Die Bachelorarbeit beschäftigt sich mit der Annahme, dass Menschen mit psychopathischen Ausprägungen die Fähigkeit besitzen, eine "Maske" aufzusetzen, um gezielt Sympathie und Anerkennung in ihrem beruflichen Umfeld zu erzeugen. Diese Untersuchung soll herausfinden, ob Psychopathen an ihren Arbeitsplätzen erfolgreich sein können. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Beantwortung der Fragestellung, welche Rolle die politischen Fertigkeiten in der Beziehung zwischen der Psychopathie-Ausprägung von Beschäftigten und der Reputation durch Kollegen spielen und inwiefern dies auf die eingenommene Position innerhalb der Gesamthierarchie der Organisation Einfluss nehmen.
Es werden zwei Hypothesen aufgestellt. Im ersten Modell werden politische Fertigkeiten als Moderator zwischen Psychopathie und Reputation am Arbeitsplatz eingesetzt. Hierfür wird der Interaktionseffekt zwischen Psychopathie und politischen Fertigkeiten mittels einer hierarchisch moderierten Regressionsanalyse ermittelt. Im zweiten Modell wird die Hierarchieebene ergänzt, wobei die Reputation am Arbeitsplatz die Beziehung zwischen Psychopathie und der Hierarchieebene mediiert. Es kann ein first-stage moderiertes Mediationsmodell aufgestellt werden.
Die Messung der Konstrukte erfolgt über Selbst- und Fremdeinschätzungen. Als Instrument zur Messung der Psychopathie-Ausprägung wird der TriPM (The triarchic psychopathy measure) herangezogen. Das Konstrukt der politischen Fertigkeiten kann mithilfe des Political Skill Inventory (PSI) gemessen werden. Die Messung der Reputation am Arbeitsplatz erfolgt mithilfe der Fremdeinschätzung einer Kontaktperson durch ein Instrument. Die Hierarchieebene kann durch eine Selbsteinschätzung der derzeitigen Position in der Gesamthierarchie der Organisation erfasst werden. Die Untersuchung richtet sich an Berufstätige und wurde mithilfe eines Online-Fragebogens durchgeführt. Insgesamt konnten N = 177 Dyaden in die Auswertung miteinbezogen werden.
I Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
Abstract
II Abbildungsverzeichnis
III Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Teil
2.1 Das Konstrukt Psychopathie
2.1.1 Personlichkeitsstorung vs. Personlichkeitskonstrukt
2.1.2 Psychopathie in Wirtschaft und Unternehmen
2.2 Das Konstrukt der politischen Fertigkeiten
2.3 ErfolgsmaBe im beruflichen Kontext
2.4 Aktueller Forschungsstand
2.5 Herleitung der Hypothesen
3 Methodik
3.1 Darstellung des Untersuchungsdesigns
3.2 Erhebungsinstrumente
3.4 Stichprobenbeschreibung
4 Ergebnisse
4.1 Deskriptive Statistiken der Untersuchungsvariablen
4.2 Hierarchisch moderierte Regressionsanalyse
4.2.1 Prufung der Voraussetzungen fur die hierarchisch moderierte Regressionsanalyse
4.2.2 Ergebnisse der hierarchisch moderierten Regressionsanalyse
4.3 Moderierte Mediation
4.3.1 Prufung der Voraussetzungen fur die moderierte Mediation
4.3.2 Ergebnisse der moderierten Mediation
5 Diskussion
5.1 Interpretation der Ergebnisse
5.2 Praktische Relevanz und weiterer Forschungsbedarf
5.3 Kritische Reflexion
5.4 Fazit
IV Literaturverzeichnis
V Anhang
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich mit der Annahme, dass Menschen mit psychopathischen Auspragungen die Fahigkeit besitzen, eine “Maske“ aufzusetzen, um gezielt Sympathie und Anerkennung in ihrem beruflichen Umfeld zu erzeugen (Babiak, Hare & McLaren, 2007). Diese Untersuchung soll herausfinden, ob Psychopathen an ihren Arbeitsplatzen "erfolgreich" sein konnen. Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die Rolle der politischen Fertigkeiten in der Beziehung zwischen der Psychopathie der Reputation durch Kollegen. Es konnten zwei Hypothesen aufgestellt werden. Politische Fertigkeiten wurden als Moderator zwischen Psychopathie und Reputation am Arbeitsplatz eingesetzt. Hierfur wurde der Interaktionseffekt zwischen Psychopathie und den politischen Fertigkeiten mittels einer hierarchisch moderieren Regressionsanalyse ermittelt. Im zweiten Modell wurde die Hierarchieebene erganzt, wobei die Reputation am Arbeitsplatz die Beziehung zwischen Psychopathie und der Hierarchieebene mediiert. Es konnte ein first-stage moderiertes Mediationsmodell aufgestellt werden. Die Messung der Konstrukte erfolgte uber Selbst- und Fremdeinschatzungen. Als Instrument zur Messung der Psychopathie-Auspragung wurde der TriPM (The triarchic psychopathy measure) nach Patrick (2010) herangezogen. Das Konstrukt der politischen Fertigkeiten konnte mithilfe des Political Skill Inventory (PSI) nach Ferris und Kollegen (2005) gemessen werden. Die Messung der Reputation am Arbeitsplatz erfolgte mithilfe der Fremdeinschatzung einer Kontaktperson durch ein Instrument nach Hochwarter und Kollegen (2007). Die Hierarchieebene konnte durch eine Selbsteinschatzung der derzeitigen Position in der Gesamthierarchie der Organisation erfasst werden. Die Untersuchung richtete sich an Berufstatige und wurde mithilfe eines online-Fragebogens durchgefuhrt. Insgesamt konnten N = 177 Dyaden in die Auswertung miteinbezogen werden. Die Ergebnisse lieBen auf eine Tendenz eines Interaktionseffekts zwischen Psychopathie und den politischen Fertigkeiten auf die Reputation am Arbeitsplatz schlieBen, wonach hohe politische Fertigkeiten scheinbar maskierend auf die Psychopathie-Auspragung wirken und zu hoherer Reputation am Arbeitsplatz fuhren konnen. Ferner konnten Psychopathie und politische Fertigkeiten einen signifikanten Anteil an der Varianz der Reputation am Arbeitsplatz erklaren. Die Hypothese des moderierten Mediationseffektes musste abgelehnt werden. Die Studie konnte Implikationen fur die Forschung und Praxis ableiten und einen Beitrag zur Erklarung von Erfolg im beruflichen Kontext leisten.
Schlagworter: Psychopathie, Karriereerfolg, Arbeitsplatz, Hierarchieebene, politische Fertigkeiten, Reputation
Abstract
The present study deals with the assumption that psychopaths have the ability to put on a "mask" in order to generate targeted sympathy and recognition in their workplace (Babiak, Hare & McLaren, 2007). Therefore, the purpose of this study was to find out whether psychopaths can be “successful” in their workplaces. The present study focuses on the role of political skills in the relationship between the psychopathy of employees and the reputation of colleagues. Two hypotheses could be put forward. Political skills were used as a moderator between psychopathy and reputation in one's workplace. For this purpose, the interaction effect between psychopathy and political skills is determined by a hierarchically moderated regression analysis. In the second modelthe hierarchy level was included, where the reputation in the workplace mediates the relationship between psychopathy and one's respectivehierarchy level. A first-stage moderated mediation model could be established. The constructions were measured by self-and external assessments. The TriPM according to Patrick (2010) was used as an instrument for measuring the degree of psychopathy. The construct of political skills could be measured using the political skill inventory (PSI) by Ferris and colleagues (2005). The reputation in the workplace was measured by a contact person's external assessment by an instrument according to Hochwarter and colleagues (2007). The hierarchy level could be captured by self-assessment of the current position in the overall hierarchy of the organization. The study was aimed at employees in organizations and was carried out using an online questionnaire. A total of N = 177 dyades could be included intothe evaluation. The results suggested a tendency towards an interaction effect between psychopathy and political skills on workplace reputation, according to which high political skills appear to mask psychopathy and lead to higher reputation in the workplace. In addition, psychopathy and political skills can partly explain how the variance of the reputation in the workplace arises. The hypothesis of the moderated mediation effect had to be rejected. The study was able to provide implications for practice and future research in light of a number of strengths and limitations.
Keywords: Psychopathy, career success, workplace, hierarchy, political skills, reputation
II Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Darstellung des Moderationsmodells der ersten Hypothese
Abbildung 2. Darstellung des moderierten Mediationsmodells der zweiten Hypothese
Abbildung 3. Grafik des Matrixstreudiagramms der Variablen mit LOESS-Glattungslinien.
Abbildung 4. Grafik des Streudiagramms zur Uberprufung der Homoskedastizitat
Abbildung 5. Interaktionsplot zwischen Psychopathie und der von den Kollegen bewertete Reputation am Arbeitsplatz, moderiert durch die politischen Fertigkeiten der Arbeitnehmer
III Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Mittelwerte, Standardabweichungen, interne Konsistenzen und Korrelationen der Variablen
Tabelle 2: Hierarchisch moderierte Regression zur Vorhersage der Reputation durch die Psychopathie und die politischen Fertigkeiten
Tabelle 3: Modellzusammenfassung der hierarchisch moderierten Regressionsanalyse
Tabelle 4: Mediationsmodell bei unterschiedlichen Auspragungen der politischen Fertigkeiten
Tabelle 5: Pfadkoeffizienten, Standardfehler und Konfidenzintervalle der moderierten Mediation
Tabelle 6: Modellzusammenfassung der moderierte Mediation1
Tabelle 7: Haufigkeitsverteilung der Schulabschlusse der Zielpersonen
Tabelle 8: Haufigkeitsverteilung des Bildungsniveaus der Zielpersonen nach ISCED - 1997
Tabelle 9: Haufigkeitsverteilung der beruflichen Situation der Zielpersonen
Tabelle 10: Haufigkeitsverteilung der beruflichen Tatigkeiten der Zielpersonen
Tabelle 11: Haufigkeitsverteilung der beruflichen Tatigkeiten der Zielpersonen
Tabelle 12: Haufigkeitsverteilung der beruflichen Tatigkeiten der Zielpersonen
Tabelle 13: Haufigkeitsverteilung der beruflichen Tatigkeiten der Zielpersonen
Tabelle 14: Haufigkeitsverteilung der beruflichen Tatigkeiten der Zielpersonen
1 Einleitung
Der Begrunder der Psychopathieforschung Robert D. Hare verwendete folgendes Zitat zur Beschreibung der Besonderheit von Psychopathen in Wirtschaft und Unternehmen: „His ability to present himself as a rising star and corporate savior, all the while abusing his coworkers and eventually the company” (Babiak, Hare & McLaren, 2007, S.11)
Die meisten Menschen haben eine gewisse Vorstellung davon, was einen „Psychopathen“ ausmacht. Geleitet von unserer Faszination fur das menschliche Bose reichen die Vorstellungen dabei vom brutalen Straftater1 aus Film- und Fernsehen bis hin zum erfolgreichen Manager, welcher ohne Rucksicht auf Verluste die hochste Hierarchieebene eines Unternehmens erklimmt. Es gibt jedoch kaum ein psychologisches Konstrukt, welches trotz jahrzehntelanger Forschung so stark debattiert und dabei von verschiedensten Forschergruppen so unterschiedlich aufgefasst wurde (z.B. Skeem, Polaschek, Patrick & Lilienfeld, 2011). Die Zuordnung von Psychopathie als Teilelement der „dunklen Triade der Personlichkeit“ (d.h. Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie) nach Paulhus und Wiliams (2002) zeigte nur ein weiteres Mal die negativen Seiten des Erlebens und Verhaltens von Psychopathen auf: Gekennzeichnet durch rucksichtsloses Verhalten, Fehlen von Empathie und Liebe sowie die Unfahigkeit, wahre Emotionen auszudrucken und zu verstehen (Babiak et al., 2007). In Bezug auf die Erforschung der dunklen Personlichkeit und die damit einhergehenden Verhaltensweisen im Berufsalltag besteht ein hohes allgemeines Interesse. Unter Berucksichtigung der durch antisoziale Erlebens- und Verhaltensweisen gekennzeichneten Psychopathen scheint ein kontraproduktives Verhalten am Arbeitsplatz schlussig. Jedoch brachte der amerikanische Psychiater Hervey Cleckley bereits 1941 mehrere Beispiele von Personen hervor, welche Karriereerfolg als angesehene Geschaftsleute erzielten, trotz dass sie hohe Auspragungen in der Psychopathie aufwiesen. Wie also ist es Psychopathen unter der Berucksichtigung der aufgefuhrten antisozialen Erlebens- und Verhaltensweisen moglich, im beruflichen Kontext Erfolg zu erfahren und dabei hohere hierarchische Positionen innerhalb eines Unternehmens zu erreichen?
Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich mit der Annahme, dass Menschen mit psychopathischen Auspragungen die Fahigkeit besitzen, eine “Maske“ aufzusetzen, um somit gezielt Sympathie und Anerkennung in ihrem beruflichen Umfeld zu erzeugen (Babiak et al., 2007). Bei der Untersuchung der „erfolgreichen Psychopathie“ - einem unter der Berucksichtigung von psychopathischen Kernpersonlichkeitsmerkmalen vermeidlichen Oxymoron - wird der Fokus auf das Konstrukt der politischen Fertigkeiten gelegt, welche dem Individuum ermoglichen, sein Verhalten an unterschiedliche und sich verandernde Situationen anzupassen, soziale Kontakte zu beeinflussen und zu kontrollieren (Ferris, Perrewe, Anthony & Gilmore, 2000). Das Konstrukt wurde in vergangenen empirischen Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Berufserfolg als bedeutsam vermutet (Wihler & Blickle, 2019). Der Berufserfolg wird in dieser Studie durch die subjektiven und objektiven Variablen „Reputation“ und „Hierarchieebene“ abgebildet. Folglich sollten individuelle Unterschiede in der politischen Kompetenz von Psychopathen sich auf das AusmaB ihrer Zielerreichung auswirken sowie auf den Erfolg im Hinblick auf Reputation und die eingenommene Hierarchieebene innerhalb der Organisation.
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Beantwortung der Fragestellung, welche Rolle die politischen Fertigkeiten in der Beziehung zwischen der Psychopathie- Auspragung von Beschaftigten und der Reputation durch Kollegen spielen und inwiefern dies auf die eingenommen Position innerhalb der Gesamthierarchie der Organisation Einfluss nimmt.
Um das Ziel der vorliegenden Arbeit zu erreichen, werden die aufgefuhrten Konstrukte erfasst und daraufhin mittels einer empirischen Datenerhebung und Analyse in Zusammenhang gebracht. Dazu werden zunachst die relevanten theoretischen Grundlagen sowie der aktuelle Forschungsstand dargelegt. Daran anknupfend erfolgt die Beschreibung der verwendeten Methoden sowie die Darstellung und Interpretation der empirischen Ergebnisse. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend, folgt die Diskussion der Ergebnisse, wobei der Fokus hierbei insbesondere auf die Starken und Limitationen gelegt wird. AbschlieBend werden die gewonnen Erkenntnisse zusammengefasst und im Hinblick auf ihre praktischen sowie forschungsrelevanten Implikationen untersucht.
2 Theoretischer Teil
Das folgende Kapitel befasst sich mit den relevanten theoretischen Grundlagen sowie der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes der aufgefuhrten Konstrukte dieser Arbeit. Zunachst wird das Konstrukt Psychopathie betrachtet und in diesem Zuge die empirische und klinische Auffassung dargestellt. AnschlieBend werden subjektive und objektive ErfolgsmaBe im beruflichen Kontext abgegrenzt. Des Weiteren wird das Konstrukt der politischen Fertigkeiten charakterisiert, wobei der Fokus hierbei auf die Bedeutsamkeit fur die Reputation am Arbeitsplatz gesetzt wird. Daruber hinaus wird der aktuelle Forschungsstand uber den Zusammenhang zwischen den politischen Fertigkeiten, der Reputation und Hierarchieebene bei Psychopathie am Arbeitsplatz aufgefuhrt. Auf dieser Grundlage aufbauend, werden Hypothesen zur empirischen Uberprufung generiert.
2.1 Das Konstrukt Psychopathie
Trotz jahrzehntelanger Forschung und Historie sowie gravierenden Auswirkungen des Psychopathiekonstruktes auf die Gesellschaft, sorgt dieses im Hinblick auf seine Operationalisierung fur Uneinigkeit und Debatten. Forschergruppen wie Skeem und Kollegen (2011) bezeichneten die Einigung auf ein einheitliches Verstandnis der Psychopathie selbst - was sie ist und was nicht - als eine der grundlegendsten Fragen der psychologischen Wissenschaft. Hierbei ist die Beantwortung der Fragestellung, ob das Konstrukt als eine Einheit oder als eine Konfiguration mehrerer unterscheidbarer, jedoch sich uberschneidender Merkmalsdimensionen angesehen werden kann, unabdingbar. Insbesondere die Diskussion daruber, ob Psychopathie als Personlichkeitsstorung oder als Personlichkeitskonstrukt klassifiziert werden sollte, steht im Hinblick auf seine Operationalisierung im Fokus (Yildirim & Derksen, 2015). Wissenschaftler vertraten in der Vergangenheit die Ansicht, dass aus der Bedeutsamkeit der Entwicklung wirksamer klinischer Interventionen heraus die Annahme infrage zu stellen sei, Psychopathie als eine atiologisch homogene Einheit anzusehen. Die Erfassung von Psychopathie mit verschiedensten Instrumenten fuhrte unter anderem zu der Klassifizierung von heterogenen Personlichkeitsgruppen mit unterschiedlichen atiologischen Ansatzen (Brinkley, Newman, Widiger & Lynam, 2004). Aus diesem - und vergleichbaren Ansatzen heraus wird das Konstrukt von einigen Wissenschaftlern als mehrdimensional angesehen und konnte in der Vergangenheit in mehrere Subtypen unterteilt werden (z.B. Blackburn, Logan, Donnelly & Renwick, 2008).
In dieser Arbeit werden beide Auffassungen von Psychopathie dargestellt: Sowohl die Betrachtung von Psychopathie als Personlichkeitsstorung sowie die Haltung von Psychopathie als Personlichkeitskonstrukt. Obgleich wird in dieser Arbeit bei der Thematisierung von Individuen mit psychopathischen Auspragungen die Form der subklinischen Psychopathie verstanden.
2.1.1 Personlichkeitsstorung vs. Personlichkeitskonstrukt
Das klinische Konstrukt „Psychopathie“, welches durch das Auftreten zwischenmenschlicher, affektiver, antisozialer Zuge und Verhaltensweisen gekennzeichnet ist (Hare & Neumann, 2009), blickt auf eine lange historische und klinische Tradition zuruck, in welcher das Konstrukt vermehrt durch jahrzehntelange Forschung aus psychodynamischer und neurobiologischer Sicht betrachtet und bestatigt wurde (Millon, Simonsen, Birket-Smith & Davis, 1998). Trotz seiner 200-jahrigen Geschichte wurde das Psychopathiekonstrukt nie als offizielle Personlichkeitsstorung anerkannt (APA, 2013).
Psychopathie gilt als Teilelement der „dunklen Triade der Personlichkeit“, welche Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie umfasst. Diese Konstrukte sind durch antisoziale oder gewalttatige Verhaltensweisen, emotionale Kalte und Aggressivitat charakterisiert und gehen oftmals mit kontraproduktivem Arbeitsverhalten einher (Paulhus & Williams, 2002). Obwohl alle drei Konstrukte ahnliche Komponenten zeigen, konnen sie voneinander differenziert werden. Das Erleben und Verhalten von Individuen mit psychopathischen Auspragungen ist durch Fehlen von Empathie, Liebe und tieferen Emotionen gekennzeichnet und auBert sich in egozentrischem und rucksichtlosem Verhalten (Babiak et al., 2007). Personen, die hohe Werte in der Psychopathie aufweisen, werden als egoistisch charakterisiert und fallen insbesondere durch das rucksichtlose Verfolgen eigener Interessen auf (Boddy, 2006). Die sofortige Befriedigung ihrer Bedurfnisse steht im Vordergrund. Ebenso fehlt es ihnen an Reflexionsfahigkeit zum Schuldeingestandnis, womit ein mangelndes Gewissen einhergeht (Hare, 1999).
Der amerikanische Psychiater Hervey Cleckley postulierte mit der Erstausgabe seiner klassischen Monografie The Mask of Sanity (1941) die traditionelle klinische Auffassung von Psychopathie anhand von Fallstudien. Es folgten sechs nachfolgende Ausgaben und fast funfzig Jahre klinische Arbeit. Cleckley (1988) charakterisierte das Konstrukt mithilfe von 16 Kriterien, welche in die Kategorien positive Anpassung, emotional-interpersonelle Defizite und chronisch abweichendes Verhalten eingeteilt werden konnen (Patrick, 2006). Chronisch abweichendes Verhalten ist unter anderem durch eine Armut von affektiven Reaktionen gekennzeichnet. Positive Anpassung meint die Fahigkeit, im sozialen Kontext durch oberflachlichen Charme und hohe Intelligenz zu punkten (Cleckley, 1988). Diese Anpassungsfahigkeit ist als metaphorische "Maske" im Titel des Buches wiederzufinden und beschreibt genau jene Tendenz, welche es ermoglicht, in Interaktionen sympathisch und gut angepasst zu wirken (Skeem et al., 2011). Die emotional-interpersonellen Defizite sind unter anderem durch Unaufrichtigkeit, Mangel an Reue und Scham sowie einer generellen Unempfanglichkeit fur allgemeine zwischenmenschliche Beziehungen charakterisiert. Diese Defizite konnen durch die positive Anpassung verdeckt werden. Das soziale Umfeld bemerkt demnach nicht, dass die gezeigten Reaktionen nicht auf wahren Emotionen beruhen. Trotz dieser scheinbaren Aufrichtigkeit gelingt es Menschen mit psychopathischen Zugen nicht, echte Emotionen zu erleben (Cleckley, 1988).
Robert D. Hare (1999) baute auf Cleckleys Forschungen auf und entwickelte die Psychopathy Checklist (PCL-R) welche daraufhin erneut uberarbeitet wurde (Hare, 2003). Diese gilt als das am weitesten verbreitete und validierteste MaB der Psychopathie (Skeem et al., 2011). Die Inhalte der Checkliste lassen sich in zwei Bereiche einteilen - den zwischenmenschlich-affektiven Bereich sowie den antisozial- devianten Bereich. Der zwischenmenschlich-affektive Bereich, welcher die Kernmerkmale der psychopathischen Personlichkeit umfasst, auBert sich beispielsweise durch betrugerisch-manipulatives Verhalten. Der antisozial-deviante Bereich wird als Verhaltensstorung charakterisiert. Diese Storung auBert sich in chronisch antisozialem Verhalten, Impulsivitat und geringer Verhaltenskontrolle. Die Symptomliste dient vorrangig zur Erforschung und rechtlichen Beurteilung von erwachsenen Kriminellen und kriminellen Jugendlichen im Hinblick auf deren Bedrohung fur die Gesellschaft sowie zur entsprechenden Ruckfallprognose. Die Forschungsarbeiten zu der Symptomliste konnten bedeutsame Erkenntnisse zum besseren Verstandnis des „kriminellen Psychopathen“ hervorbringen. Da das Psychopathiekonstrukt aus forensischer Sicht als Storung betrachtet wurde, welche sich in aggressivem und antisozialem Verhalten, krimineller Aktivitat, Impulsivitat sowie Unbarmherzigkeit auBert (Cleckley, 1988; Hare, 1999), konnen diese Erkenntnisse nur bedingt auf Personen ubertragen werden, welche nicht kriminell auffallig sind (Skeem et al., 2011).
Das integrative triarchische Modell nach Patrick, Fowler und Krueger (2009). sieht in der Psychopathie ein Zusammenspiel der drei unterschiedlichen phanotypischen Konstrukte Enthemmung, Unerschrockenheit und Gemeinheit (engl. Disinhibition, boldness, meanness). Enthemmung meint dabei die Tendenz zu Storungen der Impulskontrolle, wahrend Unerschrockenheit den Zusammenhang von sozialer Wirksamkeit, der Toleranz gegenuber Gefahrlichem sowie der emotionalen Belastbarkeit darstellt. Enthemmung wird als adaptive Eigenschaft angesehen, welche einer furchtlosen Disposition zugrunde liegt. Gemeinheit zeichnet sich durch mangelnde Empathie, fehlende Fahigkeit zu sozialen Bindungen und rucksichtlose, aggressive Ressourcensuche aus. Enthemmung und Gemeinheit werden als maBig miteinander verbunden angenommen, wahrend Enthemmung und Unerschrockenheit als minimal miteinander verbunden angenommen werden. Dabei tragen die zugrunde liegenden atiologisch-dispositionalen Faktoren „schwieriges Temperament“ und „geringe Angst“ zu den Konstrukten bei. Im Hinblick auf verschiedene Konzeptualisierungen der Psychopathie werden die Konstrukte Enthemmung, Unerschrockenheit und Gemeinheit unterschiedlich betont. Das klinisch definierte Syndrom der Psychopathie legt den Schwerpunkt auf eine Enthemmung in Verbindung mit Unerschrockenheit oder Gemeinheit (Patrick et al., 2009). Die traditionelle klinische Auffassung nach Cleckley (1988) beinhaltet mehr Unerschrockenheit als Gemeinheit, wohingegen kriminologische Konzepte der Psychopathie (z.B. Hare, 2003) den Fokus eher auf Gemeinheit als auf Unerschrockenheit richten (Patrick et al., 2009).
Im letzten Jahrzehnt trat die Diskussion uber eine Betrachtung der Psychopathie als Personlichkeitskonstrukt - und somit eine Unterscheidung in potenzielle Subtypen - in den Vordergrund (z.B. Swogger & Kosson, 2007). Die Personlichkeitsmerkmale der Psychopathie wurden in der Vergangenheit als primare und sekundare Psychopathie beschrieben. Die beiden Formen unterscheiden sich jeweils in psychologischen, verhaltensmaBigen und biologischen Merkmalen (Karpman, 1941; Lykken, 1995). Das Modell nach Karpman (1941) beschreibt, dass die Entstehung von primarer Psychopathie durch genetische Faktoren erfolgt, wohingegen die Entwicklung der sekundaren Psychopathie von Umweltfaktoren bedingt wird. Aufbauend auf diesen fruh entwickelten theoretischen Annahmen der psychopathischen Personlichkeit wird diese in der Konzeptualisierung nach Lilienfeld und Kollegen nicht als einheitliches Konstrukt, sondern als multidimensionale Disposition beschrieben (Lilienfeld & Andrews, 1996; Lilienfeld & Widows, 2005). Auch weitere aktuelle theoretische Modelle greifen diese Annahme auf und charakterisieren die primare Psychopathie durch einen emotionalen Mangel und Furchtlosigkeit, in Verbindung mit einer hochstabilen serotonergen Funktion (Yildirim & Derksen, 2015). Fanning, Berman, Guillot, Marsic und McCloskey (2014) fanden Hinweise fur die gegensatzliche Hypothese, welche beschreibt, dass aggressive Reaktionsmuster im Zusammenhang mit primaren psychopathischen Merkmalen zum Teil durch verminderte serotonerge Funktionen ausgelost werden konnen. Es wird angenommen, dass die sekundare Psychopathie insbesondere mit Selbstkontrolldefiziten einhergeht. Hierbei ist eine erfolgreiche Sozialisation prinzipiell eher schwieriger, wohingegen Personen mit hoher Auspragung in primarer Psychopathie - unter anderem durch ihre guten sozialen Fertigkeiten - erfolgreicher sozialisierbar sind (Lykken, 1995).
Mithilfe des Psychopathic Personality Inventory - Revised (PPI-R) - ein SelbstberichtsmaB des Psychopathiekonstrukts - soll eine dimensional variierende Personlichkeitseigenschaft beschrieben werden. Diese Auffassung steht im Gegensatz zu der Auffassung von Psychopathie als Personlichkeitsstorungen anhand klassifikatorischer Diagnosemanuale (Koglin & Petermann, 2009). Die theoretischen Grundlagen des Verfahrens beruhen auf den Psychopathie-Definitionen von Cleckley (1988), Lyyken (1995) und Hare (1991). Die 154 Items des PPI-R umfassen die Dimensionen Schuldexternalisierung, rebellische Risikofreude, Stressimmunitat, sozialer Einfluss, Kaltherzigkeit, machiavellistischer Egoismus, sorglose Planlosigkeit und Furchtlosigkeit (Koglin & Petermann, 2009).
Basierend auf dem integrativen triarchischen Modell nach Patrick und Kollegen (2009) wurde das Instrument The triarchic psychopathy measure (TriPM) entwickelt. Der TriPM -Fragebogen umfasst auf den drei Skalen disinhibition, boldness und meanness insgesamt 58 Items zur Selbsteinschatzung. Die hierbei berucksichtigten adaptiven Eigenschaften sollen eine dimensionale Erfassung des Psychopathiekonstrukts erlauben und somit - anders als Instrumente aus dem forensischen Bereich der Psychopathieforschung - die Ubertragung auf nicht kriminell auffallige Personen ermoglichen (Patrick, 2010).
2.1.2 Psychopathie in Wirtschaft und Unternehmen
Die dysfunktionalen, unsoziale Verhaltensmerkmale der Psychopathie wurden fur berufliche Beziehungen lange Zeit als potenziell schadlich angesehen. Es schien fur viele Experten sinnig, dass psychopathische Merkmale eine Benachteiligung im Hinblick auf Beruf und Karriere darstellen (Babiak et al., 2007).
Der Ausdruck „Organisationspsychopathen“ beschreibt im Unternehmensumfeld agierenden Individuen, die hohe Auspragungen in der Psychopathie aufweisen und zu einem bedeutsamen Anteil fur organisatorisches Fehlverhalten - wie beispielsweise der Aktienmanipulation - verantwortlich sind (Boddy, 2006). Dieses Verhalten kann bis zum beabsichtigten Aufhetzen der Kollegen untereinander reichen (Babiak et al., 2007).
Wie in Kapitel 2.1 bereits beschrieben, neigen Menschen mit psychopathischen Auspragungen dazu, emotional unzulanglich, aggressiv, selbstfordernd, impulsiv, egozentrisch, rucksichtlos und gefuhllos zu handeln (Hare, 1999). Andererseits scheinen sie in der Lage, einen charmanten und selbstbewussten Eindruck in der Interaktion mit ihren Mitmenschen zu hinterlassen (Babiak et al., 2007; Paulhus & Williams, 2002). Diese Fahigkeiten wurde bereits in ihren Grundzugen bei der Charakterisierung des Psychopathiekonstrukts von Cleckley (1988) erfasst. Das neben den Kriterien emotional- interpersonelle Defizite und chronisch abweichendes Verhalten bestehende Kriterium positive Anpassung (Patrick, 2006) umfasst jene Fahigkeit, Charme gezielt einzusetzen und einen sympathischen, gewinnenden Eindruck im zwischenmenschlichen Kontext zu hinterlassen (Cleckley, 1988). Insbesondere die neue wissenschaftliche Forschung differenziert verschiedene Typen der psychopathischen Personlichkeit und zeigt jene beschriebene, scheinbar gegensatzliche Seite der Psychopathie auf: Individuen mit psychopathischen Zugen, die uberdurchschnittlichen beruflichen Erfolg erleben, konnen einen charismatischen Eindruck bei ihren Mitmenschen hinterlassen, jedoch trotz dessen manipulative und rucksichtlose Verhaltensweisen zeigen (z.B. Eisenbarth, 2014). Die Vermutung, dass Menschen mit ausgepragten psychopathischen Merkmalen in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Strafverfolgung und bei riskanten Sportarten uberreprasentiert sind, stellten unter anderem Babiak und Kollegen (2007) auf. Lykken (1995) argumentierte, dass bestimmte psychopathische Merkmale in einigen Berufen Vermogenswerte darstellen konnten. Ebenso brachte Cleckley (1941) mehrere Beispiele von Personen hervor, welche trotz hohen psychopathischen Auspragungen Karriereerfolg erzielten.
Babiak und Kollegen (2007) behandelten in ihrem Buch „Snakes in suits: When psychopaths go to work" die AuBerungsformen des Psychopathiekonstrukts im Arbeitskontext und raumten mit der Annahme auf, dass das missbrauchliche und betrugerisches Verhalten von Menschen mit psychopathischen Auspragungen zu schlechter Reputation oder sogar Kundigung fuhrt. Sie fuhrten gegensatzlich hierzu auf, dass Unternehmen Personen mit psychopathischen Tendenzen unwissend rekrutieren wurden, da einige der psychopathischen Merkmale falschlicherweise mit gewunschten Fuhrungskompetenzen verwechselt werden konnten.
Der in diesem Kontext verwendete Ausdruck der „erfolgreichen Psychopathie“ (Babiak et al., 2007) steht in Ubereinstimmung mit der zuvor aufgefuhrten Dimension der primaren Psychopathie aus Kapitel 2.1.2 (Lykken, 1995). Hierbei gilt die Annahme, dass Individuen mit psychopathischen Auspragungen es schaffen, im Hinblick auf antisoziales Verhalten unauffallig im Arbeitskontext zu agieren und somit die negativen Aspekte der Psychopathie zu uberdecken (Schutte & Blickle, 2016). Babiak und Kollegen (2007) schreiben Menschen mit psychopathischen Auspragungen die Fahigkeit zu, flexibel eine “Maske“ am Arbeitsplatz aufzusetzen zu konnen und somit gezielt Sympathie und Ansehen bei ihren Mitmenschen zu erzeugen. Hierbei werden bedacht Lugen verwendet und diese mit Begeisterungen und gespielten „Emotionen“ verstarkt, um der Kommunikation Glaubwurdigkeit zu verleihen. Menschen mit psychopathischen Auspragungen entwickeln eine „Personlichkeit“, welche an die Erwartungen und Wunsche des Gegenubers angepasst ist und zur Manipulation der Mitmenschen - sowie zur Erreichung der eigenen, im Vordergrund stehenden Ziele dient. Nicht selten gelingt es Menschen mit psychopathischen Auspragungen anhand manipulativer Techniken den Weg in hohere Organisationspositionen zu verfolgen, zu erreichen und zu erhalten (Boddy, 2006). Im Zuge dessen wurde untersucht, wie sich Personen mit psychopathischen Zugen in ihrem Unternehmensumfeld verhalten und arbeiten. Die Ergebnisse zeigten, dass Mitarbeiter mit hohen Auspragungen in der Psychopathie viel Zeit und Energie in die fur sie nutzliche Opfer investieren, um sie gezielt zu Manipulieren und ihre Maske aufrecht zu erhalten, als sie es bei jenen tun, die fur sie weniger nutzlich - und somit uninteressante Mitarbeiter darstellen. Auf dieser Grundlage kann eine Differenzierung zwischen Kritikern und Anhangern vorgenommen werden, welche sich darin unterscheidet, wie jene die psychopathischen Verhaltensweisen im Arbeitskontext Beschreiben und Bewerten. Diese Reputation kann in Abhangigkeit von der Person und ihrer Nutzlichkeit fur die Person mit psychopathischen Auspragungen folglich zwischen angesehen und freundlich oder feindselig und kalt variieren. Ob die psychopathischen Manipulationstechniken und die absichtlich erzeugten Konflikte erkannt und demaskiert werden konnen, ist also abhangig von der Bedeutsamkeit der Kollegen fur die Person mit psychopathischen Auspragungen (Babiak et al., 2007).
Hall und Benning (2006) warfen im Zuge dessen die Frage auf, ob erfolgreiche Psychopathen eine geringere Auspragung der Psychopathie aufweisen und somit unauffalligere Verhaltensweisen zeigen oder ob Kompensationsmechanismen greifen, welche dazu fuhren, dass psychopathische Zuge gezielt und funktionell zur Zielerreichung eingesetzt werden konnen. Die Operationalisierung des Konstrukts „Erfolgs“ variiert in Bezug auf die Psychopathie zwischen verschiedenen Forschern: Es besteht eine Unterscheidung zwischen der Starke der Betonung des kurzfristigen oder des langfristigen Erfolges. Im Kontrast hierzu wird Erfolg von einem Teil der Forschergruppen als Fehlen von antisozialem Verhalten charakterisiert. Bei Anderen steht hierbei eher der personliche Ruhm im Vordergrund, wahrend wieder Andere Erfolg als Auftreten von Verhaltensweisen ansehen, welche der Gesellschaft Vorteile erbringen (Lilienfeld, Watts & Smith, 2015). Das Konstrukt der erfolgreichen Psychopathie ist jedoch umstritten und wird von einigen Wissenschaftlern als Oxymoron bezeichnet. Die gegensatzliche Perspektive wird unter anderem anhand der grundlegenden Arbeiten zur Psychopathieforschung von Cleckley (1988) gestutzt. Erfolgreiche Psychopathie wird hierbei als Variante der Psychopathie angesehen, bei welcher die adaptiven Merkmale besonders ausgepragt sind.
Zusammenfassend findet sich Psychopathie in organisatorischen Strukturen wahrscheinlich haufiger als vermutet wieder. Insbesondere solche Unternehmen, die ein schnelles Umfeld, ein hohes Risiko und einen hohen Gewinn verzeichnen, wecken das Interesse von Menschen mit psychopathischen Tendenzen. Die psychopathischen Verhaltensmerkmale erfahren in jenem unternehmerischen Kontext Zustimmung und tragen dazu bei, dass „Organisationspsychopathen“ anhand von StandardmaBstaben als beruflich erfolgreich gelten. Dabei bleiben ihre wahren Tendenzen meist von ihren Mitmenschen unentdeckt (Babiak et al., 2007).
2.2 Das Konstrukt der politischen Fertigkeiten
Nach Hogan & Shelton (1998) sind Menschen mit sozialen Kompetenzen eher in der Lage, ihre Bestrebungen zu erreichen. Die sozianalytische Theorie besagt, dass es zwei Motive gib, welche als Grundmotive angesehen werden und in der Personlichkeit verankert sind: Das Motiv nach Einfluss, beispielsweise durch Macht, Status und die Erreichung von hohen Hierarchieebenen sowie das Motiv nach Zuwendung und Beachtung. Dieses Motiv meint die Erfahrung von Anerkennung, Akzeptanz und Unterstutzung im sozialen Kontext. Aufgrund dieser Motive sind Menschen besonders daran interessiert, wie ihre Reputation ausfallt. Es bestehen interindividuelle Unterschiede innerhalb der Starke der beschriebenen Motive sowie der Fahigkeit, diese zu erfullen. Das Gelingen ist abhangig von den sozialen Fertigkeiten des Individuums (Hogan & Shelton, 1998).
Der Ausdruck „politische Fertigkeiten“ bezeichnet Kompetenzen, die im Arbeitskontext als Werkzeug dienen, um personliche und Unternehmensziele durch Beeinflussung anderer Individuen zu erreichen (Ahearn, Ferris, Hochwarter, Douglas & Ammeter, 2004). Forschergruppen wie Ferris et al. (2000) beschaftigten sich in verschiedenen Studien mit der Bedeutsamkeit der politischen Fertigkeiten im organisationalen Kontext. Sie definierten diese als the „ability to effectively understand others at work, and to use such knowledge to influence others to act in ways that enhance one's personal and/or organizational objectives.” (Ferris et al., 2005, S. 127). Es handelt sich demnach um Kompetenzen, welche es dem Individuum ermoglichen, sein Verhalten an unterschiedliche und sich verandernde Situationen anzupassen, soziale Kontakte zu beeinflussen und zu kontrollieren, dabei jedoch stets einen vertrauenswurdigen und aufrichtigen Eindruck bei seinen Mitmenschen zu hinterlassen. Diese politischen Fertigkeiten werden als stabile Dispositionen betrachtet, welche durch Training und Praxiserfahrung in ihrer Entwicklung gefordert werden konnen. Bei hoher Auspragung der politischen Fertigkeiten verfugen Individuen uber ein ausgepragtes soziales Geschick und konnen andere Personen in Interaktionen so prazise einschatzen, dass ihnen eine interpersonale Einflussnahme gelingt und sie es folglich schaffen, ihre Interessen durchzusetzen (Schutte & Blickle, 2016). Politisch qualifizierte Personen nutzen ihre Anpassungsfahigkeit insbesondere in Situationen, welche sie als relevant bewerten, um authentisch und aufrichtig zu wirken (Ferris et al., 2007). Forschergruppen konnten zeigen, dass Personen mit hohen politischen Fertigkeiten aufgrund ihres aufrichtigen und vertrauenswurdigen Auftretens und ihrer flexiblen Anpassungsfahigkeit Motive in sozialen Interaktionen so uberzeugend verpacken konnen, dass Mitmenschen die gezeigten Verhaltensweisen als positiv bewerten. Eine hohe Auspragung der politischen Fertigkeiten geht folglich mit einer geringeren Zuschreibung von schadlichen Handlungen und Verhaltensweisen - und einer hoheren Zuschreibung von wohlwollenden Handlungen einher, welche sich positiv auf das soziale Gefuge auswirken (Blickle, Wendel & Ferris, 2010).
Bereits Ferris und Judge (1991) stellten die Vermutung auf, dass Personen ihr politisches Geschick zur Manipulation ihrer Mitmenschen hinsichtlich einer positiven Reputation nutzen konnten. Diese manipulierte Wahrnehmung auBert sich in einer beeinflussten Einschatzung der Arbeitsleistung und dem Potenzial der Person. Die beeinflusste Wahrnehmung nimmt wiederrum Einfluss auf organisatorische Belohnungen, beispielsweise durch die Erreichung einer hoheren Hierarchieebene oder monetaren Auszahlungen. Blickle et al. (2011) stellten die Hypothese auf, dass Individuen mit hohen politischen Fertigkeiten eine gunstige Beziehung zu ihren Vorgesetzen pflegen, um positive Reputation zu erzielen und infolgedessen Belohnungen zu erhalten, welche mit einer positiven Reputation assoziiert sind. Die vorteilhafte Beziehung der politisch qualifizierten Person zu ihren Vorgesetzen fuhrt demnach dazu, dass andere Mitarbeiter die vermeidlich hohe Arbeitsleistung und den personlichen Charakter des Individuums wahrnehmen und hierbei positiv beeinflusst werden. AuBerdem vermuten Blickle et al. (2011), dass politisch qualifizierte Personen soziale Beziehungen zu anderen Mitarbeitern pflegen, womit der Aufbau weiterer positiver Reputationen begunstigt wird. Demnach werden Fuhrungskrafte ihren Vorteil daraus ziehen, dass vorbildliches Verhalten im Arbeitskontext mit qualitativ hochwertiger Arbeit assoziiert wird und dieses durch positive Reputation sowie mithilfe diverser Belohnungen erwidern. Diese Belohnungen konnten sich beispielweise durch Beforderungen oder Gehaltserhohungen auBern.
Mintzberg (1985) bezeichnet Organisationen als politische Arenen, in denen der berufliche Erfolg von Mitarbeitern neben Intelligenz, Leistung und Effektivitat maBgeblich durch soziale Klugheit und Positionierung im Unternehmen bedingt wird. Die Beschreibung von politischen Aktivitaten in Organisationen wurde durch das Konzept der politischen „Spiele“ nach definiert. Politisches Geschick eines Individuums auBert sich in Verhaltensweisen, welche nicht sozial anerkannt oder akzeptiert sind, wahrend diese oftmals mit formaler Autoritat oder Fachwissen in Kontrast stehen und zu Konflikten innerhalb des Unternehmens fuhren konnen. Sie dienen dem Individuum zur Einflussnahme in Strukturen der Organisation, dem Widerstand von Autoritaten, dem Machtaufbau, der Bekampfung von Rivalen oder der Erreichung eines organisationalen Wandels (Mintzberg, 1985).
Zur Messung der politischen Fertigkeiten wurde das Political Skill Inventory (PSI) von Ferris und Kollegen (2005) entwickelt, welches vier kritische Dimensionen umfasst, von denen angenommen wird, dass diese die politischen Fertigkeiten charakterisieren: Soziale Scharfsinnigkeit, zwischenmenschlicher Einfluss, Vernetzungsfahigkeit und scheinbare Aufrichtigkeit. Soziale Scharfsinnigkeit auBert sich im Zusammenhang mit hohen politischen Fertigkeiten als Fahigkeit zu klugen sozialen Interaktionen und der angemessenen Interpretation der Verhaltensweisen von Mitmenschen. Auf AuBenstehende wirkt dieses Verhalten selbstbewusst und authentisch (Ferris et al., 2005). Pfeffer (1992) bezeichnet die zwischenmenschliche Einflussdimension als Fahigkeit zur Flexibilitat im Hinblick auf die Anpassung an unterschiedliche Situationen und zur Erreichung der eigenen Ziele. Die Vernetzungsfahigkeit auBert sich in der erfolgreichen Identifizierung und Positionierung in sozialen Netzwerken zur vorteilhaften zwischenmenschlichen Beziehungsentwicklung sowie zur Zielerreichung (Pfeffer, 1992). Personen, welche einen aufrichtigen Eindruck vermitteln, wirken vertrauenswurdig auf ihre Mitmenschen, indem sie ihre Hintergedanken verschleiern, sodass ihr Verhalten nicht als manipulativ oder boswillig eingeschatzt wird. Es wird angenommen, dass die beschriebenen vier Dimensionen der politischen Fertigkeiten miteinander in Verbindung stehen. Trotz dessen werden sie als unterschiedliche Konstrukte angesehen (Ferris et al., 2005).
2.3 ErfolgsmaBe im beruflichen Kontext
Es besteht ein hohes Forschungsinteresse im Hinblick auf das Konstrukt „Karriereerfolg“. Dies fuhrte in der Vergangenheit zu dem Versuch der Postulierung von Kriterien zur Messung von Erfolg im beruflichen Kontext (z.B. Abele, 2011). Gattiker und Larwood (1986) untersuchten in ihrer Studie das Konstrukt des Karriereerfolgs im Hinblick auf seine Dimensionalitat. Sie beschrieben Karriereerfolg als mehrdimensionales Konstrukt, welches aus funf Faktoren besteht: Beruflicher Erfolg, zwischenmenschlicher Erfolg, finanzieller Erfolg, hierarchischer Erfolg und Lebenserfolg. Neuere Studien betonen insbesondere Erfolgsurteile und Zufriedenheitseinschatzungen als relevante Kriterien, welche sowohl durch neutrale Kennzahlen wie Arbeitsunterlagen (im Sinne von objektivem Karriereerfolg) als auch durch andere Mitarbeiter (im Sinne von subjektivem Karriereerfolg) eingeschatzt werden konnen (Dette, Abele & Renner, 2004).
Wann immer Erfolg im beruflichen Kontext thematisiert wird, muss eine Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Karriereerfolg vorgenommen werden. Es ist im Allgemeinen begrundet, dass fur die Karriereerfolgsforschung beide Komponenten bedeutend sind und beachtet werden sollten (Heslin, 2005). Ein einzelnes MaB, welches alle relevanten Erfolgsaspekte umfasst, existiert nicht (Rohn, 2006). Eine Studie nach Judge, Cable, Boudreau und Bretz (1995) brachte Ergebnisse hervor, die darauf hinweisen, dass Variablen, welche im Zusammenhang mit objektiven Karriereerfolg stehen, sich von jenen unterscheiden, welche im Zusammenhang mit subjektivem Karriereerfolg stehen. Jungste Studien konnten den Zusammenhang zwischen objektiven und subjektiven Kriterien zur Messung von Karriereerfolg in Metaanalysen ermitteln. Dieser Zusammenhang stellte sich als positiv heraus, jedoch waren die Korrelationen eher moderat (z.B. Dette et al., 2004).
Der subjektive Karriereerfolg umfasst die Reaktionen des Individuums auf seine Erfahrungen im Zusammenhang mit seiner Karriere (Hughes, 1937; Heslin, 2005). Betz und Fitzgerald (1987) definierten die subjektive Karriere als Kombination aus verinnerlichen Bewertungen des Umfeldes, welche von dem Individuum als relevant empfunden werden. Ebenso bedeutsam ist hierbei die eigene Bewertung uber den empfundenen Karriereerfolg, wobei personliche Erwartungen an die eigene Karriere einflieBen. Das Konstrukt Karriereerfolg kann anhand unterschiedlicher subjektiver Bedeutungen definiert werden: Weiterentwicklung, Selbstentwicklung, Zufriedenheit, Sicherheit, Zusammenarbeit, Anerkennung, Leistung, Fortschritt und Beitrag (Dries, Pepermans & Carlier, 2008).
Heslin (2003) unterscheidet zwei Arten von Kriterien zur Messung von subjektivem Karriereerfolg: „Self-referent success criteria“ und „other-referent success criteria“. Diese Unterscheidung ist auf die Annahme zuruckzufuhren, dass soziale Vergleiche einen MaBstab bilden, um den subjektiven Erfolg zu bestimmten. Bei Kriterien zum selbstbezogenen subjektiven Erfolg stehen Vergleiche mit individuellen und personlichen Werten und Standards - wie der Karrierezufriedenheit - im Vordergrund (z.B. Ng, Ebly, Sorensen & Feldman, 2005). Bei dem „auf andere bezogenen“ subjektivem Berufserfolg ziehen Personen Erfolgskriterien heran, die sich auf das Verhaltnis des Vergleichs vom eigenen Erfolg mit dem Erfolg anderer Personen beziehen. Hierbei kann beispielsweise die soziale Norm, eine Referenzgruppe oder eine Referenzperson herangezogen werden (Heslin, 2003).
Diverse Modelle zeigen, dass beruflicher Erfolg auf individueller Ebene von mehreren demografischen, Humankapital- und Motivationsvariablen beeinflusst wird. Ebenso spielen bei der Postulierung von ErfolgsmaBen im beruflichen Kontext Organisationsvariablen wie der Branchensektor oder die UnternehmensgroBe eine Rolle (Seibert et al., 1999).
Eine Untersuchung nach Blickle et al. (2011) brachte die Variablen hierarchische Position, Einkommen und Karrierezufriedenheit zur Definition von Karriereerfolg hervor. Ihre Forschungsergebnisse zeigten auBerdem, dass die Reputation am Arbeitsplatz die Effekte der politischen Fertigkeiten auf die Variablen mediiert. Zinko und Kollegen (2007) beschreiben Reputation als Wahrnehmungsidentitat, welche sich aus den uber die Zeit entwickelten Wahrnehmungen von Mitmenschen hinsichtlich der personlichen Eigenschaften, dem gezeigten Verhalten und Leistungen zusammensetzt. Diese konnen direkt beobachtet, oder aus sekundaren Quellen gezogen werden. Die Mehrdeutigkeit des zukunftigen Verhaltens wird hierbei verringert und Personen konnen hinsichtlich ihres Vorhabens leichter eingeschatzt werden. Unter personlicher Reputation versteht sich eine allgemein vereinbarte, kollektive Wahrnehmung einer Person durch einige Referenten, welche sich uber die Zeit entwickelt. Die personliche Reputation nimmt Einfluss auf das gezeigte Verhalten am Arbeitsplatz sowie der Wirksamkeit gewahlter Strategien im sozialen Kontext (Ferris et al., 2003). Eine positive Reputation kann das Vertrauen des Reputationssystems der Person erhohen und dient Beobachtern unter anderem dazu, zukunftiges Verhalten vorherzusagen (Whitmeyer, 2000). Die Idee nach Pfeffer (1981), dass Macht immer mehr Macht bringt, beruht auf der Grundlage, dass durch einen positiven Ruf eine bessere Forderung eintritt, welche wiederrum mit einem machtigeren Ruf einhergeht, was wiederrum zu mehr Forderung fuhrt. Demnach dient das Erlangen von Macht dazu, Dinge mit weniger Aufwand zu erreichen und fuhrt zu einem besseren Ruf, welcher wiederum mit erhohtem Machtgewinn bzw. Karriereerfolg einhergeht (Pfeffer, 1992).
Wahrend subjektive ErfolgsmaBe eher anfalliger fur Verzerrungen, beispielsweise aufgrund von zu geringer kognitiver Informationsverarbeitungskapazitat oder Erinnerungslucken sind, konnen objektive ErfolgsmaBe als „fehlerfreier“ angesehen werden. Dabei kann die objektive Komponente als messbarer, direkt beobachtbar und von einem unparteiischen Dritten uberprufbar definiert werden (Hughes, 1937). Die Faktoren Gehalt, Gehaltswachstum, Status und Beforderungen sind die gangigsten Indikatoren zur Messung des objektiven Karriereerfolgs (Heslin, 2005). Die genannten Faktoren konnen als objektive Komponenten bezeichnet werden, da sie als sozial geteilte und gesellschaftlich akzeptierte Normen gelten (Abele et al., 2011). Insbesondere der berufliche Status zahlt zu einem der seit langem anerkannten Merkmale des Karriereerfolgs (Nicholson, 2000). Die Analyse des Gehaltswachstums lasst Schlussfolgerung in Bezug auf die erbrachte Arbeitsleistung uber den Faktor der Zeit zu. Des Weiteren stellt die erreichte Position innerhalb einer hierarchischen Struktur eines Unternehmens eine gangige Komponente des Berufserfolgs dar (Blickle et al., 2011).
2.4 Aktueller Forschungsstand
Nachdem im vorherigen Kapitel der theoretische Hintergrund als Grundlage dieser Arbeit geschaffen wurde, beschaftigt sich das folgende Kapitel mit der Darstellung und Abgrenzung der aktuellen Forschungsergebnisse in Bezug auf die relevanten Konstrukte.
Die in Kapitel 2.1 dargestellten theoretischen Grundlagen konnten aufzeigen, dass Forscher die Annahme vertreten, dass jene Facetten der Psychopathie, welche charmantes und selbstbewusste Auftreten ermoglichen, die negativen Seiten der Psychopathie (gekennzeichnet durch impulsives, egozentrisches, rucksichtloses Verhalten) uberdecken konnen und somit eine positive Beurteilung durch Mitmenschen im Arbeitskontext erzielt werden kann (Babiak et al., 2007). In jungsten Untersuchungen zeigten sich signifikant negative Zusammenhange zwischen Psychopathie und der Arbeitsleistung und signifikant positive Zusammenhange zwischen Psychopathie und kontraproduktivem Verhalten am Arbeitsplatz (z.B. Wu & LeBreton, 2011). Die uberraschend geringe Hohe der Zusammenhange lieB Schutte und Blickle (2016) vermuten, dass ein moglicher Moderationseffekt in der Beziehung zwischen psychopathischen Auspragungen und Aspekten des Arbeitsverhaltens bestehen konnte.
Politisches Geschick ermoglicht die Beeinflussung und Kontrolle der Mitmenschen, tritt jedoch stets in Verbindung mit einem vertrauenswurdigen Erscheinungsbild auf (Ferris et al., 2005). Die sozioanalytische Theorie nach Hogan (1983) besagt, dass die Befriedigung der Motive nach Macht und Zuwendung von den sozialen Fertigkeiten eines Individuums abhangt. Ergebnisse einer Studie zu Machiavellismus und politischen Fertigkeiten deuteten auf die Fahigkeit politisch qualifizierter Personen hin, jene Motive in vorteilhaftes Verhalten zu ubersetzen (Blickle et al., 2020). Eine Untersuchung durch Schutte und Blickle (2016) konnte ebenfalls zeigen, dass die Annahme der Theorie, wonach bei hoherer Auspragung der sozialen Fertigkeiten eine bessere Anpassung an die Umweltbedingungen erfolgt, bestatigt werden konnen.
Im Hinblick auf die Bedeutsamkeit der politischen Fertigkeiten im Arbeitskontext und der Karriere stellen diese ein Konstrukt dar, welches der Erreichung von personlichen- sowie organisationalen Zielen dienen kann (Ahearn et al., 2004). Die Gultigkeit, Zuverlassigkeit und Verallgemeinerbarkeit des Konstrukts konnte in den letzten Jahren in verschiedenen Studien nachgewiesen werden: Metaanalysen ergaben, dass bei einer hohen Auspragung der vier Dimensionen (d.h. Sozialer Scharfsinn, effektive interpersonelle Einflussnahme, gute Netzwerkfahigkeiten und uberzeugend dargestellte Aufrichtigkeit) des Political Skill Inventory nach Ferris et al. (2005) eine verbesserte Leistung am Arbeitsplatz sowie eine damit einhergehende effektivere Erreichung von Zielen ermoglicht werden kann (Munyon, Summers, Thompson & Ferris, 2015). Politische Fertigkeiten konnen als signifikanter Pradiktor fur die Arbeitsleistung angesehen werden und stehen mit positiv arbeitsbezogenen Verhaltensweisen und Ergebnissen in Zusammenhang (Jacobson & Viswesvaran, 2017). Jungste Untersuchungen zeigen, dass eine Prognose der Arbeitsleistung von Mitarbeitern besser durch die Auspragung der politischen Fertigkeiten als durch Personlichkeit oder kognitive Kompetenzen gestellt werden kann (Blickle et al., 2011). Diese Erkenntnis unterstutzen verschiedene Einzelstudien sowie metaanalytische Untersuchungen: Neben der Selbstwirksamkeit, der Arbeitszufriedenheit, dem Engagement, der Produktivitat am Arbeitsplatz sowie dem Karriereerfolg, steht auch die Reputation des Mitarbeiters durch Kollegen positiv in Zusammenhang mit den politischen Fertigkeiten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Variablen Reputation und Selbstwirksamkeit teilweise die Beziehung zwischen politischen Fertigkeiten und der Arbeitsleistung vermitteln (Munyon et al., 2015). Die Vorhersehbarkeit der positive Leistungsbewertungen bei hoher Auspragung der politischen Fahigkeiten wird als stark und konsistent angenommen (z. B. Ferris et al., 2005). Studien bestatigten die Abhangigkeit der Wirksamkeit positiver Selbstprasentationsstrategien von politischen Fertigkeiten. Mitarbeiter werden bei der Anwendung dieser Taktiken folglich gunstiger bewertet, wenn sie hohere politische Fertigkeiten aufweisen (Harris, Kacmar, Zivnuska & Shaw, 2007). Blickle, Diekmann, Schneider, Kalthofer und Summers (2012) konnten einen Moderationseffekt der politischen Fertigkeiten feststellen: Insbesondere Bescheidenheit im Verhalten, als eine Form der Selbstprasentationsstrategie, fuhrte bei Personen mit starker ausgepragten politischen Fertigkeiten zu einer hohere Karrierezufriedenheit und einer schnelleren Erreichung von hoheren Hierarchieebenen. Die Ergebnisse der Studie nach Blickle und Kollegen (2011) konnten belegen, dass politische Fertigkeiten eine entscheidende Rolle bei der Entstehung eines vorteilhaften personlichen Rufs spielen. Die Ergebnisse deuteten auBerdem darauf hin, dass die Reputation die Effekte der politischen Fertigkeiten auf die von den Forschern definierten MaBe zur Messung von Karriereerfolg (d.h. Hierarchische Position, Einkommen, Karrierezufriedenheit) mediiert.
Leary (1995) stellte die Annahme auf, dass gute soziale Kompetenzen auch bei einer fehlerhaften Personlichkeit, welche sich unter anderem durch Verrat, Tauschung und Egoismus auBert, koexistieren konnen. Eine empirische Untersuchung Personen mit hohen Auspragungen im Machiavellismus konnten zeigen, dass das Vorhandensein von hohem politischem Geschick zu einer hoheren Leistungsbewertung durch Kollegen im Arbeitskontext fuhrte. Die Ergebnisse einer Studie nach Blickle und Kollegen (2020) ergaben, dass politische Fertigkeiten Auspragungen im Machiavellismus uberdecken konnen. Diese Erkenntnisse demnach vermuten, dass Untersuchungen zu Psychopathie neben Machiavellismus - als ein weiteres Teilelement der „dunklen Triade der Personlichkeit“ (Paulhus & Wiliams, 2002) und somit als ahnliches Konstrukt anzusehen - vergleichbare Ergebnisse hervorbringen konnten. Schutte und Blickle (2016) konnten zeigen, dass Personen, die hohe Werte in der primaren Psychopathie sowie gute soziale Fertigkeiten aufwiesen, welche in Form von interpersonaler Einflussnahme gemessen wurden, unauffallig agierten und es somit schafften, die negativen Aspekte der Psychopathie zu uberdeckten. Diese Erkenntnis steht in Einklang mit der Auffassung des Verhaltes eines „erfolgreich Psychopathen“ im Arbeitskontext.
2.5 Herleitung der Hypothesen
Das folgende Kapitel befasst sich mit der Herleitung der Hypothesen anhand vorausgehender Erkenntnisse, aufbauend auf den aufgefuhrten theoretischen Grundlagen sowie dem aktuellen Forschungsstand hinsichtlich Psychopathie in Wirtschaft und Unternehmen und dem Konstrukt der politischen Fertigkeiten.
Die Erfassung des Konstrukts der Psychopathie brachte hervor, dass Menschen mit psychopathischen Zugen oftmals als antisozial, impulsiv und gerissen charakterisiert werden (Hare, 1999). Personen mit hohen Auspragungen in der Psychopathie agieren innerhalb des Unternehmensumfeldes als „Organisationspsychopathen“ und konnen zu einem bedeutsamen Anteil fur organisatorisches Fehlverhalten verantwortlich sein (Boddy, 2006). Bereits die grundlegende Charakterisierung des Konstrukts nach Cleckley (1988) umfasste 16 Kriterien der Psychopathie, die im Nachgang in die Kategorien emotional-interpersonelle Defizite, chronisch abweichendes Verhalten sowie die Kategorie positive Anpassung eingeteilt werden konnten. Im Kontrast zu den beiden Kategorien emotional- interpersonelle Defizite und chronisch abweichendes Verhalten umfasst die zuletzt aufgefuhrte Kategorie positive Anpassung die Fahigkeit, gezielt Charme und Sympathie in sozialen Interaktionen zu erzeugen (Patrick, 2006). Stutzend hierzu vertreten Forscher die Annahme, dass es Menschen mit psychopathischen Auspragungen moglich sei, die negativen Seiten der Psychopathie (gekennzeichnet durch impulsives, egozentrisches, rucksichtloses Verhalten) zu uberdecken, wodurch charmantes und selbstbewusste Auftreten und eine positive Beurteilung durch Mitmenschen im Arbeitskontext erzielt werden kann (Babiak et al., 2007).
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1 In der folgenden Arbeit wird aus Grunden der besseren Lesbarkeit ausschlieBlich die mannliche Form verwendet. Sie bezieht sich auf Personen beiderlei Geschlechts.
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