Thomas Mann
Als im Jahre 1884 der lyrische "Reichsherold" Emanuel Geibel in seiner Heimatstadt Lübeck starb, soll eine alte Frau auf der Straße gefragt haben: "Wer kriegt nu de Stell? Wer ward nu Dichter?". Die Anekdote wurde viel belacht, zumal es an der Trave derzeit absolut keinen Anwärter auf den verwaisten Poetensitz gab.
Biographie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Buddenbrooks, Der Zauberberg, Der Tod in Venedig, Mario und der Zauberer, Doktor Faustus, Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull - Romane
Über die Ehe - Essay (Veröffentlichung nach Erscheinen „Der fromme Tanz“ von Sohn Klaus, Homoerotik = Widersinn + Fluch)
Meinung:
Johannes R. Becher, Akademiepräsident (dt. Akademie der Künste/Berlin) bezeichnet ihn als
„ den Meister dt. Sprache, den Sprecher f ü r die Unteilbarkeit deutscher Kultur, den Dichter der
‚ Buddenbrooks ‘ , des ‚ Zauberbergs ‘ , des ‚ Felix Krull ‘ und anderer von den Idealen der Humanit ä t erf ü llter gro ß er Werke unserer Nationalkultur. “
Ein Hauptthema:
der Bürger und der Künstler - Spannung zwischen dem bürgerlichen Leben und dem des Künstlers, der auf das Bürgerliche verzichtet hat, um sich der ästhetischen Existenz zu widmen.
Mann verurteilte die Welt der Kunst (da gefährlich), konnte aber auch nicht banales Bürgerleben ertragen Zerrissenheit zwischen diesen zwei Welten
Darstellung:
echte Bürger = körperliche Symbol des Reichtums: groß, gesund, blaue Augen + blonde Haare; Künstler (psychische + physische Dekadenz): schwarzhaarig, dt.-lat. Name, oft krank. Mann selbst beide Elemente
Gestaltungsmittel:
Erklärung am Schluss seines Chamisso-Aufsatzes von 1911: "Ironie heißt fast immer, aus einer Not eine Überlegenheit zu machen."
Schutz seines labilen Künstlertums, Ausdruck seiner Skepsis, seines Unglaubens an die Zukunft der Bürgerwelt + Möglichkeit der Sympathie nach schonungsloser Kritik
"Sprache selbst ist Kritik des Lebens: sie nennt, sie trifft, sie bezeichnet und richtet, indem sie lebendig macht" und schon Tonio Kröger wusste um diese "Erledigung des Gefühls durch die literarische Sprache"
„Tonio Kröger“ 1903
Personen: Tonio = Junge mit südländischer, musikalischer Mutter Vater = Konsul in Kleinstadt
Bester Freund = Hans Hansen (Vorbild, „Liebe“, totaler Gegensatz zu ihm) Heimliche Liebe = Ingeborg Holm
Spätere „Freundin“ = Lisaweta (Malerin)
Tonio liest gern, versucht seinen Freund Hans dafür zu begeistern, spielt Geige, schreibt Verse (Künstler) Wird in Tanzschule u.a. Inge ausgelacht
Jahre später Reise in Heimatstadt (Vaterhaus) + Aalsgaard (DK) Sieht Hans + Inge zusammen, hofft auf Freundschaft Enttäuschung, kein Erkennen
von allen Erzählungen am meisten geliebt, da autobiographische Züge musikalisches Elternhaus
Jugenderlebnisse
Auflösung väterlicher Firma
Aufenthalte in München und Italien Ferienreise nach Aalsgaard 1899
Identifizierung mit sich selbst, Übertragung der eigenen Problematik Verhältnis von Geist und Leben, Künstlertum und Bürgerlichkeit
Interpretation
Isolation Tonios durch nicht vorhandenes Literaturverständnis der anderen + ungeschickte Tanzschritte sehnt sich nach simpler bürgerlicher Lebenswirklichkeit
Künstler kommt aus Dekadenz, befreit sich jedoch von ihr von zwei "Welten" hin- und hergezerrt:
"Tonio"-Welt (Mutter) = südländisch, aus Bürgersicht verantwortungsloses, verdächtiges, hochstaplerisches Künstlertum
"Kröger"-Welt (Vater) = norddeutsch bürgerlich
will nur arbeiten, "weil er sich als lebendigen Menschen für nichts achtet, nur als Schaffender in Betracht zu kommen wünscht" = "Künstler-Sein" und "Mensch-Sein" ein unvereinbarer Gegensatz zu Malerin Lisaweta im 4. Kapitel: "Es ist aus mit dem Künstler, sobald er Mensch wird und zu empfinden beginnt"
schließlich Überwindung der lebensfeindlichen Artistik
in Brief an Lisaweta am Ende neues Künstlerideal (Vereinigung des Künstlertums)
große Bedeutung, da Wandlung vom "Literaten" (Betrachtung der Kunst als Endzweck) zum "Dichter" (Künstler + Bürger) =bürgerlichen Künstlertum
Zitate aus Thomas Mann: Tagebücher 1953-55.
23. Juli 1955
Überweisung in die Medizinische Klinik des Kantonsspitals Zürich. - Fortsetzung der Therapie mit
gerinnungshemmenden Medikamenten. - Untersuchungen ergeben nichts Beängstigendes. Thomas Mann freut sich auf die Heimkehr. - Die Besserung ist jedoch trügerisch.
"Oft grosse Niedergeschlagenheit. Immer wiederholtes Gurgeln. Rauche kaum, 3 Cigaretten. Das Wetter kühl und regnerisch. Füttern der Spatzen. Lese Einsteins «Mozart». Lasse mir‘s im Unklaren, wie lange dies Dasein währen wird. Langsam wird es sich lichten. Soll heute etwas im Stuhl sitzen. Verdauungssorgen und Plagen."
12. August 1955
Frühmorgens schwerer Kollaps mit nicht mehr messbarem Blutdruck. Eintritt des Todes um 20 Uhr. Todesursache: Riss der unteren Bauchschlagader
Quellen:
- Schriftsteller der Gegenwart Thomas Mann, Eberhard Hilscher, Volk und Wissen 1989
- Der Tod in Venedig - Erzählung, Thomas Mann, Aufbau-Verlag 1989
- Neue Sachlichkeit - Literatur im „Dritten Reich“ und im Exil, Hrsg. Henri R. Paucker, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1999
- www.cwru.edu/artsci/modlang/german380/tonio.html
Häufig gestellte Fragen
Wer war Thomas Mann?
Thomas Mann war ein bedeutender deutscher Schriftsteller, bekannt für Werke wie "Die Buddenbrooks", "Der Zauberberg", "Der Tod in Venedig", "Mario und der Zauberer", "Doktor Faustus" und "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull". Er wurde von Johannes R. Becher als "der Meister dt. Sprache, den Sprecher für die Unteilbarkeit deutscher Kultur" bezeichnet.
Was war ein Hauptthema in Thomas Manns Werken?
Ein Hauptthema war die Spannung zwischen dem bürgerlichen Leben und dem Leben des Künstlers, der auf das Bürgerliche verzichtet hat, um sich der ästhetischen Existenz zu widmen. Mann verurteilte die Welt der Kunst (da gefährlich), konnte aber auch nicht banales Bürgerleben ertragen – eine Zerrissenheit zwischen diesen zwei Welten.
Wie gestaltete Thomas Mann seine Figuren?
Echte Bürger wurden als körperliche Symbole des Reichtums dargestellt: groß, gesund, blaue Augen + blonde Haare. Künstler hingegen wiesen oft psychische + physische Dekadenz auf: schwarzhaarig, dt.-lat. Name, oft krank. Mann selbst vereinte beide Elemente.
Was war Ironie für Thomas Mann?
Mann erklärte am Schluss seines Chamisso-Aufsatzes von 1911: "Ironie heißt fast immer, aus einer Not eine Überlegenheit zu machen." Dies diente als Schutz seines labilen Künstlertums, Ausdruck seiner Skepsis, seines Unglaubens an die Zukunft der Bürgerwelt + Möglichkeit der Sympathie nach schonungsloser Kritik.
Worum geht es in "Tonio Kröger"?
"Tonio Kröger" ist eine Erzählung, die autobiographische Züge aufweist und das Verhältnis von Geist und Leben, Künstlertum und Bürgerlichkeit thematisiert. Tonio, ein Junge mit südländischer Mutter und Konsul-Vater, sehnt sich nach der simplen bürgerlichen Lebenswirklichkeit, ist aber zwischen seiner künstlerischen und bürgerlichen Seite hin- und hergerissen.
Was ist die Bedeutung der "Tonio"- und "Kröger"-Welt?
Die "Tonio"-Welt (Mutter) steht für südländisches, aus Bürgersicht verantwortungsloses, verdächtiges, hochstaplerisches Künstlertum. Die "Kröger"-Welt (Vater) repräsentiert norddeutsch bürgerliche Werte.
Wie überwindet Tonio seine lebensfeindliche Artistik?
Am Ende der Erzählung, in einem Brief an Lisaweta, entwickelt Tonio ein neues Künstlerideal, die Vereinigung des Künstlertums mit bürgerlichen Werten. Dies markiert eine Wandlung vom "Literaten" zum "Dichter", einem bürgerlichen Künstler.
Was geschah mit Thomas Mann im Sommer 1955?
Im Juli 1955 wurde Thomas Mann in die Medizinische Klinik des Kantonsspitals Zürich überwiesen. Er freute sich auf die Heimkehr, doch seine Besserung war trügerisch. Am 12. August 1955 erlitt er einen schweren Kollaps und verstarb am selben Tag an einem Riss der unteren Bauchschlagader.
Welche Quellen wurden für die Information verwendet?
Die Informationen stammen aus verschiedenen Quellen, darunter: "Schriftsteller der Gegenwart Thomas Mann" von Eberhard Hilscher, "Der Tod in Venedig" von Thomas Mann, "Neue Sachlichkeit - Literatur im „Dritten Reich“ und im Exil" (Hrsg. Henri R. Paucker), sowie den Webseiten www.cwru.edu/artsci/modlang/german380/tonio.html und www-x.nzz.ch/format/broadcasts/transcripts_124_37.html.
- Citar trabajo
- Annett Schulz (Autor), 2001, Mann, Thomas - Tonio Kröger + Biographie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105349