Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Musikerziehung in der Grundschule
2.1. Ziele und Inhalte der Musikerziehung
2.2. Was verlangt der Rahmenplan der Grundschule in bezug auf das Verstehen klassischer Musik?
3. Musikrezeption und -verhalten im jüngeren Schulalter
3.1. Musikrezeption von Schülern
3.1.1. Methoden zur Ermittlung der musikalischen Rezeption
3.2. Musikalisches Verhalten von Schülern
4. Musikalisches Verstehen
4.1. Allgemeiner Verstehensbegriff
4.2. Ästhetisches Verstehen und Bildung
4.3. Was heißt Musik verstehen?
4.4. Musikverstehen - Weltverstehen - Selbstverstehen
5. Medien - Eine Begriffsbestimmung
5.1. Was verstehen wir unter Medien?
5.2. Die Bedeutung des Umgangs mit Medien für den Musik- unterricht der Grundschule
6. Zum Klassikbegriff
6.1. Der Klassikbegriff im engeren Sinne
6.1.1. Allgemeiner Klassikbegriff Uta Hotze „Das Verstehen von klassischer Musik im Medienzeitalter
6.1.2. Der Klassikbegriff speziell für Schüler
6.2. Analyse der Begriffsbestimmung im engeren Sinne
6.3. Der Klassikbegriff im weiteren Sinne
7. Klassische Musik - Ein didaktisches Problem?
7.1. Der Gegenstand aus historischer Sicht
7.2. Die gegenwärtige Situation in Deutschland
7.3. Die Zielgruppe
7.4. Didaktische Konsequenzen
7.5. Didaktisch - methodische Überlegungen
7.6. Fazit
8. Was bieten Musiklehrbücher zum Umgang mit klassischer Musik?
8.1. Musikbücher aus dem Klett Verlag
8.2. Musiklehrgang aus dem Mildenberger Verlag
8.3. Musiklehrbücher aus dem Volk und Wissen Verlag
8.4. Das Quartett Musikbuch 1-4 - Analyse der angebotenen klassischen Werke nach Zielen und Inhalten
8.5. Schlußfolgerungen aus der Betrachtung der Musik- Lehrbücher
9. Das Verstehen klassischer Musik im Medienzeitalter - Schluß- folgerungen
10. Literaturverzeichnis
Anlagen
1. Einleitung
Natürlich ist „Klassik“ nicht gerade die Musik, mit der Schüler ihre Freizeit akustisch gestalten, zu der sie tanzen, Schulaufgaben machen oder die sie vor sich hin singen. Im Zeitalter von Pop, Rock, Techno, Hip Hop usw. ist für den größten Teil der Schüler „Klassik“ überhaupt kein Thema, kein ernstzunehmendes Angebot zur Befriedigung ihrer unmittelbaren, subjektiven musikalischen Bedürfnisse.
Wie soll man also mit der weiter abnehmenden Akzeptanz für „Klassische Musik“ umgehen, wenn die meisten Schüler gar nicht mehr bereit und in der Lage sind, sich halbwegs vorurteilsfrei auf diese Musik einzulassen? „Klassischer Musik“ fehlt in der heutigen Zeit vielfach der Rückhalt in den Elternhäusern. Das heißt nicht, daß „Klassik“ früher populärer und brei- tenwirksamer gewesen wäre als heute, aber ihr kultureller und erzieheri- scher Stellenwert wurde in der Regel auch von denen akzeptiert, die selbst nichts oder wenig mit „Klassischer Musik“ anfangen konnten.
Das gravierende Problem liegt aber tiefer. Schule muß in wachsendem Maße die Funktion einer Aufbewahrungsanstalt erfüllen, wofür sie nicht eingerichtet, worauf sie nicht vorbereitet und was auch nicht ihre Aufgabe ist. Schule darf heute für den Schüler nicht zu anstrengend sein, muß vor allem Spaß machen und sollte Bedürfnisse befriedigen.
Das Fach Musik wird so mehr in die Rolle eines Ausgleichfaches ge- drängt, als das ursprünglich konzipiert war. Musik, das Fach, welches von den Schülern immer weniger akzeptiert wird, und speziell die „Klassik“ verliert ihre eigentliche Bedeutung und vielleicht sogar ihre Existenzbe- rechtigung.
Ziel dieser Arbeit ist es, von theoretischen Grundpositionen zur Begriffs- klärung ausgehend aufzuzeigen, daß es verschiedene Möglichkeiten im Musikunterricht der Grundschule gibt, mit klassische Musik umzugehen. Dabei sollen Ziele, Inhalte der Musikerziehung und der Rahmenplan für die Grundschule einbezogen werden, um dort nach dem Stellenwert klassi- scher Musik zu suchen.
Um die heutige Situation von Schülern in bezug auf den Musikkonsum einzuschätzen, sollten zusätzlich Informationen über musikalisches Verhalten und Musikrezeption einfließen.
Im Weiteren soll von der Klärung des allgemeinen Verstehensbegriffs ausgehend, abgehandelt werden, welche Bedeutung dem Musikverstehen zukommt.
Ob klassische Musik ein didaktisches Problem darstellt, wird im folgenden Gliederungspunkt dargestellt.
Außerdem muß untersucht werden, was Musiklehrbücher für die Grundschule zum Verstehen klassischer Musik anbieten.
Abschließend werden im Anhang Anregungen gegeben, wie der praktische Umgang mit Klassik in der Grundschule aussehen kann, wie sie attraktiver und interessanter für die Kinder gestaltet werden könnte.
2. Musikerziehung in der Grundschule
2.1. Ziele und Inhalte der Musikerziehung
Die Musikerziehung in der Grundschule muß den elementaren Bedürfnis- sen der Kinder, sich motorisch, mimisch und stimmlich zu äußern , gerecht werden. Sie soll zur Erweckung, Erhaltung und Förderung der Begeiste- rung, Lernfreude, Lust und des Genusses sowie des Spaßes am Singen, Musizieren und Bewegen führen. Die Schulung des Ausdrucks-, Wahr- nehmungs-, Einfühlungs- und Empfindungsvermögens sowie Musikerle- bens, diese Erlebnisfähigkeit anzubahnen und zu steigern, ist ein wesent- liches Ziel des Musikunterrichtes. Die Kinder sollen durch vielfältige An- gebote zum eigenständigen Umgang mit Musik angeregt und befähigt werden.
Der Musikunterricht in der Grundschule wird durch drei Handlungsbereiche bestimmt, die verbunden und in interessanten Vorschlägen und Angeboten unterbreitet, den Schüler zum selbstbestimmten Umgang mit Musik motivieren sollen.
- Singen und Musizieren
- Bewußtes Hören von Musik und Geräuschen
- Umsetzen von Musik in andere Ausdrucksmedien
Musikerziehung stellt sich die Aufgabe, mehr denn je ein integrierter Be- standteil der Schule zu werden. Musik in der Grundschule kann nicht nur als Fachunterricht verstanden werden. Sie ist vielmehr unverzichtbarer Bestandteil des gesamten Schullebens geworden. In den musikalischen Bereichen Lied, Spiel und Tanz erlebt das Kind seine Umwelt, lernt, sie zu begreifen. Der Musikunterricht sollte fächerübergreifend wirken, d. h. es sollten viele Anlässe und Situationen geschaffen werden, Kinder musikalisch zu motivieren und sie aktiv werden zu lassen.1
In einer Wechselwirkung stehen die Ausdrucksfähigkeiten des Kindes durch Sprache, Bewegung, Farbe, Gesten, Mimik, elementares Musizieren, Singen und nachgestaltendes Hören. Gerade durch diese Wechselwirkung wird die Lust der Kinder, sich durch Musik zu artikulieren und Musik zu konsumieren, gestärkt.2
Kreative schöpferische Kräfte des Kindes sollen im Musikunterricht freigesetzt werden. Die Entfaltung und Entwicklung der Faszination und Freude an den vielfältigen musikalischen Tätigkeiten enthält den Prozeß der Aneignung musikalischer Einstellungen - Einstellungen im Sinne eines musikalischen Grundverhaltens.3
In der Grundschule sollen grundlegendes musikalisches Wissen und Kön- nen sowie musikalische Fähigkeiten, die nie losgelöst vom Umgang mit Musik sein dürfen, entwickelt und gefördert werden. Die Sensibilisierung für Musik aus verschiedensten musikalischen Bereichen muß dafür ge- nutzt werden.
Die natürlichen Bedürfnisse des Grundschülers, sich motorisch, mimisch und stimmlich ausdrücken zu wollen, müssen durch differenzierte Umgangsweisen mit Musik berücksichtigt werden.
Die Anbahnung, Entwicklung und Förderung vielfältiger Umgangsweisen mit Musik ist grundsätzliche Aufgabe der Musikerziehung. Entsprechende Umgangsweisen mit Musik sind:
- Produktion von Musik (Komponieren, Improvisieren, Experimentieren) n Reproduktion von Musik ( solistisches oder chorisches, vokales oder instrumentales Umsetzen schon vorhandenen Klangmaterials) n Rezeption von Musik (hörende Aufnahme von selbständiger und nicht selbständig erzeugter Musik)
- Transposition von Musik (Transformation / Umsetzung von Höreindrü- cken in andere Ausdrucksmedien, wie Spiel, Szene, Tanz, Bewegung, gegenständliche und abstrakte bildnerische Darstellung) n Information von Musik (Wissenserwerb über Musik und deren Zusammenhänge)
- Reflexion über Musik (Nachdenken und Sprechen über Musik, theoreti- sche Kenntnisaneignung)
Musik soll nicht nur Mittel zum Zweck sein, sie soll vielmehr die Freude an Musik, d. h. am Musikhören und am selbst Musikmachen motivieren und fördern. Das musikalische Erleben und die Freude an der musikalischen Tätigkeit sowie die musikalische Tätigkeit selbst sind Mittelpunkt und zugleich Grundlage für musikalische und soziale Fähigkeiten.4
2.2. Was verlangt der Rahmenplan der Grundschule in bezug auf das Verstehen klassischer Musik?
Der Musikunterricht des Landes Brandenburg wird durch drei Handlungsbereiche bestimmt. Diese sind: Singen und Musizieren, Musik hören und Musik umsetzen.
Die Empfehlungen des Rahmenplanes hinsichtlich der Vorbereitung auf das Verstehen von klassischer Musik sind vielfältig.
Im Bereich Singen und Musizieren steht das Musikmachen im Vorder- grund. Den Kindern sollen hier Möglichkeiten zum spielerisch - experimen- tellen, improvisierenden und ausprobierenden Umgang mit Musik geboten werden. Dazu gehören eigene Gestaltungsversuche, Kenntnisse von Lie- dern und individuelle Fertigkeiten im Umgang mit Musikinstrumenten. Im Bereich Singen soll das ausdrucksvolle und klangschöne Singen mit Hilfe stimmlich - sängerischer Mittel erlernt und mit spielerischen Übungen zur Stimmbildung ausgebaut werden. Ebenso große Bedeutung wird der abwechslungsreichen Gestaltung der Lieder zugemessen. Mit diesem Potential, welches das Singen bietet, sollen die Schüler moti- viert werden, gerade außerunterrichtlich am Singen Spaß zu haben, d. h. selbst in Chören zu singen, Liedgut in Bewegung und Tanz zu transformie- ren usw.
Im Bereich Musizieren erfahren die Schüler den unkonventionellen Um- gang mit Klangerzeugern. Dabei lernen sie im Kontakt mit körpereigenen und einfachen, selbstgebauten, elementaren Instrumenten, Geräusche und Klänge darzustellen. Das Orffsche Instrumentarium wird eingesetzt, um die unterschiedlichen Klangfarben zu entdecken und zu verdeutlichen. Der Umgang mit Instrumenten bereitet den Schülern viel Freude und soll so Anregung geben, vielleicht selbst ein Instrument zu erlernen. Der Begriff Klassik oder klassische Musik taucht im Bereich des Singens und Musizierens nicht auf. Aber auch ohne offensichtliche Begriffsbe- zeichnung wird deutlich, daß die Orientierung auf Klassik integrierter Be- standteil ist und beim Singen und Musizieren Grundvoraussetzungen für diesen Verstehensvorgang geschaffen werden.
Im Bereich des Singens werden z. B. Lieder aus allen Bereichen des Lebens behandelt. Ein Aspekt daraus ist die Erweiterung des Liedgutes durch Lieder verschiedener Zeiten und Länder, d. h. Inhalte, Aussagen und Stimmungen von Musik aus unterschiedlichen Epochen und Herkunftsgebieten sollen erfaßt und mit Hilfe der Singstimme umgesetzt werden. Da diese Aussagen zeitlich nicht festgelegt werden, ist es durchaus möglich, Liedgut aus der Klassik einfließen zu lassen.
Ein Gesichtspunkt im Musizieren beschäftigt sich mit dem Kennenlernen und Nutzen von Klang - und Ausdrucksmöglichkeiten verschiedener n- strumentenfamilien. Hier werden u. a. einzelne Instrumente des Sinfonie- orchesters vorgestellt und bei Möglichkeiten des Zugangs auch praktisch genutzt. In diesem Zusammenhang sollte den Schülern verdeutlicht wer- den, daß solche Orchesterinstrumente ihre Verwendung vorwiegend im Bereich der klassischen Musik finden.
Im Bereich des Musikhörens ist in Verbindung mit der eigenen musikali- schen Aktivität ein Hörverhalten anzubahnen, das die Kinder befähigt, Mu- sik aufmerksam, konzentriert und bewußt wahrzunehmen. Erlebte und selbst ausgeführte Musik steht genauso im Vordergrund wie das Musikhö- ren von Tonträgern.
Die Schüler sollen zu der Erkenntnis gelangen, daß Musik etwas auszu- drücken vermag, Höreindrücke hinterläßt, strukturiert und geformt ist, in den verschiedensten Erscheinungsformen existiert und in vielen Zusam- menhängen wirksam wird. Die erworbenen musikalischen Hörerfahrun- gen, Fähigkeiten und Kenntnisse im Hören sollen zum Erleben und Ver- stehen von Musikwerken aus Vergangenheit und Gegenwart genutzt wer- den. Ebenso dienen sie zur Qualifizierung des Singens und Musizierens sowie der Entwicklung vielfältiger Umgangsweisen mit Musik.
Inhaltlich bedeutet das Laute heraushören und nachahmen; Geräusche, Klänge und Töne unterscheiden; spontan gehörte Musik singend und musizierend imitieren oder umsetzen; gehörte Musik fortführen; Melodien oder -teile wiedererkennend hören.
Geräusche, Klänge und Töne sollen nach Lautstärke, Tempo, Tondauer, Tonhöhe differenziert werden; anhand von Motiven, Themen und auffälli- gen Besonderheiten sollen Musikstücke wiedererkannt und benannt wer- den; Musikstücke oder -teile werden vergleichend gehört; einfache Form- verläufe von Liedern und Musikstücken sollen erfaßt und benannt werden; Melodie - Begleitung, Einstimmigkeit - Mehrstimmigkeit erfassen, unter- scheiden und benennen; Klänge von Instrumenten und Chören sollen ken- nengelernt und vermittelt werden; Lieder und Musikstücke werden in be- zug auf Gestaltung, Ausdruck, Herkunft und Aussage miteinander vergli- chen; erste Erfahrungen sollen mit unterschiedlichen Musikgattungen, Or- chesterformen und Funktionen von Musik gemacht werden; charakteristi- sche melodische Wendungen sowie einfache rhythmische Zusammenhänge einprägen und nach Klang und Notenbild wiedererkennen. Weiterhin soll gelernt werden, Höreindrücke und musikalische Verläufe zu beschreiben; Hörerwartungen zu äußern und am konkreten Beispiel zu überprüfen; Musik zu erfinden; sich zur Musik zu äußern; etwas über Musik zu erfahren und zum Gehörten in Beziehung zu setzen; selbständig Informationen über Musik zu erschließen.
Musikhören leistet einen entscheidenden Beitrag zur Anbahnung des musikalischen Verstehens. Dieser Musikbereich bietet durch das akustische Anbieten von Musik eine sehr gut geeignete Zugangsmöglichkeit, die Schüler an Werke der Klassik heranzuführen. Durch Schaffung von positiven Hörerlebnissen eröffnen sich vielfältige Varianten, einen Zugang zur klassischen Musik zu schaffen.
Unter dem Schwerpunkt des aufmerksamen und bewußten Zuwendens zur Musik und dem Entwickeln vielfältiger Umgangsweisen mit Musik wird über einen beziehungsreichen Umgang mit anspruchsvolleren Werken sowie der Wertschätzung kompositorischer und interpretatorischer Leistungen ein inhaltliches Hören von Musik entfaltet, d. h. an dieser Stelle ist der Bezug zur Klassik, wenn von solchen Attributen gesprochen wird, eindeutig und die Einführung in Musikstücke dieser Epoche bietet sich geradezu an und sollte unbedingt genutzt werden.
Das Umsetzen von Musik verbindet Singen, Musizieren und Musikhören mit außermusikalischen Bereichen wie Malen, szenischem Gestalten, Entwerfen, Bauen u.a. Bewegungs - und Spielfreude werden genutzt und gefördert und Assoziationen ermöglicht. Durch den Umgang miteinander werden soziale Verhaltensmuster ausgeprägt. Durch eigene Aktivität wird Musik besser verstanden. Gehörtes ist nicht mehr abstrakt, sondern wird sichtbar gemacht und somit nachvollziehbar. Eindrücke, Gefühle und Er- kenntnisse werden formuliert.
Im Einzelnen heißt das, daß mit dem Medium Bewegung und Tanz Klangmaterial, bildhafte Elemente oder Formaufbau der Musik körperlich umgesetzt werden. Unterschiedliche Bewegungsarten der Musik, Ge- schehen oder Handlungsabläufe werden dargestellt. Nach vorgegebenen Tanzbeschreibungen können Spiellieder und Tänze umgesetzt werden. Die Schüler sollen selbst Tänze und Bewegungsformen zu Liedern, Ka- nons und anderen Musikstücken erfinden und ausführen. Durch szenisches Gestalten sollen die Inhalte von Liedern, Opernaus- schnitten und anderen Hörwerken gespielt werden. Zu geeigneten Musik- beispielen werden von den Schülern Geschichten erfunden und gestaltet. Charakteristische Märchenfiguren werden einer Anzahl unterschiedlicher Ausdrucksqualität zugeordnet.
Das bildnerische Darstellen beinhaltet das Malen von Liedinhalten, das Malen zu Hörwerken, das Erstellen oder Ergänzen von Klangfarbenpartituren, das Erfinden von Musik zu Bildern und das Zuordnen von Bildern zu den passenden Hörbeispielen.
Szenisches Gestalten bringt Sprache, Bewegung, bildnerische Elemente und Musik in einen gestalterischen Zusammenhang. Für die Schüler ist das eine Möglichkeit, Stimmungen und Gefühle beim Hören von Musik zum Ausdruck zu bringen. Gemaltes sollte immer gemeinsam betrachtet und besprochen werden. Die Umsetzung von Musik erfordert eine enge Verbindung zu anderen Unterrichtsfächern.
Da das Musikumsetzen alle Musikbereiche verbindet, fließen automatisch klassische Elemente, die in den anderen Teilgebieten schon behandelt wurden, ein. Dabei wird größtenteils auf die bereits bekannten Musikstücke zurückgegriffen, die sich für das Musikumsetzen wegen ihres Bekanntheitsgrades geradezu anbieten.
Der Schwerpunkt bildnerisches Darstellen erwähnt als einziger die direkte Bezeichnung (unter dem Bereich des gegenständlichen und abstrakten Malens zu Werken der Programmusik und geeigneter anderer Werke der klassischen und populären Musik)„klassische Musik“. Hier ist davon aus- zugehen, daß das Begriffsfeld schon an früherer Stelle in den anderen Musikbereichen abgegrenzt wurde, was aus den Inhalten der einzelnen Schwerpunkte auch eindeutig zu erschließen ist, aber nicht als direkte Begriffzuweisung aus der Literatur hervorgeht.
3. Musikrezeption und - verhalten im jünge- ren Schulalter
3.1. Musikrezeption von Schülern
3.1.1. Methoden zur Ermittlung der musikalischen Rezep- tion
Wir können zur Klärung des Sachverhaltes empirisch - statistische Metho- den heranziehen, würden dann aber nur bekräftigt finden, daß Kinder und Jugendliche in sehr hohem Maße für Musik empfänglich sind - allerdings heute vorwiegend für Beat - Musik. Man spricht heute von einer durch die audiovisuellen Medien bewirkten „Sozialisierung der Musik“ Studienergebnisse über das Musikverhalten im jüngeren Schulalter fassen zusammen, daß sich Radiomusik und bestimmte Musiksendungen bei den Probanden großer Beliebtheit erfreuen, und zwar ist der Konsum in der älteren Schülergruppe höher als bei den jüngeren Probanden, sowie auch der Konsum von spezieller Musik mit zunehmendem Alter dominiert. Bestimmte Musiksendungen sind bei den meisten Schülern gleicherma-ßen beliebt und ein Muß. Unterschiede finden sich aber darin, daß die älteren Schüler (d. h. ab ca.11 Jahre) speziellere Sendungen in Rundfunk und Fernsehen konsumieren, während die jüngeren ( ca. 6 - 10 Jahre) kaum festgelegt sind und meist Allgemeineres bevorzugen. Platten, überwiegend aber MCs und CDs werden vorwiegend von den älteren gekauft, weil diese doch schon eher über die notwendigen finan- ziellen Mittel verfügen können und sich außerdem ein verstärktes Interesse an Musik mit Einsetzen der Pubertät abzeichnet.
Häufig wird der Musikgeschmack von den Charts und Hitparaden beeinflußt und geprägt, so daß sich viele Hörer für gleiche Sänger, Gruppen oder Bands begeistern.
Im Tonträgerbesitz finden wir wieder bei beiden Altersgruppen gemein- same charakteristische Vorlieben für bestimmte Musikarten.5 In die gleiche Richtung weist eine Umfrage nach musikalischen Verhal- tensweisen.
In der 5. Klasse bevorzugen die meisten die neuesten Hits, was besonders ausgeprägt bei den Mädchen in Erscheinung tritt, die sich primär heute für Boy - Groups interessieren. Jungen müßten dann den Mädchengruppen ihre Aufmerksamkeit schenken .Da aber bei den wenigsten in diesem Alter schon die Pubertät einsetzt, bezieht sich ihr Musikkonsum hauptsächlich und überwiegend wahllos auf Aktuelles.
Helms stellt ein Desinteresse an sinfonischer Musik und Kammermusik fest. Bei der Beantwortung der Frage nach beliebten Interpreten „aus dem Bereich der E - und U - Musik“ seien fast ausschließlich Beat - Gruppen, Rock - und Popsänger genannt worden, die den aktuellen Musikmarkt dominieren.
Die direkte Entscheidung für eine bestimmte Musikrichtung , wenn sie heute überhaupt noch so festgelegt werden kann , wird erst viel später gefällt.6
Die Musikempfänglichkeit von Jugendlichen kann als Gegebenheit ange- sehen werden. Man kann davon ausgehen, daß oft und gern Musik kon- sumiert wird, daß aber die Vorliebe beim Musikhören auf bestimmte Gat- tungen ausgerichtet ist. Rauhe äußert zum gegenwärtigen Musikgesche- hen:
„Durchlaufender Rhythmus, einfache melodische Faktur, vertraute Formund Harmonieschemata ermöglichen den Einstieg in die bereits erklingende Musik an beinahe jeder Stelle. Hinhören und Weghören sind fast jederzeit möglich, ohne daß der Hörer wesentliches verpaßt.“7
Vorlieben für konsumierte Musik werden sehr häufig von den Medien beeinflußt, da wir uns täglich mit vielfältigen Varianten der „Beschallung“ umgeben. Musik ist vorwiegend nicht mehr nur auf die akustische Aufnahme festgelegt, sie wird mittlerweile schon oft durch das Auge dominiert, d. h. Kinder können oft nicht einschätzen, ob es nun die aktuelle Musik ist, die ihnen zusagt, oder ob es nicht vielleicht doch der gut aussehende Interpret ist, der sie fasziniert.
Soll der Versuch unternommen werden, in die sich beim Musikhören abspielenden Vorgänge einzudringen, so sind drei Aspekte des Subjektiven im Auge zu behalten:
„Einmal ist es die unmittelbar angesprochene Emotion, die Gefühlsre- gung, die durch einen Klang, eine Farbe oder Gestalt angesprochen wird. In der Regel jedoch tritt der Fall ein, daß sich ein Eindruck an einem ande- ren assoziiert. Der vielleicht folgenschwerste Aspekt des Subjektiven hängt mit den Normen unserer Gesellschaftsordnung zusammen. Ihre Selbstverständlichkeiten drücken sich nicht nur im Verhalten, im „guten Ton“ aus, sondern auch in ihren begrifflichen Klischeevorstellungen, ihren Stereotypen.“8
Die Psychologie hat eine Methode bereitgestellt, die es ermöglicht, gerade die „subjektive Einstellung zu Wahrnehmungsobjekten“ empirisch zu ermitteln. Die Methode, welche eine derartige experimentelle und darum objektivierte Erforschung des Subjektiven gewährleistet, ist in der Psychologie unter der Bezeichnung „Polaritätsprofil“ bekannt.
Das Polaritätsprofil wird als ein indirektes Verfahren der Befragung verstanden. Es wird niemals nach den Vorstellungsaffinitäten, denen das eigentliche Interesse gilt, gefragt. Diese werden aus dem quantitativen Vergleich von Profilen gewonnen.9
Die Methode des Polaritätsprofils läßt sich logischerweise auch auf die Ermittlung von Eindrücken anwenden, die beim Hören von Musik hervor- gerufen werden. Die zur Einstufung des Gehörten verwendete Reihe von gegensätzlichen Adjektiven braucht zu diesem in keinem sachlichen Be- zug zu stehen. Es werden sich assoziative Beziehungen zwischen diesen Adjektiven und den musikalischen Höreindrücken ergeben. Die Existenz solcher Beziehungen ist seit langem bekannt. Die ganze Affektentheorie, die Tonmalerei und die Programmusik sind auf Beziehungen aufgebaut, die zwischen musikalischen Vorgängen und assoziativ auftretenden Vor- stellungen aus allen möglichen Sinnesbereichen herzustellen sind.
Der nachfolgende verkürzte Fragebogen kommt der noch nicht voll entfalteten Konzentrationsfähigkeit und geringeren verbalen Versiertheit jüngerer Schüler entgegen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Von der Versuchsperson wird verlangt, ein Musikbeispiel durch Ankreu- zen auf den Adjektivpaaren des Polaritätsprofils einzustufen. Es darf kein Adjektiv übergangen werden. Der Intensitätsgrad kann durch Ankreuzen der Abstufungen kenntlich gemacht werden. Es können sich z. B. folgende Abstufungen ergeben:
langsam schnell
1 sehr langsam, 2 ziemlich langsam, 3 eher langsam als schnell
4 eher schnell als langsam, 5 ziemlich schnell, 6 sehr schnell10
Dieses Polaritätsprofil läßt sich in verkürzter Form in Klasse 5 und 6 ein- setzen, wobei für diese Altersgruppe schwer einzuordnende Adjektive ( z. B. verschwommen - klar) weggelassen werden, um Verwirrungen bei den Schülern zu vermeiden.. Bei Anwendung auf ein klassisches Musikstück ist es mit dieser Methode möglich, Eindrücke beim Hören zu ermitteln, indem die Schüler das Gehörte assoziativ zu den Adjektiven in Beziehung setzen. Nach Auswertung dieser indirekten Befragung wird für den Fra- genden klar, welche Wirkungen und Eindrücke beim Hören klassischer Musik hervorgerufen wurden. Dabei ergeben sich wesentliche Erkenntnis- se, die der Lehrer für den Umgang mit klassischen Werken nutzen sollte.
3.2. Musikalisches Verhalten von Schülern
Die musikalische Präferenz von Schülern ist eindeutig abhängig von alters -, geschlechts - und bildungs - bzw. schichtspezifischen Einflußgrößen. Der Musik kommen dabei verschiedene Funktionen zu:
1. Musik als Stimmungsausgleich (ausgleichende Funktion der Musik bei vorwiegend als nicht angenehm empfundenen Stimmungen)
2. Musik als Aktivierung zur Stimmungsverstärkung (stimulierende Funkti- on bei als angenehm empfundenen Stimmungen und Situationen)
3. Soziale Funktion der Musik (Musik als Mittel zur Stärkung des Zusam- mengehörigkeitsgefühls)
4. Musik als Ersatz (Ersatz - und Ausgleichfunktion gegenüber schuli- schen und beruflichen Belastungen)
5. Musik als Möglichkeit des Ausdrucks und der Provokation (Musik als Mittel des „Ausflippens, des Rumalberns oder des Auf - den - Putz - Hauens“)
Im heutigen Medienzeitalter kommt hinzu, daß es der Regelfall ist, daß schon jüngere Schüler über ein oder sogar mehrere eigene Geräte (z. B. Plattenspieler, Kassettenrecorder, CD-Player, Walkman, Discman) zum Abspielen von Musik verfügen. Außerdem existieren fast in jedem Haus- halt zusätzlich noch andere Medien, die dem Musikkonsum entgegen- kommen.11
4. Musikalisches Verstehen
4.1. Allgemeiner Verstehensbegriff
An der Spitze einer solchen Elementarlehre des Verstehens muß der Satz stehen, daß Verstehen sich immer auf Sinn bezieht, wie umgekehrt Sinn immer auf ein Verstehen angewiesen ist. Verstehen und Sinn beziehen sich also aufeinander, stehen im Sinnzusammenhang.
Im alltäglichen Sprachgebrauch ist „Verstehen“ ein mehrschichtiger Beg- riff, der einerseits etwas Eindeutiges, allgemein Verbindliches bedeutet. Das Verstehen ist Endresultat und Ergebnis eines Prozesses, der ganz bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten sowie eine spezifische Art von Wissen voraussetzt.
Andererseits steckt im Begriff „Verstehen“ eine unabschließbare Dyna- mik. „Verstehen“ kann dabei als ein Prozeß ständiger Annäherung aufge- faßt werden, der relativ unabhängig von der Qualität und Quantität des vorhandenen Wissens seinen Gegenstand umkreist, ohne dabei zu einem endgültigen Punkt zu gelangen, von dem aus kein weiteres Verstehen mehr möglich wäre.
Die Bedeutung des Begriffes „Verstehen“ pendelt zwischen „Eindeutigkeit“ und „Unabschließbarkeit“. Das Kriterium „Benehmen“ macht das Verstehen (nach Wittgenstein) zu einer eindeutigen, empirisch beschreibbaren Größe, das Kriterium „Gefühl“ hingegen fügt dieser begrenzten Auffassung des Begriffs einen nicht quantifizierbaren subjektiven Faktor hinzu. Zusätzliches Wissen „über die Umgebung der Phrase“ wirkt sich nicht mit Notwendigkeit auf den Bereich des „Gefühls“ aus, weshalb es zu keiner Erweiterung des Verstehens kommen muß.12
Kant beispielsweise differenziert zwischen „Begreifen“ und „Verstehen“. Die Verstandesbegriffe sind nach Kant eine notwendige Bedingung dafür, Gegenstände überhaupt wahrzunehmen. Sie sind als notwendige Voraus- setzung anzusehen, die jene Strukturen vorgeben, die es ermöglichen, die Wahrnehmung nach bestimmten Prinzipien zu gliedern, so daß Gegens- tände beispielsweise als Einheit oder Zusammengesetztes erkannt, oder sie in eine „wenn - dann“- Kausalitätskette eingeordnet werden können. Verstandesbegriffe bleiben aber stets auf die sinnliche Anschauung bezogen und sind nicht auf „das ganz obere Erkenntnisvermögen“, die „Vernunft“, gerichtet. Verstehen im Unterschied zum Begreifen ist demnach eine Funktion, die sich aus dem Zusammenspiel zwischen Gegenstand sinnlicher Wahrnehmung und Verstandestätigkeit ergibt. Verstehensprozesse führen demnach nie zu unzweifelhaft allgemeingültigen Begriffen, sondern haben primär mit sinnlicher Wahrnehmung zu tun, wodurch sie etwas Vorläufiges, Unabwägbares an sich haben.
Auch Kants Verstehensbegriff steht im Spannungsfeld zwischen Eindeu- tigkeit und Unabschließbarkeit. Eindeutig und objektivierbar daran sind die (nach Kant) allgemeingültigen, kategorialen Verstandesbegriffe. Un- abschließbar daran ist die Bindung von Verstehensprozessen an die sinn- liche Wahrnehmung.13
Die Kopplung von Wahrnehmung und Verstehen bei Kant ist bemerkens- wert. Nietzsche spitzt diese Position zu und verlagert den Vorgang des Verstehens ausschließlich in die begrifflose Sinnlichkeit. Nietzsche stellt zwei konträre Erscheinungsformen dar. Auf der einen Seite stehen die Philosophen, deren Medium das begriffliche Denken ist, auf der anderen Seite sind die Künstler, deren Erkenntnisform nicht über das begriffliche Denken, sondern über ihre Sinne vermittelt ist. Nach Nietzsche sind aber die aus dem begrifflichen Denken abgeleitete Erkenntnisformen, zu denen neben der Philosophie auch die (Natur-) Wissenschaften mit ihrem Wahrheits - und Geltungsanspruch zählen, nichts weiter als Illusionen.
Nietzsches Kritik läuft darauf hinaus, daß begriffliches Denken die Mög- lichkeit sinnlichen Verstehens geradezu blockiere. Begriffliches Denken verhindere nicht nur die Möglichkeit, das Besondere des Wahrnehmens auszudrücken, durch Konvention und lange eingeübten Gebrauch werde die ursprüngliche Wahrnehmungsfähigkeit deformiert. Auch „Beim besten Willen, sich selbst so individuell wie möglich zu verstehen“, bringe man selbst nur „das Nicht - Individuelle zum Bewußtsein“. Die Welt, wie sie durch die Begriffe vermittelt und bewußt werde, sei „nur eine Oberflächen- und Zeichenwelt, eine verallgemeinerte, eine vergemeinerte Welt“. Der Vorteil dieser „Illusionen“, von denen man vergessen habe, „daß sie wel- che sind“, liege in der Bequemlichkeit und Benützbarkeit einer benennba- ren, rasch verfügbaren Welt, in der man beruhigt leben kann.
Jenseits des begrifflichen Denkens, das die Möglichkeit eines Verstehens durch die Sinne blockiere, müßte es eine ursprünglich anzusetzende Fä- higkeit geben, die Nietzsche als „ästhetisches Verhalten“ bezeichnet. Je- des Individuum sei zu diesem ästhetischen Verhalten der Welt gegenüber befähigt und deshalb potentiell „künstlerisch schaffendes Subjekt“. Bereits die Wahrnehmung an sich wäre ästhetisch, sofern sie „begrifflos“ bleibt. Wahrnehmen wäre eine wesentliche Leistung des künstlerisch schaffen- den Subjekts.14
Dilthey will am Beginn des 20. Jahrhunderts den Geltungsanspruch der Geisteswissenschaften gegenüber den Naturwissenschaften wahren und setzt „Verstehen“ dem naturwissenschaftlichen „Erklären“ entgegen. Unter den Begriff „Erklären“ fallen die Beobachtung und Beschreibung von Daten sowie deren Einordnung in (voraus-) berechenbare Kausalitätsgefüge, die dem Muster „wenn - dann“ folgen.15
4.2. Ästhetisches Verstehen und Bildung
Die Didaktik des Musikunterrichts an Schulen konzentriert sich zumeist auf die Frage, was gelehrt werden soll und wie die Lehre gestaltet werden könnte. Demgegenüber tritt eher zurück und wird kaum erforscht, was sich denn eigentlich ereignet im Umgang des Kindes mit ästhetischen Ge- genständen und seinen eigenen Versuchen der Hervorbringung eines ästhetischen Produktes. Behauptungen über den Wirkungszusammenhang ästhetischer Ereignisse werden zwar häufig formuliert, haben aber zumeist die logische Form von Definitionen und sind keine Folgerungen aus zweckdienlicher empirischer Forschung.
Die therapeutische Literatur (z. B. Musiktherapie) versucht, diesen Mangel zu kompensieren und konzentriert sich zumeist auf das selbst hervorge- brachte Produkt und das, was Prozeß und Produkt für den seelisch - geis- tigen Zustand des Individuums und seine Veränderung bedeuten könnten. Von den Fortschritten und Schwierigkeiten der Theorie der Ästhetik neh- men solche Publikationen allerdings in der Regel wenig Notiz; sie verlas- sen sich zumeist auf solche Theorien, die die Genese der „Innenwelt“ des Individuums zum Gegenstand haben, und die ästhetische Erfahrungen eher als Anwendungsfall tiefenpsychologischer Vorstellungen interpretie- ren.
Um solchen Alternativen zu entgehen, häufen sich gegenwärtig Versuche, sich an die Ursprungsbedeutung von „ ästhetisch“ (Aisthesis = Wahrnehmung) zu erinnern und als „ästhetische Bildung“ alles das zu bezeichnen, was unseren Sinnen vorsprachlich und vorrational zugeführt und dann zu Erfahrungen verarbeitet wird.
„Verstehen“ ist ein gewichtiges Moment von Bildung. Das dürfte unstrittig sein, wenn man zugesteht, daß das, was in den Schulen geschieht, nur einen Bruchteil von „Bildung“ ausmacht, und wenn man den allgemeinen Beschreibungen dieses Begriffs als Vorgang und Resultat von „Weltan- eignung“ und „Kräftebildung“ (Humboldt) oder von „Assimilation“ und „Ak- komodation“ (Piaget) und ähnlichem folgt. Ohne solche Akte, die wir „Ver- stehen“ nennen, läßt sich der „Bildung“ genannte Vorgang nicht gut be- schreiben, jedenfalls dann nicht, wenn man sich mit Hinweisen auf Instinkt- regulierung und Verhaltenskonditionierung nicht zufrieden geben mag.
Wo ist also das „Verstehen“ innerhalb der Bildung lokalisiert?
An dem Vorgang der Bildung des Individuums sind zahlreiche Komponen- ten beteiligt, z. B.: physiologische Sachverhalte und deren Veränderung in der Zeit; entwicklungslogisch bestimmbare Stufen oder Phasen der Ent- stehung kognitiver Fähigkeiten, also vor allem Begriffs- und Urteilsbildung; Formung durch die sozialen Merkmale von Milieus; Erwerb der Fähigkei- ten zur Interaktion in persönlichen Beziehungen; kulturspezifische Model- lierung der menschlichen Sinnlichkeit usw. In vielen dieser Hinsichten spielt „Verstehen“ eine Rolle. In der Literatur wird diese Operation zumeist erläutert als eine Dimension sozialer Interaktion, und zwar vorwiegend im Medium der Sprache, als die Fähigkeit des Codierens und Decodierens sprachlicher Äußerungen, besonders aber als die Fähigkeit, sich in die Perspektive des anderen hineinversetzen zu können. Die Übernahme der Perspektive des anderen setzt eine eigene voraus. Das gilt für Personen, für Texte, für symbolische Präsentationen überhaupt. Sich mit der jeweils anderen Perspektive als anderer bekannt zu machen, kann nur gelingen, sofern nicht nur ein Bewußtsein von der möglichen Perspektivendifferenz besteht, sondern auch die eigene ins Spiel kommt. Gehört also die Diffe- renz zwischen Ich und Nicht - Ich zum Repertoire des individuellen Be- wußtseins und kann diese Bewußtseinskomponente in Auseinanderset- zung mit anderem praktisch zur Geltung gebracht werden, dann darf man vermuten, daß die Operation, die wir „Verstehen“ nennen, möglich und zu einer wesentlichen Komponente von „Bildung“ wird. Mit der Tatsache der notwendig ins Spiel zu bringenden eigenen Perspektive ist aber eine Schwierigkeit verbunden. Es gibt im Verstehensvorgang einen schwer zu objektivierenden Anteil der eigenen „Innenwelt“. Habe ich ein Objekt mei- ner Zuwendung „verstanden“, dann habe ich auch einen Teil meiner selbst verstanden; im Vorgang des Verstehens fremden Sinns konstruiert sich auch der Entwurf, den ich mir von mir selbst mache. Schleiermacher hat diese Komponente der Hermeneutik „divinatorisch“ (divinieren = raten, ahnen) genannt und sie als unerläßlich für gelingendes Verstehen be- zeichnet. Jeder Verstehensakt ist deshalb auch ein Selbstbildungs- Er- eignis, eine Artikulation meiner Innenwelt in bezug auf anderes. Genau diese Komponente des Verstehens - Vorganges ist es, die im Fal- le des Verstehens nicht - sprachlicher Sachverhalte besonders deutlich hervortritt. Keine Schwierigkeiten macht es, auch von nicht - sprachlichen Ereignissen zu sagen, man könne sie verstehen, beispielsweise dadurch, daß wir etwa Körpergesten als Ausdruck für das Innenleben einer Person oder als kommunikativ - informative Mitteilung denken. Aber wie steht es mit ästhetischen Objekten im engeren Sinne? Mit einem Musikstück zum Beispiel? Die Musik scheint das am wenigsten anschauliche Medium zu sein; ob man überhaupt sagen kann, eine musikalische Figuration „bedeu- te“ etwas, habe eine bestimmten semantischen Gehalt, ist in der Musikäs- thetik höchst strittig. Die Tatsache aber, daß der Organismus durch Musik in bestimmter Weise erregt werden kann, hat noch nichts mit „Verstehen“ zu tun. Denn dieses muß sich auf das musikalische Material beziehen. In dieser Bezugnahme spielen zwei Hinsichten eine besondere Rolle: „musi- kalisches Material“ tritt in Intervallen, Rhythmen, Klangfarben usw. in Er- scheinung und mutet dem Hörer oder Spieler etwas zu, das man eine „Korrespondenzleistung“ nennen könnte, die zum musikalischen Material passende innere Bewegtheit in sich selbst zu finden. Dieser Vorgang, obwohl wir ihn „Verstehen“ nennen, ist im Wesentlichen anders beschaffen als beim Wort - Verstehen. Das Musik - Verstehen ist ohne fundamentale Bezugnahme auf Leiblichkeit nicht zu beschreiben.
Umschreibt man musikalisches Verstehen mit dem Begriff „Nachvollzug“, dann kommt man der eigentlichen Erläuterung wesentlich näher, wenn es gelingt zu zeigen, was eigentlich nachvollzogen wird und wie das geschieht. Man hätte dann einen wichtigen Baustein für das, was „ästhetische Bildung“ genannt werden kann.16
4.3. Was heißt Musik verstehen?
Bei der Suche nach Antworten kann man sich auf vier Gedanken stützen, die die sogenannte „Didaktische Interpretation“ aus Heideggers herme- neutischen Überlegungen gewonnen hat. Erstens, daß Verstehen stets bei der jeweiligen „Vorstruktur“ des Verstehens beginnt, in einer frühen For- mulierung Heideggers: bei der „hermeneutischen Situation“ jeder Ausle- gung, die durch „Blickstand“, „Blickrichtung“ und „Sichtweite“ gekenn- zeichnet ist Zweitens kann Verstehen als Verstehen der Sache, als Selbstverstehen und als Weltverstehen angesehen werden. Diese drei Aspekte sind inein- ander verflochten und voneinander abhängig. Drittens wird Musik als un- abschließbarer Weg betrachtet. Viertens kann Verstehen auf unterschied- liche Weisen vollzogen werden, durch denkende Interpretation, durch Mu- sizieren, durch Bewegung, durch Nacherfindung, durch Zur - Sprache - Bringen.17
Diese Vorannahme von Verstehen als Modell auf das Verstehen von Mu- sik und auf das Verstehenlehren und -lernen anzuwenden, bedeutet, mit den Schülern gemeinsam einen Weg der Beschäftigung zu suchen und zu gehen, der bei der Herstellung und Aufklärung der „hermeneutischen Situ- ation“ beginnt. Erste Aufgabe muß es deshalb sein, die unterschiedliche oder gemeinsame Situation des Vorverstehens zu artikulieren und sich über sie Gedanken zu machen.
Hierfür gibt es mehrere methodische Möglichkeiten, z. B. in Vorübungen an schon Bekanntes (Verstandenes) anknüpfen, etwa an musikalische Formungen, an musikalisches Material rhythmischer oder melodischer Art, im Austausch über Situationen, Stimmungen oder Funktionen bekannter Musik, z. B. Teile singen oder musizieren.
Die Beschreibung des Erkennens (Verstehens, Wahrnehmens) von etwas als etwas bezieht sich auf den ersten Schritt des Verstehens - auf die Er- fahrung musikalischer Struktur( = „Sinn“ in der Terminologie Eggebrechts). Dasselbe Verstehensmuster ist noch einmal anzuwenden oder besser in Gang zu setzen, wenn es darum geht, das strukturell Erkannte in seiner möglichen Bedeutung (= als etwas, das in seiner Formung und Machart etwas mitteilt) zu verstehen.18
Verstehen ist das Erkennen von etwas als etwas. Zunächst muß man et- was erkennen und gleichzeitig dieses Etwas als etwas identifizieren. Erst danach setzt der Prozeß der Deutung, der Auslegung und Interpretation des Sinns ein, den wir dem Wahrgenommenen, wenn wir etwas als etwas erkannt haben, beilegen. Ein Weg dazu ist die hermeneutische Methode; andere wären z. B. rezeptions - ästhetische oder strukturalistische, semio- tische oder historisch - kritische Verfahren. Damit diese aber überhaupt Anwendung finden können, muß erst einmal etwas als etwas erkannt sein. Und dann kommt irgendwann der Sprung, bei dem weder durch Vorerfah- rung noch durch entdeckendes Lernen etwas verstanden werden kann, sondern nur durch Erzählung.
Über abstrakte Definitionen und Begriffe kann nichts gelernt werden, bzw. sie stehen nie am Anfang des Lernens.
Man muß von Anfang an versuchen, musikalische Wahrnehmung zu schu- len, d. h. naiv Wahrgenommenes ernst zu nehmen und zu verstehen, was es meint, worauf es sich bezieht, um dann von den Klangeindrücken und Assoziationen zur Wahrnehmung musikalischer Strukturen zu gelangen.
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten des Verstehens. Verstehen ist immer nur möglich, wenn Repräsentationen aufgebaut wurden, die im Hö- ren, Spielen, Erleben aktiviert werden. Verstehen von etwas als etwas ist nur und ausschließlich möglich auf der Basis von erworbenen Repräsenta- tionen.19
4.4. Musikverstehen - Weltverstehen - Selbstverstehen
Das Verstehen von Musik oder die Erfahrung, die wir mit ihr machen können, kann sich auf dreierlei richten:
1. Wir können Musik als das (interne) Spiel ihrer Materialien, Gestalten und Strukturen verstehen.
2. Wir können Musik über jenes Spiel ihrer Eigenwelt hinaus (oder bes- ser: durch es hindurch) als eine Mitteilung, Darstellung und Vergegen- wärtigung eines biographischen, gesellschaftlichen, kulturellen Zeug- nisses; eines Symbols; einer allgemeinen Haltung; einer elementaren Einsicht oder Erfahrung... mit anderen Worten: als einen Ausschnitt von „Welt“ verstehen; als einen jener Darstellungs- und Gestaltungsversu- che, mit denen Menschen zu allen Zeiten ihr Leben zu führen, zu bewäl- tigen und zu deuten versucht haben.
3. Durch das Eigenleben und Spiel der Musik hindurch, das uns begeis- tern und erfreuen kann, das uns zu Handlungen unterschiedlicher Art an- regt, können wir uns selbst (besser, klarer, neu) verstehen und erfahren, unsere Gefühle und Wünsche, unsere Haltung, Gedanken, Bewegungen und Erinnerungen. Mit anderen Worten: Musik vermag auch zum Selbstverstehen, zur Selbsterfahrung beizutragen. Und wenn sie dies tut, können wir uns in ihr oder mit ihr ausdrücken und darstellen, unsere Gefühle, Erinnerungen, Selbstbilder oder anderes. Konkret werden diese Möglichkeiten, wenn wir eine Musik spielen, uns zu ihr bewegen, ihren Gedanken - und Gefühlsverlauf ergründen, auch indem wir sie auf eine mögliche Weise zwischen Träumen und scharfsinnig analytischer Konzentration hören.
Die Musik gibt Blicke, d. h. Gedanken, Einsichten, Ahnungen, Gefühle und Vorstellungen frei auf einen Weltausschnitt und auf uns selbst. Sie bietet sich als ein „Fenster zur Welt“ und als ein „Fenster zu uns selbst“ an. Mu- sikverstehen enthält die Chance zu Weltverstehen und zu Selbstverstehen. Zu diesem Verstehen tragen alle uns möglichen Weisen der Wahrneh- mung von Musik bei.
Freilich gibt Musik solche Blicke nur frei, wenn man sie intensiv und mit Phantasie betrachtet oder mit ihr umgeht.
Aus diesen Überlegungen erwachsen bestimmte Konsequenzen für Ziel- setzung und Gestaltung des Umgangs mit Musik im Unterricht. Die Interpretation von Musik sollte - über strukturelle, historisch - biogra- phische und die Wirkung betreffende Betrachtungen hinaus - auf den Weitblick ausgerichtet sein, z. B. aufzeigen und bedenken, welche musi- kalischen und allgemeinen Erfahrungen, welche Haltungen, welche Selbst - und Weltbilder der Komponisten vorherrschend waren und welcher Geist sich in ihnen ausdrückte. Vieles läßt sich schon der musikalischen Gestal- tung entnehmen. Ergänzt wird durch historische, biographische, kulturelle Sichtweisen.
Die Interpretation von Musik sollte Erfahrungsmöglichkeiten der Schüler anregen, d. h. mit ihren mitgebrachten Erfahrungen des Fühlens, Denkens und Bewegens sollten sie vergleichen und prüfen können, welches geistige und körperliche ihnen durch die Musik angeboten, wachgerufen und verdeutlicht wird. Entscheidend dabei ist der Grad der Verbindlichkeit, mit welchem die Musik durch Bewegung, Gespräch, Malen, Analysieren, Musizieren, Nacherfinden u. a. angeeignet wird.
Dem Musikunterricht soll somit die Qualität eines ernstzunehmenden Beitrags zum Auftrag allgemeinbildender Schulen zukommen.20
Die Auseinandersetzung mit dem Verstehensbegriff läßt sich in mehrfacher Hinsicht auf die Musikpädagogik beziehen.
Aus der Analyse des Verstehensbegriffs ergibt sich die Bedeutung des Erlebens, das aus der sinnlichen Erfahrung herrührt und den entscheiden- den Impuls für die darauf aufbauenden Verstehensprozesse setzt. Als Konsequenz für musikpädagogisches Handeln ergibt sich, daß Ver- stehensprozesse relativ unabhängig von reinem Faktenwissen ablaufen können. Die Behauptung: „Ich verstehe nichts von Musik“ ist demnach nur als Eingeständnis mangelnden Wissens zu werten, das musikalische Ver- stehensprozesse auf der Basis von sinnlichem Erleben und ästhetischem Wahrnehmen keineswegs ausschließt. Umgekehrt sollte sich kein profes- sioneller Musiker ausschließlich auf seine Vor- und Ausbildung berufen, wenn er angibt, ein Musikstück zu verstehen. Selbst dort, wo die musikali- schen Erfahrungen äußerst gering und einseitig und die Voraussetzungen für musikpädagogische Aktivitäten denkbar ungünstig sind, können auf der Basis von sinnlichem Erleben Verstehensprozesse ausgelöst werden. Diese Wahrnehmungsfähigkeit muß durch didaktisch inszeniertes Erleben aktiviert werden.21
5. Medien - eine Begriffsbestimmung
5.1. Was verstehen wir unter Medien?
Bei der Begriffsbestimmung tauchen innerhalb der Literatur Unterschiede auf. In dieser Arbeit soll der Medienbegriff wie folgt verstanden werden:
Medium als eine Form, in der sich ein Inhalt oder Sachver- halt dem Menschen prÄsentiert, dargestellt wird. Es sei ein funktionales Element der Interaktion des Menschen mit sei- ner Umwelt. 22
Dieser Begriffsbestimmung kann im allgemeinen zugestimmt werden. Vom technischen Medienbegriff wird gesprochen, wenn
Informationen mit Hilfe technischer GerÄte gespeichert oderübertragen we rden.
Der Medienbegriff wird im Schulwesen folgendermaßen verwendet:
Medien sind eine Form der Kommunikation und des Informa tionsaustausches des Menschen. Im Unterricht stellen sie Lehr- und Arbeitsmittel zugleich dar. Sie können Instrument als auch Gegenstand des Lernens sein. 23
5.2. Die Bedeutung des Umgangs mit Medien für den Musikunterricht der Grundschule
Der Einfluß von Medien auf den Menschen und seine Umwelt ist eine wichtige Komponente für den Musikunterricht.
Eine nüchterne Bestandsaufnahme ist notwendig, bei der man fragt, wel- che Möglichkeiten die Schulsituation im allgemeinen und der Musikunter- richt im besonderen bieten, sich mit den Medien auseinanderzusetzen. Zu berücksichtigen ist, wie Hören und Sehen und auch die Vorstellungs - und Bilderwelt der Kinder durch das Angebot der Medien vorgeprägt ist, z. B. von den Kassetten, Schallplatten und CDs, die das Kind hört, von den Kindersendungen in Fernsehen und Rundfunk, die die Vorstellung oft sehr nachhaltig prägen.
Die Dauer und Art Fern zu sehen und Radio, Kassetten usw. zu hören, bilden Verhaltensweisen heraus, auf die wir als Erwachsene nicht immer Einfluß haben können. Die permanente Berieselung bleibt nicht ohne Wirkungen auf das Kind. Die Medien werden einfach zu einer Art Denk -, Urteils - und Handlungsinstanz.
Für die Wahrnehmungsschulung im Musikunterricht der Grundschule ist nicht nur eine eng definierte Musikwelt das Erfahrungsfeld, sondern die gesamte akustische Umwelt. Angesichts der Belastung durch den Lärm der Umwelt ist es jedoch besonders wichtig, soweit wie möglich auf die leisen Geräusche und Töne zu achten und Situationen der Konzentration und Stille zu schaffen.
6. Zum Klassikbegriff
6.1. Der Klassikbegriff im engeren Sinne
6.1.1. Allgemeiner Klassikbegriff
Um den Klassikbegriff richtig einzuordnen, erschien es mir wichtig, aus einigen Musiklexika zu zitieren, um manche der dort verwendeten Beg- riffsbestimmungen aufzuführen, damit im nachhinein gesagt werden kann , ob diese Definitionen eine Relevanz für den Gebrauch durch Kinder der Grundschule haben.
Klassik, klassisch, ursprüngliche Bezeichnung der als Vorbild gesehe- nen griechischen Kunst des 5./4.Jahrhunderts v.Chr. Heute in verschiede- nen Bedeutungen verwendet, 1) allgemeine Verwendung: Klassik heißt ein Zeitalter oder ein Stil von später als vorbildlich und vollkommen emp- fundener („klassischer“) bildender Kunst, Literatur oder Musik; 2) Musik: „klassische“ oder „ernste“ Musik (E-Musik) wird, im Bereich von Tonträ- gern und anderen Medien, von Unterhaltungsmusik (U-Musik) unterschie- den. 3) Musik: im engeren Sinne ist mit Klassik die „Wiener Klassik“ ge- meint (Werke von Haydn, Mozart und Beethoven, etwa 1780-1827). Die- ser Klassik geht eine Vorklassik (Wiener Schule, Mannheimer Schule) voraus.24
Klassik, musikalische: allgemeine Bezeichnung für die Epochen und ihre Meister (Klassiker), deren Werke bei vollkommener Einheit von Inhalt und Form die wesentlichen Seiten der gesellschaftlichen Wirklichkeit ihrer Zeit so tief erfassen, daß sie auf lange Zeit hinaus für die geistige Fortentwick- lung der Menschheit Bedeutung erhalten. Im engeren musikhistorischen Sinne ist meistens die „Wiener Klassik“ gemeint, die Epoche der Meister Haydn, Mozart, Beethoven; doch wird auch von den „Klassikern des 19. Jahrhunderts“ gesprochen sowie von Klassikern einer Gattung, einer Form usw. im Sinne der auf diesem Gebiet erreichten Vollendung, Vor- bildlichkeit und historischen Bedeutsamkeit. Der Begriff ist eher journalis- tisch oder literarisch als ästhetisch oder historisch präziser Natur; charak- teristisch sind jedoch der hohe Anteil klassischer Werke an der Heraus- bildung eines gültigen musikalischen Formen-Kanons und die in den klas- sischen Epochen feststellbare Einheit von Kunst und Publikum.25
Klassik (lat. classicus = der höchsten Steuerklasse angehörend; von da- her auch geistig: überragend), allgemeiner Begriff für den Höhepunkt einer Entwicklung, damit zugleich der (meist wertende) Hinweis auf die Wende zu Übertreibung, Auflösung und Umgestaltung in gegensätzlichen, zumin- dest anders gearteten Strebungen. Galt ursprünglich dabei unter Nachwir- kung der Renaissance die Harmonie, Klarheit, Menschlichkeit der Antike als ideales Maß, so weitet sich der Begriff zur Feststellung einer Höchst- leistung als Muster, Norm und schließlich Schema, deren Beurteilung je nach der Gattung des Werkes, je nach Standort und Nation des Werten- den verschieden sein und auch vom zeitlichen Abstand zum Bewerteten, von seinem Alter und vom Umfang seines Schaffens abhängen konnte.26
Klassisch, 1. Vollendet, mustergültig, überragend in einer Kategorie; 2. Typisch für die Periode der Klassik, harmonisch ausgeglichen, ebenmä-ßig; allgemeingültig und in Erfüllung reiner Menschlichkeit ohne individuel- len Gegensatz.27
Klassik, klassisch, Klassiker, Klassizität, ein Wortfeld mit einer kaum überschaubaren Bedeutungsskala. Vom Klassischen in der Musik wird hauptsächlich in dreifacher Bedeutung gesprochen: Ganz allgemein und weit verbreitet dient die Bezeichnung klassisch heute zur Kennzeichnung einer Zweiteilung der Musik in sogenannte ernste oder klassische (E - Musik) und Unterhaltungsmusik (U- Musik). Speziell gilt das Klassische als ( musik ) ästhetische Norm im Sinne des Musterhaften und Vorbildlichen. Die Entwicklung des musikalischen Begriffsfeldes Klassik kann als Stil- und Epochenbegriff gesehen werden, der nach Beethovens Tod entsteht, den Allgemein- und Stilbegriff in sich aufhebt und in dem, vor allem im Hinblick auf Mozart, musikalisch Klassisches und musikalisch Schönes zusammenfallen. Unter den musikalischen Klassikbegriff fallen auch Deu- tungen wie 1. das Antike und Plastische, 2. den „schönen“ bzw. „freien“ Stil im Gegensatz zum „erhabenen“ bzw. „gebundenen“ Bachs, 3. den Kulminationspunkt jeden Stils, 4. den der einzelnen Nationen und 5. den die einzelnen musikalischen Gattungen betreffend. Sofern zwischen klas- sischer und moderner Musik ein Gegensatz empfunden wird, verschieben sich die Grenzen mit fortschreitender Zeit. Ausdrücke wie „Klassiker der Moderne“, „Klassischer Jazz" usw. sind im gesamten Musikschrifttum ge- läufig.28
Klassik ( von lat. classicus „die erste Bürgerklasse betreffend“, dann ü- bertragen „ersten Ranges, mustergültig“), Bezeichnung für eine geistes- geschichtliche Epoche, die von den nachfolgenden Zeiten als vorbildhaft, normbildend, kanonisch anerkannt wird. In der Musikwissenschaft ist Klassik sowohl Wertbezeichnung für höchste Vollendung musikalischer Gestaltung als auch vor allem Stilbezeichnung für die Epoche Haydns, Mozarts und Beethovens, die sogenannten „Wiener Klassiker“.29
Klassik (von griech. kleo, klesis = Herbeirufung, herbeigerufene, ver- sammelte Menge) und das davon abgeleitete Adjektiv klassisch leiten sich in ihrer Bedeutung im Kern vom römischen Staatsdenken her (lat. classis = Volksklasse, classicus = Bürger der ersten Klasse gegenüber dem der untersten Klasse, dem proletarus). Seither gilt das Klassische als der Inbegriff von Vollendung, Vorbildlichkeit und höchstem Rang.
Die Bezeichnung „Wiener Klassik“ für die Musik der „Wiener Klassiker“ Haydn, Mozart und Beethoven setzte sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als Epoche und als Stil in der Musik durch.30
6.1.2. Der Klassikbegriff speziell für Schüler
Klassik ( von lateinisch classicus „ersten Ranges, mustergültig“): in der Kunst die Bezeichnung für etwas Vollendetes, in seiner Art Unerreichtes ( ein Werk, die Phase einer Gattungsgeschichte, eine Epoche), das da- durch zugleich als Norm und Vorbild für Späteres dient. In der Musikge- schichte bezeichnet man damit v. a. die Stilepoche der Wiener Klassik, also die Musik Haydns, Mozarts und Beethovens, und zwar in Anlehnung an die Weimarer Klassik in der Literatur (Goethe, Schiller), die ihrerseits dem Geist der antiken griechischen Klassik besonders nahestand. Gele- gentlich spricht man auch von Altklassik in bezug auf die Musik von J. S. Bachs und seiner Zeit oder vom klassischen Palestrina - Stil(spätes 16. Jh.) u. ä. Der Begriff Klassik wurde immer in Rücksicht auf einen abge- schlossenen Zeitraum geprägt.
Die Wiener Klassik umfaßt als musikalische Stilepoche das vorwiegend auf Wien konzentrierte Schaffen Haydns, Mozarts und Beethovens zwi- schen etwa 1770 und 1827 (Todesjahr Beethovens). Der Begriff Klassik bezieht sich auf die Vollendung, das Mustergültige und die überragende musikgeschichtliche Bedeutung des von ihnen ausgeprägten Stils, dessen Eigenart mit Umschreibungen wie formale und inhaltliche Einheitlichkeit, Reinheit, Ausgewogenheit, Klarheit, Einfachheit, und Universalität bedacht wird. Voraussetzungen für die Entstehung der Wiener Klassik war die ge- sellschaftliche und geistige Dynamik der Übergangszeit zwischen Ancien regime und moderner bürgerlicher Gesellschaft, die sich in einem hoch- entwickelten, von Adel und Bürgertum gleichermaßen getragenen privaten und öffentlichen Musikleben in den europäischen Zentren (Paris, London, Wien, Mannheim, Mailand, Neapel),in der Ausbildung eines freien Künstlertums und eines breiteren , in der musikalischen Bildung sehr unterschiedlichen Publikums niederschlug.
In der als Vorklassik benannten Zwischenphase erfolgte der Bruch mit den als übersteigert empfundenen kompositorischen Techniken des Spätba- rocks und die Hinwendung zu einer mit schlichteren Mitteln geschaffenen Musik der Gefälligkeit und des gefühlshaften Ausdrucks. Der Stilwandel war nicht die Leistung einer einzigen Schule oder eines einzigen Landes; an ihm hatten relativ unabhängig voneinander wirkende italienische, fran- zösische und deutsche Musiker Anteil (z. B. D. Scarlatti, G. B. Sammartini, B. Galuppi, G. B. Pergolesi, N. Jommelli, J. A. Hasse, J.- M. Leclair, L.- G. Guillemain, J. J. Quantz, C. Ph. E: und J. Ch. Bach, J. Ch. Wagenseil, J. Stamitz und J. Schobert). Sie trugen maßgeblich zur neuen Kunsthaltung und zur Ausbildung der Klavier- und Violinsonate, der Sinfonie und des Streichquartetts bei, die, zusammen mit den für die Frühzeit charakteristi- schen Formen Divertimento, Serenade und dem aus dem Barock über- nommenen Solokonzert die instrumentalen Hauptgattungen der Wiener Klassik (Hochklassik) bildeten. Die Vokalmusik hingegen blieb der baro- cken Tradition stärker verhaftet, nicht nur in der Kirchenmusik, sondern auch in der Oper, wo sich die pathetisch überladene Opera seria lange neben den neuen, von realistischer Volkstümlichkeit getragenen Gattung Opera buffa, Opera comique und Singspiel hielt. Erst in Mozarts Meister- opern wurden die verschiedenen nationalen und gattungsstilistischen Aus- formungen eingeschmolzen in einen vom Theatralischen her bestimmten und in den Dienst allgemein menschlicher Aussage gestellten Opernstil („Le nozze di Figaro“, 1786; „Zauberflöte“, 1791). Von demselben Huma- nitätsideal sind Haydns Oratorien „Die Schöpfung“ (1798) und „Die Jah- reszeiten“ (1801) und Beethovens Oper „Fidelio“ (1805), seine „Missa solemnis“ (1819-23) und die 9. Sinfonie (1822-24) durchdrungen.
Bei aller Verfeinerung der musikalischen Mittel bleiben Einfachheit, Faß- lichkeit und Allgemeinverständlichkeit ein Grundzug der Wiener Klassik. Die Norm des Satzes bildet die dem Volkslied und -tanz entnommene achttaktige Periode, die gleichwohl oft kunstvoll verdeckt wird und durch metrische Unregelmäßigkeiten und abgestufte Rhythmik belebt wird. Die grundlegende instrumentale Bauform ist die zyklisch eingebundene Sona- tensatzform mit ihren kontrastierenden Themen, deren Entwicklung in thematischer Arbeit und Verteilung auf die verschiedenen Stimmen in durchbrochener Arbeit und obligatem Akkompagnement. Die vorklassi- sche Einfachheit in der Harmonik und die Beschränkung auf wenige Ton- arten sind in der Wiener Klassik abgelöst von einem kühnen Gebrauch von Chromatik, Dissonanz und Modulation. Gleichfalls als Folge des ge- steigerten Ausdrucksbedürfnisses werden neue Möglichkeiten der dyna- mischen und klangfarblichen Nuancierung und der Besetzung (Vermeh- rung der Streicher im Orchester, charakteristischer Einsatz der Blasin- strumente) erschlossen.31
6.2. Analyse der Begriffsbestimmung im engeren Sinne
In den einschlägigen Musiklexika wird von Klassik nur im engeren Sinne gesprochen. Vom Mustergültigen, Vorbildlichen und von bestimmten ästhetischen Normen ist die Rede. Eine Ableitung des Begriffs aus der griechischen Kunst oder aus dem Lateinischen soll Aufschluß geben. Häufig wird eine Zweiteilung in „ernste“ oder „klassische“ Musik und Unterhaltungsmusik vorgenommen. Mit Klassik wird vorrangig die Epoche der„Wiener Klassiker “ bezeichnet.
Mit diesen komplizierten Begriffsbestimmungen werden die Schüler meist nur verwirrt, verunsichert und in keiner Weise befähigt, klassische Werke als solche zu identifizieren, d. h. ein Grundschüler ist nicht in der Lage, mit dieser Art von Definitionen zu arbeiten.
Selbst der auf Schüler abgestimmte Klassikbegriff kann nur Schülern höherer Klassenstufen zugänglich gemacht werden, da er ein gewisses Verständnis und Interesse an dieser Epoche voraussetzt.
Um klassische Musik überhaupt so zu erklären, daß Schüler sie heute einordnen können, ist es wichtig, den Begriff nicht zu sehr einzuengen, das heißt, eine Begriffsbestimmung (notfalls selbst) zu finden, die einfach zu verwenden ist.
6.3. Der Klassikbegriff im weiteren Sinne
Da die Lexika keine Definitionen im weiteren Sinne anbieten, muß versucht werden, das Bedeutungsfeld selbst abzustecken, um vereinfachte und somit verständlichere Begriffsbestimmungen gerade für Grundschüler zu finden, die sie verstehen und anwenden können.
Diese könnten wie folgt aussehen:
Mit der Verwendung des Begriffs klassische Musik wird im weiteren Sinne die gesamte zwischen 1700 und 1920 entstandene abendländisch - europäische Kunstmusik bezeichnet.
Unter klassischer Musik wird die Musik der höheren Sozialschichten vom Barock bis einschließlich der Romantik verstanden, grob also ein Zeitraum von 200 - 250 Jahren.
Zur Klassik gehören Sinfonische Musik, Oper, Operette, Chormusik und Lied, Soloinstrument mit Orchester und Kammermusik.
Als Klassik könnte ganz vereinfacht alte oder traditionelle Musik bezeichnet werden.
Als Klassik kann aber auch modernere Musik bezeichnet werden, die im ähnlichen Stil wie sogenannte alte Musik komponiert wurde. Die Kompo- nisten werden häufig als „Klassiker der Moderne“ bezeichnet. (z. B. Bela Bartok)
7. Klassische Musik - Ein didaktisches Prob- lem?
„Nein, bitte nicht!“ oder „Schon wieder dieses langweilige Zeug“, mit sol- chen Äußerungen muß ein Musiklehrer rechnen, wenn er versucht, seinen Schülern klassische Musik nahe zu bringen. Man kann von einer regel- rechten Aversion gegen eine Musik sprechen, die das nun wirklich nicht verdient hat.
Grundlegend kann davon ausgegangen werden, daß die Probleme bei der Vermittlung einer Musik um so größer sind, je weiter die Musik von den Hörgewohnheiten der Schüler entfernt ist.
Wo liegen also Möglichkeiten und Reserven um klassische Musik attraktiver zu machen und den Schülern ein vorurteilsfreies Einlassen auf diese Musik zu ermöglichen?
7.1. Der Gegenstand aus historischer Sicht
Die Musik, die als klassische Musik bezeichnet wird, verdankt ihre Entstehung und Entwicklung der Existenz privilegierter Sozialschichten, die ökonomisch und zeitlich in der Lage waren, eine musikalische Hochkultur zu schaffen. Diese Musik war noch um 1800 auf einen Hörerkreis von maximal 4% der Bevölkerung beschränkt, der sich auf die Höfe und das Bürgertum in den Städten beschränkte.
Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Deutschland nur sieben Städte, die zwischen 30- und 50 000 Einwohner hatten. Der Anteil der Großstadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung betrug noch 1871 in Deutschland 4,8%. (1975 35,5%).
!820 besuchten in Preußen nur 15% der Bevölkerung eine Schule. 13% waren Volksschüler. Auf Hochschulen gingen nur 5 von 10 000 Nicht alle potentiellen Hörer konnten an der damals zeitgenössischen „klassischen“ Musik teilhaben. So waren Händels Oratorien in London mehr als einmal ein Publikumsflop. Mozarts Akademien in der Metropole Wien waren häufig nicht ausverkauft. Bachs kunstvollen mehrstimmigen Kirchengesänge erfreuten sich nicht überall großer Beliebtheit. Beetho- vens 3. und 5. Sinfonie wurde ebenso skeptisch aufgenommen wie sein 5. Klavierkonzert.
Die sozialen Oberschichten hatten ihre eigene „populäre“ Musik. Selbst Mozarts Klavierkonzerte zählten zu seiner Zeit zur Unterhaltungsmusik.
7.2. Die gegenwärtige Situation in Deutschland
Bei einer Umfrage von 1980 bezüglich der Akzeptanz klassischer Musik ergaben sich folgende Daten:
Auf die Frage, welche Musik die Testpersonen besonders gerne hören, antworteten bei klassischer Konzertmusik insgesamt 18% (davon 15% Männer und 22% Frauen) mit „besonders gern“ .Der Unterschied bezüg- lich der Bildung: 11% der Befragten hatten Volksschulbildung, 33% höhe- re Schulbildung.
Insgesamt betrachtet, ist die Vorliebe für Klassik ganz eindeutig bei der älteren Bevölkerungsschicht zu finden, d. h. fast 1/3 des gesamten Klassikmarktes entfällt auf die 40 - 49jährigen, ein Viertel der Käufe werden von den 50 - 59jährigen getätigt. Das bedeutet, daß die über 40jährigen fast 70% aller Klassiktonträger kaufen. Zusammengefaßt erwirbt nur 1% der Bevölkerung Tonträger mit klassischer Musik.
Der Umsatzanteil klassischer Musik betrug 1983 noch 5,6% und stieg 1985 auf 13,2% (maßgeblich war daran die Einführung der CD beteiligt). Gegenwärtig liegt er bei 10%.
Betrachtet man das Konzertpublikum, so wurden in der Spielzeit 1980/81 rund 1900 Konzerte mit ca. 1,9 Millionen Besuchern gegeben, was ge- genüber 1970/71 einer Zunahme von ca. 33% entspricht. Die Einschaltquoten der Klassikprogramme im Rundfunk liegen fast durchweg weit unter 1%. Direkte Klassiksender haben wenig Marktchan- cen. Gesendet werden meistens nur sogenannte „Schlager der Klassik.“ Bei den Rundfunkanstalten der ARD hat „ernste Musik“ immer noch einen Sendezeitanteil von etwa 20%.
Im Fernsehen spielt klassische Musik eine völlig untergeordnete Rolle. Klassik wird häufig nur noch durch Klassik - Hits aus der Werbung ver- marktet und das mit erstaunlich durchschlagendem Erfolg, weil viele Wer- be - Hits einfach der klassischen Musik entnommen sind und so populär werden.
7.3. Die Zielgruppe
Wenn von der Zielgruppe gesprochen wird, dann sind die Adressaten gemeint, die an Klassik herangeführt und bei denen ein Interesse für diese Musik geweckt werden soll, d. h. es wird auf das jüngere Schulalter / Grundschulalter orientiert.
Die Einstellungen von Schülern gegenüber klassischer Musik sind unter- schiedlich. In der Regel sind Grundschüler offen für jede Art von Musik. Spätestens mit Einsetzen der Pubertät beginnt dann die Übernahme von alters -, geschlechts - und vor allem schichtspezifischen Mustern. Vor allem in den 70er und 80er Jahren wurden immer wieder die Vorlie- ben von Schülern untersucht. Die wichtigsten sollen hier kurz aufgeführt werden.
Beliebtheit von klassischer Musik bei Schülern:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Statistik beweist, daß das Interesse für klassische Musik mit zu- nehmendem Bildungsgrad wächst. Im Bereich von Haupt - und Realschule sind die Zahlen rückläufig. Da die Grundschule nicht separat aufgeführt wird, muß, da der Prozentsatz bei Einbeziehen aller Klassenstufen erheb- lich steigt, davon ausgegangen werden, daß Grundschüler empfänglich für Klassik sind und sich eventuelle Vorurteile oder Ablehnung erst später herausbilden.
Bei Allensbachs Untersuchungen von 1980 erreichte die Gruppe der 12 - bis 20jährigen in den einzelnen Kategorien folgende Zahlen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit Einsetzen der Pubertät nimmt das Interesse an klassischen Werken deutlich ab. Die Mehrzahl der Befragten äußerte sich negativ zum Gefallen an dieser Musik. Wie bereits früher schon genannt, liegt die Ursache dafür in alters-, geschlechts- und schichtspezifischen Mustern. Bei Lugerts Untersuchungen 1980 wird die Möglichkeit eingeräumt, aus 21 Adjektiven zu wählen, die die Schüler klassischer Musik zuordnen wür- den
Dabei ergab sich folgende Reihenfolge:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Untersuchungen sprechen für sich. Klassische Musik wird heute nur noch von einer Minderheit der Bevölkerung bevorzugt und konsumiert. Der Zugang zur Klassik scheint um so leichter zu fallen, je „gebildeter“ der Mensch ist, je unvoreingenommener und vorurteilsfreier er an diese Musik herangeführt wird und je höher sein Sozialstatus ist. Grundschüler sind neben dem weiblichen Geschlecht offener, positiver und emotionaler ge- genüber klassischer Musik eingestellt, was die Untersuchungsergebnisse belegen.
Als Konsequenz für die Grundschule heißt das: Klassik darf nicht nur als abstrakter Begriff verstanden werden, sondern muß vielmehr mit konkreter Musik verbunden sein.
Ich glaube, daß es bei Schülern gar nicht so sehr um die Aversion gegen diese Art von Musik geht, sondern um das ihr anhaftende Image als „Eli- temusik“. Innerhalb der von ihnen favorisierten Musik akzeptieren die Schüler klassische Elemente nicht nur, sie finden sie sogar gut. Das be- legt z. B. die Beliebtheit der Stilrichtungen „Classic - Rock“, da die ge- samte Rockmusik in den 60er Jahren stark von klassischer Musik beeinflußt wurde. Auch der Heavy - Metal, Jazz und Pop - Bereich ist heute mit klassischen Elementen durchsetzt.
Diese Art der Bearbeitung von Klassik, die einige Noten oder Themen in einem ganz anderen „Sound“ erklingen läßt, kann schon ein Ansatzpunkt für den Musikunterricht in der Grundschule sein, um den Zugang zur Klas- sik unter Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse der Schüler zu erleichtern.
7.4. Didaktische Konsequenzen
Die Absicht des Musikunterrichts hat sich in den letzten Jahren grundle- gend geändert. Wichtigstes Ziel in heutiger Zeit ist vielmehr die Schaffung der Grundlagen dafür, daß der Schüler das Angebot, das ihm die histori- sche und gegenwärtige Musikkultur bietet, für sich nutzen lernt. Musikunterricht besteht nicht mehr nur aus festgelegten Bereichen, er soll- te eine breite Palette unterschiedlicher musikalischer Äußerungsformen, unterschiedlicher Epochen und unterschiedlicher Regionen bieten. Es muß die Frage gestellt werden, welche Bedeutung klassische Musik heute innerhalb des riesigen Musikangebotes für den Schüler haben kann und wieweit ihr Verständnis und die Rezeption gegenwärtiger Musik not- wendig ist.
7.5. Didaktisch - methodische Überlegungen
Im Bereich der Grundschule muß darüber nachgedacht werden, wie der schwierige Abstraktionsprozeß auf die wesentlichen Merkmale des Ge- genstandes konzentriert werden kann. Grundsätzlich gilt, daß jeder Ver- such, den Schülern klassische Musik als höhere Kultur nahezubringen, scheitern wird. Eine wirkliche Annäherung kann nicht ausschließlich über den Kopf vollzogen werden .Dem Schüler muß ausreichend Gelegenheit eingeräumt werden, selbst Erfahrungen mit dem musikalischen Material zu sammeln. Eine sinnvolle Annäherung an Musik kann nie mit Zwang er- reicht werden.
Den Schülern muß deutlich werden, daß klassische Musik keine aus der Mode gekommene, tote Musik ist, daß sie aus realen Lebenszusammenhängen heraus entstanden ist und unter bestehenden Lebensumständen auch rezipiert wurde.
Viele Musikstücke bieten Bezüge zu anderen Musikarten an, aber auch das musikalische Material kann einen guten Zugang zum Werk bieten. Anhand eines Motivs können Gestaltungsmöglichkeiten erprobt werden. Erst nach ausgiebigem Experimentieren wird das Original vorgespielt. Mit neuen Computertechniken ist es auch in der Schule möglich, Musik auf verschiedenste Art und Weise zu variieren. Die Musik verliert dabei den Charakter des „Fertigen“ und „Absoluten“, sie wird zum Gegenstand des Gestaltens, des Formens, der Suche nach der besten Lösung.
7.6. Fazit
Die Behandlung klassischer Musik im Musikunterricht der Grundschule ist nur dann sinnvoll, wenn die Schüler so an sie herangeführt werden, daß eine Ablehnung ausgeschlossen werden kann. Das wird für die Schüler nur möglich, wenn
- sie im Rahmenplan in die Vielfalt vorhandener Musikkulturen mit domi- nanter Berücksichtigung der Interessen der Schüler integriert ist;
- Musiktheorie nicht losgelöst von Musik und nur soweit unterrichtet wird, wie sie wirklich zum Verstehen der Wirkungen von Musik verschiedens- ter Art beiträgt;
- jede methodische Möglichkeit genutzt wird, ihre Wirkung und Struktur durch eigene Tätigkeiten zu erfahren;
- sie ihres ideologisch - musikalischem Humanitäts - und Alleinvertre- tungsanspruchs enthoben wird und damit
- vom obligatorischen Bildungsgut zur Chance der ästhetischen Wahr- nehmung eines von verschiedenen interessanten musikalischen Berei- chen wird.
Unter diesen Voraussetzungen besteht eine reelle Chance, dieser Musik die Anerkennung und vielleicht sogar Zuneigung zukommen zu lassen, die sie verdient.32
8. Was bieten Musiklehrbücher zum Um- gang mit klassischer Musik?
Die folgenden Auflistungen von klassischen Werken sind nur Empfehlungen der Herausgeber, um die Ziele und Inhalte des Musikunterrichts in der Grundschule umzusetzen, d. h. es werden Beispiele angeboten, die genutzt werden können, an denen sich orientiert werden kann, die aber keine Verwendung finden müssen.
8.1. Musikbücher aus dem Klett Verlag
„ Quartett “ Musikbücher 1 - 4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
8.2. Musiklehrgang aus dem Mildenberger Verlag
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
8.3. Musiklehrbücher aus dem Volk und Wissen Verlag
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
8.4. Das Quartett Musikbuch 1-4 - Analyse der angebotenen klassischen Werke nach Zielen und Inhalten
An dieser Stelle erschien es mir sinnvoll, ein Musiklehrbuch der Grund- schule näher zu untersuchen. Es soll detaillierten Aufschluß darüber ge- ben, welche klassischen Werke unter welcher Themenstellung mit ent- sprechendem Inhalt behandelt werden und welche Ziele erreicht werden sollen.
Klasse 1
Bereits in Klasse 1 wird begonnen, die Kinder an klassische Werke heranzuführen. Dabei wird dieses Bekanntmachen auf einfache, prägnante und kurze Ausschnitte reduziert. Ziel ist es, die Kinder zum aktiven Hören eines Musikstückes anzuleiten.
Das Thema „Im Schnee“ wird untermalt durch das Hören der „Musikalischen Schlittenfahrt“ von Leopold Mozart. Dabei wurden die beiden Teile „Musikalische Schlittenfahrt“ und „Das Schütteln der Pferde“ ausgewählt. Die Kinder sollen durch diese Beispiele in der Lage sein, Assoziationen herzustellen, die gehörte Musik zu Bildern und zu eigenen Erlebnissen in Beziehung zu bringen. Sie sollen beim Hören angeregt werden, rhythmisch und auf einfachen Instrumenten mitzuspielen. Die Musik kann anhand einfacher Zeichen verfolgt werden.
Der Inhalt von „Kuckuck“ bezieht das Menuett aus der Kindersinfonie von Leopold Mozart ein. Dabei wird versucht, den Bereich des kindlichen Le- bens mit dem der Musik zu verbinden. Musik soll sich aus der Lebenswelt der Kinder entwickeln und nicht als Fertiges den Kindern gegenüberste- hen.
Bekannte Motive (Kuckucksmotiv, Wachtelschlag) sollen von den Kindern wiedererkannt werden. Die Motive können auf Blockflöte und Kindertrom- pete mitgespielt werden. Während des mehrmaligen, aufmerksamen Hö- rens, erkennen die Kinder die Dreiteiligkeit des Aufbaus. Der Abschnitt „Ball der Tiere“ bietet Camille Saint - Säens „Karneval der Tiere“ an.
Die Auswahl des „Aquariums“ bezieht Erfahrungen aus der kindlichen Lebenswelt ein. Durch szenisches Darstellen des Inhalts - die Bewegung der Fische - erleben die Kinder die Musik bewußter und intensiver.
Klasse 2
Das zweite Schuljahr baut systematisch auf die Grundlagenschaffung im Umgang mit klassischer Musik in Klasse 1 auf. Das Hörerlebnis und die Assoziationen dazu stehen zwar immer noch primär im Mittelpunkt, hinzu kommen aber schon kleinere Höraufgaben und bewußteres Erleben der Musik und ihrer Aussage.
Die Einheit „Hirtenweihnacht“ stellt den Kindern die Hirtenmusik „Lasset uns nun gehen“ aus der Weihnachtsgeschichte von Heinrich Schütz vor. Hörend und in einer Notation soll erkannt werden, wie die Stimmen nacheinander einsetzen.
Der Abschnitt „Im Winter“ bezieht Vivaldis Zyklus „Die vier Jahreszeiten“ ein.
Am Beispiel „Der Winter“ erfahren die Kinder zwei unterschiedliche Stimmungen eines Musikstückes. Der Gegensatz „drinnen“ (warme Stu- be) und „draußen“ (Regen) soll erlebt und verstanden werden. Zwei ge- gensätzliche musikalische Merkmale (legato - pizzicato) werden in der eigenen Bewegung erfahren. Dieses Thema bietet sich ebenfalls günstig an, um zur Musik zu malen.
In „Hereinspaziert“ wird auch in Klasse 2 der „Karneval der Tiere“ behandelt. Das Lied „Seht, das macht einem Elefanten Spaß“ wird nach der Melodie der „Elefanten“ von Saint - Säens gesungen. In diesen Abschnitt fließt ebenfalls die „Drachenmusik“ von Carl Orff ein.
Neben den ersten Hörerfahrungen lernen die Kinder programmatische Musik in Bewegung und Spiel umzusetzen.
Klasse 3
Bewußte Hörerfahrungen und - eindrücke sammeln, stehen neben Heranführen an größere Musikabschnitte oder - werke im Mittelpunkt dieser Klassenstufe. Konzertbesuche können angeboten werden. Das szenische Gestalten nimmt gerade bei Ausschnitten aus Opern und Balletten an Bedeutung zu, um nicht nur den Zugang über Musik, sondern auch durch das Umsetzen der Musik zu gewährleisten.
Eine immer größere Bedeutung wird nun auch schon einer einfachen Form der Notation zugemessen - sei es das Verfolgen oder Mitlesen von Melodien, das Mitzeigen von Verläufen oder das Zuordnen. Einfache musikalische Begleitungen nehmen auch in Klasse 3 eine wich- tige Position ein.
Weiterhin werden erste Erfahrungen mit Instrumenten gesammelt, die sich auf Klang, Geschichte, Bau, Material usw. beziehen, also nicht nur prakti- scher Natur sind, sondern ein gewisses Abstraktionsvermögen der Kinder voraussetzen.
„Im Herbst“ beinhaltet Musik aus der Orchestersuite „Ungarische Skizzen“ von Bela Bartok. Dieser „Klassiker“ der modernen Musik, so eine häufige Bezeichnung für ihn, wurde mit dem Abschnitt „Ein Abend auf dem Lande“ aus dem oben genannten Werk gewählt, um die Herbststimmung in musikalischer Hinsicht besser verständlich zu machen.
Die Kinder sollen allmählich die Fähigkeit erlangen, sich in ein Stück bewußt einzuhören. Die Gegensätzlichkeit der beiden Melodieteile soll durch vielfältige Aktivitäten ,wie Mitzeigen, Mitsummen, sich dazu bewegen und Notation mitlesen ,erfahren werden.
Carl Orffs „Hexeneinmaleins“ wird unter dem gleichnamigen Titel des Themenabschnittes eingeführt.
Primär wird hier den Kindern die rhythmisch - musikalische Gestaltung vermittelt. Das „Hexeneinmaleins“ wird gestoßen gesprochen. Die Kinder sollen sich ebenfalls im rhythmischen Sprechen versuchen und sich durch Instrumentenspiel begleiten. Der Textinhalt kann gespielt und in einen improvisierten Hexentanz eingefügt werden.
Das Thema „Chinesischer Tanz“ wird abgerundet mit Auszügen aus Tschaikowskys Ballett „Der Nußknacker“.
Die Kinder sollten dabei Informationen zur Welt des Theaters, speziell auch zum Ballett und zum Märchen des Nußknackers aufnehmen. Musika- lische Merkmale werden hörend erkannt. Dabei sollen sich die Kinder auf die grafische Notation konzentrieren und versuchen, sie mitzulesen. Der „Chinesische Tanz“ bietet Musikbeispiele an, zu denen Tanzszenen ges- taltet werden können. Auf einfachen Instrumenten kann zur Musik mitge- spielt oder in eigenen Fassungen die Musik nachgespielt werden.
Der Abschnitt „Vogel und Katze“ behandelt Prokofjews musikalisches Märchen „Peter und der Wolf“.
Einigen Kindern wird bereits das Märchen, wenigen vielleicht sogar die vertonte Form bekannt sein. Es wird ihnen großen Spaß machen, die Mu- sik zu Bildern in Bezug zu bringen und die Personen oder Tiere zuzuord- nen. Auch hier bietet sich nach häufigem Hören an, einige Abschnitte sze- nisch zu gestalten. Die Kinder werden mit Klarinette und Querflöte bekannt gemacht. Sie erfahren etwas zu Geschichte, Bau und Material dieser In- strumente. An praktischen Hörbeispielen lernen sie die Klangfarbe wahr- zunehmen, sie zu unterscheiden, wiederzuerkennen und zuzuordnen. Sie erleben, wie die Klangfarbe eines Instruments die Melodiefindung beeinflußt und bestimmte Assoziationen beim Hörer hervorruft. „Die Zauberflöte“ wird unter gleichem Titel des nächsten Abschnittes ausschnittsweise behandelt.
Aus Mozarts Oper werden die Kinder mit „Der Vogelfänger“ und „Das klingt so herrlich“ bekannt gemacht. Sie lernen so zwei Szenen einer Oper in ihrem inhaltlichen Kontext kennen. Während sie die Musikbeispiele hö- ren, sollen die Kinder Szenenbilder, Instrumentenabbildungen und Notati- onen zuordnen. Einfache Teile aus den Arien können mitgesungen wer- den. Ein Puppenspiel soll das praktische Umgehen mit dieser Oper er- leichtern. Von den Kindern selbst angefertigte Marionetten setzen ein Be- schäftigen mit Person, Aussehen und Charakter der jeweiligen Figur vor- aus.
Das Thema „Hörnerklang“ bezieht Mozarts „Hornkonzert“ ein.
Ausgegangen wird dabei vom Horn in seiner ursprünglichen Funktion als Posthorn und später übergeleitet zum Konzertinstrument. Das Hornsignal soll von den Kindern kennengelernt und selbst gespielt werden. Kreativität im Erfinden eigener Signale ist gefragt. Hornsignale sollen ihnen als Hörerlebnis in einem Musikstück vorgestellt werden, die sie zu einem geeigneten Zeitpunkt in einer Schemazeichnung verfolgen sollen.
Klasse 4
Vielfältige Erfahrungen im Umgang mit klassischen Werken bietet die Klassenstufe 4. Es werden größere und teilweise sogar schon zusammenhängende Abschnitte behandelt.
Eine gewisse Selbständigkeit und ein sehr vereinfachtes Abstraktionsvermögen wird, geschaffen durch intensive Arbeit in den vorangegangenen Klassenstufen, vorausgesetzt.
Neue Instrumente werden eingeführt und ausprobiert.
Dem Szenische Gestalten kommt eine immer noch große Bedeutung zu. Die Fähigkeit im Lesen und Handhaben von Notationen wird weiterhin ausgebaut.
Eigenes Musizieren intensiviert den Zugang zu den Musikstücken und sollte deshalb weiterhin fester Bestandteil des Unterrichts bleiben. Die Schüler bekommen erstmals ausführlichere Informationen über Leben und Werk großer Komponisten. Auf selbständiges Erarbeiten einzelner Abschnitte wird Wert gelegt.
Einfache kompositorische Strukturelemente werden eingeführt.
„Am Morgen“ nimmt die „Morgenstimmung“ aus Edward Griegs „Per Gynt“ auf.
Die Kinder sollen erkennen, daß Musik etwas charakterisieren kann z. B. einen Sonnenaufgang, eine Morgenstimmung und was man davon hören kann.
Das Hauptmotiv wird gesungen, gespielt und begleitet. An diesem ge- wählten Beispiel soll der Aufbau eines Musikstückes nachvollziehbar wer- den, d. h. Steigerung und Verkürzung von Melodieteilen sollen deutlich werden. Vorkommende Instrumente (Flöte, Oboe) sollen identifiziert wer- den. Das Musikstück kann um so intensiver erlebt werden, wenn selbst musiziert wird.
„Torsten wird Kontrabassist“ behandelt an klassischen Werken Franz Schuberts „Forellen - Quintett“ und J. S. Bachs „Cembalo - Konzert“. Es werden den Kindern erste Einblicke in das Leben eines Berufsmusikers gegeben. Sie machen erste Erfahrungen mit Tonerzeugung und Spielweise von Saiteninstrumenten. Wie Streichinstrumente klingen, kann an vielfältigen Hörbeispielen gezeigt werden.
Die Melodie des „Forellen - Quintetts“ soll in unterschiedlichen Ausführun- gen von den Kindern wiedererkannt und mitgesummt werden. Der Klang von Bachs Barockmusik wird am Beispiel erlebt und bewußt gemacht.
Die Einheit „Feuervogel“ beschäftigt sich mit der gleichlautenden Ballett - Musik von Igor Strawinsky.
Das Musikbeispiel wird stimmungsgemäß erfaßt und inhaltlich zugeord- net. Melodie und Motive sollen die Kinder hörend unterscheiden können, sie anhand von Notationen erkennen und nachvollziehen. Auch hier kön- nen Szenen zur Musik bewegungsmäßig gestaltet werden. Gegensätze in der Musik sollen empfunden, benannt und dargestellt werden. Unter Ein- beziehen des Malens können Inhalte und Stimmungen Ausdruck finden und somit ein intensiveres Auseinandersetzen und Erleben ermöglichen. Unter dem Abschnitt „Weihnachtsmusik“ werden das „Weihnachtsoratori- um“ von J. S. Bach und Händels „Messias“ zur Behandlung angeboten.
Den Kindern soll verständlich gemacht werden, daß das Musik ist, die eine Weihnachtsbotschaft übermittelt. Mehrstimmige Choräle mit Zwi- schenspielen sollen bewußt gehört, Aussage und formaler Aufbau ver- standen werden. Arien werden vorgestellt, an denen der Text verfolgt wird. Soloinstrumente erkennen und in ihrer Funktion verstehen, bildet eine nächste Höraufgabe. In diesem Zusammenhang werden musikalische Begriffe wie: Arie, Choral, Solist, Chor und Orchester eingeführt. Liedme- lodien sollen von den Kindern in den ausgewählten Musikwerken wieder- erkannt werden. Es kann der Versuch unternommen werden, einfache Me- lodien mit Vor - und Zwischenspiel ein - und zweistimmig zu gestalten.
In „Hände und Puppentanz“ fließen Beethovens „6 Ecossaisen“ ein.
Anhand von Notationen kann das Musikstück von den Kindern verfolgt werden. Der Ablauf regt auch in diesem Werk dazu an, ihn in Bewegung umzusetzen. Dabei sollen die Kinder sich einer Musik in der Bewegung anpassen. In diesem Zusammenhang werden ihnen Klang und Spielweise des Klaviers bewußt gemacht. Ebenso erfahren sie Fakten aus Beetho- vens Biographie.
„Am Fluß entlang“ stellt „Die Moldau“ von Smetana vor.
Mit den Kindern werden Klangspiele zum Thema „Von der Quelle bis zur Mündung“ gestaltet. Bilder zur Musik sollten einfließen, die assoziativ - emotional in Beziehung zum Gehörten gesetzt werden. Strukturelemente der Komposition (Melodie, Motiv, Klangfarbe, Rhythmus) sollen mit Hilfe von Notationen erkannt und ihre Wirkung bewußt gemacht werden. Das Thema „Aus Josef Haydns Leben“ beinhaltet das „Kaiser - Quartett“ und die „Sinfonie mit dem Paukenschlag“.
Die Kinder lernen Stationen aus Haydns Leben kennen. Mit Hilfe von Bil- dern sollen sie versuchen, sich in Stationen des Entstehens und des Auf- führens von Musik zu versetzen. Sie sollen befähigt werden, eine gesun- gene Melodie im Orchestersatz einer Sinfonie wiederzuerkennen und die Gestaltung einer Melodie als Thema mit orchestralen Mitteln durch einen Komponisten hörend verstehen zu lernen. Die Kinder machen erste Erfah- rungen mit der Veränderung eines Themas durch Umspielung.
Über die Entstehung der Melodie des Deutschlandliedes, ihre historische Bedeutung und die Funktion des Liedes heute wird in diesem Zusammenhang gesprochen.
In den Quartett Musiklehrbüchern bieten sich sehr gute Möglichkeiten, Kinder an klassische Musik heranzuführen, ihnen durch bestimmte Vorgehensweisen das Verstehen dieser Musik zu ermöglichen und in vereinfachter Form mit Klassik zu arbeiten.
8.5. Schlußfolgerungen aus der Betrachtung der Mu- siklehrbücher
Die nachfolgende Tabelle bietet einen Schnellüberblick über die am häufigsten angebotenen klassischen Werke der aufgeführten Verlage.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In jedem der aufgeführten Musiklehrbücher werden die verschiedensten Anregungen zum Umgang mit klassischer Musik gegeben. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, treten bestimmte Musikstücke wieder- holt auf, werden oft von mehreren Verlagen zu bestimmten Thematiken angeboten. Diese Werke fanden mehrfach in den Musiklehrbüchern der Grundschule Verwendung, weil sie die Musik mit der kindlichen Lebens- welt verbinden, einen Bezug zu dieser finden, d. h. die Musik wird zu eige- nen Erlebnissen in Beziehung gesetzt. Es wird weiterhin die Möglichkeit genutzt, auf das Vorstellungsvermögen (Assoziationen) der Kinder aufzu- bauen. Klassische Musik läßt sich mit anderen Medien verbinden, d. h. szenische Gestaltungen, tänzerische Elemente u. v. m. können einfließen. Fächerübergreifendes Arbeiten bietet sich ebenfalls an. Sämtliche Vorgehensweisen sind darauf ausgerichtet, Kindern den freudbetonten Umgang mit Klassik zu ermöglichen, ihnen klassische Musik nahezubringen und verständlich zu machen.
9. Das Verstehen klassischer Musik im Me- dienzeitalter - Schlußbemerkungen
In den Ausführungen dieser Arbeit wurde deutlich, daß klassischer Musik in der heutigen Zeit eine nicht ganz einfache Stellung innerhalb der gesamten Musik zukommt, daß sie häufig auf Ablehnung stößt und somit wiederholt zum Problem für viele Musikpädagogen wird. Um so mehr steht der Musikunterricht vor der Aufgabe, eine sinnvolle Annäherung an Klassik zu ermöglichen.
Den Kindern muß geholfen werden, sich vorurteilsfrei auf diese Musik ein- zulassen, um das Angebot, welches die Musikkultur bietet, für sich nutzen zu lernen. Dieses ist hingegen nur realisierbar, wenn die Interessen der Schüler berücksichtigt und integriert werden, musiktheoretische Positio- nen nur in dem Maße vermittelt werden, wie sie zum Verstehen der Wir- kungen von Musik beitragen. Der abstrakte Begriff sollte durch konkrete
Beispiele ersetzt werden, wobei praktische Tätigkeiten vielseitig genutzt werden sollten.
Der Musikunterricht sollte darum eine breite Palette an Musik unterschied- licher musikalischer Äußerungen, Epochen und Regionen bieten. Empfeh- lenswert ist die Nutzung anderer Medien und das fächerübergreifende Unterrichtssystem.
Ausgehend von Musikbuchbetrachtungen und deren Angeboten hinsichtlich klassischer Musik muß gesagt werden, daß sich eine reichhaltige Zusammenstellung mit dem Schwerpunkt Klassik finden läßt. Im Ermessen des Pädagogen wird es liegen, das bei Grundschülern noch vorurteilsfreie Einlassen auf diese Musik nutzbar zu machen und damit den Zugang und die weitere Arbeit zu erleichtern.
Der Musikunterricht der Grundschule steht vor keiner neuen, jedoch problematischeren Aufgabe, die es zu bewältigen gilt, denn Klassik darf ihre Bedeutung und Existenzberechtigung in der heutigen Zeit nicht verlieren. Es müssen vielmehr neue Möglichkeiten gefunden werden, klassischer Musik die Anerkennung, Zuwendung und vielleicht sogar Zuneigung zukommen zu lassen, die sie verdient.
Der Musikpädagoge sollte diesen neuen Ansprüchen gerecht werden und sie im Musikunterricht zu realisieren versuchen, denn nur so hat klassische Musik die Chance wieder den Stellenwert zu erreichen, der ihr zukommt.
Erklärung
Ich versichere, daß ich die schriftliche Hausarbeit einschließlich evtl. bei- gefügter Zeichnungen, Kartenskizzen, Darstellungen u. a. m. selbständig angefertigt und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe.
Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen sind, habe ich in jedem einzelnen Fall unter genauer Angabe der Quelle deutlich als Entlehnung kenntlich gemacht.
Unterschrift Ort, Datum
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[...]
1 vgl. Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg 1992, S. 15 ff.)
2 vgl. Große - Jäger, in: Gundlach, Handbuch Musikunterricht Grundschule 1984, S. 281
3 vgl. Kraemer, in: Gundlach, Handbuch Musikunterricht Grundschule1984, S. 370
4 vgl. Haarmann 1993, S.309 f.
5 vgl. Schefer - Vietor, in: Die Deutsche Schule, Heft 9 /1968,S. 596
6 vgl. Helms, in: Musik und Bildung Heft 10/ 1969, S. 453 ff.
7 vgl. Rauhe, in: Neue Musikzeitung Heft 10/11 1969, S.20
8 vgl. Reineke 1966 S.34f.
9 vgl. Hofstätter 1963, S.264f.
10 vgl. Osgood 1957, Hofstätter 1963
11 vgl. Pape Heft 5/1989, S.18. ff.
12 vgl. Wittgenstein in: Werkausgabe in 8 Bänden, 4. Band 1984, S.11 f.
13 vgl. Kant 1975, S. 392 f.
14 vgl. Nietzsche 1956, S. 471ff.
15 vgl. Dilthey in: ders. Gesammelte Schriften, Band 7, 1961, S. 119 f.
16 vgl. Dietrich, Mollenhauer 1992, S. 7 ff.
17 Heidegger 1988
18 vgl. Richter, in: Musik und Unterricht Heft 28/ 1994, S.12 ff.)
19 vgl. Gruhn, in: Musik und Unterricht Heft 28/ 1994, S. 12 ff.
20 vgl. Richter, in: Musik in der Schule Heft 6/1991, S. 362 ff.
21 vgl. Khittl, in: Musik in der Schule, Heft 6/1994 2.296 ff
22 vgl. Tulodziecki 1989, S. 13
23 vgl. Dichanz 1974, S. 8
24 vgl. Der Musikbrockhaus 1982, S. 290
25 vgl. Seeger 1966, S.481
26 vgl. Thiel 1984, S. 306 f.
27 vgl. Thiel 1984, S. 308
28 vgl. Dahlhaus, Eggebrecht 1995, S. 300ff.
29 vgl. Eggebrecht 1984, S. 162 ff.
30 vgl. Honegger, Massenkeil 1981, S. 360 f.)
31 vgl. Schülerduden - Die Musik - Ein Sachlexikon der Musik 1979, S. 175 f.
32 vgl. Lugert, in: Musik und Bildung Heft 9/1995, S. 4 ff
- Quote paper
- Uta Hotze (Author), 1997, Das Verstehen von klassischer Musik im Medienzeitalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103407
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