Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte


Trabajo, 2001

50 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Erläuterungen zur Informations- und Datenrecherche
1.1 Zur methodischen Vorgehensweise
1.2 Zur Begründung der methodischen Vorgehensweise

2 Die Ergebnisse der Interviews
2.1 Interview mit Herrn Först von der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Frankfurt / Main
2.2 Interview mit Dipl.-Kauffrau Jutta Wißmeyer vom Einzelhandelsverband
Württemberg e.V. mit Sitz in Stuttgart
2.3 Interview mit Herrn Glaeser, Abteilungsleiter für die Branchenfachberatung bei der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Köln
2.4 Interview mit Herrn Reinhard Weniger, Geschäftsführer des LBE-Bezirks Oberfranken
2.5 Zusammenfassung

3 Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte, dargestellt am besonderen Beispiel der Großen Kreisstadt Selb
3.1 Die Standortproblematik des Uhren- und Juwelierfachgeschäfts Brunat
3.2 Die Aussagen von Frau Anna Winter zum Thema „Standortproblematik für höherwertige Einzelandelsfachgeschäfte am Standort Selb“
3.3 Die Aussagen von Herrn Weniger zum Einzelhandelsstandort Selb
3.4 Zusammenfassung

Fazit

Schlußworte

Quellennachweis

Anhang 31-

Einleitung

Als ich mich zu Beginn des diesjährigen Sommersemesters zum ersten Mal gezielt auf die Suche nach Literatur zum Thema „Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte“ begab, mußte ich sehr schnell feststellen, daß ich über diesen herkömmlichen Weg der Daten- und Informationsgewinnung zur Anfertigung eines entsprechenden Referates nicht den erwünschten Erfolg erzielen würde. Zwar fand ich in den verschiedenen Archiven reichlich Material etwa über Standortentscheidungen oder auch Standortkriterien des Einzelhandels im allgemeinen, jedoch konnte ich entsprechende Literatur im Hinblick auf den speziellen Bereich der höherwertigen Fachgeschäfte nicht entdecken.

So entschloß ich mich nach weiteren erfolglosen Recherchen nach Literatur oder entsprechenden Fachaufsätzen und nach Rücksprache mit dem Seminarleiter, die Fragestellung auf der Grundlage eigener Erhebungen zu bearbeiten. Welche me- thodische Vorgehensweise dabei angewandt wurde und warum ich mich für diese Herangehensweise entschied, soll im folgenden Kapitel kurz erläutert bzw. be- gründet werden.

1 Erläuterungen zur Informations- und Datenrecherche

Aufgrund der in der Einleitung genannten Problematik im Zusammenhang mit der Literaturrecherche sah ich die Bearbeitung der Themenstellung nur mehr dann als den Erwartungen gerecht werdend und überhaupt leistbar an, wenn ich mich an Experten1 aus der Praxis wenden würde, die mir dann, so meine Hoffnung, ent- weder am Telefon oder auch in einem Gespräch unter vier Augen Informationen zur Standortproblematik der höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäfte nennen würden.

1.1 Zur methodischen Vorgehensweise

In einem ersten Arbeitsschritt habe ich dabei versucht, bei der Bundesarbeitsge- meinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e.V. (BAG) mit Sitz in Berlin einen kompetenten Ansprechpartner zu finden, zumal diese Institution ja die zweimonatlich erscheinende Fachzeitschrift Handelsmagazin herausgibt, in der in vielfältiger Form über Probleme und aktuelle Entwicklungen im bundesdeutschen Einzelhandel berichtet und diskutiert wird. So probierte ich es sowohl telefonisch als auch per e-mail, an Daten, die mir hilfreich sein konnten, heranzukommen.

Das Ergebnis war, daß der entsprechende Experte telefonisch praktisch nie zu erreichen bzw. ständig „außer Haus“ war. Eine zusätzliche Anfrage per e-mail ergab schließlich, daß die BAG grundsätzlich nur bei Diplom- und Doktorarbeiten bereit sei, spezifische Informationen auszuhändigen und persönliche Gespräche zu führen.2 Dennoch wird später noch ein Artikel3 aus dem Handelsmagazin eine kleine Rolle bei der Klärung der Frage nach der Standortproblematik der höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäfte spielen.

Als nächstes erkor ich mir den Hauptverband des Deutschen Einzelhandels mit all seinen Landesverbänden und daraus wiederum den Landesverband des Bayerischen Einzelhandels e.V. mit allen seinen Bezirksvertretungen als Zielscheibe zur Informationsgewinnung aus. In Form einer „Ketten-Mail“4 bat ich so die entsprechenden Stellen, mir hilfreiche Angaben und Anregungen im Hinblick auf die Fragestellung meiner Arbeit zu geben.

Bestanden viele der ersten Antworten noch aus Sätzen wie „Leider können wir mit dem Thema ihres Referates nichts anfangen...“ bzw. „Es tut uns leid, Ihnen mittei- len zu müssen, daß wir für nähere Auskünfte leider nicht zur Verfügung stehen...“, konnte ich am Ende dennoch vier Ansprechpartner gewinnen, die mir gerne bei der Lösung meines Problems behilflich sein wollten. Es waren bzw. sind dies Dip- lom-Kauffrau Jutta Wißmeyer5 vom Einzelhandelsverband Württemberg e.V. mit Sitz in Stuttgart, Herr Först von der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Frank- furt / Main, Herr Rainer Glaeser von der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Köln sowie Herr Reinhard Weniger, Geschäftsführer des LBE-Bezirks Oberfran- ken.

Während ich mit den drei Erstgenannten telefonische Interviews durchführte6, die in der Regel die Dauer von 10-15 Minuten nicht überschritten und während derer ich mir „lediglich“ handschriftliche Notizen über die wichtigsten Aspekte der Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte machen konnte, führte ich mit Herrn Weniger ein knapp 45minütiges qualitatives Interview7, das ich auf Tonband festgehalten und im Anschluß wörtlich transkribiert habe.8

Da ich es jedoch nicht dabei bewenden lassen wollte, nur mit Vertretern von Fachverbänden oder deren Tochtergesellschaften über die bereits mehrmals erwähnte Problematik zu sprechen, habe ich zusätzlich Frau Brunat, die Inhaberin und Seniorchefin des Uhren- und Juwelierfachgeschäfts Brunat aus der Großen Kreisstadt Selb, gebeten, im Rahmen eines persönlichen Interviews9 ihre Sicht der Dinge, sozusagen „mit der Brille der Unternehmerin“ und bezogen auf den Standort Selb, zu formulieren.10 Auch sie war dazu gerne bereit.

1.2 Zur Begründung der methodischen Vorgehensweise

Warum habe ich mich nun dazu entschlossen, auf die beschriebene Art und Weise an die Problematik bzw. die Fragestellung dieses Referates heranzutreten?

Ein erster (bereits angesprochener) Grund besteht in der offensichtlichen Erman- gelung spezifischer und umfassender theoretischer wie empirischer Fachliteratur, auf deren Grundlage Referate wie dieses ja für gewöhnlich angefertigt werden bzw. ja auch angefertigt werden sollen. Dennoch bin ich der Meinung, daß gerade im Hinblick auf die eigene Diplomarbeit, vielleicht auch auf eine spätere Disser- tation, der Umgang mit den Methoden der qualitativen Sozialforschung nicht nur in Geländepraktika oder Projektseminaren, wo ja meist nur im Kollektiv recherchiert, erforscht und berichtet wird, geübt werden sollte, sondern eben auch bei Frage- stellungen im Rahmen eines Hauptseminars, wobei der jeweilige Bearbeiter eines bestimmten Themas eigenständige Forschungen betreibt und diese anschließend präsentiert. Darüber hinaus muß es meiner Ansicht nach nicht immer automatisch ein Siegel für Qualität darstellen, wenn Referate wie dieses zu großen Teilen aus dem Rezitieren einschlägiger Fachliteratur bestehen.

Ein zweiter Grund besteht darin, daß eine quantitative Untersuchung zur Klärung der Fragestellung auf sinnvolle Weise wohl nur im zeitlichen Rahmen eines Ge- ländepraktikums bzw. eines Projektseminars oder gar einer Diplomarbeit erfolgen könnte.

Als dritten und letzten Grund führe ich den an, daß ich mich in den letzten Se- mestern in Form von Vorlesungen und Projektseminaren verstärkt mit den Methoden der qualitativen Sozialforschung auseinandergesetzt habe und nun u.a. mit der vorliegenden Arbeit versuche, meine in der Theorie erworbenen methodischen Kenntnisse auf den Prüfstand zu stellen.11

Selbstverständlich maße ich mir in diesem Zusammenhang nicht die Behauptung an, daß das methodische Vorgehen absolut fehlerfrei verlaufen ist. Genauso mö- gen die erzielten Ergebnisse meiner Untersuchungen keinen Anspruch auf übermäßige Repräsentativität besitzen.12 Dennoch hoffe ich, daß die nun folgenden Darstellungen, die eben zum größten Teil auf den Resultaten der durchgeführten Interviews basieren, zu einem erweiterten Verständnis der Standortproblematik der höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäfte beitragen können.

2 Die Ergebnisse der Interviews

Im folgenden sollen zunächst die Ergebnisse derjenigen Interviews vorgestellt werden, die telefonisch durchgeführt wurden, bevor ich schließlich auf das Gespräch mit Herrn Weniger Bezug nehmen werde. Daran anschließend soll eine tabellarische Zusammenfassung der in diesen Interviews getätigten Aussagen und Angaben erfolgen. Den Resultaten der Unterredung mit Frau Brunat möchte ich aufgrund der speziellen Thematik ein eigenes Kapitel einräumen.

2.1 Interview mit Herrn Först von der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Frankfurt / Main

Zu Beginn 13meiner Fragen an den jeweiligen Gesprächspartner wollte ich zunächst immer wissen, was man sich denn eigentlich unter dem Begriff des „höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäfts“ vorstellen müsse, zumal sich ja in der Fachliteratur keine prägnante und aussagekräftige Definition zu diesem Terminus findet.14

Demnach sind höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte nach Ansicht von Herrn Först primär gekennzeichnet durch eine hohe Qualität der angebotenen Ware, eine qualifizierte Beratung und einen ansprechenden Service. Auf meine Frage, welche Markennamen oder Branchen ihm denn spontan als „höherwertig“ einfallen würden, antwortete er mit „Ja z.B. Armani, Joop, Feinkostgeschäfte, Schmuck- und Uhrengeschäfte“. Auf die Standortproblematik15 solcher Geschäfte angespro- chen entgegnete mir Herr Först als erstes, daß vor allem die höherwertigen Frank- furter Herrenausstatter über Fabrikverkäufe (z.B. von Armani oder Boss) im A- schaffenburger Raum klagten. Viele Bänker und Manager kauften dort ihre feinen Anzüge (Stichwort: „Markenware billig!“). Als ein weiteres Problem speziell für die Zukunft sieht Herr Först den Bau von stadtrandnahen Factory-Outlet-Cen-tern16, in denen dann ebenfalls billige Designerware17 angeboten werden wird, was den hö- herwertigen Einzelhandel natürlich vor weitere Probleme stellen werde.

Als ein weiteres Problem betrachtet Herr Först den „hybriden Kunden“ bzw. den Smart-Shopper“. Als Beispiel nannte er hier die Frau im Nerz, die sich „in der Frankfurter Freßgasse ordinäre Bratwürste einverleibt“, sich dabei fast noch „den Nerz mit Senf bekleckert“ und anschließend zum Feinkosthändler geht, um sich den Kaviar für den Abend zu kaufen.18

Zudem scheuten sich die Besserverdienenden (Zitat: „Auch Frau Generaldirektor geht ab und zu zu Aldi!“) heutzutage nicht mehr, auch einmal zu besagtem Dis- counter zu gehen, um dort z.B. Champagner zu kaufen, was natürlich wiederum zu Lasten der entsprechend spezialisierten Einzelhandelsfachgeschäfte geht.

Des weiteren seien viele Verbraucher in Deutschland immer besser informiert und wüßten im Zweifelsfall immer, wo sie das entsprechende Produkt billiger erhalten könnten, so z.B. im Internet, über Direktversand oder auch in sog. Outlet-Centern. So geschehe es in jüngster Zeit immer öfter, daß gerade in höherwertigeren Geschäften seitens der Kunden Preisnachlässe bis zu 10 Prozent verlangt und von den Händlern auch eingeräumt würden.

Als ein weiteres Standortproblem für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte beurteilt Herr Först die seiner Meinung nach offensichtliche Tatsache, daß in Deutschland „die Weckung des Bedarfs“ gegenüber der „Deckung des Bedarfs“ (speziell im Segment des höherwertigen Einzelhandels) in den Vordergrund getre- ten ist, da nicht jeder einsehe, „warum er zwei oder drei teure Anzüge im Schrank haben“ bzw. er sich „mehr als eine teure Uhr“ kaufen soll. Deshalb sei es heute mehr und mehr notwendig, dem Kunden das Gefühl zu vermitteln, daß er das ent- sprechende Produkt aus Gründen des Prestige trotzdem „unbedingt haben muß“.

Da ich mich langsam darüber wunderte, daß Herr Först nicht die klassischen und eigentlich von mir erwarteten Standortprobleme wie z.B. hohe Ladenmieten ins Feld führte und ihn auch darauf ansprach, erwiderte er mir zum Abschluß des Ge- sprächs, daß für ihn die Standortproblematik der höherwertigen Einzelhandels- fachgeschäfte mehr im Wertewandel und im veränderten Einkaufsverhalten der bundesdeutschen Kunden und weniger in hohen Ladenmieten oder einem verän- derten Ausgabeverhalten19 zu suchen sei. Die Ladenmieten in der Frankfurter Goethestraße20 beispielsweise seien zwar sehr hoch, doch wer was auf sich halte bzw. im Wettbewerb bestehen wolle, „der siedelt sich eben trotzdem in der Goethestraße oder einer ähnlichen 1a-Lage an“.

2.2 Interview mit Dipl.-Kauffrau Jutta Wißmeyer vom Einzelhandelsverband Württemberg e.V. mit Sitz in Stuttgart

Frau Wißmeyer definiert höherwertigen Einzelhandel als Einzelhandel mit Luxus- und Designerartikeln wie z.B. von Cartier, Loewe, Bang & Olufsen, Joop oder auch Boss. Als erste (für Städte in der Größenordnung von Stuttgart charakteristi- sche) Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte nennt sie die, daß sich die entsprechenden Geschäfte fast schon „zwangsläufig“ in den be- gehrten 1a-Lagen ansiedeln müßten, wollten sie einigermaßen wettbewerbsfähig bleiben. Dies hat natürlich wiederum hohe Ladenmieten21 zur Folge, „die erst ein- mal verdient sein wollen“.

Zum zweiten argumentiert Frau Wißmeyer, daß Billiganbieter wie Aldi, Tchibo oder etwa auch Eduscho in zunehmenden Maße qualitativ hochwertige Waren wie Champagner, Personal Computer, Fahrräder, Inline-Skates und auch Schmuck zu günstigen Preisen anbieten, bei denen viele Einzelhandelsfachgeschäfte schlichtweg nicht mehr mithalten könnten, woraus sich für jene schließlich ein schleichender Verlust von Kunden, Umsatz und Gewinn ergäbe.

Wie schon Herr Först bringt auch Frau Wißmeyer den „hybriden Kunden“ bzw. das Phänomen des „Smart-Shopping“ als eine weitere Standortproblematik im Hinblick auf den höherwertigen Einzelhandel in der Bundesrepublik, wo dieses Einkaufs- verhalten verstärkt beobachtet werden könne, ins Gespräch. Auch sie erläutert in diesem Kontext, daß zahlungskräftige Kunden nicht mehr länger davor zurück- schreckten, beim Kleidungs- oder Genußmittelkauf auch einmal zu Aldi oder Tchi- bo zu gehen22 und so nicht unbeträchtliche Umsatzeinbußen bei den entspre- chenden höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäften hervorriefen.

Anders als Herr Först bewertet Frau Wißmeyer dagegen das Ausgabeverhalten der Deutschen im Hinblick auf eine mögliche Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte. So hätten noch vor wenigen Jahren die Einzelhan- delsausgaben gemessen an den Gesamtausgaben der Deutschen knapp 38 Pro- zent betragen, während dieser Wert heute nur mehr bei 30 Prozent liege. Als mög- lichen Grund dafür führt die Diplom-Kauffrau an, daß die Leute ihr Geld mittlerwei- le lieber für einen schönen Urlaub, ein repräsentatives Auto oder auch eine große Wohnung ausgeben würden als für Schmuck und teure Kleidung. Städte und Ge- meinden im ländlichen Raum seien in diesem Zusammenhang aber eher betroffen als Agglomerationsräume wie München, Frankfurt, Stuttgart oder Hamburg, da diese dem höherwertigen Einzelhandel in Sachen Kundenfrequenz, Anziehungskraft, Kaufkraftzufluß, Ausgabefreudigkeit oder auch Einzugsbereich natürlich ganz andere Ausgangsbedingungen lieferten.

2.3 Interview mit Herrn Glaeser, Abteilungsleiter für die Branchenfachbera- tung bei der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Köln

Bevor sich Herr Glaeser dazu äußerte, was er sich denn unter höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäften vorstelle, erläuterte er mir zunächst einmal einige grundlegende Problematiken im Einzelhandel, wovon natürlich auch der höherwertige Bereich betroffen sei.

Als erstes müsse eine dementsprechend „hohe Kundenfrequenz“ bzw. ein „zahl- reiches adäquates Publikum“ vorhanden sein, um den jeweiligen Geschäften zum benötigten Umsatz zu verhelfen. Und weil in diesem Zusammenhang ja meistens von der berühmten 1a-Lage die Rede ist, erläuterte mir Herr Glaeser gleich weiter, daß 1a-Lage nicht gleich 1a-Lage sei. Vielmehr müsse man diese Lage unter- scheiden in eine 1a-Lage mit der größten Mengenkaufkraft und in eine 1a-Lage mit der größten individuellen Kaufkraft, welche sich in Köln zusehends voneinan- der wegbewegten, verlegten doch immer mehr Händler ihre „edlen Geschäfte“ in kleine Seitenstraßen, wo das nähere Umfeld nicht durch große Filialisten oder gar Sex-Shops und Schnellimbisse gestört werde.23

Dies ist auch gleich ein weiterer Aspekt, den Herr Glaeser als problematisch für den höherwertigen Einzelhandel betrachtet. Denn die Angebotsstruktur im nähe- ren Umfeld eines entsprechend höherwertigeren Geschäftes sei oft „entscheidend“ für den wirtschaftlichen Erfolg des betroffenen Unternehmens. Die erwähnten Sex- Shops und Imbißbuden, aber auch billige Textilfilialisten, die das allgemeine Ni- veau des Angebots nach unten drückten, sich aber dennoch immer mehr in den 1a-Lagen ansiedelten, seien dafür natürlich keine große Hilfe, da der „solvente Kunde“ eben „nicht gerade gerne“ in einer solchen Umgebung einkaufe.24

Des weiteren spiele die Höhe der Kaufkraft in der jeweiligen Region oder in der jeweiligen Stadt eine große Rolle für den finanziellen Erfolg eines höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäfts, fährt Herr Glaeser fort. So gäbe es in der Bundesre- publik reichere und ärmere Regionen, deren räumliche Verteilung man sehr schön anhand der BBE-Kaufkraftkennziffern erkennen könne. Die Neuen Bundesländer lägen dabei fast durchweg unter dem bundesdeutschen Richt- und Durchschnitts- wert von 100, was den Standort Ostdeutschland für höherwertige Einzelhandels- fachgeschäfte nicht gerade attraktiv und erfolgversprechend erscheinen läßt. An- ders verhalte es sich da schon in Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg oder auch Nordrhein-Westfalen, wo in manchen Städten wie München, Stuttgart oder Düsseldorf Kaufkraftkennziffern bis zu 130 und teilweise noch darüber vorzu- finden seien.

Auf meine Frage, ob denn auch Billiganbieter qualitativ akzeptabler Waren wie Aldi, Tchibo oder Eduscho zu einem ernsten Problem für höherwertige Fach geschäft werden könnten, antwortete Herr Glaeser, daß diese Anbieter lediglich „am Kuchen knabbern“, im Endeffekt aber keine wirklich ernstzunehmende Bedro- hung für diesen Bereich darstellten.25 Ein größeres Problem verberge sich seiner Ansicht nach dagegen hinter der zunehmenden Entstehung von Einkaufszentren und Einkaufspassagen auf der „Grünen Wiese“26, da diese zunehmend für eine Konzentration an hochwertigen Angeboten u.a. auch von Filialisten außerhalb der innerstädtischen Einkaufsstraßen sorgten. Der hohe Erlebniswert solcher Einrich- tungen und das damit verbundene positive Einkaufserlebnis seien dann verant- wortlich dafür, daß das höherwertige Fachgeschäft in der City bezüglich einer an- gemessenen Frequentierung sehr schnell ins Abseits gerate, was schlimmstenfalls die Schließung des Unternehmens nach sich ziehen könne.

Gegen Ende des Gesprächs wollte ich noch wissen, ob in Deutschland insgesamt ein Trend zum Sparen zu erkennen sei, der den höherwertigen Fachgeschäften das Leben schwer mache, oder ob die den Bürgern zur Verfügung stehenden Gelder vermehrt in andere Bereiche wie den Urlaubs- oder Automobilsektor ab- fließen. Dazu meinte Herr Glaeser, daß die Bürger unseres Landes über mehr Geld verfügten, als sie zugeben wollen. Demnach könne zumindest er keinen all- gemeinen Spartrend erkennen. Vielmehr bestätigte er die Aussage von Frau Wißmeyer, daß das Geld zusehends für andere Bereiche als für den Einzelhandel ausgegeben bzw. daß die Einzelhandelsausgaben schon seit mehreren Jahren rückläufig seien.

Abschließend erzählte mir Herr Glaeser dann doch noch, was er sich unter hö- herwertigen Einzelhandelsfachgeschäften vorstellt: Und zwar „designerorientierte Läden“, die Marken wie Marco Polo oder Armani in ihrem Sortiment führen bzw. edle italienische Schuhe oder auch teure Uhren ab 1.000 DM aufwärts anbieten.

2.4 Interview mit Herrn Reinhard Weniger, Geschäftsführer des LBE- Bezirks Oberfranken

Herr27 Weniger definiert höherwertigen Einzelhandel in der Form, daß er sagt, „hochwertiger Einzelhandel verkauft hochwertige Waren in höheren Preislagen und in einem entsprechenden Ambiente“. Als Beispiele nennt er für München die Läden in der Maximilianstraße oder die gerade ihrer Bestimmung übergebenen „Fünf Höfe“28. Für Bayreuth zieht er die „Klamotte“29, das „Palazzo“30 und „Damen und Herrenmoden Walther“31 als „die Spitze“ der hochwertigen Einzelhandelsge- schäfte heran. Schon etwas weiter unter unten angesiedelt, dennoch qualitativ noch als höherwertig, betrachtet Herr Weniger „Herrenmoden Reiss“32, „Herren und Damenmoden Volbert“33 und eventuell noch den Herrenausstatter „Dagner“34.

Zu den Schwierigkeiten für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte, speziell auch in Bayreuth, möchte ich Herrn Weniger, der sich als äußerst kompetenter Ansprechpartner erwies, zunächst etwas ausführlicher zitieren:

„Genau, die Probleme, die die jetzt haben. Erst mal, sie haben sehr kos- tenintensive Standorte. Sie sind sehr kostenintensiv hinsichtlich Einrich- tung, Personal und also alles, was sie besonders macht, sind natürlich kostenträchtige Dinge logischerweise. Von Service angefangen bis hin zu Bedienung usw. Das macht es natürlich mal sehr problematisch. Und wo die Problematik dann liegt ist die, daß in den Innenstädten diese Geschäf- te sind, und die sind auf Frequenz angewiesen. Das heißt also, derartige Unternehmen brauchen relativ starke Innenstadtfrequenz, weil sie nicht selbst frequenzbildend sein können, so daß das Umfeld für diese Unter- nehmen stimmig sein muß, d.h. also auch des Café, was sich da in der Nähe befindet, muß ein hochwertiges, attraktives Café sein. Um es an- dersrum auszudrücken, was wir als negative Standortagglomeration be- zeichnen, also ein hochwertiges Geschäft und ein Sex-Shop und eine Spielhalle nebeneinander, des geht nicht, weil des tut sich gegenseitig weh, weil da geht man dann nicht hin in die Ecke. Also in solchen Schmuddelecken, da kann kein hochwertiges Geschäft entstehen, son- dern des muß dann auch alles vom Gebäude bis zur Umgebung dann auch hochwertig sein. Und das ist jetzt die Problematik, so was findet sich fast nur noch in den Zentren der größeren Städte, weil die Kunden, die solche Geschäfte aufsuchen, sehr mobil sind. Die wollen auch Flair und Ambiente und was Besonderes, d.h. der Bayreuther fährt nach Nürnberg, der Nürnberger fährt nach München, die Münchner kaufen in Mailand oder Salzburg oder sonst irgendwo ein, weil sie da eben zusätzlich das Am- biente noch zu schätzen wissen. Das heißt, gerade solche Läden haben ein sehr großes Einzugsgebiet jeweils zur nächsten kleineren Stadt hin. Und des is für Oberfranken auch ein bißchen des Problem, wir haben, sa- gen wir mal Bayreuth und Bamberg noch ein bißchen, aber die übrigen Städte haben es da etwas schwerer. Hof und Coburg natürlich auch noch, aber die übrigen Städte haben es da etwas schwerer, weil sie gar nicht das Publikum haben. Denn die Kunden, die in solchen hochwertigen Ge- schäften kaufen, da wird es natürlich schon dünner oben, das ist ja nicht mehr die Masse. Man kann zwar heute nicht mehr sagen, der Kunde kauft nur bei Aldi und nur teuer, das trennt sich nicht mehr, sondern das mischt sich. Der Kunde kauft mal da, mal dort. Auch Kunden, die Geld haben, kaufen bei Aldi. Und die, die weniger Geld haben, kaufen auch mal ein Stück, oder wenn es etwas Besonderes sein soll, im einem teuren Laden ein oder in einem hochwertigen Laden. Aber im Grunde genommen ist na- türlich für die Hochwertigen die Luft ein wenig dünner. Hinzu kommt, wenn man es sich für Bayreuth spezifisch anschaut, Bayreuth ist keine sehr ausgabefreudige Stadt. Das hat historische Wurzeln, es ist preußisch, das war noch nie sehr lebenslustig, es ist evangelisch geprägt und es ist Beamtenstadt. Das klingt jetzt ein bißchen komisch, aber alle drei sind nicht diejenigen, die groß Geld ausgeben.“

Schon in diesem kurzen Interviewausschnitt wird deutlich, daß auch Herr Weniger auf die klassischen Standortprobleme wie eine genügend große Kundenfrequenz, ein stimmiges Umfeld, eine adäquate und zahlungskräftige Kundschaft oder auch ein entsprechend großes und kaufkräftiges Einzugsgebiet hinweist, wie dies in der ein oder anderen Form bereits bei meinen drei ersten Interviewpartnern der Fall gewesen ist.

Auch die Mentalität, die in einer Stadt oder einer Region hinsichtlich Ausgabefreu- digkeit bzw. Konsumverhalten vorherrscht, könne nach Herrn Wenigers Aussagen zu einem Problem für den höherwertigen Einzelhandel erwachsen. So sei die Kaufkraft in der Stadt und im Landkreis Bayreuth zwar vergleichsweise hoch, den- noch hielten sich die Bürger aufgrund ihrer „evangelischen Prägung“ und ihrer „preußischen Wurzeln“ beim Einkaufen eher etwas zurück, was z.B. in Hof oder auch in Bamberg nicht der Fall sei.

Auch bei diesem Interview ließ ich es mir nicht nehmen, danach zu fragen, inwiefern Aldi, Tchibo oder Eduscho den höherwertigen Fachgeschäften die Suppe versalzten. Darauf entgegnete mir Herr Weniger, daß man diesen Filialisten trotz der nachgewiesen guten Qualität ihrer Produkte nie „abkaufen“ werde, „daß sie hochwertig sind“. Zwar kaufe „Frau Generaldirektor“ tatsächlich ihren Schampus im Aldi, doch trinke sie diesen nur selbst und käme aus Gründen des Prestige nie auf die Idee, ihn ihren Gästen anzubieten. Sicherlich sei die Existenz des „hybriden Kunden“ nicht zu leugnen, doch im Zweifelsfallsfall ginge der Besserverdienende doch lieber ins Fachgeschäft als zu einem Billiganbieter.

Was den „Kampf“ um die 1a-Lage angeht, der nach Aussage von Herrn Glaeser aus Köln mittlerweile zwischen großflächigen Massenanbietern und eher kleinflä- chigen Einzelhandelsgeschäften ausgebrochen zu sein scheint, ist Herr Weniger der Meinung35, daß es sich dabei weniger um einen Kampf als um eine Berück- sichtigung von Kundeninteressen seitens der höherwertigen Geschäfte handelt. Denn der anspruchsvolle und solvente Kunde wolle sich eben nicht mit anderen Leuten drängeln, wenn er zum Einkaufen geht. Deshalb sei beispielsweise in München der bevorzugte Standort für höherwertige Läden in der Maximilianstraße oder neuerdings in den „Fünf Höfen“ zu finden, wo sich nicht die „breite Masse hindurchwälzt“. Zudem seien die Mieten in der Neuhauser Straße in München so „exorbitant hoch“36, daß diese nur mehr von Geschäften bezahlt werden könnten, die ihren Umsatz über die Masse erzielten37 und nicht auf einige wenige solvente Kunden angewiesen seien. Nun sei ein Ausweichen in Neben- oder Seitenstraßen in Städten wie München kein besonders großes Problem, da das Umfeld auch an diesen Standorten noch repräsentativ genug sei, um das für höherwertige Ge- schäfte erforderliche Ambiente zu garantieren. Schwieriger werde es da schon in vielen mittleren Städten, in denen „es nur eine Einkaufslage gibt“ und in denen „die Seitenlagen zu schnell abfallen“. Überhaupt seien die Mieten ein durchaus ernstzunehmendes Thema für die jeweiligen Ladeninhaber, zumal sich in den vergangenen Jahrzehnten die wirtschaftlich rentable Mindestbetriebsgröße von durchschnittlich 25 m² auf 100 m² erhöht habe.

Weitere Probleme, die höherwertige Einzelhandelsgeschäfte der Erfahrung von Herrn weniger nach in Bayreuth immer wieder beklagten, seien die Verkehrs- und Parkproblematik bzw. die Erreichbarkeit der Innenstadt und das mangelnde Ambi- ente der Richard-Wagner-Straße im Vergleich mit den Parkmöglichkeiten und dem Erscheinungsbild des Rotmain-Centers. Zwar existiere die Tiefgarage am Geiß- markt, doch von dort müsse man erst ein Stück durch den dortigen Park laufen, um die Richard-Wagner-Straße zu erreichen, wozu viele Kunden nicht bereit wä- ren und lieber das Parkhaus am Rotmain-Center aufsuchten, von welchem sie auch noch trockenen Fußes in das Center gelangen können. Auch das Parkhaus am Schwimmbad in der Albrecht-Dürer-Straße stelle eine günstige Möglichkeit zum Abstellen seines Wagens dar, doch müsse man von dort aus erst „diesen blöden Ring“ überqueren, um in die Fußgängerzone zu gelangen. Auch dies schrecke viele Leute ab und war mit ein Grund dafür, warum das Rotmain-Center in der Planungsphase sehr großen Wert darauf gelegt habe, „daß sie die Brücke kriegen“, die das Center heute mit der Fußgängerzone verbindet.

2.5 Zusammenfassung

An dieser Stelle sollen die bisher erfolgten Angaben zu den Standortproblemen38 der höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäfte zur besseren Übersicht noch ein- mal tabellarisch zusammengefaßt werden. Standortprobleme können demnach sein:

⇒ Hohe Ladenmieten in den 1a-Lagen

⇒ Das Fehlen einer genügend großen Anzahl an adäquaten Kunden, besonders außerhalb der Großstädte bzw. von Verdichtungsräumen

⇒ Ein unstimmiges Geschäftsumfeld

⇒ Eine ungünstige verkehrliche Erreichbarkeit des Ladenstandorts

⇒ Die „Banalisierung des Angebots“39 in den Innenstädten

⇒ Fabrikverkäufe / FOC - Projekte

⇒ Einzelhandelsgroßprojekte auf der „Grünen Wiese“

⇒ Preissensibilität bzw. Rabattansprüche der Kunden

⇒ Der „hybride Kunde“ bzw. der „Smart-Shopper“

⇒ Massenanbieter wie Aldi oder Tchibo, die qualitativ akzeptable Waren zu günstigen Konditionen anbieten

⇒ Die zunehmende „Besetzung“ der 1a-Lagen durch große Filialisten, Handels- ketten oder auch durch Fast-Food-Unternehmen

⇒ Ein regional differierendes Konsumverhalten (Mentalitätsunterschiede)

⇒ Niedrige Kaufkraftkennziffern, besonders in den Neuen Bundesländern

3 Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte, dargestellt am besonderen Beispiel der Großen Kreisstadt Selb

Zur Illustration der bisher erzielten Ergebnisse möchte ich an dieser Stelle auf die Standortproblematik für für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte in der Stadt Selb eingehen.40 Ich habe hierzu Frau Brunat, die Inhaberin und Seniorchefin des Uhren- und Juwelierfachgeschäfts Brunat, um ein Interview gebeten, das sie mir dann auch gerne erteilt hat.41 Anschließend möchte ich noch Frau Anna Winter zu Wort kommen lassen, Inhaberin eines exklusiven Damen- und Herrenmodengeschäfts in der Selber Ludwigstraße42, die ebenfalls ein paar ganz interessante Bemerkungen hinsichtlich der Standortproblematik ihres Geschäftes von sich gegeben hat.43 Abschließend und ergänzend soll noch die Auffassung von Herrn Weniger zum Thema Einzelhandel in Selb präsentiert werden.

3.1 Die Standortproblematik des Uhren- und Juwelierfachgeschäfts Brunat

Ohne längere Überlegungen anzustellen meinte Frau Brunat, daß sich die „ganze Problematik hier in Selb eigentlich ganz einfach“ gestalte. Da sei zum einen der massive Verlust von Arbeitsplätzen zu beklagen, der durch den Wegbruch der Selber Porzellanindustrie zu Anfang und Mitte der 90er Jahre sowie durch den Niedergang der „riesengroßen Maschinenbaufabrik“ Netzsch verursacht worden war. Daraus resultierte natürlich ein massiver Verlust an Kaufkraft, was sich im Schmuckbereich noch am ehesten bemerkbar mache, „weil des is der Artikel, den man am wenigsten braucht oder der eigentlich zum Schluß kommt“. Unterstrichen wird diese Einschätzung durch einen Artikel des BAG Handelsmagazins44, in dem über die Probleme in der Schmuckbranche berichtet wird. Dort heißt es, daß die letzten fünf Jahre „eher zu den weniger glanzvollen Umsatzzeiten“ gehörten und daß das Marktvolumen „in dieser wenig komsumstimulierenden Zeit“ um gut eine

Milliarde DM zusammengeschmolzen sei.45 Des weiteren wird der Branchenexper- te Uwe Krüger zitiert, der Schmuck gegenwärtig „nicht an vorderster Stelle des Konsuminteresses“46 sieht und erst eine Besserung dieser Lage vorhersagt, „wenn die persönliche Situation wieder besser und vor allem sicherer eingeschätzt wird“47.

Als eine zweite Problematik beurteilt Frau Brunat die, „daß die Leute allgemein etwas zurückhaltender sind im Kaufen“, was nicht nur für Selb, sondern für das gesamte Bundesgebiet gelte. Hinzu kommt in Selb „die Nähe zur tschechischen Grenze“, deren Überschreitung von vielen Selber Bürgern gern dazu genutzt wer- de, zum Metzger, zum Friseur oder gar zum Zahnarzt zu gehen. Durch den da- durch wiederum bedingten Verlust an Kaufkraft käme es dann dazu, daß es in Selb immer weniger Geschäfte gebe bzw. daß viele Leerstände48 auf absehbare Zeit nicht wieder besetzt werden könnten. Dies führe dann bei vielen zu der Ein- schätzung, daß man „in Selb ja nix kriegt“, und daß dann „selbst das, was man hier in Selb gut bekommen würde“, woanders gekauft werde.49

Ein heiß diskutiertes Thema in Selb stellt auch die „Fußgängerzone“50 im Bereich der Ludwigstraße dar, die vielen Einzelhändlern ein Dorn im Auge ist, da sie ar- gumentieren, daß vormittags in ihren Geschäften ein signifikant höherer Publi- kumsverkehr herrsche als dies in den Nachmittagsstunden51 der Fall sei. Dazu meinte Frau Brunat, daß sie dies für ihr Geschäft nicht feststellen könne.52 Über- haupt scheint sie von der ganzen Diskussion um die Abschaffung der Fußgänger- zone, so zumindest mein Eindruck, herzlich wenig zu halten. Es gäbe den ver- kehrsberuhigten Bereich eben nun einmal, und „den jetzt wieder umzukrempeln, wäre Quatsch“. Darüber hinaus existierten in Selb nun wirklich „jede Menge“ zentrumsnaher Parkplätze, von denen man mit wenigen Schritten in die Innenstadt gelangen könne.53

Was die Stadt Selb als Einkaufsstadt54 betrifft, so vertritt Frau Brunat die Ansicht, daß die Leute zum Einkaufen schon immer gerne aus Selb fortgefahren wären und dies auch in Zukunft noch tun würden. Die Fertigstellung der Bundesautobahn A 93 in Richtung Marktredwitz bzw. in Richtung Hof trage dazu natürlich ein übriges bei und könne daher eventuell auch als Standortproblematik für den örtlichen Einzelhandel angesehen werden.

Da in der Selber Ludwigstraße gegenüber dem Rathaus einst ein Kaufhaus na- mens „Storg“ existierte, das seine Pforten am 01.04.2000 jedoch für immer schloß, wollte ich von Frau Brunat wissen, inwiefern sich denn der Wegfall eines solchen „Magnetbetriebs“55 auf den Umsatz ihres Geschäftes ausgewirkt hat. Hierauf erwi- derte mir Frau Brunat, daß das Kaufhaus „Storg“, als es noch bestand, ihrem Be- trieb natürlich Kaufkraft weggenommen habe, da man dort u.a. auch Schmuck und Uhren kaufen konnte, wenn auch nicht auf höherwertigem Niveau. Gleichzeitig habe ihr „der Storg“ aber auch viele Kunden gebracht, die im Rahmen eines Bummels durch die Selber Innenstadt bei ihr vorbeigeschaut hätten, nun jedoch wegblieben. Dennoch wollte Frau Brunat nicht allzu sehr über die momentanen Geschäfte klagen, verfüge sie doch glücklicherweise über eine große Anzahl an treuen Stammkunden.

Abschließend scheint die örtliche Wirtschaftsförderung ein weiteres Standortprob- lem in Selb zu sein, da zumindest Frau Brunat, und sie ist immerhin seit 37 Jahren in Selb ansässig, trotz der gravierenden Schwierigkeiten, vor denen der Selber Einzelhandel offensichtlich steht, noch nichts von einer Wirtschaftsförderung in diesem Bereich bemerkt hat. Zitat: „Also ich habe noch nichts von der Wirtschafts- förderung gemerkt hier“.56

3.2 Die Aussagen von Frau Anna Winter zum Thema „Standortproblematik für höherwertige Einzelandelsfachgeschäfte am Standort Selb“

Wie bereits erwähnt, basieren die folgenden Angaben nur auf einem kurzen Ge- spräch, das ich mit Frau Winter zwecks Vereinbarung eines Interviewtermins ge- führt habe. Dennoch traten bereits dabei einige interessante Ansichten zu Tage.

So hält es Frau Winter für absolut notwendig, daß die Fußgängerzone im Bereich der Ludwigstraße wieder ganztägig für den Verkehr geöffnet wird. Der Unterschied in der Frequentierung ihres Ladens zwischen dem Vormittag und dem Nachmittag sei einfach zu eklatant, als daß sich die Verantwortlichen noch länger um eine Rückgängigmachung der gegenwärtigen Regelung drücken könnten.

Des weiteren müsse auch eine Aufwertung der Innenstadt im Hinblick auf das äu- ßere Erscheinungsbild erfolgen, denn bröckelnde Fassaden, marode Dächer oder auch verrostete Fahrradständer und Straßenlaternen wirkten für einen Bummel durch die Ludwigstraße nicht gerade sehr einladend bzw. hinterließen gerade bei auswärtigen Besuchern oft einen negativen Eindruck. Auch der Schaufenster- gestaltung mancher Läden stünde der Meinung von Frau Winter zufolge eine Mo- dernisierung gut zu Gesicht.57

Als gewichtigstes Standortproblem für bereits bestehende bzw. ansiedlungswillige Einzelhandelsunternehmen bezeichnet Frau Winter das miserable Image, das der Stadt Selb anhaftet. Die sich immer weiter verbreitende Meinung, daß man nach der Schließung des Kaufhauses „Storg“ in Selb so gut wie nichts mehr bekomme und man deshalb nach Hof oder Marktredwitz zum Einkaufen fahren müsse in Kombination mit der Tatsache des Niedergangs der Porzellanindustrie und der dadurch finanziell angespannten Situation der Stadt schade dabei nicht nur mas- siv den verbliebenen Einzelhändlern, sondern führe auch dazu, daß viele Unter- nehmer die Stadt Selb von vorneherein als möglichen Geschäftsstandort aus schließen. In ihrem speziellen Fall war ihr sogar von der örtlichen Wirtschaftsför- derung und vom LBE in Bayreuth dringend abgeraten worden, sich mit Marken wie Joop, Boss oder Escada in Selb zu positionieren, da der wirtschaftliche Mißerfolg aufgrund der geringen Kaufkraft der örtlichen Bevölkerung und aufgrund der po- tenten Konkurrenzstandorte Hof, Marktredwitz und Bayreuth nur eine Frage der Zeit sei.

Jetzt, knapp vier Monate nach der Eröffnung, könne Frau Winter über diese Be- denken, die sie zunächst sehr verunsichert hatten, nur noch lachen. Die Nachfra- ge nach ihren Produkten sei erstaunlich hoch, auch ein fester Kundenstamm habe sich bereits gebildet. Viele begrüßten es sogar ausdrücklich, daß sie jetzt nicht mehr in die eben erwähnten Orte fahren müßten, um sich mit höherwertiger Be- kleidung einzudecken, und beglückwünschten Frau Winter zudem zu ihrem unter- nehmerischen Mut.

Dies belegt zu meiner Beruhigung, daß auch die vermeintlichen Experten in Sachen Standortfragen und Standortplanung, wie dies Wirtschaftsförderer oder auch entsprechende Vertreter von Einzelhandelsverbänden ja sind, vor Irrtümern und Fehleinschätzungen nicht verschont bleiben.

3.3 Die Aussagen von Herrn Weniger zum Einzelhandelsstandort Selb

„Also der Einzelhandel in Selb, das können wir ganz offen so sagen, ist tot“. Das war der erste aussagekräftige Satz, den Herr Weniger zu dieser Thematik äußer- te. Dies liege daran, daß sich der Selber Bürger zum Einkaufen schon immer stark nach Hof und Marktredwitz orientiert habe und dies nach Schließung des Kauf- hauses „Storg“ natürlich noch viel intensiver tue, als er dies vorher sowieso schon praktiziert habe. Des weiteren sei die strukturelle Arbeitslosigkeit aufgrund des Niedergangs der Porzellanindustrie der Porzellanindustrie dafür verantwortlich, daß in Selb eine Verringerung des allgemeinen Konsums eingesetzt habe, der viele Einzelhändler zur Aufgabe zwang.

Ein nächstes Problem stelle die Bevölkerungsentwicklung dar, die sich sehr negativ gestalte, da viele Leute wegen der „geringen Arbeitsmöglichkeiten“ aus Selb wegziehen würden. Folgende Graphik zur Bevölkerungsentwicklung der Stadt Selb soll diese Aussage illustrieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Gemeindedaten für Oberfranken 1950-1998

Auffällig ist hier der „Knick“ von 1970 auf 1977, der sich vermutlich durch die Gemeindegebietsreform begründen läßt. Der nochmalige Rückgang der Zahl der Bevölkerung von 1977 bis 1987 um 10,42% (oder um 2281 Einwohner) ist nachweislich auf die in diesen Jahren besonders ausgeprägte negative Bilanz der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und auf negative Wanderungsbilanzen zurückzuführen. In den darauffolgenden Jahren stabilisierte sich die Zahl der Einwohner weitgehend, wobei momentan wieder ein leichter Rückwärtstrend erkennbar ist. Dennoch muß die starke Abnahme der Bevölkerung der Stadt Selb von 1977 bis heute als besorgniserregend betrachtet werden.

Nach diesem kleinen Exkurs soll nun wieder Herr Weniger zu Wort kommen. Der sieht nämlich eine große Chance für den Selber Einzelhandel, wenn denn nur die Fußgängerzone wieder ganztägig zu durchfahren wäre. Denn dann könnte man den Verkehr so regeln, daß die zahlreichen auswärtigen Besucher58 der Stadt durch die Ludwigstraße fahren müßten, wenn sie denn zu den Porzellanwerksver- käufen von Hutschenreuther oder Rosenthal wollten59, was nach Meinung von Herrn Weniger die Umsätze der Einzelhändler deutlich steigern würde Auch der Leerstand des ehemaligen Kaufhauses „Storg“ sei natürlich keine Wer- bung für den Einzelhandelsstandort Selb. Er habe daher auch schon den Vor- schlag unterbreitet, die Werksverkäufe der Porzellanhersteller eben dorthin zu verlegen, womit er aber bei den Verantwortlichen auf taube Ohren stieß.

Die erst kürzlich fertiggestellte Autobahn A 93, die Selb unmittelbar tangiert, bewertet Herr Weniger abschließend zwar als Standortvorteil für manche Industrieunternehmen, für den Einzelhandel habe sie aber nur die Bedeutung, daß die Menschen aus Selb jetzt noch schneller nach Hof und Marktredwitz kämen, um dort einkaufen zu gehen.

3.4 Zusammenfassung

Wie schon am Ende des zweiten Kapitels möchte ich auch an dieser Stelle die genannten Standortprobleme für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte noch einmal kurz zusammenfassen. Es sind dies:

⇒ Das Image einer Stadt bzw. einer Region

⇒ Die Nähe und die bequeme Erreichbarkeit attraktiver Konkurrenzstandorte

⇒ Das Fehlen bzw. der Verlust eines Magnetbetriebs

⇒ Unausgewogene Verkehrskonzepte

⇒ Das mangelnde äußere Erscheinungsbild von Einkaufsstraßen

⇒ Eine unzureichende Wirtschaftsförderung

⇒ Fehleinschätzungen von Experten hinsichtlich der Standortqualität

⇒ Leerstände

⇒ Fehlende Einzelhandelsentwicklungskonzepte60

⇒ Ein massiver Verlust an Arbeitskräften (struktureller Arbeitsplatzverlust)

⇒ Eine negative Bevölkerungsentwicklung (verursacht entweder durch Sterbe- überschüsse oder negative Wanderungsbilanzen)

Fazit

Ich bin der Meinung, daß die durch meine Erhebungen erzielten Ergebnisse durchaus den Eindruck erwecken, als könnten sie für eine Vielzahl von höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäften ihre Gültigkeit besitzen. Sicherlich kann durch die relativ geringe Anzahl der von mir befragten Personen nicht von einer unerschütterlichen Repräsentativität der gewonnenen Resultate gesprochen werden, dennoch glaube ich, daß durch das große Fachwissen und den ebenso großen Erfahrungsschatz der Befragten die erfolgten Darstellungen und Erläuterungen von einer Qualität sind, die als akzeptabel gelten kann.61.

Bevor ich mich hier jedoch in Selbstbeweihräucherung verliere, möchte ich des weiteren bilanzieren, daß sich die Thematik dieses Referates meines Erachtens hervorragend dazu eignet, entweder wie in der erfolgten Form oder aber auch auf quantitative Weise fortgeführt zu werden, da der Forschungsstand auf diesem Ge- biet noch auf relativ niedrigem Niveau zu sein scheint, zumindest was die Zahl der vorliegenden Untersuchungen angeht. Vielleicht kann dieser Mißstand ja durch ein Geländepraktikum, ein Projektseminar oder auch eine entsprechende Diplomarbeit beseitigt werden.

Schlußworte

Am Ende möchte ich all denen meinen Dank aussprechen, die zur Entstehung dieses Referates beigetragen haben. Das sind natürlich zuerst meine Interviewpartner, die sich bereitwillig und geduldig meinen Fragen gestellt und diese auch kompetent beantwortet haben. In diesem Sinne: „Herzlichen Dank!“62

Besonders bedanken möchte ich mich in diesem Zusammenhang bei Herrn Dr. Trunzer, der meinen Vorschlag, durch eigenständige Erhebungen an die Bearbei- tung der Thematik dieses Referates heranzugehen, nicht unnötig kritisierte bzw. als Notlösung aufgrund des Mangels an Fachliteratur abtat, sondern ihn vielmehr positiv begrüßte.

Schließlich hoffe ich, daß ich mit meinen Ausführungen zu einem erweiterten Verständnis der Standortproblematik höherwertiger Einzelhandelsfachgeschäfte beitragen konnte und möchte hiermit schließen.

Quellennachweis

- BAG Handelsmagazin (Nr. 11-12/98), Berlin, S. 44-48.

- BBE-Kaufkraftkennziffern 2001, im Internet verzeichnet unter www.bbeberatung.com/DOWNLOADS/REGIO/kennziffern2001.pdf

- Gemeindedaten für Oberfranken (1950-1998).

- http://www.bag.de

- http://www.bbe.de

- http://www.einzelhandel.de § http://www.fuenfhoefe.de § http://www.lbe.de

- Landesverband des Bayerischen Einzelhandels / Bayerisches Staatsminis- terium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie (Hrsg.)(1999), Attraktiver Einzelhandel - ein wichtiger Partner für lebendige Innenstädte, München - Rother Druck GmbH.

- Mayring, Philipp (1999), Einführung in die qualitative Sozialforschung, Weinheim - Psychologie Verlags Union.

- Persönliches Gespräch, das ich mit Frau Anna Winter Mitte Mai in den Räumen ihres Geschäftes in der Selber Ludwigstraße geführt habe.

- Telefoninterview mit Dipl.-Kauffrau Jutta Wißmeyer vom Einzelhandelsver- band Württemberg e.V. mit Sitz in Stuttgart, durchgeführt am 18.05.2001 zum Thema: „Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfach- geschäfte“.

- Telefoninterview mit Herrn Först von der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Frankfurt / Main, durchgeführt am 18.05.2001 zum Thema „Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte“.

- Telefoninterview mit Herrn Glaeser, Abteilungsleiter für die Branchenfach- beratung bei der BBE-Unternehmensberatung mit Sitz in Köln, durchgeführt am 22.05. 2001 zum Thema „Die Standortproblematik für höherwertige Ein- zelhandelsfachgeschäfte“.

- Transkription des Interviews mit Frau Brunat, Inhaberin des Uhren- und Ju- welierfachgeschäftes Brunat in Selb zum Thema: „Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte am Beispiel des Standorts Selb“.

- Transkription des Interviews mit Herrn Reinhard Weniger, Geschäftsführer des LBE-Bezirks Oberfranken, zum Thema: „Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte“, durchgeführt am 23.05.2001 in der Karlsbader Straße 1a, 95488 Bayreuth.

Transkription des Interviews mit Herrn Reinhard Weniger, Geschäftsführer des LBE-Bezirks Oberfranken, zum Thema: „Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte“

Datum: 23.05.2001

Zeit: 8.00 - 9.00 Uhr

Ort: Karlsbader Straße 1a

95448 Bayreuth

W: Herr Weniger M: Joachim Malzer

M: Sie wissen ja, das Thema meines Referates lautet jetzt speziell Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte. Und da geht es mir zum einen darum, jetzt überhaupt dieses „Höherwertige“ mal zu definieren bzw. diesen Begriff des höherwertigen Einzelhandels und dann was man sich jetzt, nicht so speziell auf regionaler Ebene jetzt betrachtet, sondern mehr allgemein darunter vorstellen muß, was ist also jetzt die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte? So aus Ihrer Erfahrung heraus.

W: Also zunächst einmal mit der Definition, da gibt es natürlich meines Wissens überhaupt keine exakte Abgrenzung oder Definition. Es gibt diesen „Katalog E“ der Begriffsdefinitionen im Handel, den die Universität Köln erstellt, und da sind die Begriffe drin, also was ist Supermarkt usw. Aber soweit ich des im Kopf hab, ist da keine Definition, was ist höherwertiger Einzelhandel. Weil des is natürlich auch von Branche zu Branche unterschiedlich. Im Bereich der Textilien oder der Bekleidung würde man sagen, ja des was so im München in der Maximilianstraße oder so irgendwo is, des is höherwertiger Einzelhandel, der halt dann entspre- chende Ausstattung oder irgend so was hat. Vielleicht kann man es am ehesten damit definieren, daß man sagt, also hochwertiger Einzelhandel verkauft hochwer- tige Waren in höheren Preislagen und in einem entsprechenden Ambiente. Des is vielleicht die einzige Definition, die mir so spontan dazu einfallen würde, wo man des vielleicht ein bißchen greifen könnte.

M: Würden Sie da auch sagen, daß da die Qualität der Ware natürlich und auch Beratung und Service und dieses „kleine Sektchen“ usw. dazugehö- ren?

W: Also daß das Ambiente natürlich nicht nur darin besteht, daß also die Einrichtung gut ist, sondern eben auch die entsprechende Beratung, die entsprechenden Gespräche, ne relativ hohe Personalintensität dadurch, daß des dazugehört zu einem höherwertigen Einzelhandel.

M: ich habe meine bisherigen Gesprächspartner immer gefragt, was sie sich jetzt bzw. was ihnen da für Markennamen einfallen spontan, wenn sie höherwertig hören, oder an welche Geschäfte denken Sie da speziell, vielleicht auch in Bayreuth?

W: Wie gesagt, wenn ich an höherwertig denke, denk ich immer zuerst an Mün- chen, an die „Fünf Höfe“ jetzt, diese neuen Läden, und solche Sachen. Man muß dabei zwei unterscheiden, es gibt einmal diese Mono-Marken-Stores, die dann eine bestimmte Marke vertreten, meinetwegen Escada-Shops oder irgend so was. Und dann gibt also diejenigen, die dann hochwertige Ware verkaufen. In Bayreuth würde man vielleicht am ehesten die „Klamotte“ nennen können, des dürfte so des Oberste sein, was wir so in Bayreuth haben, da in der Ludwigstraße, Sie kennen es vermutlich, des dürfte so des Hochwertigste sein. Dann vielleicht noch „Palaz- zo“. Dann vielleicht mehr so für die Herren und auch für die Dame die Firma „Wal- ther“ und so was. Des sind sicherlich so die Spitzen, die wir hier so haben. Da- nach ist es sicherlich nicht mehr die oberste Spitze dann, des is jedenfalls für Bay- reuth dann schon ein bißchen flacher. Herrenmoden „Reis“, ja, der „Dagner“, da würde ich schon zögern mit hochwertig, da is des Problem der Einrichtung z.B. bei dem, was nicht an der Firma liegt, sondern daran, daß die wegen ihrem Vertrag nichts machen können, die können nicht umbauen.

M: „Volbert“ vielleicht auch noch?

W: „Volbert“ noch im Rotmain-Center. Wenn wir mal des Rotmain-Center als solches nehmen, sehen wir, daß da drin eigentlich so von der Mitte nach oben is, dort haben wir relativ wenig ganz nach unten angesetzt. Es gibt so ein bißchen Ansätze im Jugendlichen-Bereich, die weiter unten liegen. Aber sonst, so Hochwertige haben wir eigentlich in Bayreuth nicht allzu viele.

M: Des is aber auch des Konzept glaube ich von dieser ECE-Gruppe, daß man sagt, wir fangen nicht unten an, sondern in der Mitte.

W: Das ist klar, dafür ist es ja auch zu aufwendig gebaut. Die können nicht auf der Billigschiene. Des hat auch keinen Sinn in so hochteuren Standortlagen, des wäre vielleicht noch eine Definitionsergänzung, daß man sagt, die befinden sich dann auch an teuren Standorten. Die sind ja selten auf der „Grünen Wiese“, die Hoch- wertigen. Da gehen diejenigen raus, die also von den Kosten her möglichst unten bleiben müssen.

M: Womit dann aber, um die Brücke da zu bauen, darin die erste Problematik besteht, weil was ich bis jetzt gehört habe...

W: Genau, die Probleme, die die jetzt haben. Erstmal, sie haben sehr kosteninten- sive Standorte. Sie sind sehr kostenintensiv hinsichtlich Einrichtung, Personal und also alles, was sie besonders macht, sind natürlich kostenträchtige Dinge logi- scherweise. Von Service angefangen bis hin zu Bedienung usw. Das macht es natürlich mal sehr problematisch. Und wo die Problematik dann liegt ist die, daß in den Innenstädten diese Geschäfte sind, und die sind auf Frequenz angewiesen. Das heißt also, derartige Unternehmen brauchen relativ starke Innenstadtfre- quenz, weil sie nicht selbst frequenzbildend sein können, so daß das Umfeld für diese Unternehmen stimmig sein muß, d.h. also auch des Café, was sich da in der Nähe befindet, muß ein hochwertiges, attraktives Café sein. Um es andersrum auszudrücken, was wir als negative Standortagglomeration bezeichnen, also ein hochwertiges Geschäft und ein Sex-Shop und eine Spielhalle nebeneinander, des geht nicht, weil des tut sich gegenseitig weh, weil da geht man dann nicht hin in die Ecke. Also in solchen Schmuddelecken, da kann kein hochwertiges Geschäft entstehen, sondern des muß dann auch alles vom Gebäude bis zur Umgebung dann auch hochwertig sein. Und das ist jetzt die Problematik, so was findet sich fast nur noch in den Zentren der größeren Städte, weil die Kunden, die solche Ge- schäfte aufsuchen, sehr mobil sind. Die wollen auch Flair und Ambiente und was Besonderes, d.h. der Bayreuther fährt nach Nürnberg, der Nürnberger fährt nach München, die Münchner kaufen in Mailand oder Salzburg oder sonst irgendwo ein, weil sie da eben zusätzlich das Ambiente noch zu schätzen wissen. Das heißt, gerade solche Läden haben ein sehr großes Einzugsgebiet jeweils zur nächsten kleineren Stadt hin. Und des is für Oberfranken auch ein bißchen des Problem, wir haben, sagen wir mal Bayreuth und Bamberg noch ein bißchen, aber die übrigen Städte haben es da etwas schwerer. Hof und Coburg natürlich auch noch, aber die übrigen Städte haben es da etwas schwerer, weil sie gar nicht das Publikum haben. Denn die Kunden, die in solchen hochwertigen Geschäften kaufen, da wird es natürlich schon dünner oben, das ist ja nicht mehr die Masse. Man kann zwar heute nicht mehr sagen, der Kunde kauft nur bei Aldi und nur teuer, das trennt sich nicht mehr, sondern das mischt sich. Der Kunde kauft mal da, mal dort. Auch Kunden, die Geld haben, kaufen bei Aldi. Und die, die weniger Geld haben, kaufen auch mal ein Stück, oder wenn es etwas Besonderes sein soll, im einem teuren Laden ein oder in einem hochwertigen Laden. Aber im Grunde genommen ist na- türlich für die Hochwertigen die Luft ein wenig dünner. Hinzu kommt, wenn man es sich für Bayreuth spezifisch anschaut, Bayreuth ist keine sehr ausgabefreudige Stadt. Das hat historische Wurzeln, es ist preußisch, das war noch nie sehr le- benslustig, es ist evangelisch geprägt und es ist Beamtenstadt. Das klingt jetzt ein bißchen komisch, aber alle drei, sind nicht diejenigen, die groß Geld ausgeben. M: Kann man das für Oberfranken allgemein sagen?

W: Nein, Bamberg ist ganz anders, Hof z.B. ist ausgabefreudiger, ist zwar an sich ärmer die Stadt wenn man so will, also was das Einkommen anbelangt, sind aber ausgabefreudiger aufgrund ihrer Industriegeprägtheit. Die „Klamotte“ z.B. in Bay- reuth ist eine Filiale eines Geschäftes aus Hof. Also dieser ganz teure Laden ist zunächst einmal in Hof entstanden, also ein Zeichen dafür, daß in Hof das Geld leichter ausgegeben wird als in Bayreuth. Und Bamberg ist natürlich durch die ka- tholische Prägung und schon ein bißchen sagen wir mal Wein und so was eher dazu, obwohl es noch eine Bierstadt ist, aber so ein bißchen am Rande, die sind auch etwas ausgabefreudiger.

M: Aber das wundert mich jetzt ein bißchen, weil in Bayreuth schätze ich die Kaufkraft doch als relativ hoch ein.

W: Die ist auch hoch, also die Kaufkraft ist hoch, aber die Konsumfreudigkeit. Des korreliert zwar in gewisser Weise, aber nicht so hundertprozentig, d.h. man hält sich hier eher so ein bißchen zurück mit seiner Ausgabefreudigkeit.

M: Geben die das dann für andere Segmente aus, für Reisen oder auch Autos, oder wird das einfach gespart?

W: Ich glaube, ich weiß es nicht genau, aber ich glaube, es wird sehr viel hier auch gespart, also daß man sich da sehr zurückhält einfach.

M: Und wenn Sie sich jetzt Filialisten betrachten, wie jetzt Aldi, die jetzt dem höherwertigen Sporteinzelhandel da mit den Mountainbikes, die sie jetzt angeboten haben, Fahrradhelme, oder wenn man jetzt PCs betrachtet oder Tchibo, Eduscho, die Schmuck billig anbieten...

W: Also egal, wie die des machen, man nimmt ihnen nie ab, daß sie hochwertig sind. So wie Sie ein hochwertiges Geschäft, wenn der sagt, ich verkauf des jetzt ganz billig, nimmt man ihm das nicht ab. Das heißt, wenn einer sich hochwertig positioniert hat, kann er plötzlich den Knaller bringen im Sonderangebot und es geht kein Mensch hin und kauft das. Und umgekehrt der Aldi, der hat attraktive Preise, attraktive Produkte. Aber er wird nie derjenige sein, wo man sagt, des ist jetzt das Prestigeobjekt, mit dem ich jetzt, wenn ich da ein Fahrrad kauf, es ist nichts, womit ich zeigen kann, da hab ich jetzt viel Geld dafür ausgegeben, des hat jetzt tolles Design oder hat irgendwas Besonderes.

M: Kitzelt das dem höherwertigen Einzelhandel vielleicht doch ein bißchen in der Nase, wenn ich jetzt, ich habe Gespräche geführt, da hat es geheißen, die „Frau Generaldirektor“ geht zum Aldi und kauft dort den Schampus oder kauft dort den PC, weil man sich mittlerweile einfach nicht mehr schämen muß, da hinzugehen.

W: Man braucht sich auch nicht schämen, die kauft auch tatsächlich den Scham- pus dort, aber den trinkt sie selbst. Den sie ihren Gästen dann ausschenkt, da hat sie dann einen, wo die Marke nicht von Aldi ist, daß man nicht sagen kann, des is der vom Aldi. Also wir haben natürlich diesen hybriden Kunden, der geht zum Aldi, kauft da diese Ding ein und anschließend geht er ins Feinkostgeschäft und holt sich dort noch den Kaviar dazu. Sofern es also für den Eigenbedarf und nicht für den Prestigebedarf ist. Und man ist auch stolz darauf zu sagen, man kauft selbst- verständlich auch beim Aldi und ich trinke jedes Wochenende zwei Flaschen Champagner und dar reicht mir der Aldi-Champagner, weil der wirklich gut is, aber für meine Gäste nehme ich halt dann irgendeinen, der is vielleicht nicht einmal so gut, aber hat eine andere Marke, hat ein anderes Etikett, da zeigt man also dann das Etikett natürlich her. Aber der Kunde, der Geld hat, kauft heute überall ein. Das hängt auch zum Teil damit zusammen, daß es natürlich auch Einkaufsvorteile hat beim Aldi. Man is relativ schnell und man kann parken. Das ist das Problem, das die hochwertigen Geschäfte eben in starkem Maße haben, die befinden sich an Standorten, die unter Umständen für den hochwertig kaufenden Kunden schwerer zu erreichen sind. D.h. ich hab keine Parkplätze vor der Tür, wo ich mei- ne Limousine abstellen kann. Wir haben das vor zehn Jahren relativ gut gemerkt, als wir aus den Neuen Bundesländern diese Flut hatten, die dann da alle kamen. Da haben die hochwertigen Geschäfte in den Innenstädten, weil man dort nicht einmal mehr im Halteverbot parken konnte oder im Parkverbot wenigstens, des ging ja nimmer, weil da standen die Trabis alle schon, da sind die ausgewichen. Da hatten die Boutiquen, die hochwertigen Läden, die hatten Umsatzeinbrüche nicht nur weil sie den Kunden natürlich noch nicht hatten, sondern deshalb, weil der bisherige Kunde ausgeblieben ist. Weil er eben das unangenehm fand, sich nach Parkplätzen drängeln zu müssen. Die Parkhäuser waren zum Teil auch voll und dann nirgends konnte man sein Auto hinstellen, also ist man gar nicht erst in die Stadt gefahren zum Einkaufen, weil zu Fuß oder mit dem Bus fährt so ein Kunde nicht. Und deswegen ist das ein bißchen eine Problematik für diese hoch- wertigen Geschäfte, wie sind sie denn überhaupt noch erreichbar auch für so ei- nen hochwertigen Kunden. Gerade im Bekleidungsbereich spielt das eine Rolle, da sind es ja überwiegend Frauen, die solche Dinge einkaufen, die ungern Park- häuser aufsuchen, die ungern in Tiefgaragen fahren, die also da schon Wert dar- auf legen, daß sie in zumutbarer, attraktiver Entfernung einen Parkplatz finden. Das ist also da schon relativ wichtig. Und da liegt eines der Probleme mit für die- sen hochwertigen Bereich. Hinzu kommt ein bißchen der Trend, daß man also nicht mehr so sehr nach außen mit seinen Dingen das Prestige bestimmt, daß man nicht so sehr sich definiert mehr, wie früher, über „was kann ich mir leisten“. Das hat ein bißchen nachgelassen, spielt aber immer noch eine ganz große Rolle. Das Qualitäts-Leistungs-Verhältnis spielt nach wie vor eine große Rolle bei Kun- den. Also die Geschäfte werden schon nach wie vor aufgesucht. Egal in welchem Bereich, das gilt auch für was weiß ich, einen B&O-Shop, also Bang & Olufsen, das gilt ja nicht nur für den Textilbereich. Es gibt ja in fast allen Branchen irgendwo solche Dinge.

M: Also um das abzurunden, diese Aldi oder Tchibo oder Eduscho, die machen jetzt den höherwertigen Einzelhandel nicht kaputt?

W: Nein! Also den höherwertigen sicherlich nicht. Die kommen ja mit „wir sind preisgünstig“. Die könnten, selbst wenn sie also ein ganz teueres Prestigeobjekt hätten, des noch so günstig anbieten, in dem Moment wäre es ja schon kein Pres- tigeobjekt mehr. Des Hochwertige setzt ja auch diese hochwertige Ware voraus, d.h. es muß eine Marke sein, die bis dato nicht irgendwo billig zu kriegen war, sonst ist es nicht mehr hochwertig. In dem Moment, wo das Produkt beim Aldi o- der Tchibo ganz billig zu kriegen ist, ist die Marke tot, dann brauch ich es ja nim- mer.

M: Da haben die Hersteller auch kein Interesse dran.

W: Die Hersteller haben da überhaupt kein Interesse daran, weshalb sie ja bei Aldi und so oder auch bei Tchibo selten einen Markenartikel finden, sondern fast im- mer „no-names“ praktisch, die halt dann irgendwie heißen, aber die extra für diese Ketten dann hergestellt werden. Die also eine andere Verpackung haben, die eine andere...ein bißchen des Outfit geändert oder sonst noch irgendwas, also man bekommt dort nicht die hochwertigen Marken. Also man wird, was weiß ich, die Klamotten von Jil Sander, die wird man nie beim Aldi kriegen, weil in dem Moment ist Jil Sander tot, da kann man des vergessen. Da muß einfach der Rock 1.000 Mark kosten. Qualität hin oder her.

M: Und würden Sie sagen, weil der Herr aus Köln, mit dem ich gestern gesprochen habe, der hat mich darauf gebracht, daß so eine Tendenz zu erkennen ist in den Innenstädten, daß da, wo die Menge praktisch einkauft, sich immer mehr Mc Donald’s, Burger King, große Textilfilialisten ansiedeln und diese höherwertigen Einzelhändler in die Seitengassen ausweichen müssen oder in andere Stadtteile?

W: Es gibt bestimmte Lagen, München z.B. ist vielleicht da am typischsten dafür. Sie haben die Neuhauser Straße, da wälzen sich die Massen durch. Und dort ist es tatsächlich so, da sind die Anbieter wie Pimkie und H&M und so was, die auf die Massen angewiesen sind, die finden sie da. Und sagen wir mal 100, 200 Meter weiter, jetzt eben ganz neu geschaffen diese „Fünf Höfe“ oder eben die Maximili- anstraße, wo sie die ganzen Renommier-Designer finden, das liegt etwas daneben, die sind nicht an diesen Massenstraßen. Das hängt auch wieder damit zusammen, daß derjenige, der so was einkaufen will, sich natürlich nicht zuerst einmal drängeln will mit all den anderen Leuten, um dann in irgend so einen Laden zu kommen. Hinzu kommt natürlich, daß in diesen Lagen die Mieten so exorbitant hoch sind, weil die die auch erwirtschaften können durch den schnellen Umschlag usw. In diesen hochwertigen Läden ist ja der schnelle Umschlag gar nicht so arg. Die verkaufen ja nicht am Tag 10 Röcke oder 20, sondern einen oder zwei am Tag. Dann haben die zwar auch ein Geld in der Kasse, aber es ist nicht so, daß da solche Mengen umgeschlagen werden. Und deswegen sind die auch gar nicht in der Lage, in der absoluten 1a-Lage sag ich mal, wo die breite Menge Mensch sich

bewegt, zu sein, sondern sie werden immer sich immer irgendwo ein bißchen La- gen suchen, die so nen Hauch von Exklusivität haben. Und da muß dann das Am- biente eben wieder dazustimmen. Und da ist die Problematik in vielen mittleren Städten, daß es da nur eine Einkaufslage gibt und die Seitenlagen zu schnell ab- fallen.

M: Also ich hatte jetzt in Stuttgart, München waren immer so...da sind so Preise gefallen von 300 - 500 Mark pro Quadratmeter, in Bayreuth etwas niedriger, nehme ich an.

W: In Bayreuth liegen wir wesentlich niedriger. Des hängt einmal...wir hatten schon mal Mietpreise so für 120 Mark pro Quadratmeter, dann kam das Rotmain- Center und die Preise haben sich praktisch halbiert. Wir hatten dann so 60 Mark so in der 1a-Lage und jetzt entwickeln die sich aber langsam wieder nach oben, der Markt ist ja praktisch wieder voll, da is ja schon wieder nichts mehr frei, so daß man also davon ausgehen kann, daß wir wieder so Mietpreise von 60 aufwärts haben. Also in den guten Lagen werden bereits wieder so 60 bis 80 Mark erzielt.

M: Weil Sie die 1a-Lagen ansprechen, wenn sich jetzt einer neu ansiedeln will, das kann ja auch ein Problem werden, weil die 1a-Lagen ja großenteils besetzt sind.

W: Einmal ist natürlich das Problem, die 1a-Lagen sind nach wie vor sehr gut be- setzt. Und des zweite ist natürlich, die Anforderungen der Geschäfte haben sich ja in den letzten Jahren wesentlich geändert. Also in Bayreuth z.B. haben wir ja des typische Problem, daß die Läden alle sehr schmal sind zum Markt hin und dann ewig tief. Und es is natürlich für den Einzelhandel nichts. Der braucht also nen breiten Auftritt, gar nicht so sehr tief. Und große Flächen. Die Mindestbetriebsgrö- ßen sind ja immer größer geworden, früher konnte man eine Boutique auf 20 - 30 m² betreiben, heute braucht man 100 m² Fläche, weil man sonst gar nicht was er- wirtschaften kann, weil man kann ja nur einen bestimmten Umsatz pro Quadrat- meter erzielen, daraus wiederum nur einen bestimmten Prozentsatz an Ertrag und wenn ich jetzt zu klein bin, dann wird ich nie einem vernünftigen Ertrag haben. Al- so muß ich des entsprechend groß dimensionieren, und des gilt für fast alle Berei- che, für den gesamten Einzelhandel, von Lebensmitteln angefangen bis hin...für Möbel gilt des im Grunde genommen auch, da brauchen wir halt heute...ja unter

10.000 m² brauchen wir uns mit einem Möbelhaus überhaupt nicht mehr befassen. Normal sind 20.000 - 40.000 m² inzwischen. Der Lebensmitteleinzelhandel braucht, na ja, sagen wir mal so um die 1.000 m², sonst is des kein Laden mehr heute. Und da liegt die Problematik drin, daß in vielen Innenstadtlagen es schwierig ist, noch vernünftige Betriebsgrößen zu kriegen und dann auch noch entsprechendes Ambiente darum herum zu haben und all diese Dinge.

M: Und ich nehme an, Sie haben ja bestimmt auch persönlichen Kontakt mit Einzelhändlern, vielleicht gibt es ja da auch so Runde Tische, wenn da was besprochen wird, was sind da so die häufigsten Probleme, die da formuliert werden oder die da seitens der Einzelhändler...ohne da jetzt Namen zu nen- nen.

W: Des is ganz klar, was für für Probleme es im Moment natürlich gibt, des sind einmal Verkehrs- und Parkprobleme, in Bayreuth momentan die heftige Diskussi- on. Einer der großen Vorteile des Rotmain-Centers ist ja, daß man dort so ange- nehm bequem parken kann. Also auch die Kundin oder der Kunde, der hochwertig kaufen will, kann dort reinfahren. Des Parkhaus is offen, Licht und toll gestaltet, logisch, heute baut man so, selbst die Tiefgarage ist angenehm zu befahren, viel-

leicht in manchen Bereichen ein bißchen kompliziert, aber an sich recht gut er- reichbar. Und dann oben des Ambiente stimmt auch, dort ist es ja fast mustergül- tig gelöst, sie haben ein bißchen ein kleines Café dabei, sie haben ein bißchen so ne Eisdiele dabei, des sind wichtige Dinge, die da dazugehören, also des Täss- chen Cappuccino zwischen dem Einkaufsbummel, des gehört also auch dazu. Und des is natürlich schwierig, des in einem Bereich wie der Richard-Wagner- Straße oder so was zu schaffen, weil des ist ja nicht steuerbar. Hinzu kommen natürlich Dinge wie Überdachung oder so was, des wär schon ganz schön, und an dem Ende fehlt einfach dann das Parken. Denn sicherlich, da ist gleich die Tiefga- rage Geißmarkt, aber es gibt ein Phänomen, der Kunde, wenn ich Einzelhandel denke, dann denke ich nicht an den Geißmarkt, dann da muß ich durch den Park gehen. Da laufe ich 100 m durch nen Park, das akzeptiert der Kunde nicht. Der will aus dem Auto aussteigen, mit wenigen Schritten am ersten Schaufenster sein, dann läuft er. Der Kunde hat weniger Probleme aus dem Rotmain-Center bis vor in die Richard-Wagner-Straße zu laufen, des geht einfacher scheinbar als vom Geißmarkt bis in die Richard-Wagner-Straße zu laufen. Des is einfach...da steig ich aus, da bin ich im Park. Eine der günstigsten Parkmöglichkeiten ist das Park- haus da am Schwimmbad, da in der Albrecht-Dürer-Straße, wenige Schritte, man muß nur diesen blöden Ring überqueren, deswegen hat ja des Rotmain-Center so Wert darauf gelegt, daß sie die Brücke kriegen, weil der Ring ist schlecht zu über- queren, da muß ich auch den Ring überqueren und bin mit ganz wenigen Schritten oben beim Operncafé und damit bin ich ja schon...Aber des wird nicht akzeptiert. Wenn ich Einzelhandel denke als Kunde, will ich Auto abstellen und das Schau- fenster haben, dann lauf ich, am Schaufenster ist das kein Thema mehr, da läuft der Kunde.

M: Um auf diese Einzelhändler noch einmal zurückzukommen...

W: Ach ja, was die noch so für Probleme haben. Also zweifelsfrei Problem Num- mer 1 in Bayreuth ist die Erreichbarkeit der Innenstadt im Augenblick. Es ist ver- hältnismäßig gut reinzukommen in die Stadt, wir haben also relativ wenig Staus oder irgend so was, der Ring ist insofern ganz günstig. Auch das Parken als sol- ches durch das Rotmain-Center ist eigentlich ganz gut, es ist nur etwas ungleich- gewichtig verteilt. Und dann natürlich hat der Bayreuther Einzelhandel eben des Problem, daß er mit den Hausbesitzern und dem ganzen Zeug ein paar Punkte hat, die schwierig sind. Des alte Reichshofkino da drin, des müßte eigentlich eine ganz toll aufgewertete Geschichte werden. Da gibt es also sicherlich Probleme, wo der Einzelhändler nix machen kann. Und das spielt sicherlich eine große Rolle dann diese Dinge. Ansonsten die anderen Dinge sind natürlich eben schwierig dem Kunden beizubringen, daß er eben einmal in Bayreuth, wenn er einkauft, auch einmal die Hochwertigen in der Innenstadt und solche Geschäfte aufsucht. Des halt die Schwierigkeit heute, Sortimente zu finden, die vom Kunden akzeptiert werden. Der Kunde ist in vielen Jahren zum Preis erzogen worden. Wichtigstes Verkaufsargument, und das war sicherlich ein hausgemachter Fehler des Einzel- handels, ist häufig der Preis und gar nicht so sehr die Leistung, die hinter dem Preis steht. Und des wird man erst in den nächsten Jahren wieder ändern müs- sen. Witzler Moden z.B. ist ein Laden, der nicht so über den Preis verkauft oder auch hinten die „Klamotte“, da spielt der Preis eigentlich nicht so die große Rolle. Witzler Moden wär vielleicht noch so ähnlich wie Walther zu sehen, also so ein bißchen in dem hochwertigen Bereich. Aber eben, des is schwierig, dem Kunden das heute zu vermitteln, weil der Preis...man hat den Kunden lange Jahre zum

Preis erzogen. Aber sagen wir mal so, diese Punkte wie Verkehr und Hausbau und solche Dinge, wo halt schwierig Einfluß zu nehmen ist seitens des Einzelhandels, des is sicherlich des Entscheidende im Augenblick.

M: Wird da die Mentalität auch manchmal angesprochen, die Sie erwähnt hatten, mit dieser Spar...oder dieses Konsumverhalten in Bayreuth?

W: Ja natürlich. Des führt dazu, daß wir in Bayreuth eigentlich im Verhältnis zur Kaufkraft und zur Einwohnerzahl relativ wenig hochwertige Geschäfte haben. Für mich des typische Beispiel Feinkost. Eigentlich müßte man erwarten, daß es in Bayreuth ein ganz tolles Feinkostgeschäft gibt. Des is auch ein Bereich, wo eine Lücke besteht, des sieht man daran, daß es von kleineren Läden ja auch versucht wird, abzudecken. Aber die Nordsee verkauft schon mal Austern oder irgend so was, aber als Randsortiment. Es ist kein klassisches Feinkostgeschäft da. Es gibt des „Käs-Hüsli“, das den Käsebereich abdeckt, es gibt die Räucherkammer, die so aber jetzt nur ein ganz schmales Segment abdeckt, wo sind jetzt die übrigen? Leberpasteten uns sonst noch irgendwas? Das fehlt.

M: Hatte der Hertie nicht einmal eine Feinkostabteilung?

W: Hertie, des is der typische Fall, als die umgestellt haben mal, umgebaut haben das Geschäft, haben die ihre Abteilung, damals gehörten sie schon zum Karstadt- Konzern, ganz groß aufgewertet. Sie kriegten dort plötzlich französische Butter und so Zeug, also gesalzen und noch irgendwas. Die hatten plötzlich ne Flasche Wein für 120 Mark im Regal liegen, die lag halt dann nach einem halben Jahr da auch immer noch, und dann kommt natürlich das Warenwirtschaftssystem und sagt, „die und die Preislagen sind nicht gegangen, raus damit, sobald die verkauft sind, wird es nicht mehr nachgekauft“. Und damit hat es sich wieder von der Fein- kost wegentwickelt. Das ist so ein typisches Zeichen dafür, daß diese Dinge zu wenig angenommen werden in Bayreuth. Normalerweise hätte sich diese Abtei- lung ganz toll entwickeln müssen.

M: Gut, also die Mentalität einer jeweiligen Region, der jeweiligen Stadt kann zum Standortproblem werden.

W: Sagen wir mal nicht zu einem Standortproblem, es gibt dann also für bestimmte Betriebstypen weniger Chancen. Also in München, da is der Dallmayr, des Feinkostgeschäft, eine Institution, oder der Käfer und da gibt es noch drei, vier andere. In München wird für so was halt mehr Geld ausgegeben, es ist einfach auch mehr Publikum dafür natürlich da. In Bayreuth is alles, was so ein bißchen gehoben ist, nicht ganz einfach.

M: Wissen Sie ungefähr Bescheid über den auswärtigen Kaufkraftzufluß in Bayreuth, wie hoch der ungefähr liegt?

W: Da hat der Professor Maier vermutlich bessere Untersuchungen als wir sie jetzt da vorliegen haben, es gab ja damals diese Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Rotmain-Center, also wir haben natürlich Kaufkraftzuflüsse im sehr star- ken Maße. Sagen wir mal so, der Bereich Fichtelgebirge, die kommen sehr stark und natürlich Kulmbach.

M: Trotz des Centers, das die da jetzt haben?

W: Trotz des „Fritz“.

M: Oder gerade deswegen?

W: Ja, oder gerade deswegen. Des „Fritz“ hat sich natürlich...man vergleicht, wenn des „Fritz“ alleine da wäre und des Rotmain-Center nicht, da wär’s kein Thema. Man vergleicht natürlich auch als Kulmbacher des „Fritz“ mit dem Rot- main-Center. Und des „Fritz“ hat schon einmal bauliche Probleme. Des is ein Alt-

bau, der ist nicht optimiert worden auf den Einzelhandel. Wenn Sie sich des Rot- main-Center anschauen und Sie schauen sich irgendwo neugebaute Einkaufs- zentren an, wenn Sie nicht wissen, wo sie sind, kriegen sie es nicht raus. Die sind vom Bautechnischen her immer gleich, des is ne Mall, entweder nur eine oder maximal drei übereinander, in den Großstädten gehen auch einmal drei, weil da genügend Leute da sind, aber des is einfach immer ne lange Mall, die optisch ir- gendwo gebrochen ist, damit sie nicht unendlich ausschaut, also dieser kleine Knick, den die da reingelegt haben, is alles völlige Absicht logischerweise, wird immer wieder geöffnet, so daß man das Gefühl hat, man geht immer wieder in andere Straßen hinein, obwohl man im Grunde genommen immer seinen Weg gehen kann. Und dann eben die übliche Geschichte, wie es sich halt gehört, vorne Betriebe und hinten Betriebe, die groß genug sind, um attraktiv zu sein, und zwi- schen den Betrieben wird gependelt. Und des is einfach überall das gleiche Prin- zip und dann muß das Sortiment rundum abgedeckt sein und man braucht also einen Lebensmittelbereich, so daß ich dort alle Lebensmittel kaufen kann und nicht woanders hin muß und dann hab ich eben noch das entsprechende Ambien- te drum rum, die passenden Läden, die dann auch aufeinander abgestimmt sein müssen. Das also, was wir so als „positive Standorte ungleicher Agglomeration“ bezeichnen, daß also so ein Juwelier da sein muß, daß des junge Angebot an Klamotten da sein muß, dann etwas für die größere Größe usw. So daß jeder da drin eben etwas findet und das in den entsprechenden Verhältnissen zueinander

M: Und diesen Idealfall, gibt es den eigentlich irgendwo, also daß man sagt, da sind die Höherwertigen, dann wird es langsam niedrigwertiger, dann diese ganzen Schmuddelgeschäfte und Sex-Kinos, die haben wir ganz außen vor, die Erreichbarkeit ist hervorragend, gibt es so was oder...?

W: Es bildet sich manchmal so, dort wo es genügend hinreicht, haben wir sol- che...da bilden sich ja oft so Viertel. Bayreuth ist zu klein für Viertelbildung. Aber es passiert so oft, wenn Sie Großstädte nehmen, haben Sie so rings um den Bahnhof die Schmuddelecke, die hat sich jetzt um den Bahnhof herum komi- scherweise immer angesiedelt, es sei denn, der Bahnhof wird inzwischen, wie in Leipzig oder so was, zum Center aufgewertet, dann bildet sich auch um den Bahnhof rum das anders. Da bilden sich dann schon solche Viertel. Man kann des relativ gut beobachten, daß ganze Straßenzüge sich verändern, da kommt erst einmal ein Döner, dann sind es drei Döner und dann kommt tatsächlich ein Sex- Shop dazwischen. In Bamberg der typische Fall, des is der eine Teil der König- straße, der ursprünglich mit normalen Einzelhandelsbetrieben besetzt war, dann kamen Sex-Shops, Döner usw., der dann zunehmend verloren hat. Vorher waren da eigentlich so ein bißchen die Jeans-Läden und so was da drin. Also diese Ecke hat dann deutlich verloren. In anderen Bereichen zieht es sich dann schon immer ein bißchen zusammen natürlich. Und das gibt es in vielen Städten, das wir sagen, hier haben wir zusammengefaßt den hochwertigen Bereich, weil jemand, der jetzt so was Hochwertiges machen will, dann auch wieder an diesen Standort drängt, weil dort laufen die Kunden, die er auch haben will. Eben typischer Fall München. Wenn Sie das jetzt so anschauen, Theatiner-Straße, Maximilian-Straße, Fünf Hö- fe, dort geht schon kein anderer hin, dort würde sich ein Döner...ist dort sinnlos, weil die Leute, die dort laufen sind für den Döner net interessant. Und dann bildet sich des sehr schnell. Aber jemand, der was Hochwertiges verkaufen will, der sagt, „Mensch, ich müßte dort nen Laden kriegen, da laufen die Leute rum, die das nötige Kleingeld haben.

M: Man kann ja auch, wenn ich den Herrn gestern am Telefon richtig ver- standen habe, die Einzelhändler, die sich da angesiedelt haben, ich glaube, er hat das Beispiel Düsseldorf gebracht, wo die Besitzer dieser Häuser dann gesagt haben, wir lassen da jetzt einen Mc Donald’s rein oder einen Wool- worth und dann haben die gesagt, „wenn du das machst, dann bist du ge- sellschaftlich außen vor“ und dann hat der gesagt, „okay, okay, lassen wir das bleiben“.

W: Es gibt natürlich immer so ein bißchen so...natürlich kann...ich sag es mal so, wenn der OB einer Stadt zu einem Hausbesitzer geht und sagt, „du störst hier das Stadtbild, Du vermietest hier an einen Sex-Shop, wir können zwar nichts dagegen machen, aber solltest du jemals einen Stellplatz genehmigt haben wollen oder ähnliches“, ich überspitz jetzt ein bißchen, „dann ist mit uns auch nicht zu reden, wenn du da nicht entsprechend hochwertig...“ oder so was. „Und wir werden halt jetzt doch einmal kucken müssen, ob du denn alle Bauabstände inzwischen ein- gehalten hast“: Des ist ein Geben und Nehmen natürlich. Und da kann man dann schon so ein bißchen indirekt Druck ausüben. Daß es manchmal nicht geht oder nicht funktioniert, sehen wir ja am besten in Bayreuth. Des Rotmain-Center hätte ja nicht unbedingt auf das Schlachthof-Areal gemußt, man hätte es auch in die Kanalstraße setzen können. Nur da geht’s halt nicht, da spielt ein...kann man in Bayreuth ja fast laut sagen, da spielt ein privater Hausbesitzer halt net mit. Da hin- ten da diese Hinterhofsituation mitten in der Stadt ist ja eigentlich unmöglich. Aber wenn der Hausbesitzer dort sagt, mir reicht des so, ich mach des so, dann kann die Stadt sich auf den Kopf stellen. Ich mein, die Situation Reichshofkino ist un- möglich in der Stadt da drin. Was man da draus machen könnte.

M: Des steht leer wahrscheinlich?

W: Des verfällt, wenn man sich des so anschaut. Des wird dann halt ne Schmuddelecke sehr schnell.

M: Was ich vielleicht noch...eine Frage in eigenem Interesse. Ich wohne ja jetzt seit einem Jahr knapp in Selb (Herr Weniger beginnt süffisant zu grin- sen). Wenn man sich des jetzt anschaut: Hof, Marktredwitz, Weiden vielleicht auch Bayreuth, wie die sich entwickelt haben einzelhandelsmäßig, wenn man sich jetzt Selb betrachtet, wie des eigentlich...man darf es ja nicht laut sagen, sonst kriegt man eine auf’s Maul in Selb, in Selb darf man das ja nicht laut sagen, der Einzelhandel liegt am Boden, das Angebot ist durch den Wegfall des Storg damals noch...also wo liegt da das Problem in Selb?

W: Also der Einzelhandel in Selb, das können wir ganz offen sagen, ist tot. Zwei Gründe: Selb war schon immer sehr stark orientiert zum Einkaufen nach Hof und im gewissen Umfang nach Marktredwitz. Hof hat sich stark entwickelt, K&L, P&C, alles was da so gekommen ist, Wöhrl, und damit ist sehr viel von Selb wegge- nommen worden. Gleiches gilt für Marktredwitz, wenn auch erst in späterer Zeit durch des KEC jetzt natürlich. Hinzu kam natürlich in Selb die strukturelle Arbeits- losigkeit bedingt durch die Porzellanindustrie. Selbst diejenigen, die nicht gekün- digt wurden, hatten Angst, sie werden jeden Tag gekündigt. Und die logische Kon- sequenz ist „Stop Konsum“, da kann man es am ehesten machen und damit Schluß. Hinzu kommt natürlich, die jungen Leute gehen weg von Selb, weil die Arbeitsmöglichkeiten in Selb sind äußerst gering. Das ist mal das Eine. Und dann natürlich der Storg als zusätzlicher Problemfall noch einmal, der in Selb wahr- scheinlich noch nie ein Geld verdient hat, der hat, als der gebaut hat, hat der Fel- senkeller unten drin gehabt. Des hätte man ihm sagen können, neben dran ist ein

Wirtshaus, die sind bekannt dafür, daß ihr Bier früher, als man es noch im Faß gelagert hat des Bier, wurde des dort immer drin gelagert, selbst für Ausstellungen war des, weil die einen besonders schönen Felsenkeller hatten, gleichmäßige Temperatur, und des beste Bier gelagert war da drin. Des sitzt also auf Felsen, die mußten sprengen. D.h. die haben gigantische Kosten sich eingehandelt schon beim Bau. Und des wahr wohl auch schwer nachzuholen. Hinzu kam natürlich, daß diese Art von Warenhäusern, die Kaufringgruppe, zu der des ja auch gehört hat, und zwar in Privatbesitz, ist ja klar, der Herr Storg, daß diese Art von Einzel- handel ohnehin problematisch ist zur Zeit. Und diese gemischten Warenhäuser ohne ausgeprägtes Profil. Und dann kam natürlich dieses zusätzliche strukturel- le...und wenn des alles so zusammenwirkt, dann bedingt es sich halt gegenseitig. Dann hört was weiß ich, der Neupert hört auf und einer nach dem andren macht zu und um so dringender wird es, daß die Leute wegfahren, weil es immer weniger gibt. Also eine Spirale in die falsche Richtung sozusagen, und das hat sich in dem Selb entwickelt. Dann hat man gehofft und geglaubt mit diesen Werksverkäufen das aufzumöbeln.

M: Nur reden wir von der Innenstadt und die sind alle außen rum.

W: Ganz genau. Und ich hab des mal in Selb dem Bürgermeister Kreil jetzt auch schon mal erklärt, und dann macht man genau den Fehler: Der Fremde, der jetzt kommt und auf den man ja jetzt eigentlich hofft, der fährt rein, wen der also jetzt da rüberkommt von der Seite da vom Admira-Center, da beim Krankenhaus, wo es reingeht, dann findet er die Schilder zum Werksverkauf, die ihn um die Stadt herumleiten. D.h. mein Vorschlag ist, macht die Fußgängerzone wieder auf und schickt die Fremden wieder durch. Die müssen sich da durchdrängeln, des stört die net, des sind die ja auch gewöhnt, daheim sind sie ja auch irgendwo mal in Engstellen drin, wo Verkehr is und sonst noch irgendwas. Aber dann kommt der Fremde da wenigstens mal am Laden vorbei und sagt, „ach ja, schau, da is ein Obstgeschäft, wir könnten eigentlich schnell noch für die Rückfahrt, da brauchen wir drei Äpfel“ oder irgend so was. Oder „schau mal du, da gibt es einen Laden, ich brauch noch eine Strumpfhose“ oder sonst...oder „ich brauch noch eine Bluse“ oder sonst irgendwas, der Fremde muß reinkommen. Man macht den Fehler, man schickt den in die alte Heinrichfabrik, man schickt ihn rauf zu Rosenthal, außen rum.

M: Und wenn er fertig ist, fährt er wieder heim.

W: Und wenn er fertig ist, dann fährt er auf dem Weg...der kommt gar nicht in die Innenstadt, der hat von Selb...wenn man dem sagt...und mein Vorschlag war ja, in den Storg die Werksverkäufe rein, alle miteinander.

M: Ich hab genau...ich hab ja ein Praktikum gemacht im März, ich hab genau den Vorschlag gemacht, also nicht im Storg, sondern daß ich gesagt hab, redet mal mit den Porzellanhändlern oder -herstellern, ob sie nicht auf 50 oder 100 m²...so nach dem Motto, „Besuchen Sie auch unseren Shop in der Innenstadt“, weil ich hab es oft beobachtet, viele Leute finden nichts in die- sen Werksverkäufen, und dann biete ich Ihnen die Möglichkeit an, da ist noch ein Geschäft und dann schauen sie eben da mal rein oder ich „zwinge“ sie dazu, sich Porzellan in der Ludwigstraße anzuschauen.

W: Ja, da gab es ja einmal den Steinkamp, ich glaube, den gibt es sogar noch...

M: Der war aber dementsprechend zu teuer für Selb.

W: Der hat natürlich, gut, der is billiger als alle anderen in Düsseldorf oder so irgendwo, aber die Leute kommen vom Werksverkauf, also deswegen in den Storg den Werksverkauf rein, Plätz wäre. Alle zusammen.

M: Ich glaube, da haben aber diese, wie nennen sie sich, diese „community- power-groups“ wie Rosenthal oder Villeroy und Boch, die haben noch viel zu viel zu sagen, weil die bauen ja jetzt (Villeroy und Boch), ihren Standort bauen sie ja jetzt aus, mit Bistro und Café, aber die Innenstadt meiden die wie die Pest.

W: Ja, weil natürlich...die Vorteile liegen natürlich auf der Hand, obwohl es mit dem Storg ja ginge, da is ja hinten ein Riesenparkplatz dran und alles und die Tiefgarage, da könnte man den Werksverkauf schon unterbringen. Aber da bei Rosenthal hab ich meine Parkplätze, beim Heinrich in der Heinrichfabrik hab ich Parkplätze vor der Tür und alles. Und natürlich läßt sich auch in so nem Fabrik- verkaufsambiente des mehr vermitteln, „wir sind ein Fabrikverkauf“. Des spielt ja auch ne Rolle, obwohl die schick gemacht sind, die Läden. Der Rosenthal, des läßt sich von einem normalen Rosenthal-Studio-Haus eigentlich wenig unterschei- den. Aber für die Leute ist es natürlich die Anmutung, „ui, da gehen wir in die Fab- rik“. Des spielt schon ne Rolle.

M: Das ist ein grundsätzliches Problem, glaube ich, in Selb, ich weiß eigent- lich nicht, wer an dieser Fußgängerzone noch festhält, weil ich hab jetzt mit verschiedenen Einzelhändlern gesprochen und hab da eine Unternehmens- befragung ausgewertet im Rahmen dieses Praktikums, dann heißt es, wenn so „sonstige Angaben“ waren, da haben viele reingeschrieben, „macht die Fußgängerzone wieder auf“. Warum sie es nicht machen, ich weiß es nicht.

W: Eine Fußgängerzone ist dann sinnvoll, wenn sich die Fußgänger drin drängeln.

M: Da ist doch nichts los.

W: Und wenn nichts los ist, dann mach ich sie wieder auf. Aber des is schwer, eine Fußgängerzone wieder aufmachen.

M: Das ist aber...ob vormittags oder nachmittags, zu welchem Zeitpunkt auch immer, die Leute, die zum Metzger gehen, die gehen in die Fußgängerzone, aber sonst gehen die nirgends rein. Das ist eine Katastrophe.

W: Und des is ja so eine temporäre Fußgängerzone, die is ja vormittags offen. Da ist ja auch, da ist ja auch voll, da stehen auch die Autos drin, da is was los. Dann wird sie zugemacht, dann gehen diejenigen, die Rentner und die Muttis, die also jetzt den Kinderwagen da durch die Gegend schieben, aber des is ja nicht der Kunde. Das ist nicht der Kunde.

M: Das verstehe ich auch nicht, warum sie dieses ganze auswärtige Potential... wenn man die Nummernschilder anschaut, die da vor den Werksverkäufen stehen, das ist ja Wahnsinn.

W: Und die dürfen nicht außen rum geleitet werden, die müssen alle durch die Stadt geschickt werden. Das ist das Wichtigste.

M: Warum sie das nicht wollen, ich weiß es nicht.

W: Ja, wenn ich Verkehrsplaner bin, und es gibt ja einen Plan von Gropius, diesen Gropius-Verkehrsplan, da sehen Sie in dieser Talstraße, die sie da riesig aufge- weitet haben, da sollte ein riesen Kreis Schillerstraße-Talstraße kommen, die da so rumlaufen sollte. Da wollte man die ganzen...den ganzen Verkehr rumführen. Damals ging man noch davon aus, daß Selb irgendwann einmal, was weiß ich, so

30.000 Einwohner haben würde. Des war so mal die Phase, als Rosenthal gebaut

hat, die Werke und des ganze Zeug. Und als Gropius in Selb war, da hat man den beauftragt, „mach doch mal ne Verkehrsplanung dazu“. Und da hat der natürlich gesagt, „gut, da machen wir so einen schönen Ring rum um die Innenstadt, die Innenstadt wird völlig verkehrsberuhigt“ und da wollte man tatsächlich so rings- rum...Schillerstraße, Talstraße sind bereits zwei solche Achsen, es fehlen also so ein bißchen die Kurzstrecken, die das noch verbinden sollten, da waren aber auch schon Planungen da, da hinten beim Hackl, da bei diesem Getränkemarkt, durch- zugehen und solche Sachen. Die Talstraße ist völlig überdimensioniert. Und da haben sie die Gebäude und alles weggerissen und nix mehr da. Da hat man zu spät umgeschaltet.

M: Na gut, sie werden sich schon irgendwie durchwurschteln.

W: Die werden sich auch wieder aufrappeln, aber nicht mehr auf dem Niveau, wie es mal war, des is ganz klar.

M: Man hat ja immer das Gefühl, sie haben den Anspruch, da irgendwas zu erreichen, in Konkurrenz mit Marktredwitz oder Hof zu treten, aber da weiß ich nicht, wie sie das bewerkstelligen wollen, der Zug ist abgefahren, glaube ich.

W: Selb hat ne Autobahn, ich bin demnächst noch schneller in Hof und Marktredwitz. Jetzt schon fast, da fehlen noch ein paar so...

M: Wieder genau das, was ich praktisch angemerkt habe, aber das wollen sie nicht hören, weil es immer heißt, „die Autobahn, die ist ein Segen“, vor allem dieser Selber Anzeiger, der schreibt ja pro Stadtrat und pro OB und dann heißt es immer, „das ist der Segen für Selb, jetzt geht es mit Selb aufwärts“. Und dann hab ich gesagt...und jetzt schreien sie alle nach der Ost-West- Verbindung, da sind die Leute ja noch schneller in Bayreuth.

W: Der gleiche Fehler. Die Fichtelgebirgsautobahn ist der totale Fehler. Die schreien alle, des gibt Arbeitsplätze, des stimmt überhaupt nicht, oder wo...Autobahnen haben wir so viele, wo sind die Arbeitsplätze dazu?

M: Wer soll sich denn jetzt an dieser Ost-West-Achse ansiedeln, in Marktleuthen z.B., wer soll sich denn da ansiedeln? Ich versteh das nicht.

W: Völliger Unsinn. Also der einzige Vorteil is, diejenigen, die jetzt dann in Tschechien produzieren, die sind schneller, aber Arbeitsplätze kriegen wir hier keine. Also das ist die völlig falsche Entwicklung.

M: Ich bin eigentlich schon ein Befürworter von Autobahnen, aber in dem Fall versteh ich die ganze Diskussion, die geführt wird, nicht. Ich verstehe es nicht, was brauchen wir da jetzt eine Autobahn?

W: Die liegt auch völlig verkehrt, die ist viel zu weit oben, Die gehört unterhalb Bayreuths. Wir haben des Kreuz von Bamberg rüber. Dann darf man die Autos doch net die Berge hinauffahren lassen, um dann oben rüber und dann wieder runter. Da kann ich ja das Eck da gleich über Hof fahren, wenn ich wirklich LKW bin und sag, „Landstraße wird gemieden“. Denn des rentiert sich ja gar nicht mehr, die Abkürzung. Man muß des einmal auf ner großen Karte anschauen. Da ist das so was von deutlich, daß die überflüssig ist, die Autobahn. Aber das ist der Wunsch der regionalen Politiker, „Wunsiedel muß an eine Autobahn angebunden sein“. Arbeitsplätze bringt des nicht, also die Porzellanindustrie ist ja nicht wegge- gangen, weil sie keine Autobahn hatte, sondern weil sie Probleme hatte mit dem Produktionsstandort. Die kommt auch nicht wieder, wenn es da noch 10 Autobah- nen gibt. Des Ruhrgebiet ist nicht entstanden, weil die dort ne Autobahn hatten, sondern die Autobahnen mußten dann gebaut werden, weil so viel los war im

Ruhrgebiet. Und die Autobahn München-Berlin bis Hof nauf, die gibt es ja seit 50 Jahren, wo sind die Industrieansiedlungen rechts und links? Und wenn man sich des Himmelkron anschaut, da heißt es dann „Himmelkron, das ist doch das klassische Beispiel“, was ist denn da? Klar, wenn des schön is da, Arbeitsplätze sind dort auch nicht viel entstanden.

M: Des war halt der richtige Standort für einen Mc Donald’s und für nen Sex- Shop.

W: Und ein paar Tankstellen haben wir.

M: Dieser Erotikmarkt für LKW-Fahrer.

W: Für den ist das auch ein guter Standort.

M: Na gut, aber was ist denn großartig entstanden? In Italien ist es ein bißchen anders, also da sind schon die großen Nudel-Hersteller oder die ganzen Sportartikel-Hersteller, die sieht man direkt an der Autobahn, also da scheint es ein bißchen anders zu sein.

W: Sagen wir mal so, da ist natürlich auch die übrige Region viel schlechter er- schlossen. 10 km auf einer Landstraße fahren bei uns oder auf ner Staatsstraße oder ner Bundesstraße, das ist ja kein großes Problem, bei uns sind ja auch die Bundesstraßen relativ perfekt ausgebaut. Also diese Fichtelgebirgsautobahn, da wo sie jetzt geplant ist, ist sie völlig überflüssig. Nur ist klar, wenn man die unten an Bayreuth vorbeiführen will, dann schreit ganz Bayreuth auf. Und deswegen sagt man, „na komm, da oben wohnen net so viel Leut, wir knallen sie denen da hin“: Und auch die Tschechen bauen ja Richtung Waidhaus und net Richtung Schirnding. Aber ist klar, der Herr Schläger ist aus Schirnding, der will natürlich für sein Schirnding dort möglichst was haben. Also ne Autobahn bringt der Region, wo sie durchgeht, herzlich wenig. BMW ist gegangen, obwohl sie ne Autobahn gekriegt hätten. Kein Interesse. Die haben auch nicht gesagt, „gut, wir kommen, aber ihr müßt ne Autobahn bauen“. Die haben sogar erklärt, „die Autobahn inte- ressiert uns überhaupt nicht“:

M: Das ist ja fast schon Voraussetzung heutzutage, also ne Autobahn ist ja kein standortentscheidender Faktor mehr.

W: Es gibt so viele Autobahnen, also des Stück, des die da reinpflanzen, die zerhauen da ein Stück Fichtelgebirge.

M: Eben.

W: Also die liegt schief, vor allem liegt sie auf der völlig falschen Stelle. Die muß Bayreuth, unterhalb, die alte B 22. Oder überhaupt auf der B 22, da gehört die Autobahn drauf, aber da ist natürlich, da geht natürlich Bayreuth hoch.

M: Und dann sind die Oberpfälzer wieder dagegen.

W: Na ja, nee, die Oberpfälzer sind nicht einmal dagegen. Dann heißt es, „die O- berpfälzer kriegen noch eine Autobahn, die wollen wir“, so rum is des. Der Landrat Seißer gönnt den Oberpfälzern nicht noch eine Autobahn. Dann heißt es wieder, „ja und wir hier oben, in Oberfranken, wir kriegen sie nicht, da geht die wieder durch die

Oberpfalz und des is ja fürchterlich“.

M: Dann kriegen die wieder die Arbeitsplätze.

W: Dann kriegen die die Arbeitsplätze. Aber die Zeiten sind vorbei, wo die Autobahn Arbeitsplätze gebracht hat.

M: Na gut, ich bedanke mich für dieses Gespräch.

W: Gern geschehen.

Transkription des Interviews mit Frau Brunat, Inhaberin des Uhren- und Ju- welierfachgeschäftes Brunat in Selb zum Thema: „Die Standortproble-matik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte am Beispiel des Standorts Selb“

Datum: 28.05.2001

Zeit: 9.00 - 9.30 Uhr

Ort: Martin-Luther-Platz 9

95100 Selb

B: Frau Brunat

M: Joachim Malzer

M: Wie schon gesagt, ich war schon bei verschiedenen Einzelhandelsvertre- tern, beim Herrn Weniger in Bayreuth auch, den kennen Sie ja wahrschein- lich?

B: Ja.

M: Wir haben ein bißchen gesprochen über die Problematik dieser höherwertigen Einzelhandelsgeschäfte im allgemeinen, jetzt Standort Deutschland und Bayreuth so ein bißchen, und jetzt wollte ich halt wissen, wie es am Standort Selb aussieht, was da Ihre, ich meine, man kann Sie ja als höherwertiges Einzelhandelsfachgeschäft betrachten, wie sich da die Problematik gestaltet. Vielleicht um Ihnen ein paar Stichpunkte zu geben: Erreichbarkeit der Innenstadt, dann gibt es noch die berühmte Kaufkraft und dann gibt es noch Wirtschaftsförderung und so weiter und so fort.

B: Na ja, die ganze Problematik hier in Selb ist eigentlich ganz einfach. Wir haben sehr starken Arbeitsplatzverlust hier durch die Porzellanfirmen, Hutschenreuther existiert in der Form, wie es mal früher war, nicht mehr. Netzsch ist eine riesen- große Maschinenbaufabrik gewesen, existiert auch nur noch im kleinen. Die Por- zellanfirmen kränkeln, und des merken wir natürlich in unserem Schmuckbereich am ehesten, weil des is der Artikel, den man am wenigsten braucht oder der ei- gentlich zum Schluß kommt. Und die zweite Problematik ist...oder es gibt eigent- lich drei. Die allgemeine, daß die Leute allgemein etwas zurückhaltender sind im Kaufen. Des is ja nicht nur in Selb, sondern des is bundesweit...zeichnet sich des ab, und des dritte is die Nähe zur tschechischen Grenze, es fließt also in Selb sehr viel Kaufkraft ab. Bei uns auch, aber nicht nur bei uns, sondern auch...es wird ja quasi alles drüben gekauft, vom Metzger bis zum Friseur und zum Zahnarzt alles. Und die Branchen, die dann hier nicht so viel Einnahmen haben, die können auch nicht so viel ausgeben. Und dadurch, daß eben auch weniger Kaufkraft hier in Selb ist, existieren dann wieder nicht mehr so viel Geschäfte, wir haben also sehr viel Geschäfte in Selb leer stehen. Dann fahren wieder mehrere Leute, die sagen, in Selb kriegt man ja nix, die fahren dann fort und selbst das, was sie hier in Selb gut bekommen würden, wird halt dann woanders auch gekauft. Des is die ganze Problematik hier, also mit wenigen Worten gesagt.

M: Weil sie dann entweder nach...gut, sagen wir mal Bayreuth oder Hof fahren, und wenn sie schon dort sind, dann kann man auch gleich noch dort zum Juwelier gehen sozusagen.

B: Ja. Ich meine, wir haben sehr viele gute Stammkunden und in dem Sinn so ganz sehr klagen dürfen wir nicht, wir haben hier das eigene Haus und einen guten, festen Stammkundenbereich, aber wir merken es schon sehr stark. Leider, muß man dazusagen.

M: Und was viele Einzelhändler in der Innenstadt immer beklagen, diese Erreichbarkeit der Innenstadt jetzt, daß sie sagen, die Fußgängerzone, die muß man abschaffen?

B: Na ja, da gibt es ja nun mehrere Möglichkeiten also, oder viele Meinungen. Wir haben ja hier...der Martin-Luther-Platz war der erste, der verkehrsberuhigt war. Und dann sind natürlich schon Kunden weggeblieben, die mal schnell hergefahren sind und irgendwas gekauft haben, also die Sachen fallen bei uns bestimmt weg. Die zweite Sache is, wir verkaufen ja auch hochwertige Sachen, und dann gehen die Leute auch mal ein Stück zu Fuß, um zu uns zu kommen. Wobei, wenn man jetzt von der Großstadt ausgeht, wie weit man da von einem Parkplatz zu den Ge- schäften laufen muß, es sind ja in Selb die Parkplätze weiß Gott nicht weit. Also wir haben genug Parkplätze am Theater oder dann oben bei, wo früher die Braue- rei war, da sind also jede Menge Parkplätze und die sind zur Innenstadt...also des is lächerlich. Aber natürlich , wenn einer gewöhnt ist, in der Ludwigstraße oder hierher zu fahren vor die Ladentüre, und kann das dann nicht mehr, dann is er ärgerlich. Des is also für meine Begriffe kein Grund. Also des spielt vielleicht bei uns hier schon eine Rolle, aber nicht so eine große.

M: Würden Sie dann sagen, daß diese ganze Diskussion um diese Öffnung der Ludwigstraße ein bißchen überbewertet wird oder...?

B: Ich weiß es auch net, ich weiß es überhaupt nicht, ob es für eine Stadt wie Selb sinnvoll ist, eine Fußgängerzone überhaupt zu machen, aber nun haben wir sie einmal. Ich finde, immer so verkehrsberuhigte Bereiche, wo man schon mal fahren kann und parken kann, sowieso für ne Kleinstadt eher besser als einen Fußgän- gerbereich. Aber wenn wir die Sachen jetzt haben. Genauso der Martin-Luther- Platz, ich mein, des is...den jetzt wieder umzukrempeln, des wäre Quatsch. Ich sag ja, früher konnte man hier herfahren und durchfahren. Vorne vom Platz da durch hinter in die Pfaffenleithe. Aber das haben wir auch damals schon gemerkt, daß eben einfach so Kunden, die was Schnelles brauchen, hergefahren sind, rein und zack wieder raus, die fallen da weg. Die sind dann damals in die Ludwigstra- ße ausgewichen, aber die jammern ja nun auch, daß nur vormittags offen ist und daß nachmittags tote Hose ist. Des kann ich nicht so beurteilen, also ich würde sagen, für unseren Bereich hier spielt das nicht so eine große Rolle. Eine Rolle schon, aber nicht so groß wie vielleicht beim Metzger, der jetzt jeden Tag seine Kundenfrequenz hat. Ich sag ja, wenn jemand zu uns will und möchte was Schö- nes, dann kommt er auch.

M: Hat sich diese...es gibt ja diesen Begriff des Magnetbetriebs, und das war ja der Storg, hat sich das bemerkbar gemacht auch bei Ihnen im Umsatz, als der ab April 2000 nicht mehr war?

B: Des kommt ja alles zusammen. Wir beobachten das seit Mitte der neunziger Jahre, so ab 1994, 1995 ist es also rückläufig. Und da spielt freilich der Storg eine Rolle mit. Ich mein, der Storg hat uns Kaufkraft weggenommen, aber es sind natürlich sehr viele Leute da auch reingekommen.

M: Haben also Kaukraft gebracht.

B: Und jetzt heißt es, na gut, was kaufst du denn in Selb noch? Kein Kaufhaus da, und ansonsten ist jeder zweite Laden leer und es kommen also nicht mehr so viele Leute rein von außerhalb. Das ist schon eine Problematik.

M: Diese Leerstände, die sind auch eine größere Problematik in Selb, oder? Weil ich habe es immer gehört, also solche Geschäfte wie Ihres jetzt, die sollten auch in einem entsprechenden Rahmen sich plazieren, sie sollten es zumindest, also daß neben einem Juwelier nicht die Spielhalle steht usw. Wenn man jetzt die Ludwigstraße anschaut: Leerstände, Spielhallen, irgendwelche leer stehenden Gaststätten, das ist auch nicht gerade das ideale Erscheinungsbild, nehme ich jetzt einmal an.

B: Des is am Martin-Luther-Platz hier ja auch, also nicht ähnlich, wir haben Gott sei Dank nebenan das Zoo-Geschäft, das existiert schon ewig. Und der wird jetzt auch weitergeführt. Aber gegenüber die Apotheke hat zugemacht, findet sich auch niemand. Aber soviel is es nicht. Aber wenn sie sonst die Stadt anschauen, also es ist schon erschreckend. Des is eigentlich des, was des Wesentliche hier ist.

M: Also die Erscheinung des Stadtbilds praktisch auch als Problem jetzt für die Geschäfte?

B: Also nicht nur die Erscheinung, unsere Innenstadt ist eigentlich wunderschön bepflanzt und alles und ich mein schon, daß es nicht da dran liegt. Es liegt einfach am Angebot jetzt. Sie haben ja schon Mühe, einen Reißverschluß zu kriegen oder irgend... was weiß ich. Es ist einfach...die Struktur wird weniger. Also wenn ich jetzt so rumkuck, was in den letzten Jahren alles zugemacht hat, wo sich einfach niemand findet. Es ist, wie gesagt, die Leute sagen dann „ach, in Selb kriegst du ja nichts“, und fahren gleich fort. Obwohl des Angebot doch in vielen Bereichen hier sehr gut ist. In unserer Branche sowieso, würde ich sagen. Wir haben ein hervor- ragendes Angebot. Und wir haben schöne Schuhgeschäfte, aber es fehlt halt an Bekleidung und so. Da so diese Nischenprodukte, also da fehlt’s.

M: Was mich immer persönlich interessiert, weil es immer heißt, speziell jetzt auch auf den Einzelhandel bezogen, die Autobahn, die wäre so ein Se- gen für die Stadt Selb, und ich sag’ immer, die Autobahn ist kein Segen, weil die Leute eben noch schneller nach Bayreuth, Marktredwitz oder nach Hof kommen.

B: Also ja, das sowieso. Wenn Sie heute nach Hof wollen, dann ist die Zeit, die sie jetzt brauchen, weit kürzer als früher, da mußtest du durch Schönwald usw. Ich...da bin ich jetzt auch nicht so informiert. Ich mein, es gibt da ein Für und ein Wider.

M: Also eine Autobahn macht jetzt keinen Einzelhandel kaputt in dem Sinn oder meinen Sie jetzt , die Leute fahren jetzt schon verstärkt nach Marktredwitz oder nach Hof?

B: Die sind früher schon fortgefahren und die werden in Zukunft fortfahren. Und jetzt geht es halt noch schneller. Also ob dadurch ein Einzelhandelsgeschäft ka-

putt geht, weiß ich nicht. Ich kann mich auch da jetzt schlecht einklinken in diese Problematik „Autobahn ja oder nein“. Ich meine, daß wir die Autobahn jetzt haben, die Nord-Süd, das finde ich schon gut. Sie sind auch schneller mal einfach in den Urlaub gefahren oder weggefahren. Wenn man sich vorstellt, daß der ganze Ver- kehr jetzt noch über eine normale Bundesstraße ginge, das wäre ganz sicher nicht sehr schön. Wie das dann einmal mit Ost-West ist, im Moment reicht es meine ich. Aber man weiß ja nicht, was mal kommt. Und ich weiß es nur vom Maintal, da ha- ben wir Freunde, da war ein Aufschrei wie da bei Staffelstein in der Ecke die Au- tobahn gebaut werden sollte. „Des zerstört die Landschaft und der Gottesgarten geht kaputt“ und was weiß ich, und dann hat man die Autobahn also so geschickt tief gelegt und eingebaut und begrünt. Also wenn sie heute am Staffelberg sind oder in der Landschaft sind, die Autobahn fällt überhaupt nicht auf. Und jeder is froh, daß durch die Orte nicht mehr die Laster und der Verkehr rollen. Es fährt ja eh noch genug durch. Also des is so eine Sache, da gibt es eben viel Für und Wi- der.

M: Was Sie vorher erwähnt hatten im Zusammenhang mit den Selbern an sich, ich höre das jetzt schon zum zweiten Mal, daß die Selber grundsätzlich lieber woanders einkaufen als in Selb.

B: Also Selb war ja noch nie die Einkaufsstadt wie jetzt Marktredwitz oder Hof oder so. Oder Weiden.

M: Es soll aber auch so sein, daß die Selber an sich lieber nach Hof oder Marktredwitz oder Bayreuth fahren als in Selb einkaufen zu gehen.

B: Naja, des kann ich von unserer Branche eigentlich nicht bestätigen. Also wir haben sehr viele gute Stammkunden, die auch sagen, „wir kaufen lieber in Selb und wir haben da unseren Service und ich bin zufrieden hier und wenn ich eine Reklamation hab“ usw. Es wurde schon immer fortgefahren, also wir sind jetzt hier

36 Jahre und es wurde zu der Zeit weggefahren und es wird in Zukunft weggefahren. Und die Hofer werden auch nicht alles in Hof kaufen, die werden auch mal wegfahren. Ich würde es nicht einmal so sehr sehen, wir haben also sehr viele treue Kunden, die sagen, wir kaufen in Selb.

M: Und Selb, es wird ja immer als Einkaufsstadt bezeichnet, jetzt da wirklich eine daraus zu machen, können Sie sich das vorstellen oder sagen Sie, lassen wir es lieber so wie es ist, bevor wir da jetzt zwangsweise einen Riesenbetrieb ansiedeln oder den Storg wieder besetzen mit irgendwas?

B: Also ich fände es schon positiv, wenn mehr her käme. Diese Einkaufszentren, da halte ich nicht viel davon, weil da kriegen Sie eh bloß Ramsch.

M: Also da jetzt bei der Brauerei, bei dem ehemaligen Brauereigelände, da jetzt so ein dreistöckiges Center hinzusetzen, des wäre praktisch...

B: Ach so, ich hab jetzt gemeint so außerhalb dieser Einkaufssachen.

M: Ne, ich mein jetzt speziell in der Innenstadt. Es gab ja mal...der OB würde glaube ich gerne

B: Ja wenn sich Pächter fänden und wenn des Angebot käme, aber wer macht das? Sie haben ja schon Mühe, die Geschäfte hier in Selb zu beleben, also da sollte man erst mal schauen, daß die vermietet werden, eh man da was Neues anbringt. Es müßten mehr Betriebe hier sein, dann wäre automatisch mehr Kauf- kraft und dann kämen wahrscheinlich auch schon automatisch mehr Geschäfte her. So meine ich.

M: Woran es scheitert, haben Sie ja am Anfang schon gesagt. Liegt es auch mit an diesem Negativ-Image, daß man sagt, Selb, okay, kaputte Industrie...

B: Ich würde einfach sagen, es gibt so Lieblinsregionen in Bayern, also, da gehört Selb ganz sicher nicht dazu, obwohl...

M: Die Müller-Drogerien z.B., die siedeln sich ja alle irgendwo an, aber in Selb...

B: Ach Gott, wir haben zwei Mal den Schlecker, also da können wir auf die Müller- Drogerie gut verzichten. Da dran liegt es ganz sicher nicht. Wir haben jede Menge Lebensmittelmärkte hier, meines Erachtens auch zuviel, weil wenn hier nur so und soviel Leute sind, die können ihr Geld auch nur einmal ausgeben. Also jetzt da zu sagen, es müßte mehr her, ist Quatsch. Aber es gehört insgesamt die Einzelhan- delsstruktur noch erweitert. Da haben wir einfach zu wenig da. Wenn ich jetzt nur an Bekleidung denke, da ist wirklich fast nichts los. Wir haben zwar die hübsche, da wo sie hingehen wollen, so ne hübsche Boutique, die ein bißchen höherwertige Sachen hat, die Frau Winter, aber da kriegen Sie auch bloß supermodische Sa- chen und zu einer bestimmten Preislage. Ich mein, man bekommt schon, aber es ist einfach zu wenig.

M: Was jetzt die Akzeptanz solcher Läden wie jetzt z.B. von der Frau Winter betrifft, würden Sie sagen, die Selber stehen dem eher skeptisch gegenüber oder...Weil ich habe mit ihr gesprochen und sie meint, sie hat ihren festen Kundenstamm und sie hat ihr gutes Einkommen.

B: Die hat sich schon etabliert, würde ich sagen.

M: Aber sie hat gesagt, im Vorfeld haben ihr die Wirtschaftsförderung und der LBE in Bayreuth, die haben ihr alle abgeraten und haben gesagt, „in Selb, da gehen Sie unter und siedeln Sie sich irgendwo an, aber nicht in Selb“ und es ist eigentlich genau das Gegenteil eingetreten.

B: Ja. Das halte ich also für Unsinn. Wenn also jemand ein bißchen standfest ist, Sie können ja nicht erwarten, daß Sie in einem viertel oder einem halben Jahr dann gleich ein Top-Geschäft hier machen. Und des hat bei uns eigentlich auch Jahre, Jahrzehnte gedauert, bis man so weit war. Aber ich finde schon, daß es hier einen Sinn hat, sich selbständig zu machen. Ich sag ja, das Image hier von unserer nördlichen Ecke ist nicht so sehr gut, und alles will in den Süden, da ist man schnell im Gebirge und was weiß ich. Es ist schwierig, deshalb kann ich mir jetzt auch vorstellen, daß sich größere Betriebe hier vielleicht nicht so gern ansie- deln wollen, weil sie vielleicht nicht die Fachkräfte hier rauf bringen. Daß es da attraktivere Standorte gibt.

M: Das sicherlich, ja. BMW meinen Sie jetzt im speziellen?

B: Nein, ich meine jetzt überhaupt Industriebetriebe. Die bringen ja auch Leute mit und ob die dann bereit sind, nach Selb zu gehen, weiß ich nicht. Also ich finde es ganz schön hier.

M: Das Problem besteht jetzt wieder darin, wenn jetzt jemand aus Frankfurt, München oder Düsseldorf hierher kommen soll und dann schaut sich die Gattin, die ist ja da oft ausschlaggebend, die schaut sich dann Selb an und sagt: „Na gut, mein Liebster, gefällt mir nicht!“

B: Ja, „ohne mich!“ (Gelächter)

M: Na gut, wenn Sie zum Abschluß vielleicht jetzt noch hier an die Wirt- schaftsförderung denken, besteht da eine Zusammenarbeit oder ist die not- wendig?

B: Also ich habe noch nichts von der Wirtschaftsförderung gemerkt hier.

M: Würden Sie das begrüßen, wenn da jemand auf sie zukäme oder ist das eigentlich...

B: Ja, bloß ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand kommt und sagt, „da habt ihr Geld“...unsere Außenfassade, die könnte mal wieder ein schöneres Outfit brau- chen, „hier hast du Geld dafür“, das würde ich schon begrüßen, aber das wird nicht kommen. Aber ansonsten, was macht die Wirtschaftsförderung sonst hier?

M: Ja, hier...Ansiedlung von Betrieben ist da glaube ich das Maßgebliche.

B: Ja, das ist das A und O. Das wär’s schon. Und ich denke, sie geben sich auch schon Mühe, aber...

M: Wären Sie dann schon zufrieden, wenn sie sagen würden, wir zahlen Ih- nen 50 Prozent der Außenfassade und 50 Prozent sind Eigenbeteiligung?

B: Ja, das wär schon was. Natürlich, aber sicher.

M: Weil es gibt ja welche, die lassen es nicht machen, weil sie sagen, sie wollen da alles bezahlt haben.

B: Na gut, also...

M: Sie sind also nicht einer von denjenigen?

B: Nein. Aber eine Finanzspritze, wenn man irgendetwas erweitern oder umbauen oder neu machen wollte, das wäre schon angebracht.

M: Und da tut sich nichts, also da hat sich nichts getan und da wird sich auch nichts tun?

B: Also ich wüßte nichts. Ich meine, bei uns war ja jetzt auch das Generationen- problem, der Sohn hat ja auch überlegt, gehe ich her oder gehe ich nicht her. Der war ja auch im Ausland und er war in größeren Städten und es ist natürlich für Selb dann schon...da muß man schon die Brötchen ein bißchen kleiner backen. Aber es gibt halt dann auch wieder viele Vorteile. Sie sind hier schnell im Grünen, die Lebensqualität ist doch auch recht ordentlich, wenn vielleicht auch für die Ju- gend nicht so sehr viel geboten wird. Das wäre vielleicht auch noch ein Problem, die Jugend, die abwandert. Wer halt hier Abitur hat und so und studiert, der kommt nicht mehr hierher. Oder nur in den seltenen Fällen. Weil halt auch wieder wenig Industriebetriebe sind, wo er dann anfangen könnte, vielleicht käme er wieder. Die Selber sind eigentlich schon sehr heimatverbunden. Des läuft immer alles auf ei- nes raus, wo eben viel Kaufkraft ist, wird eben auch des Geld ausgegeben.

M: Und Ihr Betrieb ist jetzt schon wie lange in Selb?

B: 36 Jahre...37 Jahre!

M: Und sind Sie gebürtige Selberin oder sind Sie zugezogen?

B: Nein, nein. Sind wir nicht. Wir sind als absolut fremd hierher gekommen.

M: Und Sie haben sich dann entschlossen, hier den Betrieb aufzubauen?

B: Ne, des war überhaupt nix. Wir haben vollkommen neu hier angefangen. Das hatte verschiedene Gründe, das jetzt auszuführen, das wäre jetzt zu langwierig.

M: Sie haben sich also neu angesiedelt?

B: Ja, ja. Und auch damals kann man nicht gerade sagen, daß es leicht war, also, des hat schon gedauert, bis man sich da etabliert hat.

M: Gut, das wäre es soweit. Oder fällt Ihnen noch was ein zur Standortprob- lematik?

B: Nein.

M: Die klassischen Dinge wurden ja genannt.

B: Ja, das denke ich, das wird Ihnen jeder hier sagen, denke ich.

M: Gut, dann bedanke ich mich für dieses Gespräch.

B: Keine Ursache.

[...]


1 Auch viele der von mir per e-mail angeschriebenen Experten konnten mir keine einschlägige Literatur empfehlen.

2 Unglücklicherweise hatte ich in meinem Anschreiben angegeben, daß ich Informationen bzw. Literaturhinweise zur „Erstellung eines Referates im Rahmen eines Hauptseminars im Studiengang Wirtschafts- und Sozialgeographie an der Universität Bayreuth“ benötigen würde.

3 Es handelt sich dabei um einen Bericht über die Probleme der Schmuckbranche, erschienen in der Ausgabe 11-12/98.

4 Die jeweiligen e-mail-Adressen recherchierte ich im Internet unter www.einzelhandel.de bzw. www.lbe.de.

5 Ironie des Schicksals: Frau Wißmeyer studierte in Bayreuth Volks- und Betriebswirtschaftslehre.

6 Die Interviews mit Frau Wißmeyer und Herrn Först führte ich am 18.05.2001, das Interview mit Herrn Glaeser fand am 22.05.2001 statt.

7 Durchgeführt am 23.05.2001.

8 Da es an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde, näher auf grundsätzliche Vorgehensweisen in der Qualitativen Sozialforschung einzugehen, sei verwiesen auf Philipp MAYRING (1999), Einführung in die qualitative Sozialforschung, Weinheim - Psychologie Verlags Union.

9 Durchgeführt am 28.05.2001.

10 Dieses Interview wurde nach erfolgter Tonbandaufnahme ebenfalls wörtlich transkribiert.

11 Über konstruktive Anregungen bzw. Kritik zu dieser Arbeit wäre ich deshalb sehr dankbar.

12 Dazu wäre eine ausreichend quantitative Untersuchung der Thematik notwendig gewesen.

13 Herr Först war mir vom Landesverband des Hessischen Einzelhandels e.V. als Ansprechpartner für meine Fragestellungen empfohlen worden.

14 Zwar existieren verschiedene Definitionen der Betriebstypen im Einzelhandel, so z.B. in einer neueren Publikation (erschienen 1999) des Landesverbands des Bayerischen Einzelhandels e.V., die sich Attraktiver Einzelhandel - ein wichtiger Partner für lebendige Innenstädte nennt und worin (vgl. S. 81) sich auch eine Definition für den Begriff des „Fachgeschäfts“ befindet (sehr unter- schiedliche Verkaufsflächengrößen; branchenspezialisiert; tiefes Sortiment; in der Regel umfangreiche Beratung und Kundenservice), doch wird der Begriff des „höherwertigen Einzelhandelsfachgeschäfts“ hier wie auch in anderen Publikationen nicht erwähnt.

15 Es konnten sowohl Angaben zu regionalen (hier bezogen auf den Raum Frankfurt) als auch zu überregionalen Standortproblemen (bezogen auf den Standort Deutschland) getätigt werden.

16 Deren „wettbewerbsrechtliche und landesplanerische Legitimation“ nach Meinung von Herrn Först früher oder später erfolgen wird.

17 Gemeint sind ältere Kollektionen bzw. leicht fehlerhafte Ware.

18 Wer immer schön aufgepaßt hat, der weiß, daß Prof. Jörg Maier in seinen wirtschaftsgeographi- schen Vorlesungen für den „hybriden Kunden“ bzw. den „Smart-Shopper“ immer das Beispiel des Yuppies nennt, der sich in einem Designerladen einen Anzug für 1.000 DM von Armani kauft und anschließend zu NKD geht, um sich weiße T-Shirts zu kaufen, die er dann unter seiner teuren Neuerwerbung trägt (man sehe mir nach, daß ich Zeit und Ort dieser Äußerungen von Herrn Maier nicht zweifelsfrei belegen kann; im Ernstfall könnte ich jedoch Zeugen benennen...).

19 Gemeint ist das Phänomen des Sparens.

20 Frankfurter Nobeleinkaufsmeile.

21 In den Stuttgarter Top-Lagen sind dies nach Angabe von Frau Wißmeyer zwischen 300 und 500 DM/m² bei Geschäftsgrößen meist weit über 100 m².

22 Dies geschehe nach den Worten von Frau Wißmann nach dem Motto: „Warum nicht zu Aldi?“

23 Unter anderem geschehe eine Verlegung des Standorts in manchen Fällen auch aus dem Grund, weil sich betuchtere Herrschaften nicht gerne durch Massen von Menschen in den großen Einkaufsstraßen drängten, wie mir Herr Glaeser und später auch noch Herr Weniger erzählten.

24 Solch einer Entwicklung des Umfelds kann jedoch auch entgegentreten werden, denn Herr Glaeser weiß von einem Fall zu berichten, in dem ein Hausbesitzer in der Düsseldorfer Königsallee seine Räumlichkeiten an die Imbißkette Mc Donald’s und den Warenhausfilialisten Woolworth ver- pachten wollte. Es formierte sich jedoch eine Pächterinitiative, die den „Übeltäter“ unter Androhung der gesellschaftlichen Mißachtung (er sollte keine Einladungen zu offiziellen Anlässen wie Cock- tailparties oder Stehempfängen mehr erhalten), dazu brachte, von seinem Vorhaben abzusehen.

25 Auch Herr Glaeser sprach in diesem Kontext den „hybriden Kunden“ an.

26 Herr Glaeser verweist an dieser Stelle auf das CentrO, das sich katastrophal auf den innerstädti- schen Oberhausener Einzelhandel ausgewirkt hätte, und ähnliche Vorhaben in Berlin und Düssel- dorf.

27 Der genaue Wortlaut des gesamten Interviews kann im Anhang nachgelesen werden.

28 Wer sich näher über die „Fünf Höfe“ informieren will, dem empfehle ich die Web-Adresse www.fuenfhoefe.de.

29 Ludwigstraße 16.

30 Richard-Wagner-Straße 9.

31 Bahnhofstraße 1.

32 Maximilianstraße 81.

33 Im Rotmain-Center sowie in der Eysserhaus-Passage.

34 Maximilianstraße 28.

35 Herr Weniger definiert 1a-Lage als die Lage mit der höchsten Kundenfrequenz.

36 500 DM/m² sind auch hier keine Seltenheit. Zum Vergleich: In Bayreuth werden nach den Wor- ten von Herrn Weniger in 1a-Lage gegenwärtig Ladenmieten zwischen 60 und 80 DM/m² verlangt.

37 So z.B. die Bekleidungsfilialisten Pimkie oder H&M.

38 Die sowohl für bereits bestehende als auch für noch zu planende Läden zu berücksichtigen sind.

39 Ein Begriff, den Ulrich HATZFELD, ein bekannter deutscher Erforscher und auch Kritiker der Entwicklungen im Einzelhandel, geprägt hat.

40 Sicherlich hätte sich dafür auch jede andere oberfränkische Stadt angeboten, doch da ich nun- mehr seit knapp einem Jahr in Selb wohne und der Einzelhandel hier zudem vor außerordentlich gravierenden Problemen steht, habe ich mich letztlich für Selb als Fallbeispiel entschieden.

41 Der Wortlaut des gesamten Interviews kann im Anhang nachgelesen werden.

42 U.a. kann man dort Bekleidung und Schuhe von Joop, Boss und Escada beziehen.

43 Leider beziehen sich diese Angaben nur auf ein Mitte Mai stattgefundenes Vorgespräch, bei dem ich einen Interviewtermin mit Frau Winter vereinbarte, welchen sie jedoch wegen Krankheit absagen mußte. Ein zweiter Termin scheiterte schließlich an einem Trauerfall in ihrer Familie, so daß ein längeres Gespräch aus Zeitgründen nicht mehr stattfinden konnte.

44 Vgl. AHLERS, Hans W. (1998), „Schmucke Branche für goldene Zeiten“, erschienen im BAG Handelsmagazin (Nr. 11-12/98), S. 44-48.

45 a.a.O., S. 44.

46 a.a.O., S. 44.

47 a.a.O., S. 44.

48 Davon gibt es in Selb leider mehr als genug.

49 So z.B. in Hof oder Marktredwitz, die am häufigsten genannten Einkaufsziele, wenn man mit Selber Bürgern über ihre Einkaufsstättenwahl spricht.

50 Diese ist täglich bis 13.30 Uhr für den Durchgangsverkehr geöffnet und stellt damit nur nachmittags eine Fußgängerzone im eigentlichen Sinne des Wortes dar.

51 Den einzigen Grund dafür sehen die entsprechenden Einzelhändler in der nachmittäglichen Sperrung der Ludwigstraße für den Durchgangsverkehr.

52 Dies ist um so überraschender, als daß ihr Geschäft im vollständig verkehrsberuhigten Bereich am Martin-Luther-Platz liegt.

53 Dies kann wahrlich nicht bestritten werden.

54 Viele Leute sind der Meinung, daß diese Bezeichnung einen Widerspruch in sich selbst darstellt.

55 Wie es in der Fachliteratur immer so schön heißt.

56 Möge sich hierzu jeder selbst eine Meinung bilden.

57 Da ich weiß, welche Geschäfte Frau Winter in diesem Zusammenhang meint, kann ich ihr in diesem Punkt nur zustimmen. Daher empfehle ich auch jedem, sich bei Gelegenheit einmal vor Ort von den teils schlimmen Zuständen in der Selber Innenstadt zu überzeugen.

58 Diese werden durch die Porzellanwerksverkäufe von Villeroy & Boch, Rosenthal, Hutschenreuther und des Sportbekleidungsherstellers Trigema angelockt.

59 Gegenwärtig werden sie nämlich über die Schillerstraße dorthin geleitet, die jedoch nördlich an der Innenstadt vorbeiführt.

60 Ein Problem, das nicht von einem meiner Gesprächspartner genannt wurde, sondern das ich persönlich für ein solches halte.

61 Wer gänzlich anderer Meinung ist, der kann mir das gerne mitteilen.

62 Es sei mir verziehen, daß ich auf eine nochmalige namentliche Auflistung der betreffenden Personen an dieser Stelle verzichte.

Final del extracto de 50 páginas

Detalles

Título
Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte
Universidad
University of Bayreuth
Curso
Hauptseminar im Wahlfach Standort- und Investitionsplanung
Calificación
2,0
Autor
Año
2001
Páginas
50
No. de catálogo
V105009
ISBN (Ebook)
9783640033065
Tamaño de fichero
533 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Standortproblematik, Einzelhandelsfachgeschäfte, Hauptseminar, Wahlfach, Standort-, Investitionsplanung
Citar trabajo
Joachim Malzer (Autor), 2001, Die Standortproblematik für höherwertige Einzelhandelsfachgeschäfte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105009

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