Ein flüchtiger Blick unter den Rock, ein gestohlener Kuss im Schatten üppiger Gärten – Jean-Honoré Fragonards „Die Schaukel“ fängt die Essenz des Rokoko ein, eine Epoche des frivolen Vergnügens und versteckter Sehnsüchte. Tauchen Sie ein in das Frankreich des Ancien Régime, wo Adelige in einer Welt aus Seide, Puder und Intrigen lebten, unberührt von den aufkommenden Stürmen der Revolution. Dieses Meisterwerk, mehr als nur ein hübsches Bild, ist ein Fenster in eine Gesellschaft, die am Rande des Abgrunds tanzte. Entdecken Sie die versteckten Botschaften hinter den lasziven Blicken und verspielten Posen, während Fragonard die Doppelmoral einer Epoche enthüllt, in der Liebe ein Spiel und Vergnügen oberstes Gebot war. Die leuchtenden Farben und die detailreiche Darstellung laden ein, die subtilen Nuancen der höfischen Liebe und die geheimen Wünsche der Protagonisten zu erkunden. Wer ist der junge Liebhaber, der im Verborgenen lauert? Welche Rolle spielt der ahnungslose Ehemann im Hintergrund? Und was verbirgt sich wirklich hinter dem unschuldigen Lächeln der schaukelnden Dame? Begeben Sie sich auf eine Reise in eine Welt der Opulenz, der erotischen Andeutungen und des gesellschaftlichen Umbruchs. Erfahren Sie mehr über Fragonards Leben, seinen Werdegang vom Kopisten zum gefeierten Künstler und seine Fähigkeit, die Leichtigkeit und den Charme des Rokoko auf Leinwand zu bannen. Analysieren Sie die Bildkomposition, die Symbolik der Farben und die subtilen Details, die „Die Schaukel“ zu einem zeitlosen Meisterwerk machen. Dieses Buch enthüllt die Geheimnisse eines Gemäldes, das die Sinnlichkeit und den Verfall einer vergangenen Ära auf faszinierende Weise widerspiegelt, ein Spiegelbild der menschlichen Natur zwischen Verlangen und Konvention, eingefangen in einem Moment der schwebenden Schwerelosigkeit. Erleben Sie die Kunst des Rokoko neu und entdecken Sie die verborgenen Geschichten hinter den prunkvollen Fassaden.
„Die Schaukel“ von Jean-Honoré Fragonard
Das Ancien Régime:
Die alte gesellschaftliche Ordnung vor der Revolution wird das Ancien Régieme genannt. Die Menschen lebten in einer ständischen Ordnung, die jedem seinen Platz und seine Lebenschance zuteilte. Durch Geburt war man Adeliger, Bürger, Bauer oder Standesloser und die Möglichkeit, sich über seinen Stand zu erheben war gering. Nutznießer dieser Ordnung waren der Adel, der von den wichtigsten königlichen Steuern befreit war, während die große Masse der wirtschaftlich Abhängigen die Lasten trug.
Die spielerisch verträumten Gemälde des Rokoko blendeten den Umstand weg, dass die Zeichen der Zeit längst auf Sturm standen. Die Privilegien der Adelsgesellschaft, die man seit den mittelalterlichen Zeiten bewahrt hatte, wurden mit dem wachsenden technischen Fortschritt in Frage gestellt. Wenig später, mit dem Auftakt der französischen Revolution im Jahre 1789, wurde die naive Lieblichkeit einer degenerierten Adelsgesellschaft durch den Aufstand des erstarkten Bürgertums bestraft. Der Perückenkopf jedes Comte oder Comtesse, die einmal in die Hände der bewaffneten bürgerlichen Jakobiner gefallen waren, purzelte bald vom Hacktisch der Guillotine in den Korb. Das mit wonnigem Schauer gaffende Straßenvolk durfte bei dieser Gelegenheit feststellen, dass das Blut die gleiche rote Farbe hatten wie bei jedermann sonst. Die sichere Zeit des blaublütigen Adels nahm hier vorerst ihr Ende.
Die Kunst des Rokoko:
Das Rokoko, ungefähr zwischen 1720 und 1780 als Spätphase des Barock auftretend, entwickelt jenes vor allem im Dekorations- und Malereibereich weiter. Die Weichzeichnergemälde von Fragonard und Boucher zeugen heute aus dieser Zeit.
Anstelle der Repräsentation tritt eine Vorlieb für das Intime, Spielerische und Perziöse. Bevorzugt thematisiert wird die ewige Jugend und Schönheit, die heiter-sinnliche Liebe, die lässig-höfliche Eleganz, die sich von der Wirklichkeit in die Idylle der Schäferstündchen flüchtet. In der Architektur des Rokoko blieb die pompöse Wuchtigkeit der Bauten zunächst erhalten, doch die Zielelemente im Innen- und Außenbereich veränderten sich. Wo sich im schweren Barock die Zierbänder noch streng geometrisch zu Schnecken-Voluten rollen, werden Fenster- und Türeinfassungen und die Mittelrisalite der Schlösser während des Rokoko vom unregelmäßigem Element der Rocaille umflossen.
Von diesem Zierelement der Rocaille, was soviel heißt wie „Geröll“, „angehäufte Steinchen“, „Grottenwerk“ oder „Muschelwerk“, leitet sich auch der deutsche Epochenname Rokoko ab.
Der Maler:
Jean-Honoré Fragonard wurde am 05.04.1732 in Grasse (Provence) geboren und starb am 22.08.1806 in Paris. Er fing mit dreizehn Jahren als Bürohilfe bei einem Notar an. Dieser bemerkte seine künstlerischen Fähigkeiten. Bereits 1747 kam er in das Maleratelier von Jean-Baptiste Siméon Chardin in die Lehre, wechselte aber ein Jahr später zu Francois Boucher, seinem Vorbild. Schon bald verstand er es, den Stil seines Lehrers so genau zu kopieren, dass selbst für Kenner kaum ein Unterschied zu finden war. So schrieb man anfangs die Anbetung der Hirten (1750, New York; Wildenstein Gallery) Boucher zu, ein Werk, das wie man nachträglich entdeckte, die Signatur Fragonards trägt. 1753 wechselte er in die École royale des élèves protéges. In dieser Phase setzte er sich besonders mit der flämischen Malerei auseinander und studierte Maler wie Rubens, Rembrandt, Hals und Ruisdael. 1756 ging er nach Rom an die Académie de France. Gleichzeitig mit ihm verbrachte auch Jean Baptiste Greuze seine Studienzeit in Rom. Fragonard schulte sich an Werken der Carracci, Cortonas, Caravaggios und Guido Renis. Durch Unterstüzung seines Mäzens konnte sein Romstipendium verlängert werden, was ihm ermöglichte, auch nach Neapel zu reisen, um Jusepe de Ribera und Francesco Solimena zu studieren. 1761 ging er nach Frankreich zurück. Ein Werk aus seiner Romzeit ist unter anderem das Bild Der Großpriester Coreos opfert sich um Kallirrhoe zu retten (1765, Paris; Louvre). Nach der Ausstellung im Salon erwarb es der franz. König. Mit diesem Kauf öffneten sich Fragonard die Türen, und er erhielt den Auftrag die Decke der Apollo-Gallerie auszumalen. Im Anschluss daran folgten erst einmal keine weiteren Historienbilder, sondern er widmete sich in dieser Zeit vor allem erotischen Szenen, illusionistischen Landschaften und Porträts (Rinaldo im Zauberwald; Das Gewitter; Bildnis eines Greises). Seine erotischen Bilder (Die Musikstunde; Wenn Vater und Mutter abwesend sind,...) waren der mythologischen Hülle fast immer entkleidet und konnten sich so zu echter Natürlichkeit entwickeln, da sie nicht wie Bouchers Werke auf mythologische Doppeldeutigkeiten angewiesen waren. Diese für damalige Vorstellungen freizügige Darstellung brachte Fragonard nicht selten den Bruch mit seinen Auftraggebern. So wurden die vier Tafeln, die die Stationen der Liebe in Schäferszenen darstellen (Verfolgung, Liebesbriefe, L’Escalade und Gekrönter Liebhaber) und 1770 als Auftrag der Mätresse des Königs, Madame Dubarys, an Fragonard gingen, von dieser zurückgewiesen. Der Kundenkreis Fragonards ist daher weniger am Hof und unter dem Adel zu finden als unter Kunstliebhabern und Gesinnungsgenossen. 1772 folgte vermutlich eine Reise in die Niederlande, 1773/74 ein zweite Italienreise. Um 1785 veränderte sich die Themenwahl des Malers. Er suchte neue Elemente in der Ideenwelt Rousseaus, wobei er sich einem fast starren Klassizismus näherte. Die Leichtigkeit seiner früheren Bilder wird aufgegeben. Die Revolution überstand Fragonard unter dem Schutz von Jacques Louis David verhältnismäßig gut, obwohl seine Kunst, zu der auch Buchillustrationen zählen, verboten war. Seine Produktivität nimmt in diesen letzten Jahren beträchtlich ab.
Bildbeschreibung:
Das Bild „Die Schaukel“ stellt drei Personen in einer Lichtung der wilden Natur dar. Ein alter Eichbaum und Efeuranken bilden einen umschließenden Rahmen um die zwei links und rechts stehenden Männer und die junge Adelige. Durch das Licht und der Anordnung der umliegenden Bäume und Sträucher wird der Blick des Betrachters zuerst auf die Frau gelenkt. Lasziv und vergnügt sitzt sie auf der gepolsterten Schaukel und genießt ihre zentrale Position. Die Pausbacken und großen Augen in ihrem Gesicht zeigen eine offensichtliche Anwendung des Kindchen-Schemas. Auffallend ist die glatte, helle, rosige Haut. Ebenfalls außergewöhnlich sind die sehr kleinen Extremitäten. Ihre gespreizten, angespannten Finger und Beine verfehlen ihre theatralische Wirkung nicht. Das Kleid ist, für die damalige Mode nicht untypisch, sehr füllig, spielerisch und dekorativ, also kostbar. Die rosa Farbe steht im Kontrast zu dem Grün der umrandenden Natur. Sie symbolisiert die Jugend und Schönheit.
Häufig gestellte Fragen zu „Die Schaukel“ von Jean-Honoré Fragonard
Was ist das Ancien Régime, das im Text erwähnt wird?
Das Ancien Régime bezeichnet die alte gesellschaftliche Ordnung vor der Französischen Revolution. Es war geprägt von einer ständischen Gesellschaft, in der die Menschen durch Geburt in Adel, Bürgertum oder Bauernstand eingeordnet wurden, mit geringen Möglichkeiten zum sozialen Aufstieg. Der Adel genoss Privilegien wie Steuerbefreiung, während die breite Masse der Bevölkerung die wirtschaftliche Last trug.
Wie wird die Kunst des Rokoko im Text beschrieben?
Das Rokoko wird als eine Spätphase des Barock (ca. 1720-1780) beschrieben, die vor allem im Dekorations- und Malereibereich Weiterentwicklungen brachte. Anstelle von Repräsentation traten Intimität, Verspieltheit und Perziösität in den Vordergrund. Themen waren ewige Jugend und Schönheit, heiter-sinnliche Liebe und lässig-höfliche Eleganz. In der Architektur blieb die pompöse Wuchtigkeit der Bauten erhalten, aber die Zierelemente veränderten sich hin zu unregelmäßigen Formen wie der Rocaille.
Wer war Jean-Honoré Fragonard und welche Rolle spielte er in der Kunst des Rokoko?
Jean-Honoré Fragonard (1732-1806) war ein französischer Maler des Rokoko. Er begann seine Karriere als Lehrling in verschiedenen Ateliers und entwickelte schnell die Fähigkeit, den Stil seines Lehrers François Boucher zu kopieren. Später reiste er nach Rom, um italienische Meister zu studieren. Fragonard ist bekannt für seine erotischen Szenen, illusionistischen Landschaften und Porträts, die oft von mythologischen oder schäferlichen Themen inspiriert waren. Seine freizügige Darstellung führte jedoch manchmal zu Konflikten mit seinen Auftraggebern.
Was zeigt das Gemälde „Die Schaukel“ und welche Bedeutung haben die dargestellten Personen?
Das Gemälde „Die Schaukel“ zeigt drei Personen in einer Lichtung: eine junge Adelige auf einer Schaukel, einen jüngeren Mann (Baron) zu ihren Füßen und einen älteren Mann (Ehemann) im Hintergrund, der die Schaukel antreibt. Die Frau wird lasziv und vergnügt dargestellt, während der Baron sie sehnsüchtig betrachtet. Der Ehemann befindet sich im Schatten und ist sich der Affäre nicht bewusst. Die Szene verkörpert den Hedonismus und die Kultivierung des Sinneslebens, die für die Zeit typisch waren. Die Unwissenheit des Ehemannes macht ihn zum bemitleidenswerten Voyeur.
Welche stilistischen Merkmale sind typisch für Fragonards Darstellung der Frau in "Die Schaukel"?
Fragonard wendet das Kindchen-Schema an, um die junge Adelige darzustellen. Sie hat Pausbacken, große Augen und eine glatte, helle, rosige Haut. Ihre Extremitäten sind außergewöhnlich klein. Das Kleid ist füllig, spielerisch, dekorativ und in Rosa gehalten, was im Kontrast zur grünen Natur steht und Jugend und Schönheit symbolisiert.
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- Karin Jung (Autor), 2001, Die Schaukel von Jean-Honoré Fragonard, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104529