Dieser Essay befasst sich empirisch mit Stereotypen und Rollen von Männern und Frauen und beruft dabei sich auf die Theorien von Charlotte Perkins Gilman („Frauen und Arbeit“) und Marianne Weber („Frauenfragen und Frauengedanken“). Beide Werke werden außerdem am Film „Billy Elliot – I will Dance“ von Regisseur Stephen Daldry exemplifiziert.
Die Leitfragen des Essays sind: Was wird in dem Film als typisch männlich und was als typisch weiblich dargestellt? Wie sieht die Rollenverteilung aus? Wie hat sich ein Mann in Nordengland zu dieser Zeit zu verhalten? Welche Folgen kann es haben, aus seiner Rolle zu fallen?
In der Vorlesung zur Einführung in die Soziologie „Das Undenkbare denken“ am 12.11.2014 an der Leibniz Universität Hannover diskutierten wir einen Auszug aus dem Buch von Charlotte Perkins Gilman „Frauen und Arbeit“. Dabei ging es um das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen den Männern und Frauen im 19. Jahrhundert. Der zweite bemerkenswerte Auszug aus dem Buch „Frauenfragen und Frauengedanken“, der ebenfalls von unserem Professor vorgestellt wurde, stammt von Marianne Weber. In diesem Essay befasse ich mich empirisch mit Stereotypen und Rollen von Männern und Frauen und berufe mich auf die Theorien von Gilman und Weber. Um die empirische Untersuchung jedoch zu einem sinnvollen Ergebnis zu bringen, werden beide Werke (Gilman und Weber) an einem konkreten Beispiel exemplifiziert. Am 07.01.2014 haben wir den Kinofilm „Billy Elliot – I Will Dance“ von Regisseur Stephen Daldry angeschaut. In dieser Untersuchung werde ich den Film analysieren und diesen aus soziologischer Perspektive reflektieren. Weiterhin werden die Hypothesen von Gilman und Weber empirisch bewiesen, um feststellen zu können, was sich bis heute in der Rollenverteilung von Mann und Frau verändert hat. Die Leitfragen meines Essays sind: Was wird in dem Film als typisch männlich und was als typisch weiblich dargestellt? Wie sieht die Rollenverteilung aus? Wie hat sich ein Mann in Nordengland zu dieser Zeit zu verhalten? Welche Folgen kann es haben, aus seiner Rolle zu fallen?
Um den Sachverhalt aus dem Kinofilm zu analysieren, ist es notwendig, den Handlungsverlauf zu skizzieren. Es wird die Geschichte von Billy Elliot erzählt, der statt zum Boxtraining lieber zum Ballettunterricht geht. Als sein Vater dahinter kommt, dass sein Sohn zum Ballettunterricht geht, verbietet er ihm, dies je wieder zu tun. Billy kann jedoch nicht aufhören, ans Tanzen zu denken und übt heimlich weiter. In dem Film werden politische und sexuelle Themen angesprochen. In Bezug auf die Situation mit Billy wird auf folgende Leitfragen eingegangen: Was wird in dem Film als typisch männlich und was als typisch weiblich dargestellt? In dem Film als typisch männlich gilt, dass Männer Kampfsport betreiben sollten und als typisch weiblich das Tanzen (Ballett) und Klavierspiel.
„Ob wir ein Verhalten als typisch männlich oder typisch weiblich einschätzen, resultiert daraus, wie wir es wahrnehmen und bewerten“ (Zeitung Fokus 2015: 8).
Männlichkeit und Weiblichkeit gilt in unserer Gesellschaft als Stereotyp. Alle Männer streben nach Männlichkeit und die Frauen im Gegenteil nach Weiblichkeit. Billys Vater versucht, ihn so zu erziehen, wie er (der Vater) es haben möchte. Deswegen wird Billy zum Boxunterricht geschickt, da dies in der Familie Elliot seit Generationen Tradition ist, welche die Männer entsprechend zu erfüllen haben. Boxen ist Familientradition und Balett ist etwas Weibliches, deswegen ist es in der Familie Eliot verboten. Aus Familientraditionen entstehen demnach Stereotypen. Durch dieses Beispiel werden auch die Gründe klar, warum sich Menschen Stereotypen bedienen, da sonst eine Trennung zwischen männlich und weiblich unmöglich wäre. Wenn man sich fragt, was typisch männlich oder typisch weiblich ist, so wird automatisch auf bekannte Vorurteile zurückgegriffen – dabei die Männlichkeit hat den Vorrang. Männer bilden sich unterschiedliche Stereotype, um die eigene Machtstellung in der Gesellschaft zu sichern. Aus allen möglichen Vorurteilen entsteht eine Gruppe von Stereotypen – Geschlechtsstereotype.
„Geschlechtsstereotype sind allgemeine Annahmen über Eigenschaften von Männern und Frauen. Sie kennzeichnen das in einer Kultur und einer Region für typisch männlich und typisch weiblich gehaltene Verhalten. Geschlechtsstereotype legen öffentliche Erwartungen fest, indem sie ‚richtige’ Eigenschaften von Männern und Frauen durch Vereinheitlichung definieren, Werthaltungen und Rangpositionen rechtfertigen und aufrechthalten. Stereotype über männliches Verhalten in unserem Kulturkreis sind: abenteuerlustig, aggressiv, kräftig, mutig, unabhängig, stark, Stereotype über weibliches Verhalten: liebevoll, einfühlsam, gefühlvoll, schwach“ (Bründel/Hurrelmann 1999: 14).
Die den Männern zugeschriebenen Eigenschaften werden dabei allgemein höher bewertet als die den Frauen zugeschriebenen. Dabei werden Frauen und Männern auch Eigenschaften und Talente zugesprochen. Beispielsweise seien alle Frauen aufgrund der ihnen zugeschriebenen Eigenschaften geeignet, Kinder großzuziehen, doch müssen sie von einem Mann beschützt werden. Da sie hilflos und schwach sind, was wiederum die Entstehung von negativen Stereotypen beeinflusst. Außerdem thematisiert Gilman die wirtschaftlichen Wechselbeziehungen zwischen den Ehepartnern. Hierbei wird beschrieben, dass der Mann für die materiellen Dinge zuständig sei und dass die Frau es in der häuslichen Arbeit zurückzahlt. Dennoch sagt sie:
„Die Arbeit der Frau ist allerdings kein Beruf, sondern die funktionale Pflicht von Ehefrauen, was dazu führt, dass sie für ihre Arbeit nicht angemessen bezahlt werden, obwohl jede von ihnen das „Recht auf gerechte Bezahlung für geleistete Dienste hätte“ (Gilman 2005: 33).
Männer dagegen sind dazu bestimmt, Karriere zu machen und die Familie zu ernähren. Laut diesem Stereotyp sind alle Männer benachteiligt, da von ihnen ein hohes Einkommen erwünscht wird. Aber nicht jeder Mann kann diese Erwartung erfüllen „Wirtschaftlicher Fortschritt jedoch ist fast ausschließlich eine männliche Angelegenheit“ (Gilman 2005: 29).
Allgemein wird dieser soziale Tatbestand als Geschlechterstereotyp bezeichnet.
„Geschlechterstereotype sind kognitive Strukturen, die sozial geteiltes Wissen über die charakteristischen Merkmale von Frauen und Männern enthalten“ (Ashmore/Del Boca 1979: 97). „In der Geschlechterforschung wird Männlichkeit ebenfalls als soziales Konstrukt betrachtet“ (Lange 1996: 397).
Somit bilden die Geschlechterstereotype den Kern jeder Kultur. Die negativen Stereotype sind „Männer sind Geldverdiener“ und „Frau ist Hausfrau“. Diese Stereotypen verursachen Probleme in unserer Gesellschaft.
„Das größte Problem bei Stereotypen ist das vorgefertigte Bild, welches man von einem Individuum bekommt. Dieses pauschale Bild über das andere Individuum kann unter Umständen ewig bestehen“ (Udo Weismann 2014: 10).
Es werden falsche Vorurteile gebildet. Ausnahmeweise bricht in dem Film ein Stereotyp zusammen. Das typisch Männliche seit Generationen war Boxen und plötzlich bricht eine Person (Billy) diesen Stereotyp auf, obwohl es in einer Gesellschaft als selbstverständlich gilt, dass man die Familientradition weiterführt. Eine Person (Billy) will sich mit Ballett identifizieren. Dabei ist ihr bewusst, dass dies in der Gesellschaft als „Nonsens“ gilt und es außerdem zu familiären Konflikten führen kann. Somit setzt Billy eigene Ziele durch (nur die Großmutter sowie Ballettlehrerin versteht ihn).
„Ein weiteres Problem von Stereotypen ist, dass sie jedem Menschen unterschiedlich bekannt beziehungsweise unbekannt sind und natürlich von jedem Individuum unterschiedlich aufgefasst werden“ (Udo Weismann 2014: 12).
Bei einem wird seit der Kindheit eine Vorstellung geprägt, wie ein Mann oder eine Frau sich zu verhalten haben und bei anderen herrscht diesbezüglich eine komplett andere Vorstellung.
„Der Rollenbegriff ist im Zusammenhang mit Geschlecht zudem kritisch zu betrachten, da das soziologische Verständnis von „Rolle“ eigentlich auf Wechselbarkeit und Vielseitigkeit angelegt ist. Da geschlechtsangemessenes Verhalten, also das Beherrschen einer Rolle, aber auch mit Geschlechteridentität in Verbindung gebracht wird, ist der Rollenbegriff unangemessen, weil man Männlichkeit und Weiblichkeit nicht beliebig wechseln kann“ (Hilgers 1993: 69).
Unterschiedliche Stereotypen (Frauenrolle) werden in Werken von Gilman und Weber behandelt. Eine Frau wird dort als Hausfrau beschrieben und der Mann als Ernährer.
„Letztlich ist die Frau wirklich wirtschaftlich abhängig von ihrem Mann. Es ist ihre
Nährungsquelle“ (Gilman 1889: 40).
Somit müssen Männer über ein gutes Einkommen verfügen und eine Frau versorgen.
„Das Zusammenwirken von biologischen, sozialen und psychischen Prozessen der Geschlechterdifferenzierung wird als Geschlechtstypisierung bezeichnet“ (Eckes/Trautner 2000, 21).
Zweite Leitfrage: Wie sieht die Rollenverteilung aus? Dies wird im weiteren Verlauf meines Essays analysiert. Um dies zu vereinfachen, werde ich zunächst die Sichtweise von Gilman analysieren. Ihr zufolge sind alle Frauen in der Gesellschaft unterrepräsentiert:
„Der wirtschaftliche Status der Menschen einer Nation wird hauptsächlich von den Aktivitäten der männlichen Mitglieder bestimmt: das weibliche Mitglied erhält ihren Anteil an Fortschritt der ethnischen Gruppe nur durch ihn“ (Gilman 2005: 30).
Erste Ansätze von Frauenforschung:
„Wir werden nicht als Mädchen (oder Junge) geboren – wir werden dazu gemacht! Was heißt das? Es heißt, dass Kinder vom ersten Tag an systematisch in eine Geschlechterrolle gedrängt und zu Wesen deformiert werden, die wir ‚weiblich’ oder ‚männlich’ nennen“ (Scheu 1977: 12).
Dieser Ansatz von Frauenforschung zeigt uns, dass eine Frau seit der Kindheit benachteiligt wird, da jeder Frau beigebracht wird, wie man einen Haushalt führt. Somit ist die Rollenverteilung eindeutig, die Frau macht den Haushalt und der Ehemann verdient das Geld. Belege dafür findet man auch bei Gilman:
„Sie sind wirtschaftlich abhängig. Das gilt sowohl für die einzelne als auch für alle Frauen“ (Gilman 2005: 28).
Die Frau wird von ihrem Mann ernährt und dieses Ausmaß an Ernährung oder Gütern, die sie von ihm bekommt, ist allein abhängig vom wirtschaftlichen Status des Mannes.
„Aber auch im Bereich der Familienrollen ist bislang keine substanzielle Änderung der Rollenverteilung in Sicht: Frauen haben im internationalen Vergleich immer noch die primäre Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung. Dieses Ungleichgewicht bleibt selbst dann bestehen, wenn beide Partner gleichermaßen berufstätig sind“ (Bianchi u. a. 2000, Wagner/Brandstätter 1994).
Nach Gilman gibt es in der Rollenverteilung eine Gemeinsamkeit. Da ein Mann sowie deren Frau sind für die Kindererziehung zuständig. Ein Mann verdient das Geld und die Ehefrau kümmert sich um die Kindererziehung (stereotypisches Frauenbild):
„Mann und Frau sind wahrhaft Partner in ihrer gegenseitigen Verpflichtung für ihre Kinder“ (Gilman 2005: 32).
Die Rollenverteilung in der Familie wird seit der Kindheit geprägt und man wird entweder als Frau (Hausfrau) oder als Mann (Geldverdiener) erzogen. Es gibt keine andere Variante.
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- Quote paper
- Sergio Merz (Author), 2015, Die stereotypische Rollenverteilung von Männern und Frauen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1030683
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