In dieser Erhebung interessiert der Zusammenhang von Vertrauen in der Telearbeit und inwieweit es zur Gesundheit der Beschäftigten im Homeoffice beiträgt. Dazu wird postuliert, dass er durch das Vertrauen des Mitarbeiters in das Unternehmen und in seine Kollegen eine erhöhte Kompetenz erlebt, und dass diese zu seinem Wohlbefinden beiträgt. Da der Zeitpunkt dieser Studie unter dem Einfluss der Pandemie-Situation COVID-19 stand, wurde der Faktor Stress mit untersucht.
Die zu analysierenden Daten wurden mittels paper/pencil im Zeitraum vom 26. August bis zum 16. September 2020 in einem Finanzdienstleistungsunternehmen in Unna erhoben. Dazu wurde eine Fragebogenbatterie aus bereits validierten Studien mit vorangestellten soziodemografischen Daten eingesetzt. Das Auswahlkriterium für die Teilnahme war die mindestens einjährige Beschäftigung in der flexiblen Arbeit. Die Gesamtstichprobe bestand aus 50 Probanden, von denen 36 den Fragebogen bearbeiteten.
Die zu den sechs Forschungsfragen aufgestellten Hypothesen wurden deskriptiv und sowohl regressions- als auch korrelationsanalytisch ausgewertet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ....
2 Theorien und Forschungsstand
2.1 Begriffsbestimmungen
2.1.1 Telearbeit ....
2.1.2 Mobiles Arbeiten .
2.1.3 Homeoffice
2.2 Das Konstrukt Vertrauen
2.2.1 Definition von Vertrauen ...
2.2.2 Formen des Vertrauens
2.2.3 Vertrauen im Arbeitskontext
2.2.3 Kohärenzgefühl
2.3 Das Konstrukt subjektiven Wohlbefindens
2.3.1 Gesundheit .
2.3.2 Definition: subjektives Wohlbefinden
2.3.3 Allgemeine Lebenszufriedenheit
2.4 Das Konstrukt Stress
2.4.1 Das transaktionale Stressmodell .
2.4.2 Die aktuelle subjektive Belastungssituation ...
2.4.3 Die COVID-19 Pandemie
2.5 Das Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung ...
2.5.1 Die Theorie der Selbstwirksamkeitserwartung
2.5.2 Kompetenzerleben in der Telearbeit ..
2.6 Aktueller Forschungsstand .....
2.7 Forschungsfragen und Hypothesen
3 Empirischer Teil
3.1 Untersuchungsablauf ..
3.2 Beschreibung des Fragebogens
3.3 Stichprobe
3.4 Hypothesenprüfung
3.4.1 Auswertungsvorgehen zu Forschungsfrage 1
3.4.2 Auswertungsvorgehen zu Forschungsfrage 2 .
3.4.3 Auswertungsvorgehen zu Forschungsfrage 3 .
3.4.4 Auswertungsvorgehen zu Forschungsfrage 4
3.4.5 Auswertungsvorgehen zu Forschungsfrage 5
3.4.6 Auswertungsvorgehen zu Forschungsfrage 6 .
4 Ergebnisse
4.1 Prüfung der soziodemografischen Daten
4.2 Hypothesenprüfung zu Forschungsfrage 1
4.3 Hypothesenprüfung zu Forschungsfrage 2
4.4 Hypothesenprüfung zu Forschungsfrage 3
4.5 Hypothesenprüfung zu Forschungsfrage 4
4.6 Hypothesenprüfung zu Forschungsfrage 5
4.7 Hypothesenprüfung zu Forschungsfrage 6
5 Diskussion
5.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
5.1.1 Interpretation der soziodemografischen Daten
5.1.2 Interpretation der Forschungsfrage 1
5.1.3 Interpretation der Forschungsfrage 2
5.1.4 Interpretation der Forschungsfrage 3
5.1.5 Interpretation der Forschungsfrage 4
5.1.6 Interpretation der Forschungsfrage 5
5.1.7 Interpretation der Forschungsfrage 6
5.2 Reflektion und Limitationen der Studie
5.3 Implikationen und Ausblick
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang A: Fragebogen
Anhang B: Tabellen
Zusammenfassung
Ziele der Studie In dieser Erhebung interessiert der Zusammenhang von Vertrauen in der Telearbeit und inwieweit es zur Gesundheit der Beschäftigten im Homeoffice beiträgt. Dazu wird postuliert, dass durch das Vertrauen des Mitarbeiters in das Unternehmen und in seine Kollegen er ein erhöhte Kompetenz erlebt, und dass diese zu seinem Wohlbefinden beiträgt. Da der Zeitpunkt dieser Studie unter dem Einfluss der Pandemie-Situation COVID-19 stand, wurde der Faktor Stress mit untersucht.
Methodik Die zu analysierenden Daten wurden mittels paper/pencil im Zeitraum vom 26. August bis zum 16. September 2020 in einem Finanzdienstleistungsunternehmen in Unna erhoben. Dazu wurde eine Fragebogenbatterie aus bereits validierten Studien mit vorangestellten soziodemografischen Daten eingesetzt. Das Auswahlkriterium für die Teilnahme war die mindestens einjährige Beschäftigung in der flexiblen Arbeit. Die Gesamtstichprobe bestand aus 50 Probanden, von denen 36 den Fragebogen bearbeiteten.
Die zu den sechs Forschungsfragen aufgestellten Hypothesen wurden deskriptiv und sowohl regressions- als auch korrelationsanalytisch ausgewertet.
Ergebnisse Von den 36 Probanden waren über sechzig Prozent weiblich, der überwiegende Anteil der Probanden fiel in die Alterskategorie der 20-45jährigen und sie leben nicht allein. Die Auswertung der vorgenommenen Analysen ergab, bis auf die Zusammenhangsprüfungen zwischen Stress und Wohlbefinden, keine bedeutenden Ergebnisse bzw. lediglich schwache Effekte.
Schlussfolgerungen Wenn die statistischen Analysen auch keine signifikanten Resultate vorweisen, so lässt sich doch aus aktuellen Studien und basierend auf den dazugehörigen Theorien anhand der Mittelwerte in den einzelnen Skalen ableiten, dass die Probanden ein hohes Vertrauen in ihr Unternehmen besitzen, eine überdurchschnittliche Zufriedenheit aufweisen und ein hohes Kompetenzerlebnis haben. Ausserdem kann bestätigt werden, dass Frauen von dieser Arbeitsform profitieren. Limitierend wirkt in dieser Studie die geringe Anzahl der Probanden, ein Übertragungsfehler in der Fragebogengestaltung und der nur aus einem Item bestehende Fragebogen zur Zufriedenheit. Insgesamt impliziert diese Untersuchung, dass Vertrauen einen wichtigen Beitrag zur Mitarbeitergesundheit leisten kann, auch unter negativen Einflüssen, und dass deshalb Arbeitgeber ein vertrauensvolles Klima schaffen und erhalten sollten.
Abstract
Aims of the study The survey concentrates on the relationship between trust in teleworking and the extent to which it contributes to the mental health of employees in the home office. It is postulated that the employee's trust in the company and his colleagues increases his competence and that it contributes to his well-being. Since the timing of this study was influenced by the COVID-19 pandemic situation, the stress factor has been taken into consideration.
Methodology The data to be analyzed were collected by paper/pencil in the period from 26 August to 16 September 2020 at a financial services company in Unna. For this purpose, a questionnaire battery from already validated studies with pre-existing socio-demographic data was used. The selection criterion for participation was at least one-year employment in flexible work. The total sample consisted of 50 subjects, 36 of whom processed the questionnaire. The hypotheses on the six research questions were evaluated descriptively as well as analytically concerning regression and correlation.
Results Out of the 36 subjects, more than sixty percent were female. The vast majority of subjects were 20-45-year-olds and does not live alone. The evaluation of the analyses showed only weak effects or no considerable results at all, except for the correlation tests between stress and well-being.
Conclusions Although the statistical analyses do not show any significant results, it can be inferred from current studies and based on the corresponding theories based on the mean values in the individual scales that the subjects have a high level of trust in their company, have above-average satisfaction and have a high competence experience. It can also be confirmed that women benefit from this kind of work. In this study, the small number of subjects, a transmission error in the questionnaire design, and the single-item questionnaire on satisfaction have a limiting effect. Overall, this study implies that trust can make an important contribution to an employee’s health, even under negative influences, and that employers should therefore create and maintain a climate of trust.
Danksagung
Von Herzen danke ich meinem geliebten Ehemann Thomas, ohne den das Studium und diese Arbeit nicht möglich gewesen wären. Seine Geduld und liebevolle Fürsorge haben zu einem großen Teil zum Gelingen beigetragen.
Und ich danke allen, die mich gestärkt haben, vor allem meinen M & M’s, meinen Freundinnen und natürlich meiner Familie.
In Erinnerung an Schneeweisschen (gest.: 11.März 2017), eine meiner Schwestern, die mich unter anderem zur Psychologie führte. So gerne hätte ich auch mit ihr den Erfolg gefeiert.
Unna, im Januar 2021
1 Einleitung
Die progressiven Entwicklungen der modernen Arbeitswelt entwickeln unter anderem neue Möglichkeiten der Arbeitsformen. Unter dem Begriff Arbeit 4.0 ergeben sich vor allem im Dienstleistungssektor neue Optionen für Arbeitnehmer, ihre individuellen Ansprüche mit den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes kompatibler zu gestalten, um damit eine höhere Zufriedenheit und damit mehr physisches und psychisches Wohlbefinden zu erlangen. Die Digitalisierung ermöglicht die flexible Ausgestaltung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes. Durch diese Möglichkeit der Arbeitsplatzgestaltung, sowohl stationär vor Ort im Betrieb als auch mobil im Homeoffice tätig zu sein, können Mitarbeiter mehr Kompetenz durch Stärkung ihres Selbstwertgefühls als persönliche Ressource und damit eine entsprechende Voraussetzung für ihre Gesundheit erlangen (Janneck & Hoppe, 2017).
Dabei ist eine wichtige Komponente das Konstrukt Vertrauen, das sich sowohl generalisiert in Institutionen als auch interpersonal bereichsspezifisch differenzieren lässt (Petermann, 2013). Der Begriff Vertrauen enthält neben den Aspekten der Ungewissheit, des Risikos und der Möglichkeit der Enttäuschung, auf der anderen Seite auch eine motivierende und positive Bedeutung für denjenigen, der vertraut und demjenigen, dem vertraut wird (Petermann, 2013). Diese vielfältigen Erscheinungsformen des Vertrauens lassen vermuten, dass sie von unterschiedlichen Faktoren abhängen und beeinflusst werden. Dabei liegt der Fokus in dieser Arbeit im professionellen Kontext, speziell auf der Mobilität des Arbeitsortes bei der Ausübung der jeweiligen Tätigkeit des Arbeitnehmers.
In ihrem Buch „Out of Office“ beschreiben Elke Frank und Thorsten Hübschen (2015) im neunten Kapitel, dass Vertrauen der zentrale Faktor in der modernen, flexiblen Arbeitswelt sei. Dabei liegt deren Blickwinkel neben einem gestärkten Vertrauensverhältnis, klaren Regeln und anderen Faktoren, auch auf der Bewertung des Arbeitsortes (Frank & Hübschen, 2015). Dies führte zu der Überlegung, zu untersuchen, inwieweit das Selbstwertgefühl (Selbstvertrauen) der Mitarbeiter in dieser Studie gestärkt wird durch deren Mitbestimmung (erlebte Kompetenz) über den Arbeitsort.
Außerdem stellt sich die Frage, ob interpersonelles Vertrauen tatsächlich als Bindeglied in dieser Form des Arbeitens funktioniert, insbesondere in der Betrachtung einer möglichen Stressreduktion, die damit eine mögliche positive Auswirkung auf das subjektive Wohlbefinden der Arbeitnehmer haben könnte (Wittig & Boesch, 2005; Gilbert, 2007).
Dabei wird in diesem Zusammenhang der Faktor Stress unter dem Aspekt der aktuellen, subjektiven Belastung, bedingt durch die seit März 2020 auch in Deutschland herrschende Pandemiesituation, ausgelöst durch den COVID-19 Erreger, mit untersucht (Levenstein, 1993). Die seit dem 26. März 2020 vielen, gesetzlich verordneten Einschränkungen der Menschen führten dazu, dass Arbeitgeber zum Schutz ihrer Mitarbeiter, diejenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit es möglich macht, auf unbestimmte Zeit fast ausschließlich in das Homeoffice senden (Bundesgesetzblatt Teil I Nr.14, 2020). Da Stress ein komplexer Wechselwirkungsprozess nach Lazarus (1984) ist, sollen auch hier die möglichen Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden und das interpersonelle Vertrauen überprüft werden (Perrewé & Zellars, 1999).
Die vorliegende Arbeit ist insgesamt in fünf Kapitel unterteilt. Nach einer Einführung in das Thema „Vertrauen und Wohlbefinden in der Telearbeit“ in Kapitel eins, werden in Kapitel zwei neben der Abgrenzung der Begrifflichkeiten, die theoretischen Hintergründe zu den genannten Konstrukten Vertrauen, Wohlbefinden, Stress und Selbstwirksamkeit erläutert und in den aktuellen Forschungsstand eingebettet. Die daraus interessierenden Forschungsfragen werden daran anknüpfend entsprechend als Hypothesen formuliert. In Kapitel drei Methodik wird die vorgenommene empirische Untersuchung eingehend beschrieben hinsichtlich der Erhebungsmethode, der Stichprobe und der Hypothesenprüfung. Daran anschließend erfolgt in Kapitel vier die Darstellung der Ergebnisse. Anknüpfend daran werden diese in Kapitel fünf zusammengefasst, interpretiert und diskutiert unter dem Aspekt, welche Rolle Vertrauen in der Welt der Telearbeit spielt und welchen möglichen Einfluss dieser Faktor tatsächlich auf das subjektive Wohlbefinden der Arbeitnehmer in dieser Untersuchung hat. Abschließend sollen die gewonnenen Erkenntnisse kritisch reflektiert und mögliche Implikationen abgeleitet werden. Die gewählte männliche Form in dieser Studie ist geschlechterübergreifend gemeint.
2 Theorien und Forschungsstand
In diesem Kapitel werden einführend die Begriffe Telearbeit und Homeoffice zum Verständnis voneinander abgegrenzt und mobiles Arbeiten definiert. Anschließend erfolgt die Darstellung der für diese Erhebung interessierenden Konstrukte Vertrauen, Wohlbefinden, Stress und Selbstwirksamkeit und deren theoretische Hintergründe. Um einen aktuellen Bezug zu erhalten, werden diese in den neuesten Forschungsstand eingebettet. Zum Schluss werden die sich daraus ergebenden Forschungsfragen abgeleitet und die entsprechenden Hypothesen formuliert.
2.1 Begriffsbestimmungen
In der heutigen Arbeitswelt Arbeit 4.0 sind die Begriffe Telearbeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten eng miteinander verknüpft. Die vierte Stufe der industriellen Revolution ist durch die Maschine zu Maschine Kommunikation erreicht und liefert damit die Grundlage zur Digitalisierung in der Arbeitswelt (Matusiewicz, 2018). Digitalisierung umfasst damit alle Technologien, die der Information und der Kommunikation des Menschen dienen (Traum et al., 2017). Die Nutzung der modernen Medien öffnet neue Optionen von Arbeit mit neuen Chancen für Arbeitnehmer. Um die oben genannten Begriffe in diese Bachelorarbeit einordnen zu können, ist es zunächst wichtig, diese zu beschreiben und dadurch voneinander abzugrenzen.
2.1.1 Telearbeit
Der Begriff der Telearbeit findet sich in der Fachliteratur in Kurzform definiert als eine wohnortnahe Tätigkeit, unabhängig vom Firmenstandort unter Nutzung von Informations- und Kommunikationstechniken (Dostal, 1995). Weitergehend beschreiben Rensmann und Gröpler (1998) Telearbeit im engeren Sinne als eine direkte Möglichkeit, über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien die Arbeit zum Beschäftigten zu transportieren. Im Bereich der Organisationspsychologie findet sich eine ausführliche Definition; Nerdinger, Blickle und Scharper (2011) umschreiben Telearbeit als eine informations- und kommunikationstechnisch unterstützte Tätigkeit, die räumlich entfernt, mobil unterwegs oder zuhause durchgeführt wird. Allen Erklärungsansätzen ist die Dezentralisierung der Arbeit durch den Einsatz moderner Informationstechnik gemeinsam. Dabei kommt dem Einsatzort eine besondere Rolle zu, einerseits durch das Homeoffice und andererseits durch mobiles Arbeiten.
2.1.2 Mobiles Arbeiten
Die Nutzung digitaler Medien öffnet neue Möglichkeiten für den Arbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsortes. Die auszuübende Tätigkeit ist nunmehr nicht unbedingt an die Präsenz im Betrieb geknüpft, sondern bietet durch Mobilität flexiblere Standorte für den Beschäftigten. Dabei bezeichnet der Terminus mobiles Arbeiten im engeren Sinne einen Wechsel zwischen einem dezentralisierten und einem festen Arbeitsplatz. Die Kriterien für den Rhythmus sind in der Regel an Tätigkeiten gebunden, die eine persönliche Kommunikation erfordern (Büssing et al., 2003). Dabei können die Arbeitsorte sowohl das häusliche Büro, ein Zug, ein Hotel oder in Kundennähe sein. Diese Organisationsform wird auch als alternierende Telearbeit bezeichnet. Der Begriff flexibles Arbeiten wird in diesem Zusammenhang ebenfalls genutzt, wobei die Flexibilität sich sowohl auf den Arbeitsort als auch auf die Arbeitszeit beziehen kann.
2.1.3 Homeoffice
In den mobilen Möglichkeiten der modernen Arbeitsformen findet sich immer wieder die Bezeichnung Homeoffice. Damit ist sowohl umgangssprachlich als auch fachlich die Ausübung der beruflichen Tätigkeit in den eigenen vier Wänden gemeint (IAB, 2019). In diesem Zusammenhang trifft man an anderer Stelle in der Literatur auf die deutschsprachige Beschreibung als Heimarbeit (Brenke, 2016). Diese ist in der Postmoderne als digitale Form der Arbeit durch den Einsatz der Informationstechnologien gemeint. Weitergehend ist das sogenannte „Hoffice“, eine Zusammenfassung der Begriffe Home und Office, womit ein ähnlich wie im Betrieb ausgestattetes Büro zuhause gemeint ist (Dostal, 1995). In der Arbeitswelt 4.0 wird das Homeoffice damit zum Synonym für Arbeit von zuhause aus unter dem Einsatz von I & K - Technologien und ist damit eine Option mobiler Arbeitsformen.
2.2 Das Konstrukt Vertrauen
Vertrauen ist in der mobilen Arbeitswelt deshalb wichtig, weil durch die Trennung und dadurch bedingte Abwesenheit von sowohl dem Betrieb als auch dem Team und der zuständigen Führungskraft, ein neuer Umgang erforderlich ist, der ohne Vertrauen in alle Richtungen nicht funktionieren kann (Frey, 2016). In diesem Sinne sollen der Wert und die Einstellungen des Vertrauens als Bindeglied in der mobilen Arbeitswelt untersucht werden.
Das Konstrukt Vertrauen ist multidimensional, da es sowohl als Einstellungsmerkmal (kognitiv) als auch als beobachtbares (behavioral) Verhalten differenziert betrachtet wird (Petermann, 2013). Dabei werden hier hauptsächlich diejenigen Aspekte untersucht, die in den beruflichen Kontext dieser Erhebung passen.
2.2.1 Definition von Vertrauen
Zur Einordnung des Konstruktes Vertrauen sind das jeweilige Umfeld und die Gebiete wie Menschen, Systeme, Leitideen etc. bedeutsam (Petermann, 2013). Eine einheitliche Definition gibt es nicht, da es affektive, behaviorale und kognitive Dimensionen gibt. Dabei ist festzustellen, dass die wichtigsten Merkmale vieler Definitionen die folgenden vier Aspekte umfassen (Schlenker et al., 1973):
- den Aspekt der Ungewissheit,
- das Vorhandensein eines Risikos,
- die mangelnde Beeinflussbarkeit des Schicksals durch freiwilligen oder erzwungenen Kontrollverzicht,
- einen Zeitaspekt, der aufzeigt, dass das Vertrauen auf die Zukunft ausgerichtet ist.
Das Einstellungsmerkmal Vertrauen wird je nach Perspektive unterschiedlich definiert (Petermann, 2013). Im philosophischen Sinne wird es als Hoffnung auf das Gute im Menschen, im modern humanistischen Sinne wird es als eine Art eines Wiedergutmachungsprinzips und im sozialen Kontext als komplexitätsreduzierend beschrieben (Schottländer,1958; Jackson, 1980; Luhmann, 1973).
Im psychologischen Sinne definiert Rotter (1967; 1971) Vertrauen als die Erwartung einer Person oder Gruppe, sich auf mündliche oder schriftliche Versprechen verlassen zu können. Dabei hängt zwischenmenschliches (interpersonelles) Vertrauen von den Lernerfahrungen einer Person ab und entwickelt sich dadurch zu einem stabilen (generalisierten) Merkmal. Mayer, Davis und Schoormann (1995) beschreiben die Erwartung einer Person als einen Vorgang, der ohne persönliche Kontrolle zu einem positiven Ergebnis kommt. Auch Oswald (2006) differenziert das Konstrukt Vertrauen und unterscheidet ebenso wie Rotter in generelles Vertrauen und spezifisches Vertrauen.
So bezieht sich ersteres auf die allgemeine Erwartung einer Person auf das Bestehen und Erfüllen von Regeln und auf der zweiten Ebene auf die Erwartung der guten Absichten bei anderen Personen.
2.2.2 Formen des Vertrauens
Wie im vorherigen Abschnitt bereits beschrieben, wird Vertrauen in seinem jeweiligen Kontext bedeutsam. Deshalb werden entsprechende Unterschiede postuliert. Nach Rotter (1971) wird Vertrauen als Persönlichkeitsmerkmal betrachtet, wenn die generalisierte Erwartungshaltung eines Menschen, sich auf Versprechen, das geschriebene oder gesprochene Wort von Individuen und Gruppen (generell) verlassen zu können, gemeint ist. Davon grenzt Oswald (2006) das spezifische Vertrauen ab, das er als Erwartung in eine bestimmte Person definiert. Eine weitere Form dieses Konstruktes ist das Systemvertrauen (Petermann, 2013). Es bezieht sich auf politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen in den entsprechenden Gebilden (Systemen).
Abgekoppelt von dieser Form ist das Selbstvertrauen, das sich auf den Glauben in die eigenen Fähigkeiten bezieht und eine Parallele zu der Selbstwirksamkeitserwartung eines Menschen abbildet (Wunderer, 2004; Bandura, 1986; 1997). Bandura bezeichnet dies als das Vertrauen in die eigene Tüchtigkeit. Dabei wird zwischen dem internalen, sich Herausforderungen gewachsen zu fühlen, und dem externalem, dem Glauben an eine höhere Macht und überzeugt sein, soziale Unterstützung zu finden, Selbstvertrauen unterschieden (Frey, 2016).
2.2.3 Vertrauen im Arbeitskontext
Wie eingangs beschrieben, kommt dem Konstrukt Vertrauen im Kontext der digitalisierten Arbeit eine besondere Bedeutung zu (Frank & Hübschen, 2015). Diese Form des Vertrauens wird als interpersonal bezeichnet. Dazu müssen zunächst die Unterscheidungen in spezifisches und generelles Vertrauen konkreter betrachtet werden. Rotter (1971) prägte den Begriff des generellen Vertrauens und meinte damit die grundsätzliche Erwartung, sich auf die Versprechen von Menschen und Gruppen verlassen zu können. Damit ist interpersonelles Vertrauen an eine Interaktion zwischen einem Vertrauensgeber und einem Vertrauensnehmer gebunden (Späth, 2008).
In der Betrachtung des Vertrauensaspektes in der Wechselbeziehung des jeweiligen Arbeitnehmers mit dem Betrieb, kann Vertrauen auch als Phänomen gesehen werden (Endress, 2015).
Die Analyse von innerbetrieblichen und interbetrieblichen Arbeitsprozessen zeigt auf der Meso-Ebene, dass Vertrauen zunächst als Vorbedingung dient, indem die in diesem Kontext nötigen Regeln im Miteinander generell vorausgesetzt werden (Endress, 2015). Die daraus folgenden, positiven Interaktionserfahrungen führen dann zu dem sogenannten Vertrauensvorschuss, der sich hier beispielsweise in den Regelungen der Arbeitsbedingungen im Homeoffice, des Arbeitnehmers findet. Umgekehrt vertraut der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsortes, dass dieser sowohl im Betrieb als auch am mobilen Arbeitsplatz gute Arbeitsleistungen liefert.
Auf der Makroebene nach Endress (2015) wird Vertrauen nicht direkt auf Personen bezogen, sondern auf das Funktionieren der Leitsätze, der Organisationsstruktur, der Ablauforganisation und deren Kontrollmechanismen, einschließlich auf das unbekannte Handeln anderer Personen. Dies beinhaltet, dass die handelnden Personen sich an den innerbetrieblichen Wertvorstellungen orientieren und erwarten, dass entsprechende Konsequenzen daraus folgen werden (Endress, 2015).
Das interpersonelle oder auch spezifische Vertrauen basiert auf der Erwartungshaltung gegenüber einer bestimmten Person beziehungsweise auf deren guten Absichten (Oswald, 2006). Damit wird in der Organisationspsychologie bestimmt, wieviel relevante Informationen mitgeteilt werden, inwieweit Kontrolle durch andere möglich ist und wieviel fremder Einfluss auf die eigene Entscheidung erlaubt wird (Petermann, 2015). Die direkten Personen im Arbeitsumfeld sind in der Regel die Kollegen und die jeweilige Führungskraft. Dabei kommt der soziologischen Funktion des Vertrauens als Mechanismus zum Abbau sozialer Komplexität Bedeutung zu (Luhmann, 2014). Diese Reduktion bezieht sich auf die Erwartung in die zukünftigen Handlungen des Interaktionspartners, die sowohl Risiken als auch Verzicht bzw. Verlust von Kontrolle beinhalten.
Betriebe sind komplexe Systeme mit klaren Handlungsanweisungen, Strukturen und ungeschriebenen Gesetzen. Durch das Vertrauen des Arbeitgebers, der Führungskraft und der Kollegen in den mobil tätigen Arbeitnehmer und umgekehrt, entsteht eine Reziprozität, dass Vertrauen „Vertrauen“ schaffen kann (Bornhorst et al., 2010). Dieser wechselseitige Prozess fördert damit ein vertrauensvolles Umfeld innerhalb eines Unternehmens und dessen Interaktionsstruktur (Lazanyi, 2017).
Späth (2008) beschreibt dazu in seinem interdisziplinärem Vertrauensverständnis die Bereitschaft eines Vertrauensgebers, sich in einer spezifischen Situation gegenüber dem Vertrauensnehmer angreifbar zu machen und dass die Intention, dieses zu akzeptieren, auf einer Erwartungshaltung hinsichtlich der guten Absichten des Vertrauensnehmers basiert. Dadurch bekommt das Konstrukt Vertrauen als Unternehmenswert eine besondere Gewichtung. In einer Führungskräftebefragung zu einer Studie der Universität Witten/Herdecke bemessen 78% der deutschen Führungskräfte 2013 dem Wert Vertrauen eine sehr hohe persönliche Bedeutung zu (Hattendorf, 2018). Deshalb ist nach Rokeach (1973) die Konzeptualisierung von Vertrauen als Wert berechtigt, weil es sich im Verhalten manifestiert, Erwartungen reflektiert und situativ stabil ist.
2.2.4 Kohärenzgefühl
Als eine affektive Dimension von Vertrauen kann der „sense of coherence“ (SOC), das Kohärenzgefühl, nach Antonovsky (1997) bezeichnet werden. Er definiert damit die Vorhersagbarkeit der eigenen und externen Umwelt als das Maß eines „durchdringenden, andauernden aber dynamischen Gefühls des Vertrauens“ und das es möglich ist, dass die Dinge so eintreten werden, wie sie erwartet werden können. Damit verbunden sind die generellen Widerstandsressourcen, die nach Antonovsky (1979) als diejenigen Kräfte zu verstehen sind, die Menschen in die Lage versetzen, potenziell krankmachende Einflüsse zu bewältigen, ohne zu erkranken. Es wird postuliert, dass eine hohe Ausprägung des Kohärenzgefühls als grundlegende Lebenseinstellung an diese Ressourcen gebunden ist und damit eine, gemessen an einem Krankheits- und Gesundheitskontinuum, mögliche Darstellung zur Unterscheidung bietet (Renneberg & Hammelstein, 2006). Dieser „sense of coherence“ zeigt damit einen möglichen Zusammenhang zwischen dem individuellen Wohlbefinden und dem Konstrukt Vertrauen auf.
2.3 Das Konstrukt des subjektiven Wohlbefindens
Die progressiven Entwicklungen in der modernen Arbeitswelt bieten neue Optionen für Arbeitnehmer, vor allem im Dienstleistungssektor, ihre individuellen Ansprüche mit den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes kompatibler zu gestalten. Damit können sie eine höhere Zufriedenheit und damit mehr psychisches und physisches Wohlbefinden erlangen. Unter dieser Prämisse wird zunächst der Bereich Gesundheit allgemein betrachtet, um dann anschließend das subjektive Wohlbefinden und die allgemeine Lebenszufriedenheit in den Arbeitskontext einzuordnen.
2.3.1 Gesundheit
Gesundheit ist ein dynamischer Prozess, der immer wieder neu erreicht, wiederhergestellt oder aufrechterhalten sein muss. Im Rahmen der Gesundheitspsychologie ist Gesundheit der Zustand des vollständigen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen (Renneberg & Hammelstein, 2006). Diese positive Definition konstatierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die sowohl soziale als auch psychische Aspekte mitberücksichtigt und nicht nur das Fehlen physischer Beeinträchtigungen. Die Stärke dieser Definition liegt in der Betonung der subjektiven Aspekte der Gesundheit und der zusätzlichen Berücksichtigung objektivierbarer Daten (WHO, 1948). Damit ist Gesundheit nicht nur dann erreicht, wenn keine physischen oder psychischen Einschränkungen vorliegen, sondern kann vielmehr als ein Pol auf einem Kontinuum verstanden werden (Renneberg & Hammelstein, 2006). Dieser Punkt bezeichnet damit den Zustand, indem Menschen sich körperlich, geistig und sozial mehr oder weniger wohl fühlen hinsichtlich ihrer Möglichkeiten einer Sinnfindung, der Selbstverwirklichung und ihrer Leistungsfähigkeit.
2.3.2 Definition: subjektives Wohlbefinden
Eine einheitliche Definition des subjektivem Wohlbefindens lässt sich in der Literatur nicht ausmachen. Als ein zentraler Begriff wird er häufig im Bereich der positiven Psychologie verwendet (Lermer, 2019). Geprägt wurde das Konzept des „well-beings“ durch Edward Diener und seine Kollegen (1985; 2000) und wird mit drei Komponenten umschrieben.
Zunächst wird die subjektive Bewertung der individuellen Lebensqualität postuliert, die bedeutet, dass jedem Menschen das Recht eingeräumt wird zu beurteilen, inwieweit das persönliche Leben lebenswert ist (Diener, 2000). Dazu kommen kognitive und affektive Aspekte. Dabei wird die kognitive Dimension durch die Ausübung interessanter Tätigkeiten (im Arbeitskontext z.B.: die alternierende Telearbeit) beschrieben, während durch das Erleben wenig negativer und vermehrter positiver Emotionen der affektive Aspekt erfasst wird.
Auch Dalbert (1992) unterscheidet das Konstrukt des subjektiven Wohlbefindens in eine kognitive und eine emotionale Komponente. Während dabei die emotionale Dimension positive Emotionen und die Abwesenheit von negativen Affekten, auch als Stimmungsniveau bezeichnet, umfasst, wird der kognitive Bereich mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit beschrieben.
Martin Seligman beschreibt in seinem PERMA-Schema (Akronym engl.: positiv emotion, engagement, positive relationship, meaning, accomplishment) den Einfluss positiver Gefühle auf die Bewertung der eigenen Gesundheit (Butler & Kern, 2016). Und er stellt damit einen Zusammenhang zwischen günstigen Beziehungen und Lebensbereichen fest. Dabei formuliert er drei Eigenschaften, die Wohlbefinden ausmachen; dass das Lebenselement, wie z. B. flexibles Arbeiten, zum Wohlbefinden beiträgt, dass es an sich motivierend und dabei unabhängig von den ersten beiden Elementen definierbar und messbar (exklusiv) ist (Seligman, 2015).
2.3.3. Allgemeine Lebenszufriedenheit
Allen Einordnungen des Konstruktes des subjektiven Wohlbefindens ist eine kognitive Perspektive gemeinsam. Diese beeinflusst die Lebenszufriedenheit eines Menschen und ist damit als ein wichtiger Teilaspekt des subjektiven Wohlbefindens zu betrachten. Während diese Kognition von Edwin Diener (2000) als Bewertung der individuellen Lebensqualität festgestellt wird, grenzt Martin Seligman (2015) die Lebenszufriedenheit eines Menschen innerhalb des Wohlbefindens durch seine Operationalisierbarkeit ab, in dem er behauptet, dass dessen Bedeutung (Entität) nur ein Teil in der Theorie des authentischen Glücks ist. Dabei meint Seligman (2015) mit Glück die positive Psychologie und bezeichnet das subjektive Wohlbefinden als dessen Hauptkomponente.
Shin und Johnson (1978) umschreiben diese Bewertung als eine globale Einschätzung der individuellen Lebensqualität entsprechend subjektiver Kriterien, während Heller und Watson (2002) dieses als summarische Bewertung aller Anteile des eigenen Lebens bezeichnen. Dabei kann die allgemeine Lebenszufriedenheit eines Menschen, also deren persönliche Beurteilung, ob ihr Leben lebenswert ist, als relativ stabiles Persönlichkeitsmerkmal (engl.: Trait) wie in einer Metaanalyse von DeNeve und Cooper (1998), die als Teilaspekt des subjektiven Wohlbefindens durchgeführt wurde, gemessen werden.
Im Organisationskontext gibt es den Begriff der Arbeitszufriedenheit im Bereich des positiven psychologischen Kapitals POB (engl.: positive organizational behavior). Dazu werden Indikatoren für die individuelle Leistungsfähigkeit wie Hoffnung, Selbstwirksamkeit, Optimismus und Resilienz formuliert (Luthans, Youssev & Aviolo, 2007). Dieses psychologische Kapital wird als „Psycab “ verkürzt und ist unter dem Akronym „HERO“ (engl.: hope, effiancy, resilince, optimism) zusammengefasst (Luthans et al., 2007; Youssef-Morgan & Luthans, 2015). Dabei konnte in statistischen Analysen festgestellt werden, dass es sich um ein Konstrukt höherer Ordnung als Indikator für Arbeitszufriedenheit und Leistung handelt (Luthans et al., 2007). Dazu wurden in einer Metaanalyse positive Zusammenhänge zwischen dem persönlichen Wohlbefinden und der Arbeitszufriedenheit bestätigt (Avey et al, 2011).
2.4 Das Konstrukt Stress
Die besondere Situation während der COVID-19 Pandemie seit dem 26. März 2020 in Deutschland führte unter anderem dazu, dass Arbeitgeber zum Schutz ihrer Mitarbeiter, diejenigen Arbeitnehmer, deren Tätigkeit es möglich machte, auf unbestimmte Zeit fast ausschließlich in das Homeoffice sendeten. Deshalb wird der Faktor Stress hier unter dem Aspekt der aktuellen subjektiven Belastungssituation betrachtet (Levenstein et al., 1993). Zur Einordnung des Konstruktes erfolgt als theoretischer Hintergrund das transaktionale Stressmodell nach Lazarus.
2.4.1 Das transaktionale Stressmodell
Grundsätzlich definieren Lazarus und Folkman (1984) Stress als eine Beziehung zwischen einer Person und ihrer Umwelt, die durch eine Überlastung oder Überschreitung ihrer persönlichen Ressourcen in einer Situation erlebt und bewertet werden. Dabei meint der Begriff transaktional das dynamische Zusammenspiel in dieser Beziehung (BWG, 2012). Durch kognitive Bewertungsprozesse werden diese Situationen dann als „stressig“ erlebt. Dabei ist mit kognitiver Bewertung die Einschätzung als Prozess gemeint, die das Ausmaß bestimmt, wie anstrengend eine bestimmte Beziehung wahrgenommen wird. Es wird zwischen einer primären und einer sekundären Evaluation unterschieden.
Im ersten Bewertungsprozess findet die Einordnung des Ereignisses auf das Wohlbefinden einer Person mit Attributionen wie bedrohlich, schädigend oder herausfordernd statt; während im zweiten Schritt die Bewältigungsmöglichkeiten (Ressourcen) bezüglich des Ereignisses kognitiv überprüft werden. Diese beiden Prozesse beeinflussen sich gegenseitig. Wenn also seitens einer Person primär eine Situation als stressig eingestuft aber gleichzeitig auch als gut zu bewältigen eingeschätzt wird, wird diese nicht als belastend wahrgenommen. Deshalb handelt es sich um einen interaktiven Prozess, der verschiedene Schwerpunkte haben kann (BGW, 2012).
Damit postuliert das transaktionale Stressmodell nach Lazarus, dass Stress ein komplexer Wechselwirkungsprozess ist zwischen den Anforderungen der jeweiligen Situation und der handelnden Person (BGW, 2012). Übertragen auf den organisationalen Kontext bedeutet dies, dass hier durch die Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers in der Pandemiesituation bezüglich des Arbeitsortes (Homeoffice) und der freiwilligen Entscheidung des Arbeitnehmers flexibel zu arbeiten, eine mögliche Belastungssituation entstehen könnte, da der Beschäftigte nun nicht mehr selbstbestimmt ist.
2.4.2 Die aktuelle subjektive Belastungssituation
Generell wird zunächst zwischen einer psychischen Belastung und einer Beanspruchung differenziert. Dazu erfasst eine psychische Belastung alle erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und mental auf ihn einwirken (Greif, 1991).
Davon abgegrenzt wird die psychische Beanspruchung eines Individuums als eine „individuelle, zeitlich unmittelbare und nicht langfristige Auswirkung der psychischen Belastungen eines Menschen“ bezeichnet (vgl. DIN Norm Nr. 33405, Normenausschuss Ergometrie im Deutschen Institut für Normierung, 1987). Dabei wird der Begriff Belastung neutral verstanden (BWG, 2012). Erst wenn es zu einer Grenzüberschreitung kommt, wird er als gesundheitsgefährdend angesehen. Dabei sind die Dauer und Intensität der Belastung von Bedeutung und können durch Umgebungsbedingungen und Arbeitsaufgabe gleichermaßen gegeben sein.
Basierend auf dem transaktionalen Stressmodell von Lazarus und Folkman (1984) erklärt sich das aktuelle, subjektive Belastungsempfinden einer Person. Dieses postuliert einen kognitiven Prozess in zwei Stufen, die miteinander agieren. Deshalb ist die individuelle Bewertung hinsichtlich einer belastenden Situation ein Teil dieser Theorie (Levenstein, 1993). Dabei bezieht sich die Selbsteinschätzung einer Person nur auf die bewussten Teile des Belastungserlebens in einem aktuellen Kontext. Die aktuelle Pandemiesituation ist ein Umstand, der eine solche Einschätzung herbeiführen könnte.
2.4.3 COVID-19 Pandemie
Die seit Ende 2019 erstmals beschriebene und seit dem 11.März 2020 von der WHO als Pandemie eingestufte Infektionskrankheit COVID-19 breitet sich seit dem 27. Januar 2020 auch in Deutschland aus. Definiert wird das neuartige Virus als „Coronavirus SARS-CoV-2“ (Rothan & Byrareddy, 2020).
Dazu stellte der Deutsche Bundestag am 25. März 2020 eine epidemische Lage von nationaler Tragweite fest und beschloss ab dem 27. März weitestgehende Einschränkungen für die Bevölkerung im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 14 in 2020. Die dadurch ausgelöste Kontaktsperre hat unter anderem dazu geführt, dass alle Arbeitnehmer, in deren Arbeitsfeld es möglich war, jetzt fast ausschließlich auf unbestimmte Zeit in das Homeoffice gingen bzw. gehen mussten. Diese Verordnungen haben möglicherweise einen Einfluss auf das Kompetenzerleben der betroffenen Arbeitnehmer, da sie nicht mehr selbstbestimmt über den Arbeitsort entscheiden konnten.
2.5 Das Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung
Die neuen Optionen für Arbeitnehmer in der digitalen Arbeitswelt 4.0 schaffen eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes. Dadurch ist es möglich, vor allem im Dienstleistungssektor, die persönlichen Ansprüche der Beschäftigten mit den Anforderungen des Arbeitsplatzes kompatibler zu gestalten. Diese Kompetenz kann das Selbstvertrauen des Arbeitnehmers stärken und als persönliche Ressource betrachtet werden. Dazu wird zunächst das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung erläutert, um es anschließend in den beruflichen Kontext einzubeziehen.
2.5.1 Die Theorie der Selbstwirksamkeitserwartung
Die allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung ist ein wesentlicher Aspekt der sozialkognitiven Theorie nach Albert Bandura (1997). Sie geht allgemein davon aus, dass Person und Situation zusammenwirken und beruht auf der Einschätzung eigener Kompetenzen, Handlungen erfolgreich ausführen zu können (Myers, Seite 578 ff., 2013). Dies ist besonders im Hinblick auf alltägliche Umweltanforderungen nötig und stellt somit eine wichtige personale Ressource dar. Es ist die Überzeugung, die Fähigkeit zu besitzen, etwas zu erlernen oder eine bestimmte Aufgabe ausführen zu können. Die sozial-kognitive Theorie SCT (engl.: social-coginitiv-theory) legt den Akzent auf die Interaktion zwischen einem Individuum und einer Situation (Myers, S. 577, 2013; Bandura, 2004). In diesem Zusammenhang prägte Bandura den Begriff des reziproken Determinismus und meinte damit die wechselseitige Beziehung zwischen Mensch (Arbeitnehmer) und Situation (Arbeitsort).
Nach Bandura (1997) gibt es vier effektive Quellen der Selbstwirksamkeitserwartungen. Erstens die allgemeine Befindlichkeit als physiologischer Zustand wie z. B. der Nervosität vor dem Lösen einer Aufgabe. Dann die Gewissheit von sozialer und emotionaler Unterstützung beispielsweise durch Kollegen, durch die Menschen Vertrauen in ihre Fähigkeiten gewinnen. Drittens durch Lernen am Modell, d.h. durch Beobachten einer anderen Person beim Lösen einer Aufgabe mit der Erkenntnis „wenn diese Person das kann, kann ich das auch“. Als wichtigster Ausbau der Selbstwirksamkeitserwartung ist die eigene Erfahrung bei der Bewältigung einer schwierigen Aufgabe mit der Einsicht, zukünftig ebenfalls schwierige Aufgaben lösen zu können (Renneberg & Hammelstein, 2006).
Dies alles ist auch Teil des Selbstkonzeptes. Es umfasst die Gesamtheit der Einstellungen einer Person über sich selbst. Alle geläufigen psychologischen Prozesse und Funktionen wie Wahrnehmen, Erinnern, Beurteilen oder Bewerten sind immer selbstbezogen (Mummenday, 2006).
So kann festgestellt werden, dass die Selbstwirksamkeitserwartung ein Bestandteil des Selbstkonzeptes ist. Sie kann die Selbstwahrnehmung auf emotionaler Ebene positiv beeinflussen und funktional das Selbstvertrauen (Kompetenzerleben) stabilisieren.
2.5.2 Kompetenzerleben in der Telearbeit
Kompetenz definiert sich in Anlehnung an die Interaktion des Individuums mit seiner Umwelt und bestimmt damit die Fähigkeit des Einzelnen, im täglichen Leben Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf sein Wohlbefinden auswirken. Dazu findet sich in der Arbeitswelt der Begriff des Empowerment (Uhle & Treier, 2019). Dieser umschreibt den Grad der Erhöhung der Selbstbestimmung und Autonomie eines Arbeitnehmers durch Maßnahmen und Strategien. Die professionelle Unterstützung seitens des Arbeitgebers und dessen Führungskräften führt zu einer optimalen Nutzung von Gestaltungmöglichkeiten und Ressourcen des Mitarbeiters und damit zur einer erhöhten Selbstkompetenz (Selbstwirksamkeit). Diesem liegt das Bedürfnis des Menschen nach optimaler Wirksamkeit und damit nach Kompetenzerfahrung zugrunde (Nuttin, 1984). Die Erfahrung einer Person als selbständiges Handlungszentrum ermöglicht dieses Erleben der eigenen Kompetenz durch Autonomie und Selbstbestimmung (Vollmeyer & Brunstein, 2005).
Die Entgrenzung der Arbeit durch die Telearbeit ermöglicht dem Arbeitnehmer, sowohl über den Ort als auch über die Zeit seiner Tätigkeit mit zu entscheiden (Schröder, 2009). Diese Erfahrung, angelehnt an die sozial-kognitive Lerntheorie Banduras (2004), bestärkt sein Bedürfnis nach optimaler Wirksamkeit und damit sein Kompetenzerleben. Die Mitbestimmung des Arbeitnehmers, zu welchem Zeitpunkt er präsent im Betrieb und mobil tätig sein möchte, „empowert“ damit seine Selbstkompetenz (Uhle & Treier, 2019).
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass sich der Einfluss der Mitarbeiter durch die alternierenden Möglichkeiten in der modernen, digitalisierten Arbeitswelt erhöht hat. Damit kann die Telearbeit dem Arbeitnehmer eine Chance auf ein erhöhtes Kompetenzerleben und mehr Wohlbefinden bieten.
2.6 Aktueller Forschungsstand
Das interpersonelles Vertrauen und subjektives Wohlbefinden im Zusammenhang stehen, ist unterschiedlich belegt. Ebenso sind die dazu möglichen Einflussfaktoren wie Stress und Kompetenzerleben in der ABO-Psychologie (Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie) zu finden.
So stellen Moschner und Schlicht (2018) fest, das interpersonales Vertrauen insgesamt in digitalisierten Umgebungen notwendig ist, weil damit eine Reduktion von Komplexität erreicht wird. Dabei folgt einer hohen generalisierten Vertrauensbereitschaft nicht zwangsläufig ein hohes spezifisches Vertrauen in eine konkrete Situation. Entscheidend ist immer der situative Kontext, wobei das spezifische Vertrauen die Entscheidung, jemandem zu vertrauen ein höheres Maß hat als das generelle Vertrauen (Moschner & Schlicht, 2018).
Als klassische Erhebungsmethode dienen Fragebögen wie der IST (engl.: Interpersonal Trust Scale ) von Rotter (1967) und der Trust Inventory von Couch und anderen (1996). Empirische Befunde bezüglich des Vertrauens gibt es laut Frey (2016) in unterschiedlichen Studien (Frey, 2016). So zeigt sich in einer Längsschnittstudie von Barefoot und anderen (1998), dass generelles Vertrauen einhergeht mit positiven Selbstauskünften zur eigenen Gesundheit. In einer Studie von Schill und anderen (1980) zeigt sich, dass vertrauensvolle Personen stressige Situationen als weniger belastend empfinden.
Nach aktuellen Forschungsstand wird die Annahme unterstützt, das Selbstvertrauen als eine persönliche Ressource betrachtet werden kann (Coudervylle et al., 2011; Frey, 2016). Dazu gibt es Belege aus der positiven Psychologie, dass es einen Anstieg neuer individueller Fähigkeiten gibt bei Erleben positiver Emotionen (Frey, 2016).
Dass persönliche Ressourcen auch im Zusammenhang mit Gesundheit stehen, zeigen Korrelationen zwischen einem gestärkten Immunsystem und Personen mit hoher Selbstwirksamkeit (Aronson et al., 2008). Belegt wird dies durch Korrelate zwischen Stress und Selbstwirksamkeit; je höher die Selbstwirksamkeit, desto besser ist die Stressbewältigung.
Ebenfalls gibt es aus den Stresstheorien von Lazarus und Antonovsky Ableitungen für die Forschung (Tameling, 2018). Nach Lazarus ist es in der Stressforschung wichtig, die besondere Interaktion zwischen der Änderung der Situation und der Person und damit ihrer Kognitionen bezüglich ihrer Bewältigungsmöglichkeiten zu beachten. Nach Tameling (2018) stehen das Vertrauen als Vorhersagbarkeit der eigenen und externen Umwelt (Kohärenzgefühl) und das Wohlbefinden in einem engen Zusammenhang und beeinflussen damit im positiven Sinne die Gesundheit. So lässt sich schlussfolgern, dass sich das Kohärenzgefühl nach Antonovsky (1997) als Orientierung auf alle Lebensbereiche auswirkt (Tameling, 2018). Frey (2016) konstatiert aus dem Bereich der ABO-Psychologie, dass Autonomie im Arbeitskontext als direkte und indirekte Einflussgröße positiv mit der Selbstwirksamkeitserwartung zusammenhängt und für Selbstbestimmung steht.
Aus Studien im Auftrag der Bundesregierung gibt es unterschiedliche Belege zur digitalen Arbeitswelt und psychischen Gesundheit im Hinblick auf das Wohlbefinden von Erwerbstätigen. In der repräsentativen Erhebung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit dem Titel „Monitor - Mobiles und Entgrenztes Arbeiten“ (2015) wird unter anderem regressionsanalytisch festgestellt, dass Beschäftigte, die mobil arbeiten, also Mitbestimmung über den Arbeitsort haben, unter anderem den Aspekt der Zufriedenheit eher positiv bewerten. Ein weiteres Ergebnis dieser Studie war die Erkenntnis, dass räumlich entgrenztes Arbeiten vor allem bei Frauen mit Kinderbetreuung verbreitet ist. Dazu passen aktuelle Erkenntnisse einer Untersuchung zur Verbreitung von Telearbeit in unterschiedlichen Lebenssituationen im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zur „Telearbeit in Deutschland: Männer und Frauen im Vergleich“, dass Frauen mit Kindern unter sechs Jahren von dieser flexiblen Arbeitsform (Homeoffice) profitieren (BAuA., 2020).
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