Dokumentationsprozesse mit Six Sigma. Analyse und Optimierung


Bachelorarbeit, 2007

119 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Themenskizze
1.1 Situation, Chancen und Ziele der Arbeit
1.2 Systemgrenze
1.3 Gestaltung der Diplomarbeit

2 Process Excellence als Methodik
2.1 Kernelement „Bewertung“
2.2 Kernelement „Verbesserung“
2.2.1 Six Sigma: Reduktion von Variation und Fehler
2.2.2 Lean Thinking: Transformation von Prozessen
2.2.3 Design Excellence: neue Produkte oder Prozesse
2.3 Kernelement „Formelle Anerkennung“

3 “Define”: Bestimmung der Erwartungen
3.1 Projekt-Charter
3.1.1 Projektziele
3.1.2 Projektorganisation
3.1.3 Projektplanung
3.2 Ist Analyse
3.2.1 Beschreibung der aktuellen Systemlandschaft
3.2.2 Prozessbeschreibung und –darstellung
3.3 VOC - Voice of the customer Analyse
3.4 Critical To Quality (CTQ)

4 „Measure“: Messung der Fehlerhäufigkeit
4.1 Statistische Grundgedanken
4.2 Prioritätensetzung
4.3 Planung und Durchführung der Datensammlung
4.3.1 Datensammlungsplan für historische Prozessdaten
4.3.2 Datensammlung für aktuelle Prozessdaten

5 „Analyse“: Warum treten die Fehler auf?
5.1 Datenauswertung
5.1.1 CTQ 1 Dauer Freigabe elektronisches File nach Verteilung
5.1.2 CTQ 2 Dauer Freigabe Papier und CTQ 3 Standardabweichung
5.1.3 CTQ 4 Anteil Liegezeit
5.1.4 CTQ 5 Anteil Transportzeit
5.1.5 CTQ 6 Aufwand für Distribution und CTQ 7 Administration
5.1.6 CTQ 8 Anzahl Prozessbeteiligte
5.1.7 CTQ 9 Prozessabläufe - freigegebene Dokumente / Monat
5.1.8 CTQ 10 Durchläufe des Files und CTQ 11 des Papiers
5.1.9 CTQ 13 Häufigkeit elektronischer Review
5.1.10 CTQ 14 Sinnhaftigkeit
5.1.11 CTQ 16 Prozesserfahrung
5.1.12 CTQ 17 Prozess, Rollen und Verantwortlichkeiten, Stellvertretungsregelung
5.1.13 CTQ 18 Verfügbarkeit der elektronischen Files
5.2 Zusammenfassung der Ergebnisse

6 „Innovation & Improve”: Wie kann der Prozess verbessert werden ?
6.1 Lösungen generieren
6.1.2 Lösungsteil 1: Das Werkzeug Q-Pace
6.1.3 Lösungsteil 2: Standardisierung im Reviewprozess
6.2 Lösungen pilotieren
6.2.1 Pilot-Strategie
6.3 Projektergebnisse

7 Ergebnisse und Ausblick

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang 1: Auszug aus dem PECA, 2003
Anhang 2: Project-Charter
Anhang 3: Projektplanung
Anhang 4: Entscheidungsbaum
Anhang 5: Systemlandschaft CILAG
Anhang 6: Datenerfassungsblatt
Anhang 7: Beschreibung „CILAG AG“
Anhang 8: Der Lieferant QUMAS®
Anhang 9: Richtlinie für Standardisierung
Anhang 10: Poster über die Diplomarbeit

Zusammenfassung

Der Bedarf nach neuen und verbesserten Medikamenten führt in der pharmazeutischen Industrie zu Veränderungsprozessen. Um die Qualität der Produkte bei solchen Veränderungen sicherzustellen, müssen Produktionsanlagen qualifiziert und Produktionsprozesse validiert werden. Diese Arbeit zeigt auf, wie der Dokumentationsprozess im Rahmen der Qualifizierung und Validierung analysiert und verbessert werden kann und welche Auswirkungen diese Veränderungen haben. So konnte durch Prozess- und Datenanalyse im Rahmen eines Process Excellence Projekts aufgezeigt werden, dass mehrere Massnahmen nötig sind, um die Kundenerwartungen zu erfüllen. Als Hauptursachen für die geringe Erfüllung der Erwartungen wurden vier Faktoren identifiziert:

1. Die lange Liegezeit der Dokumente (78%)
2. Der hohe zeitliche Aufwand für den Dokumententransport (18%)
3. Die ungenügende Prozessdefinition
4. Der Aufwand für Dokumentenadministration und -verteilung (109 Minuten)

Die grösste Überraschung war die Feststellung, das ein Dokument im Prozess nur in etwa 10% der gesamten Durchlaufzeit wertvermehrend bearbeitet wird. Die restliche Zeit ist das Dokument unterwegs oder wartet auf Bearbeitung. Durch die Unterstützung des Prozesses mit dem Workflowtool Q-Pace und der Prozessstandardisierung konnten folgende Ergebnisse erzielt werden:

- In einem Pilotversuch konnte die gesamte Durchlaufzeit um 67% und die Streuung um 89% reduziert werden.
- Die Transparenz wurde verbessert, indem in Q-Pace der Dokumentenstatus jederzeit erkennbar ist und die Stellvertretung organisiert wird.
- Dokumentenqualität wird verbessert, indem die Dokumente einem standardisierten Reviewprozess unterworfen werden und Q-Pace einen kontinuierlicher Vebesserungsprozess unterstützt.
- Die Reduktion des Administrationsaufwands von 86% ergibt eine wiederkehrende Kostenreduktion von CHF 82’680.- pro Jahr.
- Die verkürzte Implementierungszeit hat Auswirkungen auf die Planungsflexibilität, aber keine wesentlichen finanziellen Auswirkungen.
- Dadurch wird die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit positiver bewertet.

Diese Ergebnisse wurden dem Management vorgestellt, mit der Konsequenz, dass die vorgeschlagenen Lösungen im Verlauf des Jahres (2007) implementiert werden.

Abstract

The need for new and improved drugs leads to changes within the pharmaceutical industry. To assure the quality of the products in this change process, equipment has to be qualified and processes have to be validated. This thesis shows how the qualification and validation process can be analyzed and improved and what the impact of these improvements is. By applying process and data analysis within a process excellence project it was identified, that several actions are required to meet the customer expectations. The root causes for the low satisfaction of the customer expectations are related to four factors:

1. The long idle period of the documents (78%)
2. The effort for the document transport (18%)
3. The insufficient process definition
4. The effort for administration and distribution of documents (109 minutes)

The biggest surprise was the detection, that a document is only processed during 10% of the whole cycle time. For the rest of the time a document is in transit or waiting to be processed. To improve this situation the process needs to be supported with the workflowtool Q-Pace and needs to be standardized. The outcome of this solutions are as follows:

- Within a pilot the cycle time was reduced by 67% and the variability was reduced by 89%.
- The transparency was improved with Q-Pace because the document status is clear all the times in the system. Also the deputy regulation is organized.
- The document quality is improved by using a standardized review process and because Q-Pace supports continuous improvement.
- The reduction of the administration and distribution effort by 86% results in a cost reduction of CHF 82’680.- per year.
- The reduced time for implementation impacts the flexibility for planning, but does not have significant financial impact.
- Thereby the customer and employee satisfaction was improved.

These results have been presented to the management with the consequence that the proposed solutions will be implemented within this year (2007).

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Themenskizze

Der Bedarf nach neuen und verbesserten Medikamenten führen in der pharmazeutischen Industrie zu kontinuierlichen Veränderungsprozessen. Diese verlangen oft den Einsatz von neuen Verfahren und Anlagen und gehen einher mit regulatorischen Anforderungen.

Aufgrund dieser rechtlichen Vorgaben müssen Produktionsanlagen qualifiziert (für den Zweck geeignet) und Produktionsprozesse validiert (reproduzierbare Ergebnisse liefernd) werden. Die Qualifizierung und Validierung trägt somit wesentlich zur Sicherheit und Qualität der Produkte bei.

Um den qualifizierten oder validierten Zustand zu erreichen, werden anhand eines Lebenszyklusmodells verschiedene Dokumente erstellt. Abbildung 1 zeigt den Qualifizierungs- und Validierungsprozess und den Projektinhalt angelehnt an GAMP 41 und die firmeninterne Validierungsrichtlinie2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Qualifizierungs-/Validierungsprozess und Projektinhalt

Der Qualifizierungsprozess beginnt mit der Erstellung des Qualifizierungsplans, gefolgt von Benutzeranforderungen, Risikobetrachtung usw. bis zur Performance Qualifizierung. An die Qualifizierung folgt die Validierung sowie die Nutzung des Systems. Heute werden die dabei erstellten Dokumente mit einem Textverarbeitungsprogramm generiert, ausgedruckt und zur Prüfung und Freigabe versendet. Die dabei erstellten elektronischen Files und Papierdokumente werden dezentral von den Autoren verwaltet.

Dieser Prozess hat in pharmazeutischen Unternehmen Einfluss auf die Einführungszeit von neuen Produkten. Bei Änderungen an bestehenden Anlagen und Prozessen beeinflusst der Dokumentenfluss die Freigabezeit von Systemen und damit die Stillstandszeit, in der eine Anlage oder ein Prozess wegen des unqualifizierten bzw. unvalidierten Zustandes nicht benutzt werden kann (Produktionsausfall).

„Qualifizierung und Validierung“ wurde auch im Rahmen einer firmeninternen Beurteilung (siehe Anhang 1) als Prozesse mit strategischer Wichtigkeit identifiziert. Bisher wurden diese Prozesse aber nicht näher untersucht, weshalb auch Anforderungen, Erwartungen und Prozessleistungen nicht bekannt sind. Hier setzt diese Arbeit an. Sie zeigt auf, wie Optimierungsmöglichkeiten im Rahmen des Dokumentationsprozesses bestimmt und systematisch verbessert werden kann. Ein grosser Nutzen dabei ist, dass dies anhand einer allgemein anwendbarer Vorgehensweise aufgezeigt wird. Diese Vorgehensweise ist auf andere Probleme anwendbar und Erfahrungen aus diesem Projekt lassen sich sowohl auf ähnlich Prozesse in anderen Unternehmen, aber auch andere Branchen anwenden.

1.1 Situation, Chancen und Ziele der Arbeit

Der Dokumentationsprozess im Rahmen der Qualifizierung und Validierung wird von den Beteiligten als aufwändig, kostenintensiv und fehleranfällig empfunden. In der Studie des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. zur aktuellen Situation der Pharmazeutischen Industrie in Deutschland 2005 wird als strategisches Handlungsfeld mit der höchsten Priorität die Senkung der Kosten genannt. Die Ansatzpunkte für konkrete Massnahmen liegen „insbesondere in den Bereichen Einkauf sowie in der Restrukturierung von Organisation und Prozessen“.3 Dies trifft nach Erkenntnissen auch für die Schweizer Pharmaindustrie und insbesondere für die CILAG (Beschreibung CILAG siehe Anhang 7) zu.

Diese Arbeit zeigt Möglichkeiten für die Verbesserung von Organisation und Prozessen auf. Für solche Verbesserungen gibt es zahlreiche Konzepte, Vorgehensweisen und Methoden. Ziel ist es, Unternehmensprobleme zu erkennen, anzugehen und zu lösen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Wichtige Ideen sind zum Beispiel strategisches Management, Balanced Scorecard oder Rightsizing. Bei Johnson & Johnson (J&J) wird dieser Prozess “Process Excellence”4 genannt. Process Excellence basiert auf drei Verbesserungmethoden: Lean Thinking, Six Sigma und Design Excellence. Welches die am besten geeignete Methode ist, kann mit dem Entscheidungsbaum in Anhang 4 bestimmt werden. Im Rahmen des Dokumentationsprozesses müssen sowohl Zeit, wie auch Variation und Fehler reduziert werden (siehe Projektziele 3.1.1). Es müssen also sowohl Lean Thinking als auch Six Sigma Kriterien berücksichtigt werden (siehe Kapitel 2.2). Da der Dokumentationsprozess ein bestehender Prozess ist, bietet Design Excellence nicht den richtigen Ansatz. Es geht in erster Linie darum Variation und Fehler zu reduzieren, deshalb wird als Vorgehensmodell Six Sigma eingesetzt.

Das Kernziel dieser Arbeit liegt also darin, aufzuzeigen wie der Dokumentationsprozess im Rahmen der Qualifizierungs- und Validierungstätigkeiten, mittels Process Excellence systematisch erfasst und analysiert werden kann. Im Einzelnen bedeutet dies festzustellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Ziele der Diplomarbeit (DZ)

Durch die Erreichung dieser Ziele können Entscheidungen für eine Problemlösung auf eine solide, mit Daten belegte Basis gestellt werden. Um diese Ziele zu erreichen, ist es auch wichtig, das Projekt abzugrenzen.

1.2 Systemgrenze

Für die Realisierung dieses Projekts werden Werkzeuge eingesetzt. Die Evaluation solcher Werkzeuge ist nicht Bestandteil dieser Arbeit. Beispielsweise wird als Statistikwerkzeug Minitab® verwendet.

Die Implementierung von Lösungen, welche über ein Pilotprojekt hinausgehen, erfolgt nicht im Rahmen dieser Diplomarbeit. Die Einführung der erarbeiteten Lösungen und die daran anschliessende „Control“ Phase erfolgt später (im Rahmen des Process Excellence Projekts)

1.3 Gestaltung der Diplomarbeit

Struktur und Zusammenhänge werden anhand der Abbildung 2 erklärt. Die Analyse und Optimierung eines Dokumentationsprozesses mit Process Excellence (PE) wird eingeteilt in verschiedene Kapitel. Nach der Einführung werden die Grundlagen von PE vermittelt, bevor der praktische Teil folgt. Der praktische Teil wird anhand der Six Sigma Vorgehensweise in die Phasen Define (Projektdefinition), Measure (Datensammlung), Analyse (Daten- und Prozessanalyse) und Innovate & Improve (Verbesserung) eingeteilt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Aufbau und Zusammenhänge in der Diplomarbeit

Die Zielerreichung der Diplomarbeit und des Process Excellence Projekts werden schliesslich im Kapitel 7 beurteilt. Kapitel 7 enthält zudem einen Ausblick und beschreibt, welches die nächsten Schritte sind.

2Process Excellence als Methodik

Kapitel 2 beschreibt die Kernelemente und Methoden im J&J Process Excellence Prozess.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Inhalt Kapitel 2

Process Excellence besteht aus drei Kernelementen: Bewertung des Unternehmens, Verbesserung der Prozesse und formelle Anerkennung für die erreichten Verbesserungen5. Der Begriff Process Excellence wird auch im Zusammenhang mit anderen Modellen zum Beispiel dem PAG-Modell (Prozessassessment-Modell für Geschäftsprozesse) verwendet und bezieht sich auf Prozesse, welche einen überdurchschnittlich hohen Leistungsstandard haben, bei denen die Potentiale zur Verbesserung des Geschäftsprozessmanagements laufend ermittelt werden und regelmässig Prozess - Benchmarks durchgeführt werden6.

2.1 Kernelement „Bewertung“

Als erster Schritt, müssen die Stärken und Schwächen im Vergleich mit anderen Unternehmen identifiziert werden. Dies kann durch eine Bewertung oder „Process Excellence Capability Assessment“ erfolgen. Dadurch können mehrere Unternehmen verglichen werden.

Die Kriterien für die Bewertung werden im „Competitiveness Assessment Management Model“ dargestellt. Die Grundidee dabei ist die Führung als Treiber und die Prozesse der Kategorien 2-6 (siehe Abbildung 4) als Systeme und Werkzeuge zu betrachten, welche zum balancierten Ergebnis in Kategorie 7 führen7.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Competitiveness Assessment Management Model8

2.2 Kernelement „Verbesserung“

Die Verbesserungsmethoden geben den einzelnen Organisationen der Unternehmensgruppe die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Die Komponenten sind drei Methoden: Six Sigma, Lean Thinking und Design Excellence. Durch den Einsatz dieser erprobten und leistungsfähigen Methoden können Verbesserungen in Marktdurchdringung, Organisationsgeschwindigkeit und Kosten erreicht werden. Für jede Methode gibt es dafür eigene, in Phasen aufgeteilte Vorgehensweisen.

2.2.1 Six Sigma: Reduktion von Variation und Fehler

In verschiedenen Branchen wird Six Sigma als Methode angewendet, wenn es darum geht auf einem pragmatischen Weg Variation zu reduzieren und Durchschnittswerte zu verbessern. Six Sigma legt den Schwerpunkt auf die Ermittlung und Beseitigung von Problemen, Schwachstellen und Fehlern, welche die Effektivität und Effizienz von Geschäftsprozessen mindern. Dabei geht die Six Sigma Methode nach einem Problemlösungskreislauf vor. Dieser wiederum basiert auf dem Prinzip der ständigen Verbesserung und liegt auch dem Deming Prozess zugrunde9.

Mikel J. Harry, eine Autorität in bezug auf Six Sigma, definiert Six Sigma als „einen Geschäftsprozess, der es allen Unternehmen ermöglicht, ihre Geschäftsergebnisse drastisch zu verbessern, indem alltägliche Aktivitäten auf eine Art und Weise entwickelt und überwacht werden, die Verschwendung von Ressourcen minimieren, während gleichzeitig die Kundenzufriedenheit gesteigert wird“10.

Six Sigma ist ein Ausdruck, der mehrere Bedeutungen hat. Einerseits ist es eine Verbesserungsmethode, welche in Projekten Anwendung findet, um Prozessvariabilität und Fehler zu reduzieren. Die Methode folgt dem DMAI2C-Plan und verlangt, dass Entscheidungen datengetrieben. Dazu werden Statistikwerkzeuge eingesetzt. DMAI2C steht für Define (Definieren), Measure (Messen), Analyse (Analysieren), Innovate&Improve (Lösung finden/Verbessern) und Control (Überwachen).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Der Six Sigma DMAI2C Plan11

Andererseits ist Sigma (σ) ein Masszahl für Prozessvariation. Eine Prozessleistung entspricht sechs Sigma, wenn die Variation eines einzelnen Prozess- oder Produktmerkmals so gering ist, dass in einer Million Möglichkeiten nur 3,4 Fehler12 (=Abweichung vom Zielwert eines kritischen Qualitätsmerkmals13 ) auftreten. Praktisch alle „Outputs“ erfüllen die Kundenanforderungen. Dieses Ziel ist für die meisten Branchen und Unternehmen unerreichbar. Weltweit haben Unternehmen, die Six Sigma anwenden, daher hinsichtlich qualitätskritischer Merkmale an eine allgemeine jährliche Verbesserungsrate der CTQs (siehe Kapitel 3.4) von 50%14 als „Best Practice“ angenähert. Tiefe Sigma-Werte (0-2 Sigma) bedeuten viel Variation. Nur ein geringer Teil des „Outputs“ wird den Kundenanforderungen gerecht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 515: Normalverteilung und Sigma Werte.

Die hellgelbe Verteilung in Abbildung 5 stellt ein Prozess- oder Produktmerkmal dar, das um den Zielwert herum zentriert ist. Misst man über eine gewisse Zeit hinweg das Merkmal, so wird sich im Verlauf der Zeit der Mittelwert verändern. Diese Veränderung wird gewöhnlich auf maximal ±1,5 σ (Standardabweichungen) festgesetzt und wird durch die dunkelgelbe Fläche dargestellt. Alle Langzeitmessungen in Six Sigma beinhalten diese Annahme, was auch die Erklärung dafür ist, dass technisch gesehen sechs Sigma einer Rate von 3,4 Fehlern pro Million Möglichkeiten entspricht16.

2.2.2 Lean Thinking: Transformation von Prozessen

Lean Thinking ist eine Methode um komplexe Prozesse zu transformieren und dadurch schneller Kundennutzen zu erreichen. Lean Thinking fokussiert auf die Reduktion von „Verschwendung“ (verschwendetem Material, Zeit und Anstrengung).

Um dies zu erreichen gibt es bei J&J sieben Grundprinzipien:

1) Wert: „Wert“ muss immer aus der Kundenperspektive definiert werden.
2) Wertgenerierung: Nachdem der Kundenbedarf identifiziert wurde, müssen alle Aktivitäten Wert hinzuaddieren, bis der Kundenwunsch befriedigt ist.
3) Sogwirkung: Gearbeitet wird nur wenn Absatzmöglichkeiten vorhanden sind. Arbeit wird synchronisiert und wie das Inventar auf dem tiefsten Level gehalten.
4) Zielausrichtung: Alle Elemente des Prozesses werden zu gemeinsamen Zielen verknüpft, um kundengerechte Ergebnisse sicherzustellen.
5) Leistungsfähige Planung: Um den zukünftigen Ressourcenbedarf zu ermitteln, werden Designplanungs- und Prognosesysteme eingesetzt.
6) Rollen, Verantwortlichkeiten und Kultur: Rollen basieren auf dem Prozessdesign, und Verantwortlichkeiten basieren auf der Leistungsanforderungen des Prozesses (fit to process).
7) Kontinuierliche Verbesserung: Es gibt einen Änderungs- und Erneuerungs-prozess, um Verbesserungen (wie Effizienz, Rhythmus, Zeit oder Qualität) zu implementieren und Kosten und Durchlaufzeit zu reduzieren17.

Diese Grundprinzipien werden in einem „Lean Thinking Plan“ implementiert.

2.2.3 Design Excellence: neue Produkte oder Prozesse

Design Excellence wendet „Six Sigma“ und „Lean Thinking“ für die Entwicklung von Produkten, Prozessen und Dienstleistungen an. Diese Methode wird vor allem für neue Prozesse, Produkte oder Dienstleistungen eingesetzt, mit dem Ziel den Prozess von Anfang an richtig zu entwickeln. Design Excellence wird auch dann eingesetzt, wenn ein Prozess optimal abläuft und trotzdem die Kundenanforderungen nicht erfüllen kann18.

2.3 Kernelement „Formelle Anerkennung“

Durch die Bewertung kann ein Unternehmen einen Eindruck der relativen Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Mit dem Element „Verbesserung“ werden Produkte und Prozesse den Bedürfnissen angepasst. Im J&J Konzern werden gute Ergebnisse im Element „Verbesserung“ formell anerkannt und ausgezeichnet. Solche Auszeichnungen können wichtige Konzernentscheidungen beeinflussen.

Anschliessend an diese Einführung in Process Excellence, wird das PE Projekt bearbeitet. Dabei werden - wie in Kapitel 1 definiert - nach dem „Six Sigma Plan“ die Phasen Define, Measure, Analyse, Innovation&Improve durchlaufen.

3“Define”: Bestimmung der Erwartungen

In der Define Phase werden die Projektziele und die Projektgrenzen - unter Berücksichtigung der Unternehmensziele - festgelegt. Das Ergebnis der Projektdefinition, der Analyse der aktuellen Situation und vor allem der Kundenbedürfnisse sind die Qualitätsmerkmale (CTQ`s). Dazu werden die Werkzeuge Projekt-Charter (Kap. 3.1), Ist Analyse (Kap 3.2), Prozessdarstellung (SIPOC, Kap. 3.2.2.4), Voice of the Customer (VOC Kap. 3.3) Analyse und Critical to Quality (CTQ Kap. 3.4) angewendet. Einer der ersten Schritte ist dabei die Festlegung der Projektorganisation.

Abbildung 6. Inhalt Kapitel 3

3.1 Projekt-Charter

Mit einem Projekt-Charter wird sichergestellt, dass es für das Projekt einen schriftlichen Auftrag gibt, der Projektauftrag klar ist, und die Projektziele formuliert sind (Anhang 2). Mit dem Auftraggeber wurden die übergeordneten Projektziele, Projektgrenzen und die Projektorganisation festgelegt.

3.1.1 Projektziele

Die Projektziele sind im Projekt-Charter (Anhang 2) formuliert. Einige Ziele werden in den kritischen Qualitätsmerkmalen weiter verfeinert und genauer spezifiziert. Zusammengefasst bestehen die Ziele in folgenden Punkten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Ziele des Process Excellence Projekts (PZ)

3.1.2 Projektorganisation

In der Projektorganisation werden die Organisationsform, Stellen und Instanzen definiert. Als Organisationsform für dieses Projekt wird eine Stab-Linien-Projektorganisation angewendet. Diese Form wird oft für kleinere, nicht zeitkritische Projekte angewendet, in welchen viele Stellen kurzzeitig einbezogen werden müssen. Nachteile, dass bei dieser Form der Projektleiter zwar Verantwortung trägt, aber keine Weisungsrechte hat und fehlende Identifikation mit dem Projekt als Problem auftreten kann, werden durch die Vorteile hoher Flexibilität, keine (organisatorischen) Umstellungen und durch guten Informationsaustausch aufgewogen19.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Projektorganisation

Der Coach ist in Process Excellence ausgebildet und bringt Erfahrung in Six Sigma mit. Die Aufgabe des Coaches ist es, das Team im Rahmen des Projekts zu betreuen und die methodengetreue Vorgehensweise sicherzustellen. Das Steuerungsgremium oder Steering Committee besteht aus den Vorgesetzten Berichts- und Entscheidungsinstanzen. Hauptaufgaben sind Kontrolle und Genehmigung der Projektplanung, der Lösungsvorschläge und der Phasenergebnisse. Der Sponsor hat den Überblick über das Verbesserungsprojekt. Seine Hauptverantwortlichkeit liegt darin, die übergeordneten Ziele des Projekts aufzustellen und diese mit den übergeordneten Geschäftszielen abzustimmen. Der Projektleiter muss Klarheit bezüglich Projektauftrag und Zielen sicherstellen und ist verantwortlich für die korrekte Umsetzung des Projektauftrages und die Zielerreichung. Er muss das Projekt Initialisieren, die Projektgruppe strukturieren und das Projekt planen und den Erfolg sicherstellen. Die Projektmitarbeiter helfen bei der Projektumsetzung. Diese wurden so ausgewählt, dass alle wichtigen Kunden und Lieferanten - im konkreten Fall aus Mitarbeiter der Bereiche Herstellung/Engineering, Labor, Reinigungs- und Prozessvalidierung und Quality Systems - vertreten sind. Die Sicherstellung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit gegenüber der Unternehmung wird durch den Bereich Controlling Operations unterstützt.

3.1.3 Projektplanung

Die Projektplanung stimmt die Tätigkeiten auf die Ziele ab und schafft Transparenz für die Projektbeteiligten. Für dieses Projekt ist eine detaillierte Projektplanung erforderlich. Der Projektplan gliedert sich in drei Hauptphasen und ist in Anhang 3 zu finden.

Neben der Projektorganisation und der Projektplanung ist es wichtig, die aktuelle Situation zu erfassen um später Verbesserungen ableiten zu können. Dazu werden die aktuell eingesetzten Systeme in einer Ist Analyse erfasst und der Prozessablauf untersucht.

3.2 Ist Analyse

3.2.1 Beschreibung der aktuellen Systemlandschaft

Mit der Erfassung der Systemlandschaft kann festgestellt werden ob in anderen Bereichen ähnliche Prozesse über Systeme abgedeckt werden. Dadurch können Symbiosemöglichkeiten aufgedeckt werden. Anhang 5 gibt einen detaillierten Überblick über die Systemlandschaft. Ähnlichkeiten zum Dokumentationsprozess in der Qualifizierung und Validierung gibt es z. B. bei der Erstellung von Richtlinien und Arbeitsanweisungen, im Änderungsmanagement, sowie in der Instandhaltung.

Als absehbare Veränderung in der Systemlandschaft ist im 1. Quartal 2007 der vollständige Ersatz des lokalen SAP® Systems für die Verwaltung von Dokumenten und Schulungen zu nennen. Diese Funktionalitäten werden dann von einer europäische Applikation, genannt „Q-Pace“, übernommen. (Q-Pace wird bereits heute europaweit im Bereich des Änderungsmanagements für die elektronische Abwicklung von Änderungen eingesetzt).

Nach der Erfassung der aktuellen und zukünftigen Systemlandschaft, werden die Prozesse in verschiedenen Detailtiefen erfasst.

3.2.2 Prozessbeschreibung und –darstellung

Der Prozess der Qualifizierung und Validierung wird weltweit in Pharma- und Chemiefirmen eingesetzt. Er wird angewendet, wenn ein Aspekt, welcher die Qualität eines Produkts beeinflussen kann, verändert wird. Dazu gehören signifikante Änderungen an Prozessen, Gebäuden, Geräten oder Anlagen beziehungsweise die Neueinführung von Produkten.20

Die Begriffe „Qualifizierung“ wie auch „Validierung“ oder „Verifizierung“ werden branchenabhängig, unterschiedlich verwendet. Um den Qualifizierungs- /Validierungsprozess und den damit verbundenen Dokumentationsprozess verstehen zu können, ist es wichtig, die Bedeutung dieser Begriffe innerhalb des Pharma-Engineerings zu kennen. Die Bedeutung der Begriffe im Pharma Engineering kann einfach erklärt werden, indem ein Vergleich mit deren Bedeutung im Bereich des Software-Engineerings gemacht wird. Denn sowohl beim Pharma- wie auch dem Software-Engineering handelt es sich um Entwicklungsprozesse mit vielen Gemeinsamkeiten.

3.2.2.1 Definitionen

Im Software Engineering sind vor allem die Begriffe Verifikation und Validierung geläufig. Als Verifikation und Validierung wird der „Prozess der Überprüfung und der Analyse, der sicherstellt, dass eine Software mit ihrer Spezifikation übereinstimmt und die Bedürfnisse der zahlenden Kundschaft erfüllt“21 bezeichnet. Seltener wird der Begriff Qualifizierung verwendet.

Im Pharma-Engineering hingegen werden die Begriffe Qualifizierung und Validierung und seltener Verifikation verwendet. Die Bedeutung dieser Begriffe lehnt vorwiegend an die Definitionen der ISO (International Organisation for Standardisation) und der amerikanischen FDA (Food and Drug Administration) an.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Gegenüberstellung der Begriffe Qualifizierung/Validierung/Verifizierung im Software und Pharma Engineering

3.2.2.2 High Level Prozessbetrachtung - Qualifizierung und Validierung

Die Vorgehensweise richtet sich nach branchenspezifischen Empfehlungen, wie diejenige der PIC/S PI 006-2 „Recommendations on Validation Master Plan Installation and operational qualification non-sterile process validation, cleaning validation“. Die Zielsetzung von Qualifizierung und Validierung wird darin beschrieben als Prozess, der sicherstellen und den dokumentierten Nachweis erbringen soll, dass die Gebäude, die Hilfsmittel, die Anlagen und die Prozesse in Übereinstimmung mit

- den GMP (Good Manufacturing Practice) Anforderungen gestaltet sind
- der Design-Spezifikation gebaut und installiert wurden
- der Design-Spezifikation funktionieren22

Um diese Anforderungen sicherzustellen werden in der CILAG folgende Phasen durchlaufen (vereinfachte Darstellung in Anlehnung an die CILAG Richtlinie CVL.RL.03.001):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: CILAG Prozess für die Qualifizierung und Validierung in Phasen

3.2.2.3 Ablauf in Phasen

Die Vorgehensweise ist in Abbildung 8 dargestellt und kann anhand der folgenden Phasen erklärt werden:

Phase 1 - Planung: Innerhalb der Planungsphase wird für eine Anlage oder ein System ein Dokument erstellt, welches die Projektorganisation, Verantwortlichkeiten und Vorgehensweise beschreibt. Dieses Dokument enthält eine grobe Beschreibung des zukünftigen Systems und des Prozesses.
Phase 2 - Definition der Anforderungen. In den Benutzeranforderungen werden die Erwartungen des Benutzers beschrieben und enthalten detaillierte Informationen zum System. Anforderungen sind zum Beispiel: Systeminput, Systemoutput, Funktionen oder Alarme, aber auch gesetzliche Anforderungen.
Phase 3 - Entwurf & Design, Design Qualifizierung: Im Anschluss Phase 2, werden Risikobetrachtungen (Impact Assessments) sowohl auf Prozess als auch auf Systemebene durchgeführt. In der Entwurfsphase werden die in der Benutzeranforderung gestellten Erwartungen technisch definiert und detailliert. Es wird beschrieben „wie“ die Benutzeranforderungen umgesetzt werden. Auf Basis der Entwurfsdokumente wird das System realisiert. Die Design-Qualifizierung (DQ) verifiziert, dass das Design des Systems den Benutzeranforderungen, der Risikoanalyse und den gesetzlichen Anforderungen genügt. Ziel der DQ ist es, mögliche Designfehler, die zu Fehlkonstruktionen und nicht spezifikationskonformen Betrieb führen können, frühzeitig aufzudecken und zu beheben.
Phase 4 - Realisierung: In der Realisierungsphase entwickelt, baut und testet der Lieferant das System.
Phase 5 - Test & Qualifizierung: Diese Phase wird eingeteilt in Installations-qualifizierung, Operationelle und Performance Qualifizierung:

In der Installationsqualifizierung wird sichergestellt, dass das System gemäss den Vorgaben den Entwurfs- und Installationsdokumenten, sowie den Empfehlungen des Herstellers installiert wurde.

In der Operationellen Qualifizierung wird geprüft, ob das System gemäss seinem Design im gesamten operationellen Bereich arbeitet. Dabei werden all jene Funktionen getestet, die sich auf das System selbst beziehen, nicht aber auf die Einbettung in den Prozess. Der Test auf korrekte Prozesseinbettung wird in der Performance Qualifizierung durchgeführt.

Die Performance Qualifizierung ist der dokumentierte Nachweis, dass das gesamte System unter Produktionsbedingungen gleichbleibend und reproduzierbar innerhalb der vorgegebenen Spezifikationen in der Produktivumgebung arbeitet.

Phase 6 - Validierung: Sobald die Qualifizierungsphase erfolgreich abgeschlossen wurde, kann mit der Reinigungs- und Prozessvalidierung gestartet werden. Reinigungsvalidierung: Prozessausrüstung, welche in direkten Kontakt mit pharmazeutischen Produkten kommt, muss gemäss den aktuell gültigen Anweisungen gereinigt werden. Diese Reinigungsanweisungen müssen chemisch, mikrobiologisch und visuell validiert sein, um die Wirksamkeit der Reinigung nachweisen zu können. Die Prozessvalidierung muss den Nachweis erbringen, dass ein Prozess konstant ein Produkt herstellt, welches die Spezifikationen und Qualitätsattribute erfüllt.

Diese Prozessbetrachtung hilft dabei die Zusammenhänge im Qualifizierungs- und Validierungsprozess zu verstehen. Bei dieser Prozessdarstellung hat man aber wenig detaillierte Informationen zum Prozess der Dokumentenerstellung und Freigabe. Für die Untersuchung der Review und Freigabeaktivitäten ist diese Darstellung noch wenig hilfreich. Dazu muss die Perspektive und Auflösung so angepasst werden, das Informationen zu diesen Tätigkeiten im Prozess ersichtlich werden. Die Prozesserfassung muss also einen Level tiefer gehen und muss die wichtigsten Schritte dieses Prozesses mit Inputs und Outputs aufzeigen. Häufig wird in Six Sigma Projekten dafür das „SIPOC“23 Prozessmodell angewendet.

3.2.2.4 Low Level Prozessbetrachtung: Dokumentenperspektive

Im Rahmen einer SIPOC wird der Prozess in die wesentlichen Prozessschritte zerlegt. Ein grosser Nutzen der SIPOC liegt darin, die Beteiligten dazu zu bringen, das Geschäft in einer vereinfachten, übergreifenden Prozessperspektive zu betrachten. Der Name SIPOC kommt von den fünf Elementen im Prozessmodell (siehe Abbildung 9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: SIPOC / Kunden im Prozess24

Dabei ist es wichtig zu wissen, dass Kunden Qualität aufgrund des Outputs eines Prozesses beurteilen. Die Qualität des Prozesses wird demzufolge durch die Qualität des Outputs bestimmt. Eine Fokussierung auf die Arbeit eines einzelnen Arbeiters wird nicht zu grossen Qualitätsverbesserungen führen. Um die Qualität zu verbessern, muss der Prozessoutput verbessert werden25. Der Kunde hat sowohl bei Six Sigma aber auch im Prozessmanagement eine zentrale Funktion.

Im Projektteam wurde die in Abbildung 10 dargestellte SIPOC erstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: SIPOC – Process Map

3.3 VOC - Voice of the customer Analyse

Nachdem in der SIPOC Analyse die Kunden bestimmt wurden, kann im Team ein Fragebogen für die Kundenbefragung entwickelt werden. Der Ausdruck Voice of the Customer (VOC) wird benutzt, um die Kundenbedürfnisse und die Erwartungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung zu beschreiben. Der Zweck der VOC Aktivitäten ist es, die wichtigsten „Treiber“ für die Kundenzufriedenheit zu identifizieren. Nur mit einem guten Verständnis der Kundenanforderungen ist es möglich, Produkte und Dienstleistungen effektiv zu entwickeln oder zu verbessern. Die „Voice of the Customer“ zu verstehen ist eine wichtige Voraussetzung, um auf die richtigen Verbesserungsmassnahmen zu fokussieren und die richtigen Messkriterien festzulegen. Deshalb ist die VOC-Analyse ein kritischer Schritt. Hier wird bestimmt, welche Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden und welche Eigenschaften diese haben sollen.

Oft gibt es nicht eine einheitliche „Voice of the Customer“. Verschiedene Kunden oder Kundentypen haben verschiedene Bedürfnisse und Prioritäten. In diesem Projekt können im Dokumentationsprozess zwei Gruppen erkannt werden, welche die Schwerpunkte geringfügig anders legen. Auf der einen Seite stehen die Autoren und deren Vorgesetzte als Reviewer, bei denen das Hauptinteresse darin liegt, Dokumente so schnell wie möglich in einer akzeptablen Form zu erstellen. In diesem Segment, spielt die inhaltliche und formelle Richtigkeit der Dokumente eine untergeordnete Rolle. Das Hauptziel liegt vielfach darin „so schnell wie möglich eine Freigabe des Dokuments zu erreichen“. Auf der anderen Seite stehen die Prüfenden und Freigebenden, bei welchen das Hauptinteresse darin besteht, dass inhaltlich und formell korrekte Dokumente erstellt werden, welche im Inspektionsfall einfach zu verteidigen sind. Bei diesem Segment, spielt die Zeit, welche für eine Dokumentenfreigabe benötig wird, eine untergeordnete Rolle.

Als Schlussfolgerung kann man jedoch festhalten, dass die Interessen im Dokumentationsprozess sehr ähnlich, wenn auch unterschiedlich gewichtet sind. Aufgrund der geringen Unterschiede wurde im Team beschlossen, keine Segmentierung vorzunehmen. Daraus ergibt sich, dass beide Gruppen in der VOC-Analyse die gleichen Fragen zu beantworten haben.

Die folgenden Fragen waren dabei von den verschiedenen Bereichen in einem „Face to Face“ Interview mit Begründung zu beantworten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Fragen in der Voice of Customer Analyse

Die Aussagen der VOC-Analyse wurden zusammen mit den Kunden in einem Affinitätsdiagramm auf einem Flip Chart angeordnet. Dadurch konnten die Ideen strukturiert und die Wichtigkeit eingeschätzt werden. Das Diagramm macht es auch möglich umgehend eine Verifizierung der Kriterien durch die Kunden durchführen zu lassen und festzustellen, ob tatsächlich die richtigen Kriterien ausgewählt wurden. Als wesentliche Affinitäten stellten sich „Zeit“, „Bestand/Kapital“, „Qualität“ im Sinne der Prozessqualität und „Qualität und Erwartungen“ im Sinne der mitarbeiterbezogenen Qualität heraus. Alle Aspekte die als wichtig beurteilt wurden, sind schliesslich als Qualitätsmerkmal (CTQ) aufgenommen worden. Die jetzigen Probleme und unbefriedigten Bedürfnisse wurden so in Anforderungen transformiert.

3.4 Critical To Quality (CTQ)

Ein CTQ-Baum oder Qualitätsmerkmal-Baum hilft dabei, die Kundenäusserungen und –forderungen in quantifizierbare Dienstleistungs- und Produktspezifikationen26 zu überführen.

Ein sinnvolles Qualitätsmerkmal ist kritisch für die Kundenwahrnehmung betreffend Qualität und ist messbar27. Es muss auch möglich sein eine Spezifikation zu definieren, um zu entscheiden, ob das Qualitätsmerkmal erfüllt wurde oder nicht.

Für den Dokumentationsprozess konnten 19 CTQs oder Qualitätsmerkmale (siehe Tabelle 5) bestimmt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5: Critical to Qualities (Qualitätsmerkmale)

Beim Prozessmanagement liegen die Ziele gemäss Feldbrügge/Brecht darin, folgende Faktoren zu verbessern:

- Effektivität/Effizienz (Wirtschaftlichkeitsprinzip: maximaler Output bei minimalem Input)
- Flexibilität (Ablauf muss den Gegebenheiten angepasst werden können)
- Schnelligkeit und Pünktlichkeit (Erledigung im gesetzten Zeitrahmen, Wartezeiten sind zu vermeiden)28

Bis auf den Punkt Flexibilität sind die Kriterien mit den Treiber in Tabelle 5 vergleichbar. Flexibilität geht jedoch einher mit den Definitionen im Prozess (CTQ 17) und ist implizit darin enthalten. Pünktlichkeit ist ein wichtiges Kriterium, lässt sich aber in diesem Projekt nicht einfach definieren, da selten Vorgaben vorhanden sind. Wichtiger ist in diesem Prozess der Punkt Schnelligkeit.

Vergleicht man diese Qualitätsmerkmale mit den Methoden im Prozessmanagement stellt man fest, dass sehr ähnliche Kriterien angewendet werden.

[...]


1 GAMP 4 2001, S. 22.

2 CVL.RL.01.013, S. 6.

3 Vgl. Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. 2005, S. 20.

4 Vgl. SKOON 2004, S. 1.

5 Vgl. SKOON 2004, S. 1.

6 Vgl. SCHMELZER/SESSELMANN 2006, S. 303.

7 Vgl. SKOON 2004, S. 2.

8 Vgl. SKOON 2004, S. 2.

9 Vgl. SCHMELZER/SESSELMANN 2006, S. 344.

10 Zitat KROSLID u.a. 2003, S. 11.

11 Vgl. SKOON 2004, S. 4.

12 Vgl. KROSLID u.a. 2003, S. 12.

13 Vgl. SCHMELZER/SESSELMANN 2006, S. 359.

14 Vgl. KROSLID u.a. 2003, S. 12.

15 Vgl. QM-Infocenter.de.

16 Vgl. KROSLID u.a. 2003, S. 12.

17 Vgl. SKOON 2004, S. 4f.

18 Vgl. SKOON 2004, S. 5.

19 JENNI 2001, S. 106-108.

20 PIC/S 2004, S. 2.

21 SOMMERVILLE 2001, S. 427.

22 Vgl. PIC/S 2004, S. 2.

23 Vgl. Rath & Strong’s 2002, S. 11.

24 Vgl. Rath & Strong’s 2002, S. 11 und FELDBRÜGGE/BRECHT 2005, S. 11-15.

25 Vgl. Rath & Strong’s 2002, S. 11.

26 Vgl. Rath & Strong’s 2002, S. 18.

27 Vgl. Rath & Strong’s 2002, S. 19.

28 Vgl. FELDBRÜGGE/BRECHT 2005, S. 16.

Ende der Leseprobe aus 119 Seiten

Details

Titel
Dokumentationsprozesse mit Six Sigma. Analyse und Optimierung
Hochschule
Fernfachhochschule Schweiz
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
119
Katalognummer
V1040204
ISBN (eBook)
9783346458360
ISBN (Buch)
9783346458377
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Note 1,7 bezieht sich auf das deutsche Notensystem
Schlagworte
Six Sigma, Dokumentationsprozess, Analyse, Optimierung, Qualifizierung und Validierung
Arbeit zitieren
Peter Reber (Autor:in), 2007, Dokumentationsprozesse mit Six Sigma. Analyse und Optimierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1040204

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