GLIEDERUNG
1 Vorwort
2 Beschreibung der Gruppe
2.1 Gruppensituation
2.2 Beschreibung der Personen
2.2.1 H. Schmidt
2.2.2 N. Müller
2.2.3 K. Betke
2.2.4 C. Ahlen
3 Phasen der Gruppenentwicklung nach dem Modell von Hartley
3.1 Voraussetzungen
3.2 Phasen in der Gruppenentwicklung
4 Schlußwort
5 Quellenangabe
1.Vorwort
Ich möchte anmerken, dass ich viele Schwierigkeiten beim Schreiben dieses Berichts hatte. Ich habe für ca. eine Woche innerhalb der Einrichtung die Gruppe gewechselt, da ich bei meiner Gruppe Probleme hatte eindeutige gruppendynamische Situationen zu erkennen. Desweiteren möchte ich erwähnen, dass es sehr schwierig ist einen Bericht über Gruppe und Gruppendynamik anhand einer Gruppe geistig behinderter Menschen zu schreiben. Ich musste sehr oft interpretieren, da man keine wahrheitsgerechten Antworten erwarten kann. Ich hielt es für notwendig eine kurze Beschreibung der Personen hinzuzufügen, um in bestimmten Situationen inadäquate Reaktionen von Seiten der Behinderten nachvollziehen zu können.
Unsere Tagesgäste haben alle eine verzerrte Wahrnehmung die wir als Betreuer nur ansatzweise verstehen können. Für Außenstehende ist das sehr schwer nachvollziehbar.
Ich hoffe natürlich, dass mein Bericht trotzdem den Anforderungen gerecht wird.
2. Beschreibung der Gruppe
2.1 Gruppensituation
Die Gruppe ist heterogen strukturiert in der zur Zeit eine Erzieherin, eine Krankenpflegerin und abwechselnd ein ZDL und ein Azubi zum Erzieher arbeiten. Betreut werden zwei männliche und zwei weibliche Mitglieder.
2.2 Beschreibung der Personen
2.2.1 H. Schmidt (53 Jahre alt)
Bei Frau Schmidt wurde nach einer schweren Geburt eine Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel sowie ein Hirnbluten diagnostiziert. *
Sie lebt bei ihren Eltern und ist in der ganzen Familie liebevoll aufgehoben und umsorgt.
Frau Schmidt ist altersentsprechend entwickelt und körperlich normal belastbar. Allerdings erbricht sie leicht bei Aufregung. Um ihrer Unruhe entgegenzuwirken bekommt sie Tropfen am Morgen.
Frau Schmidts Kontaktfähigkeit ist sehr stark ausgeprägt. Sie hält aktiven verbalen und körperlichen Kontakt zu vielen Menschen. Durch ihre verbale Aktivität ist ihr Verhalten in der Gruppe leicht dominant. Sie ist in der Lage, gemeinsam mit den anderen Gruppenmitgliedern einer gelenkten Beschäftigung nachzugehen. Wird sie nicht angeleitet lässt sie sich eher treiben.
Im allgemeinen ist Frau Schmidt sehr aufgeschlossen. ZDL und Praktikanten widersetzt sie sich aber manchmal. Oft verlangt sie nach Körperkontakt und Fremden gegenüber ist sie gerne distanzlos.
Von selber beschäftigt sich Frau Schmidt gerne mit Stimulation ihres Körpers und mit verbaler Ansprache vieler Menschen.
Sie spricht sehr viel und laut. Frau Schmidts Wortgewandheit entspricht aber nicht ihrem tatsächlichen Denkvermögen. Trotz ihres großen Wortschatzes ist ihr eigentliches Wortverständnis sehr gering.
Frau Schmidt wirkt bei Ansprache meist sehr aufgeschlossen und zugänglich.
Sie ist meistens fröhlich und gut gelaunt. Bei Überforderungen und Korrekturen kann sie leicht aufbrausen.
Frau Schmidt zeigt wenig Interesse beim Umgang mit Material und muß ständig verbal angeleitet werden. Sie benötigt tagsüber eine ständige Aufsicht. Bei gezielten Beschäftigungsangeboten kann sie aber für wenige Minuten allein gelassen werden.
2.2.1 N. Müller (21 Jahre alt)
Frau Müller hat starke autistische Züge und ist manchmal autoaggressiv, seltener fremdaggressiv. Sie weist starke Stereotypien sowohl in ihren Bewegungen (OberkörperWippen, Bewegungen der Hände und Finger) als auch in ihrer Sprache auf.*
Frau Müller lebt bei ihrer Mutter und bildet den Mittelpunkt der Familie.
Sie ist körperlich altersentsprechend entwickelt.
Sie sucht sich einige wenige Bezugspersonen aus, in erster Linie die beiden festen Gruppenmitarbeiter.
Der Kontakt zu den anderen Gruppenmitgliedern ist meist gleichgültig, einigen gegenüber auch ablehnend. Sie nimmt innerhalb des Gruppengeschehens eine dominante Stellung ein und bestimmt sehr stark den Alltag. Sie hat mitunter Schwierigkeiten, sich in die Gruppe einzuordnen. Rücksicht nehmen und warten fallen ihr schwer.
Frau Müller hat wenig Interesse an gemeinsamen Aktivitäten. Am liebsten sitzt sie alleine im Gruppenraum und hört laute Musik.
Auf fremdes Eigentum achtet Frau Müller wenig. Sie zerstört durch heftiges „Draufschlagen“ Gegenstände (z.B. Kassettenrecorder).
Sie kann ihre Bedürfnisse klar äußern. Dabei spricht sie von sich meist in der dritten Person („N. hat Hunger“), manchmal aber auch in der Ich - Form.
Wünsche, die ihr nicht erfüllt werden können, wiederholt sie in stereotyper Form.
Freude, Trauer, Angst oder Wut wechseln oft innerhalb kürzester Zeit. Oft sind Ursachen zu erkennen, manchmal jedoch gibt es keine für den Betreuer ersichtlichen Gründe für den Stimmungswechsel.
In ausgeglichener Grundstimmung zeigt sich Frau Müller sich offen, sucht Körperkontakt und geht auf Angebote von Seiten der Betreuer ein. Ist sie unausgeglichen, verweigert sie jegliche Tätigkeiten und widersetzt sich allen Anforderungen.
Am Umgang mit Material und an kreativen Angeboten zeigt Frau Müller wenig Interesse. Unter verbaler Anleitung ist sie für kurze Zeit in der Lage, sich mit verschiedenen Mal- und Drucktechniken oder Knetarbeiten zu beschäftigen.
Sie benötigt tagsüber ständige Aufsicht. Bei ausgeglichener Stimmungslage kann sie aber für einige Minuten alleine gelassen werden.
2.2.2K. Betke (35)
Herr Betke wurde mit einem Hydrocephalus und einem grauen Star auf dem rechten Auge geboren. Sein Sehvermögen ist stark eingeschränkt, aber eine notwendige Brille akzeptiert er nicht mehr.
Mit zwei Jahren wurde eine Venikeldrainage gelegt. Die Operation erbrachte nicht den Erfolg, so dass eine starke Hirnschädigung auftrat. Er hat einen abnormal großen Kopf.
Herr Betke ist Epileptiker. Seine Anfallsneigung wird medikamentös behandelt und ist sehr gering. Er ist altersentsprechend entwickelt, aber zu mager. Bei Berührungen durch die Betreuer (Anziehen, Waschen etc.) zeigt er meist eine Abwehrreaktion. Aber männliche Mitarbeiter oder Besucher berührt er manchmal und läuft ihnen entgegen. Männern gegenüber reagiert er generell oft distanzlos.
Herr Betke ist außergewöhnlich antriebsarm und wehrt sich körperlich bei den meisten Angeboten und Pflegemaßnahmen
Seine Stellung in der Gruppe ist passiv. Oft sitzt er auf einem Sessel und beobachtet das Geschehen. Herr Betke sitzt ungern mit der Gruppe am Tisch. Er schiebt sich, ohne Fixierung, mit dem Stuhl durch das Zimmer. Er nimmt desinteressiert an den Gruppenaktivitäten teil. Herr Betke ist schwer ansprechbar und widersetzt sich oft durch Weigerung.
Er äußert Unwille und Anstrengung durch Schnaufen und Stöhnen. Er reagiert mit Blickkontakt auf sprachliche Zuwendung. Bei großer Freude springt er manchmal vom Stuhl hoch und schlägt rhythmisch mit den Armen. Fühlt er sich unbeobachtet schmeißt er manchmal Sachen um oder wirft Gegenstände auf den Boden.
Er benötigt in allen Lebensbereichen eine ständige Aufsicht.
2.2.4 C. Ahlen (17 Jahre)
Herr Ahlen ist Rollstuhlfahrer. Er ist blind und Epileptiker. Seine Anfallsleiden werden medikamentös behandelt und sind sehr selten.
Er lebt mit seinen Eltern in einem Haus.
Er wird dort (nach Aussage des Vaters) gelegentlich auch geschlagen um seine Autoagressivität zu unterbinden. Herr Ahlen ist altersentsprechend entwickelt, aber zu gewichtig.
Er nimmt von sich aus nur sehr selten verbalen Kontakt auf. Jedoch greift er öfter nach Händen und tastet sie ab und riecht an ihnen. Er spricht von sich in der dritten Person ( „Essen will er“).
Seine Stellung in der Gruppe ist eher passiv. Er nimmt das Gruppengeschehen meist gar nicht wahr. Wenn aber doch, dann nimmt er nur desinteressiert teil. Meist sitzt Herr Ahlen in seinem Rollstuhl, schlägt sich auf die Hände oder ins Gesicht und spuckt. Wenn er sich selbst schlägt, spricht er auch häufig Befehle zu sich aus („Beeil dich jetzt!“). Oder er beschäftigt sich mit verschiedenen Stimulationsangeboten (z.B. Vibrationsigel).
Herr Ahlen geht nur selten auf körperliche oder verbale Zuwendung ein.
Bei einer unausgeglichenen Grundstimmung schreit er oft laut und schlägt sich viel häufiger. Er widersetzt sich häufig den Aufforderungen der Betreuer.
Er hat kein Interesse am Umgang mit Material, da er aufgrund seiner Blindheit auch nicht sehen kann, was er erstellt.
Herr Ahlen benötigt tagsüber eine ständige Aufsicht wegen seiner Autoagressivität und seinem Anfallsleiden.
3. Phasen der Gruppenbildung nach dem Modell von Hartley
3.1 Voraussetzungen für die Entstehung einer Gruppe
1. Motivation
Allgemein: Die Motivation sich einer Gruppe anzuschließen ist im allgemeinen zusammen ein Ziel zu erreichen, welches von den einzelnen Menschen allein nicht zu erreichen ist.
Solch eine Motivation kann aber auch viel vager sein, z.B. der Wunsch, überhaupt einer Gruppe anzugehören.
Auf die Gruppen in unserer Einrichtung angewendet hat die Motivation allerdings Zwangscharakter. Es war der Wunsch der Eltern, dass ihre geistig behinderten erwachsenen Kinder tagsüber eine altersgerechte und individuelle Betreuung bekommen.
Aber auch die Mitglieder selbst haben eine Motivation. Diese ist allerdings nicht eindeutig zu benennen. Es könnte die Motivation sein, Aufmerksamkeit zu bekommen o.ä.
2. Kommunikation
allgemein: Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Kommunikation eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung und die Beständigkeit einer Gruppe ist. Fehlt z.B. eine gemeinsame Sprache können die Gruppenmitglieder ihre genauen Vorstellungen und Wünsche nur dürftig oder gar nicht mitteilen.
Aber auch wenn die Erfahrungswelt sehr unterschiedlich ist wird eine Kommunikation und Gruppenbildung erschwert. Günstig für die Kommunikation ist auch eine geringe Mitgliederzahl.
In dieser Gruppe besteht zwar eine gemeinsame „Sprache“, die Erfahrungswelt weist kaum Unterschiede auf und die Mitgliederzahl ist gering, aber dennoch findet kaum offensichtliche Kommunikation statt.
Auf den ersten Blick könnte man sogar meinen, dass es untereinander gar keine Kommunikation gibt. Herr Betke spricht gar nicht, Herr Ahlen spricht eigentlich nur mit sich selbst und Frau Müller und Frau Schmidt sprechen fast ausschließlich mit den Betreuern. Jedoch findet, wenn auch sehr selten, indirekte Kommunikation über Mimik und Gestik statt. Manchmal kommt es auch vor, dass Frau Schmidt ein Gruppenmitglied ruft um ihn für etwas zu bewegen, ihn zu einer Aktion zu holen oder um ihn zurecht zu weisen. Wenn Frau Müller mit einem anderen Mitglied kommuniziert, spricht sie von ihm in der dritten Person. Herr Ahlen fasst gelegentlich ein Gruppenmitglied an der Hand und versucht herauszufinden wer es ist. Hört er jemanden etwas sagen, fragt er manchmal nach, wer gesprochen hat. Herr Betke teilt sich mittels Mimik und Gestik mit. Untereinander verstehen sich jedoch alle. Jeder kann die Laute, unverständlichen Sätze und Gestiken des anderen deuten und reagiert je nach eigener momentaner Stimmung.
3. Gemeinsames Bezugssystem
allgemein: Die dritte Voraussetzung für die Entstehung einer Gruppe ist die Sicherheit, dass man sich gegenseitig versteht. Dass man in gewissem Sinne dieselbe Lebenserfahrung hat und zu bestimmten Dingen eine ähnliche Einstellung vertritt. Die Mitglieder müssen das Gefühl haben sich zu
akzeptieren. Dadurch entsteht schon ein gewisses
Zusammengehörigkeitsgefühl, ohne dass sich eine Gruppe nicht bilden kann.
Das gemeinsame Bezugssystem ist in dieser Gruppe sehr eindeutig. Die Gruppenmitglieder haben alle eine schwere
geistige Behinderung. Dessen sind sich die
Gruppenmitglieder natürlich nicht bewusst.
Es gibt aber auch noch mehr Gemeinsamkeiten, dessen sich die Mitglieder nicht wirklich bewusst sind, welche aber unbewusst für das Gefühl der Akzeptanz und Zugehörigkeit sorgen. Z. B. dass sie alle die gleiche Einrichtung besuchen, dass einige von ihnen die gleichen Interessen haben (Spaziergänge) oder dass sie alle die gleichen Hautfarbe haben.
Es war für mich aber leider unmöglich ein gemeinsames Bezugssystem zu finden, dessen sich die Mitglieder alle bewusst sind.
3.2 Phasen in der Gruppenentwicklung
1. Exploration
allgemein: Wenn eine neue Gruppe entsteht oder in eine bestehende Gruppe neue Mitglieder eintreten, findet zunächst eine Phase des Kennenlernens statt. Man versucht vorsichtig und mit Hilfe anderer, sich Informationen über die gegenseitigen Vorstellungen, Erwartungen etc. zu verschaffen.
Die Explorationsphase war sehr kurz, da ich den Gruppenmitglieder natürlich schon vorher bekannt war. Allerdings konnte man doch eine Unruhe spüren, die durch mich als neues Mitglied in der bestehenden Gruppe ausgelöst wurde. Frau Schmidt fragte sehr oft nach meinem Namen und versuchte andere Dinge über mich herauszufinden (z.B. ob ich einen Hund habe u.ä.). Herr Ahlen tastete oft nach meinen Händen und roch sehr lange daran, um sich meinen Geruch einzuprägen. Bei den Mahlzeiten war es lauter als gewöhnlich und die Gruppenmitglieder gingen auf Forderungen meinerseits nicht ein. Als ich z.B. Frau Müller bat ihr Toast zu essen zeigte sie keine Reaktion.
Herr Betke trat mich oft unter dem Tisch als ich ihn fütterte. Diese Phase dauerte aber nur ca. zwei Tage.
2. Identifikation
allgemein: In dieser Phase wachsen die Mitglieder enger zusammen, es entsteht ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl und die Akzeptanz ist größer. Man fühlt sich in der Gruppe wohl und braucht nicht unbedingt „sein Gesicht zu wahren“. Man fühlt sich nicht mehr von den anderen abgehoben sondern man empfindet die anderen als ein Stück von sich selbst. Es gibt aber individuelle Unterschiede in der Fähigkeit, sich in Gruppen geborgen zu fühlen. D.h. dass sich in ein und derselben Gruppe nach einer gewissen Zeit ein Mitglied stärker mit der Gruppe identifizieren kann als das andere Mitglied.
Schon nach kurzer Zeit war ich in die Gruppe als Mitglied aufgenommen worden und wurde von den anderen Mitgliedern akzeptiert. Meinen Aufforderungen wurde nachgegangen und es war für alle klar, dass ich zu der Gruppe gehörte. Frau Müller aß z.B. auf mein Bitten hin ihr Toast, Frau Schmidt trocknete ohne sich zu weigern das Geschirr ab und Herr Betke und Herr Ahlen ließen sich von mir beim Essen helfen.
Es existiert auf jeden Fall ein Gruppenbewusstsein und ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Dies wird z.B. dadurch sichtbar, daß alle Gruppenmitglieder morgens früh als erstes in ihren Gruppenraum gehen. Aber auch wenn ein anderes Mitglied fehlt, fragen Frau Schmidt und Frau Müller wo dieses Mitglied ist. Frau Schmidt geht aber auch oft in andere Gruppen und fragt dort einzelne Personen, ob sie bei ihnen in der Gruppe z.B. essen wollen. Dies ist ein Zeichen des Wir - Gefühls, an dem man eindeutig erkennen kann, dass sich Frau Schmidt mit ihrer Gruppe identifiziert.
3. Entstehung kollektiver Ziele
allgemein: Haben die Gruppenmitglieder sich und ihre gegenseitigen Erwartungen an die Gruppe näher kennengelernt, entstehen allmählich die Gruppenziele, auch kollektive Ziele genannt. Es sind solche Ziele, die über die individuellen Ziele der einzelnen Mitglieder hinausgehen. Es kann sogar sein, dass das einzelne Mitglied dazu bereit ist auf seine individuellen Ziele zugunsten des kollektiven Ziels der Gruppe zu verzichten.
In einer Gruppe schwer geistig behinderter Menschen ist die Entstehung eines kollektiven Ziels sehr unrealistisch. Auch in dieser Gruppe konnte ich keines erkennen. Jedoch sind die Ziele und Wünsche der einzelnen Mitglieder meistens gleich. Alle Gruppenmitglieder kommen mit der Motivation das Ziel zu erreichen, die Aufmerksamkeit der Betreuer auf sich zu ziehen. Dies führt natürlich unter Umständen zu Machtkämpfen und Rivalitäten. Diese halten aber meistens nicht lange an, da die Gruppenmitglieder einen Streit sehr schnell vergessen. Für sie nimmt der Tagesablauf dann weiter seinen gewohnten Gang.
4. Entstehung von Gruppennormen
allgemein: Nach einiger Zeit entstehen durch die Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen bei den Gruppenmitgliedern bestimmte Erwartungen an das Verhalten der anderen Gruppenmitglieder. Sobald diese Erwartungen zu Soll - Erwartungen werden, enthalten sie auch bestimmte Gruppennormen. Diese Normen verstärken das Wir - Gefühl und geben den Gruppenmitgliedern Verhaltenssicherheit. Durch diese Normen wird die Gruppe auch schärfer von anderen Gruppen abgegrenzt. Die Verständigung mit Nicht - Gruppenmitgliedern wird schwieriger da diese nicht mit den Verhaltensgewohnheiten und den Erwartungen der Gruppenmitglieder vertraut sind.
Sowohl die Gruppenmitglieder haben eine
Erwartungshaltung gegenüber den anderen Mitgliedern und den Betreuern als auch die Betreuer gegenüber den Gruppenmitgliedern.
Frau Müller erwartet z.B. von Herrn Betke, dass er sie unter dem Tisch ab und zu tritt. Tut er das nicht, macht sie die anderen Gruppenmitglieder darauf aufmerksam indem sie sagt: „Klaus tritt.“ Das bedeutet für sie aber das er es nicht tut.
Herr Betke erwartet, dass die anderen Gruppenmitglieder lachen wenn er sich aufrichtet und kehlige Laute von sich gibt. Ist dies nicht der Fall, drückt er Enttäuschung durch schnaufen und stöhnen aus.
Die Betreuer z.B. erwarten von Frau Schmidt das sie viel und laut spricht und das sie nach Körperkontakt sucht. Wenn sie das aber nicht macht, sind sie irritiert und unterhalten sich darüber, dass Frau Schmidt an diesem Tag ungewöhnlich ruhig ist.
5. Entstehung einer Haltung gegenüber
Gruppenangehörigen und Gruppenfremden
allgemein: Durch die feste Struktur, die eine Gruppe mit der Entstehung von Normen annimmt, wird allmählich eine bestimmte Haltung gegenüber der eigenen Gruppe und der Fremdgruppe geprägt. Die eigene Gruppe wird als positiv erlebt, die fremde eher als negativ.
Generell hat die Gruppe keine Probleme mit anderen Gruppen. Natürlich ist aber die eigene Gruppe bevorzugt. Frau Schmidt fragt z.B. häufiger Gruppenfremde ob sie zu ihr in die Gruppe kommen wollen, als dass sie danach fragt in eine andere Gruppe kommen zu dürfen. Personen innerhalb der Einrichtung sind den Gruppenmitgliedern bekannt und werden deshalb auch als „Besucher“ in der eigenen Gruppe ohne Widerstand akzeptiert. Natürlich gibt es auch gruppenübergreifende Antipathien gewisser Personen zueinander, aber die gibt es vereinzelt auch gruppenintern.
Gegenüber einrichtungsfremde Personen ist die Haltung der meisten Gruppenmitglieder ablehnend. Frau Müller z.B. schiebt Personen, die ihr unbekannt sind, von sich weg und Herr Betke tritt diese Personen häufiger. Herr Ahlen hingegen interessiert sich meistens nicht für Personen, dessen Stimme oder Geruch er nicht kennt. Frau Schmidt allerdings ist Fremden gegenüber gerne distanzlos und wirkt auch sehr aufgedreht.
6. Entstehung einer Gruppenatmosphäre
allgemein: Das soziale Klima einer Gruppe ist sehr wechselhaft und hängt von vielen inneren und äußeren Faktoren ab, wie z.B. der Führungsstil des Leiters, die Persönlichkeiten der Mitglieder, Spannungen und Rivalitäten zwischen den einzelnen Mitgliedern, Räumlichkeiten, Wetter usw. Dennoch bildet sich nach einiger Zeit in jeder Gruppe eine eigene Atmosphäre. Wenn eine Gruppe einmal eine solche Atmosphäre hat wird diese mehr oder weniger selbstverständlich, auch wenn die Faktoren, die zur Entstehung dieser Atmosphäre beigetragen haben, nicht mehr vorhanden sind.
Die Gruppenatmosphäre ist sehr unruhig und laut.
Das liegt sehr stark an den unruhigen und aggressiven Verhaltensweisen der Mitglieder.
Frau Schmidt kann einfach nicht leise sprechen. Aber auch wenn sie fehlt ist das Klima sehr unruhig, da ja auch die anderen Gruppenmitglieder sich nicht leise verhalten. Natürlich hängt die tägliche Atmosphäre auch von den obengenannten Faktoren ab. Sollen die Gruppenmitglieder beispielsweise einer gelenkten Beschäftigung nachgehen wechselt der Führungsstil von demokratisch zu autoritär. Dann sind die Mitglieder häufig ruhig und erledigen die ihnen aufgetragenen Aufgaben.
Oder ist z.B. schlechtes Wetter ist die Grundstimmung der Gruppenmitglieder oft extrem laut und aggressiv.
Dann gehen sie häufig ihren Pflichten nicht nach und gehen auch auf keine Angebot von Seiten der Erzieher ein. Die Grundatmosphäre jedoch bleibt auch bei wechselnden inneren und äußeren Faktoren erhalten.
7. Entstehung von Status und Rolle
allgemein: Mit der Entstehung von kollektiven Zielen und Normen übernehmen die verschiedenen Gruppenmitglieder auch verschiedene Rollen und eine Hierarchie der sozialen Wertschätzung entsteht. Mit der Veränderung der Gruppenziele können auch die Rollen und die Statusverteilung neu geregelt werden.
Die Rollen der Gruppenmitglieder unterscheiden sich kaum von einander.
Die Rollen sind individuell bzw. informell bestimmt durch das Verhalten in früheren Situationen. Sie sind durchdringend und vage festgelegt. Es sind Kürrollen und die verschiedenen Rollen der einzelnen Personen sind übereinstimmend. Die komplementären Rollen sind beispielsweise die des Zu - Betreuenden und des Betreuers oder die Rolle des Kindes und der Eltern u.ä.
Jedes Mitglied hat aber einen anderen Status in der Gruppe. Frau Müller nimmt z.B. einen sehr hohen Status ein während Herr Ahlen einen sehr niedrigen vertritt. Frau Schmidt und Herr Betke unterscheiden sich nicht wesentlich in ihrem sozialen Status in der Gruppe. Frau Schmidt hat einen geringfügig höheren Status als Herr Betke.
4 Schlußwort
Abschließend möchte ich sagen, daß mir die Arbeit in der Gruppe sehr viel Spaß gemacht hat. Es war eine weitere Erfahrung auch mal in einem anderen „Team“ zu arbeiten. Ich wurde nicht nur von den Gruppenmitgliedern schon nach kurzer Zeit akzeptiert sondern auch von den Betreuern.
Man sieht sich zwar jeden Tag, aber mal intensiver miteinander zu arbeiten und sich besser Kennenzulernen hat mich, meiner Meinung nach, auch mehr in das „Großteam“ integriert.
Ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben, obwohl es in den ersten Tagen sehr schwierig war.
5 Quellenangabe
Zu 2:
Beschreibung der Gruppe
(1) Entwicklungsberichte der Gruppenmitglieder
Zu 3:
Phasen der Gruppenentwicklung nach dem Modell von Hartley
(1) M. Jilesen
Soziologie - Eine Einführung in Erzieherberufe Verlag H. Stam GmbH, Köln - Porz 1982 Seiten 89 - 94
[...]
* Alle Namen in diesem Bericht wurden geändert.
- Quote paper
- Claudia Reeh (Author), 2001, Gruppe und Gruppendynamik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103348
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