1. Da sehr verschiedene Ansätze und Herangehensweisen bei der Untersuchung der Bürokratie existieren, möchte ich verschiedene Definitionen des Begriffs der Bürokratie an den Anfang meiner Arbeit stellen.
Bürokratie ist der gesamte staatliche, aus Beamten bestehende, Verwaltungsstab. (Bertelsmann: 1992)
Bürokratie ist die legal-rationale Organisationsform, kennzeichnend für jede moderne Verwaltung, im öffentlich-staatlichen Bereich sowie in Unternehmen, Betrieben, Verbänden, Parteien, Kirchen, Militärorganisationen usw. (Gabler, 1998)
Bürokratie: Beamten- und Verwaltungsapparat (Fremdwörterlexikon)
Bürokratie ist die privilegierte, vom Volk isolierte Beamtenkaste, die mit scheindemokratischer Legitimation den bürgerlichen Staatsapparat beherrscht. (Meyers Handlexikon: 1978)
2.
Bei Roschmann wird die Bürokratie als, der von der Öffentlichkeit als Prinzipal geschaffener, Handlungszusammenhang von Individuen, deren Ziel die Mehrung des eigenen Nutzens ist, thematisiert.
Von der Bürokratie machtbestimmte als nichtmarktförmige und monopolistisch produzierte öffentliche Güter sind die Leistungen, die eben jene hervorbringt.
Sie verfügt über die sogenannte Definitionsmacht, eine Nachfrage bestimmten Inhaltes als öffentliche zu definieren. Weiterhin verfügt die Bürokratie über die Droh- und Tauschpotentiale, die es ihr ermöglichen die Güter zu produzieren, die die Nachfrage befriedigen, die Produktionsmacht.
Eine Güterproduktion ist nur möglich, wenn die Bürokratie Macht erhält. In diesem Falle wird sie zum Akteur auf der Seite des Prinzipals.
Die Produktion der öffentlichen Güter kann über Instutitionen erfolgen, diese sind nicht nur rollenbildend sondern auch handlungsformend. Diese Instutitionen müssen mit den allgemeinen Instutitionen und den gesellschaftlichen Normen einhergehen.
Die Verwaltung ist der Agent, den sich die Referenzgruppe eingerichtet hat, um für diese öffentliche Güter zu produzieren. Somit ist die Verwaltung an sich auch ein Gut.
Der Agent ist eine strukturierte Mehrzahl, ein organisierter Agentenapparat der den institutionalisierten Handlungszusammenhang darstellt. Das Einzelne ihr Handeln an ihm als gedachte Größe ausrichten, ist dabei eine Funktionsbedingung.
Es ist wichtig den Güterbegriff nicht mit dem der Aufgaben zu verwechseln. Die jeweiligen Eigenschaften der Aufgaben hängen davon ab, wer der Agent ist oder wer der Prinzipal ist. Nichtstaatliche, öffentliche Aufgaben lassen sich in zwei Gruppen teilen. Die erste Gruppe umfasst die Aufgaben, die von Organisationen wahrgenommen werden, wobei diese Organisationen öffentlich-rechtlich organisiert sind und öffentlichen Status haben z.B. Handwerkskammern, Ärztekammern... .
Aufgaben die von Privaten erledigt werden, fallen in die zweite Gruppe. Diese Privaten werden vom Staat gefördert wie z.B. das Rote Kreuz.
Neben diesen beiden Hauptgruppen existieren Aufgaben die sich mit einer Gewinnerzielungsabsicht überschneiden, sie produzieren die sogenannten meritorischen Güter wie z.B. der ADAC.
In politischen Entscheidungen werden aber auch diese Aufgaben als öffentliche identifiziert. Die NGOs und die Privaten, die die Produzenten dieser Güter sind, werden als Dritter Sektor, zwischen Staat und Markt, bezeichnet. Zwischen dem Dritten Sektor und dem Staat liegen die verselbständigten Verwaltungsträger.
Die Güter produziert der Agentenapparat nach den Vorstellungen und Weisungen der Referenzgruppe.
Die Güterproduktion der öffentlichen Verwaltung funktioniert also nur, wenn sie über die Macht verfügt Befehle zu erteilen und diese notfalls mit Gewalt, gegen den Teil des Prinzipals, der mit dem Aufgabeninhalt oder mit der Ausführung nicht einverstanden ist, durchzusetzen. Eine Verwaltung die das Gewaltmonopol besitzt wird, unter der Betrachtung des Herrschaftsaspektes, hoheitliche Verwaltung genannt.
Da die Produktion der öffentlichen Güter nicht auf einer Austauschlogik basiert und sie monopolistisch ist, können die Ressourcen nicht nach einer Austauschlogik auf dem Markt beschafft werden. Ihre Beschaffung erfolgt durch eine Gewaltlogik und wird durch Renten finanziert.
Die Renten sind Erträge von nicht produktiv eingesetzten Ressourcen, die über den nächstbesten produktiven Verwendungen liegen.
Das Ergebnis interner Macht- und Verteilungskämpfe des Prinzipals, die durch kulturelle Inhalte (Normen) mitbestimmt werden, bilden den Inhalt der Aufträge des Prinzipals an die Bürokratie.
Durch Machtakkumulation, die durch Rentenakkumulation erfolgt, hat die Verwaltung größere Möglichkeiten im Punkt der Auftragsinhalte mitzureden. Dadurch wird Verwaltung zum Auftragsgeber und Auftragsnehmer. Sie wird zu einem gesellschaftlichen Akteur, der Macht einsetzt um mehr Macht zu erhalten. So kommt es zu einer Überlagerung der Produktionslogik von der Machtlogik, der Herrschaftsaspekt tritt in den Vordergrund und die Verwaltung wird zur Bürokratie.
Der Staat wird als Apparat von Ausführungsgehilfen gesehen, das zum Begriff des Staatsapparates führt.
Die durch die Gehilfen zu erledigen Aufgaben entsprechen dem Begriff des Gemeinwohls. Die Voraussetzung für die Ausführung der Aufgaben ist die gemeinsame Willensbildung der Auftraggeber über die Inhalte der Aufgaben. Dies bedeutet ferner Macht für diejenigen, deren Interessen Teil des Inhaltes der Aufgaben sind.
Existiert keine dominante Gruppe, kommt es zur Schaffung von Eigentumsrechten, die durch einen Vertag von allen Beteiligten gesichert
werden. Jetzt besteht die Möglichkeit einen Agenten zu schaffen, der auf der Grundlage diese Vertrages gegen Abweichungen der Beteiligten sanktionsberechtigt ist. Dieser Agent besitzt dann das Gewaltmonopol unter den Vertragsabschließenden, der Agent heißt nun Staatsbürokratie.
Die Institutionen werden in der neuen Institutionenökonomie als Ergebnis individueller Wahlhandlungen angesehen. Die Institution an sich ist ein öffentliches Gut, nach dem Nachfrage besteht. Ein solches Gut hat Zugriff auf den Befehlsmechanismus der staatlichen Bürokratie. Im Interesse des Zugreifenden erfolgen Einzelentscheidungen, die in Normen gefasst sind und Güter darstellen.
Ein wichtiger Bezugspunkt der bürokratischen Güterproduktion sind Weltanschauungen. Sie haben Einfluss auf den Inhalt von Normen und wirken handlungsleitend als Faktor der Interpretation von Normen und der Ausfüllung von Handlungsspielräumen. Bei Roschmann sind Normen und Weltbilder inhaltliche Bestimmungsgrößen für die bürokratische Güterproduktion.
Die Aufträge, die die Bürokratie als Agent ausführt, sind generalisiert und abstrakt. Die vom Prinzipal gesetzten Normen müssen sich an den allgemeinen Normen ausrichten.
3.
Während Roschmann die Bürokratie eher unter einem Macht- und Güterproduktionsaspekt untersucht, werden bei Weber der Aufbau und die wichtigsten Merkmale der Bürokratie betrachtet.
Die wichtigsten Merkmale hierbei sind Amtshierarchie, Amtskompetenzen, sachliche Amtspflichten, Fachschulung und Amtsdiziplin. Diese werde ich nun näher erläutern.
In der Bürokratie wird durch Gesetze oder Verwaltungsreglements das Prinzip der festen und generell geordneten behördlichen Kompetenzen geregelt. Die amtlichen Pflichten stellen eine feste Verteilung der regelmäßigen, erforderlichen Tätigkeiten dar.
Die zur Erfüllung dieser Pflichten erforderlichen Befehlsgewalten, sind ebenfalls fest verteilt und die Zwangsgewalten, derer sie sich bedienen sind durch Regeln begrenzt. Um der Erfüllung dieser Pflichten und der Ausübung der Rechte nachzukommen, werden Personen angestellt, die über generell geregelte Fähigkeiten verfügen.
Durch diese drei Faktoren wird die bürokratische Behörde in einer öffentlich- rechtlichen Herrschaft konstituiert.
Derartige Instutitionen sind erst im modernen Statt voll entwickelt.
Das Prinzip der Amtshierarchie und des Instanzenzuges stellt ein festes System von Über- und Unterordnung der Behörden dar. Es wird von einer monokratisch geordneten Amtshierarchie gesprochen, wenn dieser Typus voll entwickelt ist.
Die moderne Ausführung der Aufgaben beruht auf Schriftstücken, die Akten genannt werden.
Das Büro ist folgendermaßen der Umfang der Beamten, die bei einer 4
Behörde tätig sind in Verbindung mit dem entsprechenden Sachgüter- und Aktenapparat. Die Amtstätigkeit wird hierbei von der Privatsphäre geschieden und auch zwischen amtlichem und privatem Besitz wird eine Grenze gezogen. Die Amtstätigkeit setzt eine Fachschulung voraus und nimmt die gesamte Arbeitskraft des Beamten in Anspruch. Das Amt ist Beruf. Die Voraussetzungen für den Zugang sind Bildung und Fachprüfungen. Beim Eintritt in das Amt erfolgt ein Tausch von Amtstreuepflicht gegen eine gesicherte Existenz. Diese Treuepflicht hat sachlichen Zweckcharakter.
Zur persönlichen Stellung des Beamten lässt sich sagen, dass er gegenüber den Beherrschten eine gehobene, ständische soziale Schätzung genießt.
Wobei ich der Meinung bin, dass heutzutage eine Umkehrung dieses Verhältnisses stattfindet, da die Ausbildung zum Beamten nicht mehr an Besitz gebunden ist und die Bürger zum Neid und Verdruss gegenüber des Beamten neigen. Webers Begründung zu diesem Umstand ist eine starke Labilität der sozialen Schichtung und ein geringer Bedarf nach fachlich geschulter Verwaltung.
Im reinen Typus ernennt die übergeordnete Instanz den Beamten.
Der von den Beherrschten gewählte Beamte ist keine rein bürokratische Figur. Die Straffheit der hierarchischen Unterordnung wird durch die Bestellung der Beamten durch die Wahl der Beherrschten modifiziert.
Diese Beamten sind selbständig gegenüber den, im Instanzenzug übergeordneten, Beamten, ad sie ihre Stellung von “unten” herleiten. Ihre Karriere ist in erster Linie nicht von den Vorgesetzten innerhalb des Verwaltungsdienstes abhängig.
Der von seinem Herrn ernannte Beamte funktioniert exakter, da rein fachliche Gesichtspunkte und Qualitäten seine Auslese und seine Karriere bestimmen. Das Kennzeichen des Beamten gegenüber den Arbeitern und Angestellten, ist die Lebenslänglichkeit der Stellung in öffentlichen bürokratischen Gebilden.
Wobei dies nicht, wie in der Vergangenheit, als ein Besitzrecht am Amt darstellt, sondern eine Garantie für die streng sachliche Ableistung der betreffenden spezifischen Amtspflicht ist. Die größere Abhängigkeit jener Beamten von der Herrschaft ist dabei eine stärkere Garantie für eine standesgemäße Lebensführung. Es existiert ein natürliches Streben der Beamten nach dem Beamtenrecht. Die materielle Sicherheit im Alter und die Garantie gegen willkürlichen Entzug des Amtes lassen die große Abhängigkeit von oben als nicht schwer empfinden.
Der Beamte ist auf eine Laufbahn von unten nach oben eingestellt.
Der Boden für eine Bürokratisierung der Verwaltung war die spezifische Art der Entwicklung der Verwaltungsaufgaben.
Die quantitative Entfaltung stellt den klassischen Boden der Bürokratisierung dar z.B. der Großstaat, die Massenpartei.
Die qualitative Erweiterung und die innere Entfaltung des Aufgabenkreises der Verwaltung ist ebenfalls eine Bedingung für die Bürokratisierung.
- Arbeit zitieren
- Melanie Sorge (Autor:in), 2001, Die Entwicklung der Bürokratie bis 1945 und moderne Bürokratietheorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103602
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