Diese Seminararbeit soll einen Überblick über die wichtigsten Einsatzformen der Sklaverei verschaffen und mithilfe von Primär- und Sekundärquellen der Frage nach der gesellschaftlichen Bedeutung und Rolle der Sklavinnen im typischen athenischen Haushalt sowie deren Beteiligungsgrad am sozialen und kulturellen Wesen im klassischen Athen nachgehen. Im ersten Teil wird die Darstellung der wichtigsten Aufgaben der Sklavinnen im Bereich der Haushaltsführung und der Textilverarbeitung vorgestellt. Darauf aufbauend werden im zweiten Teil die Bedeutung und Tätigkeiten der Ammen erläutert. Im Fokus des dritten Kapitels steht die Unterscheidung zwischen Prostituierten und Hetären sowie ihre jeweiligen Arbeitsbereiche und gewöhnlichen Arbeitskontexte. Zum Schluss werden die wichtigsten Aspekte zusammengefasst und die Rolle und Bedeutung der Sklavinnen im Haus und im Gesellschaftsleben im klassischen Athen hervorgehoben.
Bei der Sklaverei handelte es sich um ein durchaus verbreitetes Phänomen, das in politischer, ökonomischer, und insbesondere in gesellschaftlicher Hinsicht zweifellos eine bedeutsame Rolle in der historischen Entwicklung der Polis Athen spielte. Die verschiedenen Einsatzformen bzw. Arbeitsbereiche der Sklaverei betrafen sowohl männliche, als auch weibliche Unfreie. Die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der Sklavinnen reichten von Aufgaben im Bereich der Haushaltsführung und Textilverarbeitung über die Betreuung und Pflege der Kinder bis hin zur Prostitution und Hetärentum.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung.
2. Einsatz von Sklavinnen in Szenen des Alltagslebens
2.1 Haussklavinnen: Haushaltsführung und andere Tätigkeiten.
2.2 Sklavinnen in der Textilverarbeitung außerhalb des Hauses
2.3 Ammen: Tätigkeiten und Bedeutung in der Familie
3. Prostitution und Hetärentum
3.1 Begriffliche Unterscheidung und Quellenstand.
3.2 Hetären: Flötenspielerinnen und Tänzerinnen.
3.3 Prostituierte in Verbindung mit den athenischen Bordellen.
4. Fazit
5. Anhang.
6. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Bei der Sklaverei handelte es sich um ein durchaus verbreitetes Phänomen, das in politischer, ökonomischer, und insbesondere in gesellschaftlicher Hinsicht zweifel- los eine bedeutsame Rolle in der historischen Entwicklung der Polis Athen spielte. Die verschiedenen Einsatzformen bzw. Arbeitsbereiche der Sklaverei betrafen so- wohl männliche, als auch weibliche Unfreie. Die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder der Sklavinnen reichten von Aufgaben im Bereich der Haushaltsführung und Textil- verarbeitung über die Betreuung und Pflege der Kinder bis hin zur Prostitution und Hetärentum.
Als Hauptquellen, die die Funktionen der Sklavinnen im klassischen Athen doku- mentierten lassen sich diverse literarische und materielle Zeugnisse finden. Die Un- vollständigkeit der gegenständlichen Quellen erschwert es allerdings, über einen vollständigen und lückenfreien Wissenstand zu verfügen. Weiterhin ist bei den lite- rarischen Quellen, unter anderem Komödien, Tragödien und Gerichtsreden mit einer subjektiven Stellungnahme und einer Geschichtserzählung, die nicht identisch der historischen Wirklichkeit entspricht, zu rechnen. Zahlreiche Forschungsbeiträge in der Sekundärliteratur bieten allerdings eine andere, zeitgenössische Betrachtungs- weise der Sklaverei.
Schumacher weist auf die spärlichen Überlieferungen über den konkreten Einsatz von Sklavinnen in der antiken Geschichtsschreibung hin. Dennoch gelingt es ihm einen generellen Überblick über alle Tätigkeitsfelder der Sklavinnen zu liefern. Eine trennscharfe Unterscheidung zwischen den Begriffen Hetäre und Prostituierte ist aber seiner Meinung nach, aufgrund der mangelhaften archäologischen Beweise, nicht möglich.1 Weiterhin macht Hartmann auf die Vielfalt der Wertungen des He- tärenwesens und der Prostitution in der Forschung aufmerksam. Die charakteristi- sche Typologie der „Sexarbeiterinnen“ wird insofern begünstigt, dass die Hetären oft mit einem elitären Lebensstil im Rahmen des Symposions in Verbindung ge- bracht werden; während die Prostituierten eher als preisgünstigere Alternative zu den kostenaufwendigen Hetären bezeichnet werden. 2 Auf der anderen Seite werfen
Glazebrook und Henry einen komplett anderen Blick auf die Lebenswelten der Pros- titution. Sie weisen auf die zunehmende Faszination für die Forschung in diesem Gebiet und auf den engen Zusammenhang zwischen Prostitution und der männlichen Identitätsbildung im klassischen Athen, hin. Darüber hinaus üben sie Kritik an der gesellschaftlichen Abgrenzung und der teilweisen Degradierung der „einfachen Bor- dell-Prostituierten“ im Gegenteil zu den positiveren und ausführlicheren Darstellun- gen der Hetären.3
Der Forschungsstand in diesem Gebiet ist hauptsächlich auf die Hetären und die Prostituierten beschränkt. Selbst wenn die Tätigkeiten der Ammen ebenfalls erläutert werden, bleiben andere Lebens- und Arbeitsbereiche der Sklavinnen weit weniger erforscht. Diese Seminararbeit soll einen Überblick über die wichtigsten Einsatzfor- men der Sklaverei verschaffen und mithilfe von Primär- und Sekundärquellen der Frage nach der gesellschaftlichen Bedeutung und Rolle der Sklavinnen im typischen athenischen Haushalt sowie deren Beteiligungsgrad am sozialen und kulturellen We- sen im klassischen Athen, nachgehen.
Im ersten Teil wird die Darstellung der wichtigsten Aufgaben der Sklavinnen im Bereich der Haushaltsführung und der Textilverarbeitung vorgestellt. Darauf aufbau- end werden im zweiten Teil die Bedeutung und Tätigkeiten der Ammen erläutert. Im Fokus des dritten Kapitels steht die Unterscheidung zwischen Prostituierten und Hetären sowie ihre jeweiligen Arbeitsbereiche und gewöhnlichen Arbeitskontexte. Zum Schluss werden die wichtigsten Aspekte zusammengefasst und die Rolle und Bedeutung der Sklavinnen im Haus und im Gesellschaftsleben im klassischen Athen hervorgehoben.
2. Einsatz von Sklavinnen in Szenen des Alltagslebens
2.1 Haussklavinnen: Haushaltsführung und andere Tätigkeiten
Die Sklavinnen sind oft in Szenen des Alltagslebens vorzufinden. Die Einsatzformen der im Haus arbeitenden weiblichen Sklaven waren jedoch nicht sehr vielfältig. Da die bürgerliche Frau von zahlreichen Arbeitsfeldern ausgeschlossen wurde, waren ihre Aufgaben und Tätigkeiten vor allem auf den Haushalt beschränkt. Unfrei Mägde wurden allerdings zur Unterstützung der Hausfrauen eingesetzt und beschäftigten sich vorwiegend mit der Weberei. Über die genaueren Berufsangaben der Sklaven und Sklavinnen sind in Inventarlisten vom 4. Jahrhundert v. Chr. aufschlussreiche Informationen zu finden. Eine Inschrift von 340-320 v. Chr. dient als Beleg für das Vorhandensein von ungefähr 77 ehemaligen Sklavinnen in Athen. Davon waren 48 in der Manufaktur tätig (44 in der Textilproduktion, 2 in der Schuhproduktion); 7 waren Geschäftsinhaberinnen und 21 waren ehemalige Hausdienerinnen.4
Bei der Wollarbeit und der Gerberei waren sowohl Sklaven als auch Sklavinnen tä- tig.5 Sklavinnen wurden ebenfalls für die Garten- und Feldarbeit eingesetzt, dennoch zählten Botengänge, Einkäufe und die Versorgung der Kinder zu weiteren alltägli- chen Einsatzbereichen. 6 Im Xenophon Oikonomikos wird das Einkaufen näher erläutert: „[...] you can order any of the slaves to buy anything you want from the market and bring it to you [...]“7 Der griechische Schriftsteller beschreibt den typi- schen athenischen Haushalt und betont die Zusammenarbeit der Hausfrau mit den weiblichen Unfreien. Diese arbeiteten oft mit den Sklavinnen zusammen am Web- stuhl oder in der Küche, wo Brot gebacken und die Wäsche gewaschen wurde. Be- züglich der Pflege und Versorgung der Kinder ist damit zu rechnen, dass freie und unfreie Frauen gemeinsame Schlafräume hatten. Es wird vermutet, dass insbeson- dere in Haushalten mit kleinen Kindern wenigstens eine Sklavin im gleichen Zimmer der Herrin geschlafen hat.8
Die engere Verbindung dieser Sklavinnen mit ihren Herrinnen zeigt sich besonders dadurch, dass lediglich unfreie Frauen für sehr spezielle Aufgaben eingesetzt wur- den: “sei es, dass sie ihnen bei der Toilette behilflich sind, ein Schmuckkästchen überreichen oder sonstige Serviceleistungen verrichten“.9 Darüber hinaus sollen die gemeinschaftlichen häuslichen Aufgaben, darunter die Textilarbeit, diese Verbun- denheit zwischen Sklavin und Herrin gefördert haben.10
Vorwiegend dienen Fragmente aus Komödien und anderen literarischen Quellen als Belege für die Einsatzformen der Haussklaverei. Haussklavinnen treten, wenn auch nur in eher untergeordneten Rollen, in den Dramen wichtiger Dichter der griechi- schen Klassik wie Aischylos, Euripides und Sophokles, auf. Trotz des Nahverhält- nisses zu ihrem Herrn und deren Zugehörigkeit zur Familie ist vor allem über den niedrigen sozialen Status und Rechtlosigkeit der Sklaven und Sklavinnen die Rede.11 In den Komödien werden oft auch die Unfreien und deren niederen Aufgaben, bei- spielsweise das Gepäcktragen, thematisiert.12
2.2. Sklavinnen in der Textilverarbeitung außerhalb des Hauses
Sklavinnen wurden nicht ausschließlich im Haus eingesetzt, sondern erledigten wei- tere Aufgaben der Textilarbeit außerhalb des Herrenhauses. Trotz der Lückenhaf- tigkeit der literarischen Quellen wird die Möglichkeit vorgesehen, dass billige Bor- delle gleichzeitig als Textilfabriken benutzt wurden. Die archäologischen Quellen dienen der Rekonstruktion verschiedener Strukturen, die höchstwahrscheinlich ihre Funktion als Bordelle erfüllten. Die in den letzten Jahrzenten durchgeführten Aus- grabungen und die zunehmende Forschung in diesen Bereichen lassen vermuten, dass in einem athenischen Stadtviertel namens Kerameikos, Prostitution bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. betrieben wurde.13
Der Fund Hunderter von Trink- und Speisegefäßen schient eine weitere Aufgabe des Baus Z3, nämlich die eines Wirthauses, zu dokumentieren, und kleine weibliche Götter- bilder in Statuettenform oder auf Amuletten sprechen dafür, daß die Bewohnerinnen des Hauses Sklavinnen, vielleicht Hetären, die den Webstuhl und die Gäste bedienten.14
Die archäologischen Funde dienen als Beweis dafür, dass in diesem Gebäude Tex- tilproduktion betrieben wurde. Ob genau die gleichen Sklavinnen, die nachts als Prostituierte arbeiteten, tagsüber in der Textilverarbeitung beschäftigt waren, lässt sich nicht unzweifelhaft klären.15
2.3 Ammen: Tätigkeiten und Bedeutung in der Familie
Zum Hauspersonal einer vornehmen Familie zählten auch die Sklavinnen, die mit der Erziehung, Versorgung und Pflege der Kinder beschäftigt waren. Den sogenann- ten Ammen wurden vorwiegend die Stillfunktion und die gesamte Betreuung des Kindes übertragen. Unabhängig von deren Herkunft war insbesondere ein guter Wille Voraussetzung für den Umgang mit den Kleinkindern. Diesbezüglich legt Pla- ton besonderen Wert auf die durchgehende „Betreuung und Bewegung des Leibes und der Seele“ der ganz kleinen Kinder. Er geht ebenfalls auf den Sklavenstatus der Kinderwärterinnen ein.16 In der Regel übergab man die Kinder während der Stillzeit der Amme und für die Pflege der folgenden Lebensjahre der Wärterin. Diese hatten häufig einen unfreien Status und waren zudem meist ausländischer Herkunft.17
Neben den beliebten Thrakerinnen sind durch literarische und epigraphische Quel- len, lässt sich die Existenz von Ammen aus Phrygien, Makedonien, Kiliken und der Peloponnes belegen.18
In hellenischen Papyri sind Ammenverträge enthalten, in denen Sklavinnen und ver- armte freie Frauen zum Ammendienst eingestellt wurden. Ältere, erfahrene Ammen übten ebenso Hebammenfunktionen aus und spielten eine Rolle als Geburtshelferin- nen.19 Die Aufgaben der Ammen waren in den ersten Jahren für Jungen und Mäd- chen gleich, die Mädchen blieben allerdings länger unter deren Betreuung. In diesen Jahren machten sich die Mädchen mit den Aufgaben und Pflichten im Haushalt ver- traut. Dadurch wurden die Ammen eher zu Vertrauten und übernahmen zunehmend andere Mutterpflichten. Die Übertragung solcher Aufgaben an Ammen war ur- sprünglich auf die höheren Bevölkerungsschichten beschränkt, in klassischer Zeit wurde es allerdings zum Normalfall für den Großteil der bürgerlichen Familien.20
An mehreren Abbildungen der Vasenmalerei lassen sich die enge Verbindung der Ammen mit den Kleinkindern sowie die enge Beziehung mit den Müttern erkennen. Die zentralen Motive der Bilder sind die Übergabe des Kindes von der Mutter an die Amme und die Kinder in den Armen der Amme. Die Präsenz der Mütter auf den
Bildern stellt die Dreierkonstellation der Ammen mit Kind und Mutter dar. Ein atti- sches Grabrelief von ca. 430 v. Chr. bildet eine ähnliche Szene ab.
Die stehende Amme beugt sich ein wenig vor, um den nackten Knaben aus den Händen seiner Mutter entgegenzunehmen, wobei er ihr die Arme entgegenstreckt, ein Motiv inniger Vertrautheit.21
Reste von Grabmalen lassen vermuten, dass die Ammen sogar freigelassen wurden, oder als Symbol der Dankbarkeit für ihren treuen Dienst, ihre Gehorsamkeit und Leistungsbereitschaft nach ihrem Tod mit Statuen geehrt wurden.22 Bezüglich der Bedeutung der Ammen sollen sie eine relevante Rolle in der Betreuung wichtiger Philosophen, Helden und Könige der griechischen Antike gespielt haben. Während der Stillzeit des Kindes entstand nämlich eine seelische Verbundenheit, die oft das ganze Leben lang anhielt.23
Das bezeugen uns reizvolle Vasenbilder und Terrakottafiguren, besonders aber die Denkmäler, die die Ammen und Kindefrauen im Totenkult erhalten haben. Seien es Grabstelen mit Relief oder schlichte Inschriften nur, die „tüchtige Amme“ mit dem Namen nennen: diese Weihungen erheben die Sklavin in den Kreis der Verwandten.24
Als Beispiel dient eine Unfreie von der Insel Kythera namens Malicha, die von dem Peloponnesier Diogeitos gekauft und als Amme für seine Kinder eingesetzt wurde. Ein Grabepigramm von Piräus gibt Auskunft darüber. Die Übersetzung dieses Epi- gramms lautet: „Erde deckt hier die Amme der Kinder des Diogeitos von der Pelo- ponnes, die äußerst rechtschaffene Malicha von Kythera.“ 25 Angeblich handelt es sich um das älteste Epigramm einer Amme und gleichzeitig um die erste literarische Würdigung einer Bediensteten durch ihren Herrn.
Die Grabdenkmale der Ammen Paideusis und Pyraichme sind ein Beispiel für besser erhaltenen archäologischen Quellen, die die Bedeutung der Ammen in zahlreichen athenischen Haushalten der klassischen Zeit aufzeigen. Beide Grabreliefs stammen aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Dargestellt sind die Ammen entweder al- lein oder mit stehenden Begleitfiguren; die Grabinschriften mit der Berufsangabe lassen diese als solche identifizieren. Darüber hinaus wird auf den Sklavenstatus der eben erwähnten Ammen durch ihre typischen Sklavennamen und vor allem durch das Epitethon χρηστη, das in Grabinschriften in der Regel für Unfreie verwendet wird, hingewiesen.26
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