1.Autor und Werk
Biographie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- * 2. Juli 1877 in Calw/ Württemberg
- 1890 Besuch der Lateinschule in Göppingen: Ziel: ev. Theologe
- 1895-98 Buchhändlerlehre in Tübingen
- 1904 freier Schriftsteller in Gaienhofen am Bodensee Eheschließung mit Maria Bernoulli
- 1910-1912 Reisen nach Österreich, Italien, Indien und in die Schweiz
- 1919 Trennung von der Familie und Umzug nach Montagnola bei Lugano
- 1924 Hesse wird Schweizer Staatsbürger und ehelicht Ruth Wenger
- 1931 Eheschließung mit Ninon Dolbin
- 1939 – 1945 : Verbot vieler Werke Hesses’
- 1946: Verleihung des Nobelpreises
- 9. August 1962: Hesse stirbt an einem Gehirnschlag
Bedeutende Werke
Frühwerke (vorwiegend idyllisch, romantisch): 1904 Durchbruch mit „Peter Camenzind“ 1906 „Unterm Rad“
1910 „Gertrud“
1914 „Roßhalde“
Werke der Manne s jahre (oft grüblerisch, seelenanalytisch, bekennerhaft): 1919 „ Demian“
1920 „Klingors letzter Sommer“ 1922 „Siddharta“
1927 „Der Steppenwolf“
1930 „Narziß und Goldmund“
Spätwerke (Beschäftigung mit östlicher und westlicher Geisteswelt): 1932 „Die Morgenlandfahrt“
1943 „Das Glasperlenspiel“
1945 „Traumfährte“
2. Entstehungsgeschichte
- schwere seelische Krise des Autors
- 1922: Fragment „Aus dem Tagebuch eines Entgleisten“
- November 1924: Beginn der Arbeit am „Steppenwolf“
- Juni 1927: der „Steppenwolf“ erscheint im S. Fischer Verlag Berlin
3. Vorstellen der wichtigsten Personen
Harry Haller: der „Steppenwolf“; ca. 50 Jahre; leidet an Gicht; etwas unordentlich gekleidet; intelligent, belesen; verehrt Goethe, Mozart etc; gespaltene Persönlichkeit (Wolf < > Mensch) Hermine: junge Prostituierte; Knabengesicht; gläubige Christin; dominant; Harrys Spiegelbild; führt Harry zurück in das „normale“, bürgerliche Leben
Pablo: leichtlebiger, junger, hübscher Südamerikaner oder Spanier; spielt mit Leidenschaft Saxophon; Besitzer des „Magischen Theaters“
Maria: sehr schöne Prostituierte; Symbol für das oberflächliche Leben; führt Harry auf Wunsch Hermines` in diese vergnügungsorientierte, oberflächliche Welt ein
4. Inhalt und Erzählstruktur
Hermann Hesse in einem Brief an Georg Reinhardt (18.8.1925) :
„es ist die Geschichte eines Menschen, welcher komischerweise darunter leidet, dass er zur Hälfte ein Mensch, zur andern Hälfte ein Wolf ist. Die eine Hälfte will fressen, saufen, morden und dergleichen einfache Dinge, die andere will denken, Mozart hören und so weiter, dadurch entstehen Störungen, und es geht dem Mann nicht gut, bis er entdeckt, dass es zwei Auswege aus seiner Lage gibt, entweder sich aufzuhängen oder aber sich zum Humor zu bekehren.“
3 unterschiedliche Erzählperspektiven:
1. Vorwort des Herausgebers : (Ich – Erzähler: Herausgeber)
- ein fiktiver Herausgeber berichtet von der Bekanntschaft zu Harry Haller, der Hauptperson
- Haller mietet sich in eine Mansardenwohnung im Haus der Tante des Erzählenden ein
- nach näherer Bekanntschaft entpuppt sich Haller (= der Steppenwolf) als ein hochgeistiger, sensibler Mensch, der ein Leben fern des bürgerlichen Alltags ohne Beruf und tägliche Pflichten führt
2. Harry Hallers Aufzeichnungen („Nur für Verrückte“) : (Ich – Erzähler: Haller)
- Haller fühlt sich als Außenseiter der bürgerlichen Welt, verzweifelt mehr und mehr am
„alltäglichen“ Leben > Selbstmordgedanken
- er verachtet die Industrie- und Konsumgesellschaft, alles „Moderne“, und ein durchschnittliches Leben ohne Erschütterungen und Leidenschaften; jedoch fühlt er sich trotz aller Abneigung zur Sauberkeit und Ordnung des bürgerlichen Lebens hingezogen
- Haller entdeckt beim Spazieren gehen an einer Mauer ein Portal mit einer Leuchtschrift
„Magisches Theater. Eintritt nicht für jedermann. Nur für Verrückte!“
- er versucht vergeblich einzutreten und erhält von einem Unbekannten eine Art Jahrmarktheftchen, den „Traktat vom Steppenwolf“ überreicht
3. Tractat vom Steppenwolf „Nur für Verrückte“ : (Einschub; olympischer Erzähler)
- „innere“ Biographie Hallers; psychologische Analyse und Diagnose seines geistigen Zustandes
- Hallers Annahme, ein Mensch bestehend aus zwei Seelen (Wolf, Mensch) zu sein, wird als grober Dualismus entlarvt
- Lösungsvorschlag: „Vernunftehe“ zwischen Mensch und Wolf unter dem „Licht des Humors“
Fortsetzung von Hallers Aufzeichnungen:
- Haller macht einen letzten vergeblichen Versuch , ins bürgerliche Leben zurückzukehren: bei einer Einladung eines befreundeten Professors beleidigt er ein Abbild Goethes > entgültige Verzweiflung Hallers > Entschluss zum Selbstmord
- Flucht in eine Gaststätte: Haller lernt die junge Prostituierte Hermine kennen > Hoffnung
- Hermine lehrt Harry tanzen und eröffnet ihm den Eintritt in eine Welt voller Vergnügen
- Haller lernt durch Hermine Pablo, den Besitzer des Magischen Theaters und Saxophonist, und die schöne Maria, ebenfalls eine Prostituierte, kennen
- nach einem Maskenball wird Haller durch ein Rauschmittel in Pablos Magisches Theater (ein phantastischer Ort ohne Zeit und Realität) versetzt
- hier soll Harry lernen, über sich selbst zu lachen und sich zum Humor zu bekehren
- Haller wird Teil verschiedener Welten; ersticht aus Eifersucht Hermine
- „Harrys Hinrichtung“: Haller wird zu ewigem Leben verurteilt
5. Intention
Kritik an der Zeit: „Auf eure Welt anders zu reagieren als durch Krepieren oder durch den Steppenwolf, wäre für mich Verrat an allem, was heilig ist“
- Technisierung der Welt: Bedrohung für altes Kulturgut
- dekadente Lebensweise: Normenverfall
- Kriegstreiberei
Darstellung „einer Krankheit und Krisis, aber nicht eine, die zum Tode führt, nicht ein Untergang, sondern das Gegenteil: eine Heilung“
- schwere seelische Probleme des Autors
- Niederschrift: „Katharsis“
- Darstellung der inneren Zerrissenheit eines Menschen
6. Einflüsse
- viele Theorien Nietzsches („Übermensch“, „Kulturpessimismus“, etc.)
- Grundgedanken der Tiefenpsychologie C. G. Jungs („Heilung durch Symbolik im Traum“)
7. Rezeption
- beim Erscheinen des „Steppenwolfs“ 1927: konträre Reaktionen
- in den 60igern: „Revival“ in Europa und Amerika; Begründung des Weltrufs des Autors;
„Hesse- Welle“
Quellen: Helga Esselborn-Krumbiegel.Oldenburg Interpretationen „Der Steppenwolf“ Kindlers Literaturlexikon
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