1. Einleitung
Nachdem kein geschichtliches Ereignis des 19. Jahrhunderts innerhalb Europas mein Interesse weckte, stieß ich in dem Buch „ Weltgeschichte auf einem Blick“ auf den Konflikt zwischen Nord- und Südstaaten der USA im Bezug auf die Sklaverei und der dadurch folgende Bürgerkrieg.
Die damaligen Absurditäten und die auch noch heute vorherrschenden Konflikte halten mein Interesse an diesem Thema aufrecht, deswegen möchte ich mich in dieser Arbeit mit dem Amerikanischen Bürgerkrieg auseinandersetzen.
2. Begriffsklärung Sezession
Abtrennung eines Gebietsteiles eines Staates gegen dessen Willen durch die dort ansässige Bevölkerung mit dem Ziel, einen neuen Staat zu bilden oder sich einem bestehenden Staat anzuschließen.
3. Der Sezessionskrieg
3.1.Hintergrund
Die Nordgrenze von Maryland, die sogenannte „Mason-and-Dixon-Line“, trennte zwei Landesteile voneinander, die im Laufe des 19. Jahrhunderts eine immer gegensätzlichere Entwicklung nahmen, die Nordstaaten und die Südstaaten. Während man im Norden, wie in Europa, den Tendenzen der Zeit folgte, Kapital anhäufte, Fabriken und Eisenbahnen baute, Städte vergrößerte, sich um Reformen bemühte, isolierte sich der Süden zusehends von der normalen Welt und sah seine stolze Aufgabe darin, seine Ausnahmestellung mit aller Hartnäckigkeit zu behaupten.
Die Verhältnisse in den Südstaaten stagnierten keinesfalls in allen Bereichen, wie oft behauptet wird, ganz im Gegenteil erlebte die Wirtschaft des Südens in der ersten Jahrhunderthälfte einen Aufschwung anderer Art. Die Baumwollindustrie. Im 18. Jahrhundert hatte der Anbau von Reis, Indigo, Zuckerrohr, Hanf und vor allem Tabak eine weit größere Bedeutung als Baumwolle. Aber dann hatte Yankee Eli Whitney 1793 seine „Cotton Gin“, eine Baumwollentkörnungsmaschine, erfunden. Dies machte die Ernte entscheidend leichter und den Baumwollanbau erst wirklich rentabel. Hinzu kam, daß der Industriebedarf Englands, Frankreichs und den Nordstaaten an Baumwolle extrem stieg. Ein Bedarf, der bis zum Bürgerkrieg fast ausschließlich mit den Exporten der Südstaaten gedeckt wurde, so daß diese eine Art Monopolstellung besaßen.
Die industrielle Entwicklung hinkte allerdings weit hinter der des Nordens her. Das lag zum Großteil daran, daß das Kapital des Südens in viel höherem Maße durch den Besitz von Boden und vor allem von Arbeitskräften gebunden war. Die Sklaverei! Nur der Einsatz eines Millionenheeres von Negersklaven hatte den Baumwollboom des 19. Jahrhunderts ermöglicht . Die Mehrzahl der großen Plantagen lag in den fruchtbaren Niederungen entlang den Küsten und den schiffbaren Flüssen. In diesen Gebieten bestand die Bevölkerung oft zu 60 bis 70% aus Negern.
Das heißt die fruchtbarsten, für den Baumwollanbau am besten geeigneten Böden befanden sich ganz überwiegend in den Händen der großen Pflanzer und wurden mit dem effizientesten Arbeitsteam ausgebeutet.
„ Hat es je ein Volk gegeben, sei es zivilisiert oder wild, das mit menschlichen oder göttlichen Argumenten dazu hätte überredet werden können, freiwillig ein Vermögen von zwei Milliarden Dollar aufzugeben?“
Mit dieser Frage meinte Senator James H. Hammond aus South Carolina die größte Vermögensanlage seiner Landleute, die im Wert dem achtfachen der Bankguthaben der ganzen Nation entsprach, nämlich die fast vier Millionen Negersklaven, die am Vorabend des Bürgerkrieges in den Südstaaten lebten. Damals waren die USA das Land mit der größten Sklavenbevölkerung der Erde, neben Brasilien der einzige wirklich bedeutende Sklavenhalterstaat, der noch existierte.
Warum folgte man nicht den Nordstaaten, die zwischen 1780 und1804 die Emanzipation ihrer Sklaven beschlossen und schrittweise durchgeführt haben? Das hing in erster Linie mit dem ungeheuren Aufschwung der Baumwollwirtschaft nach der Jahrhundertwende zusammen. Die Sklaverei war auf lange Sicht unentbehrlich geworden. Der Süden wollte nicht auf die wesentlichen Quellen seines Reichtums verzichten.
Auch Angst spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle. 1800 und 1822 waren Komplotte zu Sklavenrevolten aufgedeckt worden, 1831 hatte ein solcher Aufstand tatsächlich stattgefunden und 60 Weißen das Leben gekostet. Dies sollte der einzige in der Geschichte des Südens bleiben, deswegen wurden die „Black Codes“, die Sklavenhaltung betreffenden Gesetze, verschärft, die Rechte der Freigelassenen beschnitten und die Pressefreiheit eingeschränkt. 1819 kam es zum erstenmal zum offenen Streit über das Sklavereiproblem. Anlaß war, wie auch bei den späteren Zusammenstößen, die Frage, ob bei der Aufnahme neuer Staaten in die Union die Sklavenhaltung zugelassen werden sollte oder nicht. Es ging um die Zulassung Missouris zur Union. Ein Jahr später gelang der Kompromiß, indem man gleichzeitig das „freie“ Maine und den Sklavenhalterstaat Missouri in den Bund mit aufnahm.
Als 1850 das Sklavenfluchtgesetz verschärft wurde, steigerte sich der Konflikt zwischen Nord und Süd immer mehr zu. Die Verpflichtung, den Sklavenjägern beim Einfangen entlaufener Neger zu helfen, lehnten viele Nordstaatler mit Empörung ab und manche begannen statt dessen, die Flucht von Sklaven nach Kanada systematisch zu organisieren. Gleichgültig, ob das Gesetz durchgeführt oder absorbiert wurde, in jedem Fall gab es nördlich und südlich der Mason-and- Dixon-Line wütende Proteste, die in gar keinem Verhältnis zur tatsächlichen Dimension der Sklavenfluchtbewegung standen.
Mittlerweile begann man Pläne für eine Transkontinentaleisenbahn zur Pazifikküste zu schmieden, und die Route der diese Eisenbahn folgen sollte, bildete sogleich einen neuen Zankapfel zwischen Nord und Süd.
Senator Stephan Douglas aus Illinois, dem es in erster Linie um die Wahrnehmung westlicher Interessen ging, versuchte die Sklavenhalterstaaten zur Aufgabe der von ihnen ins Auge gefaßten südlichen Streckenführung zu bewegen, indem er Zugeständnisse in einer Frage anbot, deren Brisanz er offensichtlich unterschätzte. Er beabsichtigte, die Gebiete westlich und nordwestlich von Missouri in zwei Territorien, Kansas und Nebraska, zu organisieren und die Entscheidung über die leidige Sklavereifrage der dortigen Bevölkerung zu überlassen, ein System das der Senator mit dem würdevollen Namen „Volkssouveränität“ belegte. Das Problem war nur, das beide Territorien nördlich der 1820 im Missouri- Kompromiß festgelegten Grenze lagen und diese dadurch außer Kraft gesetzt worden wäre. Viele Nordstaatler sahen hierin einen ersten Versuch der aggressiven Pflanzeraristokratie, die Sklaverei wieder zu einer gesamtnationalen Einrichtung zu machen. Die Südstaatler, von denen die Initiative zu dieser neuen Entwicklung gar nicht ausgegangen war, ergriffen natürlich erfreut die Gelegenheit beim Schopfe, und im Mai 1854 passierte das Kansas-Nebraska-Gesetz den Kongreß. Damit erreichte der Konflikt einen neuen Höhepunkt. Anhänger beider Seiten strömten in die neuen Territorien, um die Wahlen in ihrem Sinne zu beeinflussen, und bald herrschten im „blutigen Kansas“ Mord und Totschlag, der Bürgerkrieg erlebte eine ferne Ouvertüre.
In den Fünfziger Jahren wurde das Denken der meisten Amerikaner von Vorurteilen und Ängsten, von Aggressivität und Überempfindlichkeit bestimmt und die eifrig aktive Presse bestärkte sie in ihren Gefühlen. Neben der Sklaverei gab es gewiß auch noch andere Gegensätze, die für Konflikte sorgten, unterschiedliche wirtschaftliche Interessen, ungeklärte Verfassungsfragen, aber erst die Sklaverei gab der Auseinandersetzung die kategorische moralische Schärfe, die die Nation in unversöhnliche Lager spaltete und schließlich vielen den Krieg als die nicht mehr vermeidbare Folge eines „ununterdrückbaren Konflikts“ erscheinen ließ.
„Eine geographische Linie, die mit einem klar umrissenen moralischen oder politischen Prinzip zusammenfällt, wird, sobald sie einmal begriffen und den erbosten Leidenschaften der Menschen ausgesetzt worden ist, nie wieder verwischt werden können, und jede Reizung wird sie tiefer und tiefer eingraben.“ T. Jefferson
Immer häufiger und immer ernsthafter drohten die Verfechter der Südstaaten mit der Sezession, dem Austritt aus der Union.
Sie glaubten, erst wenn der Süden sich von den Nordstaaten loslöste und einen eigenen Staatenbund gründete, würde er sich ungestört entwickeln können. Der Spaltung der Nation ging die Spaltung der Demokratischen Partei voraus. Mit den Republikanern besaß der Norden bereits eine eigene politische Formation, aber die Demokraten bildeten noch eine über den feindlichen Landesteilen stehende Partei. Diese Konstellation sollte den Konvent des Jahres 1860 nicht überleben, auf dem der Kandidat für den anstehenden Präsidentschaftswahlkampf bestimmt werden sollte.
Angeführt von William Yancey aus Alabama, erhoben die radikalen Vertreter des tiefen Südens so exzessive Forderungen zum Schutz der Sklaverei in den Territorien, daß die Nordstaatler nicht mehr mitmachen wollten. Der Konvent brach auseinander, und die Norddemokraten nominierten Stephen Douglas, die Süddemokraten John C. Breckinridge, einen eher gemäßigten Mann. Die Spaltung der Demokraten machten einen Sieg für die Republikaner fast unvermeidbar, zumal es nach der Aufnahme von Minnessota und Oregon in die Union mittlerweile 18 „freie“ gegenüber 15 Sklavenhalterstaaten gab. Auch bei den Republikanern gab es Flügelkämpfe, aber sie gefährdeten keinen Augenblick den Zusammenhalt der jungen Partei. Der Favorit, Senator Seward aus New York, konnte sich nicht durchsetzen, da er sich in der Sklavereifrage zu scharf geäußert hatte, um hoffen zu können, alle Nordweststaaten zu gewinnen. So einigte man sich auf den als gemäßigt geltenden, seinen heimischen Westen ansprechenden Abraham Lincoln.
Das Ergebnis der Wahl vom 6. November 1860 konnte bei dieser Konstellation nicht überraschen. Lincoln erhielt die Wahlmännerstimmen sämtlicher Nordstaaten. Breckinridge setzte sich in der Mehrzahl der Sklavenhalterstaaten durch. Bell gewann einige der oberen Südstaaten und Douglas, der an Wählerstimmen an zweiter Stelle hinter Lincoln rangierte, konnte im Wahlmännerkollegium nur die Stimmen von Missouri und drei der sieben Stimmen von New Jersey für sich verbuchen.
Wie weit die Polarisierung vor allem im Süden fortgeschritten war, macht die Tatsache deutlich, daß in zehn der Südstaaten buchstäblich kein einziger Mensch für Lincoln gestimmt hatte.
3.2. Die Konföderierten Staaten von Amerika
Es dauerte keine zwei Monate und das lange Befürchtete trat ein: am 20. Dezember 1860 erklärte South Carolina „die Union mit anderen Staaten, bekannt als, Vereinigte Staaten von Amerika“ für gelöst. Der Beschluß war inmitten eines unbeschreiblichen Taumels der Begeisterung gefaßt. Die Sezession war Wirklichkeit geworden.
Zwischen dem 9. Januar und 1. Februar 1861 folgten die Staaten Mississippi,
Florida, Alabama, Georgia, Louisiana und Texas dem Vorbild South Carolinas und erklärten ihren Austritt aus der Union. Die Abgeordneten dieser Sieben sich nun als souverän erachtenden Staaten trafen sich in Montgomery in Alabama und beschlossen am 8. Februar 1861 die Verfassung der Konföderierten Staaten von Amerika(Confederate States of America C.S.A.) Einen Tag später wählten sie Jefferson Davis aus Mississippi zum provisorischem Präsidenten. Er war ein Senator und ehemaliger Kriegsminister der Vereinigten Staaten. Davis war keiner der radikalen Hitzköpfe, die die Sezessionsbewegung angeführt hatten, sondern ein gemäßigter Südstaaten-Nationalist.
Das neue Staatsgebilde umfaßte einstweilen nur die Hälfte der Südstaaten, der obere Süden verhielt sich noch abwartend. Viel hing nun von der Regierung in Washington ab. Damals vergingen immer volle vier Monate, bis ein neu gewählter Präsident sein Amt antrat. Der alte Präsident, der fast 70jährige James Buchanan begegnete der Sezessionskrise unentschlossen. Er verurteilte den Schritt South
Carolinas und der anderen ausgeschiedenen Südstaaten als verfassungswidrig, unternahm aber nichts, um die Autorität des Bundes durchzusetzen. Mit einer Armee von nur 16000 Mann hätte er sich freilich auch schwergetan, irgendwelche machtvollen Maßnahmen einzuleiten. So beschränkte er sich darauf, offene Feindseligkeiten zu vermeiden und alles zu tun, um zu verhindern, daß der obere Süden sich der Sezession anschloß. Solange das nicht der Fall war, konnte man noch hoffen, die Krise sei nur vorübergehend.
Mittlerweile traten verschiedene Kommissionen zusammen, die Kompromißlösungen zu finden versuchten. Besonders die Grenzstaaten, die sich ja in einem argen Dilemma befanden, taten sich bei diesen Bemühungen hervor. Es war indes ein wenig aussichtsreiches Unterfangen, da es den Konföderierten Staaten tödlich ernst war mit ihrer Unabhängigkeit und da der gewählte Präsident Abraham Lincoln, es strikt ablehnte in der Frage der westlichen Territorien irgendwelche Zugeständnisse zu machen.
Lincoln war durchaus kein Abolitionist. Wieder und wieder versprach er dem Süden, er werde sich nicht in dessen Angelegenheiten einmischen, wo die Sklaverei bereits existierte. Auch war er bereit, die Durchführung der im Norden so unpopulären Sklavenfluchtgesetze zu garantieren. Aber die Ausdehnung der Sklaverei in irgendeines der westlichen Territorien kam für ihn nicht in Frage, denn das hätte die unheilvolle Aufspaltung der Union in zwei feindliche Lager nur verewigt, während eine Beschränkung der Sklaverei auf ihr derzeitiges Gebiet nach Lincolns Überzeugung zu einem allmählichem Absterben der Institution führen müßte.
Lincoln war in erster Linie ein Nationalist. Wenn er auch die Sklaverei persönlich ablehnte, so interessierte sie ihn politisch nur insofern, als sie die Einheit der Union gefährdete. Noch am 22. August 1862, mitten im Krieg, schrieb er an Horace Greeley :
„Könnte ich die Union erhalten, ohne auch nur einen Sklaven zu befreien, würde ich es tun, könnte ich sie erhalten in dem ich alle Sklaven befreite, ich würde es tun; und wenn ich sie erhalten könnte in dem ich einige befreite und einige nicht, ich würde es gleichfalls tun. Alles was ich in Bezug auf die Sklaverei und die farbige Rasse unternehme, tue ich, weil ich glaube, es könnte helfen die Union zu retten.“
Diese Union existierte nach Lincoln auch nach der Sezession fort, da seiner Ansicht nach kein Staat legal seine Mitgliedschaft im Bund aufkündigen konnte. Am 4. März 1861 trat der neue Präsident in Washington sein Amt an. In seiner Rede wandte er sich an den abtrünnigen Teil seiner Nation:
„In euren Händen, meine mißvergnügten Landsleute, und nicht in meinen, liegt die ungeheure Frage eines Bürgerkrieges. Die Regierung wird euch nicht angreifen. Ihr könnt keinen Kampf haben, ohne selbst die Angreifer zu sein. Von euch kennt man im Himmel keinen Eid, mit dem ihr euch verpflichtet hättet, die Regierung zu zerstören, während ich den feierlichsten Eid abgelegt habe, sie zu erhalten, zu beschützen und zu verteidigen.“
3.3. Und der Krieg kam
Der Krieg kam am 12. April 1861, als um 4. 30 morgens im Hafen von Charleston eine Mörserbombe hochstieg, ihren feurigen Schweif durch die Dämmerung zog und krachend über Fort Sumter krepierte. Wenig später waren 42 konföderierte Geschütze gegen die auf einer künstlichen Insel gelegene Festung in Tätigkeit. Die Krise um Fort Sumter war aus der Sezessionskrise erwachsen. Der Bund besaß im Territorium der Konföderierten Staaten eine Reihe von Festungen, Depots und anderen Stützpunkten. Die meisten von diesen waren von der kleinen US- Armee nur ganz schwach besetzt gewesen und wurden ohne Widerstand den Staatstruppen überlassen. Zwei Forts aber befanden sich beim Amtsantritt Lincolns noch in der Hand der Unionsstreitkräfte. Das eine von beiden lag genau in der Geburtsstadt und Hochburg der Sezessionsbewegung, in Charlston, South Carolina, eben fort Sumter.
Die Inselfestung wurde bald zum Symbol. Die Konföderierten konnten keinen Stützpunkt der Bundesarmee auf ihrem Territorium, noch dazu in so provozierender Lage, dulden, ohne ihren Anspruch auf volle Souveränität aufs Spiel zu setzen; die Regierung in Washington konnte das Fort nicht aufgeben, ohne den Anschein zu erwecken, sie akzeptierte die Sezession als vollendete Tatsache und verzichte auf ihr Eigentum in den abgefallenen Staaten. Als Lincoln Schiffe schickte, um die Festung mit Nahrung zu versorgen, hatte er den Sezessionisten die Initiative zugeschoben. Entweder sie sahen dieser Maßnahme tatenlos zu und riskierten einen fatalen Gesichtsverlust, oder sie griffen zu den Waffen. Am 12. April wurde das Feuer auf die Festung eröffnet.
Die Entwicklung beschleunigte sich jetzt. Lincoln forderte die Einzelstaaten auf, 75.000 Freiwillige zu stellen, um die Rebellion niederzuschlagen. Virginia, North Carolina, Tennessee und Arkansas weigerten sich und erließen ebenfalls Sezessionsdekrete. Damit mußte man auch an der künftigen politischen Zugehörigkeit von Maryland, Kentucky und Missouri zur Union zweifeln. Von allen Sklavenstaaten hielt nur Delaware zur Union. Es war ein Krieg zwischen "Brüdern". Alte Freunde, die einst gemeinsam im Krieg von 1812 und in Kalifornien kämpften standen sich jetzt gegenüber. Familien wurden zerrissen. Selbst Lincoln hatte Verwandte, die für den Süden kämpften.
Der Süden hatte jedoch allen Grund bis zum bitteren Ende zu kämpfen, da es doch um seine Unabhängigkeit ging. Ein weniger resoluter Präsident als Lincoln hätte vermutlich einen Vergleich mit der Konföderation zu erreichen versucht und damit praktisch die Unabhängigkeit des Südens anerkannt. Den Preis, den der Norden für seine Sturheit zahlte waren 365.000 gefallene Soldaten der Union bei Kriegsende. Was Lincoln in den ersten Monaten Auftrieb gab war das Kriegsfieber, von dem der Norden ergriffen wurde, als der Aufruf zur Anwerbung von Freiwilligen erging. Auf die Dauer war aber noch wichtiger die Überzeugung, die am deutlichsten 1863 in Lincolns Ansprache nach der Schlacht von Gettysburg zum Ausdruck kam:
„Vor 87 Jahren brachten unsere Väter auf diesem Kontinent eine neue Nation hervor, entworfen in Freiheit und geweiht der Annahme, alle Menschen seien gleich geschaffen. Nun stehen wir in einem großen Bürgerkrieg, um herauszufinden, ob diese Nation oder irgendeine Nation, so entworfen und so geweiht, lange überleben kann. Wir haben uns hier auf einem großen Schlachtfeld dieses Krieges getroffen, um einen Teil von ihm zu weihen, als letzte Ruhestätte für die, die hier ihr Leben gegeben haben, auf daß diese Nation leben möge. Es ist ganz richtig und angemessen, daß wir das tun. Aber in einem weiteren Sinne können wir diesen Boden nicht widmen, können wir ihn nicht weihen, können wir ihn nicht heiligen. Die tapferen Männer, die lebenden und die Toten, die hier gekämpft haben, sie haben ihn geweiht, in weit höherem Maße, als es in unserer bescheidenen Kraft steht, etwas hinzuzufügen oder etwas wegzunehmen. Die Welt wird kaum zur Kenntnis nehmen und nicht lange in Erinnerung behalten, was wir hier sagen, aber sie kann niemals vergessen, was wir hier taten. Es ist vielmehr an uns, den Lebenden, hier dem unvollendeten Werk geweiht zu werden, das sie soweit und so edelmütig vorangetrieben haben. An uns ist es, der großen Aufgabe gerecht zu werden, die noch vor uns steht- das wir von diesen geehrten Toten größere Hingabe erhalten für die Sache, der sie das letzte volle Maß an Hingabe dargebracht haben-, daß wir uns hier fest entschließen, daß diese Toten nicht umsonst gestorben sein sollen; daß diese Nation eine neue Geburt der Freiheit erleben solle und daß die Regierung des Volkes, durch das Volk, für das Volk, nicht von der Erde verschwinden soll.“
Diese Überzeugung trug dazu bei, dem Norden Kraft zu geben, um die schweren Jahre des Krieges durchzustehen. Die Entschlossenheit des Nordens, den Krieg bis zum bitteren Ende zu führen, erwies sich als der entscheidende Faktor. Beide Seiten rechneten zunächst mit einer kurzen und harten militärischen Auseinandersetzung, die mit einem Sieg enden werde. Da die Strategie des Südens im wesentlichen defensiv war, blieb es dem Norden überlassen, den ersten Schritt zu wagen. Mitte Juli 1861 setzte sich eine Armee mit 35.000 Soldaten in Marsch, um von Washington aus die 190 Kilometer entfernte Hauptstadt der Konföderierten, Richmond, zu besetzen. Etwa 90 Kilometer südlich von Washington am Bull Run- Fluß stießen die Unionstruppen auf eine etwa gleichstarke Armee der Konföderierten. Nach einem blutigen Gefecht lösten sich die Unionstruppen, die den Befehl zum Rückzug erhalten hatten einfach auf. Hätten die Truppen des Südens ihren Sieg genützt und wären weiter nach Norden gezogen, hätten sie Washington ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen besetzen und somit den Krieg beenden können.
Das Gefecht am Bull Run war das erste einer Serie von Desastern, die die Streitkräfte der Union in den folgenden zwei Jahren in Virginia erlebten. Obwohl sie mit der Zeit immer mehr an Kriegserfahrung sammelten, wurden sie immer wieder von den Truppen der Konföderierten ausmanövriert. Dies basierte auf der Tatsache, daß die Elite des alten Offizierscorps der Bundesarmee jetzt zur Konföderation gehörte.
Im Frühjahr 1862 wurde der zweite Versuch, diesmal auf dem Seeweg bis nach Richmond vorzudringen unternommen. Er blieb ohne Erfolg. Es folgten drei weitere Versuche im Herbst und Winter 1862 und im Frühjahr 1863, aber jedesmal mit dem selben verheerenden Ergebnis.
Nach zwei Jahren Krieg war der einzige Erfolg der Union ein technischer Sieg in der Schlacht von Antietam. Doch an anderer Stelle machte sich die Stärke des Nordens bemerkbar. Die Küste der Südstaaten wurde durch die immer undurchlässiger werdende Seeblockade der Unionsflotte von
Handelsverbindungen mit der übrigen Welt abgeschnitten. Im Frühjahr 1862 eroberten Truppen von der See her New Orleans und begannen, den Mississippi hinauf nach Norden vorzudringen. Mindestens ebenso wichtig war, daß die Unionsarmeen unter dem Oberkommando von General Ulysses S. Grant den Mississippi flußabwärts ihnen entgegenkamen. Als Grant im Sommer 1863 die von Konföderierten Streitkräften besetzte Festung Vicksburg am Ufer des Mississippi eroberte und sich gleichzeitig die Stadt Port Hudson ergab, beherrschte die Unionsarmee den gesamten Flußlauf. Diese Erfolge fielen zeitlich mit dem ersten entscheidenden Sieg im Osten zusammen. Obwohl die Südstaatler immer noch in der Lage waren, ihre Gegner auszumanövrieren, waren sie durch die ständig wachsende zahlenmäßige Überlegenheit der Unionskräfte beunruhigt.
Die Frage der Sklavenemanzipation lag seit Kriegsanbruch in der Luft. Offiziell kämpfte der Norden ausschließlich für die Wiederherstellung der Union. Der radikale, abolitionistische Flügel der Republikaner wollte jedoch den Krieg in einen Kreuzzug gegen die Sklaverei umwandeln.
Lincoln war sich lange unschlüssig, welchen Weg er einschlagen sollte. Bisher war der Krieg für beide Seiten für ausgesprochen konservative Ziele gefühlt worden. Der Norden wollte die Union aufrechterhalten, der Süden die Staatsrechte und seine Institutionen verteidigen, beide beriefen sich fortwährend auf die Verfassung, in deren wahrem Geist zu handeln sie behaupteten. Machte man die Abschaffung der Sklaverei und damit die Zerschlagung des ganzen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems der Südstaaten zum Kriegsziel, bedeutete dies eine Revolutionierung des Konflikts mit unabsehbaren Konsequenzen. Ausschlaggebend für Lincoln war die Zweckmäßigkeit der Emanzipation als Kampfmittel zur Aufrechterhaltung der Union. Mehr und mehr festigte sich in ihm die Überzeugung, daß der Siegeswille des Nordens einen neuen moralischen Impuls brauchte und das der Krieg, nachdem er nun einmal da war, dazu benutzt werden mußte, das leidige Problem aus der Welt zu schaffen. Die entscheidene Rolle spielte aber zweifelsfrei die außenpolitische Lage. Die Konföderierten genossen nicht nur in konservativen, sondern auch in liberalen Kreisen Europas Sympathie, da sie für die Sache der Selbstbestimmung kämpften. Erklärte man nun den Kampf gegen den Süden zum Kreuzzug gegen die Sklaverei, gewannen die Kriegsziele der Union ein moralisches Prestige, das es jeder europäischen Nation schwermachen mußte, zugunsten der Sklavenhalter militärisch einzugreifen.
So erließ Lincoln am 22. September 1862 seine Emanzipationsproklamation:
„Alle Personen, die als Sklaven gehalten werden, sollen am ersten Tag des
Januar des Jahres unseres Herrn 1863 in jedem Staat oder abgegrenzten Teil eines Staates, dessen Bevölkerung sich dann noch in Rebellion gegen die Vereinigten Staaten befindet, von da an und für immer frei sein.“
Um diesen schrecklichen Krieg endlich zu beenden, ließ General Robert E. Lee, Oberkommandierender der Armee der Konföderierten seine Truppen den Potomac überqueren und von Maryland aus nach Pennsylvania einmarschieren. Seine Absicht war es, die Truppen der Union auf offenes Feld zu locken, um sie dort zu der von Lee gesuchten Entscheidungsschlacht zu zwingen. Lincoln war wie besessen von dem Gedanken, Lee aus Pennsylvania zu vertreiben. Am 30. Juni des Jahres 1863 schwenkte die 80.000 Mann starke Armee der Nordstaaten nach Nordosten, um die Verfolgung der Konföderationsarmee aufzunehmen. Lee, unter dem Druck seiner Vorgesetzten war gezwungen diese Schlacht so schnell wie nur irgendwie möglich zu gewinnen. Lee`s Truppen gerieten bei Gettysburg in schwierige Kämpfe.
Die Schlacht dauerte drei Tage. Es hatte immer wieder den Anschein, als würden Lee`s Truppen die Oberhand gewinnen. Sie hatten aber wenig Aussicht auf Erfolg, da die Unionsarmeen die höheren Lagen besetzt hielten. Die Verbissenheit, mit der gekämpft wurde, ist heute kaum mehr nachzuvollziehen. Als Lee am dritten Tag erkannte, daß ihm der Sieg aus den Händen glitt, traf er eine verhängnisvolle Entscheidung. Er rief seinen Generalstab zusammen und befahl General Longstreet das Zentrum der Unionsstellungen frontal anzugreifen. Longstreet tat dies zwar unter Protest, mußte sich aber den Befehlen Lee`s beugen. Von den 70.000 Mann, die unter Longstreet standen überlebte nur ein kleiner Bruchteil die Schlacht. General Pickett`s Divisionen wurden vollständig aufgerieben, was er bis zu seinem Tod nicht verkraften konnte. Lee verlor bei dieser Schlacht nicht nur den größten Teil seiner Truppen, sondern auch die Hälfte seines Generalstabs. Die von Lee gesuchte Entscheidungsschlacht endete in einer Katastrophe. Beide Armeen verloren zusammen über 53.000 Mann. Gettysburg war somit die größte und blutigste Schlacht, die jemals auf amerikanischem Boden geführt wurde. Am 4. Juli 1863 trat die schwerangeschlagene Armee der Südstaaten den Rückzug über den Potomac nach Maryland an.
Die Moral der kämpfenden Truppe war aber immer noch ungebrochen. Der Krieg sollte noch zwei weitere verheerende Jahre dauern.
Von nun an sicherten die größeren Ressourcen des Nordens seine Überlegenheit auf allen Kriegsschauplätzen. Der Glaube, Großbritannien und Frankreich könnten auf der Seite des Südens in den Konflikt eingreifen hielt die Moral der Südstaaten weiterhin aufrecht.
1864 unternahm General Ulysses S. Grant noch einmal den Versuch, Richmond einzunehmen. Bei allen bisherigen Versuchen mußten sich die Unionstruppen nach schweren Verlusten zurückziehen. Grant, der diesmal über größere Mannschaftsreserven verfügte, drang unerbittlich vorwärts. Im Mai und Juni verlor die Union 60.000 Mann, mehr als das Doppelte der Verluste ihrer Gegner. Ende
Juni belagerte Grant Petersburg. General Sherman, der von Chattanooga aus nach Südosten vorstieß, belagerte Atlanta, bis es sich im September ergab. Nach der Kapitulation zog er in Richtung Savannah und in den ersten Monaten des Jahres 1865 wendete er sich gegen Richmond. Am 17. Februar fiel Columbia. Charleston wurde evakuiert. Da die Unionstruppen das gesamte Kernland des Südens beherrschten, wurde es sinnlos, die Hauptstadt weiter zu verteidigen. Am
2. April, als Shermans Armee von Süden her anrückte, gab Lee Petersburg und Richmond auf und floh mit seinen Truppen nach Westen.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in der Einleitung des Textes?
Die Einleitung beschreibt das Interesse des Autors am Amerikanischen Bürgerkrieg, nachdem er in einem Buch auf den Konflikt zwischen Nord- und Südstaaten im Bezug auf die Sklaverei gestoßen ist.
Was bedeutet der Begriff "Sezession" im Kontext des Textes?
Sezession bedeutet die Abtrennung eines Gebietsteils eines Staates gegen dessen Willen durch die dort ansässige Bevölkerung mit dem Ziel, einen neuen Staat zu bilden oder sich einem bestehenden Staat anzuschließen.
Was waren die Hauptursachen für den Sezessionskrieg?
Die Hauptursachen waren die unterschiedliche Entwicklung der Nord- und Südstaaten (wirtschaftlich und gesellschaftlich), die Sklaverei und die Frage, ob sie in neuen Staaten zugelassen werden sollte, sowie unterschiedliche wirtschaftliche Interessen und ungeklärte Verfassungsfragen.
Welche Rolle spielte die Baumwollindustrie im Süden der USA?
Die Baumwollindustrie erlebte im Süden einen Aufschwung durch die Erfindung der "Cotton Gin" und die steigende Nachfrage. Dies führte zur Abhängigkeit von Sklavenarbeit und zur Ablehnung der Abschaffung der Sklaverei im Süden.
Wie verteidigten die Südstaaten die Sklaverei?
Die Südstaaten verteidigten die Sklaverei mit dem Argument, dass sie die größte Vermögensanlage darstellte und die Grundlage ihrer Wirtschaft war. Zudem spielten Angst vor Sklavenaufständen und die Bewahrung ihrer "Ausnahmestellung" eine Rolle.
Welche Kompromisse wurden versucht, um den Konflikt zu entschärfen?
Es gab den Missouri-Kompromiss von 1820, der die Aufnahme von "freiem" Maine und dem Sklavenhalterstaat Missouri in die Union beinhaltete. Der Kansas-Nebraska-Act von 1854 sollte die Entscheidung über die Sklavereifrage der dortigen Bevölkerung überlassen (Volkssouveränität), führte aber zu Konflikten.
Wer war Abraham Lincoln und welche Position vertrat er zur Sklaverei?
Abraham Lincoln war der Präsident der USA während des Bürgerkriegs. Er war kein Abolitionist, sondern in erster Linie Nationalist. Er war gegen die Ausdehnung der Sklaverei in die westlichen Territorien, da er dies als Gefahr für die Einheit der Union sah. Er war bereit, die Sklaverei dort zu tolerieren, wo sie bereits existierte, um die Union zu retten.
Was waren die Konföderierten Staaten von Amerika?
Die Konföderierten Staaten von Amerika (C.S.A.) waren ein Staatenbund, der von den Südstaaten gegründet wurde, die aus der Union austraten. Jefferson Davis war ihr provisorischer Präsident.
Wie begann der Krieg?
Der Krieg begann am 12. April 1861 mit dem Angriff der Konföderierten auf Fort Sumter im Hafen von Charleston.
Welche strategische Bedeutung hatte die Schlacht von Gettysburg?
Die Schlacht von Gettysburg war die größte und blutigste Schlacht des Bürgerkriegs. Sie endete mit einer Niederlage für die Konföderierten und markierte einen Wendepunkt im Krieg.
Welche Rolle spielte die Emanzipationsproklamation von Lincoln?
Die Emanzipationsproklamation von Lincoln vom 22. September 1862 erklärte alle Sklaven in den rebellierenden Staaten ab dem 1. Januar 1863 für frei. Sie revolutionierte den Konflikt, gab dem Norden einen neuen moralischen Impuls und erschwerte es europäischen Nationen, die Konföderierten zu unterstützen.
Wie endete der Krieg?
Der Krieg endete mit der Kapitulation von General Robert E. Lee an General Ulysses S. Grant am 9. April 1865 im Gerichtsgebäude von Appomattox. Die Kapitulation der restlichen Streitkräfte der Konföderation folgte bald darauf.
- Quote paper
- Judith Maaß (Author), 2000, Die Sezessionskriege, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105355