Meinungen zur Notwendigkeit einer im weitergedachten Sinne ästhetischen Bildungsidee liegen uns bereits seit der Moralphilosophie des 18. Jahrhunderts vor und wurden beispielweise von Friedrich Schiller in dessen Briefen zur „ästhetischen Erziehung“ verbalisiert. Blicken wir zugleich auf die letzten 40 bis 50 Jahren zurück, kann ein Aufschwung musikdidaktisch-theoretischer Abhandlungen verzeichnet werden, wodurch die ästhetische Bildung vermehrt in den Fokus musikpädagogischer Bemühung rücken konnte.
Neben einer zunehmenden Konkretisierung dessen, was ästhetische Bildung charakterisiere und von anderen Bildungsformen unterscheide, gewann sie zunehmend an Bedeutung, sodass gegenwärtig musikalisch-ästhetische Bildung als eine der vier grundlegenden Argumentationsmuster zur Legitimation des Musikunterrichts im deutschen Schulsystem betitelt wird. Darüber hinaus wurde im Deutschen PISA-Konsortium aus dem Jahr 2001 betont, dass in Verbindung mit ästhetischer Wahrnehmung beziehungsweise Bildung eine von vier unterschiedlichen Modi der Welterfahrung unterstützt werden würde, die neben kognitiver, moralisch-evaluativer und religiös-konstitutiver Rationalität auf einer ästhetisch-expressiven Rationalität basiere.
Die Relevanz ästhetischer Bildung wird auch im saarländischen Lehrplan für das Fach Musik an Gymnasien formuliert. So heißt es, dass die Entwicklung eines ästhetischen Empfindungs- und Urteilsvermögen sowie ästhetische Sensibilisierung eine unverzichtbare Orientierungsgrundlage im Umgang mit einem umfangreichen Musikangebot sei und einen entscheidenden Beitrag zur Allgemeinbildung leiste.
Doch was charakterisiert musikalisch-ästhetische Bildungsprozesse?
Das Inszenieren ästhetischer Erfahrungsräume gilt als ein vielversprechender Ansatz des Musikpädagogen Christian Rolle, weswegen sich diese Arbeit auch dieser Thematik widmen wird. Von einer Stellungnahme zu den vier gegenwärtigen Argumentationsdiskursen wird in dieser Untersuchung bewusst Abstand genommen, da es den Umfang der Arbeit sprengen würde. Als Leitliteratur gelten u.a. eine Dissertation von C. Rolle sowie vorrangig Artikel der Autoren U. Brandstätter und K. Borg.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Ästhetik und Aisthesis
- 3. Differenzierung zwischen Bildung und Erziehung
- 4. Ästhetische und nicht-ästhetische musikalische Erfahrung
- 5. Kernmerkmale ästhetischer Erfahrung
- 5.1. Grundlegendes
- 5.2. Sinnlichkeit
- 5.3. Selbstzweck
- 5.4. Selbstbezüglichkeit
- 5.5. Selbst- und Weltbezug
- 5.6. Ästhetische Distanz, Fiktionalität und Potentialität
- 5.7. Differenz
- 5.8. Abschließende Worte
- 6. Der ästhetische Erfahrungspraktiken nach Seel
- 6.1. Ästhetik der Korrespondenz
- 6.2. Ästhetik der Kontemplation
- 6.3. Ästhetik der Imagination
- 7. Ästhetische Handlungsprozesse
- 8. Didaktische Reflexion: Zur Inszenierung ästhetischer Erfahrungsräume
- 9. Ausblick und kritisches Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Bedeutung musikalisch-ästhetischer Bildung im Kontext des Musikunterrichts an Schulen. Sie untersucht die zentralen Merkmale ästhetischer Erfahrung und analysiert die Relevanz von ästhetischen Bildungsprozessen in Bezug auf die Entwicklung eines ästhetischen Empfindungs- und Urteilsvermögens. Die Arbeit beleuchtet zudem die Herausforderungen, die sich im Spannungsfeld zwischen theoretischen Ansätzen und der Praxis der ästhetischen Bildung ergeben.
- Relevanz ästhetischer Bildung im Musikunterricht
- Charakteristika ästhetischer Erfahrung
- Differenzierung zwischen Bildung und Erziehung
- Inszenierung ästhetischer Erfahrungsräume
- Herausforderungen der ästhetischen Bildung in der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die historische Entwicklung des Diskurses um ästhetische Bildung und zeigt die Relevanz dieses Themas im heutigen Kontext. Kapitel 2 definiert die Begriffe „Ästhetik“ und „Aisthesis“ und untersucht die Unterschiede zwischen sinnlicher Wahrnehmung und ästhetischer Wahrnehmung. Kapitel 3 beleuchtet die Unterscheidung zwischen Bildung und Erziehung und ihre Auswirkungen auf die pädagogische Praxis. Kapitel 4 stellt die Bedeutung ästhetischer Erfahrungen in der musikalischen Bildung heraus und zeigt auf, wie ästhetische und nicht-ästhetische musikalische Erfahrungen voneinander abgegrenzt werden können. Kapitel 5 analysiert die Kernmerkmale ästhetischer Erfahrung, inklusive Sinnlichkeit, Selbstzweck, Selbstbezüglichkeit und ästhetische Distanz.
Schlüsselwörter
Ästhetische Bildung, Musikpädagogik, Aisthesis, Erfahrungsräume, Didaktik, ästhetische Wahrnehmung, Bildung, Erziehung, Kompetenzorientierung, Leistungsbewertung.
- Quote paper
- Tilman Vogt (Author), 2021, Musikalisch-ästhetische Bildung im Umfeld des Musikunterrichts an Schulen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1044514