Elisabeth Langgässer: Saisonbeginn
Die Kurzgeschichte „Saisonbeginn“ von Elisabeth Langgässer beschreibt einen Ferienort in der Kriegszeit in der Vorbereitungsphase für die Sommersaison. Es wird die Arbeit einiger Arbeiter beschrieben, die einen geeigneten Ort suchen, um ein Schild auszustellen.
Der Text ist in vier Abschnitte geteilt, von denen der erste eine Art Einleitung in das Geschehen darstellt und eine genaue Beschreibung des Ortes und der Umgebung beinhaltet.
Der darauf folgende zweite Abschnitt beschreibt die Vorgehensweise und das Verhalten der Arbeiter, die das Schild an einem möglichst guten Ort aufstellen wollen. Es wird ebenso eine kurze Wertung der Meinung bezüglich Jesus wiedergegeben, die die Arbeiter haben (vgl. Z.24)
Im nächsten Absatz werden die Reaktionen von Passanten geschildert, die dem Tun der Arbeiter zusehen oder es im Vorbeigehen bemerken. Diese Reaktionen sind zum Teil positiv („Schulkinder machten sich gegenseitig die Ehre streitig, dabei zu helfen“, Z.64), aber auch teilweise eher kritisch („einige lachten, andere schüttelten nur den Kopf“, Z.73). Das Verhalten der Arbeiter wird durch die Reaktionen zwar nicht beeinflusst, er zeigt sich jedoch, daß das Aufstellen des Schildes nicht allen recht ist. Es wagt nur niemand, in das Geschehen einzugreifen oder seine Meinung zu äußern („die Mehrzahl war gleichgültig“, Z.75). Der letzte Absatz beschreibt das Verlassen der Arbeiter des Aufstellungsortes, wobei diese noch einmal „befriedigt zu dem Schild (aufblickten)“ (Z.90) und erklärt die Verunsicherung einiger Passanten, da erst hier und im letzten Satz die Aufschrift des Schildes erwähnt wird.
Die Spannungskurve der Geschichte zieht sich also über den gesamten Text hin und wird erst im letzten Satz durch die Nennung der Aufschrift des Schildes gelöst.
Die Autorin steigt mit einer sehr genauen Beschreibung der Natur, die den Handlungsort umgibt, in die Geschichte ein. Dem Leser wird eine friedliche und sehr idyllische Gegend irgendwo in den Bergen geschildert. Diese wird auch als „glücklich“ beschrieben („Trollblumen [...] platzten vor Glück“, Z.9). Auch die Ortschaft an sich wird als „wie neu“ bezeichnet. Jeder hat sich darauf vorbereitet, daß bald die Saison beginnen wird („ein Atemzug noch“, Z.13). Der Ort hat sich sozusagen für diejenigen Touristen herausgeputzt, die sich einen Urlaub leisten können. Die Besonderheit, sich zu dieser Zeit einen Urlaub leisten zu können, ergibt sich aus den politischen Umständen in der Handlungszeit. Da die Geschichte wohl zu Zeiten des zweiten Weltkrieges spielt, worauf auch die Wirkungszeit und die Lebensumstände der Autorin hinweisen, ist es etwas besonders, in so einen friedlichen Ort gehen und dort Urlaub machen zu können. Da es sich bei den Touristen daher wahrscheinlich um finanziell gut situierte Personen handelt, bemühen sich die Menschen in dem Ort, sich von ihrer besten Seite zu zeigen.
Auch die Abneigung gegenüber Juden weist auf die Handlungszeit während oder vor dem zweiten Weltkrieg hin.
Eine Diskrepanz ergibt sich in der Geschichte durch das Aufstellen des Schildes mit der judenfeindlichen Aufschrift in direkter Nähe einer Jesusstatue. Während die Statue daraus hinweist, daß es sich bei der Gemeinde wohl um einen christlichen Ort handelt. Im Widerspruch dazu steht das Schild, das zentraler Gegenstand der Geschichte ist. Zwar wird am Anfang des Textes die Auffassung der Arbeiter in Bezug auf Jesus geschildert (vgl. Z.24), jedoch gibt dies wohl nicht die Ansichten des gesamten Ortes wieder. Darauf weisen z.B. die Nonnen hin, „welche die Blumenvase zu Füßen des Kreuzes aufs Neue füllten“ (Z.69). Diese hätten einer Aufstellung des Schildes wohl nie zugestimmt. In direktem Gegensatz zur Schildaufschrift steht auch die Inschrift der Jesusstatue, die darauf hinweist, daß Jesus Jude war („J.N.R.J.“, Z.23). So ergibt sich für den Leser die Frage, wer nun eigentlich der Auftraggeber für die Aufstellung dieses Schildes war, das den ganzen Ort repräsentiert. Aus den Reaktionen der Passanten ergibt sich keine klare Meinung über die Aufstellung, da sie „gleichgültig reagieren“.
Die Überschrift des Textes, „Saisonbeginn“, steht in Bezug zur Handlung. Die Handlung beruht sogar sozusagen auf der Aussage der Überschrift, denn auf Grund des Saisonbeginns versucht der Ferienort, sich auf den Ansturm der Besucher vorzubereiten. Die Häuser werden neu gestrichen (vgl. Z.11ff) und auch sonst wurde alles für die Touristen hergerichtet, die sich zu Kriegszeiten einen Urlaub leisten konnten und diesen fernab der vom Krieg gezeichneten Gegenden in Frieden verbringen wollten.
Aus diesen Umständen ergibt sich auch die Motivation der Arbeiter, etwas für die Verschönerung ihres Heimatortes beizutragen und einen besonders guten Ort für das Schild zu finden. Sie wollen, daß das Schild schon vor dem eigentlichen Eintreffen im Ort etwas signalisiert, was auf die Einstellung in diesem Ort hinweisen soll. Die Aufgabe, einen guten Ort zu finden, gelöst zu haben und so etwas für das Image ihres Ortes getan zu haben, was auch ihrer eigenen Gesinnung entspricht, befriedigt die Arbeiter (vgl. Z.91).
In Bezug auf die Gegenwart ist eine solche, wie in der Kurzgeschichte geschilderte, Situation wohl für die meisten undenkbar. Vor allem in den letzten Jahren und ganz besonders auch in der letzten Zeit wird wieder sehr viel Wert auf die Akzeptanz aller Kulturen gelegt, auch von politischer Seite wurde dieses Thema oft behandelt. Würde heute jemand ein solches oder ähnliches Schild aufstellen wollen, würde er wohl daran gehindert werden, wenn nicht von Mitbürgern, dann von der Polizei. Allerdings gibt es wohl heute wie damals Menschen, die solche Diskriminierungen nicht beachten wollen und daher einfach ignorieren. Oder sie wollen sich einfach nicht in ein solches Geschehen einmischen, aus Angst, von den Verursachern oder denjenigen, die hinter diesen stehen, angegriffen zu werden. Daher ist es meiner Meinung nach nie auszuschließen, daß sich ein solches Geschehen wiederholen könnte, wenn zu viele Menschen die Augen vor so etwas verschließen und sich nicht dagegen wehren. Denn zuletzt beginnt so eine Situation nicht durch das Aufstellen eines Schildes oder ähnlichem, sondern in den Köpfen der Menschen.
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