Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Historische Betrachtung des Arbeitsbegriffs
3 Analyse des Phänomens Arbeit
3.1 Produktivität
3.2 Gelernte und ungelernte Arbeit
3.3 Körperliche und geistige Arbeit
3.4 Verdinglichung
3.5 Zwei Aufgaben der Arbeit
4 Schluss
1 Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Kapitel „Die Arbeit“ aus dem Buch „Vita activa oder Vom tätigen Leben“ von Hannah Arendt, das 1958 zunächst in den USA erschien.
Den Begriff vita activa benutzt Hannah Arendt als allgemeine Bezeichnung für das Arbei- ten, Herstellen und Handeln, die für sie – als Grundtätigkeiten – die Grundbedingungen des menschlichen Lebens darstellen.1 Sie hat unter anderem jedem der drei Begriffe Arbeit, Her- stellen und Handeln ein eigenes Kapitel gewidmet.
Arendt bezieht sich in ihrer Analyse des Phänomens Arbeit immer wieder auf Karl Marx’ „Ka- pital“, mit Abstand das umfangreichste Werk, das sich mit den sozialen und ökonomischen Aspekten der Arbeit, ihrer Auswirkungen auf Individuum und Gesellschaft auseinandersetzt. Ebenso berücksichtigt sie die Bedeutung und Bewertung der Arbeit in der Menschheitsge- schichte – exemplarisch in der antiken griechischen Gesellschaft, in der Neuzeit bis zum Indu- striezeitalter. Immer wiederkehrend ist die Unterscheidung zwischen Arbeiten und Herstellen, zwischen gelernter und ungelernter Arbeit, Arbeit des Körpers und des Kopfes usw. Allein die- se Unterscheidungen lassen vermuten, dass der Begriff der Arbeit ein weitaus vielschichtigerer und tiefgreifenderer ist, als man zunächst vermuten mag.
Das Wort Arbeit, das im Deutschen nicht nur mit dem Arbeitsprozess, sondern auch mit dessen Resultat, im Sinne von Werk identifiziert wird (ebenso wie im Englischen labour und work oder im Französischen travail und oeuvre), ist in seinem etymologischen Ursprung mit Müh- sal und Plage gleichzusetzen.2 Auch wurde der Terminus arbeiten ursprünglich lediglich für die Tätigkeit der Leibeigenen gebraucht, während ein Handwerker werkte.3 Im Folgenden ist unter Arbeit ganz allgemein der Prozess zu verstehen, in dessen Verlauf Güter bearbeitet und geschaffen werden.
Bevor die philosophische Tragweite und Bedeutung des Betrachtungsgegenstandes untersucht wird, soll zunächst auf den historischen Begriff der Arbeit und seinen Wandel eingegangen werden.
2 Historische Betrachtung des Arbeitsbegriffs
Bereits im antiken Griechenland finden sich Hinweise auf eine Unterscheidung zwischen dem
„Hand-Werker” und solchen, die mit ihrem Körper der „Notdurft des Lebens” dienen, den Skla-
ven und Nutztieren nämlich.4 Auch lässt sich bei John Locke hierzu eine Analogie erkennen, wenn er von dem „arbeitenden Körper” und den „werkenden Händen” spricht.5 Im Athen der Antike, nach der Entwicklung der Stadtstaaten („Polis”), wurden alle Tätigkeiten, die zunächst unmittelbar mit der Bereitstellung der lebensnotwendigen Dinge verbunden waren, verachtet. Die Begründung für die Verachtung solcher „niederer“ Tätigkeiten lag darin, dass diesen kei- nerlei dauerhaftes Resultat folgte, d.h. keine Sache, die viel länger bestehen konnte, als es an Zeit zu ihrer Fertigung gebraucht hatte. Grundsätzlich wurden später alle Tätigkeiten, ver- achtet, die nicht mehr direkt mit der hohen Politik im Stadtstaat zu tun hatten. Zum Ende des fünften Jahrhunderts wurde diese Missachtung auf alles, was in irgendeiner Form körper- liche Anstrengung erforderte, ausgeweitet.6 Arendt beruft sich hier auf Aristoteles, der die Beschäftigungen nach dem Abnutzungsgrad des Körpers bewertete und einstufte. Diese Kate- gorisierung nutzte Aristoteles auch als Kriterium dafür, wer im Stadtstaat Athen in den Genuss der Bürgerrechte kam und wer nicht. So hatten für ihn der Maler und der Hirte einen höheren Stand als der Bildhauer und der Bauer. Ihm kam es also weniger auf darauf an, was der Zweck der Tätigkeit war, sondern darauf, wie stark der gesamte Körper in den Prozess des Arbeitens und des Herstellens involviert war. Auch die Handwerker, die als Banausen bezeichnet wur- den, sollten nicht als Bürger ihr Leben fristen dürfen. Der Begriff Banausen bezeichnete im alten Griechenland die Bevölkerungsgruppe, die sich zwar um ihr eigenes Handwerk, jedoch nicht um öffentliche Angelegenheiten kümmerte.7
Körperliche Arbeit galt in der griechischen Antike als sklavisch. Das bedeutete, dass solange der Zweck und der Nutzen, den die Tätigkeiten verfolgten, der Lebenserhaltung und der Le- bensnotwendigkeiten diente, die Arbeit als Sklavenarbeit zu betrachten war, „weil sie durch die Notdurft des Körpers erzwungen ist“8. Hierbei widerspricht Hannah Arendt einer Ansicht, wie sie in der modernen Wissenschaft bevorzugt vertreten wird: angeblich sei das eigentlich Ver- achtenswerte an der Arbeit, dass sie von Sklaven verrichtet wurde. Genau umgekehrt scheint es jedoch der Fall zu sein, dass es natürlicherweise Tätigkeiten gebe, die dadurch, dass sie der Notwendigkeit des Lebens dienen, sklavisch sind, und demzufolge auch von Sklaven und nie- mandem anders zu verrichten seien. Insoweit war die Sklaverei auch für die großen Denker der Antike gerechtfertigt: es liege in der Natur der Dinge, dass der Mensch, um aus seinem eigenen Versklavtsein herauszutreten, andere Menschen (die sich in dem Falle nicht weiter vom Hau- stier unterschieden, und ergo keine Menschen mehr waren) versklaven muss,9 „die Notdurft
des Lebens für sie zu tragen”.10 Der Sklave war nicht mehr als ein „Animal laborans“.11
Die Versklavung von Individuen schien weniger ein Mittel zu sein, sich billige Arbeitskräfte zu verschaffen, als viel eher ein Naturgesetz. Auch diente sie der eindeutigen Abgrenzung zwischen dem, was den Menschen mit dem Tier auf eine Ebene stellt (dem Lebensnotwendi- gen, denn auf dieser Stufe befindet sich der Mensch in einem nicht-menschlichen Stadium) und dem, wodurch der Mensch sein Mensch-Sein erreicht.12
Wie zu erkennen ist, fand in der Antike keine eindeutige Unterscheidung zwischen Arbeiten und Herstellen statt. Vielmehr kam es auf die graduell unterschiedlich große Mühsal der ver- schiedenen körperlichen Tätigkeiten an, aufgrund derer eine Einteilung in Bürger/Herren und Sklaven erfolgen konnte.
Mit der Entwicklung weiterer philosophischer Theorien und dem Einzug der Philosophie in die Politik wandelte sich nunmehr die Einstellung zu dem, was für den als frei geltenden Men- schen erstrebenswert sei. Bis dahin gab es die neben der erwähnten graduellen Unterscheidung auch die Abgrenzung der öffentlichen/politischen zu den privaten Tätigkeiten, die im Verbor- genen ausgeführt wurden. Die Sorge um die öffentlichen Angelegenheiten (cura rei publicae) galt selbstverständlich als eine der angesehensten Tätigkeiten, wobei sich am anderen Ende der Skala die Sorge um das Private (die Hausarbeit) befand. Die zunehmende philosophische Prä- gung der Gesellschaft, die das In-sich-gekehrt-Sein zum Zweck der Sinnfindung als höchstes Ideal empfand, verachtete zunehmend jegliche Art der Tätigkeit - auch das öffentliche Agieren schien letztlich nichts weiter als eine Tätigkeit zu sein, die einer Notwendigkeit unterworfen war.13 Die Abgrenzung fand nun zwischen Kontemplation und dem Tätigsein an sich statt,
eine Abgrenzung, die später auch das Christentum übernehmen sollte.14
In der römischen Antike wurde die Trennlinie zwischen den verschiedenen Arten der Tätig- keiten, die von Menschen ausgeführt werden konnten, ähnlich gezogen. Auf der einen Seite standen die sogennannten freien Berufe, auf der anderen die knechtischen Gewerbe. Unter- schieden wurden diese nach den Kriterien der utilitas und der necessitas, der Nützlichkeit und der Notwendigkeit. Jenseits der Kategorie der knechtischen Gewerbe (die sich dadurch aus- zeichneten, dass das Resultat der jeweiligen Arbeit entlohnt wurde, egal ob dies ein Produkt des Tischlers oder die Handelsware des Geflügelhändlers war) befanden sich diejenigen, die für ihr bloßes Tätigsein entlohnt wurden - dies waren meistens Sklaven.15 Jedoch verrichteten
[...]
1vgl. Arendt, Hannah. Vita activa oder Vom tätigen Leben. München: 1998, S. 16.
2vgl. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Hg von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung. Bd. II/10. Berlin: 1991, S. 55.
3 vgl. Arendt, S. 435.
4 vgl. ebd., S. 99.
5 vgl. Arendt.
6 vgl. ebd., S. 100.
7 vgl. ebd.
8 vgl. ebd., S. 101.
9 ebd., S. 101.
10 ebd.
11ebd., S. 102.
12vgl. Arendt, S. 102. Für Denker wie Aristoteles stand es jedoch außer Zweifel, dass Sklaven unter den richtigen Voraussetzungen fähig waren, Menschen zu sein.
13vgl. ebd., S. 103.
14vgl. ebd.
15vgl. ebd., S. 108f.
- Arbeit zitieren
- Tilman Köneke (Autor:in), 2000, Die Arbeit - eine Hausarbeit über Kapitel 3 des Buches Vita activa oder Vom tätigen Leben von Hannah Arendt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104402
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