Die ersten dokumentierten Leerverkäufe fanden Anfang des 17. Jahrhunderts statt, als der holländische Kaufmann Isaac Le Maire bereits 1609 erste Leerverkäufe mit Anteilspapieren (welche den heutigen Aktien ähneln) der damaligen „Niederländischen Ostindien-Kompanie“ durchführte. Höchstwahrscheinlich wurden schon früher ähnlich geartete Leerverkäufe durchgeführt, nur ist das oben beschriebene Ereignis deshalb von besonderer Bedeutung, da dieses, wie bereits erwähnt, den ersten dokumentierten Fall darstellt und sogleich den Startschuss für Regulierungen ebendieser Geschäfte darstellt. Bereits im Folgejahr wurden regierungsseitig erste Edikte erlassen, um Leerverkäufe zu regulieren – und weitere sollten in den darauffolgenden Jahrhunderten folgen. Short Selling ist also keineswegs ein Phänomen jüngerer Vergangenheit bzw. „modern“.
Inhaltsverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
1 Begriffsbestimmung von „Short Selling“
1.1 Definition und Entstehungsgeschichte
1.2 Einsatzmoglichkeiten des Short Sellings
2 Relevanz von Leerverkaufen fur die Kapitalmarkte
2.1 Die Rolle des Short Sellingim Rahmen von Uberbewertungen
2.2 Beitrag zur von Leerverkaufen zur Volatilitat an den Kapitalmarkten
2.3 Risiken des Short Sellings
3 Die Rolle von Leerverkaufsverboten und deren Berechtigung
3.1 Ursachen underhoffte Auswirkungen von Verboten
3.2 Verbote in der jungeren Vergangenheit und Begrundung fur ebenjene
3.3 Wirksamkeit von Leerverkaufsverboten
3.4 AbschlieBende Beurteilung der Regulierungen und Verbote
4 Literaturverzeichnis
I. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zahlungsprofil eines Short Put
Abbildung 2: Short Squeeze der Volkswagen-Aktie 2008
Abbildung 3: Unterschiedliche Leerverkaufsverbote in den Jahren 2008/09
1 Begriffsbestimmung von Short Selling
1.1 Definition und Entstehungsgeschichte
Unter “Short Selling” (deutsch “Leerverkauf”) versteht man den Verkauf von Wertpapieren (in der Regel Aktien, aber auch u.a. Schuldinstrumente, Rohstoffe und Devisen), welche zum Zeit- punkt des Verkaufes nicht im Eigentum des Verkaufers stehen. Vor diesem Hintergrund ist anzumerken, dass der Verkaufer der gegenstandlichen Wertpapiere diese geliehen hat (sog. „gedeckter Leerverkauf“) bzw. eine Vereinbarung uber eine Leihe erst in der Zukunft, zum Zeitpunkt der Lieferung, stattfindet, was einem „ungedeckten Leerverkauf“ oder einem „naked short sell“ entspricht (vgl. Kapitel 1, Art 2 lit b. Verordnung (EU) Nr. 236/2012). In diesem Kontext ist zu beachten, dass der Verkauf von Wertpapieren, die nicht im Eigentum des jewei- ligen Verkaufers stehen, grundsatzlich moglich ist. Es ist, wie oben unter „naked short sell“ beschrieben, nicht einmal der Besitz notwendig, sofern eine Vereinbarung uber eine in der Zu- kunft liegende Leihe vorliegt. Der Leihgeber der Wertpapiere erhalt in der Regel eine Kompen- sation in Form einer Leihgebuhr. Das Short Selling bietet durch diesen Mechanismus die Mog- lichkeit, auf fallende Kurse des dem Geschaft zugrundeliegenden Wertpapiers zu setzen und von ebendiesen zu profitieren. Im weiteren Verlauf dieser Studienarbeit wird noch naher auf die Mechanismen von Leerverkaufen eingegangen.
Die ersten dokumentierten Leerverkaufe fanden Anfang des 17. Jahrhunderts statt, als der hol- landische Kaufmann Isaac Le Maire bereits 1609 erste Leerverkaufe mit Anteilspapieren (wel- che den heutigen Aktien ahneln) der damaligen „Niederlandischen Ostindien-Kompanie“ durchfuhrte. Hochstwahrscheinlich wurden schon fruher ahnlich geartete Leerverkaufe durch- gefuhrt, nur ist das oben beschriebene Ereignis deshalb von besonderer Bedeutung, da dieses, wie bereits erwahnt, den ersten dokumentierten Fall darstellt und sogleich den Startschuss fur Regulierungen ebendieser Geschafte darstellt. Bereits im Folgejahr wurden regierungsseitig erste Edikte erlassen, um Leerverkaufe zu regulieren - und weitere sollten in den darauffolgen- den Jahrhunderten folgen (vgl. Sieder, 2019, S. 1). Short Selling ist also keineswegs ein Pha- nomen jungerer Vergangenheit bzw. „modern“.
1.2 Einsatzmoglichkeiten des Short Selling
Beschaftigt man sich mit den Mechanismen des Short Selling, ist ein Aspekt augenscheinlich: der Leerverkaufer profitiert von fallenden Kursen jenes Wertes, den er oder sie leerverkauft.
Dieser Umstand fuhrt dazu, dass das Short Selling im Grunde genommen zwei Haupt-Einsatz- moglichkeiten bietet - das Spekulieren auf fallende Kurse vermeintlich uberbewerteter Wert- papiere sowie Leerverkaufe im Rahmen diverser „Hedging-“ also Absicherungs-Strategien.
Der Regelfall sieht vor, dass ein Investor in Wertpapiere investiert, um Ertrage durch einen spateren Verkauf zu hoheren Kursen zu erzielen oder diese in Form von Dividenden zu erhalten. Bei einer vermeintlichen Uberbewertung eines Wertes, kann der Investor nun seine „Long-Po- sition“ verkaufen, um nicht an der Kursentwicklung fallender Werte zu partizipieren. Das Short Selling dagegen ermoglicht nun, von fallenden Kursen zu profitieren, indem man sogenannte „Short Positionen“ eroffnet (vgl. Trautmann, 2006, S. 11 f). Der Bestand an den verkauften Wertpapieren ist nun negativ, daher kommt auch der Begriff des „Short“ Selling bzw. „short“ sein.
Der Umstand, von fallenden Kursen zu profitieren erlaubt es, sich Leerverkaufen als Werkzeug zur Absicherung gegen Risiken zu bedienen, welches die zweite wichtige Handelsstrategie in Verbindung mit Short Selling darstellt. Die Absicherung gegen Risiken bzw. das „Hedging“ wird eingesetzt, um die Risiken einzelner eingegangener Positionen bzw. ganzer Portfolios durch geeignete Gegengeschafte zu neutralisieren bzw. zu verringern (vgl. Hergt, 2009, S. 7). Beispielsweise mochte ein Investor, dessen Portfolio stark von der Kursentwicklung eines ein- zelnen Index abhangig ist, dieses gegen eine fur ihn hochstwahrscheinlich nachteilige Entwicklung des Index absichern. Hierzu dienen in der Praxis hauptsachlich Optionsgeschafte, wobei in der Regel das sogenannte „Delta-Hedging“ als Absicherungsstrategie zum Einsatz kommt. Das Delta beschreibt die Sensitivitat einer Option gegenuber einer Preisanderung des ihr zu- grundeliegenden Basiswertes (vgl. Hergt, 2009, S. 8). Durch den Erwerb von Short Put - Opti- onsscheinen (synthetisches Short Selling), welche den o.a. Index als Basiswert haben, kann der Investor nun sein Portfolio dahingehend absichern, dass, bei einem fallenden Index der Wert- zuwachs der Option den Kursverlust des Portfolios ausgleicht, bei einem steigenden Index das Portfolio im Wert steigt, im schlechtesten Fall aber die Option wertlos verfallt, wodurch der Verlust auf die zu zahlende Optionspramie begrenzt ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Zahlungsprofil eines Short Put.
Quelle: Hergt, 2009, S. 8
Das Hedging mittels Leerverkaufen ohne Nutzung von Derivaten wie Optionsscheinen o.a. ist naturlich auch moglich, indem man - unter der Uberzeugung, dass ein bestimmter Wert fallen werde, Aktien im entsprechenden Wert leerverkauft, wahrend man gleichzeitig eine Long-Position desselben Wertes halt. Das Motiv dahinter konnte z.B. eine strategische Beteiligung sein, die der Investor trotz zu erwartender Kursverluste weiterhin bestehen lassen mochte (vgl. Mit- termeier, 2010, S. 140).
2 Relevanz von Leerverkaufen fur die Kapitalmarkte
2.1 Die Rolle des Short Selling im Rahmen von Uberbewertungen
Abseits des haufig in den Medien bzw. in der offentlichen Meinung dargestellten „marktmani- pulierenden Leerverkaufers“ - oftmals in Gestalt von Hedgefonds - haben Leerverkaufe durch- aus auch positive Wirkungen fur das Funktionieren der Kapitalmarkte. Short Seller, welche Chancen sehen, mit fallenden Kursen von borsenotierten Unternehmen Renditen zu erzielen, tun dies in aller Regel nicht unuberlegt. Vor allem vor dem Hintergrund des enormen Risikos, das mit Short-Positionen auftritt - darauf wird noch spater in dieser Arbeit eingegangen - be- schaftigen sich institutionelle Investoren (wie eben Hedgefonds) intensiv mit der (Uber-)Be- wertung einzelner Unternehmen und liefern somit dem Kapitalmarkt wichtige Informationen, die fruhzeitig zum Erkennen von Uberbewertungen oder gar grober Missstande in Unternehmen fuhren konnen (vgl. Kern, 2010, S. 6). Klar unterscheiden sollte man in diesem Kontext aller- dings das Eroffnen von Short-Positionen beispielsweise mittels Derivaten wie Optionsscheinen oder Zertifikaten, um damit einzelne Positionen oder Portfolios abzusichern (wie in Kapitel 1.2 beschrieben) von der Eroffnung groBer Short-Positionen einer bestimmten Aktie in der Uber- zeugung, dass diese uberbewertet sei.
Diesen Umstand machen sich auch immer wieder marktmanipulatorische Krafte zu Nutze, wel- che in sogenannten „Short-Attacken“ oftmals auch ungerechtfertigte „Angriffe“ gegen Unter- nehmen bzw. deren Bepreisung an der Borse reiten. In den letzten Jahren hat vor allem der deutsche Kapitalmarkt einige dieser Attacken erlebt. In der Regel werden als erster Schritt zum Teil sehr hohe Short-Positionen in einzelnen Unternehmen aufgebaut, um anschlieBend „Ana- lysten-„ bzw. „Research-Berichte“ zu lancieren, die ein vermeintlich desastroses Bild der be- treffenden Gesellschaft zeichnen. Oftmals folgt daraufhin ein starker Kurseinbruch, der sich auf den Halter der Short-Positionen naturlich auBerst positiv auswirkt. Die beruhmtesten Falle der letzten Jahre waren die Angriffe auf Unternehmen wie Wirecard (in diesem Fall erharteten sich die Vorwurfe der Shortseller), Aurelius Equity Opp. oder ProSiebensat 1 Media (vgl. Mollers, 2018, S. 649). Regulierungsbehorden wie z.B. die deutsche BaFin haben Schwierigkeiten, gegen diese Attacken regulatorisch vorzugehen, da oftmals einzelne, tatsachlich vorhandene Missstande in Unternehmen schlicht aufgebauscht werden, was nicht immer strafbare Tatbe- stande erfullt bzw. gegen Bestimmungen der jeweiligen Wertpapierhandelsgesetze verstoBt.
Grundsatzlich ist festzuhalten, dass die Rolle der Leerverkaufer als jene, die entsprechende Ti- tel als uberbewertet definieren und dies auch fundamental begrunden konnen, essenziell fur das Funktionieren der Kapitalmarkte ist. Die Leerverkaufer zeigen, wie bereits erwahnt, Missstande in Unternehmen auf und liefern somit wichtige (negative) Inputs sowie Liquiditat zur besseren bzw. genaueren Preisbildung an den Borsen - somit folgt diese nicht nur den optimistischen Marktteilnehmern (vgl. Culp & Heaton, 2008, S. 46).
2.2 Beitrag von Leerverkaufen zur Volatilitat an den Kapitalmarkten
Neben den bereits erwahnten, durchaus positiven (Stichwort Preiseffizienz) Eigenschaften des Short Sellings konnen Leerverkaufe auch missbrauchlich Verwendung finden - so etwa als marktmanipulatives Werkzeug. Zusatzlich wird oftmals Leerverkaufen bzw. das Nicht-Vorhan- densein etwaiger Einschrankungen ebendieser eine Verstarkung negativer Eigenschaften wie erhohte Volatilitat und/oder auch das Hervorrufen von Panikverkaufen und Marktcrashes zu- gesprochen. Ein empirischer Zusammenhang zwischen erhohter Volatilitat in Markten, welche keinen Leerverkaufsverboten unterliegen, konnte jedoch noch nicht festgestellt werden. Im Ge- genteil, die Datenlage besagt, dass die Volatilitat eher geringer ist, je geringer die Regularien die Moglichkeiten von Leerverkaufen eingrenzen (vgl. Charoenrook & Daouk, 2005, S. 20).
2.3 Risiken des Short Sellings
In Verbindung mit Leerverkaufen stehen mehrere Risiken - wobei die Mehrheit davon den Leerverkaufer an sich betreffen. Dazu zahlt z.B. das Risiko des theoretisch unbegrenzten Verlustpotentials, das das Eingehen von Short-Positionen mit sich bringt. Fur den Investor, der beispielsweise Long-Positionen in Form von Aktien eines Unternehmens eroffnet, ist das the- oretische Verlustpotential dadurch begrenzt, dass der Preis der einzelnen Aktie und somit auch der gesamten Position auf den Wert Null geht (durch beispielsweise eine Unternehmensinsol- venz) und somit das gesamte investierte Kapital abgeschrieben werden muss und dahingehend ein Totalverlust vorliegt. Der Leerverkaufer spekuliert allerdings auf fallende Kurse und da eine Aktie theoretisch unendlich steigen kann, ist das Verlustpotential aus einer Short-Position ebenso unendlich (vgl. Weygand, 2010, S. 15).
Ein weiteres Risiko des Short Selling ist der Lieferverzug bei ungedeckten Leerverkaufen („na- ked short selling“). Wie bereits erwahnt, hat der Verkaufer bei ungedeckten Leerverkaufen we- der Eigentum noch Besitz an dem leerverkauften Wert, sondern lediglich eine Ubereinkunft, dass eine Leihe in der Zukunft stattfinden wird. Kann nun der Leerverkaufer z.B. den Kauf des Wertes zum vereinbarten Zeitpunkt der Lieferung nicht leisten, kommt es zu einem sogenann- ten „Fail-To-Deliver-Status“, welcher Geldstrafen mit sich ziehen kann (vgl. Ziegler & Truitt, 2011, S. 2).
Eine weitere Gefahr fur den Leerverkaufer stellen sogenannte „Short Squeezes“ dar, welche zu einer veritablen Katastrophe fur Short Seller fuhren konnen. Der Mechanismus hinter einem Short Squeeze ist leicht erklart: um seiner Lieferverpflichtung aus der Wertpapierleihe nachzu- kommen, muss der Leerverkaufer spatestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Wertpapiere an den Verleiher diese besitzen, also zuruckkaufen. Kommt es nun vor ebenjenem Zeitpunkt zu einem Anstieg des Kurses, ist der Short Seller gezwungen, die Wertpapiere eventuell teurer nachzukaufen, als er diese vorab selbst verkauft hat. Um der Gefahr groBer Verluste aus diesem Geschaft zu entgehen, werden Short Seller ihre Positionen irgendwann glattstellen mussen, was zu einer hoheren Nachfrage nach den gegenstandlichen Wertpapieren fuhrt, was wiederum zu hoheren Preisen fuhrt. Daraus resultierend kann es zu einem Teufelskreislauf aus Leerverkau- fern kommen, die geschlossen massiv Wertpapiere kaufen mussen um ihre Verluste einzugren- zen und immer hoheren Kursen - in vielen Fallen noch zusatzlich getrieben von anderen Inves- toren, die sich die Spirale aus nach oben laufenden Kursen nicht entgehen lassen wollen (vgl. Kampshoff, 2010, S. 37). Einer der bekanntesten „Short Squeezes“ der jungeren Vergangenheit ist jener rund um die Volkswagen AG - Aktie im Oktober 2008.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3 Die Rolle von Leerverkaufsverboten und deren Berechtigung
3.1 Ursachen und erhoffte Auswirkungen von Verboten und Regulierungen
Leerverkaufsverbote und -regulierungen entstanden in der Regel im Zuge groBer Verwerfungen an den Kapitalmarkten bzw. Zeiten hoher Volatilitat der an Borsen gehandelten Wertpapiere. Vor allem im Zuge von Krisen an den Kapitalmarkten kam es weltweit zu starken regulatori- schen MaBnahmen, die sich hauptsachlich auf das Leerverkaufen von Aktien konzentrierten - auf konkrete Beispiele zu Verboten wird im nachsten Kapitel eingegangen. Die Grunde hierfur waren massive Abverkaufe, oftmals noch verstarkt durch automatisch ausgeloste Handelssig- nale der algorithmusgesteuerten Handelssysteme (vgl. von Nitzsch & Kampshoff, 2010, S. 1160). Die Regulierungen bzw. Verbote (hier insbesondere Verbote ungedeckter Leerverkaufe) sollten in erster Linie extreme Marktsituationen mit sehr hoher Volatilitat beruhigen. Diese An- nahmen beruhen in der Regel auf den folgenden Begrundungen der Aufsichtsbehorden (hier am Beispiel der Implementierung von Verboten im Zuge der Finanzkrise ab 2007):
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