Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Götter und Menschen gleichermaßen der Habgier und dem Machtmissbrauch zum Opfer fallen. In Ciceros packender Anklage gegen Verres entfaltet sich ein erschütterndes Bild von Korruption und religiöser Entweihung im antiken Sizilien. Verres, der skrupellose römische Statthalter, schreckt vor nichts zurück, um sich zu bereichern, selbst wenn dies bedeutet, einen syrischen Prinzen zu berauben und ihn aus der Provinz zu vertreiben. Antiochus, ein junger König auf der Durchreise, wird Opfer von Verres' unstillbarem Verlangen nach Reichtümern, insbesondere einem kostbaren Leuchter, der dem Jupiter auf dem Kapitol in Rom gewidmet war. Doch Verres' Frevel kennt keine Grenzen: Er wagt es, das heilige Ceres-Heiligtum in Henna zu plündern, eine Stätte von uralter Bedeutung und tiefster Verehrung. Die Marmorbilder der Göttin, das Standbild der Viktoria, alles wird seiner Gier zum Opfer fallen. Cicero schildert eindringlich die Verzweiflung der sizilianischen Bevölkerung, deren religiöse Gefühle auf das Ärgste verletzt wurden. Er präsentiert Verres als einen Mann, der nicht nur Gesetze bricht, sondern auch die Grundfesten der römischen Zivilisation untergräbt: Gastfreundschaft, religiöse Ehrfurcht und den Schutz der Verbündeten. Wird Cicero es gelingen, die Richter von Verres' Schuld zu überzeugen und die Ehre Roms wiederherzustellen? Oder wird die Korruption triumphieren und ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Republik aufschlagen? Eine fesselnde Geschichte von Macht, Gier und dem unerbittlichen Kampf für Gerechtigkeit im Herzen des römischen Reiches, die Fragen nach Moral, Verantwortung und der Bedeutung kulturellen Erbes aufwirft. Ein Muss für Liebhaber antiker Geschichte, politischer Intrigen und mitreißender Redekunst, die die dunklen Seiten menschlichen Strebens nach Reichtum und Einfluss beleuchtet und die zeitlose Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit und moralischer Integrität hervorhebt.
Cicero - In Verrem II, 60-68
(Beraubung und Ausweisung des Syrerprinzen Antiochus)
Cicero, zu den Richtern gewandt:
Ich komme jetzt zu einer anderen Schandtat, die mir alle frevelhaften Dinge zu beinhalten scheint/ in der mir alle Schandtaten zu beinhaltet schein seinen:
Die unsterbliche Götter sind beleidigt worden, der gute Ruf und das Ansehen des römischen Volkes sind veringert worden, (und) die Gastfreundschaft ist verraten worden; alle eng befreundeten Könige und Volksstämme, die in ihrer Herrschaft und Abhängigkeit sind, sind durch das Verbrechen dieses da von uns entfremdet worden.
Denn Ihr wißt, daß die Prinzen Syriens, die Söhne des Königs Antiochus, kürzlich in Rom gewesen sind. Diese waren nicht wegen der Herrschaft über Syrien/ des Königreichs Syriens gekommen (, denn das hatten sie unbestritten (wörtl.: ohne Streit) inne, wie sie es vom Vater und den Vorfahren angenommen hatten); aber sie sind deshalb gekommen, weil sie glaubten, daß das Königreich Ägypten ihnen und ihrer Mutter Selene gehöre (wörtl.: , daß sich das Königreich Ägyptens bis zu ihnen und Selene, ihrer Mutter, erstrecke). Nachdem diese wegen der ungünstigen politischen Verhältnisse nicht vorgelassen worden waren und das, was sie wollten, nicht vor den Senat vorbringen konnten, reisten sie nach Syrien, in das väterliche Königreich, ab. Der eine von denen, der Antiochus genannt wird, wollte durch Sizilien reisen. Deshalb kam er, als dieser da Prätor war, nach Syrakus.
Damals glaubte Verres, daß für ihn die Möglichkeit etwas zu erben gekommen sei, weil dieser, der, wie er gehört hatte, viele herrliche Dinge mit sich führte, in sein Königreich und seine Hände gekommen war. Er schickte dem König großzügig genug von seinen Einnahmen als Geschenke zum häuslichen Gebrauch: eine große Menge an Öl, Wein und Weizen.
Darauf rief er den Prinzen selbst zum Essen/ lud er den Prinzen selbst zum Essen ein. Er schmückte das Speisezimmer großartig und prächtig. Er stellte sehr viele und sehr schöne silberne Gefäße aus. Er hatte noch keine goldenen. Er sorgte für alle Dinge, um das Gastmahl auszustatten und vorzubereiten.
Was soll ich viel sagen ? Sobald der Prinz weggegangen war, glaubte er. daß dieser da reich (ausgestattet) sei und daß er ihn ehrenvoll bewirtet habe.
Darauf rief er selbst den Prätor zum Essen; er stellte alle seine Reichtümer aus: viel Silber, (und) auch nicht wenige Becher aus Gold, die mit äußerst glänzenden Edelsteinen geschmückt worden waren, weil es königliche Sitte ist, und vor allem/ besonders in Syrien. Es gab auch ein Weingefäß: eine Schöpfkelle, die aus einem sehr großen Edelstein herausgearbeitet worden war, mit einem goldenen Stiel; über diese habt ihr, wie ich glaube, den hinreichend gewichtigen Zeugen Q. Minucius reden gehört.
Dieser nahm jedes einzelne Gefäß in die Hände, lobte es und bewunderte es.
Der Prinz freute sich, daß dem Prätor des römischen Volkes jenes Gastmahl sehr angenehm und erfreulich war.
Nachdem dieser von dort weggegangen war, überlegte er über das eine, wie er den beraubten und ausgeplünderten Prinzen aus der Provinz wegschicken könne. Er schickte einen Boten, der um Vasen bitten sollte, die schönsten, die er bei diesem gesehen hatte; er behauptete, daß er sie seinen Goldschmieden zeigen wolle.
Da der Prinz jenen nicht kannte, gab er sie ihm ohne irgendeinen Verdacht liebend gern. Er schickte auch einen, der um die edelsteinerne Schöpfkelle fragen/ bitten sollte; er behauptete, daß er diese genauer betrachten wolle.
Auch diese wurde Verres geschickt.
Nun gebt auf das Übrige 8, Richter ! Die Prinzen Syriens hatten einen Leuchter aus sehr/ äußerst glänzenden Edelsteinen, in wunderbarer Arbeit gemacht, nach Rom gebracht, um ihn auf dem Kapitol aufzustellen. Die Prinzen konnten den Leuchter (aber) weder aufstellen, weil der Tempel noch nicht wiederhergestellt worden war, noch wollten sie ihn dem Volk zeigen (wörtl.: öffentlich zeigen), mit der Absicht, damit er um so großartiger erscheine, wenn er zu gegebener Zeit (sowieso) in der Cella des Jupiter Optimus Maximus aufgestellt werde, und damit er um so glänzender scheine, wenn seine neue Schönheit zu den Augen der Menschen gelange.
Sie beschlossen, den Leuchter mit sich nach Syrien zurückzunehmen, um (dann), sobald sie gehört hatten, daß das Bildnis des Jupiter Optimus Maximus geweiht worden sei, Gesandte zu schicken, die mit anderen Dingen auch jenes ausgezeichnete und sehr/ äußerst schöne Geschenk auf das Kapitol bringen sollten.
Diese Sache kam diesem da zu Gehör - ich weiß nicht, wie; denn der Prinz hielt das Geschenk verborgen, damit es niemand (wörtl.: damit es nicht viele) früher als das römische Volk sieht.
Dieser ging auf den König zu und bat ihn mit vielen Worten, ihm den Leuchter zu schicken; er sagte, er wünsche, diesen zu besichtigen und er werde keinem die Möglichkeit geben, diesen/ ihn zu sehen.
Weil Antiochus ein sowohl kindliches als auch königliches Gemüt hatte, ahnte er keine Gemeinheit dieses da; er befahl den Seinigen, den Leuchter, nachdem er gut verpackt worden war, möglichst geheim zu dem Prätor zu bringen.
Nachdem sie diesen dorthin gebracht hatten, die Verpackung entfernt worden war und sie ihn aufgestellt hatten, fing dieser da an zu verkünden/ schreien, dieser Gegenstand sei dem Königreich Syriens würdig,einem königlichen Geschenk würdig und dem Kapitol würdig.
Er war nämlich von diesem Glanz, dieser Vielfalt der künstlerischen Fähigkeiten, dieser Größe, so daß verstanden werden konnte, daß er nicht zur menschlichen Bereicherung, sondern zum Schmuck des sehr großen Tempels gemacht worden sei.
Als Verres schon genug gesehen/ betrachtet haben zu schien, fingen sie an, ihn (, also den Leuchter, ) aufzuheben/ zu erheben, um ihn zurückzutragen. Dieser da behauptete aber, daß er jenen immer wieder betrachten wolle/ jenen immer wieder betrachten zu wollen; er habe sich noch nicht satt gesehen; er befahl jenen fortzugehen und den Leuchter zurückzulassen.
So kehrten jene dann mit leeren Händen zu Antiochus zurück.
Der Prinz fürchtete zuerst nichts, und ahnte (auch) nichts; ein Tag, ein weiterer (wörtl.: ein anderer) viele (Tage vergingen); er (, also der Leuchter, ) wurde nicht zurückgebracht. Dann schickte er einige, damit sie von ihm forderten, daß er ihn, wenn es ihm gefiele, zurückgeben sollte.
Dieser da befahl diesen, später zu ihm zurückzukehren.
Das erschien jenem wunderlich. Er schickte sie wiederum. Er wurde nicht zurückgegeben. Er rief den Menschen selbst an, bat, daß er ihn zurückgebe.
Lernt das Gesicht und die beispiellose Umverschämtheit dieses Menschen da kennen!
Obwohl (es) dieser da genau wußt, obwohl er (es) von dem Prinzen selbst gehört hatte, daß der Leuchter auf dem Kapitol aufgestellt werden müsse/ solle und von Jupiter Optimus Maximus und dem römischen Volk bewahrt werden sollte, fing er an, (ihn) sehr heftig zu bitten, ihm diesen zu schenken.
Als der Prinz sagte, er werde sowohl durch die (religiöse) Ehrfurcht vor dem Kapitolinischen Jupiter, als auch durch sein Prestige bei den Menschen gehindert, (und) weil (außerdem) viele Stämme/ Völker Zeuge jenes Werkes und Geschenkes seien, fing dieser da an, ihm sehr heftig zu drohen. Sobald er sah/ bemerkte, daß Antiochus weder durch Bitten noch durch Drohungen bewegt wurde, befahl er ihm unverzüglich, noch vor der Nacht, die Provinz zu verlassen (wörtl.: aus der Provinz wegzugehen); er behauptete, er habe erfahren, daß aus dessen Königreich Piraten nach Sizilien kommen werden.
Während der Prinz vor einer riesigen Versammlung auf dem Forum von Syrakus weinte und Götter und Menschen als Zeugen anrief, begann er auszurufen, C. Verres habe ihm einen Leuchter, der aus Edelsteinen gemacht sei, geraubt, den er auf das Kaptiol schicken wollte und der ein Andenken für das römische Volk an sein Bündnis und seine Freundschaft sei; er trauere seinen übrigen Kunstwerken, die in der Hand von jenem seien, nicht nach, (nur) sei es schlecht und unwürdig, daß ihm der Leuchter gestohlen werde.
Obwohl dieser schon vorher nach eigener Überlegung und Beratung mit seinem Bruder geweiht worden wäre, gebe, widme, schenke und weihe er ihn trotzdem jetzt dem Jupiter Optimus Maximus; er ziehe Jupiter selbst als Zeugen seines Willens und religiöser Ehrfurcht hinzu.
Welche Stimme kann dieses so große Verbrechen ausdrücken ?
Dieser Prinz Antiochus, dieser wurde trotzdem Hals über Kopf aus der römischen Provinz hinausgeworfen, obwohl er in Rom fast/ beinahe 2 Jahre lang vor den Augen aller war, obwohl er mit königlichem Gefolge und königlichem Schmuck ausgestattet ist, obwohl er ein Freund und Verbündeter des römischen Volkes ist, obwohl Vater, Onkel und Vorfahren sehr befreundet waren - sehr alte und sehr berühmte Könige - und obwohl er ein sehr wohlhabendes und großes Königreich hat.
Cicero, zu Verres gewandt:
Wie hast Du geglaubt, daß die ausländischen Nationen das annehmen würden, wie hast Du geglaubt, daß der Ruf dieser, deiner Tat in die Königreiche der anderen gelangen würde, wenn sie hören würden, daß der Prinz von einem Prätor des römischen Volkes in einer Provinz verletzt, die Gastfreundschaft verletzt und ein Verbündeter und Freund des römischen Volkes hinausgeworfen worden sei ?
Cicero, zu den Richtern gewandt:
Euer Name und der Name des römischen Volkes, Ihr Richter, wird den ausländischen Nationen zu Haß und Bitterkeit dienen, wenn so großes Unrecht dessen da ungesühnt bleibt.
So werden alle glauben - zumal sich ja diese Nachricht über den Geiz und die Gier unserer Menschen ausgebreitet haben wird - , daß nicht dieser da allein diese Untat begangen habe, sondern auch die, die sie gebilligt haben werden.
Viele Könige, viele freie Bürger, viele mächtige und reiche Privatleute haben in der Tat
vor, das Kapitol so zu schmücken, wie es die Würde des Tempels und der Name unseres Reiches verlangen (wörtl.: verlangt); jene werden glauben, daß ihre Geschenke Euch und dem römischen Volk willkommen sein werden, wenn sie wahrgenommen haben werden, daß Ihr empört gewesen seid, daß dieses Königreich das Geschenk entwendet hat; wenn sie aber hören, daß ihre gegen einen so vornehmen König und gegen eine so ausgezeichnete Sache nachlässig gewesen seid, werden sie nicht so dumm sein werden, (so) daß sie ihre Mühe, ihre Sorge und ihr Geld für diese Sachen, die, wie sie glauben, euch nicht willkommen sein werden, aufwenden.
Cicero - In Verrem II, 105-115
(Plünderung des Ceres-Heiligtums von Henna)
Cicero, zu den Richtern gewandt:
Ich scheine mich zu lange bei einer Art von Verbrechen aufzuhalten. / Es scheint mir, daß ich mich zu lange bei einer Art von Verbrechen aufhalte. Deshalb werde ich vieles auslassen. Für dieses/ das, was ich aber nun sagen werde, sammelt bitte (noch einmal) Eure Kräfte, Richter ! Ich werde jetzt nämlich so/ solch eine Untat dieses Menschen da vortragen, wovon/ von der ganz Sizilien bewegt worden ist. Verzeiht, wenn ich etwas weiter aushole und die Geschichte des Kults aufrolle !
Alt ist diese Meinung, Richter, die feststeht/ sich stützt auf sehr alten Schriften und Denkmäler der Griechen, daß die ganze Insel Sizilien Ceres und Henna geweiht sei. Das glauben sowohl andere Völker, als auch (ganz besonders) die Sizilianer. Sie sind davon überzeugt, daß diese Göttinnen in dieser Gegend geboren worden seien und daß in/ auf diesem Land zuerst Feldfrüchte gefunden worden seien und daß Libera, die sie mit einem anderen Namen Proserpina nennen, aus einem Wäldchen bei Henna entführt worden sei; dieser Ort wird der Nabel von Sizilien genannt, weil er in der Mitte der Insel liegt. Man sagt, daß/ Ceres soll Fackeln mit dem Feuer, das aus dem Gipfel des Aetna hervorbricht, angezündet haben, weil sie das junge Mädchen Proserpina suchen wollte. Es wird überliefert, daß sie, während sie sie vor sich hertrug, die ganze Welt durchwanderte.
Henna aber, wo sich das, was ich sage, zugetragen hat, liegt an einem sehr hohen Ort; (und) ganz oben gibt es eine Ebene und nie versiegende Gewässer. Diese ganze (Ebene) ist aber von jeglichem Zugang abgeschnitten. Ringsum gibt es sehr viele Seen und Wälder und sehr farbenfrohe (wörtl.: fröhliche) Blumen zu jeder Jahreszeit: diese Gegend selbst scheint auf den Raub der jungen Frau, von dem wir schon von Jugend an gehört haben, hinzuweisen. (< locus amoenus = "lieblicher Ort" )
In der Nähe gibt es eine bestimmte Grotte von unermeßlicher Tiefe; es wird überliefert, daß Pluto dort plötzlich mit einem Triumphwagen auftauchte, die junge Frau von/ aus diesem Ort raubte und mit sich wegtrug und plötzlich, nicht weit von Syrakus entfernt, in die Erde eingetaucht sei/ in der Erde verschwand.
Wegen des Alters dieser Meinung, daß in dieser Gegend Spuren und beinahe die Wiege dieser Götter gefunden worden sei, gibt es auf ganz Sizilien, privat und öffentlich, eine ganz außerordentliche kultische Verehrung der Ceres von Henna.
Und wirklich offenbaren viele Wunderzeichen die Kraft und das göttliche Wirken dieser: vielen Menschen half die Göttin in sehr schwierigen Situationen, so daß es scheint, daß diese Insel nicht nur allein von ihr geliebt, sondern auch bewohnt und beschützt wird.
Aber nicht nur die Sizilianer, sondern auch andere Völker verehren die Ceres aus Henna sehr. Ceres soll auf ihrer Irrfahrt nämlich auch nach Athen gekommen sein und die Feldfrüchte gebracht haben, (und) deshalb sind ihr von den Athenern sehr prächtige Heiligtümer errichtet worden, die von vielen mit größter/ höchster Begierde aufgesucht werden; um wie viel größer muß die religiöse Verehrung der Sizilianer sein, bei denen, wie es feststeht, sie geboren ist und die Feldfrüchte erfunden hat !
Nachdem Tiberius Gracchus getötet worden war, geriet die Republik in eine große Krise, und große Gefahren wurden aus Vorzeichen vorhergesagt; unter den Konsuln Publicus Mucius und Lucius Calpurnius befragten unsere Väter, von Angst bewegt, deshalb die sibyllinischen Bücher. Aus diesen ging hervor/ In diesen ist gefunden worden, daß Ceres an ihrer sehr alten Kultstätte versöhnt werden müsse.
Dann brachen aus dem sehr edlen Kollegium der zehn Männer Priester des römischen Volkes nach Henna auf, obwohl es in unserer Stadt einen sehr schönen und sehr großen Tempel der Ceres gab. So groß war nämlich das Ansehen und das Alter jenes Kultes, daß unsere Priester nicht zum Tempel der Ceres, sondern zum Kultort selbst der Ceres aufzubrechen schienen.
Und gerade diese ehrwürdige und alte Ceres ist von Gaius Verres aus ihren Tempeln und ihrem Wohnsitz entfernt/ beseitigt worden. Ihr, die ihr selbst nach Henna gegangen seid, habt das Bildnis der Ceres aus Marmor und - in einem anderen Tempel - das der Libera gesehen. Diese sind sehr groß und hochberühmt, aber nicht so alt.
Das dritte war ein Bildnis aus Kupfer, von mäßiger Größe und einzigartiger Verarbeitung (wörtl.: Arbeit), mit Fackeln, sehr alt, (und) von all(en) jenen, die in diesem Heiligtum sind, (war es) das älteste..
Dieses hob er auf/ nahm er mit/ beseitigte er; und trotzdem war er damit nicht zufrieden.
Vor dem Tempel der Ceres sind/ befinden sich auf einem weiten/ großen Platz zwei Standbilder, das eine (stellt) Ceres (dar), das andere Triptolemus, (beide) sehr schön und sehr groß.
(Genau diese) Schönheit war diesen gefährlich, (aber genau) Größe war die Rettung, weil die Demontage und der Abtransport dieser sehr schwer erschienen.
In der rechten Hand der Ceres stand ein Bildnis der Victoria, sehr schön gemacht: (und genau) dieses befahl er aus dem Bildnis der Ceres wegzureißen und abzutransportieren.
Wie ist diesem da eigentlich zumute, nun bei der Vergegenwärtigung seiner Schandtaten ?
Ich jedenfalls werde bei der Erwähnung dieser nicht nur im Herzen bewegt, sondern schaudere auch körperlich. Ich erinnere mich nämlich an das Heiligtum, den Ort, (und) die religiöse Stimmung; ich sehe alles vor mir (wörtl.: alles hält sich vor meinen Augen auf), jener Tag, an dem, als ich nach Henna gekommen war, die Priester mit Wollbinden und Zweigen an mich herantraten. An die Versammlung der Bürger, in der , als ich sprach, ein so großes Seufzen und Weinen entstand, so groß, so daß es schien, daß es in der ganzen Stadt sehr bittere Trauer gebe (wörtl.: sich aufhalte).
Jene beklagten sich nicht über Steuern, nicht über die Plünderungen der Güter, nicht über ungerechte Urteile, nicht über die Akten schrankenloser Willkür dieses da, nicht über Gewalt, nicht über die Ehrenkränkungen, durch die sie unterdrückt worden waren; sie wollten, daß das göttliche Wirken der Ceres, das Alter der Heiligtümer, die sakrale Reinheit des Heiligtums durch die Betsrafung dieses (sehr) verbrecherischen Menschen da wiederhergestellt wird; sie sagten, daß sie alles übrige erdulden.
Der Schmerz der Einwohner von Henna war so groß, daß es schien, daß ein anderer Pluto gekommen sei, und nicht Proserpina, sondern Ceres selbst weggetragen habe. Die Einwohner von Henna glauben nämlich, daß Ceres bei ihnen wohne.
Deshalb scheinen jene Stadt nicht eine Stadt, sondern Heiligtum der Ceres, die Einwohner nicht Bürger dieser Stadt, sondern Priester der Ceres zu sein.
Cicero, zu Verres gewandt:
Du wagtest es, das Bildnis der Ceres aus Henna zu entfernen ? Du versuchtest, aus Henna die VIctoria aus der Hand der Ceres zu entreißen und der Göttin die Göttin zu entziehen ?
In der Amtszeit der Konsuln Publius Popilius und Publius Rupilius habe Sklaven, entlaufene Sklaven, Fremde und Feinde jenen Ort erhalten; sie wagten nicht einmal etwas zu berühren.
Jene sind weder so sehr Sklaven ihrer Herren, wie du der Begierde (bist), noch so sehr von den Herren entlaufene Sklaven, wie du vor dem Recht und den Gesetzen (entlaufen bist), weder so sehr Fremde durch Sprache und Volkszugehörigkeit, wie du durch dein Wesen und deinen Charakter, noch solche Feinde der Menschen, wie du (Feind) der unsterblichen Götter (bist).
CIcero, zu den Richtern gewandt:
Welcher Gandenweg ist diesem da also noch verblieben, diesem, der Sklaven an Gemeinheit, entlaufene Sklaven an Verwegenheit, Fremde an Verbrechen und Feinde an Grausamkeit übertroffen hat !
Ihr habt die Gesandten aus Henna öffentlich sagen hören, daß sie von ihren Bürgern die Aufträge hätten, zu Verres zu gehen und das Bildnis der Ceres und der Viktoria zurückzufordern und, nachdem sie diese Sache erreicht hätten, dieses Verbrechen starflos zu lassen; wenn Verres es aber nicht zurückgegeben hätte, die Richter über dessen Untaten zu informieren, besonders aber über die verletzte Religion zu klagen.
Vernachlässigt diese Klagen nicht, ihr Richter !
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Inhalt des Textes "Cicero - In Verrem II, 60-68 und II, 105-115"?
Der Text enthält Auszüge aus Ciceros Rede "In Verrem", speziell aus Buch II, die Abschnitte 60-68 und 105-115. Diese Abschnitte behandeln zwei spezifische Fälle von Verres' Amtsmissbrauch und Verbrechen während seiner Zeit als Prätor in Sizilien.
Was wird im Abschnitt "Cicero - In Verrem II, 60-68" thematisiert?
Dieser Abschnitt beschreibt die Beraubung und Ausweisung des syrischen Prinzen Antiochus durch Verres. Verres betrügt Antiochus, indem er ihm wertvolle Gegenstände entwendet, darunter einen Leuchter aus Edelsteinen, der eigentlich für den Tempel des Jupiter Optimus Maximus in Rom bestimmt war. Schließlich wird Antiochus aus der Provinz vertrieben.
Was wird im Abschnitt "Cicero - In Verrem II, 105-115" thematisiert?
Dieser Abschnitt beschreibt die Plünderung des Ceres-Heiligtums von Henna durch Verres. Er stiehlt Kunstwerke und religiöse Gegenstände, darunter Bildnisse der Ceres und der Victoria, aus dem für die Sizilianer heiligen Tempel.
Warum ist der Ceres-Kult in Sizilien so bedeutend?
Die Insel Sizilien gilt als der Ort, an dem der Ceres-Kult seinen Ursprung hat. Die Sizilianer glauben, dass Ceres und ihre Tochter Libera (Proserpina) in ihrer Region eine besondere Bedeutung haben und die Landwirtschaft und Fruchtbarkeit der Insel schützen. Der Tempel in Henna ist ein besonders verehrter Ort.
Welche Rolle spielt Cicero in diesen Texten?
Cicero ist der Redner und Ankläger in diesem Fall. Er präsentiert diese Verbrechen vor Gericht, um Verres' Schuld zu beweisen und seine Bestrafung zu fordern. Seine Reden sind darauf ausgerichtet, die Richter von der Schwere der Verbrechen zu überzeugen und die religiösen Gefühle der Sizilianer zu betonen.
Was ist die Bedeutung des Leuchters, der Antiochus gestohlen wurde?
Der Leuchter war ein Geschenk, das Antiochus dem Tempel des Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol in Rom widmen wollte. Er symbolisierte die Freundschaft und das Bündnis zwischen Syrien und Rom. Der Diebstahl des Leuchters wurde daher als eine Verletzung der Gastfreundschaft, der religiösen Ehrfurcht und der internationalen Beziehungen angesehen.
Welche Konsequenzen hatte Verres' Verhalten für Sizilien?
Verres' Verbrechen verursachten in Sizilien großen Unmut und Trauer. Die Bewohner von Henna fühlten sich in ihrem religiösen Glauben verletzt und beklagten den Verlust ihrer heiligen Gegenstände. Cicero betont, dass Verres' Verhalten nicht nur einzelne Bürger schädigte, sondern auch das Ansehen Roms in der Welt gefährdete.
Was kritisiert Cicero an Verres' Taten?
Cicero kritisiert Verres' Gier, seine Respektlosigkeit gegenüber religiösen Traditionen, seine Missachtung der Gastfreundschaft und seine Korruption. Er argumentiert, dass Verres durch seine Verbrechen das Vertrauen der Bevölkerung in die römische Regierung untergräbt und das Ansehen Roms in der Welt schädigt.
- Quote paper
- W. Alexander (Author), 2001, Cicero gegen Verres II 4, 60-68; 105-115 (Übersetzung), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104610