Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. AKUTELLE ASPEKTE DER MARKENWERTBERECHNUNG
1.1 KRAFT EINER MARKE
1.2 AUFBAU ODER ÜBERNAHME EINER MARKE?
1.3 BRAND EQUITY - MARKENWERT ALS NEUE ERFOLGSKENNZAHL?
1.4 VERWENDUNGSZWECK DER MARKENBEWERTUNG
1.4.1 Unternehmensintern
1.4.2 Unternehmensextern (Sattler)
2 ANSÄTZE DER MARKENWERTBESTIMMUNG
2.1 ANFORDERUNG AN DIE VERSCHIEDENEN BEWERTUNGSMETHODEN ..
2.2 ÜBERBLICK ÜBER ANSÄTZE DER MARKENWERTBESTIMMUNG
2.2.1 Finanzorientierte Modelle
2.2.1.1 Globalmodelle
2.2.1.2 Indikatorenmodelle
2.2.2 Verhaltensorientierte Ansätze
3 VORSTELLUNG DER ANSÄTZE VON AAKER UND SATTLER
3.1 DER KONSUMENTEORIENTIERTE ANSATZ NACH AAKER
3.2 DAS INDIKATORMODELL NACH SATTLER
3.2.1 Der theoretische Ansatz
3.2.2 Anwendung des Indikatorenmodells nach Sattler am Beispiel einer deutschen Biermarke
4 SCHLUSSBETRACHTUNG UND AUSBLICK
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Anwendungsgebiete der Markenbewertung nach Sattler
Abb. 2: Indikatorenverfahren im Überblick
Abb. 3: Ergebnisse der Regressionsanalyse nach Ansatz von Sattler
Abb. 4: Rahmendaten der Markenbewertung nach Ansatz von Sattler
Abb. 5: Wahrscheinlichkeitsverteilung nach Ansatz von Sattler
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Akutelle Aspekte der Markenwertberechnung
1.1 Kraft einer Marke
Durch die zunehmende Sättigung auf den Märkten und dem dadurch eingeleiteten Verdrän- gungswettbewerb, werden Konkurrenzprodukte von den Konsumenten zunehmend als aus- tauschbar wahrgenommen. Eine starke Marke soll in Zeiten der Informationsüberlastung als Orientierungshilfe für die Abnehmer dienen. Sie schafft einen Anspruch auf Unverwechselbar- keit, indem das Produkt über die Marke eindeutig identifiziert wird und somit der Anonymität der Massenmärkte entfliehen kann. Diese Differenzierung von Konkurrenzangeboten kann eine kaufentscheidende Wirkung besitzen.
Die Marke dient den Konsumenten durch die Verminderung von Unsicherheit, Informations- kosten und Fehlkäufen als - zumindest teilweise - „Lösung von Koordinationsproblemen bei dezentral verteilten Informationen“1. Nicht übersehen werden darf der Zusatznutzen für den Konsumenten, welcher durch die psychologische Wirkung von Marken entsteht (Verbesserung des Eigenen Images, Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen). Darüber hinaus stärkt die Markie- rung die Absatzpolitik wodurch gegenüber der Konkurrenz Wettbewerbsvorteile geltend ge- macht werden können.2 Beispiele dafür sind die Wirkung als Eintrittsbarriere und somit die Sicherung der langfristigen Marktposition und die Verstärkung der Stellung gegenüber dem Handel, mit Hinblick auf Vertragsverhandlungen und Konditionen bei der Festlegung der an- gebotenen Regalplätze.3
1.2 Aufbau oder Übernahme einer Marke?
Welche Argumente sprechen für den Kauf und gegen den eigenen Aufbau einer Marke? Prob- lematisch bei der Entwicklung einer Marke ist die Unsicherheit des Verlaufs der Markenbil- dung. Es ist ungewiss in welchem Zeitraum sich eine starke Marke herausbildet, da dies in ho- hem Maße von externen Faktoren wie Konkurrenzmarken, Markt- und Umweltveränderungen i.w.S. und der Reaktion der Konsumenten abhängig ist. Eine grobe Einflussname durch die Intensität und Qualität der Werbung ist zwar möglich, jedoch besteht aufgrund der bereits an- gesprochenen Sättigungserscheinungen der Konsumgütermärkte weiterhin ein erhebliches Risiko, im Hinblick auf den Erfolg und die Höhe der zu investierenden Gelder.4 Beispiele hierfür sind Kosten, welche durch die Durchsetzung der Markeneintragung unter Verwendung von Rechtsmitteln berücksichtigt werden müssen.5 Darüber hinaus ist zu beachten, dass es auf bestimmten Märkten „durch die Vormachtstellung großer Marken (z.B. Coca Cola, Pepsi Cola) kaum möglich ist, neue Marken zu schaffen, geschweige denn, das Leistungsniveau der großen Marken zu erreichen.“6
Der Kauf - als Alternative zum Aufbau - stellt hingegen eine vergleichsweise risikoarme Form des Erwerbs von Marktanteilen und somit der Generierung von Wachstum dar. Zur Ermittlung des Kaufpreises ist es jedoch nötig “den Wert einer Marke bestimmen zu können, wobei hier nicht vom konkreten Markenprodukt als physischem Gegenstand die Rede ist, sondern von einem immateriellen Vermögensgegenstand.“7
1.3 Brand Equity - Markenwert als neue Erfolgskennzahl?
Warum sollen Unternehmen sich nicht mit kurzfristigen Zielen, wie Steigerung des Umsatzes, Erschließung neuer Märkte und Zielgruppen zufrieden geben? Worin liegen die Vorteile eines Unternehmens dessen langfristiges Ziel die Steigerung des Markenwertes darstellt? Um diese Fragen zu beantworten gilt es im Vorfeld den Markenwert (brand equity) zu definieren.
Es gibt zwei Sichtweisen aus denen der Wert der Marke betrachtet werden kann. Bei finanzori- entierten Ansätzen wird der Markenwert, als immaterieller Aktivposten, “als Barwert der fi- nanzwirtschaftlichen Überschüsse (Kapitalwert) der dem Markenprodukt zurechenbaren erwar- teten Einzahlungen über die erwarteten Auszahlungen“8 definiert. Die zu erwartenden Einzah- lungsüberschüsse können aus Mehreinnahmen in Folge einer höheren Absatzmenge, eines hö- heren Preises oder Erlösen aus der Lizenzvergabe resultieren. „Zum Markenaufwand sind alle im Betrachtungszeitraum angefallenen Aufwendungen zu rechnen, die dem Markenprodukt für Produktion, Vertrieb und Führung zugerechnet werden können“9 Ziel des finanzorientierten Ansatzes ist die Ermittlung eines monetären Wertes, um Daten für die Bilanzierung, den Kauf und Verkauf von Marken zu erhalten.
Für die Markenführung findet der verhaltenswissenschaftliche Markenwert Verwendung. Grund hierfür ist, „dass monetäre Markenwerte lediglich die Folge des Verhaltens der Kunden sind. Vorraussetzung ist aber, dass die Kunden die Marke wahrnehmen und ein positives Image mit ihr verbinden. Die verhaltenswissenschaftliche Methode ... setzt deshalb an den Gedächt- nisstrukturen der Konsumenten an.“10 „Der (Anm. d. Verfassers: verhaltenswissenschaftliche) Markenwert umschreibt eine Gruppe von Vorzügen und Nachteilen, die mit einer Marke, ihrem Namen oder Symbol in Zusammenhang stehen und den Wert eines Produktes oder Dienstes für ein Unternehmen oder seine Kunden mehren oder mindern.“11 Den Markenwert beeinflussen laut Aaker Faktoren aus den Dimensionen: Markentreue, Bekanntheit des Namens, angenom- men Qualität, weitere Markenassoziationen und andere Markenvorzüge wie Patente, Waren- zeichen, Absatzwege usw.12
Die Definition des finanzorientierten Markenwertes lässt folgende Probleme erkennen. Einzah- lungsüberschüsse und Auszahlungen sind nur zu berücksichtigen, wenn diese direkt auf die Marke zurückzuführen sind. „So würde ein Teil der Umsatzerlöse auch erzielt werden können, wenn für das jeweilige Produkt keine (bzw. eine unbekannte oder nahezu unbekannte) Marke verwendet wird.“13 Das bedeutet, das unter Umständen zwischen den Auswirkungen mehrerer für ein Produkt relevanter Marken differenziert werden muss, wie z.B. bei der Wirkung eigener und fremder Marken im Rahmen einer strategischen Allianz oder bei der Koexistenz unter- nehmensweiter und produktklassenspezifischer Markenbegriffe. Neben dem Isolierungsprob- lem, der durch die Marke entstandenen Einzahlungsüberschüsse, ist das Prognoseproblem zu beachten. Dies wird durch die langfristige Wirkung der Marke begründet, da Prognosen über 5 oder gar 10 Jahre mit einem hohen Grad an Unsicherheit verbunden sind. Das dritte Problem betrachtet den Bereich der Auswirkungen von Markentransfers auf andere Produktkategorien. Es besteht die Chance, dass die Produkteinführung durch die bereits bestehende Marke verein- facht wird. Gleichzeitig muss jedoch das Risiko einer Verwässerung oder Schädigung des Markenimages in Kauf genommen werden. Beispiel für eine Schädigung war die Neueinfüh- rung von Anzügen Mitte der achtziger Jahre unter dem Markennamen Levis, welche trotz er- heblicher Marketinginvestitionen floppte, und „führte zusätzlich zu einer Imageverwässerung von Levis mit negativen Folgen für den Jeansmarkt“14.
Durch Investitionen in den Markenwert einer Unternehmung ergeben sich langfristige Wettbe- werbsvorteil gegenüber der Konkurrenz15. Kunden bringen Marken mit hohem Markenwert eine höhere Markentreue16 entgegen als solchen mit geringem Markenwert. Dies erleichtert das ‚Halten von Kunden’ und ermöglicht dadurch die Realisation konstanter Umsätze, aufgrund von Kosteneinsparungen, im Zuge der Bedienung von ‚Stammkunden’, so dass die Akquisition von Neukunden weitestgehend als zukunftsorientierte Lösung verwendet werden kann. Somit sinkt die Notwendigkeit kurzfristiger Sonderaktionen um Kaufanreize zu geben. Ziel ist es, durch die Marke, eine stärkere Differenzierung zu erreichen und sich damit einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil zu sichern, welcher unabhängig von der Preisgestaltung ist.17 Des weiteren sind Halo-Wirkungen zu erwarten, d.h. „Der Markenwert wirkt sich positiv auf die Beurteilung einzelner Markeneigenschaften aus. Durch entsprechende Rückkopplungseffekte kann dies zu einer Wirkungsspirale führen: Der Markenwert wirkt sich positiv auf die Wahrnehmung ein- zelner Marketing-Maßnahmen aus. Diese wiederum beeinflussen den Markenwert positiv usw.“18 Ein weiterer Grund, welcher für den Aufbau eines starken Markenwerts spricht ist die Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition. Ein starker Markenwert fungiert auf dem Markt als Eintrittsbarriere, welche für Konkurrenten nur unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel überwindbar ist. Vorteile in Form einer besseren Verhandlungsposition bei der Positionierung der Produkte am Point of sale bestehen gegenüber dem Handel und in Form von höherer Ak- zeptanz der Kunden bei Markenerweiterungen.
1.4 Verwendungszweck der Markenbewertung
Nach der Auffassung von H. Sattler lassen sich folgende in Abb. 1 dargestellte Anwendungsgebiete der Markenbewertung unterscheiden.
Abb. 1: Anwendungsgebiete der Markenbewertung nach Sattler
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Henrik Sattler, H. Sattler, Markenbewertung als Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung, in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, S. 196 Schaubild 1: Verwendungszweck für die Bewertung von Marken
1.4.1 Unternehmensintern
Der Verwendungszweck der Markenbudgetierung (Allokation des Marketingbudgets) entstand durch eine neue Einstellung gegenüber den Marketingausgaben, welche nicht mehr ausschließ- lich kurzfristig, sondern als langfristige Investitionen betrachtet wurden. Hintergrund dieses Wandels waren die steigenden Werbeausgaben bei der zweifelhaften und kurzfristigen Wir- kung der Werbewirkung. Der Markenwert sollte ein quantitatives Maß zur Beurteilung des Nutzens dieser Investitionen darstellen und somit die steigenden Ausgaben rechtfertigen.19
Die Hauptabsicht der Markenführung (Steuerung und Kontrolle) ist die Verschiebung der Be- urteilung des Erfolges von Führungspersönlichkeiten und Unternehmen, weg vom kurzfristig erzielten Produktgewinn hin zur größtmöglichen Steigerung des Markenwertes in einem Zeit- raum. Da die Erhöhung des Markenwertes v.a. langfristige positive Auswirkungen aufweist (z.B. Verkaufsförderung, enge Kundenbindung usw.), wird der häufig kritisierten „Kurzfrist- orientierung von Führungskräften entgegengewirkt“20 ; z.B. führt die Verminderung des Etats für Werbung kurzfristig zu Gewinnsteigerungen, jedoch werden durch die geringeren Werbe- budgets langfristig Gewinneinbußen in Kauf genommen, als Folge der verminderten Kommu- nikation des Unternehmens zu ‚seinen’ Kunden. Folglich kann die Festsetzung des Marken- wertes als Zielkriterium kann als erster Schritt auf dem Weg zur Langfristorientierung der Unternehmenspolitik gesehen werden.21
1.4.2 Unternehmensextern (Sattler)
Im Rahmen der Übertragung von Markenrechten (Kauf, Verkauf, Fusion, Konkurs, Lizenzierung, Kreditsicherung (z.B. Verpfändung) und Franchising) ergibt sich ein verstärktes Interesse an der finanziellen Bewertung von Marken. Besonders seit Beginn der achtziger Jahre, mit Einsatz der ‚Merger & Acquisition - Welle’ und dem starken Anstieg der Vergabe von Markenrechten und der Berechnung von Lizenzgebühren in den letzten 20 Jahren22, besteht ein erhöhter Bedarf an der Bewertung von Marken, da diese einen zentralen Vermögensgegenstand eines Unternehmens darstellen und somit den eigentlichen Grund der Firmenübernahme dar- stellen können.23 In Deutschland spielt der Änderung des § 8 des Warenzeichengesetzes, eine wichtige Rolle, da „nunmehr ein Warenzeichen auch ohne den zum Warenzeichen gehörenden Geschäftsbetrieb auf einen Dritten übertragen werden konnte.“24
Die bekannteste Form der Lizenzierung stellt das Franchising dar (Mc Donald`s), bei dem die Marke zum Standart einer Leistung wird.
Weitere Anwendung findet der Markenwerte in der Entscheidung über die Höhe von Entschädigungszahlungen im Falle von Markenrechtsverletzungen, z.B. „...rechtswidrige Verwendung von Markenzeichen, beispielsweise das Lacoste-Krokodil auf Sportschuhen“.25
Ein Anwendungsgebiet der Markenbewertung, aus Sicht des externen Rechnungswesens, liegt in der Bilanzierbarkeit. Für die handelsrechtliche Bilanzierung einer Marke als immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens gilt, gem. § 248 (2) HGB das Aktivierungsverbot für den Fall dass diese unentgeltlich erworben wurde. Dies bedeutet das die getätigten Aufwendungen zur eigenen Entwicklung von Produktmarken nicht aktiviert dürfen. Im Gegenteil zu entgeltlich erworbenen Markenrechten. Diese müssen gem. § 246 (1) HGB, dem Grundsatz der Vollstän- digkeit entsprechend, aktiviert werden26, jedoch unter der Berücksichtigung der § 253 (1) und § 255 (1) HGB, welche die Einzelbewertbarkeit der Kosten des Warenzeichens voraussetzt und die Anschaffungskosten als Ansatzobergrenze festlegt. Durch diesen Grundsatz ordnungsge- mäßer Buchführung ist es nicht möglich, eventuelle Erhöhungen des Markenwertes nachträg- lich zu berücksichtigen. Ebenfalls unmöglich ist es, eine Markenwertminderung durch eine lineare Abschreibung vorzunehmen, da eine zeitlich begrenzte Nutzung gem. § 253 (2) HGB) hierfür vorrausgesetzt werden müsste. Daher ist eine handelsrechtliche Wertberichtigung auf einen niedrigeren beizulegenden Wert nur über eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Zeitwert gem. § 253 (2) HGB möglich, „wobei die §§ 253, 254 HGB nicht für Ka- pitalgesellschaften gelten. Hier sind die §§ 279 (2), 280 (1) HGB maßgeblich.“27
2 Ansätze der Markenwertbestimmung
2.1 Anforderung an die verschiedenen Bewertungsmethoden
Ansätze zur Berechnung des Markenwertes sollten die folgenden Anforderungen erfüllen, um eine praxisorientierte Anwendung zu ermöglichen und den Umgang mit den Verfahren zu er- leichtern. Die Bewertungsmethode sollte für alle Markenformen (Wort-, Bild- Hörmarken usw.) anwendbar sein.28 Die Reliabilität29, d.h. die Genauigkeit der Merkmalsmessung muss sichergestellt sein. Darüber hinaus muss die Anwendbarkeit30 der Methode für die verschiede- nen Anwendungsgebiete (siehe Gliederungspunkt 1.4.) gewährleistet werden. Sie sollte sowohl für selbst entwickelte, als auch für gekaufte Marken gesicherte Ergebnisse liefern, unabhängig davon ob das Ziel der Bewertung die Ermittlung einer Lizenzgebühr oder die Absicherung von Krediten darstellt.31 Darüber hinaus sollten Daten zur Berechnung benutzt werden, welche leicht innerhalb des Unternehmens erhoben werden können. Allein schon aus Kostengründen bieten sich hierfür Daten der eigenen Research- und Rechnungswesenabteilung an, da diese regelmäßig aktualisiert werden und somit der Markenwert über einen längeren Zeitraum ver- glichen werden kann.
2.2 Überblicküber Ansätze der Markenwertbestimmung
Wie aus der Definition des Markenwertes ersichtlich wird, unterscheiden wir zwischen dem finanzorientierten und dem verhaltensorientierten Markenwert. (siehe Gliederungspunkt 1.3.) Zur Berechnung des finanzorientierten Markenwertes haben sich 2 Modelltypen bewährt: die Globalmodelle und die Indikatororientierten Modelle (Indikatorenmodelle). „ ... Auch innerhalb der jeweiligen Ausrichtung unterscheiden sich die Verfahren in ihren Grundgedanken und ihrer Methodik. Folglich liefern sie entsprechend unterschiedliche Ergeb- nisse bei der Ermittlung des Markenwertes.32 Die Wahl des ‚richtigen’ Ansatzes ist somit ab- hängig von den unterschiedlichen Informationsquellen, Datenbasen, Zielen und Präferenzen der Anwender. Personen und Organe der markenführenden Unternehmung möchten ein hohes Erfolgspotential ihrer Marke ausgewiesen bekommen. Auch für potentielle Erwerber der Mar- kenrechte haben vergangene Erfolge eine geringere Relevanz, als das zukünftige Erfolgspoten- tial. Für Handelsunternehmen stellt eine starke angebotene Produktmarke zwar eine Aufwer- tung des eigenen Unternehmens aus Kundensicht dar, jedoch wird gleichzeitig die Verhand- lungsposition gegenüber dem Produzenten, im Hinblick auf die Verhandlungen um die Kosten begehrter Regalplätze geschmälert, da der Kunde erwartet, dass diese starke Marke auch ange- boten wird.33
2.2.1 Finanzorientierte Modelle
2.2.1.1 Globalmodelle
„Globalmodelle betrachten die Marke als Ganzes und der Markenwert wird in einem Rechen- schritt ermittelt. Die Globalmodelle können ferner in kostenorientierte und marktwertorientier- te Modelle unterschieden werden. Kostenorientierte Modelle gehen davon aus, dass für den Aufbau der betreffenden Marke Aufwendungen notwendig waren, die den jetzigen Wert der Marke repräsentieren Die Marktwertmodelle gehen davon aus, dass ein Markt für Marken besteht und sich der Wert der Marken aus dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage er- gibt.“34 Zu bemängeln ist jedoch, das noch kein ‚Markenmarkt’, ähnlich dem Markt für Immo- bilien besteht, durch welchen Angebot und Nachfrage quantifizierbar werden, obgleich in den letzten Jahren - nicht zuletzt unter Zuhilfenahme des Internets - vermehrt Anbieter für den Transfer von Marken entstanden sind (www.semion.de).35 Beim kostenorientierten Ansatz ist kritisch zu bemerken, dass Produktmarken, welche einen enormen Kostenaufwand beanspruchen, nicht automatisch erfolgreich sein müssen und folglich auch keinen höheren Markenwert besitzen, wie in diesem Ansatz angenommen wird.36
2.2.1.2 Indikatorenmodelle
„Indikatorenmodelle gehen von der Hypothese aus, daß sich eine Prognose der zukünftigen Einzahlungsüberschüsse aus einer Marke durch Markenwertindikatoren approximieren läßt“37, welche die Stärke der Marke beeinflussen. Beispiele für Indikatoren sind Marktanteil und Mar- kenbekanntheit. Sattler geht bei der Berechnung von folgender Vorgehensweise38 aus. Der ers- te Schritt stellt die „inhaltliche Ermittlung der Indikatoren und ihrer Ausprägungen hinsichtlich der zu bewertenden Marke“ dar. In Folge dessen wird eine Funktion ermittelt, durch welche „die Indikatorenausprägungen zu einer eindimensionalen Größe (Markennutzen bzw. - punktwert) verknüpft“ werden, welche im letzten Schritt in die monetäre Größe des langfristigen Markenwertes umgewandelt wird.
In der folgenden Tabelle (Abb. 2) wird ein Überblick über die z.Z. gängigen Indikatorenmodelle gegeben und auf Nachteile im Zusammenhang mit der Benutzung hingewiesen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Indikatorenverfahren im Überblick
Quellen:
- Sofern keine anderweitigen Angaben, lautet die Quelle:
- Siehe Dieter Herbst: Modelle und Verfahren der Markenwertbestimmung unter: http://home.snafu.de/herbst/mark_mo.htm 1 ff.
- Die hochgestellte Ziffern in den Tabellen stellen lokale Fußnoten dar und gelten nur innerhalb der Seiten 11 bis 13!
1 : Siehe S. Bekmeier, Marktorientierte Markenbewertung, Wiesbaden 1996, S. 82 f.
2 : Siehe H. Sattler, Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S.634 ff.
3 : So auch D. A. Aaker, Management des Markenwerts, Frankfurt/Main 1992, S. 33 ff.
4 : Siehe D. A. Aaker, Management des Markenwerts, Frankfurt/Main 1992, S. 41,42 ff.
5 : So auch: E. Dichtl, W. Eggers, Marke und Markenartikel, München 1992, S. 232 ff.
6 : Siehe S. Bekmeier, Marktorientierte Markenbewertung, Wiesbaden 1996, S. 79 f.
2.2.2 Verhaltensorientierte Ansätze
Die verhaltensorientierten Ansätze - eine relativ junge Forschungsrichtung - sind seit Beginn der 90iger Jahre verstärkt in der Diskussion. Als Gründe für diese konsumentenorientierte Per- spektive können folgende Argumente angebracht werden. Der verhaltenswissenschaftliche Wert einer Marke „wird vor allem durch die Reaktionen der Konsumenten auf strategische und taktische Maßnahmen zur Gestaltung des Marketing-Mix geprägt Demzufolge liegt der Wert einer Marke nicht in dem Unternehmen, sondern er spiegelt sich vielmehr in den Köpfen der Konsumenten wieder.“39 Durch gezielte kommunikationspolitische Maßnahmen der Unter- nehmen können Faktoren wie Bekanntheitsgrad der Marke, deren Einzigartigkeit, Markeniden- tität, der vermittelte Kundennutzen und die Kundenbindung beeinflusst und ein Mehrwert für den Kunden geschaffen werden. Dieser äußert sich in einer höheren Zahlungsbereitschaft der Käufer eines markierten Produktes im Vergleich zu einem identischen Produkt ohne (bzw. mit fiktiver) Marke.40
3 Vorstellung der Ansätze von Aaker und Sattler
In diesem Abschnitt werde ich zwei Möglichkeiten der Markenwertberechnung detailliert vorstellen. Den ersten Ansatz bildet der konsumentenorientierte Ansatz nach Aaker, welcher „ein besonders weit verbreiteter Ansatz zur Erfassung eines solchen Markenwertes“41 ist. Als Vertreter der Indikatorenmodelle werde ich den Ansatz von Sattler erläutern und mit einem praktischen Anwendungsbeispiel vertiefen.
3.1 Der Konsumenteorientierte Ansatz nach Aaker
Nach Aaker erfolgt die Bestimmung des Markenwertes über 42 die Determinanten Markentreue, Markenbekanntheit, angenommen Qualität, Markenassoziationen sowie anderer Markenvorzü- ge (z.B. Patente, Warenzeichen und Absatzwege). Problematisch bei dieser Einteilung ist die Korrelation der einzelnen Indikatoren. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass die Markentreue stark von der Markenbekanntheit und der angenommenen Qualität beeinflusst wird.
Die Stärke der Marke bildet sich, wie bei allen konsumentenorientierten Ansätzen, in den Köp- fen der Konsumenten. Vorstellungen und Kenntnisse von Marken werden durch sogenannte Schemata abgebildet, welche „die typischen Eigenschaften und standardisierten Vorstellungen zu bestimmten Sachverhalten, Ereignissen oder Objekten umfassen (vgl. Esch 1998 a). Bei- spiel: Wenn wir an Paris denken, so öffnen wir quasi eine Schublade in unserem Kopf mit Schemavorstellungen zu Paris wie dem Eifelturm, dem Place de la Concorde, dem Louvre, den Champs-Elysée, dem Centre Pompidou usw.“43 Mit Hilfe dieser Schemavorstellungen wird die Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung, vor allem bei komplexen Problemen, erleichtert und die Aufnahme von Informationen sowie die Art und Weise der Aufnahme er- heblich beeinflusst. Dies ist der Hintergrund für den Aufbau starker Markenschemata, welche sich direkt auf den Erfolg einer Marke auswirken. Zur Darstellung von Markenschemata wer- den semantische Netzwerke verwendet, welche aus Knoten und Kanten bestehen. “Knoten um- fassen bestimmte Eigenschaften zu Marken, die Kanten wiederum geben die Beziehungen zwi- schen Eigenschaften und Marke wieder.“44 Bei der Informationsspeicherung ist zu beachten, „daß das Wissen zu einer Marke hierarchisch dem Wissen zu einer entsprechenden Produktka- tegorie untergeordnet ist. Konkret: Das Wissen zur Schokoladenmarke Milka ist dem Wissen zur Produktkategorie Schokolade untergeordnet. Durch die hierarchische Struktur kann ein Vereinfachungsprinzip bei der Ablage von Wissen erfolgen. Dies wird als Vererbungsprinzip bezeichnet. Danach erben alle Marken einer Produktkategorie automatisch die mit der Pro- duktkategorie gespeicherten Produktvorstellungen.“45 Starke Marken besitzen jedoch herausra- gende „Vorstellungen in den Köpfen der Kunden“46, die über die Produktkategorie hinausrei- chen.
Haupteinflussfaktoren auf die Gedächtnisstrukturen stellen die Markenbekanntheit und das Markenimage, als wesentliche Grundlage des Markenwerts, dar. Die Markenbekanntheit, als Ausgangspunkt für eine klare Imagebildung der Marke durch die Konsumenten, beeinflusst die Berücksichtigung der Marke bei der Kaufentscheidung und stellt somit die Vorraussetzung zur Bildung markenspezifischer Assoziationen dar. Darüber hinaus soll durch eine positive Mar- kenbekanntheit der Konsument Zuneigung und Vertrautheit gegenüber der Marke aufbauen.47 Das Markenimage ist gekennzeichnet durch Art (emotional bzw. kognitiv), Stärke und Reprä- sentation der Markenassoziation, welche verbal oder nonverbal erfolgen kann. Bei starken Marken stellen oft nonverbale Inhalte einen Teil der Markenassoziationen dar (z. B. Milka: Bild der lila Kuh). Darüber hinaus sind die vorhandenen Assoziationen sehr stark untereinander vernetzt und streben positive Gefühle auf der Kundenseite an. Dies setzt die Befriedigung der Kundenbedürfnisse voraus.
Die Marken sollten leicht mit bestimmten Eigenschaften verknüpft werden können und versu- chen, einzigartige Assoziationen zu kreieren, um eventuelle Verwechslungen zu vermeiden.
Diese Faktoren prägen das Markenwissen und bilden die Vorraussetzung für den erfolgreichen Aufbau eines starken Markenwertes. „Ein positives Beispiel für den Aufbau eines klaren Markenschemas ist die Marke Beck`s. Durch klare Zielvorgaben konnten für diese Biermarke Assoziationen aufgebaut werden, die stark emotional geprägt sind. Konsumenten verfügen häufig über ein inneres Bild mit dem grünen Schiff, das besonders stark mit Beck`s verknüpft und einzigartig ist Zudem wird durch das grüne Schiff eine klare Spur zur Marke Beck`s gelegt. Der Zugriff auf die Marke wird dadurch erleichtert.“48
3.2 Das Indikatormodell nach Sattler
3.2.1 Der theoretische Ansatz
Das vorgestellte Modell zielt auf die 49 langfristige Berechnung des Markenwertes ab und ver- sucht damit, den Schwachpunkt bisheriger Ansätze - die Erfassung des Wertes über einen nur relativ kurzen Zeitraum - zu umgehen, da die Wirkung einer starken Marke langfristig angesie- delt ist. Darüber hinaus soll die Ermittlung und Gewichtung der verwendeten Indikatoren nicht aufgrund subjektiver Einzelmeinungen erfolgen, sondern empirisch belegt werden. Es werden nicht nur historische Daten verwendet, vielmehr erfolgt eine Schätzung zukunftsbezogener Daten, ohne jedoch konstante Entwicklungen zu unterstellen. Die errechneten Ergebnisse werden zusätzlich auf ihre Validität überprüft.
Die Berechnung des langfristigen Markenwertes ist in folgende 5 Schritte unterteilt. Zuerst werden potentielle Markenwertindikatoren und Rahmenbedingungen der Bewertungssi- tuation identifiziert. Dies erfolgt durch „28 mit Markenbewertungsfragen betraute Führungs- kräfte deutscher Konsumgüterhersteller aus unterschiedlichen Funktionsbereichen (insbesonde- re Marketing sowie Marktforschung, Finanzierung und Rechnungswesen)“50, denen die Mar- ken unter zu Hilfenahme von Indikatoren aus den Gruppen ‚Historische Entwicklung’, ‚Ge- genwärtige Marktstellung’, ‚Gegenwärtige Konsumentenbeurteilung’ und ‚Mittelfristiger Trend der Marke’ beschrieben wurden. Ziel war die Optimierung der Indikatorenauswahl. Dies wurde dadurch sichergestellt, dass die Befragten Kriterien streichen konnten, welche sie für die Berechnung des langfristigen Markenwertes als uninteressant einschätzten oder die zu stark mit anderen Indikatoren korrelierten. Andererseits konnten wichtige Kriterien hinzugefügt werden.
Die ermittelten Indikatoren und Rahmenbedingungen werden im zweiten Schritt zur Schätzun- gen des langfristigen Wertes einer Reihe von Marken durch 78 Markenexperten herangezogen. „Die Interviews fanden in Form persönlicher PC-gestützter Befragungen durch auf Unterneh- mensbefragungen spezialisierte Interviewer der GfK statt. Bei der Auswahl der Personen wur- de versucht, die bedeutendsten Unternehmen in Deutschland innerhalb der untersuchten Wa- rengruppen auszuwählen, wobei pro Unternehmen z.T. mehrere Führungskräfte befragt wur- den.“51 Die zu untersuchenden Warengruppen waren Bier, Shampoo und Tafelschokolade, de- ren Märkte durch eine hohe Markenaffinität gekennzeichnet ist.
Die Befragten schätzten jeweils den langfristigen Markenwert der 16 beschriebenen Marken, indem sie diese zunächst in einer Rangfolge - in Bezug auf ihren langfristigen Wert - brachten und schließlich die Wertrangfolge auf einer 100-Punkte-Skala weiter präzisierten. Die Be- schreibung der Marken erfolgte durch die in Schritt 1 ermittelten Kriterien, wobei die wichtigs- ten Indikatoren im Verlauf der Untersuchung variiert, die restlichen Kriterien jedoch konstant gehalten wurden.
Als dritter Schritt folgt die Validitätsprüfung der Experten und erhobenen Expertenurteile, in der folgende Punkte untersucht wurden. Besteht interne Validität, d.h. kann das Modell die Urteile der Befragten reproduzieren. Eignen sich die benutzten Indikatoren und Modellannah- men, den Wert realer Marken richtig einzuschätzen (externe Validität)? Sind die befragten Per- sonen kompetent auf dem Gebiet der Markenbewertung und kann die Konsistenz ihrer Antwor- ten gesichert werden? Ergebnis der Prüfung war, dass bei 23 der 78 Beteiligten nur niedrige Gütewerte vorhanden waren. Gründe hierfür waren Extremwerte in der Verteilung des Güte- maßes oder eine extreme Skepsis gegenüber der Befragung an sich. Diese Personen wurden von der weiteren Analyse ausgeschlossen.
Schritt 4 dient der Schätzung eines langfristigen Markennutzens, aufgrund der im Schritt 2 er- hobenen Daten. Zur Sicherstellung der Objektivität wurde auf individuelle Expertenurteile ver- zichtet, „Dementsprechend wurde eine gemeinsame (gepoolte) Regressionsanalyse über alle 55 im vorherigen Abschnitt nicht ausgeschlossenen Personen gerechnet. Bei der hier vorgenom- menen gepoolten Regressionsanalyse dienten die abgegebenen langfristigen Markenwerturteile hinsichtlich der auf Karten beschriebenen Marken auf der 100-Punkte Skala als abhängige Va- riable und die 6 variierten Markeneigenschaften (kodiert als Dummyvariable) als unabhängige Variable.“52 Die 55 Experten wurden dahingehend analysiert, ob sich unter ihnen Personen befinden, welche die Regressionsfunktion stark prägten. Als Folge der Regressionsanalysen wurden 7 Personen als ‚Influential Persons’ erkannt und von der gepoolten Analyse ausge- schlossen , so das diese für die verbliebenen 48 Personen durchgeführt werden konnte. Der errechnete Varianzanteil von ca. 69% (siehe Abb. 3) belegt die homogenen Markenwerturteile der Befragten in Bezug auf die 16 beschriebenen Marken, was eine wichtige Vorraussetzung der Generalität des Ansatzes und somit der Anwendbarkeit zur Bestimmung des langfristigen Markenwerts darstellt.
Abb. 3: Ergebnisse der Regressionsanalyse nach Ansatz von Sattler
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
P < 0,001; R² = 0,687; Adj. R² = 0,684; F =278,29 (p < 0,0001)
Quelle: Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 643 Tab. 5: Ergebnisse der gepoolten Regressionsanalyse mit 6 Markeneigenschaften für 48 Personen (bereinigt um ‚Influential Persons’)
„Mit einer Steigerung der Marktstellung der letzten 5 Jahre, einer Zunahme des wertmäßigen Marktanteils, der gewichteten Distributionsquote, des Bekanntheitsgrads, des Imagevorteils gegenüber Wettbewerbern und der Wiederkaufrate nimmt auch der langfristige Markenwert zu. Hinsichtlich der Höhe des Regressionskoeffizienten zeigt sich, daß das Image von herausra- gender Bedeutung für den langfristigen Wert einer Marke ist. Mit einem ca. 50% geringeren Bedeutungsgewicht folgt die Marktstellung der letzten 5 Jahre. Eine nochmals ca. 50% gerin- gere Bedeutung haben dann der wertmäßige Marktanteil und die Wiederkaufrate. Von gerings- ter Bedeutung sind die gewichtete Distributionsrate und der gestützte Bekanntheitsgrad. Diese beiden Markeneigenschaften spielen also nur eine untergeordnete Rolle für den langfristigen Wert von Marken.“53 Aus diesen Daten lässt sich nun der langfristige Markennutzen ermitteln, welcher im fünften und letzten Schritt in den langfristigen monetären Markenwert transfor- miert wird.54
3.2.2 Anwendung des Indikatorenmodells nach Sattler am Beispiel einer deutschen Biermarke
Die zu bewertende Marke stellt eine55 bundesweit angebotene Biermarke des Premiumsegmentes für Pilsbiere dar. Aus Gründen der Vertraulichkeit wurde die Bewertung anonymisiert und geringfügige zahlenmäßige Veränderungen vorgenommen (Daten siehe Abb. 4)
Abb. 4: Rahmendaten der Markenbewertung nach Ansatz von Sattler
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 643 Tab. 6: Rahmendaten zur Bewertung der Marke X
Benötigte Größen waren der Markengewinnbeitrag, welcher durch einen Ansatz zur kurzfristi- gen Bestimmung des Markenwertes errechnet wurde sowie der Kalkulationszinssatz, der aus dem risikolosen Zins und einem Zinsrisikozuschlag gebildet wird. „Ersterer wird aus der durchschnittlichen Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere deutscher Emittenten für die Jahre 199 bis 1995 auf der Basis monatlicher Daten berechnet und beträgt 7,14% (Standartab- weichung: 1,01). Zur Ermittlung des Zinsrisikozuschlages wird auf das Capital Asset Pricing Modell zurückgegriffen“56, durch welches ein Mittelwert von 5,3%, bei einer Standartabwei- chung von 0,75) berechnet wird. Durch diese Angaben lässt sich der langfristige Markennut- zen und, im Anschluss, der langfristige monetäre Markenwert berechnen57, welcher sich im Beispiel auf 573,14 Mio. DM58 beläuft. Zu beachten ist, dass der berechnete Markenwert zum Teil auf geschätzten Inputgrößen (Markennutzen, Kalkulationszins) basiert und somit keine ganz genaues Ergebnis darstellt. Vielmehr besteht die Möglichkeit, durch eine Risikoanalyse eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zu ermitteln, mit deren Hilfe der langfristige Markenwert bei unsicheren Inputgrößen bestimmt werden kann.
Abb. 5: Wahrscheinlichkeitsverteilung nach Ansatz von Sattler
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 649 Abb. 1: Risikoprofil des langfristigen Werts der Biermarke X
Aus Abb. 5 ist ersichtlich, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 % die Biermarke mindes- tens 500 Mio. DM ‚wert’ ist. Bei der Berücksichtung von Schwankungsintervallen ist festzu- stellen, dass bei einer Vernachlässigung der oberen und unteren 10 % der Verteilungsfunktion, der Wert der Marke zwischen 515 und 720 Mio. DM liegt, also einen erheblichen Schwan- kungsbereich aufweist.59
Weitere Kritikpunkte des Ansatz bestehen in den Bereichen der monetären Transformationsfunktion, der langfristigen Markenutzenbestimmung und der Verallgemeinerbarkeit auf andere Warengruppen. Die lineare Transformationsfunktion liefert nur bei bedeutenden nationalen und internationalen Marken befriedigende Ergebnisse. Nachteilig sind ebenfalls die geringen Variationsmöglichkeiten (2 Ausprägung pro Markenwertindikator) und die Vernachlässigung weiterer Indikatoren. Darüber hinaus wird ein langfristig konstantes Marktvolumen unterstellt, welches für viele Produktgruppen nicht zutrifft.
4 Schlussbetrachtung und Ausblick
Die Vielzahl der Ansätze läßt den Wunsch nach einem einheitlichen und allgemeingültigen Bewertungsverfahren aufkommen. Dieser Ansatz wird jedoch noch einige Zeit, und eine Men- ge technischer Neuerungen im - Bereich der Prognose - bedürfen, bis er realisiert werden kann. Er sollte die relativ einfache Datenbasis der kurzfristigen Verfahren und die Zukunftsperspek- tive von Indikatorenmodellen in sich vereinen. Darüber hinaus würde die Synthese aus finanz- und verhaltenswissenschaftlichen Verfahren die Anwendungsmöglichkeiten, deren Präzision und Genauigkeit verbessern. Leider ist so ein Ansatz nichts als Spekulation, da aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen (verhaltenswissenschaftlicher Ansatz vs. finanztheoretischer Ansatz) eine Verbindung weder sinnvoll noch realisierbar erscheint. Wir werden also auch in Zukunft, in Abhängigkeit unserer Ziele der Markenwertberechnung, den für uns ‚besten’ An- satz auswählen können.
Literaturverzeichnis
Bücher:
Aaker David A, Management des Markenwerts, Frankfurt/Main 1992
Aaker David.A, Modernes Markenmanagement, Wien 1992
Bekmeier Siegrid, Marktorientierte Markenbewertung, Wiesbaden 1996
Bruhn Manfred, Wertorientierte Unternehmensführung, Wiesbaden 1998
Bruhn Manfred, Handbuch Markenartikel, Stuttgart, 1994
Dichtl Erwin, Eggers Walter, Marke und Markenartikel, München 1992
Esch Franz Rudolf, Wicke Andreas, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999
Kaas Klaus P., Langfristige Werbewirkung und Brand Equity in: Werbeforschung & Praxis, Folge 3/90
Kapferer Jean N, Die Marke-Kapital des Unternehmens, Landsberg 1992
Repenn Wolfgang, Handbuch der Markenbewertung und -verwertung, Weinheim 1998
Sattler Henrik. Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5
Quellen im Internet:
Pressemitteilung der Universität Konstanz vom 30.05.2000 unter http://www.uni- konstanz.de/struktur/service/presse/mitteilungen/300500_aldi.html
Modelle und Verfahren der Markenwertbestimmung nach Dieter Herbst unter http://home.snafu.de/herbst/mark_mo.htm
www.semion.de
www.Interbrand.de
[...]
1 K. P. Kaas, Langfristige Werbewirkung und Brand Equity in: Werbeforschung & Praxis, Folge 3/90, S.49.
2 Siehe E. Dichtl, W. Eggers, Marke und Markenartikel, München 1992, S. 206 ff.
3 Siehe K. P. Kaas, Langfristige Werbewirkung und Brand Equity in: Werbeforschung & Praxis Folge 3/90 S.49.
4 Siehe Pressemitteilung der Universität Konstanz vom 30.05.2000 unter http://www.uni- konstanz.de/struktur/service/presse/mitteilungen/300500_aldi.html, S. 1-4.
5 Siehe W. Repenn, Handbuch der Markenbewertung und -verwertung, Weinheim 1998, S. 18.
6 S. Bekmeier, Marktorientierte Markenbewertung, Wiesbaden 1996, S. 52. So auch J. N. Kapferer, Die Marke-Kapital des Unternehmens, Landsberg 1992, S. 301 f.
7 Pressemitteilung der Universität Konstanz vom 30.05.2000 unter http://www.uni- konstanz.de/struktur/service/presse/mitteilungen/300500_aldi.html S.3.
8 E. Dichtl, W. Eggers, Marke und Markenartikel, München 1992, S. 218.
9 a.a.O., S. 218.
10 o.V.
11 D. A. Aaker, Management des Markenwerts, Frankfurt/Main 1992, S. 31.
12 a.a.O., S. 31.
13 H. Sattler, Markenbewertung als Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung, in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, S. 196.
14 H. Sattler, Markenbewertung als Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung, in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, S. 197.
15 Siehe, F. R. Esch, A. Wicke, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999, S. 45 f.
16 So auch D. A. Aaker, Management des Markenwerts, Frankfurt/Main 1992, S. 33 ff.
17 a.a.O., S. 10.
18 F. R. Esch, A. Wicke, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999, S. 46 f.
19 Siehe H. Sattler, Markenbewertung als Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung, in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, S. 192 f.
20 a.a.O., S. 194.
21 a.a.O., S. 194.
22 So auch K. P. Kaas, Langfristige Werbewirkung und Brand Equity in: Werbeforschung & Praxis Folge 3/90 S.48.
23 Siehe H. Sattler, Markenbewertung als Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung, in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, S. 195.
24 W. Repenn, Handbuch der Markenbewertung und -verwertung, Weinheim 1998, 24 ff.
25 H. Sattler, Markenbewertung als Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung, in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, S. 195.
26 Siehe H. Sattler, Markenbewertung als Instrument der Wertorientierten Unternehmensführung, in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, S. 195.
27 E. Dichtl, W. Eggers, Marke und Markenartikel, München 1992, S. 212.
28 Siehe W. Repenn, Handbuch der Markenbewertung und -verwertung, Weinheim 1998, S. 35.
29 Siehe S. Bekmeier, Marktorientierte Markenbewertung, Wiesbaden 1996, S. 63.
30 Siehe W. Repenn, Handbuch der Markenbewertung und -verwertung, Weinheim 1998, S. 35.
31 a.a.O. S. 35.
32 Siehe S. Bekmeier, Marktorientierte Markenbewertung, Wiesbaden 1996, S. 61 f.
33 Siehe E. Dichtl, W. Eggers, Marke und Markenartikel, München 1992, S. 215 ff.
34 Siehe O. Franzen, A. Reimann, Markenwert als Ziel- und Controllinggröße für die Unternehmensführung in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, 218 f. So auch Dieter Herbst: Modelle und Verfahren der Markenwertbestimmung, unter: http://home.snafu.de/herbst/mark_mo.htm S. 1.
35 Siehe Dieter Herbst: Modelle und Verfahren der Markenwertbestimmung auf/unter: http://home.snafu.de/herbst/mark_mo.htm S. 2.
36 Siehe O. Franzen, A. Reimann, Markenwert als Ziel- und Controllinggröße für die Unternehmensführung in: Wertorientierte Unternehmensführung, Hrsg. M. Bruhn, Wiesbaden 1998, 218 f.
37 H. Sattler, Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5 S.635.
38 Siehe H. Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5 S. 635 f.
39 F. R. Esch, A. Wicke, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999, S. 46 f. so auch Schweiger/Friederes, in W&P 1/1995, S. 26 ff.
40 Siehe Schweiger/Friederes, in W&P 1/1995, S. 26-31.
41 F. R. Esch, A. Wicke, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999, S. 47.
42 Siehe F. R. Esch, A. Wicke, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999, S. 47 ff. So auch D. A. Aaker, Management des Markenwerts, Frankfurt/Main 1992, S. 15 ff.
43 a.a.O., S. 47.
44 F. R. Esch, A. Wicke, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999, S. 47 f.
45 a.a.O. S.48.
46 a.a.O. S.48.
47 So auch D. A. Aaker, Management des Markenwerts, Frankfurt/Main 1992, S. 85 ff.
48 F. R. Esch, A. Wicke, Herausforderungen und Aufgaben des Markenmanagements, Wiesbaden 1999, S. 51 f.
49 Siehe H. Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 633-652.
50 Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 637.
51 Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 638.
52 Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 642.
53 Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 643.
54 auf eine detailliert Beschreibung der Berechnung des Markennutzens und dessen Transformierung in den Markenwert wird hier verzichtet, da nur die Ansätze dargestellt werden. Detailinformationen sind nachzulesen bei H. Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 642-646.
55 Siehe Henrik Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 646-650.
56 H. Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 646.
57 auf eine detailliert Beschreibung der Berechnung des Markennutzens und dessen Transformierung in den Markenwert wird hier verzichtet, da nur die Ansätze dargestellt werden. Detailinformationen sind nachzulesen bei H. Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S. 642-646.
58 Siehe H. Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5, S.647.
59 Siehe H. Sattler: Ein Indikatormodell zur langfristigen monetären Markenwertbestimmung in: DBW 59 (1999) 5 S. 648.
- Quote paper
- Marcus Henschel (Author), 2001, Ermittlung des Markenwerts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103295
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