen Machthaber und Gegner Habsburgs: Der neue König Adolf von Nassau erkennt die Reichsfreiheit an; Heinrich VII. von Luxemburg bestätigt 1309 die Freiheitsbriefe von Uri und Schwyz und stellt zudem auch für Unterwalden einen ebenbürtigen Brief aus.45
Während Albrecht von Habsburg zeit seiner Herrschaft also nicht mehr in die Geschehnisse der Eidgenossen eingreift, verschärft sich nach seinem Tode der Gegensatz zu den österreichischen Herzögen. Dies zeigt sich auch darin, dass König Heinrich VII. trotz seiner Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit der drei Waldstätte die Habsburger Ansprüche auf das Gebiet erneut prüfen lässt.46 An den Grenzen zu Österreich entstehen kleinkriegerische Auseinandersetzungen und im Januar 1315 überfallen die Schwyzer das Kloster Einsiedeln, das unter habsburgischer Herrschaft steht. Im November desselben Jahres geht Herzog Leopold von Habsburg zum
Gegenangriff über; das schwer bewaffnete Ritterheer dringt auf dem Pass am Morgarten in Schwyzer Gebiet ein und erlebt eine vernichtende Niederlage. Die Eidgenossen sind durch neue Kriegstechniken und Kenntnis der Gegend im Vorteil und entscheiden diese wie auch folgende kriegerische Auseinandersetzungen (Schlacht bei Sempach 1386, Näfels 1388) für sich.47 Nach dieser Schlacht steigt das Selbstbewusstsein der Schweizer und es beginnt eine systematische Erweiterung des Bundes der Waldstätte, sowohl auf territorialer als auch auf politischer Ebene: Zuerst schließt sich Luzern 1332 und später die umliegenden Gebiete dem Bund an.48 Zugleich kaufen die Talschaften fremden Grundbesitz auf und erklären dieses Territorium zum Gemeinbesitz; zwar bleiben in den Tälern Unterschiede zwischen arm und reich, rechtlich gesehen sind die Einwohner jedoch politisch gleichgestellt.
In der Schweiz hatten sich genossenschaftliche Prinzipien gefestigt. „Ein neues Volk war entstanden, die „Schweizer“. Der Name des aggressivsten und „demokratischsten“ Ortes war zur Gesamtbezeichnung der Bürger, Landleute und Untertanen des neuen Landes geworden.“49 Beim Friede von Basel 1499 (nach dem Schwabenkrieg) treten die Eidgenossen de facto aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation aus. De jure wird dies allerdings erst mit dem Westfälischen Friede von 1648 bestätigt, als die Schweizer Eidgenossen zeitgleich mit den Niederlanden endgültig aus dem Reichsverband ausscheiden.
6. Der Ewige Bund der Waldstätte und seine Bedeutung
In einem offiziellen Prospekt zur 700 Jahr-Feier der Schweizer Eidgenossenschaft wird zusammengefasst: „Wir entdecken Grundprinzipien, die im Laufe der Geschichte zur eigentlichen Basis der politischen Kultur der Schweiz wurden; die Idee der Selbstbestimmung, die einerseits zur direkten Demokratie und andererseits zu einem selbständigen Staat führte; die Idee der Solidarität, die zu einem Bund von 26 Kantonen ausgebaut werden konnte und noch heute praktische Gültigkeit hat; sodann die Idee der Ordnung und des inneren Friedens, die dem einzelnen Recht und Schutz gab und später um die Idee der individuellen Freiheit erweitert wurde.“50
Im Grunde kann man an dieser Formulierung die entscheidenden Neuerungen, die der Bundesbrief von 1291 für die Gebiete der Innerschweiz brachte, erkennen:
Sowohl die militärische als auch die richterliche Gewalt legen die Schweizer mit diesem Dokument in ihre eigenen Hände; sie verhindern endgültig den Einschub eines Zwischenstaates der Habsburger zwischen die Gemeindehoheit und die Reichsgewalt. Auch auf Grund der Lage an der Peripherie des Reiches sind in dem Alpengebiet „alte Vorstellungen von Freiheit und Unfreiheit lebendiger erhalten“51 ; und dadurch, dass die Bündnispartner ihre Volksfreiheit und Unabhängigkeit mit allen Mitteln verteidigen, bzw. durch den Anspruch der Talgemeinden, dass die Beschlüsse der Landgemeinden für alle Bewohner gelten sollen, errichten und sichern sie eine Territorialität der Volksherrschaft. Dies ist zur damaligen Zeit gleichbedeutend mit „staatlicher“ Unabhängigkeit und Freiheit (natürlich unter Vorbehalt der Reichspflichten).
Zugleich setzt sich ein neues Vorgehen durch: die genossenschaftliche Regelung öffentlicher Angelegenheiten und der kooperierende Beistand zwischen den Bundesgenossen.52
Die Eidgenossen hatten sich eine unabhängige Landeshoheit geschaffen, von deren Rechtsgrundlage die Talgemeinden seit 1291 nie mehr abgewichen sind.
Die Herrschaft der Schweizer „ist rechtmäßig gewachsen. Nie haben die drei Länder etwas anderes gewollt, als ihre Freiheiten und ihr Gut zu bewahren.“53
7. Literaturverzeichnis
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Koller, Walter, Die Urner Fehde der Izeli und Gruoba 1257/1287. Wirklichkeit und Deutung in der Historiographie zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (= Geist und Werk der Zeiten, Bd. 38), Bern/Frankfurt a. M. 1973.
Kreis, Georg, Der Mythos von 1291. Zur Entstehung des schweizerischen Nationalfeiertages, Basel 1991.
Krieger, Karl-Friedrich, Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III., Stuttgart/Berlin/Köln 1994.
La Roche, Emanuel Peter, Das Interregnum und die Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (= Geist und Werk der Zeiten, Bd. 30), Bern/ Frankfurt a. M. 1971.
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Meyer, Karl, Die Gründung der Eidgenossenschaft im Lichte der Urkunden und der Chroniken (Vortrag, gehalten am 22.6.1930 auf der Rütliwiese), Zürich 1930.
Meyer, Werner, 1291. Der ewige Bund. Die Entstehung der Eidgenossenschaft, Berlin 1994.
Riggenbach, Andreas, Der Marchenstreit zwischen Schwyz und Einsiedeln und die Entstehung der Eidgenossenschaft (=Geist und Werk der Zeiten, Bd. 15), Zürich 1966.
Tacitus, Publius Cornelius, Germania, Kap. 11, zit. in: Much, Rudolf, Die Germania des Tacitus, Heidelberg 1967.
8. Anhang
Der Bundesbrief von 1291
Zit. in: Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, Aarau 1931, S. 109- 112.
In der Artikelfolge des Originals von Schwiz. Im Namen Gottes Amen.
1. Es ist ein ehrbares Herkommen und dient dem öffentlichen Wohl, daß Verhandlungen und Verkommnisse in Zeiten von Ruhe und Frieden mit Brief und Siegel gefestigt werden. Darum sei denn jedermann kundgetan, daß die Männer des Landes Uri und die Talgemeinde Schwiz, sowie die Gemeinschaft der Männer von Unterwalden, des untern Tales - in Anbetracht der gefahrvollen Zeit und um sich und das Ihrige besser zu schützen und im alten Recht zu wahren - sich das Treuwort gegeben haben, einander beizustehen mit Hilfe, Rat und gutem Willen, mit Leib und mit Gut, innerhalb der Täler und außerhalb, nach bestem Können und mit bestem Willen, gegen Alle und Jede, die es böswillig unternehmen sollten, Ihnen oder Einem von Ihnen Gewalt, Beschwernis oder Unbill an Leib und Gütern anzutun.
2. Und es hat jede Talgemeinde der andern gelobt, ihr im Notfall gegen jeden böswilligen Angriff beizustehen und angetane Unbill zu vergelten - in eigenen Kosten und auf eigene Gefahr. Und sie haben das geschworen und mit erhobener Schwurhand und ohne jeden Hinterhalt. Sie erneuern so mit diesem Bundesbrief die früher vom Treueschwur der Talleute zusammengehaltene Form der Eidgenossenschaft.
3. Immerhin dergestalt, daß ein Talbewohner, der einem Herrn dienstpflichtig ist, nach Standesrecht seiner Herrschaft, wie hergebracht, pflichtig bleibe.
4. Dabei aber haben wir in gemeinsamem Ratschlag ebenso einhellig uns gelobt und verordnet, daß wir in unsern Tälern keinen Vogt als Richter anerkennen oder auch nur aufnehmen würden, dem sein Richteramt um irgendein Entgelt oder Geldeswert übertragen würde oder der nicht unser Talbewohner und Landsmann wäre.
5. Sollten je unter Bundesgenossen selber Misshelligkeiten entstehen, dann müssen die Verständigsten der Eidgenossen zusammentreten, um den Streit nach Billigkeit zu schlichten. Und welcher Teil diesen Schiedsspruch alsdann zurückweist, dem sollen die anderen Eidgenossen entgegentreten.
6. Darüber hinaus aber bestehen für alle Eidgenossen die folgenden Rechtssatzungen: Wer einen Andern mit Vorbedacht und ohne dessen eigene Schuld ermordet hat, der soll, wenn er ergriffen wird, mit dem Leben büßen, wie es seine verruchte Schuld verlangt, außer er vermöchte seine Nichtschuld am Verbrechen nachzuweisen. Und wenn er etwa entflohen wäre, soll er niemals wieder heimkehren dürfen. Wer aber einen solchen Übeltäter aufnimmt und schirmt, wird aus den Tälern verbannt, bis ihn die Eidgenossen ausdrücklich wieder heimberufen.
7. Wer aber einen Eidgenossen, bei Tag oder bei stiller Nacht, freventlich mit Brand beschädigt hätte, der soll des Landrechts als Talbewohner für immer verlustig gehen. Und wer einen solchen Übeltäter innerhalb der Täler hegt und schützt, der hat dem Beschädigten selber Ersatz zu leisten.
8. Ferner: wenn ein Eidgenosse den andern an seinem Gut beraubt oder irgend schädigt, soll alles Gut des schuldigen Täters, das in den Tälern zu finden ist, mit Beschlag belegt und zur rechtmäßigen Genugtuung des Geschädigten verwendet werden.
9. Sonst aber soll keiner das Gut eines Andern pfänden, er sei denn auch sein offenkundiger Schuldner oder Bürge, und auch dann nur mit besonderer Bewilligung seines Richters.
10. Jedermann hat dem Richter seines Tales zu gehorchen und hat andernfalls nachzuweisen, welchem andern Richter innerhalb der Täler er eigentlich mit besserem Recht unterstellt sei.
11. So aber jemand dem Spruch seines Richters zuwiderhandelt und daraus einem Eidgenossen Schaden entstünde, sind alle Verbündeten gehalten, den Widerspenstigen zur Genugtuung anzuhalten.
12. Wären aber unter den einzelnen Bundesgenossen bereits Kriegswirren oder Zwistigkeiten ausgebrochen, und weigert sich der eine Teil der Streitenden, entweder das eidgenössische Recht des Ausgleichs oder die gesprochene Genugtuung anzunehmen so ist es Pflicht der übrigen Bundesgenossen, den andern Teil in Schutz zu nehmen.
13. Diese so geschriebenen und zum allgemeinen Wohl heilsam verordneten Bundesbeschlüsse sollen, so Gott will, ewig dauern. Und zur Erwahrung des Geschehnisses ist die gegenwärtige Bundesurkunde auf Anordnung der vorgenannten Talgemeinden abgefaßt und mit den Siegeln der drei genannten Gemeinden und Täler gehörig versehen worden.
Also geschehen im Jahre des Herrn 1291 zu Anfang des Monats August.
[...]
1 Schiller, Friedrich, Wilhelm Tell, Reclam 1993.
2 Meyer, Werner, 1291. Der ewige Bund. Die Entstehung der Eidgenossenschaft, Berlin 1994, S. 11.
3 Vgl. Koller, Walter, Die Urner Fehde der Izeli und Gruoba 1257/1287. Wirklichkeit und Deutung in der Historiographie zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (= Geist und Werk der Zeiten, Bd. 38), Bern/Frankfurt a. M. 1973.
4 Vgl. Kern, Fritz, Recht und Verfassung im Mittelalter, Basel 1953, S.11.
5 Ebd., S. 18.
6 Ebd., S. 21.
7 Vgl. ebd. S. 27f. und 30ff.
8 Tacitus, Publius Cornelius, Germania, Kap. 11, zit. in: Much, Rudolf, Die Germania des Tacitus, Heidelberg 1967, S. 201.
9 Vgl. Hunziker, , Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief von 1291 und seine Vorgeschichte. Zum 640. Gedenktag, Aarau 1931, S. 15.
10 Lex Alamannorum temporibus Lantfridi renovata, Art. 16, in: Pertz, Georgius Heinricus, Monumenta Germanicae Historica, Hannover 1863, S.84-119, hier S. 101.
11 Vgl. Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 16.
12 Ebd., S. 18f.
13 Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 19.
14 La Roche, Emanuel Peter, Das Interregnum und die Entstehung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft (= Geist und Werk der Zeiten, Bd. 30), Bern/ Frankfurt a. M. 1971, S. 40.
15 Vgl. Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 35.
16 Meyer, Werner, 1291. Der ewige Bund, S. 26.
17 Vgl. Boldt, Hans, Deutsche Verfassungsgeschichte, Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende des älteren deutschen Reiches 1806, 2., durchges., u. aktual. Aufl., München 1990, S. 331.
18 Im Hof, Ulrich, Geschichte der Schweiz, 5., verbesserte und erw. Aufl., Stuttgart/Berlin/Köln 1991, S.24.
19 Ebd., S. 25.
20 Vgl. Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 35f.
21 Vgl. Ebd., S. 36f.
22 Meyer, Karl, Die Gründung der Eidgenossenschaft im Lichte der Urkunden und der Chroniken (Vortrag, gehalten am 22.6.1930 auf der Rütliwiese), Zürich 1930, S. 23.
23 Ebd., S. 8.
24 Vgl. Im Hof, Ulrich, Geschichte der Schweiz, S. 26.
25 Meyer, Karl, Die Gründung der Eidgenossenschaft, S. 29.
26 Vgl. dazu Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 64ff.
27 Der Bundesbrief von 1291, Art.2, als Anhang in der Artikelfolge des Originals von Schwyz in: Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 109.
28 Vgl. Zitat und Übersetzung aus Fehr, Hans, Die Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Vortrag, gehalten auf dem internationalen Historiker-Kongress in Oslo 1928), Bern 1929, S. 11.
29 Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 68.
30 Bei der folgenden Analyse diente, wenn nicht anders erwähnt, die Übersetzung (Fußnote 25) in ebd., S. 109-112, als Grundlage (siehe Anhang).
31 Vgl. ebd., S. 69.
32 Berlin, Isaiah, Zwei Freiheitsbegriffe, in ders.: Freiheit. Vier Versuche, Frankfurt a.M. 1995, S. 197-256, hier S. 201.
33 Vgl. Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 72ff.
34 Meyer, Werner, 1291. Der ewige Bund, S. 16.
35 Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 75.
36 Vgl. Ebd., S. 75.
37 Vgl. Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 74.
38 Meyer, Karl, Die Gründung der Eidgenossenschaft, S. 9.
39 Vgl. Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 85.
40 Ebd.
41 Ebd., S. 87.
42 Vgl. Hunziker, Otto, Der Eidgenössische Bundesbrief, S. 98.
43 Vgl. ebd., S. 95.
44 Kern, Fritz, Recht und Verfassung im Mittelalter, S. 54f.
45 Vgl. Im Hof, Ulrich, Geschichte der Schweiz, S. 26.
46 Vgl. Krieger, Karl-Friedrich, Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III., Stuttgart/Berlin/Köln 1994, S. 119.
47 Vgl. Krieger, Karl-Friedrich, Die Habsburger in Mittelalter, S. 119.
48 Vgl. Im Hof, Ulrich, Die Geschichte der Schweiz, S. 27.
49 Ebd., S. 34.
50 Zit. in: Kreis, Georg, Der Mythos von 1291. Zur Entstehung des schweizerischen Nationalfeiertages, Basel 1991, S. 10.
51 Fehr, Hans, Die Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft, S. 16.
52 Vgl. Boldt, Hans, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 157.
53 Riggenbach, Andreas, Der Marchenstreit zwischen Schwyz und Einsiedeln und die Entstehung der Eidgenossenschaft (=Geist und Werk der Zeiten, Bd.15), Zürich 1966, S. 152.
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- Johanna Nemson (Autor:in), 2001, Der Ewige Bund der Waldstätte 1291. Die Entstehung der Schweizer Eidgenossenschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105535
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