Welche Begebenheiten führen zur Wahl der Aufgabe des wie oft bezeichneten „einsamen Schlusslichts“ und was ist prägend an dieser Position? Diesen Fragen wird in diesem Projekt unter anderem auf den Grund gegangen, indem zunächst die theoretischen Grundlagen dargestellt werden, wie Fußball früher und heute funktioniert, sich verändert hat und mit ihm auch der Anspruch an das Torwartspiel. Anschließend liegt der Fokus auf den Besonderheiten der Torwartposition und es wird eine Abgrenzung zu den anderen Positionen vorgenommen. Mit Hilfe von Leitfaden geführten, problemorientierten Interviews mit Amateurtorhütern sollen auch in Ansätzen psychische Komponenten wie Motivationen und Gefühle sowie der Umgang mit Siegen und Niederlagen abgeleitet und analysiert werden. Weiter wird auf die physischen Eigenschaften und Fähigkeiten eingegangen, die möglicherweise einen Einfluss haben könnten. Der Amateurfußball unterscheidet sich in einigen Aspekten vom heutigen Profifußball, weshalb hier eine Abgrenzung und Relativierung der Argumente vorgenommen werden muss. Schließlich wird aufgrund der gewonnen Erkenntnisse sowie mit Bezug auf die Literatur eine eigene Theorie aufgestellt, wie die Torhüterposition im Amateurfußball besetzt wird, welche prägenden Eigenschaften sie mitbringt und ob möglicherweise hinsichtlich einiger Aspekte Handlungsbedarf besteht.
Inhalt
1. Einleitung
2 Der FuBball im Laufe der Zeit
2.1 Torwart - Der Begriff
2.2 Die Entstehung der Torwartposition
2.3 Die Entwicklung des Torwartspiels
2.3.4 Lew Jaschin
2.3.3 Toni Turek
2.3.1 Sepp Maier
2.3.2 Harald „Toni“ Schumacher
2.3.5 Oliver Kahn
2.3.6 Jens Lehmann
2.3.7 Manuel Neuer
2.3.9 Gianluigi Buffon
2.3.10 Reform im Nachwuchsfuftball - Spielen ohne Torwart
2.4 Zusammenfassung
2.5 Der Amateurfuftball
3... Die Abgrenzung zu den Feldspielern
3.1 Die Psychische Komponente
3.2 Die physische Komponente
3.3 Die soziale Komponente
3.4 Der Torwarttrainer
4... Die empirische Untersuchung
4.1 Das problemorientierte Interview
4.2 Die Methode
4.2.1 Triangulation
4.2.2 Qualitativ und quantitativ
4.2.3 Deduktiv versus induktiv
4.3 Das Material - Die Interviews
4.3.1 Auswahl und Vorgehen
4.3.2 Die Informanten
4.4 Die Analyse
4.4.1 Die qualitative Methode
4.4.2 Die quantitative Methode
4.5. Die Ergebnisse
4.5.1 Die qualitativen Ergebnisse
4.5.2 Die quantitativen Ergebnisse
5. Diskussion und Interpretation
6. Eigene Theorie 65
6.1 Beantwortung der Forschungsfrage
6.2 Moglicher Handlungsbedarf
6.3 Exkurs: Achtsamkeitstraining und Emotionsregulation
6.3.1 Praktische Anwendungsmoglichkeiten
6.3.2 Der Body- Scan
6.3.3 Atemubungen
6.3.4 Informelle Ubungen
6.3.5 Zur Emotionsregulation
7. Fazit und Ausblick
8. Literaturverzeichnis
Onlineverzeichnis
Anhang
Interview Leitfaden
Interviews 1. Zusammenfassung
Interviews 2. Zusammenfassung
Interview Fall H
Interview Fall S
Interview Fall M
Interview Fall U
1. Einleitung
Mailand, 23. Mai 2001. Austragungsstatte des Champions League Finale zwischen dem FC Bayern Munchen und dem FC Valencia. Zum Ende der regularen Spielzeit steht kein Sieger fest und auch die Nachspielzeit geht mit einem Stand von 1:1 zu Ende. Das Elfmeterschieften naht.Im Tor des FC Bayern steht Oliver Kahn auf dem Zenit seiner Karriere. Er halt zwei aufs Tor gebrachte Balle, doch das schafft sein spanisches Pendant auch. Bayerns Thomas Linke verwandelt den letzten Elfmeter. Wenn Kahn jetzt den letzten Schuss von Mauricio Pellegrino halt, gewinnt Bayern die Champions League. Pellegrino lauft an, schieftt halb hoch nach links. Kahn hechtet, wehrt den Ball ab und bringt somit den Sieg. Er wird umgeben von einem Haufen jubelnder Menschen.
Kiew, 26. Mai 2018. Champions League Finale zwischen dem englischen FC Liverpool und den Favoriten aus Real Madrid. Der Torhuter von Liverpool heiftt Loris Karius. Es sollte ein dramatischer Abend fur ihn werden. Das Spiel ist ausgeglichen und in der ersten Halbzeit fallt kein Tor. Dann, in der 51. Minute, hat Karius den Ball abgefangen und mochte ihn zu einem Mitspieler abrollen. Er ubersieht den nahen gegnerischen Sturmer Karim Benzema, der schnell seinen Fuft ausstreckt. Er trifft den Ball und dieser rollt ins leere Tor von Liverpool - eins zu null. Die Spieler aus Liverpool lassen nicht nach und kampfen weiter. Verdient schieften sie den Ausgleich kurze Zeit spater. In der 84. Minute hat Madrids Gareth Bale den Ball und schlieftt aus gut 25 Metern ab. Der Ball fliegt genau auf Karius zu, der ihn zu fangen versucht. Er trifft ihn nicht richtig und der Ball geht hinter ihm ins Tor. Dieses spate drei zu eins besiegelt die Niederlage fur Liverpool in der Champions League. Karius erntet verschiedenste Reaktionen von Mitleid bis hin zu Morddrohungen.
Gunne, 17. Mai 2015. 93. Spielminute im Revierderby zwischen meinem Heimatverein des SuS Gunne vom Mohnesee im Sauerland und dem Nachbardorf mit der Spielvereinigung (Spvg) Mohnesee. Auf heimischem Rasen stehen sich einige Bekannte und Freunde nun im gegnerischen Trikot gegenuber. Die Zuschauer sind zahlreich erschienen und bei leichtem Nieselregen steht es kurz vor dem Ende der Nachspielzeit zwei zu eins fur Gunne. Die Gegner waren in der Vorwartsbewegung und wurden kurz vor dem Sechzehner gestoppt, doch es gibt einen FreistoB. Ich, als Torwart, stell die Mauer, um das kurze Eck zu schutzen. Dann positioniere ich mich fur einen Schuss in den langen Winkel. Der Schutze nimmt MaB und zirkelt den Ball hoch an der Mauer vorbei. Ich mache einen Schritt nach links und springe ab. Mit der ubergreifenden rechten Hand lenke ich das Leder uber die Latte. Die Situation ist entscharft. Der folgende EckstoB bringt nichts mehr ein und kurz darauf pfeift der Unparteiische ab. Jubelnd kommen die Mitspieler und Trainer auf mich zu und wir liegen uns begluckwunschend in den Armen. Diesen Derbysieg habe ich festgehalten.
Niederense, 05. Juni 2011. Die Saison lief suboptimal fur uns und wir finden uns im Relegationsspiel wieder. Auf dem Spiel steht der Klassenerhalt, bei einer Niederlage droht der Abstieg in die B-Kreisliga. Der ambitionierte Aufstiegskandidat liegt kurz vor dem Ende des Spiels mit eins zu null vorn. Es kommt eine Flanke aus dem rechten Halbfeld auf mich zu. Eigentlich eine sichere Angelegenheit und durch eine Faustabwehr zu verteidigen, doch aus irgendeinem Grund treffe ich den Ball nicht richtig. Dieser fallt dem Gegner direkt vor die FuBe und er muss ihn nur noch ins Netz schieben. Dieser Patzer hat uns die Chance auf eine Verlangerung genommen und wir sind in die B-Liga abgestiegen, aus der wir es bis heute noch nicht wieder herausgeschafft haben. Die oben angefuhrten Beispiele zeigen zwei Extreme, mit denen Torhuter1 in ihren Laufbahnen oder Karrieren in mehr oder weniger starker Auspragung konfrontiert werden. Warum sollte sich jemand diesem auf und ab der Emotionen, die mit Chancen sowie Risiken einhergehen freiwillig aussetzen? Auf dem Fuftballplatz gibt es noch zehn weitere Positionen, von denen mit hoherer Wahrscheinlichkeit ein Tor erzielt werden kann, wodurch man zum Helden wird und aktiver zum Sieg beitragen kann. Welche Begebenheiten fuhren zur Wahl der Aufgabe des wie oft bezeichneten „einsamen Schlusslichts“ und was ist pragend an dieser Position? Diesen Fragen wird in diesem Projekt unter anderem auf den Grund gegangen, indem zunachst die theoretischen Grundlagen dargestellt werden, wie Fuftball fruher und heute funktioniert, sich verandert hat und mit ihm auch der Anspruch an das Torwartspiel. Anschlieftend liegt der Fokus auf den Besonderheiten der Torwartposition und es wird eine Abgrenzung zu den anderen Positionen vorgenommen. Mit Hilfe von Leitfaden gefuhrten, problemorientierten Interviews mit Amateurtorhutern sollen auch in Ansatzen psychische Komponenten wie Motivationen und Gefuhle sowie der Umgang mit Siegen und Niederlagen abgeleitet und analysiert werden. Weiter wird auf die physischen Eigenschaften und Fahigkeiten eingegangen, die moglicherweise einen Einfluss haben konnten. Der Amateurfuftball unterscheidet sich in einigen Aspekten vom heutigen Profifuftball, weshalb hier eine Abgrenzung und Relativierung der Argumente vorgenommen werden muss. Schlieftlich wird aufgrund der gewonnen Erkenntnisse sowie mit Bezug auf die Literatur eine eigene Theorie aufgestellt, wie die Torhuterposition im Amateurfuftball besetzt wird, welche pragenden Eigenschaften sie mitbringt und ob moglicherweise hinsichtlich einiger Aspekte Handlungsbedarf besteht.
2. Der Fuftball im Laufe der Zeit
Seit seinen Anfangen hier in Deutschland, nachdem es in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts aus England importiert wurde und sich vom Rugby Fuftball abgegrenzt hat, hat das Fuftballspiel eine steile Entwicklung erfahren. Wurden Spiele fruher in England ohne Feldbegrenzung, zwischen Dorfgrenzen, ohne Positionszuteilung, Feldmarkierungen und konkrete Regeln ausgetragen, werden heute Feldspieler und Torhuter auf internationalen Transfermarkten fur Betrage in Millionenhohe gehandelt und Regelverstofte (sowohl von Spielern als auch Fans und Trainern) sofort auf dem Feld oder nachtraglich entweder von ausgebildeten SchiedsrichterInnen oder nationalen und internationalen Verbanden wie der Federation Internationale de Football Association (FIFA) oder UEFA (Union of European Football Associations) und in Deutschland dem Deutschen Fuftballbund (DFB) sanktioniert.
2.1 Torwart - Der Begriff
Zunachst soll eine Begriffsklarung vorgenommen werden, bevor anschlieftend die Entwicklung und die Aufgaben eines Torwarts dargestellt werden. Wie eingangs erwahnt gibt es eine Vielzahl von Beschreibungen, die dieser Position oder den Spielern auf dieser Position einen Namen geben. Als die gebrauchlichsten konnen folgende Begriffe angefuhrt werden: Torwart, Torhuter, Keeper und Schlussmann. Weitere Moglichkeiten diese Person zu beschreiben sind Tormann, Goalie, fruher auch Torwache. Die uberwiegend mannlichen Ausdrucksweisen sind auf die historische Entwicklung und damit Uberreprasentation von Mannern auf dieser Position zuruckzufuhren. Der Begriff Torwart setzt sich als ein Kompositum aus den Beiden Wortern „Tor“ und „Wart“ zusammen. Ein Tor ist demnach laut Duden ein „durch zwei Pfosten und eine sie verbindende Querlatte markiertes Ziel, in das der Ball zu spielen ist.“2 Ein Wart ist „jemand, der fur etwas Bestimmtes verantwortlich ist, der die Aufsicht uber etwas Bestimmtes fuhrt“3. Einem Torwart wurde also die Verantwortung uber das Ziel der Spiels ubertragen und er ist damit der „Spieler, der im Tor steht, um den Ball, Puck, o.A. abzuwehren.“4 Damit wird zusatzlich die Aussage getroffen, dass ein Torwart nicht ein allein ein Phanomen des Fuftballspiels ist. Auch in anderen Mannschaftssportarten hat sich diese Position herauskristallisiert. Einen Puck spielt man im Eishockey und auch im Handball, Feldhockey, Lacrosse und Wasserball ist es Ziel das Runde ins Eckige zu befordern, wobei eine letzte Person mit Sonderrechten uberwunden werden muss. Auf einen direkten Vergleich der Sportarten wird hier zugunsten einer Fokussierung dieser Arbeit auf den Fuftball jedoch verzichtet. Dennoch ware eine Untersuchung hinsichtlich dieser Thematik im Sportartenvergleich durchaus ein interessantes Unterfangen.
2.2 Die Entstehung der Torwartposition
Das Fuftballspielen fand schon lange statt, bevor sich die feste Position des Torwarts herauskristallisierte. Dem Spiel lagen damals noch so gut wie keine Regeln zugrunde und es war gepragt von hochstem physischen Kontakt, Korpereinsatz und Aggressivitat. Als das Spiel aufgrund dieser zunehmenden Gewalt, Unfairness und Popularitat aus den Stadten verbannt wurde und fortan auf Flachen auf dem Lande stattfand, wurden kunstliche goals (engl.= Tore) aufgestellt. Diese bestanden zumeist aus einfachen Stangen im Boden, deren Durchschreiten durch das Spielgerat einen Treffer markierte.5 War zuvor die gesamte Mannschaft fur die Verteidigung des Tores und das Erzielen von Toren verantwortlich, beziehungsweise diejenigen SpielerInnen, die sich gerade in der Nahe befanden, etablierte sich nach und nach die Situation, auch aufgrund der immer kleiner werdenden Tore, dass diejenige Person das Tor schutzte, die dieser „gefahrlichen, aber wichtigen Aufgabe mit der groftten Einsatzbereitschaft und dem groftten Mut nachkam.“6 Auch das Regelgrundwerk von 1863 erlautert noch keinen ausdrucklichen Funktionsbereich von Torhutern. Erst durch zusatzliche Regeleinfuhrungen 1870 und 1871 wurden dem Spiel die Hauptzuge seiner heutigen Form verliehen, indem es zunachst allen Spielern untersagt wurde, den Ball mit den Handen zu beruhren, was bis dato noch der Fall gewesen war. Schlieftlich erhielt der designierte Torhuter das alleinige Recht, den Ball kurzzeitig zur Abwehr in die Hande zu nehmen. Seitdem wurden die Regeln des Fuftballs inklusive Abmessungen fur das Spielfeld und dessen Begrenzungen, die Tore und Balle sowie das Personal immer weiter verfeinert und konkretisiert bis hin zu Neueinfuhrungen von Technologien wie der Torlinientechnik und dem Videobeweis, die auch ruckwirkend visuellen Aufschluss uber Vergehen und Regelverstofte aber auch Tore ermoglichen. Teilweise werden Regeleinfuhrungen auch wieder ruckgangig gemacht, wie erst vor kurzem die beider Frauen WM in Frankreich eingefuhrten Elfmeterregel, wonach die Torhuterin mindestens mit einem Fuft auf der Linie stehen muss. Verstofte wurden konsequent mit gelben Karten geahndet. Diese Vergabe von gelben Karten soll in der KO-Phase ausgesetzt werden, um Keeperinnen nicht fruhzeitig vom Platz zu stellen. Bald soll diese Regel auch in der Bundesliga angewendet werden.7
Das Torwartspiel galt seit jeher als gefahrliche Aufgabe und nicht jeder war dieser Verantwortung gewachsen. Aufgrund mangelnder Regeln fur den Torabschluss kam es immer wieder zu Verletzungen der Spieler und insbesondere der Schlussmanner, welche den Tritten und Versuchen der Sturmer, so kurz vor dem Tor doch noch an den Ball zu gelangen, schutzlos ausgeliefert waren. „Die kleinen Jungen, die Dummkopfe und Angsthasen waren Torhuter, zwolf oder funfzehn an jedem Ende. [.] (Sie) hatten nichts zu lachen, arme kleine Kerle! [.] Wahrend des Laufens brachte der Feind sie zu Fall, stach sie aus, und rammte sie mit der Schulter, brachte sie zu Boden, setzte sich auf sie - in der Tat unternahm man fast alles bis zum Mord, um den Ball zu erhalten.“8 Blaue Flecken, Prellungen, Verstauchungen und sogar Knochenbruche waren hier keine Seltenheit.9 Daher hat man mit der Weiterentwicklung des Regelwerks zum Schutz dieser mutigen Personen Sonderrechte eingefuhrt und alte Regeln teilweise aufgehoben, was zu einer weiteren Abspaltung der Torwartposition gegenuber der Feldspieler fuhrte. So durfte der Ball zunachst in der gesamten eigenen Spielfeldhalfte von den Tormannern in die Hand genommen werden. Dieser Raum wurde dann auf einen Bereich bis 5,5 Meter vor dem Tor begrenzt. Das rucksichtslose Treten der Angreifer lies eine sichere Handhabung des Balls jedoch kaum zu. Somit wurde der Raum schlieftlich auf 16,5 Meter erweitert und der Torhuter durfte, sobald er den Ball kontrollierte, nicht mehr von gegnerischen Spielern angegangen werden. Aufterdem gilt laut FIFA die Regel, dass eine unfaire Bedrangung bei Ecken und Freistoften nicht gestattet ist. Da der Torhuter nur sechs Sekunden Zeit hat, den Ball wieder ins Spiel zu bringen, darf er auch daran nicht gehindert werden.10 Durch diese Erweiterung der Regeln und Rechte fur den Torwart ergab sich die Entstehung eines Sinns fur spezielle technische und taktische Moglichkeiten und Notwendigkeiten, die zu einem erfolgreichen Spiel und zur Integration des Torhuters in den Spielverlauf, besonders aber den Spielaufbau, fuhrten. Mittlerweile ist es unublich, dass der Torwart auf seiner Linie verharrt: Bruggemann & Cramer nannten bereits 1986 beispielsweise folgende Aufgaben des heutigen Torwarts: „Sich in Besitz, des Balles bringen, damit seine Mannschaft wieder Tore erzielen kann, den erfolgreichen Torschuss des Gegners verhindern, wenn der Ballgewinn nicht mehr moglich ist oder zu risikoreich erscheint, den Angriff seiner Mannschaft einleiten, sobald er den Ball erkampft hat, und beim Spielaufbau mithelfen, das Spiel seiner Vorderleute ordnen und lenken (dirigieren)“11.
2.3 Die Entwicklung des Torwartspiels
In dem vorangegangenen Abschnitt erfolgte ein kurzer Abriss uber die Entstehung der und zum Ende wurden schon einige Aufgaben und Moglichkeiten des Spielens angesprochen. Seit diesen Anfangen hat sich viel getan und geandert in der Art und Weise, wie der Torwart am Spielgeschehen teilnimmt und in welchem Umfang er dieses mitgestaltet und anleitet. Um die Entwicklung des Torwartspiels zu verdeutlichen, wird an dieser Stelle ein Blick auf einige beruhmte Torhuter unserer Zeit geworfen und insbesondere darauf, auf welche Weise sie das Spiel und die Einbindung des Torwarts in das Mannschaftsgefuge beeinflusst haben.
2.3.4 Lew Jaschin
„Theoretisch bestand die Moglichkeit, ihn, wenn er dreiftig Meter oder mehr vor seinem Kasten stehen sollte, durch einen hohen Flugball zu uberwinden.“12 Diese Feststellung von ehemaligen Kapitan der deutschen Nationalmannschaft Fritz Walter zeigt eines der groften Risiken auf, welche die Torhuter auf sich nehmen, wenn sie ihren Aktionsradius wahrend des Spiels ausweiten. Jaschin war ein sowjetischer Torwart, der es als Erster Torwart seines Landes zu groftem internationalen Ruhm brachte. Die Jugend des 1929 geborenen Moskauer war wie die von Toni Turek durch „die harten Bedingungen des Krieges bestimmt.“13 Uber das Fuftballteam der Luftwaffe landete er schlieftlich bei Dynamo Moskau und trainierte hart in allen Bereichen. Beigetragen zu seiner Beruhmtheit und seinem Erfolg hat neben seinem eisernen Willen seine damals revolutionare und neue Auffassung des Torwartspiels. Langst sah er seine Aufgabe nicht mehr nur auf der Linie und beim Reagieren auf Attacken der Gegner. Die „Panterkatze", der „Drittverteidiger", liebte das Herauslaufen.14 Der 1.89 Meter grofte Osteuropaer war dabei eigentlich bis zur WM 1966 nicht fur seine Hechtsprunge und Flugeinlagen bekannt. Er musste sein Spiel dahingehend anpassen und wurde als „entsklavter Torwart" beschrieben, „der aus dem engen Tor in den breiten Strafraum heraustrat."15 Jaschin war nicht unbedingt der Erste, der den Weg aus dem Tor herausgewagt hat, doch es gilt dabei auch die Mitspieler und Trainer zu uberzeugen. Viele, die auf Widerstand gestoften sind, haben die Versuche alsbald eingestellt. Nicht so Lew Jaschin. Er war ubereifrig und so hartnackig, dass er unbekummert das offensive Spiel durchsetzte und schlieftlich seine Vordermanner uberzeugen konnte. Denn die Verteidiger mussen sich auf das schnelle Umschaltspiel einstellen und mitmachen. Jaschin war „oft sogar der Initiator uberraschender, wirkungsvoller Gegenzuge. [Er] brachte alle Voraussetzungen fur dieses Spiel mit: die Statur, Schnelligkeit, Entschlossenheit, und Kaltblutigkeit, den Blick dafur, was mit dem Ball in der nachsten Zehntelsekunde zu geschehen habe, und schlieftlich die Fahigkeit, auf jede plotzliche Anderung der Situation blitzschnell zu reagieren. Und noch etwas Wichtiges: Er beherrschte den Ball mit beiden FuBen."16
Jaschin hatte die Fahigkeit, das Spiel zu lesen und nannte es das „Spiel ohne Ball" und „je besser ein Torwart das Spiel ohne Ball beherrscht, desto mehr kann er das Geschehen zugunsten seiner Mannschaft beeinflussen." Er wurde der Anpassungsfahige genannt, Libero, taktisch versierter Keeper, vierter Mann in der Verteidigung. In den 60er Jahren und zu der WM 1966 hatte Jaschin die diskutierten Ausfluge jedoch recht plotzlich eingestellt. Als Grund nennt er das veranderte Spielschema im Weltfuftball. Damals hatte sich eine zahlenmaftig starke Abwehr plus ein Ausputzer als Verteidigungsmuster etabliert, die sehr tief agierten, was den Torhuter auf einen Aktionsbereich zwischen dem Tor und Sechzehner beschrankte. Von da an entfiel unfreiwillig die Praxis des progressiven Herauslaufens. Seine Fahigkeit zur Anpassung und Antizipation verhalf ihm jedoch auch dieses Spiel mit Bravour zu meistern und durch starke Reflexe und grandioses Stellungsspiel eine uberragende WM abzuliefern. Auf Effekthascherei und atemberaubende Paraden wurde verzichtet und das Stellungsspiel favorisiert.17
Im Vergleich zu Manuel Neuer, der im weiteren Verlauf charakterisiert wird, war Jaschin ein fast ebenso kompletter Spieler, der jedoch nicht mit der erst spater eingefuhrten Ruckpassregel aufwuchs. Zwar gehorte er zu den wenigen, die den Ball mit beiden Fuften beherrschten, doch seine Angriffe wurden zumeist mit langen Abwurfen eingeleitet. Torhuter der Generation Neuer werden daher grundsatzlich auch technisch hochwertig geschult und konnen nicht nur als Abraumer langer Passe, sondern auch als Anspielstation fur Mitspieler dienen, was sie vielseitiger macht. Seine menschliche Art und positive Ausstrahlung machten ihn Jaschin einem international und vor allem auch in Deutschland gern gesehenen Gast.18
2.3.3 Toni Turek
„Toni, du bist ein Teufelskerl! Turek, du bist ein Fuftballgott“. Mit diesen Worten adelte der Radioreporter den deutschen Nationaltorwart nach dem Endspiel der Weltmeisterschaft am 4. Juli 1954 im Berner Stadion Wankendorf. Deutschland gewann mit 3:2 gegen die ungarische „Wunderelf“ und holte uberraschend den ersten Titel nach dem verlorenen Krieg. Maftgeblichen Anteil daran hatte der Spieler des Oberligisten Fortuna Dusseldorf durch seine wiederholten wichtigen Paraden gegen die ungarischen Angreifer.19
Am 18. Januar 1919 kam der zukunftige Torwart in Duisburg zur Welt und wuchs dort in bescheidenen Verhaltnissen einer Zuwandererfamilie auf. Auf den Straften der entstehenden Sportstadt Duisburg wurden die freien Nachmittage beim Bolzen in den Parks und auf den Straften verbracht. „Die alteren Bruder und die Nachbarjungs schickten ihn ins Tor. Tonis Leidenschaft fur das runde Leder war entfacht.“20 Werteorientiert katholisch erzogen durfte Turek bereits mit acht Jahren zum Duisburger Sportclub 1900 gehen und erlernte dort das Torhuterhandwerk. Mit einfachen StraBenschuhen - richtige FuBballstiefel kosteten damals ein Vermogen - trainierte er in der Schulermannschaft und bewies „auftergewohnliche Begabung auf der Position des Torwarts.“21 Obwohl er sich in allen Bereichen des Vereins betatigte, der auch Turnen und Leichtathletik anbot, blieb er dem FuBball treu. Neben sporadischen Einsatzen als Sturmer, bekleidete er zumeist die Torwartposition. Im Training wurde jeden Tag das Torwartspiel geubt. Dabei wurde groBer Wert auf die Antizipation der Flugkurve des Balls gelegt: „Ich musste den Ball stets im Laufen erreichen. Also so wenig wie moglich durch die Luft fliegen. Den Ball mit kurzen Reaktionen formlich erahnen, wohin er fliegt.“22 Dennoch beherrschte er auch das Springen. „An Turek scheiterte alles. [.] Er warf sich, flog links und rechts“ und zeichnete sich durch seine „fabelhafte Fangkunst aus“.23
Mit 14 Jahren schloss sich an die Beendigung der Volkschule der Besuch einer Gewerbeschule an, sowie eine Lehre zum Backergesellen. Nach deren Ende 1937 hat er nur kurze Zeit gearbeitet und wurde dann von der Wehrmacht eingezogen, da sich zu dem Zeitpunkt der Zweite Weltkrieg entfacht hatte. Von da an gehorte er einer Reihe von Kompanien und spielte nebenbei bei diversen Militarmannschaften weiter FuBball bis zum Kriegsende, das fur ihn in Kriegsgefangenschaft mundete.
Die Jahre des Krieges „hatten sich in seine Seele eingegraben, ihn aber allem Anschein nach nicht traumatisiert. Die Grenzerfahrungen von Tod und Elend hatten ihn offenbar gestahlt: ihn im Stillen reifen und seine Gelassenheit wachsen lassen.“24 Zu den Nazis wurde er vor dem Gesetz und von seinem Umfeld nie gezahlt, gehorte er nie einer solchen Partei oder Institution an. Der Sport war immer oberste Prioritat und politisches Engagement unwichtig.
Nach dem Krieg und der Entlassung aus der Gefangenschaft ging es fur Turek direkt wieder auf den FuBballplatz in Duisburg. Er arbeitete sich durch konstant herausragende Leistungen nach oben und wurde in die Niederrhein-Auswahl berufen. „Frappierend war [.] seine stoische Ruhe, die sein unverkennbares Markenzeichen werden sollte."25 Zeitzeugen erinnern sich an ihn als „angenehmen Menschen" und er war ein „ruhiger, uberhaupt nicht ausgeflippter Typ", auf den „man sich verlassen konnte".26 Seine augenscheinliche Leichtigkeit und Ruhe machten zuweilen den Eindruck, er nahme die Dinge auf die leichte Schulter, was sicherlich nicht so gewesen sein mag, sondern nur uber seinen gesunden Ehrgeiz hinwegtauschte. Diese Ruhe war aber nicht immer von Vorteil. Trotz toller Leistungen im Allgemeinen, gab es immer auch den ein oder anderen Fehler, der dann in einem Gegentor endete. Die Zeitungen lobten ihn und das Sport-Magazin nannte ihn einen „Stellungskunstler" mit einem sonnigen Lacheln und einem verbluffenden Reaktionsvermogen. Dennoch sei er „zu ruhig und musse temperamentvoller werden." Vor allem das „(horbare) Dirigieren seiner Vorderleute" habe er noch zu erlernen.27 Damit fehlte ihm eine wichtige Eigenschaft von Torhutern des modernen Fuftballspiels, wie im Folgenden noch aufgezeigt wird. Seine Spielweise war generell von eher reaktiven Elementen und linienbezogenen Aktionen gepragt. „Wie in zahlreichen Spielberichten augenfallig geworden, fuhlte sich der athletische Turek vor allem auf der Linie wohl." Der kicker attribuiert ihm eine „Schwerfalligkeit im Herausgehen und [im] Sich-von-der-Linie-losen."28 Er zog es vor, die Gegner so lange wie moglich mit seiner Ruhe zu irritieren und unberechenbar zu bleiben. Den Strafraum beherrschte er hingegen nicht so souveran. Patzer waren bei ihm ebenfalls nicht unublich, da er sich auf sein Augenmaft verlieft und hoffte, die Balle wurden daneben gehen, was nicht immer positiv endete. Turek selber spricht von einer Verantwortung, die „wie ein Gebirge auf ihm gelastet hatte." Auch er hat die Sonderstellung des Torwarts erkannt: 'Dieser musse immer aufpassen und ist immer der Sundenbock. Dennoch habe er nie mit jemandem Tauschen wollen und nahm alle hin'.29 Nach immer weiterem Aufstieg lockten beizeiten auch Angebote aus Sudamerika und Frankreich mit stattlichen Gagen, denen Turek, der sehr heimatverbunden war, widerstand. Der 1.81 Meter grofte, bescheidene Schlussmann erlag nach langer Krankheit seinen Leiden und wurde posthum vielfach geehrt.
2.3.1 Sepp Maier
„Der Linksauften und der Torwart, das sind immer die Verruckten in einer Fuftballmannschaft.“30 Der erste Satz in Maiers Buch stellt direkt den Geisteszustand eines Torwarts infrage.
Sepp Maier, 1944 in Metten geboren, wuchs im bayrischen Haar auf, im Einzugsbereich von Munchen an der Bahnlinie nach Rosenheim. Schon fruh sorgte eine peinliche Theaterauffuhrung dafur, dass er sich selbst schwor, immer an sich zu arbeiten, was einen Grundzug seines Charakters pragte: Was er anpackte, musste er auch zu Ende bringen - und es moglichst besser machen als die Konkurrenz. Fur den Sport spater bedeutete das fur ihn eiserner Fleift ohne Aufgeben.31 Mit dem Fuftball begann der ehemalige Nationaltorwart im Alter von funf Jahren. Schon damals war er ein „gelenkiger Kerl, ging in den Turnverein und machte da gleich Furore“32 Bis zum Kreisjugendmeister brachte er es. Maier hatte zu Anfang nicht die geringste Intention, die Torwartposition zu bekleiden: „Mein ehrgeiziges Ziel auf dem Fuftballplatz hieft: Sepp Maier, der beruhmte Mittelsturmer. Tore wollte ich machen, nie im Leben welche verhuten. [...] Umjubelt wird der, der die Tore schieftt. [...] [I]ns Tor ging ich immer nur dann, wenn der etatmaftige Torwart keine Lust hatte, wenn das Spiel zu scheitern drohte, oder - wenn es richtig dreckig war.“33 Er mochte es, wenn es so richtig dreckig wurde und er sich in den Matsch werfen und damit die Kleidung, die er von seinem alteren Bruder immer bekam, ruinieren konnte. Zweitrangig sein, das konnte er noch nie leiden. Er ist sich sicher, dass sein kindlicher Trotzkopf ein Meilenstein zum spateren Weltmeister war. Dazu kommt eine Verbissenheit, die ihm vieles bescherte, wonach er sich gesehnt hat. „Wenn ich irgendetwas will, kann ich sehr hartnackig sein. Hartnackigkeit ist das Geheiminis des Erfolgs.“34 Mit acht Jahren bekam er eine Sondergenehmigung fur die Schulermannschaft, die eigentlich erst Spieler ab zehn Jahren aufnahm. Auch dort war es die Ausnahme, dass er sich ins Tor stellte. „Im Tor habe ich nur ab und an ausgeholfen. Wenn sie mir dann ein paar Tore reingehauen haben, wollte ich nicht mehr."35 Es benotigte eine gebrochene Hand des Stammtorwarts des TSV Haar bei einem Spiel gegen den FC Bayern, damit Maier mit funfzehn Jahren erstmals zu einem ernsteren Anlass zwischen die Pfosten ging. Er bewahrte seinen Dorfclub vor dem totalen Untergang und wurde vom FC gefragt, ob er nicht wechseln wollte. Nach langer Bedenkzeit und einer offiziellen Einladung lieft er sich uberzeugen und fuhrte von da an ein kraftezehrendes Doppelleben zwischen Ausbildung zum Schlosser und Fuftballtraining.
Auf dem Platz oder eher gesagt im Tor kamen ihm hinsichtlich seiner Qualitaten sicherlich die angesprochene Gelenkigkeit durch das Turnen zugute. Seine Merkmale waren Hechtsprunge aus unmoglichen Positionen und er hielt Balle, die das ganze Stadion schon mit absoluter Sicherheit im Netz gesehen hatte. „Er hat die Geschmeidigkeit des Turners mit ins Tor gebracht. In der unverwechselbaren Art, wie er sich katzenhaft in Schusse warf und krakenartig Flanken vom Himmel saugte, wurde er Welt- und Europameister, gewann je vier Europapokale, Meisterschaften und DFB-Pokale mit den Bayern."36 Seine akrobatischen, showreichen Einlagen machten ihn zu einem scheinbar unuberwindbaren Hindernis und Angstgegner fur alle Mannschaften. Besonders gepragt hat er das Torwartspiel durch seine Mentalitat und seinen Arbeitseinsatz. Vor allem aber seine Kreativitat hinsichtlich des Torwarttrainings hatte groften Einfluss auch auf spatere Zoglinge wie Oliver Kahn, dessen Beitrag zu dem Sport weiter unten angesprochen wird. Die heutigen Torwarte haben es aufterdem zu einem Groftteil Sepp Maier zu verdanken, dass Sie die Balle festhalten konnen und nicht uber schmerzende Hande klagen mussen. Da es in der Nachkriegszeit noch keine richtigen Torwarthandschuhe gab, machte er sich daran mit verschiedenen Materialien zu experimentieren und entwickelte erste Weichschaumhandschuhe, die er selber klebte und nahte. Daraus entstanden spater in Zusammenarbeit mit dem Sportartikelhersteller Reusch die Torwarthandschuhe, die heute fur so viele Amateure wie Profis unverzichtbar sind.37
2.3.2 Harald „Toni“ Schumacher
Harald Anton „Toni“ Schumacher ist 1954 in Duren geboren und wuchs dort in armlichen Verhaltnissen ohne Privilegien, jedoch mit einem neidlosen sportlichen Charakter auf. Mit acht Jahren begann er vor Ort beim Schwarz-WeiB Duren mit dem FuBballspielen. Auch er startete zunachst als Sturmer im Feld und wechselte erst im Alter von zwolf Jahren auf die Torwartposition. Diese Entscheidung fallten damals seine Mutter und der Trainer, die sich um seine Gesundheit sorgten, da er auf dem Spielfeld immer alles gab und sich oft verausgabte. So wurde er Torwart, doch seine vom Trainer zugeschriebene „Kampfernatur“ legte er damit nicht ab.38 Als A-Jugendspieler hatte er neben dem FuBball eine Lehre zum Kupferschmied begonnen. Um diese zu beenden, widerstand er zunachst Abwerbeversuchen von Vereinen, die seine Qualitat erkannten, bis er einen Profivertrag mit dem 1. FC Koln abschloss. Damals war er achtzehn Jahre alt. Eiserne Disziplin, strenge Trainer und eine bissige Mentalitat, seine Ziele zu erreichen, sorgten fur einen schnellen Aufstieg in den Amateurligen. Dem Profisport Fuftball versetzte er mit seinem Buch „Anpfiff - Enthullungen uber den deutschen Fuftball“ einen derben Seitenhieb, in dem er viele Praktiken und Personen kritisierte und besonders als Erster uber Doping im deutschen FuBball berichtete. Diese Darlegung von negativen Aspekten des FuBballgeschafts kostete ihn seine Karriere, sowohl beim 1. FC Koln als auch bei der Nationalmannschaft. Bis heute steht er jedoch zu seinen Worten, die seiner Ansicht nach nichts als die Wahrheit darstellen und er wurde es genauso wieder schreiben, was fur eine ausgepragte personliche Integritat spricht.39
Auch Schumacher hat neben seinen Fahigkeiten auf der Linie immer den Weg seinem Gegner entgegen gesucht. In der GroBe seines Kinderzimmers, „eigentlich eine groftere Schublade“, findet er die Begrundung fur seine Platzangst, die er dafur verantwortlich macht, dass er sich nicht immer nur in seinem Tor aufgehalten hat, sondern fur die Abwehr von Angriffen auch herausgelaufen ist: „Auf dem Spielfeld kann ich nicht in meinem Torkafig bleiben. Ich suche die Weite, sooft es eben geht.“40 Damit hat auch er einen wichtigen Beitrag geleistet um das moderne, mitmachende und offensive Torwartspiel zu pragen, fungierte er doch als Vorbild fur spatere Welttorhuter, die in seine Fuftstapfen treten sollten.
2.3.5 Oliver Kahn
„Eigentlich bin ich ein ausgeglichener und frohlicher Mensch. Es muss wohl mit meinem Beruf zusammenhangen, dass ich nach auften hin oftmals sehr ernsthaft und verbissen wirke. Mein Job als Fuftballprofi, und speziell als Torwart, fordert nun mal Entschlossenheit und Besessenheit.“41 Die ersten Zeilen aus der Autobiographie vom 1969 in Karlsruhe geborenen Oliver Kahn geben schon ein wenig Aufschluss auf seine Mentalitat, die seiner Meinung nach einen groften Beitrag dazu geleistet haben, dass er geschafft hat, was er wollte und an der Spitze der sportlichen Moglichkeiten angekommen ist. In den weiteren Kapiteln seines Buches spiegeln sich die Mentalitat und der Charakter wider. Im Anhang des Werkes werden Angaben zur Person gemacht. Neben Daten wie Geburtstag, Geburtsort und Interessen stehen unter dem Punkt Eigenschaften drei Worte, mit denen er sich beschreibt: ungeduldig, diszipliniert, ehrgeizig. In den Kapiteln davor werden diese Merkmale erlautert und ihre Auswirkung auf die Karriere dargestellt. Diese sind passenderweise schon mit weiteren Eigenschaften betitelt, die Torhuter mitbringen sollten oder mit denen sie umgehen mussen, wenn sie wie er hoch hinaus mochten. Die Abschnitte haben Namen wie „Geschwindigkeit, Willenskraft, Kreativitat, Gefuhle, Druck, Aggressionen, Ziele, Motivation, Einsamkeit, Heldentum, und Identifikation.“ Damit sind ebenfalls schon einige Charakteristika dieser Position beschrieben.
Kahn war schon als Kind begeistert vom Fuftball als Sportart. Er wurde von seinem Vater, der als Trainer einiger Dorfclubs tatig war, schon fruh auf den Platz mitgenommen und hat schon mit funf Jahren beim Karlsruher SC selber angefangen zu spielen. Seinen Aussagen nach war er schon immer an Machtspielen interessiert, mochte es, sich durchzusetzen und Autoritat infrage zu stellen.42 „Jeder Torhuter hat ein schizophrenes Verhaltnis mit dem Ball."43 Damit meint er eine Hass-Liebe, die sich auf die Momente bezieht, in denen er das Spielgerat halten konnte, oder es ihm durch die Finger geglitten ist. Man kann also von einem innigen Verhaltnis von Kahn zu dem Ball ausgehen, den er teilweise eben nur sehr selten in die Finger bekommen hat. Dafur war dann seine Ungeduld, die er oft an den Tag gelegt hat, nicht von Vorteil. Er beschreibt diese Problematik generell fur Torhuter. Teilweise kommt der Ball eine Stunde lang nicht gefahrlich in deine Nahe, doch wenn in der Schlussminute der Gegner da ist, muss es auch der Torwart sein, hochkonzentriert, aufmerksam und im Moment. Das ist nicht immer einfach, wenn der Ball weit weg ist, „da bleibt viel Zeit zum Nachdenken. Zu Beginn des Spiels mogen es noch positive Gedanken sein, aber im weiteren Verlauf konnen sich auch negative Vorstellungen im Kopf breit machen. [Er] muss voll im Spiel sein, ohne jedoch aktiv mitspielen zu konnen. Das erfordert hochste Konzentration und das Ausblenden hemmender Gedanken, [.]"44 Die mentale Starke scheint eine wichtige Eigenschaft fur einen Torwart zu sein, damit Fehler nicht passieren und wenn einer geschehen ist oder ein Tor fallt, diese Gedanken das weitere Spiel nicht beeinflussen: „Ein groBer Torhuter zeichnet sich dadurch aus, dass er nach einem Fehler weiterspielt, als ware nichts geschehen.
Warum Kahn letztendlich Torwart wurde, kann er selber nicht schlussig beantworten, doch er glaubt, dass es viel damit zu tun hatte, dass er zum Einstieg in Karlsruhe eine komplette Torwartausrustung von Sepp Maier geschenkt bekommen hatte. Von da an gab es nur noch das Tor und den Ball, obwohl seine Freunde ihn fragten, was er da mache, denn ins Tor gingen doch nur die, die kein Fuftball spielen konnten. Und darin war er gar nicht schlecht.
Zum Thema Geschwindigkeit nennt er die Tatsache, dass die Balle heute im Vergleich zu fruher bis zu 30 Prozent schneller werden, was durch neue Technologien und Materialien bedingt ist. Generell sind auftere Umstande, wie widrige Witterungsbedingungen nicht zu unterschatzen, doch werden als Begrundung von den meisten, die noch nie im Tor gestanden haben, als „billige Ausreden“45 aufgefasst. Was Kahn geholfen hat, solche Kommentare zu vernachlassigen, war seine Willenskraft und Disziplin: „Mein Wille ist so stark, dass er mich unermudlich antreibt. [.] Neben meinem Willen beruhen meine Leistungen zu einem hohen MaBe auf Disziplin. Nur dadurch bin ich die Nummer eins geworden. Mein unerschopflicher Wille treibt mich an, mich zu disziplinieren und mein Spiel zu perfektionieren.“46 Diese Eigenschaft machte ihn zu einem Perfektionisten, der immer besser werden wollte als er gerade war, nie war er zufrieden. Was das Spiel auf der Torwartposition angeht, war Oliver Kahn nicht derjenige, der einen GroBteil des Spiels auBerhalb des 16 Meterraums verbrachte, denn „wenn ich den Bereich des Strafraums verlassen habe, ist es mir ja nicht mehr erlaubt, das einzusetzen, was mich hauptsachlich ausmacht: meine Hande.“47 Er war bekannt fur seine temperamentvollen Ausbruche und seine starken Leistungen auf der Linie. Die Idee des mitspielenden Torwarts haben jedoch andere Torwarte auffalliger verkorpert.
2.3.6 Jens Lehmann
„Mit 14 [.] spielst du bei Schwarz-WeiB Essen. Mit 18 wirst du dort zweiter Torwart in der Amateurmannschaft, mir 21 bist du die Nummer eins, und mit 23, 24 Jahren schaffst du es in die Bundesliga.“48 So sah der Masterplan des jungen, aus Essen-Heisingen stammenden Torwarts mit 13 Jahren aus. Zu dem Zeitpunkt hatte er sich gerade erst fur die Position des Torwarts entschieden. Denn wie viele andere Keeper, ging es beim freizeitlichen Kicken auf dem Bolzplatz und im Garten zunachst hauptsachlich ums Tore schieBen. Auch das konnte der spatere Dortmund-Spieler recht ordentlich. Nachdem er in einem Probespiel von seinen Gegnern im Feld so hart angegangen wurde, dass er Angst bekam, suchte er sich spater eine sicherere Position, die zudem sein Talent des guten Fangens und Schnell-werfen-konnens erforderte. Dass er Profifuftballer werden wollte, hatte er da schon im Sinn, doch die Position war noch nicht geklart. Ein weiterer Grund war das Umfeld, in dem er aufwuchs. Als Kind und Jugendlicher war er als Sohn in einer mittelstandischen Familie umgeben von Millionarskindern, die finanziell und materiell immer besser dastanden als er. Diese Situation wollte er gerne andern und groft hinauskommen. Seine Eltern schlugen eine Lehre zum Kaufmann vor und hielten ihn fur weltfremd, als er seinen Plan darlegte. Damit hatte er gerechnet, denn Fuftballprofis waren damals nicht sonderlich gut angesehen. Doch seine Verbissenheit und Aggressivitat gaben ihm den Mut es ihnen zu sagen. Diese Mentalitat hat er nach eigenen Aussagen immer noch nicht abgelegt. Dazu gekommen sind jedoch weitere Tugenden, die er durch den Fuftball gelernt hat. Werten wie Respekt und Toleranz schreibt er im Fuftball eine hohe Bedeutung und Wirkung zu, die integrative Funktionen besitzen und zum Leitfaden des DFB gehoren.49 Er attribuiert sich eine unglaubliche Disziplin, ob abends in der Kneipe mit einer Cola oder auf dem Fuftballplatzt mit dem Ball. Hinzu kommt ein „Urvertrauen“, das, von seinen Eltern ausgehend, immer fur optimistische Gedanken auch in Krisenzeiten sorgte.
Seine Spielweise betreffend kann von einem Vorlaufer der Spielweise von Manuel Neuer gesprochen werden. Auch Lehmann kommen seine fruhen Jahre als Feldspieler zugute, denn schon fruh wird er von den Kritikern und Zeitungen fur seine gute Strafraumbeherrschung gelobt. „Die Fahigkeit zur Antizipation nicht nur einzelner Schusse, sondern ganzer Spielzuge ist das Erfolgsgeheimnis eines guten Torwarts.“50 Dieses Spiel habe er schon fruh und ohne Anweisung von auften angenommen. Er sieht darin auch den Unterschied zu Konkurrenten wie Oliver Kahn, der angibt, immer nur auf den Ball zu schauen. Da konne man die Spielerbewegungen gar nicht erfassen. Lehmann erkennt die Ubernahme der eigentlich durch die Entstehung der Vierer-Kette in der Abwehr obsolet gewordenen Libero Position. Es geht vor allem um die Organisation der Abwehrreihe und das Treffen von Entscheidungen in kurzester Zeit unter hohem Druck.
Auch Lehmann sieht die Frustration, der Torhuter sich ergeben, indem sie sich zwischen die Pfosten stellen, wenn er sagt: „Auf etwas Entscheidendes freilich habe ich mit dem Wechsel zwischen die Pfosten endgultig verzichtet: auf das Gefuhl der Erfullung beim Torschuss.“51 Das geschossene Tor ist etwas Endgultiges, wogegen ein gehaltener Ball lediglich ein Schritt ist, auf einem Weg, der eigentlich nie zu Ende ist. Jedes Gegentor empfindet er als Demutigung und es „dauert ewig, bis ich uber verlorene Spiele hinwegkomme, und mit manchen wird man nie fertig [...].“52
Hoher Druck herrschte auch in seinem Konkurrenzkampf mit Oliver Kahn um die Nummer eins bei der WM 2006 im eigenen Land. Die Wahl fiel letztendlich auf Lehmann, der sein Team zwar nicht zum Titel fuhren konnte, doch der eines seiner legendarsten Spiele absolvierte. Zuletzt spielte er in England beim FC Arsenal und verteidigte sein Tor sowohl auf der Linie also auch 16 Meter und weiter davor.
2.3.7 Manuel Neuer
„Ich glaube, in der 2. Liga wurde der als Sturmer sicher ein paar Buden machen.“ Diese Aussage von Miroslav Klose, dem WM Rekordtorschutzen, und die Tatsache, dass diese uber einen Torwart getroffen wurde, lasst auf besondere Fahigkeiten schlieBen, die Manuel Neuer auf dieser Position mitzubringen scheint. Er wurde im Marz 1986 in Gelsenkirchen-Buer geboren und wuchs dort auch auf. Der Stadtteil gilt als einer der wohlhabenderen und sozial homogeneren Stadtteile des ansonsten „extrem binnendifferenzierten“ Gelsenkirchen.53 Da sein Vater ebenfalls FuBball spielte, war es kein Wunder, dass er schon fruh auf den Geschmack kam. Den ersten Ball hat er im Alter von zwei Jahren geschenkt bekommen und ihn von da an nicht mehr aus seinen Handen gegeben. Wie besessen hatte er nichts Anderes mehr im Kopf und das Spielgerat musste ihn uberall hin begleiten. Auch Manuel Neuer hat nicht von Beginn an direkt im Tor gestanden. „Auf dem Bolzplatz steht er nicht im Tor, sondern kickt im Feld.“54 Es war auch nicht seine Entscheidung, dass er bei Schalke im Tor 'gelandet' ist. „Als meine Eltern mich mit vier Jahren zu den Schalker Bambinis brachten, fehlte dort naturlich erst einmal ein Torwart. Alle Kinder wollen spielen, nicht hinten rumstehen. Als musste der erste Doofe rein. Weil ich es dann ganz gut gemacht habe, kam ich nicht mehr raus."55 Damit ist er nicht der Erste der hier aufgefuhrten legendaren Keeper. Es scheint dahingehend ein Muster zu geben, dass das Tore schieften zunachst attraktiver ist als das Verhindern.
Die ersten Jahre zeigte er gute Leistungen aber von einem auftergewohnlichen Talent sprach noch keiner. Was positiv auffiel ist sein Ehrgeiz und das Engagement im Training. Erst im Alter von zehn Jahren nahm seine Ausbildung Fahrt auf, indem neues, qualifiziertes Trainerpersonal die Nachwuchsforderung in Leistungszentren vorantrieb. Um ein Haar ware er mit 13 Jahren zunachst wieder aussortiert worden, da er zu klein schien. Dass dies eine sehr ungluckliche Entscheidung gewesen ware zeigen seine heute 1.93 Meter, die ihm bei so manchem Schuss von Vorteil sind. Neben seiner Grofte schreiben ihm seine (ehemaligen) Torwarttrainer den sportlichen Erfolg aber vor allem auch seinem Talent zu, das er von Natur aus mitbringt. Dazu gehort die Mentalitat fur seine Art von Spiel und der Fuftballer, den er einfach in sich hat, plus die Fahigkeit, Entscheidungen zu treffen. Das merkte auch sein erster Trainer bei Schalke, Lothar Matuschak, als er den eher phlegmatischen anstatt bissigen und fleiftigen kleinen Jungen sah. Dafur konnte er sich auf den Punkt konzentrieren und besaft einen guten Charakter.56
Vier Jahre lang „ackerte der junge, witzelnde, schlitzohrige Schelm"57 an 12- Stunden Tagen, die aus Schule, Torwarttraining und Mannschaftstraining bestanden. Er selber sieht dies sowohl als eine wichtige Zeit fur seine Karriere, als auch als verlorene, einsame Jahre, was seine sozialen Kontakte betrifft. Glucklicherweise hat sich dieses Opfer nach seinen eigenen Aussagen bei ihm ausgezahlt, doch ein Groftteil der angehenden Torhuter in den Akademien und Leistungszentren erreicht den Status des Berufsspielers nicht und ziehen sich aus dem stressigen Ausbildungsalltag zuruck, um den Sport als Freizeitaktivitat oder Nebentatigkeit zu betreiben.58
Eine weitere Eigenschaft von Neuer, die am Anfang von seinen Trainern als negativ aufgefasst wurde, doch heute zu seinen Starken zahlt, ist seine Ruhe und Gelassenheit auch in Drucksituationen. „Manuel hat eine Barenruhe. Manuel machst du mit nichts verruckt.“ So beschreibt es sein Torwarttrainer Norbert Elgert.59 Seine emotionale Kontrolle und Belastbarkeit lasst ihn auch nach Fehlern, die selten sind aber vorkommen, einfach weiterspielen.
Das Torwartspiel von Manuel Neuer wurde nicht von ihm erfunden, wie er es auch selber betont, sondern er hat es sich vor allem von Torwartgroften wie Edwin van der Saar und Jens Lehmann abgeschaut, die damals seine Vorbilder waren. Schon Jean-Paul Sartre erkannte, dass ein guter Tormann jener ist, der „seine Mannschaft [mehrfach] durch individuelle Handlungen, das heiftt durch eine Uberschreitung seiner Machtbefugnisse in einer schopferischen Praktik, gerettet hat.“60 Als das Machtbefugnis ist die Erlaubnis zu verstehen, den Ball innerhalb des Strafraums in die Hand zu nehmen. Manuel Neuer hat sich hingegen angeeignet, auch aufterhalb dieses begrenzten Raumes Anteil an der Partie zu haben. Bewiesen hat er dies vor allem wahrend der Weltmeisterschaft 2014. In mehreren Spielen aber insbesondere im Achtelfinale gegen Algerien kam es zu einigen Situationen, in denen er den 16-Meterraum verlieft und dem Gegner den Ball im letzten Moment abnehmen konnte.61 Im Bild rechts ist der Aktionsradius von Neuer wahrend dieses Spiels dargestellt.62 Es ist deutlich zu sehen, dass er einen GroBteil seiner Aktionen auBerhalb des Strafraums verubt, was eben die moderne Spielweise ausmacht und mittlerweile von jungen heranwachsenden Torwarttalenten erwartet wird. Diese Spielweise ist charakteristisch fur Neuer und den modernen schnellen FuBball, der es den Torhutern abverlangt, gewissermaBen als elfter Feldspieler zu agieren. Der aktuelle Nationaltorwart hat dieses Spiel perfektioniert. Weiter oben wurde der Vergleich zu Lew Jaschin gezogen, der ein halbes Jahrhundert zuvor schon den „kompletten“ Keeper in vielen Ansatzen darstellte. Dass Neuer jenes progressive und auffallig offensive Spiel aufgreifen konnte liegt an dem abermals veranderten Spielschema, welches durch eine Viererkette gekennzeichnet ist, die sowohl bei der Verteidigung, als auch im Angriff hoch zu stehen vermag. Die Anpassung der Spielweise und des Torwartspiels gehen damit Hand in Hand.63
2.3.9 Gianluigi Buffon
„Ich bin aus reinem Narzissmus Torwart geworden, weil ich immer die Hauptrolle wollte.“64 Diese Motivation ist eine ungewohnliche unter den hier dargestellten und gibt schon einen Einblick in den Charakter des ehemaligen italienischen Nationaltorwarts. 1978 in Carrara geboren, wuchs er auf 1,91 Meter heran und hutete ab dem Alter von 14 Jahren das Tor. Zuvor jedoch hat auch er zunachst als Sturmer und Mittelfeldspieler begonnen. Er mochte es, Tore zu schieBen, denn am Ende geht es nur um das Tore erzielen. Er macht das Schicksal dafur verantwortlich, dass sein Vater ihm vorschlug, ins Tor zu gehen, wo er sogleich Talent zeigte. Buffon mochte es, immer im Herzen der Aktion zu sein und die Herausforderung zu suchen. Danach folgte uber regionale Vereine der Aufstieg zum mehrfachen Welttorhuter.65 „,Im Tor machte er auBergewohnliche Dinge, die fur ihn total normal wirkten'“, erinnert sich sein ehemaliger Trainer. Ebenso lobte er seine technischen Starken doch „uber allem stand seine unglaubliche innere Starke."66 Sturmer aus seiner Mannschaft in Parma verzweifelten im Training an ihm, der ihre Schusse zu gut lesen konnte. Auffallig war auch sein groftes Selbstbewusstsein, welches er als Teenager in Zusammenarbeit mit den erfahrenen Spielern und den Anfuhrern an den Tag legte. Eine Schwachstelle hatte er dann Ende 2003 aber doch: Depression. Nach eigenen Angaben war er „ganz unten und verrottete alleine im Bett".67 Weder Fuftball noch Psychoanalyse konnten helfen. Glucklicherweise konnte er sich aus dieser Lage befreien und trotz einiger Wettskandale und Verfahren gegen ihn wieder zu altem Glanz finden. Punkten kann Buffon vor allem durch sein groftartiges Stellungsspiel, das ihm in vielen brenzligen Situationen einen Vorteil verschaffte.68
2.3.10 Reform im Nachwuchsfuftball - Spielen ohne Torwart
Am 26. Marz 2019 erhielten 2.968 Fuftballvereine in Bayern, die mindestens eine Jugendmannschaft stellen, eine E-Mail mit einem Inhalt, der fur grofte Aufregung sorgte, denn er kundigte grofte Anderungen fur den Kinder- und Jugendfuftball an: Der Bayrische Fuftball-Verband reformiert zum 1. Juli den Kinderfuftball.69 Den Uberlegungen fur eine solche Anderung ging die Erkenntnis voraus, dass die Ausbildung der Heranwachsenden nicht mehr passt. „Viele verlieren den Spaft, weil sie schon von klein auf wenig eingesetzt werden und man ihnen das Gefuhl gibt, nicht wichtig zu sein". Mit diesen Worten beschreibt der Jugendleiter des Bayrischen Fuftballverbandes (BFV) Florian Weiftmann die Ausgangslage.70 Auch der DFB -Vizeprasident Jugend, Hans-Dieter Drewitz, bestatigte, dass die Teams in den Kinderligen landesweit verandert werden. Die Veranderungen sehen unter anderem eine Verkleinerung der Mannschaften vor. Drewitz fugt an: „Wir befassen uns mit der Thematik seit zwei Jahren. [.] Wir wollen eine zentrale Kampagne furs neue Spieljahr. Wir wollen kleinere Mannschaftsgroften bei unseren jungsten Fuftballern, damit die Kinder mehr Ballkontakte haben und ihre Individualitat gefordert wird.“71 Konkret sieht die Reform eine Etablierung von Zwei-gegen-zwei oder Drei-gegen-drei auf vier Minitore vor. Torhuter solle es dabei zunachst nicht geben! Dies gilt fur die G-Jugend. In der F-Jugend waren es maximal Vier-gegen-vier ohne Keeper und in der E-Jugend Funf-gegen-funf bis zu Sieben-gegen-sieben mit Torwart. In der untersten Leistungsklasse, der D-Jugend, wurden die Mannschaftsgroften schon reduziert, sodass dort Neun- gegen-Neun mit Torwart gespielt wird. Es reiche aus, wenn sich die Spieler mit elf Jahren spezialisieren. Davor wisse noch keiner, wer ein guter Torwart werde. Diese Neuerungen sollen keine Verpflichtung sein, sondern eine dringende Umsetzungsempfehlung. Den Verzicht auf die Torhuter sehen die Verantwortlichen nicht als problematisch, sondern als forderlich. Auch sie haben erkannt, dass ein moderner Torwart eher ein Torspieler ist und da der erste Angriff in einem Spiel oftmals vom Torhuter ausgeht, ist es wichtig, dass dieser erstmal lernt Fuftball zu spielen.72 Das Dribbling soll auf Wunsch bei den Kindern in den Vordergrund rucken und alle Spieler sich am Spiel beteiligen, nicht nur die leistungsstarken und der Schwachste muss nicht mehr ins Tor. Nach einem festen Rotationsprinzip wird eingewechselt, sodass jeder auf allen Positionen spielt. Ansonsten blieben die ubrigen auften vor und horten nach dem Kinderfuftball frustriert auf, so Drewitz. Bei kleineren Mannschaften konne sich keiner verstecken und alle haben Spaft, was in dem Alter das Wichtigste am Spiel sei.73 Obwohl die Vielzahl der Vereine und Verantwortlichen die Uberarbeitung der Strukturen und die sportliche Idee dahinter zu schatzen wissen und begruften, wurden ebenso Bedenken an den Umsetzungsmoglichkeiten geauftert. Ein Hauptfaktor ist die finanzielle Schwierigkeit, die besonders kleineren Vereinen bevorstunde, angesichts der Anschaffung von derart vielen Minitoren (im Kreis Gelsenkirchen immerhin 240 Tore zu 36.000 Euro). Eine andere Problematik sehen einige im Personalmangel. Bei noch mehr Formationen bedurfe es zusatzlichen Betreuungspersonals, das ohnehin schon schwer zu bekommen sei. Zuletzt wurde aufterdem ein Ruckgang der Spielerzahl verzeichnet. Dagegen konnte die „Bolzplatzmentalitat“ aufgrund von kleinen Teams motivational forderlich sein.74 Nicht alle sehen diese Entwicklung jedoch positiv. Der Coach des BW Mintard hat nach einem Spiel seiner F-Jugend nicht viel fur die neue Spielform ubrig. Im Training sei das vollkommen in Ordnung, doch im Spiel sollte es schon wie ein FuBballspiel sein und dazu gehorten zwei Tore und auch zwei Torhuter.75 Erst kurzlich hat sich auch der ehemalige Nationaltorwart Bodo Illgner zu der Entwicklung geauBert und Bedenken kundgetan. Er moniert, dass diese Art der rotierenden Spielweise diejenigen Kinder vernachlassigt, die sich von alleine selber gerne schon fruh ins Tor stellen mochten. „Man sollte sie nicht erst mit 10 oder 11 ins Tor lassen.“ „Es ist schon ein Problem, wenn ein Torwart zwischen 6 und 10 Jahren, der eh noch nicht so oft trainiert, nicht mal seine Grundregeln bekommt oder vertieft.“76 Michael Rechner, Torwarttrainer der TSG Hoffenheim sieht die Problematik ahnlich. Er begruBt die Forderung von allgemeiner Technik und Spielverstandnis von Beginn an, sieht jedoch die Gefahr, dass die torwartspezifischen Fahigkeiten und Fertigkeiten dafur zu kurz kommen. „Alle loben zu Recht die Spieleroffnung eines Ter-Stegen [Torwart beim FC Barcelona und DFB]. Das Mitspielen im Feld ist dafur extrem wichtig. Aber Ter-Stegen ist auch ein uberragender Eins-gegen- eins-Torwart. Die Techniken der Tor und-Raumverteidigung sind fur die Entwicklung der Keeper nun einmal elementar.“77 Es werden somit noch Debatten zu fuhren sein uber Sinnhaftigkeit und Umsetzung.
2.4 Zusammenfassung
In Kapitel 2.3 konnte ein Blick auf die Entwicklung des Torwartspiels geworfen werden. Nachdem sich also die Position eines Torwarts uberhaupt herauskristallisierte, wurden durch Regeleinfuhrungen und -veranderungen die Aktions- und Reaktionsmoglichkeiten immer weiter definiert. Grundsatzlich haben die Spieler, die sich fur eine solche Position entschieden haben oder die von Dritten dazu ermutigt wurden, einige Gemeinsamkeiten hinsichtlich ihres Charakters. Sie alle waren von Kindesalter an absolut fuftballbegeistert und haben ihre Freizeit fast ausschlieftlich mit dem Ball verbracht. Schon fruh haben sie in ihren lokalen Vereinen mit dem Kicken begonnen. Irgendwann hatten sie das Gluck, von einem Verantwortlichen eines groften Vereins entdeckt zu werden, sei es Schalke fur Neuer und Lehmann, Bayern fur Maier und Kahn oder Gladbach fur Ter Stegen. Von da an scheint ihnen allen ihre ungeheure Willenskraft und Durchhaltevermogen wahrend des umfangreichen Trainings und auch bei Ruckschlagen geholfen zu haben. Zudem konnten sie auf eine oder mehrere Personen zahlen, die an sie geglaubt und ihr Talent oder Lernbereitschaft erkannt haben. Talent hat einen groften Anteil, doch Leidenschaft, Ehrgeiz und Disziplin bleiben zumindest in Schumachers Augen das „unschlagbare Erfolgsteam", das immer Talent schlagt.78 Kahn und Maier teilen die Wichtigkeit einer starken Willenskraft und Bissigkeit sowie mentaler Starke zur schnellen Uberwindung von Fehlern.
Allgemein kann gesagt werden, dass eine Verschiebung vom reaktiven zum proaktiven und vom defensiv-passiven zum offensiveren-aktiven Torwartspiel stattgefunden hat. Auch wenn naturlich funktionierende Reflexe, gutes Stellungsspiel und Sprungkraft weiterhin unabdingbar sind, so haben die technischen Fertigkeiten und Ballgefuhl, sowie taktisches Verstandnis immer mehr an Bedeutung gewonnen. Lew Jaschin hat schon vor einiger Zeit bewiesen, dass Torhuter auch vor dem Strafraum spielen konnen und sollten, womit er seiner Zeit voraus war. In den 60Er Jahren verlor diese Spielweise zunachst wieder an Reiz und Notwendigkeit. Mit der Geschwindigkeitsaufnahme des gesamten Spiels und spatestens nach Einfuhrung der Ruckpassregel 1992 sind die Torwarte jedoch gezwungen, ihre Technik mit dem Fuft, bevorzugt beider Fufte, zu schulen und zu trainieren, um vermehrt am Angriffsspiel teilnehmen zu konnen. Die in Kapitel 2.3 vorgestellten groften Torwarte ihrer Zeit haben zum Groftteil ihre ersten Jahre als Feldspieler verbracht. Den Vorteil der spateren Spezialisierung haben die Vereine heute im Angesicht der veranderten, offensiveren Spielauffassung, die Deutschland 2014 unter anderem zur Weltmeisterschaft verholfen hat, erkannt und dahingehend nun eine Reform des Kinder- und Jugendfuftballs angekundigt, welche zur Zeit aktuell diskutiert wird.
Dies wird zukunftig technisch immer versiertere Torwarte herausbringen, die ein hohes Spielverstandnis aufweisen.
2.5 Der Amateurfuftball
Den offiziellen Zahlen des Fuftball-Weltverbandes FIFA nach spielen uber 270 Millionen Menschen in uber 200 Landern der Erde Fuftball. Uber 38 Millionen Spielerinnen und Spieler davon sind in weltweit ungefahr 325.000 Vereinen organisiert.79 Wie der Titel aussagt, befassen sich die Untersuchungen der Thematik im Rahmen der hier vorliegenden Masterarbeit ausschlieftlich mit dem Torwart im Bereich des Amateurfuftballs. Damit die Aussagen in den zitierten Interviews und die angerissenen exemplarischen Werdegange einiger namhafter Torhuter in den Kontext eingeordnet werden konnen, soll an dieser Stelle nun der Blick vom Profifuftball ein wenig weggeschwenkt und hin auf das Wesen des Amateurfuftballs gelegt werden. Jedoch wird es vonnoten sein, immer wieder Forschungsergebnisse aus dem Profifuftball heranzuziehen, da die Literatur in diesem Bereich bislang wesentlich umfangreicher ist. Dennoch kann bereits festgestellt werden: Die Rolle eines Torwarts ist eine ganz besondere, ob bei Profis oder Amateuren, jedoch mit unterschiedlicher Tragweite.
Im Amateurbereich wird der Fuftball in Form nicht-institutionalisierter Spiele von Gruppen unterschiedlicher Grofte und Mannschaften betrieben, welche die Mitglieder nicht durch Altersgrenzen limitieren und Spielrahmenbedingungen wie Spielerzahl, Spielraum, Spielzeit usw. untereinander frei vereinbaren. Dieser Strukturtypus wird von Vath als der „verbandsunabhangige Amateurfu^ball“ bezeichnet:80
„Die verbandsunabhangigen Freizeitkicker spielen ausschlieftlich aus Freude und weil sie in diesem Rahmen die Moglichkeit haben, Geselligkeit zu organisieren. Fur den autonomen Amateurfuftball gilt die Formel: Spiel und Geselligkeit.“81
Daruber hinaus gibt es zum anderen Fuftballspiele, die innerhalb spielubergreifender Wettbewerbe stattfinden und von regionalen Fuftballfachverbanden organisiert werden. Ausschlieftlich Mannschaften, die einem solchen Verband angeschlossen sind, werden zu diesem Spielbetrieb zugelassen. Den Fachverbanden ubergeordnet steht der DFB, der auch die Regeln festlegt und sie durchsetzt.82 In den Anfangen zu den aktiven Zeiten Toni Tureks favorisierte der DFB ein Ideal des „reinen Amateurs“, also einen Spieler, der den Fuftball neben einer hauptberuflichen Tatigkeit ausubte. Damals mussten die sogenannten Vertragsamateure eine solche oder zumindest eine abgeschlossene Ausbildung nachweisen. Ausgezahlt wurden „Aufwandsentschadigungen“ zuzuglich Pramien und Zulagen.83 Dieses Bild ergibt sich auch heute noch in den hoheren Amateurligen, doch die Nachweispflicht von Arbeit gibt es in der Form nicht mehr.
3. Die Abgrenzung zu den Feldspielern
Die Sonderstellung der Torhuterposition fallt schon wahrend der Sichtung der Literatur auf. Die Fuftballhandbucher mit Trainingsempfehlungen und Informationen zu Technik und Taktik sprechen generell von „Spielern“, die dann weiter klassifiziert werden in Angreifer/Sturmer, Mittelfeldspieler oder Abwehrspieler. Hinsichtlich der Trainingsplane wird jedoch kaum bis gar nicht zwischen diesen unterscheiden. Es findet sich zahllose einschlagige Literatur zu Torwarttraining, wohingegen Werke explizit zu Mittelfeldspielern oder Sturmern in den Bibliotheken rar sind. Zwischen Training von Profis und Amateuren wird nur insofern unterschieden, dass sich die Inhalte mit zunehmendem Leistungsfortschritt von Grundlagen- und Techniktraining zu Taktik- und Individualtraining verschieben. In vielen weiteren Buchern, Artikeln und anderen Quellen, sowie im Internet ist zusatzlich ein Kapitel oder Abschnitt dem Torwarttraining vorbehalten. Darin wird oftmals ebenfalls die besondere Aufgabe und Andersartigkeit hervorgehoben und darauf mit zielgerichteten Trainingsangeboten reagiert.
Der uruguayische Schriftsteller und Fuftballenthusiast Eduardo Galeano widmet dem Torwart ebenfalls lediglich eine Seite, bevor er von den Heldenspielern schwarmt und beschreibt in seinem Werk „Der Ball ist rund und Tore lauern uberall" die Position des Torwarts und seine Andersartigkeit wie folgt:
„Man nennt ihn auch Torhuter, Torsteher, Tormann, Keeper oder dergleichen mehr, doch konnte er sich auch Martyrer, Strafling oder Watschenmann nennen lassen. Es heiftt wo er hintritt, da wachst kein Gras mehr. Er ist, einsam und allein, dazu verurteilt, dem Spiel von weitem zuzuschauen. Ohne die Torlinie verlassen zu konnen, wartet er einsam zwischen den Pfosten auf seine Erschieftung. Fruher trug er Schwarz, wie die Schiedsrichter. [...] Er schieBt keine Tore, er ist dazu da, welche zu verhindern. Das Tor ist festlicher Hohepunkt des Fuftballspiels: Der Torschutze produziert Freude, der Torhuter, der Spielverderber, macht sie kaputt. [.] Der Torwart hat immer die Schuld. Und wenn er sie mal nicht hat, zahlt er trotzdem die Zeche. Wenn irgendein Spieler einen Strafstoft verschuldet, ist er der Bestrafte. [...] Die ubrigen Spieler konnen mal hier, mal da einen groBen Fehler begehen, doch waschen sie ihn durch ein spektakulares Dribbling, einen meisterhaft geschlagenen Pass, einen gut platzierten Schuss wieder rein: er dagegen nicht. Die Zuschauer verzeihen dem Torwart nichts. Ist er zu fruh rausgelaufen? Hat er den Winkel nicht richtig verkurzt? Ist ihm der Ball durch die Finger geglitten? Hat er ihn nicht festhalten konnen? Mit einem einzigen Fehler verliert der Torwart ein Spiel oder gar die ganze Meisterschaft, und dann vergisst das Publikum auf einen Schlag alle seinen tollkuhnen Kunststucke von fruher und stoBt ihn in die ewige Verdammnis.“84
Diese Zeilen portratieren den Torhuter in einem eher negativen Licht, doch grundsatzlich fangt der Autor die Essenz des Torwartdaseins treffend ein und stellt einige Komponenten dar, wie Einsamkeit, das Publikum und die Folgen von Fehlern. Eine eher neutraleren aber ebenfalls akkurate Beschreibung liefert Vath, wenn er diese Zeilen verfasst:
„Der Torwart ist der einzige Spieler, dem die Regeln erlauben, innerhalb des Strafraums Hande und Arme zu verwenden. Er nimmt daher in der Mannschaft eine Sonderstellung ein. Seine zentrale Aufgabe ist die Sicherung des (2,44 m hohen und 7.32 m breiten) Tores. Sie begrenzt seinen Aktionsbereich auf den Strafraum und hier vor allem auf den Torraum (16-Meterraum). In der Regel greift der Torwart nur dann ins Spielgeschehen ein, wenn er unmittelbar einen gegnerischen Torerfolg verhindern will. Als Anspielstation wird er noch von den Mitspieler sporadisch bei Ruckpassen ins Mannschaftsspiel einbezogen. In seiner rollentypischen Spielweise unterscheidet sich der Torwart von den ubrigen Spielern. Er muss flache und hohe Balle sicher fangen und fausten konnen. Dazu sind keine balltechnischen Fertigkeiten der Beine und FuBe notwendig, sondern Sprungkraft, Reaktionsschnelligkeit und Fangsicherheit erforderlich, und dies pragt seine Spielweise. Besondere Fahigkeiten verlangen das Herauslaufen und Abfangen von Flankenballen, die in die torgefahrliche Zone gespielt werden. Dabei braucht er neben seinen Grundfertigkeiten analytische und koordinative Fahigkeiten sowie Entschlossenheit und Mut. Damit er in solchen Standardsituationen erfolgreich ist, muss er die Spielerkonstellation, die Flugbahn und die Geschwindigkeit des Balls erfassen und reaktionsschnell sein Verhalten daran ausrichten. Eine ahnlich komplexe Handlungskoordination ist notwendig, wenn ein Sturmer die Abwehr uberwunden hat und allein aufs Tor zustrebt, hier muss der Torwart durch geschicktes Herauslaufen einen Torerfolg verhindern. Um solch komplexe Handlungsmuster routiniert zu beherrschen, ist in der Regel langere Spielerfahrung notwendig. Ihre funktionale Bedeutung macht die Torwartposition zum empfindlichsten Nervenpunkt im Mannschaftsspiel. Bei Torwartfehlern ist die Gefahr von Gegentoren am groBten. Deshalb besitzen auch weniger schwierige Aktionen einen hohen Risikograd. Fehler von Feldspielern konnen in den meisten Fallen behoben werden, und sie haben auch die Gelegenheit, durch erfolgreiche Aktionen den Versagenseindruck auszugleichen. Beim Torwart ist dies anders, schon eine geringe Unachtsamkeit, ein einziges Fehlverhalten kann zur Niederlage fuhren und damit die Anstrengungen aller Mitspieler zunichtemachen.“85
[...]
1 Ich habe mir viel Muhe gegeben im Laufe des Schreibprozesses auf Gendergerechte Schreibweisen zu achten. Nach zehn Seiten und wiederholtem Lesen der Kapitel konnte ich nicht umher, die gravierenden Auswirkungen auf den Lesefluss und die Lesbarkeit zu bemerken und zu bemangeln. Der Torwart, die Torwartin, die Torwartin, der oder die Torhuterin, der Keeper, die Keeperin, der oder die Torsteherin sind nur einige der zahlreichen Beschreibungen dieser Position. Hinzu kommen die Artikel, die je nach Gender abweichen sowie Abanderungen von Suffixen. Neben der besseren Lesbarkeit lasst sich auch ein historisches Argument anbringen machen, denn seit seiner Erfindung wurde der Sport zunachst ausschlieBlich und aktuell mehrheitlich von mannlichen Teilnehmern gespielt, so dass in der Literatur ebenfalls fast exklusiv von Tormannern gesprochen wird. Zahlreiche Studien, die angefuhrt werden, sind mit mannlichen Personen durchgefuhrt worden und lassen keine Aufschlusse auf weibliche Charakteristika zu, die von den mannlichen abweichen konnten. Dazu mussten vergleichende Untersuchungen angestellt werden, die aufgrund der spaten Etablierung des FrauenfuBballs, erst seit relativ kurzer Zeit moglich waren. Obwohl es also naturlich mittlerweile auch Frauen im FuBball bis zum Profibereich gibt, wird in dieser Arbeit vor den genannten Hintergrunden zunachst die mannliche Schreibweise verwendet.
2 www.duden.de/rechtschreibung/Tor_Treffer_Ziel_Oeffnung
3 www.duden.de/rechtschreibung/Wart
4 www.duden.de/rechtschreibung/Torwart#Bedeutung1
5 Vgl.Hargitay 1985.
6 ebd. Hargitay 1985, S. 15.
7 www.sportschau.de/fussball/ifab-fifa-regeln-elfmeter-linie-100.html
8 Markham F. 1903. S.92-95
9 Vgl. Hopf 1998, S.45
10 Vgl. www.dfb.de
11 Bruggemann und Cramer 1986, S.13
12 Walter 1991, S.203
13 Huba 1979, S.98
14 Vgl. Schulze-Marmeling 2018.
15 Ebd. S.189
16 Vgl. ebd. S.102
17 Vgl. Schulze-Marmeling 2018.
18 Vgl. ebd. S.179-201
19 Vgl. Raupp 2018. S.7
20 Ebd. S.15
21 Ebd. S.16
22 Ebd. S.27
23 Ebd. S.56
24 Ebd. S:42
25 Ebd. S.48
26 Ebd. S.58
27 Vgl. ebd. S.68
28 Ebd. S.141
29 Vgl. ebd. S.145
30 Maier 1980. S.9
31 Vgl. ebd. S.17
32 Ebd. S.19
33 Ebd.
34 Ebd. S.25, 49
35 Ebd. S.29
36 www.hall-of-fame-sport.de/panoramen/70er-jahre/?t=79#pano_79
37 Vgl. ebd.
38 Vgl. Schumacher 1987, S.25
39 Vgl. www.youtube.com/watch?v=NgcYNK0PRwk&t=3144s
40 Ebd. S.24
41 Kahn 2004, S.9
42 Vgl. ebd. S.15
43 Ebd. S.19
44 Ebd. S.21
45 Ebd. S.33
46 Ebd. S.39, 41
47 Kahn 2004, S.26
48 Lehmann und Siemens 2010, S.20f
49 Vgl. ebd.
50 Ebd. S.35
51 Ebd. S.34
52 Ebd. S.36
53 Vgl. Schulze-Marmeling 2015, S.29
54 Ebd. S.30
55 Ebd. S.31
56 Vgl. ebd. S.42ff.
57 Ebd. S.44
58 Vgl. ebd. S.50f.
59 Ebd. S.56
60 Sartre 1991, S.490
61 Vgl. www.kicker.de/news/fussball/wm/spiele/weltmeisterschaft/2014/4/1417872/spielbericht deutschland_algerien.html
62 www.theguardian.com/football/these-football-times/2014/jul/16/manuel-neuer-germany- revolutionising-goalkeeping-world-cup-bayern-munich
63 Vgl. Krause et al. et al. 2018.
64 www.watson.ch/sport/serie%20a/570254213-zum-1000-profispiel-die-geschichte-des-groessten- torhueters-aller-zeiten
65 Vgl. www.uefa.com/uefachampionsleague/news/newsid=2305548.html
66 www.watson.de
67 Vgl. ebd.
68 Vgl. www.realtotal.de/duell-der-torwart-legenden-iker-casillias-gegen-gianluigi-buffon/
69 Vgl. www.kicker.de/news/fuBball/junioren/startseite
70 www.kicker.de/news/fussball/junioren/startseite/745531/artikel_reform-in-bayern_kein-torwart-bis- zur-e-jugend.html
71 www.focus.de/sport/fussball/fussball-dfb-dfb-plant-reform-im-kinderfussball-drei-gegen-drei-im- ganzen-land_id_10555910.html
72 Vgl. Ebd.
73 Vgl. www.kicker.de/news/fussball/junioren/startseite/746222/artikel_nach-der-aufregung-in- bayern_das-drei-gegen-drei-ohne-torwart-soll-im-ganzen-land-kommen.html
74 Vgl. www.11freunde.de/artikel/was-taugt-die-reform-im-jugendfussball/page/1
75 Vgl. Ebd.
76 www.dfb.de/sportl-strukturen/trainerausbildung/torwarttrainer/
77 Ebd.
78 Schumacher 2017, S.173
79 Vgl. „big count survey“, auf fifa.com
80 Vath op. 1994, S.54
81 Ebd.
82 Vgl. ebd.
83 Vgl.. Raupp 2018, S.62f.
84 Galeano und Kliche 1998, S.13
85 Vath 1994, S.42
- Arbeit zitieren
- Simon Schneider (Autor:in), 2019, Torhüter im Amateurfußball. Bedeutung und Gründe für die Wahl der Position, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1036126
-
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