Stellen Sie sich vor, Sie könnten die elementare Zusammensetzung eines Materials berührungslos und zerstörungsfrei bestimmen – die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) macht es möglich! Dieses Buch enthüllt die faszinierende Welt der RFA, einer leistungsstarken analytischen Technik, die auf der Entdeckung der Röntgenstrahlung basiert und sich seitdem rasant weiterentwickelt hat. Entdecken Sie, wie Röntgenstrahlung genutzt wird, um die elementare Signatur von Proben zu entziffern, von festen Materialien über Flüssigkeiten bis hin zu Pulvern. Im Gegensatz zur energiedispersiven Röntgenspektroskopie (EDX) bietet die RFA entscheidende Vorteile in Bezug auf die Probenvorbereitung und die Minimierung von Untergrundrauschen, was sie zu einer idealen Methode für die quantitative Analyse macht. Tauchen Sie ein in die physikalischen Grundlagen der RFA, von der Erzeugung der Primärstrahlung in Röntgenröhren bis zum Nachweis der charakteristischen Strahlung mit hochempfindlichen Halbleiterdetektoren. Erfahren Sie mehr über die Vor- und Nachteile der RFA im Vergleich zu anderen Analysetechniken wie EDX, einschließlich der Fähigkeit, unkomplizierte Proben zu analysieren, schnelle Messungen durchzuführen und eine breite Palette von Elementkonzentrationen zu bestimmen. Ob Qualitätskontrolle, Prozessüberwachung, Umweltanalytik oder Spurenelementanalyse – dieses Buch bietet einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Anwendungsbereiche der RFA. Es behandelt die unkomplizierte Probenbeschaffenheit, die schnelle Messgeschwindigkeit und die zerstörungsfreie Natur der Analyse, während es gleichzeitig die Grenzen der fehlenden Punktanalyse aufzeigt. Dieses Buch ist ein unverzichtbarer Leitfaden für Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker, die die Geheimnisse der Materialanalyse entschlüsseln und die Leistungsfähigkeit der Röntgenfluoreszenzanalyse voll ausschöpfen wollen und hilft Ihnen die Verfahren und Analysenmethoden zu verstehen und korrekt zu interpretieren. Ein tiefer Einblick in die Röntgenfluoreszenzanalyse, von der Anregung der Atome bis zur Detektion der emittierten Strahlung, wird Ihnen präsentiert. Lassen Sie sich in die Welt der zerstörungsfreien Materialanalyse entführen und entdecken Sie das Potenzial der Röntgenfluoreszenz für Ihre Forschung und Entwicklung.
Röntgenfluoreszenzanalyse
Einführung
Mit der Entdeckung der Röntgenstrahlung durch Conrad Wilhelm Röntgen im Jahre 1895 begann die Erforschung der Möglichkeiten zur Nutzung dieser Strahlung. Eine Möglichkeit der Nutzung von Röntgenstrahlung wurde 1913 durch die Gebrüder Bragg und dem britischen Physiker Herny Moseley entdeckt. Sie entdeckten die Beziehung zwischen der Wellenlänge der charakteristischen Röntgenstrahlung und der Ordnungszahl des emetierten Elements. Diese Beziehung ist auch heute noch die Grundlage für die Bestimmung von Elementen mittels der charakteristischen Röntgenstrahlung.
Zu Anfang Röntgenfluoreszenzanalyse wurde die welllängendispersive Methode genutzt, die aber mit der Entwicklung von Silizium-Halbleiter-Detektoren und rauscharmer Verstärker rasch von der energiedispersiven Methode „abgelöst“ wurde, wobei diese Entwicklung nicht zu einer generellen Ablösung wellenlägendispersiven arbeitender Sprektrometer geführt hat. Sie stellen vielmehr eine notwendige und vorteilhafte Ergänzung dar.
Erzeugung der zur Messung notwendigen Röntgenstrahlung
Anders als bei der EDX-Analyse, wo ein Elektronen-Strahl die anregende Energie liefert, wird bei der RFA primäre Röntgenstrahlung genutzt, welche zur Anregung und Erzeugung der charakteristischen Röntgenstrahlung im Element benötigt wird, sie wird durch eine geschlossene Glühkathoden-Röntgenröhre erzeugt. Diese Röntgenröhre besteht aus einem evakuierten Glasgefäß indem sich eine Kathode und eine Anode befindet (der schematische Aufbau ist der Skizze zu entnehmen).
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Die durch die thermische Emission aus der Kathode, meist eine Wolframkathode, austreten- den Elektronen werden durch die angelegte äußere Spannung zur Anode hin beschleunigt, wo sie Elektronen aus den Atomen des Anodenmaterials herausschießen. Das Anodenmaterial wird je nach benötigter Intensität der Strahlung ausgewählt und kann aus Silber, Rhodium (Lette), Chrom, Cobald oder Kupfer bestehen. Durch Nachrutschen von Elektronen aus höhe- ren Schalen wird eine für das Anodenmaterial charakteristische Röntgenstrahlung ausgesandt. Diese Strahlung ist die zur Messung benötigte Primärstrahlung mit einer Energie von 1 - 100
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Die so erzeugte primäre Röntgenstrahlung breitet sich linear aus und kann aufgrund ihrer ho- hen Energie fast jeden Stoff, in Abhängigkeit von seiner Dicke und Dichte (Atomgewicht), durchdringen.
Probenbeschaffenheit bei der RFA
Die Probenbeschaffenheit ist bei der RFA, anders als bei der EDX-Analyse, unkompliziert. Die Proben können rau sein, sie können nichtleitend sein, da keine Aufladung durch einen Elektronen-Strahl vorhanden ist. Es können gleichermaßen massive Proben wie flüssige Pro- ben (in Glasgefäßen), Brüche, Pulver (gepresst), Granulate, Papier, Folien und Filternieder- schläge untersucht werden, was bis auf die massiven ebenen Proben (leitend) bei der EDX- Analyse keinesfalls möglich ist.
Vorgänge in der Probe bei Beschuss mit Röntgenstrahlen
Die mit der Röntgenröhre erzeugte primäre Röntgenstrahlung tritt in der RFA-Anlage auf die Probe und löst dort in etwa 1µm bis 1cm Tiefe (Eindringtiefe) wiederum ein Elektron aus einer der kernnahen Schalen des getroffenen Atoms.
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Durch nachfüllen dieser Schale mit einem Elektron aus einer höher energetischen Schale wird charakteristische Röntgenstrahlung freigesetzt. Dieser Vorgang wird Fluoreszenz genannt. Um ein Elektron aus dem Atom zuschlagen und damit charakteristische Röntgenstrahlung freizusetzen muss man bei der EDX-Analyse die 2-3fache Energie der Ka-Strahlung des E- lements aufbringen um diese zu emitieren, während bei der RFA die 1-1,5fache Anregungsenergie ausreicht um die Ka-Strahlung freizusetzen. Die Eindringtiefe ist bis zu 1cm, aber die Tiefe aus der die charakteristische Strahlung wieder aus der Probe kommt ist nur einige µm groß (Elementabhängig). Damit hat man bei der RFA eine Informationstiefe von diesen einigen µm (bei Eisen-Ka-Strahlung in Eisen etwa 12µm), während sie bei der EDX-Analyse nur etwa 1µm beträgt (Eindringtiefe der Elektronen nicht sehr groß).
Ein Nachteil bei der Analyse mit primärer Röntgenstrahlung ist die Tatsache, dass die Rönt- genstrahlung nicht wie ein Elektronenstrahl gebündelt werden kann und damit die Punktana- lyse mit Hilfe der RFA nicht möglich ist. Im Gegenzug ist bei der RFA von Vorteil, dass in der Probe keine Bremsstrahlung erzeugt wird und dass damit der Untergrund, also das Rau- schen, im Spektrum fast wegfällt, was die quantitative Auswertung sehr vereinfacht.
Vakuumtechnik bei der RFA
Bei den Messungen der RFA wird im Normalfall kein Vakuum benötigt, da die Röntgenstrahlung nicht durch eine herschende Atmaosphäre gestört wird. Nur bei extrem weicher, also niedrigenergetischer Röntgenstrahlung, ist ein Vakuum von 10 Pa nützlich um die Elemente Aluminium und Silizium nachweisen zu können.
Nachweis der charakteristischen Strahlung
Herzstück der Energie-Dispersiven-Analyse ist ein Silizium-(Lithium)-Halbleiterdetektor. Bei diesem Detektor handelt es sich um einen Silizium-Einkristall (Reinheit: 99,999%) der bei Bedarf leitend werden muss. Dies wird durch eine gezielte Verunreinigung des Siliziums mit Lithium, dem sog. Dotieren, erreicht.
Der Aufbau des Detektors soll in der folgenden Zeichnung dargestellt werden. Es ist zu sehen,
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dass der Detektor aus mehreren Schichten besteht. Zum Einen aus zwei Goldschichten (jeweils ca. 20nm), die die Spannung im Detektor erzeugen sollen. Zum Anderen der dotierte Silizium-Einkristall, der etwa eine Länge von 3-5mm aufweist.
Dieser Detektor muss so angebracht sein, dass möglichst viele Röntgenstrahlen ihn erreichen. In Versuchen hat man herausgefunden, das ein Winkel von 35° zwischen Probenoberfläche und Detektor die besten Voraussetzungen liefert. Neben diesem Winkel, der immer eingehal- ten werden sollte, ist der Detektor stark temperaturabhängig, das heißt er muss ständig mit flüssigem Stickstoff (-197°C) gekühlt werden, da sonst bei z.B. Raumtemperatur die Lithium- Atome aus dem Silizium förmlich herausschießen (Diffusionsvorgänge) und damit die Dotie- rung wieder verloren wäre.
Ein solcher Detektor kostet ca. 30.000 DM und kann sehr leicht kaputt gehen wenn er nicht gekühlt wird. Aus der Kühlung ergeben sich weitere Kosten von ca. 250 DM pro Monat für den flüssigen Stickstoff.
Die Vorgänge im Detektor laufen wie folgt ab: Der Röntgenquant, der in der Probe durch Elektronenübergänge erzeugt wurde, tritt durch das Beryllium-Fenster (einige µm) hindurch und trifft auf das dotierte Silizium, wodurch dann freie Ladungsträger erzeugt werden dessen Anzahl proportional zur Energie des Röntgenquants sind.
Die freien Ladungsträger werden an den unter Spannung liegenden Goldbeschichtungen durch einen Vorverstärker in Impulse umgewandelt, die dann durch die in der Skizze dargestellten Geräte nachgewiesen werden können.
Der Detektor liegt in einem Vakuum hinter einem Beryllium-Fenster, welchen vor Kontamination und Vereisung des Detektors schützen soll. Dieses Beryllium-Fenster ist etwa 7-8µm dick und absorbiert einen großen Teil der energiearmen Röntgenstrahlung. Daher gibt es bei dieser Methode eine Nachweisgrenze von 1 keV. Das heißt alle Röntgenstrahlen die weniger als 1 keV Energie besitzen sind nicht nachweisbar.
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Vergleich zu EDX-Analysen
EDX-Analyse: Eindeutige Zuordnung der Elemente zu den Schichten (siehe Spektren):
- Deckschicht: (Flächenanalyse - kleines Fenster) es handelt sich um eine Al-Schicht
- Mittelschicht: (Punktanalyse) es handelt sich um eine Ti-Schicht
- Grundwerkstoff: (Flächenanalyse - kleines Fenster) Fe, Ni, Mo (L-Linie)
RFA: Hier war eine Zuordnung der Elemente zu den Schichten nicht möglich, da keine Punktanalyse durchgeführt werden kann. Aluminium konnte gar nicht nachgewiesen werden da die Messung nicht unter Vakuum durchgeführt wurde und damit die weiche Strahlung des Aluminiums nicht bis zum Detektor gelangt ist. Bei der RFA konnte dafür die Ka-Linie des Molybdäns nachgewiesen werden, denn ohne diese ist eine eindeutige Identifizierung nicht möglich (EDX nicht möglich da die Anregungsenergie zu hoch wäre).
Vor- und Nachteile der RFA
Vorteile:
- unkritische Probenbeschaffenheit
- schnelle Messungen
- zerstörungsfrei
- nachweisbare Konzentrationen: 1ppm - 100%
- wirtschaftliche Arbeitsweise bei geringen Kosten
Nachteile:
- keine Punktanalyse möglich
Anwendungsgebiete
- Qualitätskontrolle
- Prozesskontrolle
- Untersuchung von Flüssigkeiten (Umweltschutz)
Häufig gestellte Fragen
Was ist Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA)?
Röntgenfluoreszenzanalyse ist eine Methode zur Bestimmung der elementaren Zusammensetzung eines Materials. Sie basiert auf der Anregung von Atomen in der Probe mit Röntgenstrahlung und der anschließenden Analyse der emittierten charakteristischen Röntgenstrahlung.
Wie funktioniert die Röntgenfluoreszenzanalyse?
Bei der RFA wird eine Probe mit primärer Röntgenstrahlung beschossen. Diese Röntgenstrahlung regt Atome in der Probe an, wodurch Elektronen aus den inneren Elektronenschalen ausgestoßen werden. Wenn Elektronen aus höheren Schalen in die frei gewordenen Plätze zurückfallen, wird charakteristische Röntgenstrahlung emittiert. Die Energie dieser Strahlung ist elementspezifisch und kann zur Identifizierung und Quantifizierung der vorhandenen Elemente verwendet werden.
Was ist der Unterschied zwischen wellenlängendispersiver (WDX) und energiedispersiver (EDX) RFA?
Die wellenlängendispersive Methode (WDX) trennt die emittierte Röntgenstrahlung nach ihrer Wellenlänge, während die energiedispersive Methode (EDX) die Strahlung direkt nach ihrer Energie analysiert. EDX-Systeme verwenden typischerweise Silizium-Halbleiterdetektoren, während WDX-Systeme Kristalle zur Wellenlängenselektion verwenden.
Wie wird die Röntgenstrahlung für die RFA erzeugt?
Die zur Messung notwendige Röntgenstrahlung wird durch eine geschlossene Glühkathoden-Röntgenröhre erzeugt. Diese Röhre enthält eine Kathode und eine Anode in einem evakuierten Glasgefäß. Durch Anlegen einer Spannung werden Elektronen von der Kathode zur Anode beschleunigt, wo sie Röntgenstrahlung erzeugen.
Welche Arten von Proben können mit RFA analysiert werden?
Im Gegensatz zur EDX-Analyse ist die Probenbeschaffenheit bei der RFA unkompliziert. Es können sowohl massive als auch flüssige Proben, Brüche, Pulver, Granulate, Papier, Folien und Filterniederschläge untersucht werden.
Was ist der Unterschied in der Eindringtiefe zwischen RFA und EDX-Analyse?
Bei der RFA beträgt die Eindringtiefe der Primärstrahlung etwa 1 µm bis 1 cm, aber die Tiefe, aus der die charakteristische Strahlung wieder aus der Probe kommt, beträgt nur einige µm. Bei der EDX-Analyse beträgt die Eindringtiefe der Elektronen nur etwa 1 µm.
Welche Vor- und Nachteile hat die RFA?
Vorteile: unkritische Probenbeschaffenheit, schnelle Messungen, zerstörungsfrei, nachweisbare Konzentrationen: 1ppm - 100%, wirtschaftliche Arbeitsweise bei geringen Kosten. Nachteile: keine Punktanalyse möglich.
Wofür wird RFA verwendet?
RFA wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt, wie z.B. Qualitätskontrolle, Prozesskontrolle, Untersuchung von Flüssigkeiten (Umweltschutz) und Spurenanalyse.
Warum wird bei der RFA normalerweise kein Vakuum benötigt?
Im Normalfall wird kein Vakuum benötigt, da die Röntgenstrahlung nicht durch eine herrschende Atmosphäre gestört wird. Nur bei extrem weicher, also niedrigenergetischer Röntgenstrahlung, ist ein Vakuum von 10 Pa nützlich um die Elemente Aluminium und Silizium nachweisen zu können.
Wie funktioniert der Silizium-(Lithium)-Halbleiterdetektor?
Der Detektor besteht aus einem Silizium-Einkristall, der mit Lithium dotiert ist, um ihn leitfähig zu machen. Röntgenquanten, die in der Probe durch Elektronenübergänge erzeugt wurden, treffen auf das dotierte Silizium, wodurch freie Ladungsträger erzeugt werden, deren Anzahl proportional zur Energie des Röntgenquants sind. Diese Ladungsträger werden in Impulse umgewandelt und verstärkt.
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- Oliver Toussaint (Author), 2001, Röntgenfluoreszenzanalyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104759