Was steckt wirklich hinter den glänzenden Fassaden der Weimarer Republik? Tauchen Sie ein in eine Welt des illusionslosen Realismus, der scharfen Gesellschaftskritik und der entlarvenden Kunst der Neuen Sachlichkeit. Dieses Buch enthüllt die schonungslose Wahrheit über die "goldenen Zwanziger", eine Epoche, die von politischen Umbrüchen, wirtschaftlicher Not und dem Aufstieg radikaler Ideologien geprägt war. Erleben Sie, wie Künstler wie George Grosz und Otto Dix mit beißender Ironie und verstörender Ehrlichkeit die Missstände ihrer Zeit aufdeckten und die vermeintlichen "Stützen der Gesellschaft" entlarvten. Entdecken Sie die Merkmale dieser einzigartigen Stilrichtung – von der exakten Wiedergabe von Alltagsgegenständen bis hin zu surrealen Landschaften und Darstellungen des Arbeiterlebens. Analysieren Sie Schlüsselwerke wie "Die Stützen der Gesellschaft" und verstehen Sie die Intentionen der Künstler, die mit ihren Bildern aufrütteln und zum Nachdenken anregen wollten. Dieses Buch ist eine fesselnde Reise in eine Zeit des Umbruchs, eine Zeit, in der die Kunst zum Spiegel der Gesellschaft wurde und die Neue Sachlichkeit zu einer unvergesslichen Stimme der Kritik und des Widerstands avancierte. Es beleuchtet die Hintergründe der Epoche, die Gründe für die Abkehr vom Expressionismus und die vielfältigen Ausdrucksformen des Verismus. Erfahren Sie mehr über die zentralen Themen wie die Rolle der Frau in der Weimarer Republik, die Kriegsschuldfrage und die kritische Auseinandersetzung mit Kapitalismus, Kirche und Militär. Dieses Buch bietet Ihnen eine umfassende Analyse der Neuen Sachlichkeit, ihrer Künstler und ihrer Bedeutung für die Kunstgeschichte und die Gesellschaft. Lassen Sie sich von der schonungslosen Ehrlichkeit und der künstlerischen Brillanz dieser Epoche in ihren Bann ziehen und entdecken Sie die zeitlose Relevanz der Neuen Sachlichkeit für die heutige Welt. Wagen Sie einen Blick hinter die Kulissen und verstehen Sie, warum diese Kunstrichtung bis heute nichts von ihrer Brisanz verloren hat und warum sie uns auch heute noch wichtige Lektionen über die Macht der Kunst und die Verantwortung des Künstlers lehrt. Es ist eine Einladung, die Vergangenheit zu verstehen, um die Gegenwart zu gestalten.
Neue Sachlichkeit
Die Neue Sachlichkeit wird wie folgt definiert:
„Die zwischen den Weltkriegen hervortretende Tendenz zu illusionslos nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Erotik, Technik, Weltwirtschaftskrise und Amerikanismen.
In der Malerei: Bilder mit plastisch festgefügten Formen und klarem Aufbau; führte zu einem starren Realismus und zur völligen Bewegungslosigkeit, oft mit surrealistischen Elementen vermischt.
Vertreter: Scholz, Schrimpf, Kanoldt, Hofer u.a.; Dix und Grosz ð malten mit beißender Ironie und sozialkritischen Tendenzen“
Quelle (Zitat): „Der Große Knaur“- Band 13
Oft wird die Neue Sachlichkeit, realistische Stilrichtung in der bildenden Kunst und der Literatur seit Beginn der 20er Jahre („goldene Zwanziger“), als „Antwort auf den Expressionismus“ beschrieben.
Die Künstler dieser Epoche wenden sich stärker der Realität zu, die in ihrer objektiven Gegenständlichkeit erfasst und in nüchterner, unverzierter, sachlicher Weise künstlerisch gestaltet wird. Eine Besonderheit ist die Darstellung der Umwelt mit zeitgenössischen Problemen vor allem im gesellschaftlich- politischen Bereich, hervorgerufen durch die allgemeine große Unzufriedenheit mit der Weimarer Republik. Die Künstler dieser Zeit wenden sich, wie viele andere auch, radikalen politischen Parteien, hauptsächlich den linken, zu.
Das Ende der Stilrichtung wird mit dem Beginn der NS-Diktatur, die sämtliche Formen der Kunst staatlich unter Kontrolle hält, besiegelt. Nach dem Ende des verlorenen 2. Weltkrieges wollen viele Künstler von Krieg und Revolution nichts mehr wissen - die Grundlage der Neuen Sachlichkeit ist somit nicht mehr vorhanden.
Im Bereich der Kunst sind die Werke der Neuen Sachlichkeit identifizierbar anhand folgender Merkmale:
- exakte, objektive und präzise Wiedergabe von Alltagsgegenständen (z.B. Wasserhähne, Schlüssel, Geschirr,...)
- Starke Betonung des Gegenstandes
- Darstellungen von Fabrikbetrieben, Leben der Arbeiter
- Surreale Landschaften
- Auseinandersetzung mit der Alltagswirklichkeit der Weimarer Republik
Die Ziele dieser Epoche sind zum einen das Aufdecken der wirtschaftlichen und sozialen Situation, und die „breite Masse“ soll dazu angeregt werden aktiv an der Kultur teilzuhaben.
Häufig wird die Neue Sachlichkeit auch als Gegenteil von Expressionismus dargestellt, beziehungsweise als eine vollkommene Abkehr der vorigen Epoche. Grund für diese Abkehr ist die politische Naivität der Generation während des Expressionismus und der unerfüllten Hoffnung nach der 1. Weltkrieg.
Eine andere Bezeichnung, die oft mit der Neuen Sachlichkeit gleichgesetzt wird, ist der „Verismus“ ( italienisch: Verismo):
Dies ist eine Gestaltungsweise, welche als Steigerung des Realismus die Naturwirklichkeit in äußerst genauer, auch vor hässlich-abstoßender Wirkung nicht Halt machender Detailwiedergabe zu vergegenwärtigen sucht. Verismus ist zum Teil identisch mit den Stilbestrebungen der Neuen Sachlichkeit.
Bei den Vertretern der Neuen Sachlichkeit entwickelten sich unterschiedliche Zielsetzungen:
Dix und Grosz bevorzugten gesellschaftliche Tendenzen in ihren Bildern, Schrimpf eine romantisch- magische Strömung, Schad Kälte und Atmosphärelosigkeit, Kanoldt kulissenartig gebaute Landschaften, Radziwill surrealistisches und Grossberg die Darstellung von Fabrikanlagen.
(Erläuterung der Neuen Sachlichkeit anhand eines Beispiels)
Informationen über den Künstler:
Der Berliner Maler und Graphiker Georges Grosz (1893 bis 1959) war ein bekannter Vertreter der Berlin-Dada-Bewegung und beteiligte sich am Protest gegen die bürgerlichen Konventionen.
In seinen Werken wollte er hauptsächlich die für ihn Schuldigen an den wirtschaftlichen und sozialen Zuständen der Weimarer Republik zeigen.
„Die Stützen der Gesellschaft“
Entstehungsjahr: 1926
Größe: 200 x 108 cm
Darstellung: Öl / Leinwand
Ausstellungsort: Nationalgalerie Westberlin
Bildbeschreibung:
Im Bild befinden sich auf verschiedenen Ebenen 5 Personen, die klar zu erkennen sind und sich überschneiden, im Hintergrund sind schemenhaft weitere Menschen zu sehen.
Am unteren Bildrand steht ein Mann mit aggressivem Gesichtsausdruck (verstärkt durch Narben) an einem Tisch, ein Bierglas in der linken, einen Degen in der rechten Hand. Er trägt ein braunes Jackett, darunter ein weißes Hemd und eine blaue Krawatte, auf der ein Hakenkreuz befestigt ist. Seine Schädeldecke ist abgeschnitten und aus dem geöffneten Kopf springen Gewirr, Gesetzesparagraphen und ein berittener Soldat.
Schräg hinter dieser Person steht auf der vom Betrachter aus linken Seite ein Mann mit einem umgestülpten Nachttopf auf dem Kopf, einem Palmzweig in der linken Hand und Zeitungen unter dem linken angewinkelten Arm und einem Stift in der rechten Hand.
Wieder etwas weiter nach hinten versetzt auf der rechten Seite steht ein weiterer Mann mit einer Fahne in den Farben des untergegangenen Kaiserreiches (Schwarz, Weiß, Rot) in seiner linken Hand. An seiner Jacke befindet sich ein Schild mit bissig- boshafter Aufschrift „Sozialismus ist Arbeit“. Seinem Kopf fehlt ebenfalls die Schädeldecke, an ihrer Stelle befindet sich ein dampfender Haufen Kot.
Eine weitere Ebene dahinter steht mittig ein Geistlicher mit gerötetem Gesicht und ausgebreiteten Armen an einem geöffneten Fenster, aus dem man blutrote Flammen sehen kann.
Rechts oben im Bild befinden sich nicht mehr detailliert erkennbare Soldaten mit Stahlhelmen auf ihren Köpfen, von denen der vorderste einen Degen in der Hand hält.
Bildaufbau:
Die Personen auf dem Bild stehen völlig ohne Bezug zueinander in verschiedenen räumlichen Ebenen. Der Tisch am unteren Bildrand soll einen Raum vortäuschen, dem jedoch die Tiefe fehlt. Das Bild wirkt übervoll, die Personen überschneiden sich (ähnlich einer Collage) und füllen den gesamten Bildraum aus. Beim Betrachter löst dies Hektik und Wahrnehmung der Zerrissenheit der damaligen Welt aber auch Gleichartigkeit und inneren Zusammenhang der Ereignisse aus.
Farben:
Der Hintergrund ist dunkel gehalten (tot, düster wie die äußere Umgebung → Krieg), die Gesichter der Personen sind auffallend hell (leichenblass, kalt), strahlen aber trotz der roten Wangen keine Wärme aus, da das Rot mit dem Leichenblass einen zu starken Kontrast bildet.
Es sind allerdings noch weitere Hell-Dunkel-Kontraste vorhanden, z.B. der Hintergrund und die einzelnen Personen, besonders der Nachttopf zur schwarzen Kleidung des Geistlichen ,u.a.
Allgemein sind Farbenspiele in diesem Bild kaum vorhanden, Farbkontraste stehen im Hintergrund. Ein weiteres Beispiel für die farbliche Eintönigkeit ist die Kleidung: Die Personen sind in braunen, erdfarbenen, eintönigen, emotionslosen, sachlichen und strengen (z.B. streng gebundene Krawatte → Anlehnung an politische Umstände) Kleidern dargestellt, die allerdings sauber sind und eine gewisse Distanz zum arbeitenden Volk herausstellen.
Bildanalyse:
Die vorderste Person gehört vermutlich einer schlagenden Verbindung an. Hinweise dafür sind der Säbel und die Narben in seinem Gesicht, das Hakenkreuz an seiner Krawatte weist auf eine Mitgliedschaft in einer nationalsozialistischen Partei hin. Der berittene Soldat, der seinem Kopf entspringt, ist ein Zeichen für Eroberung.
Der Nachttopf auf dem Kopf des dahinterstehenden Mannes ist ein typisches Merkmal der Neuen Sachlichkeit (→ Darstellung von Gegenständen), der Palmzweig in seiner linken Hand ist ein Friedenssymbol, das, wenn man die Hetzartikel der Zeitungen unter seinem Arm, die ihn im Zusammenhang mit dem Stift in seiner rechten Hand als Angehörigen der Presse verraten, betrachtet, reine Heuchelei ist.
Der versetzt rechts dahinter stehende Mann ist vermutlich Kapitalist - Hinweis dafür ist das Schild an seiner Jacke (Aufschrift „Sozialismus ist Arbeit“). Mit dem Haufen Kot in seinem Schädel bringt der Künstler die Intelligenz der Kapitalisten allgemein zum Ausdruck.
Der eine Ebene zurück mittig stehende Geistliche hat sein gerötetes Gesicht vermutlich dem Alkohol zu verdanken. Die Flammen, die im Fenster sichtbar sind, sind ein Zeichen für die Hölle, die eine Metapher für den Krieg und die kapitalistische Welt draußen darstellt, die symbolisch von dem mit ausgebreiteten Armen dastehenden Geistlichen gesegnet zu werden scheinen.
Die Soldaten am oberen Bildrand weisen ebenfalls auf die politische Situation hin. Der vordere mit dem blutverschmierten Degen in der Hand ist vermutlich ein Offizier oder zumindest der ranghöchste Soldat dieser Gruppe.
Intention des Künstlers:
Georges Grosz möchte mit seinem Gemälde „Die Stützen der Gesellschaft“ die politischen Zustände der Weimarer Republik verdeutlichen und speziell in diesem Bild betont er seine Angriffsziele: Kirche, Kapitalismus und Militär. Das Zusammenwirken dieser drei Instanzen löst die Kriegsschuldfrage aus der Sicht des Künstlers, er versteht diese Instanzen als die drei Stützen der Gesellschaft beziehungsweise drängt sie für den Betrachter in diese Rolle.
Für den Betrachter wirkt dieses Gemälde zunächst abstrakt, bewegungslos, starr und ohne jegliche Emotionen, allerdings mit einer präzisen Darstellungsweise der Gegenstände und der einzelnen Personen.
Meine persönliche Stellungnahme:
Mir gefällt das Bild sehr gut da es trotz seiner abstrakten Darstellung für den Betrachter gut zu verstehen ist.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob der Künstler den Krieg verherrlichen würde, bei genauerer Betrachtung wird aber deutlich, dass genau das Gegenteil gemeint ist. Sieht man mit dem Hintergrundwissen des 2. Weltkrieges, den der Künstler zu dieser Zeit nie hat erahnen können, wird die Wirkung auf den Betrachter noch verstärkt ( z.B. Hakenkreuz als Symbol der NS-Diktatur).
Häufig gestellte Fragen
Was ist die Neue Sachlichkeit?
Die Neue Sachlichkeit ist eine Tendenz zwischen den Weltkriegen zu illusionslos nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Erotik, Technik, Weltwirtschaftskrise und Amerikanismen. In der Malerei zeichnet sie sich durch plastisch festgefügte Formen, klaren Aufbau, starren Realismus, völlige Bewegungslosigkeit und oft surrealistische Elemente aus.
Wer sind einige Vertreter der Neuen Sachlichkeit?
Zu den Vertretern gehören Scholz, Schrimpf, Kanoldt, Hofer, Dix und Grosz, wobei Dix und Grosz mit beißender Ironie und sozialkritischen Tendenzen malten.
Wie wird die Neue Sachlichkeit oft beschrieben?
Oft wird sie als eine realistische Stilrichtung in der bildenden Kunst und der Literatur seit Beginn der 20er Jahre, als „Antwort auf den Expressionismus“ beschrieben.
Welche Merkmale kennzeichnen die Kunstwerke der Neuen Sachlichkeit?
Merkmale sind die exakte, objektive und präzise Wiedergabe von Alltagsgegenständen, eine starke Betonung des Gegenstandes, Darstellungen von Fabrikbetrieben und Arbeiterleben, surreale Landschaften und die Auseinandersetzung mit der Alltagswirklichkeit der Weimarer Republik.
Was waren die Ziele der Neuen Sachlichkeit?
Die Ziele waren das Aufdecken der wirtschaftlichen und sozialen Situation, und die „breite Masse“ sollte dazu angeregt werden, aktiv an der Kultur teilzuhaben.
Was ist Verismus?
Verismus ist eine Gestaltungsweise, welche als Steigerung des Realismus die Naturwirklichkeit in äußerst genauer, auch vor hässlich-abstoßender Wirkung nicht Halt machender Detailwiedergabe zu vergegenwärtigen sucht. Er ist zum Teil identisch mit den Stilbestrebungen der Neuen Sachlichkeit.
Welche unterschiedlichen Zielsetzungen entwickelten sich bei den Vertretern der Neuen Sachlichkeit?
Dix und Grosz bevorzugten gesellschaftliche Tendenzen, Schrimpf eine romantisch-magische Strömung, Schad Kälte und Atmosphärelosigkeit, Kanoldt kulissenartig gebaute Landschaften, Radziwill surrealistisches und Grossberg die Darstellung von Fabrikanlagen.
Wer war Georges Grosz?
Georges Grosz (1893 bis 1959) war ein Berliner Maler und Graphiker, ein bekannter Vertreter der Berlin-Dada-Bewegung, der sich am Protest gegen die bürgerlichen Konventionen beteiligte.
Was wollte Georges Grosz in seinen Werken darstellen?
In seinen Werken wollte er hauptsächlich die für ihn Schuldigen an den wirtschaftlichen und sozialen Zuständen der Weimarer Republik zeigen.
Was stellt das Gemälde "Die Stützen der Gesellschaft" von Georges Grosz dar?
Das Gemälde stellt verschiedene Personen dar, die die Gesellschaft der Weimarer Republik stützen, darunter einen Mann mit Hakenkreuz, einen Mann mit Nachttopf auf dem Kopf, einen Kapitalisten, einen Geistlichen und Soldaten.
Was ist die Intention des Künstlers mit "Die Stützen der Gesellschaft"?
Georges Grosz möchte die politischen Zustände der Weimarer Republik verdeutlichen und speziell Kirche, Kapitalismus und Militär als seine Angriffsziele betonen. Er sieht diese Instanzen als die drei Stützen der Gesellschaft.
Wie wirkt das Gemälde auf den Betrachter?
Das Gemälde wirkt zunächst abstrakt, bewegungslos, starr und ohne Emotionen, aber mit einer präzisen Darstellungsweise. Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass der Künstler nicht den Krieg verherrlichen will.
- Quote paper
- Anita Reuter (Author), 2001, Neue Sachlichkeit/ Georges Grosz "Die Stützen der Gesellschaft", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104674