Demokratietheorien - Die Präsidentschaftswahl 2000


Term Paper, 2001

15 Pages


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Gliederung

1. Einleitung

2. Geschichtliches
2.1 Der Präsident der USA
2.2 Supreme Court
2.3 Wahlsystem der USA bei der Präsidentenwahl

3. Die Wahl und ihre Komplikationen
3.1 Die Wahlkomplikationen
3.2 Die Entscheidung des Supreme Court

4. Fazit zur Entscheidung des Supreme Court

5. Literatur- und Internetverzeichnis

1. Einleitung

Kaum eine Nachrichtensendung im vergangenen Herbst schaffte es, nicht über die „Election 2000“ zu berichten. Aber was ist an den Wahlen in den USA so besonders, dass sie das verstärkte Interesse der Medien in aller Welt auf sich ziehen. Ist es das Wahlsystem selber? Strahlten die Vereinigten Staaten in den vergangenen zwei Jahrhunderten den Reiz des Neuen, des Unbekannten aus, dem Tausende von Menschen erlagen und dort ihre neue Heimat fanden, so ist es heute doch eher der sogenannte American Way of Life, der viele, und unter anderem auch Politikwissenschaftler, in seinen Bann zieht. Wie erklärt sich die Weltweite Anteilnahme an der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr? Wie erklären sich die unterschiedlichen Urteile der Gerichte in Florida und Washington D.C.? Auf einige von den hier gestellten Fragen möchte ich im Rahmen dieser Hausarbeit näher eingehen und versuchen die Wahl 2000 und die Entscheidung des Supreme Court einmal aus dem Blickwinkel eines Mitteleuropäers und unter Berücksichtigung der Demokratietheorien beleuchten.

2. Geschichtliches

Wenn man die französische Revolution 1789 (und damit auch die Rousseau`schen Gedanken zur Demokratie) als die Grundsteinlegung europäisch-, moderner Demokratietheorien bezeichnen möchte, dann sollte man die Unabhängigkeitserklärung der nordamerikanischen Kolonien 1776 als weltweite Grundsteinlegung moderner Staatsformen betrachten.

Die heutigen USA sind die Folge eines Prozesses, der 1775 mit den Unabhängigkeitskriegen und damit der Abspaltung der amerikanischen Kolonien von der britischen Krone begann. Will man die Besonderheiten dieses Staates und seiner Systeme verstehen, dann muss man sich näher mit deren Ursprung und Entwicklung beschäftigen. Ich möchte im folgenden Abschnitt mit einer Betrachtung der Besonderheit der Person des amerikanischen Präsidente n beginnen.

2.1 Der Präsident der USA

Gemäß Artikel II der amerikanischen Verfassung bekleidet der Präsident die Funktion des Staatsoberhauptes, er ist der Chef der Exekutiven (chief executive), Gesetzgeber (chief legislator, im Zusammenwirken mit dem Kongress), weiterhin ist er der oberste Befehlshaber der Streitkräfte (commander in chief) und er ist gleichzeitig der oberste Diplomat der Vereinigten Staaten von Amerika. Jedoch erfuhr das Amt des Präsidenten seit 1776 eine enorme Aufwertung. Dies hat nicht zuletzt mit geschichtlichen Veränderungen im 19. und 20. Jahrhundert zu tun. So wurde der Präsident beispielsweise im 19. Jahrhundert zum Symbol der nationalen Einheit hochstilisiert.

Mit dem Aufstieg der USA zur Supermacht im 20. Jahrhundert stiegen die Erwartungen der Bevölkerung an das Amt des Präsidenten und es begann eine Verschiebung der Initiative vom Kongress auf den Präsidenten.

Mit dieser Entwicklung begann ein Prozess, der bis heute andauert. Gerade die Geschehnisse in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts (Kuba Krise) ließen das Amt des Präsidenten in den Mittelpunkt des Weltgeschehens rücken. Hieraus lässt sich ableiten, warum seit dieser Zeit große Teile der Welt bei wichtigen politischen Entscheidungen zumeist erst einmal abwarten, wie sich das US Staatsoberhaupt entscheidet und erst danach werden Schritte eingeleitet.

2.2 Der Supreme Court

Der Supreme Court ist die oberste Gerichtsinstanz der USA, dessen Rolle in der Verfassung von 1789 festgelegt wurde. So sollte er als letzte und oberste Instanz zwischen den Bundesstaaten und dem Bund Entscheidungen treffen. Die Zahl der Richter war zunächst auf fünf Mitglieder begrenzt, jedoch durch die Vergrößerung der USA wurde die Zahl der Richter auf heute neun angehoben. Zur Zeit sind folgende Richter im Amt:

William Rehnquist (1972 von Präsident Nixon vorgeschlagen und seit 1986 im Amt), John Paul Stevens (1975 von Präsident Ford vorgeschlagen), Sandra Day O´Connor (1981 von Präsident Reagan vorgeschlagen), Antonin Scalia (vorgeschlagen von Präsident Reagan 1986), Anthony M. Kennedy (von Präsident Reagan 1988 vorgeschlagen),

David Hackett Souter (1990 von Präsident Bush vorgeschlagen),

Clarence Thomas (1990 von Präsident Bush vorgeschlagen),

Ruth Bader Ginsburg (1993 von Präsident Clinto n für das Amt vorgeschlagen), Stephen G. Breyer (1994 von Präsident Clinton für das Amt vorgeschlagen). Wie alle ihre Vorgänger sind auch diese Richter auf Vorschlag des Präsidenten und anschließender Zustimmung des Senats ins Amt gewählt worden und behalten dieses auf Lebenszeit inne. Einzige Ausnahme wäre ein Amtsenthebungsverfahren, welches eine 2/3 Senatsmehrheit benötigt.

Lediglich die beiden letzten Richter sind von einem demokratischen Präsidenten für das Amt vorgeschlagen worden, alle anderen erhielten ihre Nominierung von einem republikanischen Amtsinhaber.

Bevor die Richter ins Amt treten dürfen, müssen sie sich einer Kontrolle durch das FBI (Federal Bureau of Investigation) unterziehen. Dadurch das die Richter vom Präsidenten vorgeschlagen werden, kann davon ausgegangen werden, dass die politische Ausprägung des Präsidenten auch die politische Einstellung der Richter beeinflusst, obwohl diese zur politischen Neutralität verpflichtet sind. Seit Beginn der Vereinigten Staaten setzte sich der Supreme Court vorrangig für die Interessen der Union (des Bundes) gegenüber den Einzelstaaten ein und durch (Stichwort Besteuerung). Die heutige Rolle des Court ist jedoch viel mehr der Schutz der individuellen Freiheitsrechte der Bürger der USA, der Durchsetzung des Gleichheitsprinzips und ständiger Einsatz für die Überwindung der Rassentrennung und Rassendiskriminierung (zum Beispiel Managerstellen für farbige Bürger bei Coca Cola), also alle Fragen zur Verfassung, zu Bundesgesetzen und zu Staatsverträgen. Alle anderen Fälle liegen in der Gerichtsbarkeit der Einzelstaaten, (98% aller Fälle werden von den State Courts behandelt) so auch die ersten Entscheidungen zur Stimmnachzählung in Florida.

Der Supreme Court besitzt keinerlei Initiativrecht, das heißt, er selber darf in Verfassungsangelegenheiten nicht aktiv werden, sondern kann erst entscheiden, wenn ein entsprechender Antrag bei ihm eingegangen ist. Anschließend muss er selbst prüfen, ob er überhaupt eine Zuständigkeit besitzt. Sollte er diese haben und ist somit befugt ein Urteil zu fällen, schließt sich nach einiger Vorbereitungszeit der Entscheidungsvorgang an. Jede Seite, welche vor den Supreme Court tritt, bekommt das Recht einer 30 min Redezeit, dies bedeutet, das kein Fall länger als eine Stunde verhandelt wird. So geschehen auch im Fall „George W. Bush, et al. vs. Albert Gore Jr., et al“. Nach der Redezeit findet eine Beratung unter den Richtern statt, mit der Formulierung der Hauptbegründung, über welche debattiert wird, bevor es zu einer endgültigen Abstimmung kommt. Daran schließt sich nun die Neuformulierung der Hauptbegründung an, die daraufhin veröffentlicht wird. Die Wirkung diese Urteils ist für alle anderen Gerichte bindend, mit Ausnahme des Supreme Courts selbst.

2.3 Wahlsystem der USA bei der Präsidentenwahl

Das Wahlsystem der USA kann auf einen Europäer durchaus komplex, ja teilweise sogar chaotisch wirken. So z.B. gibt es einen festgeschriebenen Ablauf zur Präsidentenwahl, auf welchen später noch näher eingegangen wird. Viele Bestimmungen über die Wahlen sind nicht in der Verfassung zu finden, denn die Kompetenz liegt bei den Einzelstaaten. Jeder Bundesstaat hat seine eigenen Regeln für den Ablauf Wahl und die Bestimmung der Wahlmänner. Zitat: „Es scheint sogar möglich zu sein, dass ein Staatsparlament die Wahlmänner ohne Berücksichtigung des Wahlergebnisses ernennt“ (Reuters "Staatsparlament soll Floridas Wahlmänner bestimmen"). Das Wahlmännergremium besteht aus 538 Wahlmännern. Die Zahl der Wahlmänner pro Bundesstaat entspricht der Anzahl der Abgeordneten im Kongress (Repräsentantenhaus + Senat). Da jeder Bundesstaat unabhängig von seiner Größe zwei Senatoren in den Kongress entsendet, entspricht also auch die Verteilung der Wahlmänner nicht exakt der Bevölkerungsverteilung. Jeder Bundesstaat erhält damit mindestens drei Wahlmänner. Washington D.C., obwohl kein Bundesstaat, entsendet ebenfalls drei Wahlmänner (XXIII Verfassungszusatz). Die Amtszeit des Präsidenten beträgt vier Jahre, eine Wiederwahl ist nur einmal möglich, allerdings darf ein Kandidat bei einer gescheiterten Wiederwahl erneut antreten (Beispiel: der 22. und 24. Präsident der USA, St. Grover Cleveland). Sollte ein Vizepräsident während einer Amtsperiode in das Amt des Präsidenten gelangen, kann er zweimal wiedergewählt werden, wenn seine erste Amtszeit (als Präsident) kürzer als zwei Jahre war. Wahlberechtigt ist jeder Amerikaner, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und seinen Wohnsitz in einem der Bundesstaaten oder dem Distrikt Columbia hat. Wählbar ist jeder gebürtige Amerikaner, der mindestens 35 Jahre alt ist und 14 Jahre seinen Hauptwohnsitz in den USA hatte. Als Präsident wird gewählt, wer die absolute Mehrheit (also mindestens 271) der Wahlmännerstimmen erhält. Die Wahlmänner dürfen bei der Präsidenten- und Vizepräsidentenwahl nicht zwei Kandidaten aus ihrem Bundesstaat wählen. Dies wäre beinahe zu einem Problem für Bushs Vizepräsidenten-Kandidat Cheney geworden, der erst kurz vor der Wahl seinen Wohnsitz aus Texas nach Wyoming verlegt hatte.Die Wahlmänner haben dabei kein imperatives Mandat, d.h. sie könnten auch jemanden anderes wählen. Einige Staaten schreiben zwar das Wahlverhalten vor, allerdings „drohen“, bei einem Verstoß, hier lediglich geringe Strafen, die jedoch das Wahlergebnis nicht beeinflussen können (www.nara.gov). Wenn keiner eine absolute Mehrheit gewinnt, so geschehen 1824 (bei der Wahl John Quincy Adams zum 6. Präsidenten der USA), wird der Präsident im Repräsentantenhaus aus den drei erfolgreichsten Kandidaten mit absoluter Mehrheit gewählt, dabei hat jeder Staat eine Stimme. Nach der Wahl vom 07.November 2000 hatten die Republikaner in 28 Staaten die meisten Repräsentantenhausabgeordneten, die Demokraten nur in 16 Staaten. Falls die Wahlmänner keinen Vizepräsident mit absoluter Mehrheit gewählt hätten, wäre der Vizepräsident vom Senat aus den beiden Vizepräsidentenkandidaten mit den meisten Stimmen gewählt worden. Der alte Vizepräsident bliebe dabei noch Präsident des Senats, der bei einem Patt die entscheidenden Stimme hätte. Wenn zwar ein Vizepräsident, aber kein Präsident gewählt werden könnte, wird der Vizepräsident Präsident (12ter Verfassungszusatz). Wird weder ein Präsident noch ein Vizepräsident gewählt, würde der Sprecher des Repräsentantenhauses (soweit als Präsident wählbar) amtierender Präsident der USA (Nachrangiger Ersatzpräsident wäre der Alterspräsident des Senats). Die Amtszeit der amtierenden Ersatzpräsidenten endet mit der Wahl eines qualifizierteren Ersatzes, bzw. durch Ausscheiden aus dem Senat oder Kongress. Jeder Bundesstaat hat sein eigenes Wahlgebiet und sein eigenes Wahlsystem für die Wahlmänner. Eine Besonderheit der Präsidentenwahl liegt u.a. im Ablauf der Wahl, welche immer nach dem gleichen Muster erfolgen muss. Zitat (aus http://www.wahlrecht.de):

„Präsidentenwahlen finden in allen durch 4 teilbaren Jahren statt.

Am Dienstag nach dem 1. Montag im November - General Election: Die Wähler in des Bundesstaaten wählen ihre Wahlmänner. Am Montag nach dem 2. Mittwoch im Dezember - Meeting of Electors:

Die Wahlmänner jedes Bundesstaates treffen sich in ihrem Bundesstaat, um für den Präsidenten und den Vizepräsidenten zu stimmen. Die Stimmen werden in "Certificates of Vote" unterschrieben, versiegelt und beglaubigt an den Senatspräsidenten und den Archivist der Vereinigten Staaten am Regierungssitz verschickt. Das Wahlmännergremium tritt somit als ganzes gar nicht zusammen. Wenn es in Florida nicht gelungen wäre, das Wahlergebnis dort rechtzeitig zu zertifizieren, hätte die Präsidentenwahl ohne Floridas Wahlmänner stattgefunden. Zur Wahl des Präsidenten wären dann entsprechend weniger Wahlmännerstimmen erforderlich gewesen.

Am 6. Januar, 1 Uhr nachmittags - Counting Electoral Votes in Congress:

Der Kongress zählt die Wahlmännerstimmen aus. D.h. der Senatspräsident liest sie vor.

20. Januar - Vereidigung:

Um 12 Uhr werden der neue Präsident und der neue Vizepräsident vereidigt.“ Zitat Ende.

Mit der Vereidigung des Präsidenten, gilt die Wahl offiziell als abgeschlossen.

3. Unregelmäßigkeiten während der Wahl und die Entscheidung des Supreme Court

3.1 Unregelmäßigkeiten während der Wahl

Vermutlich hätte es niemanden interessiert welche Unregelmäßigkeiten bei der US Wahl aufgetreten sind, wenn nicht eine besonders knappe und auch strittige Konstellation in Florida aufgetreten wäre, denn hier, dem letztendlich Wahlentscheidenden Staat, wurde deutlich erkennbar, welche Unzulänglichkeiten das amerikanische Wahlsystem hat. So waren in einigen Wahlbezirken Floridas die Wahlauszählungsmaschinen fehlerhaft oder einfach völlig überaltert, so dass sie keine korrekten Stimmauszählungen mehr möglich waren. Dies führte dann u.a. dazu, dass abgegebene Stimmen für ungültig erklärt wurden, obwohl sie durchaus gültig waren. Ferner wurde im County Palm Beach ein unübersichtlich aufgebauter Wahlzettel (der sogenannte „Butterfly“) verwendet, welcher entgegen jeglicher gesetzlicher Grundlage des Staates Florida war. Dies führte dazu, dass ca. 19000 Stimmen für ungültig erklärt wurden (gemäß Wahlgesetz des Staates Florida, führt eine Doppelstanzung automatisch zur Ungültigkeit des Wahlscheines) und das ca.

3000 Stimmen, die vermutlich an Albert Gore gehen sollten dem Gegenkandidaten Pat Buchanan (der in vergleichbaren Wohngegenden nur um die 500 Stimmen im Durchschnitt bekam) zugedacht worden sind. In Florida beklagten sich mehrer Bürger über Behinderungen während des Urnengangs. Vor allem farbige Mitbürger sollen an der Stimmabgabe be- bzw. gehindert worden sein.

Der Bürgerrechtler Jesse Jackson hatte sogar Klage eingereicht und verlangte, unmittelbar nach Bekannt werden dieser Vorfälle, rasche Aufklärung.

Ferner wurden bereits, entgegen des Wahlgesetzes, Hochrechnungen der Fernsehanstalten als gültige Endergebnisse bekannt gegeben. Unter anderem kam es aus diesem Grund auch zu dem Zwischenfall, das Vizepräsident Gore Georg W. Bush bereits zum Wahlsieg, vor den Kameras der Medien, gratulieren wollte, obwohl die Stimmauszählung in Florida noch im vollen Gange war. Ebenfalls nach der Wahl wurde bekannt, dass zum ersten Mal die Briefwahlstimmen aus Übersee (u.a. amerikanische Soldaten in Europa) ausgezählt worden, da das Ergebnis zwischen Gore und Bush so knapp war. In einigen Bundesstaaten wurden in den Wahllisten mehr registrierte Bürger gefunden, als Wahlberechtigte Einwohner in dem Staat leben (LA Times 11.12.2000) oder es wurden Personen in die Listen eingetragen, die bereits verstorben waren oder als Schwerverbrecher in Gefängnissen sitzen (diese sind nach amerikanischen Recht nicht zwingend Wahlberechtigt, LA Times 11.12.2000). Im Bundesstaat Milwaukee berichteten Studenten gegenüber der LA Times, dass sie mehrmals ihre Stimmen abgegeben hätten und dies zu keinerlei Problemen geführt habe. Durch all die Ungenauigkeiten verlangte nun nicht nur die amerikanische Öffentlichkeit, sondern auch die demokratische Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Al Gore, nach einer einwandfreien Aufarbeitung der Geschehnisse während der Wahl. So legte die demokratische Partei beim Court of Palm Beach, Court Miami Dade und beim State Court Florida Beschwerde ein und verlangte die Handauszählung der beanstandeten Wahlzettel. In einer langen Reihe von Verfahren wurde in letzter Instanz vom State Court Florida in der Entscheidung vom 08. Dezember 2000 die Handauszählung der Stimmen beschlossen, so dass nun festgestellt werden sollte, wer der Gewinner der Wahl in Florida sei und damit ein „Recht“ auf die 25 Wahlmännerstimmen habe. George W. Bush und die republikanische Partei legten daraufhin beim Obersten Gerichtshof der USA (Supreme Court) Verfassungsbeschwerde ein und waren bestrebt die Handauszählung in Florida zu verhindern.

3.2 Die Entscheidung des Supreme Court

Nachdem der State Court Flo rida die Handauszählung angeordnet hatte und George W. Bush dagegen Beschwerde beim Supreme Court einlegte, befassten sich die neun amtierenden Richter nun mit der an sie vorgebrachten Beschwerde. Die erste Amtshandlung des Supreme Court in diesem Fall war es nun, bis zu einer endgültigen Urteilsfindung durch den Court, die Handauszählung in Florida per einstweiliger Verfügung zu stoppen. Bereits vier Tage nach dem Urteil des Florida State Courts wandte sich nun der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten am 12.Dezember 2000 mit seinem Urteil an die Öffentlichkeit und verbot, mit einer denkbar knappen Stimmenmehrheit von fünf zu vier Stimmen, die weitere Auszählung in Florida. Damit wurde George W. Bush offiziell zum Wahlsieger der Präsidentschaftswahl 2000 ernannt und er konnte von diesem Zeitpunkt mit seiner Kabinettsbildung beginnen, obwohl er Landesweit ca. 500.000 Stimmen weniger auf sich vereinigen konnte als Albert Gore Jr.

Der Supreme Court begründete sein Urteil mit mehren Tatsachen, wovon die Wichtigsten an dieser Stelle genannt werden sollen:

So waren die Richter der Meinung, dass die ungültigen doppelt gestanzten Wahlkarten auch weiterhin als ungültig anzusehen seien, denn im Wahlgesetz des Staates Florida ist eindeutig definiert, welche Stimmen als gültig und welche als ungültig anzusehen sind (gültig sind demnach nur die Stimmen, durch die eindeutig ein Loch gestanzt ist), deshalb kann es nicht als Fehler der Wahlmaschinen angesehen werden, wenn die Bürger nicht in der Lage sind korrekt zu wählen. Sie gaben dem Gerichtshof in Florida allerdings die Empfehlung das Wahlgesetz dahingehend zu ändern, dass bei einem ähnlichen Fall, dann eine eindeutigere Lösung gefunden werden müsste, was als „legal vote“ bzw. als „illegal vote“ anzusehen ist.

Weiterhin sahen die Richter, dass der einzelne US Bürger nicht das verfassungsmäßige Recht habe einen oder mehrere Wahlmänner zu wählen, auch wenn die Einzelstaaten, somit auch Florida, dies ihren Bürgern gewähren.

Auch wäre es, nach Ansicht der Richter, nicht als demokratisch anzusehen, wenn verschieden Personen die „illegal Votes“ auszählen, denn jeder Wahlhelfer hat eine subjektive Auffassung zwischen legaler und illegaler Stimme, so dass hier keinerlei objektive Wahlgerechtigkeit mehr gewährleistet werden könne.

Des weiteren erachteten die Richter es als äußerst problematisch nur in einigen Regionen Floridas eine Stimmnachzählung zu erlauben, während auch in anderen County´s Floridas und auch im Rest der Vereinigten Staaten Unregelmäßigkeiten während des Urnenganges aufgefallen sind, welche unberücksichtigt blieben. Deshalb kann hier ebenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Grundsatz der Gleichheit der Wahl sichergestellt werden kann.

Ferner fanden die Richter, dass die sogenannten „Overvotes“ (mehrfach abgegebene Stimmen, siehe Beispiel der Studenten in Milwaukee) nicht berücksichtigt werden können, denn es sei nicht mehr nachvollziehbar, welche der ca. 100.000 „Overvotes“ (in den gesamten USA) sich möglicherweise unter den beanstandeten Wahlzettel befinden.

Als letzter Punkt, und dieser ist möglicherweise aus europäischer Sicht nicht besonders leicht nachvollziehbar, verwiesen die Richter auf die Einhaltung der Wahlfristen, das heißt das nur noch 6 Tage zur Verfügung stünden um die gesamten Stimmen vollständig und richtig auszuzählen, und dies eindeutig zeitlich nicht einzuhalten sei.

4. Fazit zur Entscheidung des Supreme Court

Der Urteilstext umfasst 13 Seiten, in dem der Supreme Court die offizielle Meinung darstellt. Da die Folgen dieses Urteil - die Wahl eines neuen Präsidenten - allerdings eine enorme Wirkung haben sollte, veröffentlichten die Richter parallel dazu noch ihre eigenen Stellungnahmen zum Urteil und gaben in ihren Texten ihre persönlichen Meinungen wieder.

Das Urteil des obersten Gerichtshofes der USA ist als Außenstehender sehr schwierig zu bewerten. Einige der Richter des Supreme Court waren u.a. selbst der Auffassung, dass sie eigentlich keinerlei Zuständigkeit hatten, sondern den Fall nach Prüfung wieder an Florida zurückgeben hätten müssen, da es eine rein innerstaatliche Wahlangelegenheit sei. Das Problem aus meiner Sicht ist jedoch die Tatsache, dass die Richter hier wohl eindeutig nach ihrer persönlichen politischen Ausrichtung entschieden haben, denn wie bereits erwähnt, wurden sieben der neun Richter von einem republikanischem Präsidenten vorgeschlagen und auch ernannt. Man kann also davon ausgehen, dass die Richter in Washington weniger neutral der Wahl gegenüberstanden, als sie es eigentlich hätten sein müssen. Allerdings kann man diesen Vorwurf auch den Richtern des Florida State Court machen, denn hier sind ausschließlich demokratische Richter im zu diesem Zeitpunkt Amt gewesen, welche hier zugunsten des demokratischen Kandidaten Al Gore entschieden haben. Der Verfassungsrichter John Stevens, einer der Richter des Supreme Court mit einer abweichenden Urteilsmeinung, betonte in seiner Veröffentlichung, dass der echte Wahlsieger der Wahl 2000 vermutlich nie gefunden werde, aber das zugunsten der Demokratie nun eine Entscheidung herbeigeführt werden musste, damit das Ansehen der Judikative und somit auch das Ansehen der Vereinigten Staaten nach außen nicht noch weiter beschädigt wird. Er selbst finde aber, dass die Judikative sehr wohl schon gelitten habe und erst wieder dem Volk gegenüber das Vertrauen gewinnen müsse. Ich vermute hier einen starken Unterschied der Mentalität der Amerikaner gegenüber der deutschen Mentalität, denn wäre hierzulande ein solches Wahldebakel entstanden, so dass über einen Zeitraum von weit über 5 Wochen keine verlässliche Aussage über den Wahlausgang gemacht werden könnte, dann hätte es vermutlich in Deutschland eine Entscheidung zugunsten einer Neuauszählung gegeben, um den rechtmäßigen Wahlsieger zu ermitteln. Ein Grund dafür wäre sicherlich, das kein Politiker sich den Makel des ungerechtfertigten Siegers, der nun auch George W Bush anhängt, anrechnen lassen möchte.

Meiner Ansicht nach, hat die Wahl im vergangenen Jahr eindeutig große Schwächen der wohl ältesten noch existierenden Demokratie aufgezeigt. Zum einen war die Wahlbeteiligung sehr gering, gerade einmal etwas mehr als die Hälfte der Amerikaner gingen zu den Urnen, das ist eine Zahl, die für westliche Demokratien sehr gering ist. Ein Grund dafür könnte sein, dass es noch immer nicht die Möglichkeit gibt den Präsidenten direkt zu wählen, sondern über das doch sehr komplizierte Wahlmännersystem.

Jedoch glaube ich auch, dass sich in absehbarer Zeit an diesem System nichts ändern wird, denn was sich aus Sicht der Amerikaner einmal bewährt hat, das bleibt auch erst mal bestehen und daran ist nur schwer zu rütteln. Einen ersten Schritt in Richtung Veränderung ist die Tatsache, das über eine Modifikation des Wahlrechtes in einigen Staaten nachgedacht wird. So sollen u.a. neue Standards an den Wahlmaschinen eingeführt werden und somit die Fehlerwahrscheinlichkeit senken. Zum anderem ist negativ zu bemerken, dass der Wochenlange Streit zwischen den Gerichten und den einzelnen Instanzen zeigte, das eigentlich keiner eine wirkliche Verantwortung für den Wahlausgang übernehmen wollte.

Ebenfalls finde ich die Begründungen des Gerichtes nicht treffend, denn aus meinem persönlichen Gerechtigkeitsempfinden würde ich schon sehr gerne wissen wer denn nun der echte Wahlgewinner sei und so verwundert es mich, dass die Richter eine neuerliche Auszählung der Stimmen ablehnten, da sie so von subjektiven Personen und nicht mehr objektiven Maschinen vorgenommen worden wären. Auch möchte ich persönlich den Verweis auf den Zeitrahmen nicht gelten lassen, denn was sind 10 Tage oder mehr zur Feststellung des Wahlsiegers im Vergleich zu einer ungerechtfertigten Amtszeit von 4 Jahren. Auch wenn das amerikanische Volk sich selbst wahrscheinlich nicht als Verlierer sieht, so sehe ich es jedoch als Solchen, denn hier haben sich die US Bürger das Zepter aus der Hand nehmen lassen und haben die Entscheidung über „Ihren“ Präsidenten einem Richtergremium von gerade einmal neun Personen überlassen.

Aus meiner Sicht wäre die einzig Gerechte Lösung vermutlich die Veränderung des Wahlrechts, dass der Präsident direkt vom Volk gewählt werden kann, oder zu mindestens wie im Staat Nebraska, dass die Wahlmännerstimmen proportional zum Wahlergebnis aufgeteilt werden.

Alles in allem werden sich Juristen und Politikwissenschaftler sicher noch sehr lange mit dieser Wahl beschäftigen und vermutlich zu keinem Ergebnis kommen, denn die Betrachtung der Fehler und die daraus entstandenen Entscheidungen sind zu komplex um zu einer eindeutigen Lösung zu führen.

Ob die Entscheidungsträger der Vereinigten Staaten aus dieser Wahl etwas gelernt und mitgenommen haben, wird frühestens vielleicht im Wahlkampf 2004 gesehen werden können.

Bis dahin hat Präsident Bush Zeit dem Volk zu beweisen, dass auch wenn das Urteil zu seinen Gunsten rechtlich sehr umstritten sei, die Entscheidung des Supreme Court im nachhinein gerechtfertigt war.

5. Literatur- und Internetverzeichnis

Internetnachweise:

- Suchmaschinen:

- Enzyklopädien:

- Wörterbuch:

www.yahoo.de www.altavista.de www.google.de

www.brockhaus.de www.encarta.msn.de

www.woerterbuch.de/

- Seiten der US Regierung und des Supreme Court www.whitehouse.gov

www.supremecourts.gov

www.fec.gov/pages/ecmenu2.htm

(Seite der Federal Election Commission)

www.nara.gov./fedreg/elctcoll

(Seite vom National Archives and Records Administration)

www.house.gov/Constitution/Constituion.html

(Die Verfassung der USA in der Urform, für die Wahl relevant ist der Artikel II)

www.house.gov/Constitution/Amend.html

(Verfassungsgrundsätze)

Lars Pappe Seite 14 09.08.2001

- Weiterführende Informationen zur Wahl, zum Wahlrecht und zur Verfassung

www.law.cornell.edu/constitution/constitution.table. html

(Verfassung der USA in der heute gültigen Fassung)

http://caselaw.lp.findlaw.com/casecode/uscodes/3/c hapters/1/toc.html

(Informationen zum Ablauf der Präsidentschaftswahl)

http://www.nara.gov/fedreg/elctcoll/pledges.html

(Informationen über die abgegebenen Stimmen der Wahlmänner)

Literaturverzeichnis:

Demokratietheorien Manfred G. Schmidt

3. Auflage, erschienen im Uni TB Verlag Stuttgart

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Feuilleton, Ausgabe vom 18. Januar 2001 Interview mit Ernst - Otto - Czempiel

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Politik Ausland, Ausgabe vom 15.12.2000

Die amerikanische Demokratie Regierungssystem und politischer Wettbewerb Peter Filzmaier und Fritz Plasser 1997 Manzsche Verlag

Excerpt out of 15 pages

Details

Title
Demokratietheorien - Die Präsidentschaftswahl 2000
College
Helmut Schmidt University - University of the Federal Armed Forces Hamburg
Author
Year
2001
Pages
15
Catalog Number
V102973
ISBN (eBook)
9783640013531
File size
429 KB
Language
German
Keywords
Demokratietheorien, Präsidentschaftswahl
Quote paper
Lars Pappe (Author), 2001, Demokratietheorien - Die Präsidentschaftswahl 2000, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102973

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Title: Demokratietheorien - Die Präsidentschaftswahl 2000



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