Klaus Böhm
A II-A-01-00-1
Lernen und Arbeiten Referat
Ich begrüße Euch zu meinem heutigen Referat. Das Thema dazu lautet:
Der Begriff der Ordnungswidrigkeit
Was ist also eine Ordnungswidrigkeit ? Um die Frage zu beantworten, sehen wir doch erst einmal nach, was der Gesetzestext dazu sagt. Da ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 OWiG eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.
Rechtswidrig, vorwerfbar, Tatbestand ? Es handelt sich also um einen Gesetzesverstoß, der geahndet werden kann. Was fällt mir denn dazu so ein ? Klar, Knöllchen beim Halten im Parkverbot. Das ist rechtswidrig, vorwerfbar und erfüllt einen Tatbestand. Oder eine Geschwindigkeitsübertretung. Auch die ist rechtswidrig, vorwerfbar und erfüllt einen Tatbestand. Oder Diebstahl oder Mord ?
Neinnein, das habe ich schon mal gehört, daß es sich dabei nicht um Ordnungswidrigkeiten handelt. Sowas sind doch Straftaten. Sind Straftaten nicht vielleicht auch gleichzeitig Ordnungswidrigkeiten ? Nein, das sind sie natürlich nicht. Es gibt da natürlich Unterschiede. Und deshalb muß man Ordnungswidrigkeit und Straftat voneinander abgrenzen.
Was sind die wesentlichen Unterschiede ? Eine Ordnungswidrigkeit ist ein rechtswidriger und schuldhafter Rechtsverstoß, jedoch ohne kriminellen Gehalt. Deshalb werden Ordnungswidrigkeiten nur mit Geldbuße, und nicht mit Strafe geahndet.
Im Gegensatz zu der Verfolgung von Straftaten gilt bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten das Opportunitätsprinzip, habe ich gelesen. Aha ! Opportunitätsprinzip ? Was ist das ? Nun, Opportunitätsprinzip bedeutet, daß es im pflichtgemessen Ermessen der Verwaltungsbehörde steht, ob sie handelt. Im Strafrecht gilt dagegen das sogenannte Legalitätsprinzip.
Außerdem werden Ordnungswidrigkeiten von den Verwaltungsbehörden, und nicht von der Staatsanwaltschaft verfolgt.
Also:
1. rechtswidrig, schuldhaft, jedoch ohne kriminellen Gehalt,
2. Geldbuße
3. Verfolgung durch Verwaltungsbehörden
4. Opportunitätsprinzip
Das sind alles Merkmale der Ordnungswidrigkeit. Merkmale ? Kann man die Punkte 2 und 3 nicht als „Rechtsfolgen“ bezeichnen ? Ist Punkt 4 nicht vielmehr die Einräumung von Ermessen ?
Und mal zu Punkt 1:
- Rechtswidrig ? Ja, das erkennt man an einer Handlung noch irgendwie, zum Beispiel durch das eigene Rechtsgefühl, oder es steht ja im Zweifel im Gesetz.
- Schuldhaft ? OK, derjenige der was getan hat, ist auch dafür verantwortlich.
- Aber: ohne kriminellen Gehalt ? Wo nehme ich das denn her ? Oder, anders gefragt: wie „sieht“ man einer Handlung an, ob sie kriminellen Gehalt hat ?
Man sieht es einer Handlung nicht an. Denn die eigentliche Abgrenzung zwischen Straftatbestand und Ordnungswidrigkeit ergibt sich nur aus dem Gesetz. Eine Handlung muß vom Gesetzgeber als Ordnungswidrigkeit, und nicht etwa als Straftat gekennzeichnet werden. Es gibt keine Merkmale, nach denen man beispielsweise sagen könnte: „Hier handelt es sich um einen nicht so schweren Gesetzesverstoß, deshalb ist das nur eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat“. Diese Bewertung kann man nur aus der jeweiligen Rechtsgrundlage entnehmen, sie liegt also beim Gesetzgeber.
Es gibt dann noch - neben Ordnungswidrigkeit und Straftat - Handlungen, die mit einer anderen Unrechtsfolge belegt sind. Das ist zum Beispiel das Ordnungsgeld. Auch diese sind keine Ordnungswidrigkeiten, und auch hier ergibt sich die Abgrenzung wieder nur aus dem Gesetz.
Kurz gesagt, erkennt man die Ordnungswidrigkeit also daran, daß in der jeweiligen Rechtsgrundlage drin steht, daß eine Geldbuße verhängt werden kann.
Die bekanntesten Ordnungswidrigkeiten sind ja die der Straßenverkehrsordnung. Dazu gehören nach § 49 zum Beispiel die bereits oben genannten Geschwindigkeitsübertretung und Halte- und Parkverstöße, aber auch die Vorfahrtsmißachtung, um nur die beliebtesten zu nennen.
Doch nun zu der eigentlichen Erörterung des Begriffes der Ordnungswidrigkeit.
Nach dem Gesetzeswortlaut des § 1 OWiG handelt es sich dabei um eine Handlung, die
1. rechtswidrig,
2. vorwerfbar ist und
3. den Tatbestand eines Gesetzes erfüllt, das die Ahndung mit
einer Geldbuße zuläßt.
Ich möchte mit dem dritten Punkt beginnen, der sogenannten Tatbestandlichkeit. Das bedeutet, daß die Tatbestandsmerkmale eines Gesetzes erfüllt sein müssen, das eine Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.
Ich denke mal, daß für uns als geübte Rechtsanwender der Tatbestand kein Problem ist.
Der Begriff des Gesetzes im Prinzip ja auch nicht. Andererseits fallen mir da auch Ordnungswidrigkeiten ein, die gar nicht im Gesetz stehen. Leinenzwang für Hunde zum Beispiel. Durch Verordnung kann geregelt sein, daß Hunde anzuleinen sind. Wer sich nicht daran hält, kann mit einer Geldbuße belegt werden und handelt ordnungswidrig.
Es sind also Gesetze im sogenannten materiellen Sinne gemeint. Das heißt, daß nicht nur „richtige“ Gesetze - also im formellen Sinne, sprich vom Bundes- oder Landesgesetzgeber erlassen - eine Ordnungswidrigkeit zur Folge haben können, wenn man gegen sie verstößt. Auch Satzungen und Verordnungen können Geldbußen androhen. Auch dann handelt es sich - bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen - ebenfalls um eine Ordnungswidrigkeit.
Also: Ordnungswidrigkeit grundsätzlich dann, wenn das Gesetz eine Geldbuße androht. Übrigens auch in dem Fall, daß die Handlung in dem Gesetz nicht ausdrücklich als Ordnungswidrigkeit bezeichnet wird, also mit der Formulierung: „Ordnungswidrig handelt, wer dieses oder jenes tut“.
Nun zum zweiten Punkt: Die Handlung muß vorwerfbar sein.
Unter einer Handlung versteht man im OWiG menschlichwillentliches, äußerliches Fehlverhalten. Kurz, aber etwas deutlicher: es muß ein Mensch gehandelt haben, er muß aus seinem Willen heraus gehandelt haben und er muß sich - einem Gesetz entsprechend - falsch verhalten haben. Es ist übrigens auch möglich, daß das Unterlassen einer Handlung ordnungswidrig ist, das aber nur, wenn ein Gesetz ein Tun vorschreibt.
Und wann ist dann eine solche Handlung vorwerfbar ? Das bedeutet im Grunde nichts anderes, als daß der Handelnde auch für seine Handlung verant wortlich sein muß. Er soll nicht für etwas zur Rechenschaft gezogen werden, wofür er eigentlich nichts kann. Ich habe vorhin einmal den Ausdruck „schuldhaft“ benutzt. Reflexbewegungen oder Äußerungen im Zustand der Bewußtlosigkeit oder unter Zwang scheiden hier aus.
Als Beispiel: Wenn ein Mann deshalb eine Vorfahrt mißachtet, weil er in dem Moment gerade einen Herzanfall bekommt, ist ihm das nicht als Ordnungswidrigkeit vorzuwerfen. Wobei das in dem Fall wohl noch sein kleinstes Problem wäre.
Das bedeutet im übrigen nicht, daß man deshalb nicht mit einer Geldbuße zu rechnen hätte. Denn § 1 Abs. 2 OWiG läßt das durchaus zu. Allerdings handelt es sich dann nicht mehr um eine Ordnungswidrigkeit, sondern nur um eine sogenannte „mit einer Geldbuße bedrohte Handlung“.
Und nun das erste Merkmal der Ordnungswidrigkeit: Sie muß rechtswidrig sein. Aber die Handlung erfüllt doch den Tatbestand einer Rechtsgrundlage ! Damit wäre sie doch bereits rechtswidrig. Das ist zwar schon richtig. Aber zur Rechtswidrigkeit gehört auch, daß es keinen Rechtfertigungsgrund für die Handlung gibt, also der Handelnde nicht doch irgendwie zu Recht einwenden kann, daß er eben so handeln durfte (Notwehr, beispielsweise).
Zusammenfassend kann man den Begriff der Ordnungswidrigkeit also nicht anhand eines bestimmten Tatbestandes erklären. Vielmehr muß sie Tatbestandsmerkmale eines anderen Gesetzes erfüllen. Dieses Gesetz muß eine Geldbuße zulassen. Demjenigen, der gehandelt und mit einer Geldbuße belegt werden soll, muß die Handlung vorgeworfen werden können. Und er darf keinen Grund gehabt haben, mit dem er seine Handlung rechtfertigen kann. Dann liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die von den Verwaltungsbehörden geahndet werden kann.
Ach ja, zu Beginn des Referates erwähnte ich ja das Knöllchen für Parkverstöße. Handelt es sich dabei um die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit ? Das ist doch keine Geldbuße, das ist doch ein sogenanntes Verwarngeld ? Genau so ist es. Parkverstöße sind zwar eigentlich Ordnungswidrigkeiten, werden aber normalerweise wegen ihrer Geringfügigkeit nur mit einem Verwarngeld, und nicht mit einer Geldbuße belegt.
Häufig gestellte Fragen zum Thema "Der Begriff der Ordnungswidrigkeit"
Was ist eine Ordnungswidrigkeit laut Gesetz?
Eine Ordnungswidrigkeit ist nach § 1 Abs. 1 OWiG eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.
Worin besteht der Unterschied zwischen einer Ordnungswidrigkeit und einer Straftat?
Eine Ordnungswidrigkeit ist ein rechtswidriger und schuldhafter Rechtsverstoß, jedoch ohne kriminellen Gehalt. Sie wird mit einer Geldbuße, nicht mit Strafe geahndet. Im Gegensatz zur Strafverfolgung gilt bei Ordnungswidrigkeiten das Opportunitätsprinzip. Ordnungswidrigkeiten werden von Verwaltungsbehörden verfolgt, Straftaten von der Staatsanwaltschaft.
Was bedeutet das Opportunitätsprinzip im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten?
Das Opportunitätsprinzip bedeutet, dass es im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde steht, ob sie handelt, während im Strafrecht das Legalitätsprinzip gilt.
Was sind typische Merkmale einer Ordnungswidrigkeit?
Merkmale sind: Sie ist rechtswidrig, schuldhaft, aber ohne kriminellen Gehalt; sie wird mit Geldbuße geahndet; sie wird von Verwaltungsbehörden verfolgt; und es gilt das Opportunitätsprinzip.
Woher weiß man, ob eine Handlung einen kriminellen Gehalt hat?
Die Abgrenzung zwischen Straftatbestand und Ordnungswidrigkeit ergibt sich aus dem Gesetz. Der Gesetzgeber muss eine Handlung als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat kennzeichnen.
Was sind Beispiele für Ordnungswidrigkeiten?
Bekannte Beispiele sind Geschwindigkeitsübertretungen, Halte- und Parkverstöße, und Vorfahrtsmissachtung (gemäß Straßenverkehrsordnung).
Was bedeutet Tatbestandlichkeit im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten?
Tatbestandlichkeit bedeutet, dass die Tatbestandsmerkmale eines Gesetzes erfüllt sein müssen, das eine Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.
Welche Gesetze können Grundlage für eine Ordnungswidrigkeit sein?
Es sind Gesetze im materiellen Sinne gemeint. Das bedeutet, dass nicht nur formelle Gesetze von Bundes- oder Landesgesetzgebern, sondern auch Satzungen und Verordnungen Geldbußen androhen können.
Wann ist eine Handlung vorwerfbar im Sinne des OWiG?
Eine Handlung ist vorwerfbar, wenn der Handelnde auch für seine Handlung verantwortlich ist. Reflexbewegungen oder Äußerungen im Zustand der Bewusstlosigkeit oder unter Zwang scheiden aus.
Was bedeutet Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten?
Rechtswidrigkeit bedeutet, dass es keinen Rechtfertigungsgrund für die Handlung gibt, also der Handelnde nicht doch irgendwie zu Recht einwenden kann, dass er eben so handeln durfte (z.B. Notwehr).
Was ist der Unterschied zwischen einer Geldbuße und einem Verwarngeld?
Parkverstöße sind zwar eigentlich Ordnungswidrigkeiten, werden aber normalerweise wegen ihrer Geringfügigkeit nur mit einem Verwarngeld, und nicht mit einer Geldbuße belegt.
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- Klaus Böhm (Author), 2001, Begriff der Ordnungswidrigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104014