"The Witcher" ist ein im Jahr 2007 erschienenes PC-Rollenspiel. Es handelt vom Hexer Geralt von Riva, der bereits berühmt für seine Kämpfe gegen Ungeheuer ist und schwer verletzt zum Hauptquartier der Hexerzunft Kaer Morhen gebracht wird. Während seines Aufenthaltes wird Kaer Morhen überfallen und wertvolle Artefakte werden entwendet. Um sie wieder zu beschaffen, bereist "der Weiße Wolf" ganz Wyzima und dessen Umland. Die Geschichte beruht auf dem Roman "Der letzte Wunsch" von Andrezej Sapkowski, der auch noch weitere Bücher über Geralt von Riva veröffentlicht hat.
Internetplattformen bewerten „The Witcher“ durchgehend entweder gut oder sehr gut und es wurden bereits über eine Million Exemplare verkauft. Von diesem Erfolg waren selbst die Entwickler_innen von CD Project Red überrascht, die an der grundlegenden Begeisterung für ihr Spiel jedoch nie gezweifelt haben. Der Reiz solle von der Kompromisslosigkeit des Inhalts herrühren, weshalb es auch keine Jugendfreigabe erhielt: Alkohol, Schlägereien und Erotik (vgl. Schmidt 2008). Obwohl selbst die Entwickler_innen die (heterosexuellen) Erotikelemente des Spiels als von zentraler Wichtigkeit beschreiben, wird im Internet bei Tests und Kommentaren zum Spiel die Genderdarstellung erstaunlicher Weise fast nie erwähnt.
Die Frage, woran das liegt, wird diese Arbeit nicht beantworten können. Aber sie wird sich der Genderdarstellung in „The Witcher“ widmen, die, trotz der Lobe von Spieletester_innen für das Spiel insgesamt, bisher kaum beachtet wurde. Im Fall von „The Witcher“ ist dies besonders auffällig, da das Spiel wie kaum ein Rollenspiel zuvor, Frauen bzw. weibliche NPC's sexualisiert und für den Avatar zugänglich macht. Die folgende Spieleanalyse wird sich das Aussehen und Auftreten des männlichen Avatars, Geralt von Riva, näher ansehen, aber ebenso die Darstellung von männlichen und weiblichen NPC's. Um die Interaktionen und Rollendarstellungen des Avatars und der NPC's zu verdeutlichen, werden danach einige Beispielquests vorgestellt. Zuletzt werden Besonderheiten der Genderdarstellung beschrieben und eine Schlussbetrachtung formuliert.
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
2. Genderdarstellung im Spiel
2.1. Männlicher Avatar: Geralt von Riva
2.2. Gegenüberstellung männlicher & weiblicher NPC's
2.3. Beispielquests
2.4. Besonderheiten der Genderdarstellung
3. Schlussbetrachtung
4. Literaturliste
1. Einleitung
„The Witcher“ ist ein im Jahr 2007 erschienenes PC-Rollenspiel. Es handelt vom Hexer Geralt von Riva, der bereits berühmt für seine Kämpfe gegen Ungeheuer und seine „legendären romantischen Verstrickungen“ ist und schwer verletzt zum Hauptquartier der Hexerzunft Kaer Morhen gebracht wird. Während seines Aufenthaltes wird Kaer Morhen überfallen und wertvolle Artefakte werden entwendet. Um sie wieder zu beschaffen, bereist „der Weiße Wolf“ ganz Wyzima und dessen Umland. Die Geschichte beruht auf dem Roman „Der letzte Wunsch“ von Andrezej Sapkowski, der auch noch weitere Bücher über Geralt von Riva veröffentlicht hat.
Internetplattformen bewerten „The Witcher“ durchgehend entweder gut oder sehr gut und es wurden bereits über eine Million Exemplare verkauft. Von diesem Erfolg waren selbst die Entwickler_innen von CD Project Red überrascht, die an der grundlegenden Begeisterung für ihr Spiel jedoch nie gezweifelt haben. Der Reiz solle von der Kompromisslosigkeit des Inhalts herrühren, weshalb es auch keine Jugendfreigabe erhielt: Alkohol, Schlägereien und Erotik (vgl. Schmidt 2008). Obwohl selbst die Entwickler_innen die (heterosexuellen) Erotikelemente des Spiels als von zentraler Wichtigkeit beschreiben, wird im Internet bei Tests und Kommentaren zum Spiel die Genderdarstellung erstaunlicher Weise fast nie erwähnt.
Die Frage, woran das liegt, wird diese Arbeit nicht beantworten können. Aber sie wird sich der Genderdarstellung in „The Witcher“ widmen, die, trotz der Lobe von Spieletester_innen für das Spiel insgesamt, bisher kaum beachtet wurde. Im Fall von „The Witcher“ ist dies besonders auffällig, da das Spiel wie kaum ein Rollenspiel zuvor, Frauen bzw. weibliche NPC's sexualisiert und für den Avatar zugänglich macht. Die folgende Spieleanalyse wird sich das Aussehen und Auftreten des männlichen Avatars, Geralt von Riva, näher ansehen, aber ebenso die Darstellung von männlichen und weiblichen NPC's. Um die Interaktionen und Rollendarstellungen des Avatars und der NPC's zu verdeutlichen, werden danach einige Beispielquests vorgestellt. Zuletzt werden Besonderheiten der Genderdarstellung beschrieben und eine Schlussbetrachtung formuliert.
Die Informationen für die einzelnen Kapitel dieser Arbeit wurden durch die eigene Spielerfahrung, das Lesen von Interviews mit den Entwickler_innen und von Forenbeiträgen zum Spiel zusammengetragen. Das dem Spiel beiliegende Handbuch hat dabei geholfen, die im Spiel gesammelten Eindrücke und Informationen von der Herstellerseite bestätigen zu lassen.1
2. Genderdarstellung im Spiel
2.1. Männlicher Avatar: Geralt von Riva
Geralts Aussehen und Verhalten bleibt das gesamte Spiel über relativ konstant. Als Hexer hebt Geralt sich äußerlich von anderen Menschen ab, da die Einnahme von sog. Hexermutagenen, die für die Ausbildung zum Hexer notwendig waren, sein Haar weiß werden ließ und er vertikale Pupillen bekam. Die Mutagene ermöglichen weiterhin, dass Geralt spezielle Fähigkeiten erlernen kann. Diese Fähigkeiten unterstreichen zum Teil seine Männlichkeit und die zentralen Elemente des Spiels. So gibt es z. B. Raubtier (erhöht Geralts Stärke in der Nacht), Raufhandel (verbesserter Faustkampf), Schwipps (stärker, wenn betrunken), Aggression (erhöhte Stärke) u.a. (vgl. Handbuch 2007: S. 49 ff.) Außerdem machen die Mutagene Geralt zeugungsunfähig, aber nicht impotent. Eine nützliche Eigenschaft für seine Liebschaften, die ausschließlich heterosexuell und mit jungen, schlanken Frauen möglich sind. Während des Spiels wird er des Öfteren als „Weiberheld mit Affinität für Zauberinnen“ beschrieben. Es muss dabei allerdings beachtet werden, dass Geralt bereits in der Buchvorlage ein heterosexueller Held ist. Markant ist auch, dass Geralt ausschließlich Nahkampfwaffen tragen kann. Insgesamt sind es vier Slots für erstens ein Stahlschwert (gegen Menschen und Tiere), zweitens ein Silberschwert (gegen Monster), drittens ein Schwert oder eine Axt und viertens einen Dolch oder eine Fackel. Für seine zehn einzigartigen Gegner, die Geralt im Laufe des Spieles trifft, trägt er außerdem einen Trophäenhaken am Gürtel, an dem er den Kopf oder ein anderes Körperteils des Monsters befestigt, um es später gegen Geld bei der Stadtwache u. a. eintauschen zu können.
Unabhängig von den Entscheidungen der Spielerin oder des Spielers, wird Geralt in Städten von den NPC's immer wieder mit den gleichen Kommentaren bedacht. So rufen sie beispielsweise „Ein Hexer! Versteckt Eure Frauen!“ oder bezeichnen ihn als Missgeburt. Seine enorme Stärke und besonderen Fähigkeiten sorgen dafür, dass die meisten Menschen Angst vor ihm haben oder ihm zumindest misstrauisch gegenüber stehen. Für seine Kämpfe und Liebschaften ist er jedoch trotzdem berühmt und in Kneipen wird er hin und wieder von Barden als „Meister beider Künste“ besungen. In ganz Wyzima kursieren Gerüchte über seine Beziehungen zu Frauen, was Geralt beim Gespräch mit einer „Klatschbase“ erfahren kann. Diese Liebschaften sind einen genaueren Blick wert. Die meisten Frauen sind entweder durch Geld und/oder Geschenke käuflich oder aber durch besondere Taten (Quests) zu beeindrucken. In beiden Fällen erhält Geralt als Gegenleistung Sex. Nach einer kurzen Videosequenz, die nichts Präzises zeigt, erhält der Spieler oder die Spielerin eine Sammelkarte, die die entsprechende Frau in einer erotischen Pose zeigt. Der Schambereich wird nie gezeigt, aber die Frauen sind immer nackt oder fast nackt und im Körperbau sehr uniform (schlank, große Brüste, lange Beine etc.). Bis auf zwei, drei Ausnahmen sind die Frauen jedes Mal, wie Geralt selbst, weiß. Die Frauen sind immer bereit, mit Geralt zu schlafen und reagieren oft enttäuscht und/oder wütend, wenn Geralt durch die Entscheidung der Spielerin oder des Spielers doch ablehnt. Diese Ablehnung, egal wie oft sie erfolgt, ändert aber nichts an seinem Ruf als „Weiberheld“.
2.2. Gegenüberstellung männlicher & weiblicher NPC's
Geralt begegnet im Laufe seine Reise einer Vielzahl anderer Charaktere. Es ist auffällig, dass weibliche und männliche NPC's dabei verschiedene Rollen spielen und verschiedene Funktionen erfüllen. Männliche NPC's haben treten vor allem als Jäger, Handwerker, Soldaten, Wachen und Verkäufer von Waffen, Rüstungen und Büchern in Erscheinung, wohingegen weibliche NPC's Kellnerinnen, Hausfrauen, Krankenschwestern, Prostituierte und Verkäuferinnen von Lebensmitteln und Schmuck sind. Ausnahme bilden einige Soldatinnen, die sich aktiv an Gefechten beteiligen.
Bei „The Witcher“ kann Geralt zusätzliche Informationen, Erfahrung und Items sammeln, indem er in Minispielen gewinnt. Wetttrinken, Faustkämpfe und Würfelspiel sind die einzigen Minispiele und alle können ausschließlich mit männlichen NPC's in Kneipen gespielt werden. Das Würfelspiel kann einmal mit einem weiblichen NPC gespielt werden, die wie eine Edelprostituierte1 gekleidet und für die Geschichte nicht wichtig ist. Wie bereits erwähnt sind Liebschaften nur mit weiblichen NPC's möglich. Homosexualität wird bis auf einen Fall nicht besprochen. Im weitesten Sinne könnte die Sammlung der Erotikkarten auch als Minispiel bezeichnet werden, die aber im Spiel selbst keine Belohnung bietet. Jedoch ist es unter engagierten Spieler_innen üblich, alle Aspekte eines Spieles zu erkunden, weshalb die Sammlung aller Erotikkarten als inoffizieller Quest wichtig werden kann. Die sexuelle Aktivität der weiblichen NPC's selbst wird allerdings meist negativ bewertet. In Gesprächen erfährt Geralt mehr über das Sexualleben verschiedener Frauen, die dann mit abwertenden Begriffen wie „Schlampe“ bezeichnet werden. Geralts Sexualität wird jedoch auch nicht immer positiv bewertet. Das zeigt beispielsweise der bereits oben zitierte Ausruf „Ein Hexer! Versteckt Eure Frauen!“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3. Beispielquests
Um die Geschichte Geralt von Rivas zu veranschaulichen, ist es nützlich, sich einige Quests näher anzuschauen. Die gerade erwähnte Abwertung sexuell aktiver Frauen kommt besonders bei einer Aufgabe zum Ausdruck, wo Geralt für einen Trank die Tränen einer Jungfrau beschaffen muss. Im Laufe dieser Aufgabe kann der Spieler bzw. die Spielerin häufig hören, dass alle Frauen in Wyzima Schlampen seien und wohl kaum eine Jungfrau in dieser Region aufzutreiben sei. Schließlich ist die Lösung, einen keuschen Ordenskrieger namens Siegfried um seine Tränen zu bitten.
Später im Spiel begegnet Geralt der „Herrin der See“. Sie ist eine der zwei weiblichen NPC's, die das gesamte Spiel über nackt sind. Nackte männliche NPC's kommen übrigens nicht im Spiel vor. Ihre Brüste, ihr Po und ihre Scham werden jedoch von ihren langen, blonden Haaren verdeckt. Jedenfalls erzählt sie Geralt, dass sie sehr unglücklich ist, da sie immer nur als „Kultobjekt“ betrachtet wird, ohne dass die Ritter, die sie besuchen, eingestehen, auch ihren Körper anstatt nur ihrer Seele zu begehren. Um die Stimmung der Herrin wieder aufzuheitern, kann Geralt ihre Traurigkeit über die Einsamkeit durch ein Schäferstündchen lindern. Allerdings erst nachdem er Frieden zwischen zwei Völkern in der Nähe gestiftet hat, wie es sich die Herrin wünschte.
Einen interessanten Fall stellt die Weiße Rayla dar. Sie ist Soldatin und im Gegensatz zu den übrigen weiblichen NPC's nicht sehr feminin. Sie hat an beiden Seiten des Kopfes kurz rasierte Haare, eine relativ tiefe Stimme und einen rauen Umgangston und ihre Rüstung betont ihre Brüste nicht. Dies wird allerdings bei der Erotikkarte nachgeholt, wo sie sich wie alle anderen Frauen aufreizend weiblich zeigt, wenn sie auch weiterhin ihr Schwert trägt. Die Weiße Rayla fordert Geralt zu einer Wette auf. Sie wettet, dass er es nicht schafft, auf einer bestimmten Strecke mehr Gegner zu erschlagen als sie. Schafft Geralt es doch, gibt Rayla ihm die Möglichkeit, mit ihr zu schlafen. Ihre Worte sind oft so gewählt, dass Töten von Monstern, Tieren bzw. menschlichen Gegnern und Frauen erobern gleichermaßen von Männlichkeit zeuge. Sprachlich vermischen sich die beiden Themen auch, nicht nur bei diesem Quest. Eine Art Jagdtrieb, Entschlossenheit, Willenskraft, u. a. Eigenschaften scheinen sowohl für den erfolgreichen Kampf gegen Feinde, als auch für eine erfolgreiche Liebschaft notwendig.
2.4. Besonderheiten der Genderdarstellung
Auch wenn „The Witcher“ viele gängige Vorstellungen über Geschlechterbeziehungen und Männlich- und Weiblichkeit reproduziert, so gibt es dennoch einige Darstellungen, die aus dem Rahmen fallen.
Gleich zu Beginn des Spieles wird im Intro ein weibliches Monster, die sog. Striege, gezeigt, die genau das Gegenteil der Person darstellt, aus der sie sich entwickelt hat. Prinzessin Adda, wie die Frau vor und nach der Verwandlung zur Striege heißt, ist eine junge, feminine Persönlichkeit, die sich figurbetont kleidet und ihr Gegenüber vor allem sprachlich um den Finger wickeln möchte. Als Striege hingegen ist sie körperlich extrem stark, muskulös und aggressiv. Ihre Haare sind lang und strähnig. Sie wirkt allgemein ungepflegt und ist auf den ersten Blick nicht unbedingt als weibliches Monster zu identifizieren. Die einzige Gemeinsamkeit mit Adda ist wohl die rote Farbe des Haares. Die Striege ist somit ein interessantes Projekt in der Darstellung von Weiblichkeit. Die Spieler_innen wissen, dass die Striege eigentlich Adda ist und erleben sie ganz anders. In dieser Form ist sie Geralt körperlich eine gleichwertige Gegnerin. Da sie gleichzeitig aber geistig nicht mehr so fit ist, kann er sie schließlich überlisten und triumphiert. Während im Intro der Verlauf des Kampfes festgelegt ist, kann die Spielerin oder der Spieler später selbst entscheiden, ob er die Striege töten oder Adda retten möchte, als sie sich erneut verwandelt.
Eine andere Besonderheit stellt eine Prostituierte dar, die in einer festen Beziehung mit dem Kopf der Stadtwache lebt. Prostituierte werden oft nur in ihrem „Berufsalltag“ gezeigt und selten als Individuen mit eigenen Gefühlen, Gedanken und Privatleben. Trotzdem steht sie Geralt genau so zur Verfügung wie die übrigen Frauen. Es bleibt unklar, ob sie mit ihrem Leben zufrieden ist oder die Stadtwache nur zu feige oder zu geizig, um sie aus ihrer Armut zu erlösen. Außerdem sorgt sie dafür, dass Geralt bei allen Prostutierten des Viertels einen Rabatt erhält, wenn er ihr bei einem Beziehungsproblem hilft.
Triss Merigold ist eine weitere wichtige Bekanntschaft von Geralt von Riva. Zu ihr wird eine engere Bindung vor den Geschehnissen im Spiel angedeutet. Dies ist insofern interessant, da Geralt eigentlich keine tieferen Beziehungen zu Frauen eingeht. Das gesamte Spiel über trifft er sich scheinbar fast nur zum Sex mit ihnen. Eine weitere Ausnahme außer der Zauberin Triss ist eine Medizinerin namens Shani. Eine der beiden Frauen kann er den kleinen Jungen Alvin überlassen. Diese Entscheidung wirkt sich vor allem darauf aus, welche Frau ihm in Zukunft noch zur Seite stehen wird und mit welcher er sich seine Zukunftspläne überlegt. Denn durch die Adoption Alvins wird auch Geralt dem Jungen öfter begegnen und entwickelt Vatergefühle. Hinzu kommt das Bedürfnis nach Liebe und Familie. Mit zwei Freunden berät er in einer Kneipe bei ein, zwei Bieren zu viel, wofür er sich entscheiden soll: Weiter Ungeheuertöten oder Ehemann werden? Beides scheint ihm unvereinbar. Obwohl er seine Entscheidung nie endgültig formuliert, so zeigt sein Verhalten bis zum Ende des Spiels doch ganz klar die Tendenz zur ersten Option.
3. Schlussbetrachtung
In „The Witcher“ gibt es sowohl in Dialogen als auch im Spielprinzip viele Überschneidungen zwischen Kämpfen austragen und Frauen erobern. Bei erfolgreichen Kämpfen werden die Köpfe der Monster und bei einer erfolgreichen Liebschaft die erotischen Sammelkarten der Frauen wie Trophäen gesammelt. In beiden Fällen wird Geralts Stärke, Entschlossenheit, Durchsetzungsvermögen u. a. gelobt und sowohl Männer als auch Frauen (z. B. die Weiße Rayla) sind von seinem doppelten Talent stark beeindruckt. Der Erfolg bei Frauen hängt mit dem Erfolg im Kampf zusammen, denn nur durch letzteres ist es möglich, in der Geschichte voran zu schreiten, die Frauen kennen zu lernen und zu verführen. Teilweise geben diese Geralt auch Aufgaben, die sein Kampfgeschick auf die Probe stellen. Die Entscheidung, ob eine sexuelle Beziehung dann zustande kommt, entscheidet bis auf einen Fall immer Geralt, wenn mensch davon absieht, dass einige Frauen und alle Männer sowieso vom Sammelkartenspiel ausgeschlossen sind. Die Frauen, die zur Verfügung stehen, sind immer willig, jung, schlank und stark sexualisiert. Sie tragen aufreizende oder gar keine Kleidung und machen oft auch schon im Gespräch anzügliche Andeutungen. Wie beispielsweise Prinzessin Adda, die sich über Wörter, in denen „Anal“ (z. B. Anal-yse) vorkommt, amüsiert oder adelige Feste mit einem Wettrennen zum Höhepunkt/Orgasmus vergleicht. Auffällig ist außerdem, dass keine platonischen Beziehungen zu Frauen vorgesehen sind. Entweder hat Geralt nur ganz kurz mit einem weiblichen NPC zu tun (auch da kann es manchmal zum Sex kommen) oder eine längere Bekanntschaft hält auch die Option zum Sex bereit. Zu männlichen NPC's hat Geralt für seine Ansprüche hingegen zum Teil sehr intensive Freundschaften. Immer wieder herausgestellt werden in diesem Zusammenhang der Barde Rittersporn, ebenfalls ein Frauenschwarm, und der Zwerg Zoltan Chivav. Mit ihnen trifft Geralt sich vor allem in Kneipen, zum Würfelspiel und Alkohol trinken, aber auch um Themen wie seine Zukunftsplanung zu besprechen, die er sonst mit keinem bzw. keiner bespricht.
Besonders Fantasy-Rollenspiele ließen in ihrer Umsetzung viel Raum für kreative Genderdarstellungen. Dass dieses Potential leider trotzdem meist nicht genutzt wird, zeigt unter vielen anderen auch „The Witcher“. Sämtliche Beziehungen, auch von NPC's untereinander, sind heterosexuell angelegt und neben (heterosexueller) Einehe, (heterosexueller) Affäre und Prostitution gibt es keine anderen Beziehungsmodelle. Die meisten Charaktere sind weiß und bleiben fest in traditionellen weiblichen oder männlichen Rollenmustern. Mit der geschlechtlichen Identität wird wenig gespielt und obwohl der oder die Spieler_in im Spiel einige Entscheidungen treffen kann, verändert sich Geralts Ruf, Erscheinung, Verhalten usw. nicht oder kaum merklich mit diesen Entscheidungen. Viele denkbaren Entscheidungs- oder Gesprächsoptionen werden gar nicht erst angeboten, wahrscheinlich weil es dem ursprünglichen Konzept des hart gesottenen, maskulinen Frauenhelds nicht entsprechen würde. So bleiben viele Gespräche oberflächlicher als sie sein müssten und trotz einer wendungsreichen Geschichte bleibt das Liebesleben des Avatars ohne Tiefe und Sinn für das Taktvolle. Die Liebschaften verlaufen fast immer gleich, im Prinzip nur eine Hast nach der Sammelkarte und dann ist der Kontakt zur jeweiligen Person beendet, außer sie spielt noch eine Rolle im Hauptquest.
In einem im Internet veröffentlichten Text namens „Subtle sexism: analyzing The Witcher“ (vgl. „SmartLikeMe“ 2008) wird die Darstellung von Frauen im Spiel näher untersucht und kritisiert. Vor allem wird sich dem Sammelkartenspiel gewidmet. Als problematisch werden folgende Aspekte angesehen: Die Frau hat einen materiellen Wert, ist also käuflich. Es kommt der Spielerin bzw. dem Spieler so vor, als sei das Wertvollste, was eine Frau zu bieten hat, Sex, denn dies ist fast immer die Belohnung durch einen weiblichen NPC. Geralt vermittelt durch sein Auftreten die Nachricht, dass freundliches Verhalten Frauen gefügig mache. Und zuletzt: Durch Sammelkarten werden Frauen wie die Monstertrophäen zu Objekten. Jederzeit kann der Spieler bzw. die Spielerin sie wieder im Inventar aufrufen und optisch konsumieren. Ich kann mich dieser Wertung anschließen. Jedoch stellen sich einige Fragen. Wie hätten die erotischen Elemente im Spiel besser umgesetzt werden können? Ist das Erotiksammelkartenspiel grundsätzlich akzeptabel, wenn es anders designed worden wäre? In wie weit muss die Darstellung in der Buchvorlage für das Spiel bindend sein? Zur ersten Frage kann ich auch keine komplette Lösung, aber immerhin ein paar Vorschläge anbieten. Außer Frage steht wohl, dass es der Entscheidung des Spielenden überlassen sein müsste, ob er oder sie Geralt hetero-, homo-, bi- oder asexuell spielen will. Dennoch sollten die NPC's auch eine Art freien Willen simulieren, so dass beispielsweise nicht in jedem Falle eine Verführung möglich ist, wenn der Charakter eben kein Interesse an Geralt hat oder aus einem anderen Grund ablehnen möchte. Dann wären die Charaktere nicht einfach frei konsumierbar und für Geralt geschaffen, sondern würden einem Idividuum mit eigenen Gedanken, Gefühlen und Interessen viel näher kommen. Ob und mit wem Geralt eine Beziehung eingeht, sollte nur bedingt Einfluss auf den Verlauf der Geschichte haben, damit nicht ein bestimmtes sexuelles Verhalten sanktioniert und ein anderes gefördert wird. Zur Frage mit dem Erotiksammelkartenspiel bin ich der Ansicht, dass es besser ganz weggelassen werden sollte. Ich habe die Vermutung, dass es sich zwar auf einen größeren Personenkreis, beispielsweise non-white, männlich, queer, ausweiten ließe, dies aber nichts am Charakter der Sammelkarte ändern würde, die das abgebildete Subjekt zum konsumierbaren Objekt macht. Die letzte Frage mit der Buchvorlage zielt hauptsächlich darauf ab, dass Geralt in den Büchern ein heterosexueller Held mit heterosexuellem Verkehr ist. Da die Umsetzung von Büchern zu Rollenspielen aber immer verlangt, bestimmte Szenarien freier zu gestalten, um der spielenden Person eine Entscheidungsfreiheit einzuräumen, sehe ich es als völlig unproblematisch an, Geralt eine Sexualität möglich zu machen, die unabhängiger als in der jetzigen Version ist. Als Anregung könnten „Fable“ I und II dienen. Dort ist es durch rege Interaktionen möglich, jeden NPC näher kennen zu lernen und diese haben sogar unterschiedliche Geschmäcker und Interessen. Sicher ist dieses Spielprinzip auch nicht perfekt, aber es zeigt, dass andere Varianten von Sexualität und Beziehung möglich und sogar noch ausbaufähig sind. Die technischen Möglichkeiten waren es jedenfalls nicht, die Geralt auf diese Art geschaffen haben, sondern eher die Annahme, dass eine weiße, heterosexuelle Mehrheit eben keinen schwulen Schwarzen oder eine asexuelle Asiatin sehen und spielen will.
4. Literaturliste
- Handbuch zu „The Witcher“ (2007)
- „SmartLikeMe“ (2008): „Subtle sexism: analyzing The Witcher“ http://community.feministing.com/2008/12/subtle-sexism-analyzing-the-wi.html [06.06.2010]
- Schmidt, Christian (2008): http://www.gamestar.de/news/pc/rollenspiel/1950511/the_witcher.html [06.06.2010]
[...]
Häufig gestellte Fragen zu "The Witcher"
Was ist "The Witcher"?
"The Witcher" ist ein PC-Rollenspiel aus dem Jahr 2007, das auf den Büchern von Andrezej Sapkowski basiert. Es handelt vom Hexer Geralt von Riva.
Worum geht es in "The Witcher"?
Das Spiel beginnt damit, dass Geralt schwer verletzt nach Kaer Morhen gebracht wird. Während seines Aufenthalts wird Kaer Morhen überfallen und Artefakte werden entwendet, woraufhin Geralt diese wiederbeschaffen muss.
Welche Geschlechterdarstellung findet sich im Spiel?
Die Arbeit analysiert die Genderdarstellung im Spiel, insbesondere die Darstellung von Geralt, männlichen und weiblichen NPCs, und wie sich diese in Quests widerspiegelt.
Wie wird Geralt von Riva dargestellt?
Geralt wird als starker, heterosexueller Hexer mit besonderen Fähigkeiten dargestellt. Er ist zeugungsunfähig, aber nicht impotent und für seine Kämpfe und Liebschaften bekannt. Er trägt Stahlschwert und Silberschwert, außerdem kann er Monster-Trophäen tragen.
Wie werden männliche und weibliche NPCs im Spiel dargestellt?
Männliche NPCs treten oft als Jäger, Handwerker, Soldaten, Wachen und Verkäufer auf, während weibliche NPCs häufig Kellnerinnen, Hausfrauen, Krankenschwestern, Prostituierte und Verkäuferinnen von Lebensmitteln und Schmuck sind.
Welche Minispiele gibt es in "The Witcher"?
Die Minispiele Wetttrinken, Faustkämpfe und Würfelspiel können ausschließlich mit männlichen NPCs gespielt werden.
Welche Rolle spielen Liebschaften im Spiel?
Liebschaften sind nur mit weiblichen NPCs möglich. Nach einer Sexszene erhält der Spieler eine Sammelkarte der entsprechenden Frau in einer erotischen Pose.
Wer ist die Weiße Rayla?
Die Weiße Rayla ist eine Soldatin, die im Gegensatz zu den anderen weiblichen NPCs nicht sehr feminin wirkt. Sie fordert Geralt zu einer Wette heraus und gewährt ihm im Erfolgsfall sexuelle Gunst.
Was ist die Herrin der See?
Die Herrin der See ist eine nackte weibliche NPC, die sich einsam fühlt, weil sie nur als "Kultobjekt" betrachtet wird. Geralt kann sie aufheitern.
Welche Kritik wird an der Genderdarstellung in "The Witcher" geäußert?
Kritisiert wird vor allem die Sexualisierung weiblicher NPCs, die Uniformität ihrer Körperbilder und die Darstellung von Frauen als käuflich oder leicht zu beeindrucken. Das Sammelkartenspiel mit den erotischen Bildern wird als problematisch angesehen, da es Frauen zu Objekten mache.
Welche Verbesserungsvorschläge werden gemacht?
Es wird vorgeschlagen, dass der Spieler die Sexualität von Geralt freier wählen kann, NPCs einen eigenen Willen simulieren sollten und die Sammelkarten komplett weggelassen werden sollten.
Welche anderen Beispiele für Genderdarstellung gibt es in anderen Spielen?
Die "Fable"-Reihe wird als Beispiel genannt, in dem Beziehungen und Charaktere durch eine höhere interaktive Tiefe individueller gestaltet werden können.
Was ist die Striege?
Die Striege ist ein weibliches Monster, das aus Prinzessin Adda entstanden ist. Sie verkörpert das Gegenteil der femininen Prinzessin und ist körperlich stark und aggressiv.
- Quote paper
- M.A. Luise Weinhold (Author), 2010, Genderdarstellung im Spiel "The Witcher", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1036024