Inhalt:
Vögel suchen Zuflucht vor dem baldigem Winter.
Ein Mensch tut genau das Gegenteil, obwohl er die Gefahr kennt.
Ihm wird bewußt, dass viele ungewiße Wege in die Welt hinausführen.
Später erkennt er seine Lage im vollem Ausmaß.
Form:
Doch dies hilft ihm jetzt nichts mehr - ihm bleibt nur noch übrig, mit dieser Situation allein fertig zu werden.
Die Vögel haben die Gefahr erkannt und rechtzeitig darauf reagiert - das Schicksal des Menschen jedoch ist ungewiß.
Das Gedicht ist in 6 Strophen mit je 4 Versen eingeteilt. Die Verszeilen eins und drei sind dabei immer kürzer als die zweite und die vierte Verszeile. Das Versmaß ist ein durch die Zeilenlänge bedingter Wechsel aus zwei- und vierhebigem Jambus. Der Reim ist durchgehend ein Kreuzreim (abab).
Außerdem fallen an Schlüßelstellen Gedankenstriche auf, die den Leser zum Nachdenken anregen sollen.
Interpretation:
1. Strophe:
In der Natur spüren Tiere oft auf grund ihres besser ausgeprägten Instinkts eine Gefahr schneller als der Mensch. Daher kann man die Krähen als Warner vor dem Winter bezeichnen. Wenn man eine Heimat hat
- oder sich eine verschafft - muß man jedoch keine Angst mehr vor dem Winter haben.
2. Strophe:
Hier spricht sich das lyrische Ich selbst an. Das "du" steht hier also für einen inneren Monolog,
der die Entscheidung zur Flucht kritisiert. Es stellt sich hier die Frage, warum die Hauptperson überhaupt geflohen ist. Das Wort "entflohn" (Strophe 2, Vers 4) verweist eher auf eine unfreiwillige Flucht. Unter Umständen haben ein Ereignis oder ein Mensch dazu beigetragen. Sie kann deshalb nicht mehr zurück, da sie dieser Umstand sonst wieder einholen würde. Daher nimmt sie sogar die Gefahr(en) in Kauf.
3. Strophe:
Die Welt wird hier als endlos und kalt bezeichnet. Sie stellt dadurch einen direkten Gegensatz zur Heimat dar, die das lyrische Ich verloren hat. Darum hat es Angst vor der Zukunft, da es kein Zurück mehr gibt. Es muß also immer weiter ziehen.
4. Strophe:
Vers 2 drückt die Unfreiheit des Willens ("verflucht") aus. Die innere Überzeugung ist vermutlich übermächtig geworden, was das lyrische Ich dazu zwingt weiter umherzuwandern.
Es meidet dabei Wärme und Geborgenheit, d.h. es sucht die Einsamkeit.
5. Strophe:
Ihm bleibt nichts mehr übrig, als die gewonne "Freiheit" zu nutzen. Um seinen Schmerz und seine Einsamkeit überwinden zu können, muß er sie vergessen. Das führt dazu, dass er noch mehr vereinsamt - dadurch wird der Titel des Gedichts verständlich.
6. Strophe:
Zusammen mit der ähnlich angeordneten ersten Strophe fungiert sie als Klammer um die vier inneren Strophen, hat jedoch einen anderen Sinn: während die erste Strophe diejenigen, die eine Heimat haben als glücklich bezeichnet, werden hier die Menschen ohne Heimat bemitleidet oder zumindest bedauert.
Dies trifft genau den Zustand, in dem sich das lyrische Ich des Gedichts ebenfalls befindet.
Die Heimat ist der Ort, an dem man sich "zu hause" fühlt. Fehlt dieser führt dies zu einem rastlosen Wandern, was natürlich zu Einsamkeit führen kann, denn innige Kontakte zu anderen sind praktisch unmöglich. Das Gedicht veranschaulicht demnach die Situation der Einsamkeit in der Gesellschaft.
Literaturangaben:
Karl Hotz (Hrsg.), Gedichte aus sieben Jahrhunderten, Interpretationen, 3. Auflage 1993,
C.C. Buchners Verlag, Bamberg 1987
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Gedicht?
Das Gedicht handelt von einem Menschen, der im Gegensatz zu den Vögeln, die vor dem Winter fliehen, die Gefahr kennt, aber trotzdem das Gegenteil tut. Ihm wird bewusst, dass viele ungewisse Wege in die Welt hinausführen und erkennt später seine Lage im vollem Ausmaß.
Wie ist das Gedicht aufgebaut?
Das Gedicht besteht aus 6 Strophen mit je 4 Versen. Die Zeilen eins und drei sind kürzer als die Zeilen zwei und vier. Es verwendet einen Wechsel aus zwei- und vierhebigem Jambus und hat durchgehend einen Kreuzreim (abab). Gedankenstriche fallen an Schlüsselstellen auf.
Was symbolisieren die Krähen im Gedicht?
Die Krähen werden als Warner vor dem Winter interpretiert. Sie stehen für den Instinkt, Gefahren zu erkennen und rechtzeitig zu reagieren.
Was bedeutet das "du" in der zweiten Strophe?
Das "du" steht für einen inneren Monolog des lyrischen Ichs, der die Entscheidung zur Flucht kritisiert. Es stellt die Frage nach dem Grund der Flucht und deutet auf eine unfreiwillige Flucht hin.
Wie wird die Welt im Gedicht dargestellt?
Die Welt wird als endlos und kalt beschrieben, im Gegensatz zur verlorenen Heimat. Dies erzeugt Angst vor der Zukunft, da es kein Zurück mehr gibt.
Was drückt Vers 2 der vierten Strophe aus ("verflucht")?
Vers 2 drückt die Unfreiheit des Willens aus. Die innere Überzeugung ist so stark, dass das lyrische Ich gezwungen ist, weiter umherzuwandern und Wärme und Geborgenheit zu meiden.
Welche Bedeutung hat die gewonnene "Freiheit" in der fünften Strophe?
Die "Freiheit" wird genutzt, um den Schmerz und die Einsamkeit zu überwinden. Dies führt jedoch zu noch mehr Vereinsamung, was den Titel des Gedichts verständlich macht.
Wie fungiert die sechste Strophe?
Die sechste Strophe fungiert zusammen mit der ersten Strophe als Klammer um die inneren Strophen. Während die erste Strophe diejenigen mit einer Heimat als glücklich bezeichnet, werden in der sechsten Strophe die Menschen ohne Heimat bemitleidet.
Was ist die zentrale Aussage des Gedichts?
Das Gedicht veranschaulicht die Situation der Einsamkeit in der Gesellschaft, die durch den Verlust der Heimat und das rastlose Wandern entstehen kann.
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- David Mertner (Author), 2001, Nietzsche, Friedrich - Vereinsamt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/103227