Was macht eine Handlung moralisch richtig? Diese Frage, so alt wie die Menschheit selbst, steht im Zentrum dieser tiefgreifenden Analyse der Moralentwicklung. Von den ersten, unreflektierten Regelübernahmen in der Kindheit bis hin zu den komplexen ethischen Dilemmata des Erwachsenenalters, entfaltet sich ein faszinierender Einblick in die Entwicklung unseres moralischen Kompasses. Die Arbeit beleuchtet die wegweisenden Theorien von Piaget und Kohlberg, zwei Giganten der Entwicklungspsychologie, und vergleicht ihre unterschiedlichen Ansätze zur Erforschung des moralischen Urteils. Piaget, mit seinem Fokus auf die kognitive Entwicklung und die Unterscheidung zwischen heteronomer und autonomer Moral, bietet ein grundlegendes Verständnis für die Entstehung von Regelverständnis. Kohlberg hingegen erweitert dieses Fundament mit seinem sechs-Stufen-Modell, das die Entwicklung von moralischen Begründungen von der präkonventionellen Orientierung an Strafe und Gehorsam bis hin zur postkonventionellen Suche nach universalen ethischen Prinzipien nachzeichnet. Dabei werden nicht nur die Stärken, sondern auch die Schwächen und Kritiken an beiden Theorien offen diskutiert, einschließlich der Debatten um kulturelle Voreingenommenheit und geschlechtsspezifische Unterschiede. Diese umfassende Auseinandersetzung mit der Moralentwicklung bietet Studierenden, Pädagogen und allen an ethischen Fragen Interessierten eine wertvolle Grundlage, um die Komplexität menschlichen Handelns und die Herausforderungen moralischer Entscheidungsfindung besser zu verstehen. Schlüsselwörter: Moral, Moralentwicklung, Piaget, Kohlberg, Entwicklungspsychologie, ethische Prinzipien, Gerechtigkeit, moralisches Urteil, kognitive Entwicklung, soziale Normen, Heteronomie, Autonomie, Konventionelles Niveau, Postkonventionelles Niveau, Stufenmodell, Universalität, Kritik, Erziehung, Kindheit, Adoleszenz, Erwachsenenalter, Wertesysteme, Gesellschaft, Ethik, Philosophie, Verhaltensweisen, Motive, Soziale Ordnung, Gesetze, Religion, Kultur, Forschung, Normen, soziales System, Gewissen, soziale Kontakte, Rechte, Pflichten, Gesellschaftsvertrag, Prinzipien, Interessen, Bedürfnisse, Beziehungen, Identifikation, Regeln.
Moralentwicklung
- I . Moralallgemein
1. Moral = Vielzahl von Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Motiven
2. Bedeutung der Moral (Warum, Wozu)
- Moralische Normen = regeln das Handeln + Zusammenleben der Menschen und liefern Bewertungsmaßstäbe für eigenes u. fremdes Handeln
- Dazu muss das Individuum die Normen kennen und anerkennen. Die anerkannten Normen bilden die Moral der Person
3. Ursprünge (Woher): - kulturell, religiös fi durch Gesetze festgelegt
4. Übersicht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- II . Moralentwicklungnach Piaget
(=kognitivistischer Ansatz: Deuten + Urteilen) Klassiker: „Das moralische Urteil beim Kind“
1. Kern der reifen Moral: = Achtung von Regeln der sozialen Ordnung und Gerechtigkeitsgefühl
2. Grundannahmen
a) Unterscheidung von Inhalt (Beurteilung) u. Struktur (Begründungdes Urteils) eines Verhaltens
b) Strukturkonzept = Aufeinanderfolgen von Entw.stufen fi irreversible Abfolge
c)Äquilibrationsmodell = durch Auseinandersetzung mit der Welt verursachte
Ungleichgewichte sollen aufgehoben werden, was zum Erreichen immer höherer Gleichgewichtszustände führt
d) Moralische Entw. = abhängig von der kognitiven Entwicklung
3. Zwei Stadien der Entwicklung des Regelverständnisses
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4. Zwei Stadien im moralischen Denken
a) Heteronomie: Absichten werden bei einer Hdl.bewertung ausser acht gelassen Allein die Hdl.folgen machen das moralisch Gute aus Moralverständnis = auf Resepekt vor der Autorität begründet = Stufe des einfachen moralischen Realismus (bei jüngeren Kindern) Ursache der Heteronomie = kognitive Unreife
b) Autonomie Absichten bestimmen überwiegend das moralische Urteil Fähigkeit selbstgesetzte moralische Entscheidungen zu treffen Moralverständnis = auf der Achtung zwischen Personen begründet Normen werden als sinvoll für die Gemeinschaft erfahren Ursache d. Übergangs in Autonomie = Fortschritte in der kog. Entw.
5. Bedeutung + Kritik an Piaget
a) Bedeutung = macht bis heute noch den Schwerpunkt der Forschung aus
b) Kritik: - zu starke Einschränkung moralischer Probleme auf die Beurteilung nach gut und böse und nach der Strafwürdigkeit des Verhaltens. Piaget frägt weniger danach, wie sich eine Person verhalten sollte
- Piaget unterschätzt Fähigkeit + Bereitschaft jüngerer Kinder, Absichten zur Bewertung von Handlungen heranzuziehen
- II . Moralentwicklungnach Kohlberg
⇒ Er untersucht mehr die Entw. von Begründungen normativer Urteile, als die Normeneinhaltung
1. Sechs-Stufen-Modell
a) Präkonventionelles Niveau
1. Heteronome Moral: Orientierung an Strafe und Gehorsam
2. Individualismus: Zielbewußtsein und Austausch (eigene Interessen = Mittelpunkt)
b) Konventionelles Niveau
3. Wechselseitige Bezieh.: Orientierung an Übereinstimmung mit anderen Gerechtwerden der Rolle in Familie / andere Gruppen
4. soz. System u. Gewissen: soziale Kontakte orientieren sich an übergeordneten Systemen
c) Postkonventionelles Niveau
5. Stufe des soz. Kontakts: System wird als Gesellschaftsvertrag betrachtet Rechte + Pflichten werden vereinbart, sind veränderbar
6. Stufe der universalen kein konkreter Normenkatalog ist Bezugspunkt, sondern selbst- ethischen Prinzipien: gewählte Prinzipien
⇒ Präkonventionelles Niveau: Entscheidungen + Handeln nach allg. Regeln von gut und böse.
Eigene Interessen / Bedürfnisse sowie drohende Folgen des Handeln bestimmen das Tun
⇒ Konventionelles Niveau: Anpassung an Gruppe um Sozialbeziehungen und Identifikation mit der Gruppe zu erreichen
⇒ Postkonventionelles Niveau:Regeln + Erwartungen des Systems werden nicht mehr fraglos hingenommen. Das Individuum will eigene Prinzipien aufstellen, den den Werten/ Normen einer Gruppe widersprechen können
2. Unterschiede zu Piaget
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3. Zwei Hypothesen der Stufenabfolge von Kohlberg
a) Hypothese der Invarianz der Stufenabfolge
= Reihenfolge der Stufen immer so, Überspringen von Stufen oder Rückschritte ausgeschlossen
= Bestätigung der Hypothese durch Colby 1983
= Einschränkung ⇒ scheint nur für die Stufen 1-4 zu gelten
b) Hypothese der Universalität der Stufenabfolge
= Stufen sind univerell, für unterschiedlichste Soz.bed. in unterschiedlichen Kulturen
4. Kritik an Kohlberg
- Simpson: ausschließlich Bezug auf westliche Demokratien und Voraussetzung eines liberalen Gerechtigkeitskonzepts
Häufig gestellte Fragen
Was ist Moral im Allgemeinen?
Moral umfasst eine Vielzahl von Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Motiven. Moralische Normen regeln das Handeln und Zusammenleben der Menschen und liefern Bewertungsmaßstäbe für eigenes und fremdes Handeln. Das Individuum muss die Normen kennen und anerkennen, und die anerkannten Normen bilden die Moral der Person. Ursprünge sind kulturell, religiös oder durch Gesetze festgelegt.
Wie beschreibt Piaget die Moralentwicklung?
Piaget betrachtet die Moralentwicklung aus kognitivistischer Sicht, wobei das Deuten und Urteilen im Vordergrund steht. Kern der reifen Moral ist die Achtung von Regeln der sozialen Ordnung und das Gerechtigkeitsgefühl. Er unterscheidet zwischen Inhalt und Struktur eines Verhaltens und geht von einer irreversiblen Abfolge von Entwicklungsstufen aus. Die moralische Entwicklung ist abhängig von der kognitiven Entwicklung.
Welche Stadien des Regelverständnisses gibt es laut Piaget?
Piaget unterscheidet zwei Stadien des Regelverständnisses: anfänglich reiner Motorischer Charakter, gefolgt von der Regelbefolgung als heilige, unveränderliche Verhaltensweisen, und später eine spielerische Zusammenarbeit und Regelvereinbarung, die von gegenseitigem Einverständnis geprägt ist.
Was sind die Stadien heteronome und autonome Moral nach Piaget?
In der heteronomen Moral werden Absichten bei einer Handlungsbewertung außer Acht gelassen, und allein die Handlungsfolgen sind entscheidend. Das Moralverständnis basiert auf Respekt vor Autorität und ist auf kognitive Unreife zurückzuführen. In der autonomen Moral bestimmen Absichten überwiegend das moralische Urteil, und die Fähigkeit, selbstgesetzte moralische Entscheidungen zu treffen, ist vorhanden. Das Moralverständnis basiert auf der Achtung zwischen Personen, und Normen werden als sinnvoll für die Gemeinschaft erfahren. Fortschritte in der kognitiven Entwicklung führen zu diesem Übergang.
Welche Kritik gibt es an Piagets Theorie der Moralentwicklung?
Piaget wird kritisiert für die zu starke Einschränkung moralischer Probleme auf die Beurteilung nach gut und böse und nach der Strafwürdigkeit des Verhaltens. Er frägt weniger danach, wie sich eine Person verhalten sollte, und unterschätzt die Fähigkeit und Bereitschaft jüngerer Kinder, Absichten zur Bewertung von Handlungen heranzuziehen.
Wie beschreibt Kohlberg die Moralentwicklung?
Kohlberg untersucht die Entwicklung von Begründungen normativer Urteile. Er entwickelte ein Sechs-Stufen-Modell, das in drei Niveaus unterteilt ist: präkonventionell, konventionell und postkonventionell.
Was sind die Niveaus und Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg?
Das präkonventionelle Niveau umfasst die heteronome Moral (Orientierung an Strafe und Gehorsam) und den Individualismus (Zielbewusstsein und Austausch, wobei eigene Interessen im Mittelpunkt stehen). Das konventionelle Niveau umfasst die wechselseitige Beziehung (Orientierung an Übereinstimmung mit anderen, Gerechtwerden der Rolle in Familie/Gruppen) und das soziale System und Gewissen (soziale Kontakte orientieren sich an übergeordneten Systemen). Das postkonventionelle Niveau umfasst die Stufe des sozialen Kontakts (System wird als Gesellschaftsvertrag betrachtet, Rechte und Pflichten werden vereinbart) und die Stufe der universalen ethischen Prinzipien (kein konkreter Normenkatalog, sondern selbstgewählte Prinzipien sind Bezugspunkt).
Was sind die Unterschiede zwischen Piagets und Kohlbergs Theorien der Moralentwicklung?
Kohlberg konzentriert sich stärker auf die Begründung moralischer Urteile, während Piaget den Fokus auf die Achtung von Regeln legt. Kohlberg entwickelt ein detaillierteres Stufenmodell.
Welche Hypothesen zur Stufenabfolge gibt es bei Kohlberg?
Kohlberg postuliert die Hypothese der Invarianz der Stufenabfolge (Reihenfolge der Stufen immer gleich, Überspringen oder Rückschritte ausgeschlossen) und die Hypothese der Universalität der Stufenabfolge (Stufen sind universell für unterschiedlichste soziale Bedingungen in unterschiedlichen Kulturen).
Welche Kritik gibt es an Kohlbergs Theorie?
Es wird kritisiert, dass sich Kohlbergs Theorie ausschließlich auf westliche Demokratien bezieht und ein liberales Gerechtigkeitskonzept voraussetzt. Zudem wird kritisiert, dass die Theorie sexistisch sei, da ausschließlich männliche Probanden untersucht wurden.
- Quote paper
- Joachim Brenner (Author), 2001, Die moralische Entwicklung nach Piaget und Kohlberg, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103394